Читать книгу Perry Rhodan 1241: Der Smiler und die Sphinx - Ernst Vlcek - Страница 4
1.
Оглавление»Smiler!«
Der Große mit dem Narbengesicht drehte sich nicht um, als sein Spitzname gezischelt wurde. Nicht dass es einen Grund zu besonderer Vorsicht gegeben hätte, es war nur so seine Art, keine auffälligen Reaktionen zu zeigen. Dies war eine Gewohnheit, die er sich schon vor vielen Jahrhunderten angeeignet hatte, und damals hatte sie ihm schon das eine oder andere Mal das Leben gerettet.
Auf dem großen Platz vor dem HQ-Hanse hatte er eigentlich nichts zu befürchten, außer dass ihn einer der Herumstehenden als Hanse-Sprecher erkannte. Aber nachdem er sich unauffällig umgeblickt hatte, hätte er nicht zu sagen vermocht, welcher der Nachtschwärmer ihn bei seinem Beinamen genannt haben könnte.
Niemand im weiten Umkreis nahm von ihm Notiz.
»Tek!«
Es war eine weibliche Stimme, das war diesmal recht deutlich zu erkennen gewesen – oder die eines männlichen Kindes im Stimmbruch, schränkte er ein.
Ronald Tekener wandte den Kopf mit ausdruckslosem Gesicht. Noch immer schien ihm keiner Beachtung zu schenken. Die Leute starrten in den Nachthimmel, wo eine von Krohn Meysenharts Holo-Shows lief. Die Terraner konnten sich einfach nicht an den Bildern aus der Endlosen Armada sattsehen. Raumschiffe, nichts als Raumschiffe, und dazwischen traten immer wieder Vertreter von Armadavölkern auf.
Die Interviews mit ihnen waren so unergiebig wie die Kamerafahrten durch die Armadaeinheiten. Die Armadisten hatten keine Meinung zu den kommenden Ereignissen, sie vertrauten Ordobans Geist, der sie durch Nachors Hand lenken würde.
Ob sie sich auf den Flug ins Solsystem freuten? Ob sie es nicht erwarten konnten, das Chronofossil Terra zu sehen? Was bei dem Gedanken, das wichtigste Chronofossil einer Galaxis zu aktivieren, in ihnen vorging?
Sie vermochten es nicht zu sagen. Die meisten Armadisten wussten nicht, dass das nächste Ziel der Endlosen Armada die Erde war. Manche kannten nicht einmal die Bedeutung eines Chronofossils. Und einige hätten sogar fragen können: »Terra? Ist das was zum Essen und wie schmeckt es?« So drastisch drückte es Meysenharts News-Entertainer Ravael Dong aus, und das ging nicht weit an der Realität vorbei. Der kleine, unbedeutende Armadist aus der letzten Reihe kümmerte sich nicht um kosmische Hintergründe, er vertraute Ordoban-Nachor blind. Wenn es Ordobans Wille war, Terra anzufliegen – dann nichts wie hin.
Und die Terraner konnten es kaum erwarten, dass sich die Endlose Armada in Bewegung setzte. Das Chronofossil war von Ernst Ellert und Taurec vorpräpariert worden, jetzt konnte die Endlose Armada kommen. Woraus wartete man eigentlich noch?
Plötzlich wurde die laufende Sendung unterbrochen, und die Signation des »Warners« erschien im Nachthimmel von Terrania. Die Menge begann zu murren, als das Symbol der drei Pfeile erschien, deren Spitzen sich zu einem gleichschenkeligen Dreieck bildeten.
»Dreht dem Piratensender endlich die Luft ab!«
»Gebt dem Unker eins aufs Haupt!«
Tek gestattete sich ein feines, kaum merkliches Lächeln. Die Reaktionen der Terraner auf die Schreckensvisionen des Warners waren als positiv zu werten. Noch vierundzwanzig Stunden zuvor hatten sie sich davon in den Bann schlagen und verunsichern lassen. Jetzt, da sie wussten, dass die Endlose Armada ins Solsystem kommen würde, hatte ihre Stimmung umgeschlagen. Die düsteren Prophezeiungen des Warners wurden ihnen lästig.
Als die silbrig flimmernde Gestalt den Himmel ausfüllte und mit gekonnten Stepschritten über diesen tänzelte, buhten ihn die Zuschauer aus.
Tek hielt an und wartete gespannt auf die Reaktion des Warners, besser gesagt, er beobachtete, ob der Warner eine Reaktion auf diese Ablehnung zeigte. Aber der Warner blieb seinem Stil treu und kündigte den 6. Akt der präkognostischen Zukunftsvision »Und alle Sterne erlöschen« an.
