Читать книгу Der Sultan von Karisi - Felicitas Dakota - Страница 14
ОглавлениеDie Abreise
Fatma goss jeden Tag ihre Blume. Sie erholte sich und wuchs sogar. Der Sultan freute sich auch darüber.
„Ich nenne sie ab jetzt Laaleh, Tulpe. Auch wenn sie keine ist. Aber sie wird mich immer an dich erinnern.“
Sie sah ihn verwirrt an. Er ließ sie gehen?
„Warum?“, fragte sie.
„Weil du hier nicht glücklich wirst und ich dich nicht ständig vor Miriam beschützen kann. Außerdem hat mir die Wahrsagerin noch etwas gesagt.“
„Und was?“
„Du musst sie gehen lassen, damit sie in deiner größten Not zurückkommt. Dann könnt ihr erst nach einer harten Probe zusammenbleiben und glücklich werden. Also muss ich dich gehen lassen. Irgendwann in den nächsten Tagen wird es sein. Einmal möchte ich noch in deinen Armen einschlafen. Dann kann ich nur mehr von dir träumen“, sagte Kasim und gab ihr einen Kuss.
Es war ihm egal, wenn sie wer sah. Fatma musste sich abwenden, als er ging. Also war es so weit. Sie weinte jetzt schon Tränen und die flossen auf die Tulpe. Der Sultan ahnte schon, dass sie sein Kind unter ihrem Herzen trug. Denn sonst könnte sie nicht in den Brunnen greifen. Doch eine Stimme in der Höhle hatte ihn gewarnt, als er zwei Steine für die Ärzte holte, dass es nicht gut sei, wenn sie hierbliebe. Die Stimme würde es noch sagen, wenn es so weit war.
Die nächsten zwei Abende wartete Fatma vergebens auf ihn.
In der dritten Nacht kam er zu ihr. Sie hoffte, dass sie noch nicht gehen musste. Sie liebten sich wie zwei Ertrinkende. Es würde für lange Zeit das letzte Mal sein oder gar für immer?
„Fatma, werde ich dich wiedersehen?“
„Natürlich, ich muss noch einmal kommen, um meinen Dieb zu kontrollieren. Ob es ihm gut geht. Sicher nicht in einem Jahr, aber in zwei Jahren werde ich es sicherlich einrichten können.“
„So lange muss ich auf meine Fatma warten?“
„Ja, wahrscheinlich schon. Aber was bedeutet eigentlich Fatma?“
„Entwöhnte, Entwöhnende oder auch Abgestillte.“
„Ja - das werde ich sein.“
„Fatma, versprich mir etwas!“
„Was denn mein Kasim?“
„Fatma Abdallah Sahiba von Karisi, versprich mir, dass du mir immer treu bleibst. Der Stein im Wasser, wo ich dich von hinten nehmen musste, soll es mir als Beweis zeigen. Ist das Moos mit Wasser getränkt, dann warst du mir treu. Geht es unter den Stein, sodass unsere Geschlechter im Trockenen stehen, dann warst du mir untreu und ich müsste dich bestrafen.“
„Ja, ich verspreche es dir, deine Fatma Abdallah Sahiba von Karisi verspricht es dir.“
Dann küsste er sie und sie schliefen glücklich ein. Ein umherirrender Schatten verschwand in der Dunkelheit. Am nächsten Tag ritt der Sultan auf Riah früh weg und kam spät zurück. Sogleich ließ er Omar und Kadir zu sich rufen. Die Nacht war ruhig. Doch im Morgengrauen schlichen Omar und Kadir von Zimmer zu Zimmer.
„Sahiba Fatma! Sahiba Fatma.“
Kadir rüttelte sie wach. Sie sah ihn verwirrt an.
