Читать книгу In der Struth Band 2 - Felix Sobotta - Страница 4

1. Kapitel Auf halber Höhe durch die Westkarpaten

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Wir haben jetzt das Jahr 214 und leben in der zweiten Hälfte des Monats April. Bald sind wir ein Jahr von unseren Heimatdörfern weg. Kaum hat sich unser Gespann in Bewegung gesetzt und wir den beiden Gebäuden den Rücken zeigten, begannen alle acht Pferde laut zu wiehern, als ob sie sich auch von ihrem Winterdomizil verabschieden wollten, indem sie auch soviel Schönes aber wie mein Thor und die andern auch etwas sehr Schreckliches erlebt haben, wenn ich an den Bär oder die Wölfe denke, die unsern Pferden doch recht bedenklich nahe kamen.

Am Ende der Lichtung, bevor wir auf den Weg kamen, der uns hinab an die Kreuzung bringt, habe ich es nicht lassen können, anzuhalten, vom Wagen zu steigen und noch einmal bisschen wehmütig zurückzuschauen. Ich musste einfach noch einmal die letzten sechs Monate hier oben kurz Revue passieren lassen und meinem Chef oben, über mir im blauen Himmelszelt, noch für seine vorausschauende Fürsorge herzlich Danke sagen. Ohne sich nochmals umzuschauen bestieg ich den Wagen und ab ging es hinab zur Kreuzung. Hier hielten wir wieder an und ich stieg vom Wagen, um zunächst festzustellen wo es nach Westen langgeht. Als ich wieder auf dem Kutscherbock saß, sah ich genau in westlicher Richtung, weit hinten einen riesengroßen Nadelbaum stehen, der mir bisher, wenn wir zum Wochenmarkt kamen nie aufgefallen ist, der die andern Bäume um vieles überragte. Ob ihn die tiefhängenden grauen Winterwolken kleiner erscheinen ließen oder gar verhüllten? Meine ersten Gedanken waren, ist das etwa einer von den legendären Mammutbäumen, die es früher bei uns noch sehr häufig gab? Wenn ja, dann kommen wir bald in eine dünn besiedelte Gegend, denn von zwei dieser Bäume und derzeitigen Größe konnte man schon so eine zweiräumige Almhütte bauen und die Siedler, so hat mir mein Vater öfters erzählt, haben solche Mammutbäume einfach wegen der Holzmasse nicht stehen lassen, ohne zu ahnen, was für einen Holzverlust sie durch das Fällen dieser viertelwüchsigen, oder noch nicht ganz ausgewachsenen Bäume, da für die Nachwelt angerichtet haben. Von diesem Baum da hinten im Westen habe ich Didilind auch unterrichtet und sie gebeten, auch diesen Baum mit im Auge zu behalten, denn hinter diesem Baum geht es weiter dahin wo auch wir hinwollen, nämlich nach Westen. Während Didilind den Mammutbaum im Visier behielt, konnte ich schon mal die Gegend links und rechts von uns im Vorbeifahren im Auge behalten, denn irgendwann müssen wir ja für die Pferde eine Futterpause machen. Und wenn es da noch nichts Grünes gibt, dann muss mein mitgenommener Heuvorrat in den Säcken der etwa für sechs Mahlzeiten reichen würde, verfüttert werden. Da entdeckten meine Augen im Hintergrund die Silhouette des Städtchens, in der wir während der letzten sechs Monate unsere Besorgungen machten. Ich zeigte dieses Bild auch Didilind. Sie nickt zustimmend, als wollte sie sagen, da hätte es sich auch gut leben lassen und ich fügte hinzu: „Aber wovon?“ Und Didilind sagte: „Vielleicht hätten wir hier in der Gegend einen Hof anlegen können und hätten wie einst daheim Grundherr und Krieger spielen können.“ Ich erwiderte ihr: „Und dann, wenn alles hergerichtet ist, flüchten wir vor den heranrückenden Slawen, die mit dem neu errichteten Hof nichts anzufangen wissen!“ Didilind zuckte, als sie das Wort Slawen hörte, mehrmals mit den Schultern, als wollte sie sagen: „Ich weiß es nicht, was in unserer Zeit das Richtige ist!“ Da mir nichts Besseres einfällt, fragte ich sie, ob sie den Mammutbaum noch im Visier hat, was sie ganz stolz bejahte. „Nur“, sagte sie, „entweder wird der Baum immer kleiner, der Wald vor ihm immer höher, oder wir fahren langsam bergauf!“ Mir ist nur aufgefallen, das die Landschaft um uns herum immer grüner wurde, was auch heißen kann, dass unserer Ausgangspunkt von heute Vormittag bedeutend höher liegt als jetzt und es so aussieht, dass die Pferde heute schon mal einen großen Teil ihres Futters selbst finden können, nur schön wäre es, wenn wir dafür wieder auch eine nicht zu kleine Lichtung finden könnten! Wir mussten schon sehr lange unterwegs sein, denn die Sonne stand recht tief direkt vor uns. Ich stellte mich vor den Kutscherbock und versuchte an der Sonne vorbei die Spitze des Mammutbaumes zu finden, der ja auch hier irgendwo im Westen stehen muss, oder ist er immer noch so weit weg von uns? Lassen wir uns überraschen und fahren wir vorerst noch ein bisschen weiter. „Didilind, was war das da eben? Hat da nicht eines der beiden Zugpferde vor uns so halblaut vor sich hingeplustert, als wollte es uns auf etwas aufmerksam machen? Sollte es etwa was entdeckt haben? So etwas wie eine Lichtung mit Grünfutter und Wasser?“ Jetzt machte der Weg eine leichte Biegung nach rechts, so etwa um 25°, direkt auf eine doch schon recht grüne Lichtung. Alle unserer Pferde wieherten, als wollten sie uns das allerneueste verkünden. Ich krabbelte in den Wagen, und gab in zwei Blecheimer je zwei Hände Hafer, krabbelte vom Wagen und fütterte zunächst damit die zwei eingespannten Zugpferde. Danach spannte ich die zwei Pferde aus und ließ sie frei ihr Grünfutter suchen. Dann band ich die sechs Pferde, die den Ganzen Weg hinterm Wagen herliefen los, dass auch sie zunächst etwas Grünfutter suchen konnten. Didilind hat derweil zwei große Scheiben von dem runden Brot abgeschnitten und sie je mit einer Fleischscheibe belegt. Nachdem alle Pferde am Grasen waren, nahm ich die zwei leeren Blecheimer, ging zum nahen Bächlein, spülte sie aus und brachte sie voll Wasser zum Wagen. Zunächst haben wir erstmals unsern Durst gelöscht, dann unser Brot gegessen und noch mal bisschen Wasser getankt. Dann holte ich einen Sack Heu vom Wagen und ließ den Uhu schreien. Und tatsächlich, sie kamen brav, einer hinter dem andern. Ich konnte sie tatsächlich zum bisschen Heu futtern überreden, denn allzu viel von dem jungen Gras und das zum erstenmal ist keineswegs gesund für die Pferde; das Wasser stand ja neben dem Heu in zwei Eimern. Ich traute meinen Augen nicht, fast den halben Sack Heu haben sie noch gefuttert. Jetzt durften sie auch wieder zurück zum Gras fressen. Das Wasser in den Eimern haben sie überhaupt nicht angetastet. Es sah so aus, als würde ihnen das Wasser direkt aus dem Bächlein besser schmecken, oder wollten sie mich auf etwas im Bächlein aufmerksam machen. Nach dem Heu fressen waren sie schon zweimal am Bächlein und es sah so aus, als hätten sie beide Male tüchtig daraus getrunken. Dann fragte Didilind, wo und wie wir heute Nacht schlafen wollen? Und ich meinte, wenn wir von der Erde gut isoliert sind, würde ich vorschlagen: „Wie gehabt an Thors Rücken, ansonsten oben auf dem Wagen!“ Also warten wir noch, was unsere Pferde für heute Nacht vorhaben, ob sie wie früher in der Nähe des Wagens zum Schlafen langlegen werden oder? Weiter kamen wir nicht, denn unsere Pferde kamen im Gämsemarsch vom Bächlein direkt zu uns und was ich nicht zu hoffen gewagt habe ist geschehen. Um uns herum, die wir am Wagen standen, legten sich die Pferde, so wie früher, zum Schlafen nieder. Didilinds und meine Blicke kreuzten sich, und wir nickten uns zu, was soviel heißen sollte: „Wir schlafen wieder an Thors Rücken!