Enttäuscht ging Ronald Tekener weiter, während die Stimme des Warners zornig aus dem Himmel donnerte:
»... so, nun ist es also geschafft. Das Chronofossil Terra ist aktiviert. Die Kerze ist angezündet. Es ist ein schwaches Licht, kaum eine Macht, die es nicht mühelos auspusten könnte. Aber es leuchtet hell genug, um dem Dekalog der Elemente den Weg zu weisen. Eine stark leuchtende Flamme ohne Kraft, die mit ihrer Helligkeit die Tiefen des Alls durchdringt – ein Leuchtfeuer und Wegweiser für den Herrn der Elemente. Es ruft ihm förmlich zu: Element, Element, ein Lichtlein brennt ...«
Mit dieser Geschmacklosigkeit war der Warner einen Schritt zu weit gegangen, und im folgenden ging seine Stimme fast in den lautstarken Unmutsäußerungen der Zuschauer unter.
»Ronny!«
Da wurde es Tek zuviel. Er wirbelte herum. Eine ältere Frau zuckte erschrocken zurück, als sie unvermittelt sein entschlossenes Narbengesicht sich zugewandt sah. Nach der ersten Schrecksekunde zeigte sie den Anflug eines unsicheren Lächelns.
»Hanse-Sprecher Ronald Tekener?«
Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Er wandte sich abrupt ab und bahnte sich einen Weg durch die Menge. Sein Ziel war die Virensäule. Nur um sie aufzusuchen, hatte er diesen Umweg auf seinem Weg ins HQ-Hanse gemacht.
Über ihm wetterte der Warner mit lautstarker Stimme. Tek hörte kaum hin; der Warner hatte nichts Neues mehr zu sagen, und seine Showeffekte und visionären Schreckensbilder hatten längst keine Aktualität mehr. Tek kümmerte sich nicht um dieses Holo-Himmels-Spektakel, obwohl er nur wegen dieses Miesmachers nach Terra gekommen war. Aber um ihn zur Strecke zu bringen, brauchte er sich nicht seine Shows anzusehen. Er kannte die vorangegangenen Sendungen, und das reichte.
»Das ist doch Hanse-Sprecher Tekener!« Ein junges Ding mit auffälligem Marabu-Federimitat-Umhang und Illu-Make-up drängte in seine Richtung. »Bist du es wirklich?« Sie bekam ihn an der Hand zu fassen, und seltsamerweise elektrisierte Tekener die Berührung.
Er blickte in das grell geschminkte Gesicht und schätzte, dass sich unter der Illu-Maske der zarte Teint einer höchstens Sechzehnjährigen verbarg.
»Geh dich waschen, Kindchen.«
»Ich könnte dir behilflich sein, Ronald ... Ronny ... Tek ... Smiler!«
Da wurde ihm klar, von wem die Zuflüsterungen gekommen waren, die ihn auf seinem Weg verfolgt hatten. Aber als er sich umdrehte, war der aufdringliche Teenie nicht mehr zu sehen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, welche seltsame und starke Ausstrahlung von dem Mädchen ausgegangen war.
Diese Verrückte!
Und der Warner schickte seine Mahnungen und Schreckensbilder weiterhin in die Nacht von Terrania hinaus. Merkte er nicht, dass sie fast unbeachtet verhallten?
Tek erreichte die Virensäule und betrat die leere Nische.
*
»Ich bin Ronald Tekener, Hanse-Sprecher«, sagte er ohne Umschweife. »Ich ...«
»Ja, deine Identität ist mir bekannt«, fiel ihm die weibliche Stimme des Virenimperiums sanft, aber bestimmt ins Wort. »Was kann ich für dich tun, Tek? Du erlaubst mir doch diese vertrauliche Anrede. Was kann ich für dich tun?«
»Okay, Virim«, sagte Tek, weil ihm auf Anhieb keine andere Koseform zu Virenimperium einfiel. »Ich will es kurz machen. Es geht um Vishna. Ich möchte mich mit ihr unterhalten. Leider haben alle anderen Versuche fehlgeschlagen, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Du musst mir eine Unterredung mit ihr verschaffen.«
»Vishna ist im Augenblick unabkömmlich«, sagte das Virenimperium. »Sie beschäftigt sich sehr intensiv mit mir und kann sich darum nicht anderen Dingen widmen. Aber sage mir, was du von Vishna willst. Vielleicht kann ich dir helfen. Wir sind, wie du wohl weißt, sehr vertraut miteinander und haben keine Geheimnisse.«
Tek war gar nicht so sicher, dass das wirklich stimmte. Früher war es sicher so gewesen. Aber inzwischen war einiges vorgefallen, das dazu angetan gewesen sein könnte, eine Kluft zwischen Vishna und dem Virenimperium zu schaffen. Vishna war zu lange fortgewesen, sie hatte das Virenimperium vernachlässigt, so dass dieses womöglich gewisse »Entwöhnungserscheinungen« zeigte.
