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Reisefieber

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Als Amelie an diesem Abend ins Bett geht, weiß sie, dass sie nicht einschlafen wird. Sie ist so aufgeregt, dass sie nicht still liegen kann. Morgen fährt sie nämlich mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Mareike für drei Wochen nach Holland ans Meer.

Amelie ist schon am Meer gewesen. Damals war sie noch klein. Deshalb erinnert sie sich kaum daran. Eigentlich gar nicht.

Papa und Mama haben ihr Fotos gezeigt und erzählt, wie es am Meer ist. Dort kann man im Sand spielen oder Muscheln sammeln, im Meer baden oder in den Dünen spazieren gehen.

Das wird bestimmt herrlich! Amelie kann es kaum erwarten.

Auch ihr Hund Bernie merkt, dass etwas los ist. Unruhig wandert er im Haus hin und her und beobachtet, was vorgeht.

Mareike ahnt nichts und schläft.

Nach einer Weile kommt Papa zu Amelie herein. „Schläfst du immer noch nicht?“, fragt er.

„Ich bin zu zappelig“, antwortet Amelie.

„Hm. Du hast wohl Reisefieber.“

Amelie fährt der Schreck in alle Glieder. Papa denkt, sie ist krank!

„Was ist Reisefieber?“, erkundigt sie sich.

„Das hat man, wenn man vor einer Reise aufgeregt ist.“

Da braucht Amelie nicht lange zu überlegen. Aufgeregt ist sie. Sehr sogar. Bestimmt hat sie Reisefieber. Aber wenn sie krank ist, können sie morgen nicht losfahren!

„Ich glaube, ich werde müde“, sagt sie schnell. „Jetzt kann ich bestimmt einschlafen.“

Sie legt sich hin und kneift die Augen zu.

Sie will unbedingt einschlafen, damit sie kein Reisefieber hat. Sie denkt an Papas Ratschlag: Wenn man einschlafen will, muss man an etwas Schönes denken.

Sie denkt an den Strand. Der ist wie ein riesengroßer Sandkasten, hat Papa gesagt. Und das Meer ist wie ein endloses Planschbecken. Sie seufzt. Schön muss das sein!

Je länger sie sich den Strand und das Meer vorstellt, desto schlimmer wird das Reisefieber. Sie muss unbedingt aufhören, daran zu denken.

Bloß – sie kann nicht.

Sie hört die Eltern die Treppe hinaufkommen. Sicher wollen sie ins Bett gehen. Hoffentlich merken sie nicht, dass sie nicht schläft.

Mama bleibt an ihrer Tür stehen und horcht ins Zimmer.

Amelie hält die Luft an und rührt sich nicht.

Mama kommt herein. „Du bist ja noch wach!“, ruft sie.

„Woran hast du das gemerkt?“, will Amelie verwundert wissen.

„Ich habe nicht gehört, dass du ruhig atmest. Wenn jemand schläft, atmet er tief und gleichmäßig.“

„Atmet er so?“, fragt Amelie. Sie legt sich auf den Rücken, macht die Augen zu, atmet tief ein, hält einen Moment die Luft an und bläst sie wieder aus.

„Ungefähr“, bestätigt Mama.

Das muss Amelie sich merken fürs nächste Mal, wenn die Eltern glauben sollen, dass sie schläft!

Vielleicht hilft dieses Atmen beim Einschlafen? Amelie versucht es. Sie schnauft und pustet, doch als ihr die schönen Muscheln einfallen, die sie am Strand sammeln kann, und die Kaninchen, die es in den Dünen gibt, vergisst sie das Schlafatmen und atmet normal weiter.

Aber egal, wie sie atmet, sie schläft einfach nicht ein. Deshalb seufzt sie laut auf.

Papa kommt zu ihr. „Meinst du, du kannst besser schlafen, wenn du bei uns liegst?“, fragt er.

Im ersten Augenblick will Amelie freudig aus ihrem Bett springen. Gerade noch rechtzeitig fällt ihr ein, dass das gefährlich ist. Die Eltern dürfen auf keinen Fall merken, dass sie Reisefieber hat, sonst muss sie morgen im Bett bleiben und sie können nicht wegfahren!

„Ich schlafe lieber hier“, sagt sie.

Papa sieht etwas erstaunt aus. „Okay“, sagt er. „Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.“ Damit geht er zurück ins Schlafzimmer.

Amelie liegt weiter wach. Eine lange Zeit später hört sie, dass Mama aufsteht und die Treppe hinunter und in die Küche geht.

Amelie huscht hinter ihr her. „Kannst du nicht einschlafen?“, fragt sie.

Mama fährt zusammen, als Amelie plötzlich auftaucht. „Hast du mich erschreckt!“, sagt sie. „Aber es stimmt: Ich bin hellwach. Ich wollte mir gerade einen Kakao machen. Willst du auch einen?“

Amelie nickt.

Als sie sich mit einem Becher Kakao gegenübersitzen, rückt sie endlich mit der Sprache heraus. Weil es eh keinen Zweck hat, die Wahrheit zu verschweigen. „Du hast sicher Reisefieber“, sagt sie niedergeschlagen.

Mama lächelt. „Genau wie du“, erwidert sie.

Dass Mama darüber lächeln kann! „Also können wir morgen nicht fahren“, setzt Amelie kläglich hinzu.

Mama stutzt. „Wieso nicht?“, hakt sie nach.

„Na, wenn wir beide Fieber haben! Da müssen wir doch im Bett bleiben.“

Nun fängt Mama an zu lachen. „Reisefieber heißt nicht, dass man wirklich Fieber hat und krank ist. Es bedeutet nur, dass man aufgeregt ist und sich freut, weil man verreist.“

Amelie fällt ein gewaltiger Stein vom Herzen. „Dann sind wir gar nicht krank!“, jubelt sie.

„Was ist denn hier los?“ Papa steht plötzlich im Türrahmen.

„Noch jemand, der Reisefieber hat!“, sagt Mama. Sie gibt ihm einen Becher Kakao und erklärt ihm, warum sie gerade gelacht hat.

Zum Schluss lachen sie alle drei zusammen.

„Jetzt, wo ich weiß, dass ich nicht krank bin, kann ich bestimmt einschlafen“, meint Amelie. „Am besten natürlich in eurem Bett.“

Danach dauert es nicht mehr lange, bis die ganze Familie ruhig schläft.

Amelie fährt ans Meer

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