“ Während ich den Pferden die „Gute Nachtstreicheleinheiten“ gab, holte Didilind zwei gegerbte Bärenfelle, zwei gegerbte Wolfsfelle und die Plandecke vom Wagen und richtete unsere Schlafstelle wieder an Thors Rücken her. Die Bärenfelle dienten als Unterlage. Je ein Wolfsfell und die Plandecke dienten als Zudecke. Auch mahnte ich die Pferde, heute Nacht wieder, gerade so wie früher, mit einem Ohr und einem Nasenloch unser Umfeld nicht ganz zu vergessen und ein kleines bisschen mit zu beobachten. Die Pferde nickten gerade so, als ob sie mich wieder verstanden hätten. Dann hing ich meine ganze Kriegsmontur über und ließ mich neben Didilind auf ein Bärenfell nieder. Als ich so neben ihr saß und die vielen Lampen am Himmelszelt beobachtete, fanden sich unsere zwei Hände und wie immer, händchenhaltend begann ich meinem Chef oben im Himmelszelt all das zu erzählen, was wir heute taten und was uns so bewegte. Dann sprachen wir zusammen das Gebet des Herren und Didilind sprach die letzten Worte zu unserm Chef da oben und bat ihn, dass er auch diesen Sommer seine schützenden Hände über uns und unsere Wanderung nach dem Westen halten möge, was wir beide mit einem lauten Amen bejahten. Danach mussten wir bald eingeschlafen sein. Offensichtlich waren wir heute Nacht die einzigen, die diese Lichtung belagerten oder im Visier hatten oder durchkreuzten, denn keines der Pferde hat uns in der Nacht vor irgendetwas gewarnt. Die Sonne war es, die uns heute früh wieder geweckt hat; die Pferde selbst warteten mit ihrem Aufstehen, bis wir aufgestanden sind. Nachdem wir beide, Didilind und ich dastanden, war Thor das erste von den Pferden das aufstand, sich kräftig schüttelte, als wollte er seine Lebensgeister noch einmal kräftig wecken. Dann wartete er, bis seine sechs Mädchen und Odin sein kastrierter Konkurrent aufgestanden sind. Nachdem sie die letzten Heuhalme von gestern Abend aufgelesen haben, marschierten sie zum Gebirgsbach und ich mit den Zwei Wassereimern hinterher. Hier am Bach wartete ich zunächst, bis die Pferde wieder den Rückzug antraten. Erst dann ging ich an den Bach und schaute erstmals, ob es hier auch die guten bepunkteten Fische oder etwas Glänzendes gibt. Von diesen guten Fischen war weder oberhalb noch unterhalb meines Standorts etwas zu sehen. Dafür, ich musste zweimal hinschauen, die Sonnenstrahlen trafen mit voller Wucht im Wasser auf etwas Glänzendes, dass es nur so blitzte. Nach dem Motto, dass geteilte Freuden doppelte Freuden sind, rief ich Didilind, dass sie auch mal hier her kommen möge, um mir hinter her nicht wieder Vorwürfe zu machen, dass ich sie zum Angeln der Goldfische nicht gerufen hätte! Didilind kam zum Bächlein und fragte, was es hier so interessantes gibt, dass sie hier herkommen soll? Ich nahm sie beim Arm und führte sie direkt an das Ufer und deutete da auf das Glitzern und Blitzen im Wasser. Je länger Didilind auf das Glitzern im Wasser schaute, ohne etwas zu sagen, desto nachdenklicher wurden ihre Gesichtszüge. Doch dann sagte sie: „Das wird doch nicht wieder ein goldenes Ei sein, das uns unser Chef von da oben hier auf seiner Erde unten finden lässt?“ Ich schaute sie an und meinte: „Null Problemo, das haben wir gleich geklärt!“ Schuhe aus, Socken runter, Hosenbeine hochgekrempelt und hinein ins ‚brrrrr’ ach so kalte und nasse Wasser, und was ich da hoch hob, war kein Gold, sondern etwas sehr viel Wertvolleres! Aber was das war, das habe ich erst viele Jahre später erfahren, als wir schon einige Jahre im Westen heimisch waren, es war ein Gänseei großer lupenreiner Diamant. Meine innere Stimme sagte mir damals, dass ich dieses glasige Gänseei bloß nicht in den Bach zurückschmeißen sollte. Ab sofort war dieser durchsichtige Stein mein Kronenjuwel. Aber wie sagte doch mein Opa immer wieder, wenn wir beim Pilze suchen einen schönen Steinpilz fanden: „Wo einer wächst, da wächst auch noch ein zweiter!“ Nachdem Didilind dieses durchsichtige Gänseei in ihrer Wamstasche verstaut hatte, ging ich nochmals ins kalte Wasser. Gold fand ich keines mehr, aber mehrere, verschieden geformte, größere und kleinere ‚Glassteine’. Wie schon erwähnt, waren diese Glassteine, wie es sich später herausstellte, ein schier unbezahlbares Vermögen, das uns im Westen unsern Start ins neue Leben sehr erleichtert hat. Ich habe ganz an das Weiter-fahren vergessen, denn beim aufwärts Gehen im immer noch kaltem Wasser kam ich an ein kleines Bächlein, das in das bisherige Gebirgsbächlein mündet. Meine Neugier ließ mich auch dieses Bächlein hochsteigen. Der Erfolg ließ auch hier nicht lange auf sich warten. Wie es so aussieht, ist dieser Seitenarm des Gebirgsbaches der eigentliche Zubringer der Glassteine. Irgendwo und irgendwie muss das Wasser diese Glassteine aus dem Berginnern herausspülen. Meine Hosen- und Wamstaschen waren schon voller dieser Steine. Auch meinen Essenstopf, den ich immer mit mir herumtrage waren schon voll dieser verschieden großen Glassteine. Als ich zum Wagen zurückkam, hat Didilind schon ein Feuer hinbekommen und ziemlich guten Tee zurechtgebrüht, der nicht nur klasse zum Frühstück schmeckte, sondern auch meine kalten Füße mit bisschen heißer Phantasie wieder fast zum Glühen brachte.. Danach habe ich die nassen Glassteine auf der Plandecke in der Sonne getrocknet. Egal wie ich mich bewegte, diese Steine glitzerten und blitzten zum Verrücktwerden in der Sonne. Nachdem die Glassteine trocken waren, sammelte ich sie in den Blecheimern ein. Ihr werdet staunen, es waren fast zwei volle Eimer, die ich Didilind auf den Wagen reichte, damit sie, sie in unsern Kleiderkisten verwahren möge, was sie mit bisschen Unbehagen tat, denn sie konnte ja damals noch nicht wissen, was für einen unbezahlbaren Wert sie da gerade in den Kleiderkisten versteckte. Nachdem ich wieder meine langen Hosenbeine herabgelassen, Socken und Schuhe angezogen habe, half ich Didilind, dass alle unsere Sachen wieder ordnungsgemäß auf dem Wagen waren, die Mausefallen geleert und habe zwei der vier Banditenstuten vorne an den Wagen gespannt, und die andern sechs wieder hinten an den Wagen angebunden. Dann bekamen die beiden Pferde vorn an dem Wagen ihre Sonderration Hafer fürs Ziehen, und ab ging es weiter auf der Suche nach dem großen Nadelbaum, den wir gestern in westlicher Richtung haben wachsen sehen. Zwischendurch bin ich auch mal abgestiegen, um sicher zu stellen, dass wir auch wirklich unsere Reise nach dem Westen fortsetzen. Wir mochten schon so gute zwei Stunden unterwegs sein, da rief Didilind: „Du, da, da vorne ist er wieder, der große Nadelbaum, der uns gestern gezeigt hat, wo es lang nach dem Westen zu gehen hat.“ Ich klopfte belobigend Didilind auf die Schulter, dass sie so vortrefflich aufgepasst hat. Nur heute, je näher wir zum Baum kamen, umso größer wurde er. Als wir beim Baum ankamen, hielten wir kurz an und ich stieg vom Wagen. Ich musste einfach mal andächtig um den Baum gegangen sein und seine herabhängenden Äste ganz ehrfurchtsvoll auch einmal gestreichelt haben: „Denn wer weiß, ob ich so einem Naturriesen von Nadelbaum in meinem Leben noch einmal sehen oder begegnen werde?“, dachte ich so für mich im Stillen. Didilind bewunderte und verfolgte sitzend vom Kutscherbock aus mit einer Mischung aus Kopf schütteln und Kopf nicken meine andächtige „Amtshandlung“ und sagte dann voller Ernst: „Ich würde mir an deiner Stelle einen Zweig zum Andenken an deine heutige Begegnung mit ihm und von ihm mitnehmen!“ Gesagt und getan! Schnell waren einige Reiser von seinen Zweigen abgebrochen, die ich wieder oben auf unserm Wagen zwischen Wagenplane und Halterung steckte, die fortan unsere weitere Reise nach Westen begleiteten. Wir mochten noch so gut eine Stunde gefahren sein da machten wir auf einer nicht zu großen Lichtung, die sich links und rechts der Straße erstreckte, eine kleine Futterpause für alle Vier- und Zweibeiner und setzten bald unsere Fahrt fort. Diesmal hatten wir einen höheren Berg im Visier, der uns den Weg nach Westen weisen sollte, der genau auf unserm Weg nach Westen in den Himmel ragte. Die nächsten fünf Tage verliefen ohne irgendwelche nennenswerte Ereignisse. Doch am sechsten Tag sagte Didilind, als wir früh unsere Weiterfahrt fortsetzten, dass unser Fleischvorrat langsam zu Ende geht und ich vielleicht auch mal wieder an Nachschub denken sollte. „Am besten ist es ja, wenn man am Abend auf die Jagd geht, “ dachte ich so halblaut bei mir, „bevor die Tiere auf Futtersuche gehen!