„Es ist so weit. Ziehen sie sich an. Wir müssen gehen.“
„Was ist mit meinen Freunden?“
„Die werden schon geweckt. Sie reisen auch mit Ihnen ab.“
„Ich muss doch noch packen!“
„Nein, das habe ich schon erledigt. Sie müssen sich nur mehr anziehen.“
Rasch warf sie ihren Kaftan über und setzte ihren Turban auf. Kadir hatte schon alles gerichtet. Sie schlichen wie Diebe hinaus. Beim Stall waren die Pferde schon gesattelt und auf einem Packpferd ihre Sachen bereits verstaut. Kasim kam ganz leise daher. In der Hand hielt er eine Schatulle und in der anderen ein Tuch, in dem etwas eingewickelt war. Ihre beiden Kollegen, begleitet von Omar, folgten dem Sultan zum Stall.
„Das hier ist die Bezahlung für euch.“
Er wickelte das Tuch auf, in dem vier Steine lagen.
„Benutzt sie weise, sonst bringen sie euch kein Glück.“
Das Tuch übergab er Fatma.
„Und das hier ist für dich, dass du immer an mich denkst“, sagte Kasim zu Fatma gewandt.
Er machte die Schatulle auf und sie sah ihre blaue Kette und den blauen Stein aus der Höhle.
„Nein Kasim, das kann ich nicht annehmen.“
„Doch, du brauchst sie. Sie beschützen dich!“
Fatma steckte das Tuch mit den Steinen in ihre Tasche und drehte sich zu den Ärzten um. Kasim nahm Stein und Kette aus der Schatulle heraus und versteckte sie auch dort. Die Ärzte waren überrascht, dass sie bei Nacht und Nebel abreisen mussten. Sie hatten es zwar von Kasim gewusst, dass der Tag der Abreise nahe sei, aber dass es jetzt ganz plötzlich soweit war, erstaunte sie doch. Sie stiegen auf. Mittlerweile hatten sie auch besser reiten gelernt.
„Sahiba Fatma, steigen Sie auf, wir müssen gehen.“
„Kadir wird dich in dein Land begleiten und auf dich aufpassen. Er hat den Befehl dazu. Ich kann meine Sahiba nicht alleine reisen lassen“, sagte Kasim bestimmt, als sie etwas erwidern wollte.
Sie musste ihn also in das kalte Land mitnehmen. Ein letztes Mal sah sie Kasim noch an. Ein letzter heißer Kuss. Die Männer sahen betreten weg.
„Ich komme wieder - versprochen - und ich werde dir treu bleiben“, versprach Fatma und sah auf ihren Goldreif, der im Mondlicht blau blinkte.
„Er wird mich immer daran erinnern, dass ich des Sultans Frau bin.“
Dann stieg sie auf und beugte sich noch einmal herunter zu ihm.
„Kasim, ich liebe dich. Bitte gieße meine Blume, denn sie hat meine Tränen aufgefangen.“
Ein letzter Kuss. Der Sultan begleitete sie noch bis zum Tor. Kadir ritt auf Riah und Fatma auf Ari. Kasim legte seinen Kopf noch auf Aris.
„Reite wie der Wind und bringe sie heil zur Karawane und dann kommt wieder zurück“, sagte er zu ihm.
Und wie zur Bestätigung nickte der Hengst.
„Die Pferde wissen den Weg, sie werden euch führen.“
Dann ritten sie aus dem Tor hinaus. Riah und Ari führten die kleine Karawane an. Kadir hatte noch die Packpferde im Schlepptau. Dann wurde das Tor geschlossen. Der Sultan lief rasch auf seinen Balkon und sah sie noch in der Ferne verschwinden. Dann ging er in die Gemächer von Fatma und legte sich in ihr Bett, das immer noch nach ihr roch. Er würde keine andere hier schlafen lassen. Das war ihr Gemach und würde es immer bleiben, auf EWIG!
Die kleine Karawane kam gut bei der Station an. Dort erwarteten sie schon zwei Autos. Der Sultan hatte das am gestrigen Tag schon erledigt. Die Männer packten die Koffer in die Autos. Fatma verabschiedete sich von Riah und besonders von Ari. Sie legte wieder ihren Kopf auf seinen.
