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Präludium

Der Herbst ist für mich die Herrlichste der vier Jahreszeiten. Natürlich schätze ich auch den Sommer, wenn ich im erfrischenden und belebenden Fluss baden kann und auch der Frühling überrascht mich immer wieder mit seiner vielfarbigen Blütenpracht und dem Erwachen allen Lebens. Aber es ist der Herbst, der meine Sinne am unbeschreiblichsten erregt, mich und meine Seele am mannigfaltigsten berührt. Es ist der Herbst, den ich liebe. Wenn die Blätter sich verfärben, wenn die vielen roten, rötlichen, gelben und bräunlichen Farben und Farbtöne die Bäume verzieren, ganze Wälder in ein golden strahlendes Landschaftsgemälde verwandeln und die göttlichen Farbenspiele die sanften Haine der Hügel überziehen. Die aufgehende Sonne vertreibt den Morgennebel, der über dem Fluss und dem Garten schwebt und lässt die Ahornbäume in goldgelben und purpurroten, zarten Licht erstrahlen. Der Herbst ist die Zeit, in der sich die Natur auf den Winter vorbereitet, die belaubten Bäume das lebenspendende Blattgrün für das nächste Frühjahr aufbewahren. Die Tage werden langsam kürzer, die Abende mild und klarer und ich kuschele mich gemütlich ein, bei dem Schein einer Kerze und einem guten Buch. Dann genieße ich noch einmal den wundervollen Tag mit seinem blauen Himmel, ziehe noch einmal in Gedanken durch den farbenprächtigen Wald und ahne den Geruch des Laubes, das langsam zu Boden fällt und das selbst die schlafende Wiese in meinem Garten bedeckt und den Weg verziert, der zu meinem gläsernen Gartenhäuschen führt. Das Haus, in dem ich jetzt wohne, hat eine himmlische Lage an einem breiten, sanften Fluss und tagsüber kann ich die schwarz-weißen Lastkähne beobachten, die mit Erde beladen zur fernen Verladestation fahren. Am Ufer, das teils mit kugelförmigen Weidebüschen und aufrechten, hochgewachsenen Pappeln bewachsen ist, habe ich auch einen Steg bauen lassen, an dem ein Boot angebunden ist, falls ich einmal auf die andere Seite in eines der historischen Städtchen übersetzen will und eine sichere Stiege führt ins helle Wasser, in dem ich mich in den heißen Sommermonaten treiben lassen kann. Dann sitze ich auch oft auf meiner Bank, mit einer Tasse Tee und schaue über das Wasser und erhole mich von unserem Streifzug in unserem nahe gelegenen Wald, erhole mich von einer langen Reise in die Geschichte, - habe Zeit und Muße zum Beschauen und Nachdenken. Höchstwahrscheinlich mag ich jetzt diese Jahreszeit noch mehr, weil ich in einem Lebensabschnitt bin, den auch wir den Herbst des Lebens nennen. So wie die vier Jahreszeiten ein Sinnbild für unser ganzes Leben veranschaulichen. Das Frühjahr, die Zeit unserer Kindheit und Jugend, in welcher noch alles wächst und blüht und sich entfaltet, der Sommer, in dem die Früchte wachsen, die Ähren reifen und die Ernte eingefahren wird, der Herbst, der noch einmal alle Blätter zum Leuchten bringt, der auf das Ende vorbereitet und du letztendlich wie ein Blatt zu Boden fällst, um im Winter unter der kalten, harten Erde zur Ruhe zu kommen. Nur, dass es keine Winter mehr gibt.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten  -  eine Hommage an die menschliche Vorstellungskraft

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