“ Diesen meinen eben gehabten Gedanken teilte ich auch Didilind mit und fragte sie, was sie davon halte, wenn wir heute Abend unser Jagdglück versuchen, vorausgesetzt, wir finden bis dahin eine Lichtung zum Übernachten? Didilind war mit meinem Vorschlag einverstanden. Und wie immer, auch heute, am späten Nachmittag stand das Glück wieder auf unserer Seite, denn unser Weg führte uns in eine nicht zu klein geratene Lichtung, durch die auch wieder ein kleiner Gebirgsbach floss. Unsere Pferde wurden zunächst ausgespannt und losgebunden, dass sie erst mal bisschen futtern konnten. Dann sattelten wir Thor und Odin, hängten Köcher und Bogen um, nahm meinen Ger und stiegen auf unsere beiden Pferde. Bevor wir losritten, bat ich noch unsern Chef da oben, dass er unseren heutigen Jagdausflug auch mit seinem Wohlwollen begleiten möge. Dann sagte ich so vor mich hin: „Lasst uns diesen Jagdausflug beginnen, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, und Didilind sagte, gerade so als ob sie alles mitgehört habe, laut: „Amen!“ Dass ab sofort absolute Ruhe angesagt ist, brauchte ich Didilind nicht mehr zu sagen, denn sie war ja heute nicht zum ersten Mal mit auf der Jagd. Und dass wir nicht aus purer Lust am Töten jagen, das war allen bekannt. Wir töteten nur soviel, um überleben zu können. Also, mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der schönste Lebenslauf! Ich flüsterte Didilind noch zu: „Ab sofort Augen und Ohren ganz auf wach und beobachten schalten!“ Und ab ging es in den Wald; kreuz und quer und immer tiefer. Es sah so aus, als ob die Tiere, die sonst im Wald leben, heute in ein mir unbekanntes Quartier gewechselt sind. Ich wollte schon umkehren, um morgen an einer anderen Stelle unser Jagdglück wieder zu versuchen. Mit beiden Händen versuchte ich vergebens Didilind zu sagen, ob es nicht besser wäre, wenn wir für heute mit unserer Jagd Schluss machen und morgen wieder an einer anderen Stelle unser Jagdglück versuchen. Aber Didilind zuckte immer wieder nur ihre Schultern, als wollte sie sagen: „Sie kann mich beim besten Willen nicht verstehen!“ Und so sagte ich, gegen alle Regeln der Jagd laut, dass wir für heute mit der...... , weiter kam ich nicht, denn durch mein nicht zu leises Sprechen hab ich einen Riesenur aufgescheucht, der plötzlich wutschnaubend und mit gesenktem Haupt, gar nicht weit, uns gegenüberstand, als wollte er sagen: „Kommt nur näher, ich mach aus euch Hackfleisch!“ Meine Gedanken waren jetzt, wie kann ich, ohne viel Aufsehen Didilind dazubringen, dass sie langsam auf ihrem Odin nach links abdreht, und der Ur vor uns ihr langsam mit einer Rechtsdrehung folgt, während ich hier auf meinem Platz regungslos stehen bleibe, bis er mir seine linke Brustseite zeigt. Ich versuchte mit Händen und Füßen, möglichst unauffällig, ihr zu zeigen, dass sie mit ihrem Odin nach links abdrehen soll und sich langsam in diese Richtung fortbewegen möge. Es dauerte recht lange bis sie verstand was ich ihr immer wieder durch meine unauffälligen Handbewegungen sagen wollte. Unser Ur hat, obwohl er die ganze Zeit mit gesengtem Haupt uns gegenüberstand doch Didilinds Bewegung mitbekommen und drehte tatsächlich seinen Körper leicht nach rechts, um ihre Bewegungen zu beobachten und darauf zu achten, dass sie ihm auch nicht zu nahe kommt. Das war der Moment, auf den ich gewartet habe, denn seine linke Brustseite lag ungeschützt vor meiner noch ungespannten Pfeilspitze. Vor lauter Schauen auf Didilind, wie sie sich leise davonmachte merkte er gar nicht wie möglichst unauffällig und lautlos ich den Bogen spannte. Wahrscheinlich bemerkte er mich erst wieder, als mein Pfeil zwischen seinen Rippen in sein Herz drang, als es schon zu spät war. Ein kurzes lautes Aufbrüllen war seine Reaktion, und er sackte knurrend in sich zusammen. Didilind wusste schon worum es jetzt geht, als ich zu ihr geritten kam, dass sie wieder zum Lager zurückreiten und mit dem Wagen hier her kommen soll. Doch bevor sie wegritt, lobte ich sie, dass sie es wieder mitbekommen hat, den Ur zur Rechtswendung zu animieren. „Mit was für einer Grazie du das wieder gemacht hast, da kann ich nur staunen“, sagte ich allen Ernstes ohne jegliche Ironie. Wenn ich jetzt so im Nachhinein die letzten Minuten bei mir Revue passieren lasse, da ist es mir immer noch ein bisschen Angst! Es hat eine knappe Stunde gedauert, bis sie, begleitet von allen Pferden mit dem Wagen wieder bei mir war. Und sie packte es den Wagen rückwärts an den ausgebluteten Ur zu fahren, denn hier an der Wagenrückwand war für diese Sachen unser kleine Kran, mit dem wir die Jagdbeute beim auskleiden schon mal anheben konnten. In einer Stunde etwa war unser Bulle fertig entkleidet und ausgenommen. Von den Innereien hat Didilind nur die Leber, die Nieren und das Herz mitgenommen. Den Rest der Innereien haben wir für die Tiere hier im Wald zurückgelassen. Dann begannen wir den Bullen zu zerlegen und die einzelnen Stücke auf dem Wagen zu verstauen. Als letztes habe ich die Decke zusammengelegt, die ich dann bei Gelegenheit an einen Gerber weiter bringen kann. Danach wendeten wir und fuhren zurück zur Waldlichtung. Didilind hatte nichts dagegen, wenn wir heute noch recht viel vom Ur grillen. Also nahm ich zwei Eimer in meine Hände und marschierte den Geräuschen nach und kam tatsächlich wieder an einen kleinen Gebirgsbach. Hie schöpfte ich beide Eimer voll und brachte sie zu Didilind, die schon dabei war ein Feuerchen zu machen. Dann holte ich vom Wagen einige Fleischbrocken, die Didilind schon mal wusch und einsalzte, die wir dann gemeinsam auf den Grillspieß schoben und den behangenen Spieß in die Gabelhalterung legten. Die ersten Drehungen vollführte Didilind, während ich wieder zwei Eimer Wasser holte. Dann brachte ich wieder paar Stücke Fleisch vom Wagen, die jetzt Didilind wieder wusch und einsalzte, und ich das Fleisch weiter drehte. Sicher war der Bulle von heute nicht mehr einer der jüngsten, denn das Fleisch war nach den zwei üblichen Stunden immer noch nicht ganz durchgegrillt. Es hat fast drei ganze Stunden heute gedauert bis die erste Portion des schon älteren Urs durchgegrillt vom Feuer genommen werden konnte. Didilind war einverstanden, dass wir heute noch die zweite Portion grillen, die wieder ganze drei Stunden über dem Feuer gedreht werden muss. „Den Rest“, sagte sie, „können wir morgen vor unserer Weiterfahrt oder morgen Abend weitergrillen!“ Während ich den Dreher am Feuer spielte, stellte sie unsern Kochtopf, der halbvoll mit Wasser gefüllt war in die Glut und legte ein Stück gutdurchwachsenes rohes Bullenfleisch frisch von heute in den Topf, salzte die angehende Brühe und wollte für heute Abend und morgen früh eine dicke Nudelsuppe kochen, denn das vor einer Woche gekaufte Brot geht langsam zu Ende. Und wo gibt es den Wochenmarkt, auf dem es das gute frische Brot wieder gibt? Bis jetzt hat mich mein Chef da oben noch nicht wissen lassen, wo ich wieder einen gut bestellten Wochenmarkt finden werde. Bis jetzt habe ich noch keine Abzweigung von unserem Fahrweg gefunden, die uns vielleicht da oder dort zu einem Marktflecken geführt hätte. Also weiter dem Chef da oben vertrauen und die Hoffnung nicht verlieren. Während ich so beim Drehen dahingrübelte, kam Didilind und wollte mich beim Drehen ablösen, denn so wie es aussieht, müsste ich noch einmal in den Wald gehen und ein bisschen Brennholz zum Fertiggrillen holen. Beladen mit fast einem halben Ster Brennholz kam ich zurück und habe alsbald tüchtig nachgelegt. Dann habe ich Didilind gefragt, ob sie noch eine kleine Holzholrunde weiterdrehen kann und ich derweil noch einmal im Wald verschwinde, um das schon gesammelte Holz von eben noch holen kann? Didilind war mit meinem Ansinnen einverstanden und ich verschwand, bevor es dunkel wird noch einmal im Wald. Als Thor sah, dass ich zum zweiten Mal in den Wald gehen wollte, ließ er alles im Stich und folgte mir laut wiehernd nach. Gott sei´s gedankt, dass die andern Pferde bei Didilind geblieben sind und sie da am Feuer nicht allein gelassen haben. Bevor ich im Wald begann mir die zurechtgemachten dicken Äste auf meinen linken Arm zu laden, verpasste ich erst Thor einpaar ganz liebe und freundschaft-liche „Streicheleinheiten“ für sein unaufgefordertes Mitkommen. Als ich meinen linken Arm wieder mit Brennholz vollgeladen hatte, marschierten wir zu Didilind zurück, habe mein gebrachtes Brennholz neben das andere geladen und löste Didilind beim Drehen des Fleischspießes ab. Sie kümmerte sich wieder um den Suppentopf in der Glut und meinte, dass das Fleisch darin schon weich sei und sie jetzt die Nudeln hinein tun kann, das heißt: „In zehn Minuten kann unsere Nudelsuppe zum Abendessen gegessen werden.