„Pass mir auf meinen Sultan auf, bis ich wiederkomme. Und holst du mich dann wieder ab?“
Und wie zur Bestätigung nickte Ari.
„Reitet wie der Wind zurück. Denn mein Herz bleibt auf ewig hier.“
Die Pferde drehten sich um und verschwanden hinter der Düne. Kadir hatte alle zusammengebunden, damit Ari und Riah sie mitnehmen konnten. Der Morgen brach an. Sie würde in ihr altes Leben zurückkehren. Und Kasim musste hier auf sie warten. Ihr Herz war schwer.
„Sahiba, mir müssen gehen. Die Autos warten.“
Die Ärzte waren verwundert, als auch Kadir einstieg. Sie dachten, er sollte sie sicher bis zum Flughafen bringen. Auf dem Flughafen zogen sie wieder ihre normale Kleidung an. Dr. Weck und Dr. Meier schmissen ihren Kaftan weg. Fatma wusste, sie würde ihren noch brauchen und packte ihn ein.
„Dr. Evans, können wir gehen?“, fragte Dr. Meier.
„Ja, wir können gehen.“
Kadir ging hinter ihnen her.
„Was macht der noch hier? Er kann nicht mit“, sagte Dr. Weck aufgebracht.
„Kadir ist vom Sultan beauftragter Begleiter und Aufpasser für mich, also passen sie auf was sie sagen Dr. Weck!“, sagte Fatma zornig zu ihm.
Er hielt sofort wieder den Mund. Also ihn ging das ja nichts an. Kadir hatte natürlich einen Reisepass. Sonst hätte er nicht mitfliegen können. Sie kaufte zwei Tickets. Sie hatten Glück, in drei Stunden flog eine Maschine und die hatte noch vier Plätze frei. Kadir wich nicht von ihrer Seite. Im Flugzeug eroberte er den Sitzplatz neben ihr. Eigentlich sollte da dem Ticket nach Dr. Meier sitzen.
„Dr. Meier, das ist doch egal wo Sie sitzen, oder?“, fragte sie ihn.
„Danke Sahiba Fatma“
„Kadir, das musst du dir in unserer Welt abgewöhnen, entweder sagst du zu mir Eva oder Frau Eva.“
„Nein, dann sage ich lieber Dr. Evans.“
Also wäre das auch geregelt. Sie schloss die Augen und dachte an Kasim. Was er jetzt wohl machte?
***
Kasim lag noch immer auf ihrem Bett. Er war noch einmal eingeschlafen. Jetzt schreckte er hoch – ein Geräusch oder eine Stimme – hatten ihn geweckt. Er sah auf und sah am Ende des Bettes eine Schlange auf sich zu bewegen. Er setzte sich langsam auf, nahm seinen Dolch und schlug der Schlange den Kopf ab. Wer trachtete Fatma nach dem Leben? Miriam? Er konnte es nicht beweisen und sagte auch niemand etwas von dem Vorfall. Es sprach sich bald herum, dass Fatma und ihre Begleiter nicht mehr da waren. Doch viele ahnten, was geschehen war, als die Pferde ohne Reiter zurückkamen. Kasim war nicht mehr der Alte seit der Abreise von Fatma. Er goss jeden Tag ihre Blume. Und jeden Tag pflückte er eine Träne, den Tau, von ihr. Er sammelte sie und brachte sie, wenn die Phiole voll war, zur Höhle und vergrub sie. Er sah sich jedes Mal seinen Stein an. Er erstrahlte in hellstem Rot. Er hoffte, ihr Stein würde genauso lange Blau erstrahlen.
Nur eine freute sich, denn sie dachte, die Schlange habe Fatma erwischt und Kasim hätte sie fortgebracht und die Männer nach Hause geschickt, sodass sie offiziell weiterlebte und niemand von ihrem Tod erführe. Sie freute sich, vielleicht bald Herrscherin zu sein.