Wie gesagt, so konnte es sein, aber es war nur eine persönliche Ansicht Tekeners. Solche Überlegungen führten ihn zu dem Schluss, dass es nicht dasselbe war, ob er mit Vishna oder dem Virenimperium sprach.
»Wenn Vishna unabkömmlich ist, möchte ich mit Gesil sprechen«, verlangte Tekener.
»Gesil ist mit Vishna bei mir, auch sie will nicht gestört werden«, antwortete das Virenimperium. »Aber wenn du schon mit einer der Inkarnationen sprechen willst, nimmst du vielleicht mit Srimavo vorlieb.«
»Sri ist ein Kind ...«
»Oho! Dass du dich da nur nicht täuschst. Inzwischen ist Srimavo auch körperlich erwachsen geworden.«
»Wenn schon«, sagte Tekener verärgert über den oberflächlichen Dialog. »Ich glaube, dass nur Vishna oder Gesil mir weiterhelfen könnten.«
»Warum vertraust du dich dann nicht einfach mir an?«, fragte das Virenimperium. »Vishna weiß nicht mehr als ich über die aktuelle Lage. Wenn ich dir nicht helfen kann, kann es Vishna auch nicht.«
Tekener überlegte mit ausdruckslosem Gesicht. Er konnte das Virenimperium schlecht fragen, ob es hinter dem »Warner« steckte, Vishna dagegen schon. Aber womöglich kannte das Virenimperium seine geheimsten Gedanken, und da war es auch schon egal, wenn er sie aussprach.
»Bist du der Warner?«
»Wer, ich? Oder ist die Frage an Vishna gerichtet?«
»Hast du mit dem Warner etwas zu schaffen, Virim?«
»Nein!« Es klang überrascht mit einem leicht empörten Unterton. »Wie käme das Virenimperium dazu, sich mit einem wie dem Warner einzulassen.«
»Kennst du seine Identität?«
»Nein.«
»Hat der Warner mit den drei ultimaten Fragen zu tun?«
»Das ist nicht leicht vorstellbar ...«
»Ja oder nein?«
Das Virenimperium machte eine Pause, wohl nicht, weil es sie brauchte, um sich die richtige Antwort zu überlegen, sondern eher, um die folgenden Worte besser wirken zu lassen.
»Ich fürchte, ich muss etwas klarstellen, Tek. Ich bin gewissen Restriktionen unterworfen. Eine davon betrifft auch die drei ultimaten Fragen. Ich bin nicht berechtigt, mit dir über diesen Komplex einen Dialog zu führen. Du kannst es auch so sehen, dass du inkompetent bist und nicht die nötigen Befugnisse hast.«
»Weil ich kein Kosmokrat bin?«
»Das könnte einer der Gründe sein ...«
Tekener flüchtete aus der Virensäule, verärgert über das nutzlose Gespräch mit dem Virenimperium. Genauso gut hätte er sich mit dem Illu-Teenie über den Warner unterhalten können.
Tek konnte zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen, dass er dazu bald ausreichend Gelegenheit bekommen würde.
*
Galbraith Deighton erwartete Tekener bereits. Er war allein. Der Sicherheitschef zeigte sich über Tekeners Verspätung beunruhigt und wirkte gehetzt, aber er akzeptierte den Grund.
»Als ich auf die drei ultimaten Fragen zu sprechen kam, ist mir das Virenimperium ausgewichen«, schloss Tekener an seine Schilderung an. »Als könne es nur mit Kosmokraten über dieses Thema diskutieren. Ich aber könnte mir denken, dass es mir nicht antwortete, weil ich den Warner mit den drei Fragen in Zusammenhang brachte.«
»Was sollte der Warner damit zu tun haben?«, wunderte sich Deighton.
»Das würde ich gerne von einem Kosmokraten hören – von Vishna oder Taurec«, sagte Tekener.