“ Und so war es auch. Nach gut zehn Minuten war das weichgekochte Fleisch zerschnitten wieder im Topf und Didilind brachte mir einen vollen Tonteller Nudelsuppe, stellte mir den Teller auf meine Knie und gab mir einen Esslöffel. Nachdem wir unser gelerntes Tischgebet gemeinsam gesprochen haben, begannen wir mit dem Essen. Mit der rechten Hand spielte ich den Dreher, mit der linken den Esser. Die Nudelsuppe, woher die Nudeln kamen, wissen sie noch lieber Leser, die haben wir am Samstag vor unserer Taufe unter der Anleitung von Didilind gemacht; diese Nudel-suppe schmeckte einfach einmalig. Leider hat diese gute und nicht zu dünngeratene Nudel-suppe auch sehr schnell sattgemacht. Nachdem ich im Topf festgestellt habe dass noch viel von der guten Suppe da ist, dass sie nicht nur für morgen früh reichen wird, sondern auch noch für morgen Mittag, habe ich mich ganz bestimmt nicht geärgert. Umso mehr Spaß machte mir jetzt das Drehen des Fleischspießes. Wie ich bald bemerkte dass Didilind Wasser zum Abwasch des Geschirrs suchte, bat ich sie für paar Minuten das Drehkommando zu übernehmen, während ich Wasser aus dem Gebirgsbächlein hole. Didilind war mit meinem Wasserholen aus dem nahen Bächlein einverstanden, rief mir aber nach: „Wasser holen, und keine Glaskugeln oder Goldeier suchen!“ Ich drehte den Kopf und rief zurück: „Habe alles verstanden, bis auf gleich!“ Als ich die zwei Eimer voll hatte, hat es wirklich in meinen Füßen wieder gekribbelt, und ich wäre sicher, wenn es noch hell wäre, wäre ich sicher in das Bächlein hineingestiegen, aber was heute nicht ist kann ja morgen früh bei Tageslicht noch sein! Als ich mit dem Wasser wieder zurückkam, habe ich Didilind als Dreher wieder abgelöst. Während Didilind die Aufwaschschüssel halb-voll in die Glut stellte und wartete, dass das Wasser zum Abspülen warm wird, schaute sie mir bisschen nachdenklich beim Drehen zu. Und so kam schon meine Frage: „Didilind, sag mir bitte, was denkst du jetzt so ernsthaft nach, oder woran denkst du jetzt?“ Ich meinte, dass sie ob meiner Fragerei erschrocken ist, gerade so, als ob sie sich bei etwas ertappt fühlte. Und dass ihre Antwort nicht ganz der Wahrheit entsprach, denn sie sagte, nachdem sie dreimal Anlauf genom-men hat, dass sie befürchtet hat ich werde, bevor ich mit dem Wasser zurückkomme noch einmal durch den Bach waten, habe ich ihr nicht ganz abgenommen. Ich hab sie, ob ihrer Aussage etwas ungläubig angeschaut und das Gesagte, trotz meiner Bedenken akzeptiert. Die wahre Wahrheit zum heutigen Abend hat sie mir drei Jahre später in der neuen Heimat gesagt, wir waren da schon Mann und Frau und unser erster Sprössling unterwegs war. Und was macht man da an den langen Winterabenden. Man rate was es geben wird, ein Stammhalter oder ein Prinzeschen? Aber noch einmal zurück zu ihrer Antwort, von wegen dem Bach nach Glaskugeln durchwaten? Ich hab ihr ins Gesicht gesagt: „Wenn es morgen nicht Kübelweise regnen wird, kann es schon passieren, dass ich den Bach durchwate und du mich dann wieder mit einem Glas heißen Tee, meine ganz tief abgekühlten Lebensgeister zum Leben erweckst! Und für alle Fälle, wir haben schon lange kein goldenes Ei mehr gefunden. Und wie sagt man da, wenn man einem Goldsucher im Wasser Erfolg wünscht, ‚Weidmanns Heil’ oder ‚Petri Heil’?“ Didilind musste besonders über den letzten Satz herzhaft lachen und sagte: „Da wünsche ich dir doch schon lieber beides, ‚Weidmanns’ und auch ‚Petri Heil’.“ Bei unserer Unterhaltung ist die Zeit sehr schnell verlaufen. Didilind hat schon bald mit ihrem scharfen Küchenmesser festgestellt, dass das Fleisch auf dem Grill durch ist und wir es zum Abkühlen aus der Halterung nehmen können. Dann haben wir die erste gegrillte und mittlerweile abgekühlte Portion auf den Wagen zum weiteren Abkühlen und Auslüften auf das Fleischtuch gelegt und auch schon das halb abgekühlte Fleisch dazu gelegt und leicht zugedeckt. Das restliche Fleisch wird morgen gegrillt. Unsere Pferde haben sich schon in unserer Nähe zum Schlafen niedergelegt und Didilind reichte mir vom Wagen unser Schlafzeug. Heute hab ich die beiden Bärenfelle an Thors warmen Rücken ausgebreitet und nachdem ich, wie üblich, bei allen Pferden noch einmal war, uns zum Schlafen niedergesetzt. Abwechselnd haben wir unserm Chef da oben unsern Tagesablauf berichtet und auch für all das gedankt, was er uns heute zum Eigennutz getan hat. Zum Dank bekannten wir gemeinsam unsern Glauben und sind bald eingeschlafen. Auch heute Nacht hat keines unserer Pferde uns, wegen irgendetwas geweckt. Die Sonne war es, die heute Früh alle wach küsste. Wir beide verschwanden am Bach und erledigten da unsere Morgentoilette. Ich hatte dabei nur Augen für den Gebirgsbach, konnte aber, weder oberhalb noch unterhalb meines Standortes etwas Glitzerndes feststellen. Danach schöpfte ich beide Eimer voll Wasser und kehrte zu unserm Schlafplatz zurück. Didilind hat auch heute schon ein Feuer gemacht und darauf die Nudelsuppe von gestern aufgewärmt, die heute fast noch besser schmeckte als gestern Abend. Nachdem Didilind den Abwasch getätigt hat, sah ich, wie alle Pferde zur Tränke an den Bach gingen. Ich aber konnte den Schelm in mir wieder nicht unterdrücken und fragte Didilind, ob die Pferde da Gold im Bächlein suchen gehen? Didilind schaute mich im ersten Moment ganz entgeistert an und wollte schon ob meiner dummen Frage explodieren. Doch sie schaltete sehr schnell und sagte gerade so schelmisch wie ich eben: „Wenn du mitgehen willst, nichts wie nach. Ich wünsche dir bei deinem Fußbad nur Weidmanns Heil, dass dein heutiger Jagderfolg riesengroß sein möge, mindesten so erfolgreich, wie dein gestriger!“ „Didilind, dass lass ich mir bei aller Liebe von dir nicht zweimal sagen!“ und verschwand hinter den Pferden. Während die Pferde ihren Durst stillten, zog ich meine Schu-he, meine Socken aus, krempelte die Hosenbeine hoch und verschwand im Bächlein. Zuerst ging es etwa fünfzig Meter bachaufwärts, dann zurück zur Einstiegsstelle und weiter fünfzig Meter Bach abwärts und zurück, ohne auch nur eine Spur von Gold zu entdecken. Damit ich nicht so ganz ohne zurückkomme, habe ich vier blankgescheuerte Kieselsteine in meinen Esstopf gelegt. In eine Hand nahm ich den Esstopf mit den Steinen, in die zweite die warmen Socken und die Schuhe und ging freudestrahlend zu Didilind zurück. Hier reichte ihr meinen Esstopf. An ihrer Miene konnte ich bald erkennen, wie sie über meinen Jagderfolg dachte und mit einem lauten, ehrlichen Lachen beglückwünschte sie meinen heutigen nicht ganz so großen Jagderfolg. Meine Füße waren mittlerweile schon so trocken, dass ich die Socken und die Schuhe wieder anziehen und die Hosenbeine herunterkrempeln konnte.

