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Asien-Pazifik

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Der asiatisch-pazifische Raum hat in den vergangenen Jahren erheblich an sicherheitspolitischer Bedeutung gewonnen – sowohl für Deutschland als auch für Europa insgesamt. Hauptgrund für diesen Bedeutungszuwachs ist der rasante Aufstieg Chinas, der in diesem Ausmaß und in dieser Geschwindigkeit historisch einmalig sein dürfte. Seit 1978, als Deng Xiaoping mit Wirtschaftsreformen begann und China zur Welt hin öffnete, ist das chinesische Bruttoinlandsprodukt um das 40-fache gestiegen (von 300 Milliarden auf zwölf Billionen US-Dollar). Das Pro-Kopf-Einkommen wuchs um mehr als das Hundertfache (von 76 auf 8600 Dollar), und das Handelsvolumen verzweihundertfachte sich (von 20 Milliarden auf 4,1 Billionen Dollar). Dadurch wurde China das größte Exportland weltweit.

Mit dem Amtsantritt Xi Jinpings 2013 als Staats- und Parteichef veränderte sich das innen- und außenpolitische Verhalten Chinas deutlich. Xi konzentrierte die politische Macht im Land auf seine Person und stärkte das Primat der Partei in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Folgen sind eine weit stärkere Kontrolle und Bevormundung der Bevölkerung sowie eine massive Verschlechterung der Menschenrechtslage insbesondere gegenüber religiösen Minderheiten. Mit dem Inkrafttreten der nationalen Sicherheitsgesetze im Juli 2020 wurde die vereinbarte Autonomie Hongkongs ausgehöhlt, und der politische und militärische Druck auf das aus chinesischer Sicht »abtrünnige« Taiwan wuchs in den vergangenen Jahren kontinuierlich.

Außenpolitisch tritt China deutlich selbstbewusster auf und ist bereit, hohe internationale Reputationskosten für die Durchsetzung seiner Interessen in Kauf zu nehmen, Dabei verfolgt die chinesische Diplomatie die »Wolfskrieger-Strategie« (benannt nach einem patriotischen Propagandafilm), welche ein Beharren auf »Harmonie« mit unverhohlenen Drohungen von Botschaftern gegen die Regierungen oder die Öffentlichkeit ihrer Stationierungsländer mischt. Darüber hinaus schlägt sich Chinas Wirtschaftsmacht und sein sinozentrisches Selbstverständnis in einem immer stärkeren Aufbau militärischer Fähigkeiten nieder. Insbesondere die Marinerüstung hat geradezu atemberaubende Ausmaße angenommen und erlaubt China zunehmend, das Bild eigener Größe auch militärisch zu untermauern oder im Südchinesischen Meer unter Verletzung des internationalen Rechts militärische Stützpunkte aufzubauen.

Das immer aggressivere Auftreten Chinas verschärft die Spannungen in der asiatisch-pazifischen Region, deren Stabilität durch historisch bedingte Streitigkeiten, ungeklärte Gebietsansprüche oder den nuklearen Ambitionen Nordkoreas ohnehin brüchig ist. Dabei entwickelt sich diese lange als regional verstandene Instabilität zunehmend zu einem globalen Problem. Ein militärischer Konflikt in der Region könnte etwa neuralgische Schifffahrtswege wie die Straße von Malakka blockieren und damit weltwirtschaftliche Verwerfungen auslösen. Ein Angriff Chinas auf Taiwan hätte ein gewaltiges Eskalationspotenzial, da mit heftiger Gegenwehr Taiwans zu rechnen wäre und auch Länder wie die USA mit einbezogen werden könnten. Auch stoßen im erweiterten asiatisch-pazifischen Raum sechs Atommächte aufeinander (China, Indien, Pakistan, Russland, Nordkorea und die USA), die sich untereinander als Gegner verstehen – eine nukleare Krise oder gar ein Einsatz nuklearer Waffen sind somit nicht auszuschließen.