»Dazu bekommst du Gelegenheit«, erwiderte Deighton. »Taurec ist bereits auf Luna, ebenso wie Bully, Homer und Tiff. Aber kommen wir zur Sache, und machen wir es kurz. Ich habe dich gebeten, dich des Warners anzunehmen, weil deine TSUNAMIS auch ohne dich auskommen. Jennifer kann dich kurzfristig voll ersetzen.«
»Nicht nur kurzfristig ...«
»Ja, ja«, sagte Deighton ungehalten. »Wie auch immer, ich brauche dich auf Terra nötiger. Du bist der Mann, der dem Warner das Handwerk legen könnte. Vergiss mal für die nächste Zeit den Dekalog der Elemente, darum kümmert sich der gesamte Sicherheitsdienst. Du brauchst dich nur diesem einen Problem zu widmen. Es müsste eigentlich ein Fall so ganz nach deinem Geschmack sein – wie in alten USO-Zeiten, findest du nicht, Tek?«
»Weiß ich noch nicht«, sagte Tekener knapp. »Wieso glaubst du, der Piratensender Acheron könnte sich im Raum Terra oder überhaupt auf der Erde befinden? Sein Standort könnte an jedem beliebigen Punkt des Sonnensystems sein.«
»Das schon«, gab Deighton zu, »aber einiges deutet darauf hin, dass der Urheber, der Warner selbst, seinen Sitz hier hat. Die Sendungen können von irgendwo in das Mediennetz eingespeist werden. Dafür ist ein aufwändiges Technikum notwendig, das sich nicht so leicht verstecken lässt. Aber wo die Anlagen des Piratensenders auch stehen, der Warner steuert sie vom Raum Terra aus. Nur darum, weil er die Hand am Drücker hat, kann er so aktuell sein und blitzschnell schalten.«
»Warum hat er dann nicht sofort auf die ablehnende Haltung der Terraner auf seine letzte Sendung reagiert?«, fragte Tekener.
»Weil es sich um keine Live-Sendung handelt, sondern um eine Aufzeichnung«, sagte Deighton. »Aber beim nächsten Mal hat sich der Warner gewiss auf die neue Situation angepasst. Das tut er stets, wie du bemerkt haben wirst. Und er ist ein Meister darin, sich auf die wechselnden Emotionen einzustellen.«
»Was hat man bis jetzt herausgefunden, Gal?«, fragte Tekener.
»Nichts – rein gar nichts.« Deighton seufzte, blickte nervös auf das Chronometer. »Ich schäme mich fast, es zuzugeben, aber wir haben bis jetzt nichts weiter als vage Verdachtsmomente. Natürlich denkt man zuallererst, dass der Dekalog – Kazzenkatt – hinter dem Warner steckt. Aber die Warnungen sind nicht bloß vordergründige Drohungen, sie können genauso gut als gutgemeinte Mahnungen interpretiert werden. Und sie besitzen eine hohe Probabilität, das haben die Wahrscheinlichkeitsberechnungen ergeben. Unter gewissen Voraussetzungen könnte es so kommen, wie der Warner es prophezeit. Andererseits führen Hochrechnungen der Computer zu oftmals recht gegenteiligen Aussagen. Manchmal sieht es so aus, als ob jemand Computerergebnisse ins Gegenteil verkehrt und daraus die Schreckensvisionen des Warners zusammenmixt. Irgend jemand strapaziert da sein Gehirnschmalz über die Maßen, und es muss jemand mit genialem Geist sein – oder jemand, der auf adäquate Kapazitäten zurückgreifen kann. Auf einen Supercomputer sozusagen.«
»Auf das Virenimperium oder auf NATHAN ... Vishna oder Taurec sind auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Niemand ist das.«
Deighton seufzte wieder nach einem Blick auf das Chronometer.
»Es wird allmählich Zeit für uns.« Er erhob sich. »Jedenfalls habe ich es aufgegeben, die Verdachtsmomente gegeneinander abzuwägen und sie zu sondieren. Ich halte nichts mehr für unmöglich, versuche aber auch gar nicht mehr, mir in irgendeinem Punkt Klarheit zu verschaffen. Jede scheinbare Antwort wirft eine Reihe weiterer Fragen auf, auf die es keine logischen Antworten gibt. Darum brauche ich dich, Tek. Du bekommst jede gewünschte Unterstützung, nur entwirre diesen gordischen Knoten und bringe mir den Warner. Ich habe jemand für dich, der dir eine große Hilfe sein könnte. Sie müsste eigentlich ... Ah, da ist sie ja. Srimavo!«
Deighton kündigte die jüngste der drei Kosmokraten-Schwestern an, noch bevor sie zu sehen war. Aber das verwunderte Tekener bei einem Gefühlsmechaniker nicht. Gleich darauf öffnete sich die Tür, und herein kam – der Illu-Teenie, der Tek auf dem großen Platz vor dem HQ-Hanse angesprochen hatte.