Ich schaute Didilind recht vielsagend an und fragte: „Den Rest jetzt grillen oder weiterfahren und dann am Abend das restliche Fleisch von gestern weitergrillen?“ Sie meinte, dass es vielleicht besser wäre, wenn wir jetzt unsere Fahrt fortsetzen und dann am Abend, an unserem Tagesziel, auch wenn es schon langsam dunkel werden sollte, können wir weitergrillen. „Und ich könnte etwas neues ausprobieren. Während du den Kutscher spielst, salze ich schon mal das restliche Fleisch, das noch zum Grillen da ist, reihum ein. Vielleicht schmeckt dann das gegrillte Fleisch noch besser, weil das Salz zum Einziehen in das Fleisch mehr Zeit hat als sonst.“

Ich spannte dann zwei Banditenstuten ein. Zumindest eine von den beiden war gestern nicht bei den zwei eingespannten Pferden, die tragende Stute, bei der man die Trächtigkeit schon gut erkennen konnte. Danach band ich die sechs anderen Pferde wieder hinten am Wagen fest, gab den zwei Zugpferden je zwei Hände voll Hafer und ab ging die Fahrt immer geradewegs zum hohen Berg, der vor uns, genau in westlicher Richtung lag. Während ich nun vorne den Kutscher spielte, salzte Didilind hinter mir das restliche Fleisch von dem gestern erlegten Urbullen ein und deckte es mit einem Linnentuch zu. Ich habe derweil alle meine Kinderlieder, die wir daheim mit meiner Mutter gesungen haben so vor mich hingesummt und habe überhaupt nicht mit bekommen, wie Didilind so plötzlich neben mir auf dem Kutscherbock saß und mit gesummt hat, denn fast die gleichen Kinderlieder haben sie auch daheim bei ihnen gesungen, obwohl ihre Heimat gut einhundert Kilometer weiter östlich von meiner gelegen ist. Beim nächsten Lied, das sie angestimmt hat, versuchte ich die zweite Stimme zu summen, was sich gar nicht so schlecht anhörte. Ich hatte bald das Gefühl, dass ich mit dem Summen der alten Kinderlieder bei Didilind eine neue liebe Seite entdeckt habe, denn sie war beim Summen mehr als hundertprozentig und lieb` bei der Sache. Vor lauter Summen haben wir gar nicht bemerkt, dass die Sonne schon für heute wieder auf dem absteigenden Ast war. Da bat ich Didilind, dass sie für eine halbe Stunde den Kutscher spielen wolle, denn ich würde im Wagen für die beiden Zugpferde etwas Heu zerkleinern und mit Hafer mischen. „Und bei der nächsten Grünfläche machen wir für die Pferde eine kleine Rast- oder Futterpause, um dann weiter zum Berg zu fahren, der auf unserer Fahrtrute liegt und langsam immer näher kommt. Gesagt getan, Didilind spielte den Kutscher und ich verschwand im Wageninnern, versuchte mit meinen Händen das Heu zu zerrupfen und vermischte es mit Hafer. Das Futtergemisch schüttete ich in die leeren, schon benutzten Futtersäcke. Und, was ist denn da passiert, Didilind hielt den Wagen an, denn links und rechts unseres Fahrweges war der Wald um einige Meter zurückgetreten und auf den Grünflächen konnten die Pferde eine kleine Stärkung zu sich nehmen, aber auch wir! Die beiden Zugpferde bekamen die Futterbeutel umgehängt und die anderen durften schon mal grasen. Während die Pferde futterten, haben auch wir eine mit Butter beschmierte Brotscheibe verdrückt und dann, dann haben mir die Pferde wieder gezeigt, wo es Wasser zu fassen gibt. Nachdem alle Zwei- und Vierbeiner wieder einigermaßen gestärkt waren, setzten wir unsere Fahrt fort. Zeitweise rückten die Berge, wenn sie auch nicht mehr so hoch waren, doch ziemlich eng zusammen. Hin und wieder sahen wir den gestrigen Berg, der uns den Weg nach Westen gezeigt hat doch schon recht nahe. Da kamen mir so die Gedanken, ob aus diesem hohen, felsigen Berg auch Bäche hervorströmen? Und welche Geheimnisse mag der Berg so in sich bergen, und mit den kleinen Bächen ans Tageslicht fördern? Ist es Gold, sind es Glaskugeln oder nur glatte, billige Kieselsteine? Heute kamen wir nicht mehr bis an den Felsen. Wir mochten noch so eine knappe Stunde gefahren sein, da kamen wir wieder auf eine geräumige Lichtung, durch die auch ein glasklares Bächlein floss. Didilind schaute mich an und sagte: „Eberhard, wir haben noch eine große Portion vom gestrigen Bullen, der noch gegrillt werden will. Und da drüben, unweit des Waldesrands, da hinten, unweit des Bächleins, das wäre doch das richtige Plätzchen zum Grillen und zum Nächtigen!“ Nachdem wir unsern Nachtplatz erreicht haben, bekamen die zwei Zugpferde erstmals ihre Haferbelohnung für das Ziehen des Wagens. Dann durften alle Pferde zusammen für ihr leibliches Wohl sorgen; Wasser, aber auch das Gras war für diese Jahreszeit noch, oder doch schon reichlich vorhanden. Ich sorgte zunächst für das nötige Material zum Feuer machen und half dann Didilind das noch rohe, aber schon gesalzene Fleisch vom Wagen zu holen, das wir dann gemeinsam auf den Grillspieß pflanzten und überm Feuer in die Halterung brachten. Didilind spielte zunächst die Dreherin, und ich holte schon mal zwei Eimer Wasser aus dem nahen Bach. Dann löste ich sie beim Drehen ab und sie brachte die gute restliche Nudelsuppe im Kochtopf vom Wagen und stellte den Topf am Rand ins Feuer. Die Suppe heute Abend, hat weder gestern noch vorgestern so gut geschmeckt wie jetzt; vielleicht hat sie heute so einmalig gut geschmeckt, weil sie schon wieder zu Ende geht. Aber wie ich Didilind mittlerweile kenne, wird sie bestimmt bald, wenn erst mal die Grillerei vorbei ist, wieder eine gute Nudelsuppe kochen. Dann goss sie wie immer Wasser in den Topf, und stellte ihn ins Feuer. Im warmen Wasser wusch sie nicht nur den Topf, in dem die Nudelsuppe warm gemacht wurde, sondern auch unsere Suppenteller und die Löffel. Und zu Didilind sagte ich fast scherzhaft: „Schade, dass sich der Fleischspieß nicht alleine dreht! Wie gerne hätte ich wieder bei dir den Abtrockner gespielt!“ Didilind, schlagfertig wie sie war, meinte nur: „Alles klar, dafür darfst du morgen nicht nur den Abtrockner spielen, sondern auch den ‚Auf- oder Abwascher’ spielen!“ Und ich war auch nicht um eine Antwort verlegen und fragte: „Wann morgen, früh oder Mittag?“ „Nee, nee, für morgen früh und morgen Mittag haben wir noch Brot, da gibt es nicht allzu viel zum Abwaschen! Wenn schon, dann aber auch denn schon! Ich schlage den anfallenden Abwasch von morgen Abend vor! Und wenn du ganz lieb bist, dann helfe ich dir dabei ein kleines Bisschen.“ Ich war natürlich ganz neugierig und fragte sie: „Didilind, wie sieht dein kleines bisschen Hilfe morgen, wenn ich auch ganz lieb bin, wieder aus, denn ich bin ja in gewisser Beziehung schon recht vergesslich!“ Sie lachte nur und sagte schmunzelnd: „Lass dich überraschen!“ Ich habe sie dann nicht weiter beachten können, denn sie verschwand im Wagen und ich begann wieder an alles Mögliche zu denken, nur nicht daran, dass Didilind bald wieder eine gute Suppe für morgen kochen wird, denn es dauerte gar nicht lange und sie kam mit dem Suppentopf vom Wagen und darin hatte sie ein schönes, gut durchwachsenes gegrilltes Stück Fleisch von der Brust des Urbullen. Sie goss dann das restliche Wasser aus den Eimern über das Fleisch im Suppentopf, gab bisschen Salz dazu und stellte den Topf ins Feuer. Dann fragte sie mich, ob ich nicht noch mal zwei Eimer Wasser holen wollte, denn in den Suppentopf geht bestimmt noch etwas hinein. Während ich um das Wasser ging, übernahm sie das Drehen des Fleischspießes. Als ich mit dem Wasser zurückkam, löste ich sie wieder beim Drehen ab. Sie schüttete dann noch das nötige Wasser in den Topf, holte in meinem Esstopf die Bober vom Wagen und gab sie auch in den schon kochende Sud hinzu; rührte alles paar Mal um und holte noch einmal im Esstopf Nudeln vom Wagen, die sie vorerst noch nicht in die Suppe schüttete, sondern wartete, bis das Fleisch in der Suppe zum Zerschneiden weich war. Ich hatte ja jetzt beim Drehen recht viel Zeit ihr Schaffen zu beobachten und musste ihm dem Himmel unwillkürlich dank sagen, dass er mich Didilind hat damals finden lassen. Auch musste ich an die Worte denken, die der Missionar damals bei uns oben in der Almhütte gesagt hat: „Glücklich der Mann, der sie als Frau heimführen darf!“ Und jetzt war ich wieder mit meinen Gedanken bei meinem Chef da droben, obwohl noch keine Lampen am blauen Himmelszelt brannten, die mich beim Meditieren sonst immer beflügelten. Aber, was sehen in Gedanken meine Augen? Ich sah mich plötzlich nahe des Berges, den wir in westlicher Richtung vor uns sahen. Und zur rechten Hand, unterhalb des Fahrweges, fast wie im Tal, sah ich die Silhouette eines größeren Marktfleckens. Und in diesem Flecken sah ich viele Menschen, die ich schon mal gesehen haben musste; nur ich konnte sie beim besten Willen nicht erkennen woher ich sie kannte. „Mein Gott im Himmel, die werden doch nicht auch schon auf der Flucht sein oder sind hier vorerst gelandet!