Die Reaktionen Europas und der USA auf die Entwicklungen im asiatisch-pazifischen Raum sind sehr unterschiedlich. Für Washington ist China eine aufsteigende Macht, die wirtschaftlich, politisch und auch militärisch immer stärker zu den USA aufschließt und den amerikanischen globalen Führungsanspruch zunehmend infrage stellt. Da China dem westlichen Wertekanon nicht entspricht, kann aus der wirtschaftlich-militärischen Konkurrenz ein Konflikt um die künftige Weltordnung erwachsen. Folglich verlagern die USA ihren geostrategischen Blickwinkel von Europa, wo ein absteigendes Russland eine noch akute, aber langfristig schwindende Bedrohung darstellt, immer pointierter in die Asien-Pazifik-Region. Erfolgte dies unter Präsident Trump noch in sprunghaft-vulgären Schritten ohne erkennbare Strategie, verfolgt Präsident Biden eine klar erkennbare Politik der Einhegung Chinas auf zweierlei Wegen: Zum einen sollen die wirtschaftlichen Fähigkeiten der USA (wieder) gestärkt werden, um damit auch genügend Ressourcen für ein politisches und militärisches Agieren in der Region zu schaffen. Zum anderen sollen engere Verbindungen vor allem zu demokratischen Ländern im asiatisch-pazifischen Raum geknüpft werden, um dadurch ein Netzwerk zur Einhegung chinesischer Machtansprüche aufzubauen. Darüber hinaus wird China klar als Bedrohung und als zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre benannt – was allerdings eine Kooperation mit China in Fragen von gemeinsamem Interesse (Klimaschutz) nicht grundsätzlich ausschließt.

Die EU und Deutschland haben China lange Zeit weniger kritisch gesehen und gingen davon aus, dass starke wirtschaftliche Verflechtungen langfristig auch zu politischen Verhaltensänderungen auf chinesischer Seite führen würden (Wandel durch Annäherung). Hier hat allerdings insbesondere nach den Entwicklungen in Hongkong ein schrittweises Umdenken eingesetzt. Dennoch bestehen zwischen China und vielen EU-Mitgliedern enge wirtschaftliche Beziehungen, die eine einheitliche Position der EU erschweren und eine kohärente europäisch-amerikanische Politik gegenüber Peking bislang verhindern, da China sowohl als Gegner als auch als Partner wahrgenommen wird. Entsprechend definierte die EU China Ende 2019 als »Partner, Wettbewerber und strategischen Rivalen«.

Dieser differenziertere Ansatz spiegelt sich auch in den im September 2020 verabschiedeten »Leitlinien zum Indopazifik« der Bundesregierung wider. Darin benennt Deutschland sechs Oberziele: Stärkung einer regelbasierten Ordnung in der Region, Kampf gegen den internationalen Terrorismus, Verhinderung nuklearer Proliferation, Cyber-Sicherheit, Schutz von Bundesbürgern und die Bewahrung freier Handelswege. Zwar verfolgen die Leitlinien grundsätzlich einen inklusiven Ansatz und wenden sich an alle Länder des indopazifischen Raums. Allerdings hat gerade die Bundesministerin der Verteidigung, Annegret Kramp-Karrenbauer, immer wieder verdeutlicht, dass sich der Ausbau der sicherheitspolitischen Kooperation in einem ersten Schritt auf die Wertepartner in der Region – und hier vor allem Australien, Neuseeland, Südkorea und Japan – konzentrieren solle und in einem zweiten Schritt die Mitgliedstaaten des ASEAN-Bündnisses einbeziehen müsse. Um das eigene Engagement in der Region zu betonen, hat Deutschland im Sommer 2021 eine Fregatte in die Region entsandt (Indo-Pacific Deployment 21), die auch durch das Südchinesische Meer gefahren ist, um so die Freiheit der Seewege zu betonen.

In der Perspektive zeichnet sich ab, dass der asiatisch-pazifische Raum Schauplatz einer bipolaren Weltordnung werden könnte, in der aber – anders als im Kalten Krieg – die beiden Kontrahenten USA und China wirtschaftlich eng miteinander verwoben sind. Die Europäische Union wird sich in dieser Bipolarität eindeutig positionieren und vor allem eine strategische Handlungsfähigkeit entwickeln müssen, um ihre eigenen Interessen zu vertreten und um die USA als engsten Partner zu entlasten. Die NATO wird hingegen ihr Augenmerk stärker auf den asiatisch-pazifischen Raum richten müssen, ohne ihre klassische Aufgabe der Friedenssicherung im euro-atlantischen Raum zu vernachlässigen.

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