»Nein!«, sagte Tek bei ihrem Anblick, ohne eine Miene zu verziehen. »Das soll Srimavo sein?«
»Sie hat sich in der kurzen Zeit seit ihrer Genesung zu einer jungen Dame gemausert«, sagte Deighton mit unsicherem Lächeln. »Sri macht einen Reifeprozess durch und ... nun ja, da muss man halt gewisse Pubertätserscheinungen hinnehmen. Aber im selben Maß wie sie sich körperlich entwickelt, entwickeln sich auch ihre geistigen Fähigkeiten. Sri besitzt ein ähnliches Talent wie ich, sie kann Emotionen ...«
»Ich weiß, was du meinst«, sagte Tekener belustigt. »Sie versucht gerade, mich ihr gewisses Etwas spüren zu lassen. Aber, weiß der Teufel, ich spreche nicht darauf an.«
Srimavo – in Marabu-Federkleid und Illu-Make-up – hatte Tekener die ganze Zeit wortlos angehimmelt. Er spürte sehr wohl, wie ihre geistigen Fühler ihn umgarnten, hatte aber keine Mühe, sich gegen die Beeinflussung zu wehren. Sri nahm es leicht. Sie lockerte ihre kesse Haltung, spitzte die Lippen zu einem Kuss und sagte mit der Stimme von Vishna:
»Wow! Was für ein Mann!«
»Ich könnte dein Urahn sein, Sri«, meinte Tekener.
Da sah sie ihn mit einem unergründlichen Blick an und fragte:
»Bist du da sicher, Smiler?«
Tekener war überrascht von der Tiefe, die hinter ihren dunklen Augen lag – es war das weite Land einer vielschichtigen unerforschten Persönlichkeit.
»Schluss damit«, sagte Galbraith Deighton, der etwas betreten danebengestanden hatte. »Sri hat sich als Mitarbeiterin für dich selbst angeboten. Akzeptierst du sie, Tek?«
»Nicht in dieser Maskerade.«
»War auch nur zu deinem Empfang gedacht«, sagte Srimavo schnippisch. »Als Schocktherapie für einen prüden Alten. Ich bin in einer Minute wieder zurück.«
»Aber beeile dich, Sri. Wir müssen in zehn Minuten auf Luna sein«, rief Deighton ihr nach, als sie sein Arbeitszimmer verließ. An Tekener gewandt, fügte er entschuldigend hinzu: »Sonst ist sie gar nicht so. Keine Ahnung, warum sie sich dir gegenüber so benahm.«
Tekener ging nicht darauf ein.
»Was machen wir auf Luna?«
»Dort findet in etwa fünfzehn Minuten die Übergabe der Kursdaten für die Endlose Armada durch NATHAN statt. Alle anderen sind längst dort.«
»Im STALHOF?«, fragte Tekener, obwohl für ihn kein anderer Ort als der STALHOF, die bestgesicherte Sektion der lunaren Großpositronik, für die Übermittlung solch wichtiger und gewichtiger Daten in Frage kam. Um so überraschter war er von Deightons Antwort.
»Ursprünglich war der STALHOF dafür vorgesehen«, sagte der Sicherheitschef der LFT. »Aber Homer legte sein Veto dagegen ein, dass jemand wie Taurec, der kein Hanse-Sprecher ist, den STALHOF betreten dürfe. Dabei ist der Kosmokrat der einzige, für den die Sicherheitssperren kein Hindernis wären. Aber was soll man machen.«
Als sie auf den Korridor hinaustraten, kam ihnen bereits Srimavo entgegen. Tekener erkannte sie nicht wieder. Sie war groß, bestimmt 175 Zentimeter, schlank und von geradezu knabenhafter Gestalt. Ihr Gang war etwas ungelenk, wie bei jungen Leuten, die einen gehörigen Wachstumsschub bekommen hatten und mit ihrer plötzlichen Größe noch nicht zurecht kamen. Das lange schwarze Haar schlug ihr mit jeder Kopfbewegung in das hübsche Gesicht mit den hochangesetzten Backenknochen, dem vollen Mund – und den großen dunklen Augen, in denen irgendwo tief unten eine uralte Weisheit zu schlummern schien. Sie war eine jüngere Gesil.
»So gefällst du mir schon besser«, sagte Tekener anerkennend.
»Danke für das Kompliment«, sagte Srimavo schmachtend und hakte sich bei ihm unter.