“ Weiter konnte ich das eben Geschaute nicht verfolgen, denn Didilind stand mit einem Becher der frisch gekochten heißen Bobernudelsuppe vor mir und bat mich sie zu kosten, was ich gerne tat und nur wegen ihrer großen Klasse im Geschmack, in höchsten Tönen loben konnte. Da ich den Becher sehr schnell geleert habe, obwohl ich gar keinen Hunger mehr hatte, sagte ich auch zu Didilind als ich ihr den leeren Becher dankend zurückreichte, das diese Suppe heute wieder nach mehr schmeckt und sie noch nach viel mehr riecht! Zusammenfassend kann ich nur sagen: „Sie schmeckt regelrecht nach noch!“ Didilind musste, ob meiner steifen Lobeshymne recht laut lachen und sagte danach: „Mehr kann ich dir heute Abend nicht mehr geben, denn wenn du so weiter futterst, und dich weiter so wenig bewegst, passt dir bald dein Brustpanzer mehr! Vergiss nicht, er war es, der dir das Leben schon einige Male gerettet hat!“ Nachdem das letzte Fleisch vom gestrigen Ur fertig gegrillt und auf dem Wagen in der luftdichten Fleischkiste verstaut war, gingen wir noch mal gemeinsam zum Bach. Ich nahm schon mal den leeren Wassereimer mit und alle acht Pferde folgten uns, um ihren Durst für die kommende Nacht zu stillen. Wir beide gingen gemeinsam, unsere Händchen haltend, aber wortlos am Ufer entlang und beobachten so gut es noch ging das Flussbett, konnten aber nichts Glänzendes im Wasser erkennen, egal ob goldene Eier oder glitzernde Glaskugeln. Als wir unsern Wagen nicht mehr sahen, kehrten wir zurück und Didilind sagte: „Es sieht ja fast so aus, als hätte uns das Goldsucherglück verlassen. Ich versuchte Didilind auf morgen Früh, wenn die Sonne wieder scheint, zu vertrösten. Und dann erzählte ich ihr, als wir händchenhaltend zum Wagen zurückgingen, meine Gedanken mit dem Marktflecken, der rechts unterhalb des großen Felsen liegt, und uns daran erinnern soll, wo es nach Westen geht, die mich vorhin so einfach überkamen. „Und da auf dem Marktgeschehen sah ich plötzlich sehr viele Menschen, die ich schon einmal gesehen haben muss, aber nicht erkennen konnte! Welche Überraschung wartet da wieder auf uns?“ Didilind hörte ganz ruhig zu. Schwieg noch als ich mit meiner Erzählung schon fertig war und sagte dann: „Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir morgen einen Sonnabend und an den Sonnabenden ist ja in den größeren Flecken auch immer ein Marktag. Vielleicht hast du auch diesmal wieder Recht und morgen finden wir das, was du heute in Gedanken hast schon sehen dürfen? Und nicht vergessen, unser Brotvorrat ist unwiederbringlich alle, alle! Butter ist noch ein kleines Stückchen da!“ Als wir beim Wagen ankamen, waren auch schon die Pferde da und taten so als würden sie noch weiter das junge zarte Grün abgrasen. Ich schaute noch nach den Mausefallen und siehe da, da waren tatsächlich wieder paar Mäuse gefangen, die ich, nachdem ich sie getötet habe, den Bussarden oder den Nachteulen zum Fraß hinwarf. Die Sonne war schon wieder dabei in ihrem Bett im Westen zu verschwinden, und die Pferde legten sich eins nach dem andern in unserer Nähe zum Schlafen nieder. Das hieß für mich, auch den Pferden nicht nur „Gute Nacht“ zu sagen, sondern ihnen auch heute wieder die Tätschel-, Streichel- und Krauleinheiten zu verabreichen und jedem den „Gutenachtspruch“ ein Auge und ein Nasenloch ein kleines Bisschen offen zu halten und bei Gefahr uns sofort zu warnen. Angefangen habe ich wie immer in der letzten Zeit bei der schon gut sichtbar tragenden Stute und aufgehört bei Odin. Didilind hat inzwischen an Thors Rücken unsere Schlafstatt zurechtgemacht. Als wir dann beide wieder an Thors Rücken händchenhaltend unter der warmen Plane auf den Bärenfellen saßen, haben wir wie immer unserm Chef da oben für all das gedankt was wir heute so tun durften und ihn gebeten uns auch heute Nacht seine Gegenwart spüren zu lassen und wieder bei uns zu sein. Zum Schluss beteten wir beide gemeinsam das Gebet des Herrn. Danach mussten wir beide bald eingeschlafen sein. Wie lange wir geschlafen haben kann keiner von uns sagen, denn Uhren gab es damals noch nicht und an dem Stand der Sterne konnte ich damals auch noch nicht die Nachtzeit erkennen. Unsere Pferde, eins nach dem andern versuchte sich durch leises Prusten bemerkbar zu machen, wodurch ich munter wurde. Doch zu nächst konnte ich, obwohl wir Vollmond hatten noch nichts erkennen. Meine innere Stimme sagte mir: „Schau ganz langsam nach links!“ Und was mussten da meine Augen sehen, es war eine ganze, recht große Wildschweinfamilie. Der Keiler, der alle anderen überragte, die bisschen kleinere Bache und zahlreiche Frischlinge, die allesamt in unsere Richtung mit erhobener Nase die Gegend sicherten. Was nun? Viel bewegen konnte ich mich nicht, denn der Keiler und die Bache wären sofort auf uns gestürmt, um ihre Frischlinge zu verteidigen. Da fand ich, rechts von mir einen kleinen Holzscheit liegen, das ich, ohne den Oberkörper zu bewegen zu fassen bekam und warf es ohne viel Aufhebens über meinen Kopf in ihre Richtung. Was dann passierte war eingeübte Automatik: „Bogen fassen, Pfeil aus dem Köcher, Pfeil im Bogen spannen und auf den, von mir aus gesehenen nach links stürmenden Keiler abzuschießen. Der Pfeil traf den Keiler in die mir zeigende linke Brust, genau in sein Herz. Sein lauter Todesschrei hat die Bache so erschreckt, dass sie für ihre Bachen den Rückzug laut grunzte. Nachdem Bache und Frischlinge weg waren, wagte ich aufzustehen und mit meinem Ger in der Hand zum Keiler zu gehen. Didilind, die durch meine Bewegungen munter geworden ist, begleitete mich. Beim Keiler angekommen, stellten wir uns sicherheitshalber hinter seine Genickpartie und ich stach mit der Gerspitze paar Mal leicht in sein Genick. Er gab keinen grunzenden oder schmerzhaften Laut mehr von sich. Ich bat Didilind, den vor uns liegenden Keiler mal an dem Hinterbein zu ziehen, während ich für alle Fälle ihn mit meinem Ger in Schach halten werde. Didilind bückte sich und zog so kräftig, dass er regelrecht, fast einen ganzen Meter zurück rutschte. Dabei gab er kein Lebens-zeichen mehr. Dann versuchten wir gemeinsam den gut drei Zentner schweren Keiler in unsere Schlafnähe zu ziehen. Mit vereinten Kräften haben wir den Keiler geöffnet und alle Innereien heraus herausgeholt. Von den ganzen Innereien haben wir wieder nur die Leber, das Herz und die Nieren genommen. Didilind machte aus der Leber wieder dieses gute Lebermus. Die andern Innereien haben wir, ein ganzes Stück weit weg von unserer Schlafstelle an den Waldrand getragen. Dann setzten wir unsere Nachtruhe fort. Frühmorgens hat uns die Sonne wieder geweckt. Nachdem wir beide aufstanden, erhoben sich auch unsere Pferde, denn auch sie haben heute Nacht ihre Nachtruhe bei dem überraschenden und nicht eingeplanten Wildschweindebakel unterbrochen und unserem Tun zugeschaut. Zunächst bedankte ich mich bei ihnen für ihr aufmerksames Schlafen und jedes Pferd bekam zusätzlich eine Extraportion Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten, heute noch mit einer kleinen Zugabe. Danach begannen sie mit ihrem noch immer zarten Grünfutterfrühstück und wir versuchten unsern Keiler von heute Nacht ihm das Fell abzuziehen. Danach holte ich Wasser aus dem nahen Bächlein. Didilind hat derweil das Fell des Keilers in die Sonne zum Abtrocknen gelegt. Als ich mit dem Wasser zurückkam, haben wir beide den Wagen an den nackig da liegenden Keiler geschoben und ihn mit unserem Kleinkran in die Höhe gehoben. Dann zerlegte ich ihn in grillgerechte Portionen, die Didilind in unserer kleinen Waschwanne wusch und vorerst im Grase zum Abtrocknen liegen ließ. Nachdem der Keiler zerlegt und gewaschen war, verpackten wir die Fleischstücke auf dem Wagen in einem Linnentuch, während der gegrillte Urbulle in der Fleischvorratskiste verschwand. Und wir gingen an den Bach, um uns gesellschaftsfähig für einen eventuellen Marktbesuch zu machen. Dabei sah ich wieder etwas Glänzendes im Wasser. Für mich hieß das, Schuhe und Socken aus, die Hosenbeine hochgekrempelt und hinein ins noch sehr kalte und nasse Wasser. Und tatsächlich, dieses glänzende Etwas war tatsächlich wieder ein goldenes Ei, etwa von der Größe der „B-Klasse.“ Ich ging noch einige Meter flussaufwärts und dann flussabwärts. Aber ich fand nichts Wertvolles mehr. Und ich dachte so für mich leise: „Auch das eine ist besser als gar keines!“ Als ich dann mit den Socken und den Schuhen in der Hand zurückkam, ahnte Didilind, die mittlerweile nicht nur Feuer gemacht, sondern auch schon die Suppe aufgewärmt hat, dass ich wieder im Wasser irgendwelchen Phantomen nachgejagt habe. Umso mehr staunte sie, als ich ihr meinen heutigen, noch nassen, aber in der Sonne schon glänzenden Fund stolz zeigte. „Mehr schien heute nicht drinnen gewesen zu sein“, sagte ich ihr, „obwohl ich einige Meter im Wasser aufwärts und abwärts gegangen bin. Trotzdem danke ich dir, mein guter Chef da droben im blauen Himmelszelt, dass du uns wieder hast so etwas finden lassen.“ Dann besprachen wir kurz heute unsern Tagesablauf und ich erzählte Didilind was mir gestern meine innere Stimme sagte und auch hat schauen lassen. Wenn das zutreffen sollte und wir einen Wochenmarkt finden, dann planen wir für den frühen Abend nur den Grillabend. „Dafür benötigen wir schon mal gute vier Stunden!“ Dann spannte Didilind die zwei Leibwächter Pferde ein und mischte am Wagen bisschen Heu mit zwei Händen Hafer, zwei Portionen zurecht, die ich dann in die Futtersäcke schüttete und den zwei heutigen Zugpferden vor unserer Abfahrt als Sonderration gab. Dann band ich die andern sechs Pferde hinten am Wagen fest und als die Futtersäcke leergefuttert waren begannen wir unsere Weiterfahrt. Mein erster Blick galt einem relativ freistehenden Baum, der mir verriet, wo es nach Westen geht. Der zweite Blick sagte mir, dass irgendwelche Viecher noch heute Nacht das Gedärm des Keilers gefuttert haben. Wir mochten vielleicht so knapp zwei Sunden gefahren sein, da stand er wieder, scheinbar greifbar nahe vor uns, der große Felsen. So wie wir ihn jetzt sehen, könnte man fast meinen, dass wäre ein erloschener Vulkankegel. Aber die zackigen Felswände sprachen gegen meine Annahme. Nach einer guten halben Stunde standen wir vor dem Felsen, der ziemlich reihum steil in den Himmel hoch ragte. Unser Fahrweg führte rechts am Felsen vorbei. Etwa in der Mitte des Felsen bog nach rechts ein scheinbar wenig befahrener Feldweg ab. Bevor wir abbiegen konnten hielt ich an und schaute recht fragend Didilind an. Sie zuckte nur ihre Schultern und sagte dann: „Versuchen wir es doch einmal, denn bisher hattest du ja immer Recht mit deiner inneren Stimme! Und vielleicht wissen wir nach der nächsten Wegkrümmung da vorne schon mehr!“ Ich konnte ihr nur zustimmend zu nicken und rief laut „Wiejo, wiejo!“ Die Pferde setzten ihren Weg fort, jetzt rechts ab und immer ganz leicht bergab. Hinter der nächsten Krümmung konnten wir tatsächlich die Silhouette eines Marktfleckens sehen. Nach einer knappen Stunde waren wir schon auf dem Markt. Bevor wir unsere Pferde und das Gefährt am Parkplatz abgaben fragte ich Didilind, was wir heute hier am Platz kaufen wollen, denn wenn es nur Brot und Butter ist, da langen unsere Rucksäcke. Wenn es aber noch etwas Anderes ist, dann müssten wir uns hier wieder, gleich beim Pferdeparkplatzwächter für unseren Einkauf eine Marktkarre ausleihen. Didilind meinte, dass es sicher nicht verkehrt ist, wenn wir für alle Fälle lieber eine Marktkarre gleich mitnehmen! Mit dem Pferdeparkplatzwächter einigten wir uns, dass er den Pferden, jedem einen Futtersack um hängt, dann er ihnen auch Wasser gibt, ich einen Marktkarren mit nehme und wir dann alles bezahlen, bevor wir weiterfahren. Er hatte soviel Vertrauen zu mir und nickte zustimmend. Dann marschierten wir hinein in das manchmal doch recht laute Marktgeschehen. Ich zog den leeren Marktkarren noch hinter mir her, was viel leichter ging als ihn zu schieben, denn noch war ja nichts im Karren, auf das man aufpassen muss, dass es unterwegs nicht verloren gehen möge. Als erstes kamen wir beim Bäcker vorbei. Didilind nahm gleich drei große runde Brotlaibe mit. Der Brothändler schickte uns zum Butterstand. Didilind nahm hier gleich zwei Klumpen Butter mit. Leise habe ich Didilind gefragt wie es bei ihr mit Salz aussieht. Und sie sagte, dass sie einen kleineren Salzhut für alle Fälle mitnehmen kann. Doch dann kamen wir beim Stoffhändlerstand vorbei. Und da meinte Didilind, dass wir vielleicht noch zwei größere Linnentücher, wie wir sie zum Fleisch ein packen verwenden, kaufen könnten. Gesagt getan. Beim Goldhändler tauschte ich nach schon bekannter Manier mein heute gefundenes Goldei gegen Flocken um, die Didilind in ihrem Lederbeutel, für alle Fälle wieder verschwinden ließ.

Wiedersehen mit den Normannen

Da kam Didilind auf die Idee und sagte zu mir, was ich so von einer zweiten dichten Holzkiste halte, in der wir statt in den Linnen das gegrillte zusätzliche Fleisch aufbewahren könnten, denn der Urbulle allein hat schon unsere erste Fleischkiste voll gefüllt. Ich hatte nichts dagegen und so suchten wir den Holzstand. Auf dem Weg zum Holzstand begegnete ich ein paar Menschen, die mich so hilfesuchend und doch durchdringend anschauten, die ich bestimmt auch schon mal irgendwo, irgendwie gesehen habe, aber im Moment nichts anfangen konnte. Wir beide setzten unsern Weg zum Holzstand fort und merkten gar nicht, dass diese Menschen von eben uns folgten. Hier kauften wir eine zweite größere Holzkiste, die so wie es aussah auch ziemlich dicht war, zumindest so dicht war, dass keine hungrige Fliege hineinkommen konnte, wenn die Kiste zugemacht war. So war auf alle Fälle unser Fleischvorrat schon mal vor ungebetenen Fliegen und Maden geschützt. Dann, wir glaubten, dass wir alles für die nächsten zehn Tage haben und vorerst nichts mehr brauchen, marschierten wir, vor uns den Marktkarren herschiebend, zum Pferdeparkplatz, luden unsere erworbenen Sachen auf unsern Wagen, gaben den Marktkarren zurück und bezahlten unsere Schulden, spannten unsere zwei Pferde ein, die sechs hinten dran und wollten unsere Reise in den Westen weiter fortsetzen. Wenn ich das geahnt hätte, was bald auf uns zukommen werde, hätte ich paar Brote mehr gekauft. Doch da sprachen uns die Männer von vorhin, die uns so durch dringlich oder mehr als hilfesuchend angeschaut haben an. Ich stieg wieder vom Wagen und hörte mir erst mal alles an was sie zu erzählen hatten. Als erstes fragten sie mich, ob ich der Mann bin, der sie voriges Jahr vor den Brandstiftern gerettet habe? Meine Gegenfrage lautete: „Woher seid ihr, bevor ich eure Frage beantworten werde?“ Und sie sagten fast einstimmig: „Aus Norman.“ Und noch eine Frage: „Wo habt ihr euern sehr von mir geschätzten Ortsvorsteher, Herrn Jörgenson gelassen oder wo und wie habt ihr ihn verloren?“ Jetzt schauten sie erst mal ganz verlegen auf den Boden und ich musste noch einmal meine Frage bisschen energischer wiederholen. Doch dann hatte einer den Mut und sagte: „Wir haben uns von ihm und unsern Mitbewohnern getrennt und sind einem Phantombild, dass uns die Walhalla schon, ohne unser Zutun auf Erden versprochen hat, gefolgt. Und dieses Phantombild von Mann führt uns geradewegs ins Verderben. Wenn wir nur wüssten, wo wir unsern Ortsvorsteher Jörgenson wiederfinden können, wir würden sofort zu ihm zurückkehren und ihn und alle unsere ehemaligen, früheren Mitbewohner öffentlich um Verzeihung bitten, dass sie uns wieder in ihre Gemeinschaft aufnehmen!“ Jetzt bekannte ich mich, dass ich der bin, der damals euern Ortsvorsteher vor der Gefahr gewarnt hat, und ich euer Verhalten heute nur eine große Torheit nennen kann. Und als sie mir noch sagten, dass dieser Mann, der sie von ihrer Familiensippe wegführte, gar ein Fremder ist, der gar nicht zur Normaner Bevölkerung gehörte, und wann er zu ihnen gestoßen ist, war mir einiges klar, und ich sofort an den Waldmann denken musste und an den Raubüberfall und ihre Räuber, beziehungsweise an den Räuber, der Hinkelbein heimtückisch erschossen hat und dann auch noch mich wegpusten wollte, der keine Zeugen für seine Verbrechen brauchen konnte. Ob dieser Typ, der die Normaner Menschen von ihrer Sippe weg gelockt hat, nicht einer der letzten Überlebenden dieser Räuberbande ist? Diese Menschen führten mich zu ihrem Kamp. Ich ritt hoch zu Ross auf meinem ungesattelten Thor, während die Normaner Bürger zu Fuß vor mir hergingen. Didilind blieb auf dem Wagen sitzen und sollte auf meine Rückkehr warten. Wie ich es erwartet habe, von ihrem neuen Anführer war nichts zu sehen. Ich sagte zu der kleinen Normaner Schar: „Wenn ihr mit mir weiterziehen wollt, ihr wisst ja wo ihr mich finden könnt. Die nächste halbe Stunde warte ich da!“ Dann gab ich meinem Thor, von einer inneren Unruhe getrieben, die Sporen, die ich nicht hatte und sprengte zurück zum Wagen, auf dem Didilind auf unsere Rückkehr warten sollte. Doch was musste ich da sehen? Der Wagen, wo fährt er? Und ich hatte keinen Bogen, keinen Pfeil, nur meinen Ger bei mir. Instinktiv folgte ich dem einzigen Fahrweg. Da sah ich, wie der Wagen weit vor mir nach rechts abbog und ins Feld fuhr. Soweit ich es von hier aus kurz sehen konnte, saß Didilind nicht auf dem Kutscherbock. Ich versuchte am Wagen vorbei zu kommen und warf von vorn meinen Ger auf den fliehenden Kutscher, der getroffen nach hinten fiel. Ich hörte wie jemand im Wagen zu schreien versuchte aber nicht konnte, denn der Entführer unseres Wagens hat Didilind nicht nur gefesselt, sondern auch gut geknebelt, wie ich bald sehen konnte, denn nach dem der Entführer getroffen nach hinten fiel, habe ich die Pferde erstmals zu Stehen gebracht. Dann habe ich mein Kurzschwert gezogen und stieg auf den Wagen. Hier habe ich den Getroffenen erstmals vom Wagen geworfen, Didilind von ihrem Knebel und ihren Fesseln befreit, wendete den Wagen und wir fuhren zurück zum Marktplatz. Die angekommenen Normaner Bürger staunten nicht schlecht als sie sahen, wen ich da weit hinter dem Wagen an den Beinen festgebunden hinter herzog, der aber auf dem Weg zum Marktplatz seinen Geist aufgegeben hatte. Ich erzählte den Menschen, die noch ihre Frauen und Kinder bei sich hatten, wem sie da blindlings ins eigene Verderben nachgelaufen sind. „Während ihr da das Marktgeschehen beobachtete, war er dabei meine Lebensgrundlage mit allem drum und dran zu entführen, einschließlich dem Besten was ich auf Erden habe. Ich weiß nicht was ihr schon alles auf seine Anordnung angestellt habt, wie viele krumme Dinge ihr schon für ihn gedreht habt, wie viel Leid ihr schon andern Menschen auf seinen Befehl zugefügt habt? Ich weiß es nicht. Nach dem ich seine Taschen durchsucht habe und nichts fand, was er eventuell aus unseren Kisten entwendet haben konnte, nahm ich seinen Bogen und den noch gefüllten Köcher und übergab den Leichnam der Bürgerwehr, die ihn, nachdem Didilind ihnen erzählte was sie mit ihm durchgemacht hat, ihnen die Spuren der Fesselung und Knebelung zeigte, und wie ich ihn dann mit meinem Ger kampfunfähig gemacht habe und dann noch erzählte was ich mit der Räuberbande beim Waldmann und danach erlebt habe und dann noch beiläufig erzählte, dass er vermutlich der letzte Überlebende einer größeren brutalen Räuberbande ist, der hier im Begriff war mit diesen leichtgläubigen Normaner Menschen eine neue, viel größere, von ihm abhängige Räuberbande aufzubauen, die, die Gegend in dieser unruhigen Zeit wieder in Angst und Schrecken versetzen sollte.“ Die Männer der Bürgerwehr nahmen den Toten und begruben ihn auf dem Acker der Schwerverbrecher, denn er gehörte auch zu den unehrenhaften Toten. Keiner seiner Gefolgsleute wusste wie er eigentlich heißt. Ich erinnerte die Männer an ihre Gotenehre, die in der Edda aufgeführt ist und ließ darauf schwören, dass einer für den anderen, wie es unsere Väter schon immer gepflegt haben auch immer da sein wollen. Nachdem sie ihre Treue auf die Edda geschworen haben versprachen sie noch einmal, jeder einzelne mir in die Hand, Treue und Verlässlichkeit und nannten auch ihren Namen. Dann hatte ich nichts mehr dagegen, dass sie mit ihrem Wagen hinter uns herfuhren. Wir mochten schon eine gute Stunde schweigend gefahren sein. Da fragte mich Didilind, ob meine Zusage an die Normannen ich mir auch gut überlegt habe, denn bei ihrem Gelöbnis hat ihr einer dieser Männer ganz und gar nicht gefallen. Ich fürchte nach meiner heutigen Überraschung mit diesem Fremden, dass der nur auf seine Gelegenheit warte, um zuschlagen zu können. Ich habe ganz andächtig Didilinds Ausführungen gelauscht und ich musste ihr Recht geben, denn auch mir ist es besonders beim Versprechen in die Hand aufgefallen, dass er mir dabei nicht in die Augen schauen konnte. Also, wenn das auch Didilind aufgefallen ist, dann Eberhard, sei doppelt wachsam Schweigsam fuhren wir weiter, jeder in seinen Gedanken vertieft. Ich versuchte mit meinem Chef da oben ins Gespräch zu kommen und hoffte dabei von ihm da oben etwas zu erfahren, wie ich mich weiter diesen Menschen gegenüber verhalten sollte, besonders dem einen? Aber er schwieg wie auch meine andere innere Stimme, die Stimme meiner Vorfahren! Doch dann sagte diese meine innere Stimme, dass ich heute Abend den Menschen der vier Wagen zu Essen und zu trinken geben soll, denn er hat mich dafür heute früh wieder das nötige Gold finden lassen. Die Sonne stand schon verdächtig tief, als wir auf einer Lichtung ankamen. Hier stellten wir die fünf Wagen in einem wackligen Viereck auf. Ich habe Didilind schon mal darauf vorbereitet, dass diese Menschen nichts haben, was sie heute Abend essen könnten. Und meine innere Stimme vorher gesagt hat, dass er uns, dabei zeigte ich nach oben, heute früh deshalb das goldene Ei hat finden lassen, denn wir sollen ihnen was zu essen geben. Didilind hat mich voll und ganz verstanden. Und sie wäre nicht meine Didilind, wenn sie diese meine innere Stimme nicht gleich verstanden hätte. Sie schickte die Männer der vier Wagen in den Wald, um Brennholz zu sammeln. Sie holte derweil in ihrem Dreifußkochkessel ein Stück frisches, noch ungegrilltes Fleisch vom gestrigen Eber und ein großes Stück vom gegrillten Urbullen, stellte den Dreifuß auf und fragte eine der Frauen, ob sie auch so einen Kochkessel haben. Zu ihrer Schande mussten sie gestehen, dass sie so etwas wohl daheim hatten, aber nicht mehr hier. Ich holte in den zwei Eimern Wasser aus dem nahen kleinen Gebirgsbach und goss fast beide Eimer in den Kochkessel, der an dem Dreifuß hing. So viel, und fast noch ein bisschen mehr Wasser ging in unsern Dreifußkochkessel. Da kamen die vier Männer, bepackt mit Brennholz aus dem Wald. Didilind bat sie unter dem baumelnden Kessel Feuer zu machen. Zu ihrer Schande mussten sie gestehen, dass sie so etwas noch nie gemacht haben, denn daheim in ihrem Flecken Norman hat das Feuer immer, entweder die Großmutter oder der Großvater gemacht. Didilind ging mit ihnen in den nahen Wald und zeigte ihnen was sie so zum Feuermachen alles brauchen. Angefangen mit trockenem Moos, dann dürre Reiser und zum Schluss trockene, nicht zu dicke Holzäste. Und alles das eben aufgeführte nützt gar nichts, wenn ihr die zwei Feuersteine nicht habt. „Ach“, sagte einer der mitgegangenen Männer, „die zwei Steine, die unsere Oma immer so an einander geklopft hat, bis die Funken flogen. Und diese zwei Steine und den Dreifußkochtopf den hat auch meine Oma auf ihren Wagen!“ „Und die auch euch gegenüber das bessere Los gezogen hat als ihr“, sagte Didilind. Drei der Männer nickten zustimmend, der vierte, der schon heute Mittag Didilind ganz und gar nicht gefiel, tat so als habe er alles nicht mitbekommen. Ich habe alles aus dem Hintergrund beobachtet, denn so eine junge Frau mit den vier fremden Männern, Eberhard sei wachsam! Dass Didilind die Männer verführen würde, davor habe ich keine Angst, aber vor Männern, die aus fadenscheinigen Gründen ihre Sippe, ihre Familien, ihre sichere Gemeinschaft verlassen haben, ich glaube da ist sicher mehr als nur Vorsicht geboten! Wie sagte doch mein Opa, wenn etwas nicht klar war: „Vorsicht ist besser als Nachsicht!“ Nachdem alle vier vergebens versucht haben ein Feuer zu machen, hat Didilind ihnen die zwei Feuersteine aus der Hand genommen und schneller als sie gucken konnte brannte schon ein Feuer unterm Kessel. Als das Fleisch bald weich war, hat Didilind die dreifache Menge als üblich der guten Bober in die kochende Brühe geschüttet. Dann salzte sie die kochende Brühe und holte das Küchenmesser und das große Küchenbrett mit der Suppenkelle vom Wagen. Mit der Kelle schöpfte sie das Fleisch aus der kochenden Brühe. Dann kostete sie ein zwei Bober. Die Bober müssen halb weich sein, um die Nudeln dazu geben zu können. Was sie auch tat. Dann zerschnitt sie zum Staunen der anwesenden Frauen das Fleisch in kleine Stücke und gab die kleinen Stücke wieder zurück in den Suppentopf, rührte noch einmal alles im Topf herum und fertig war das Essen. Und jetzt passierte etwas, was uns beide sehr nachdenklich stimmte: „Diese Menschen aus den vier Wagen wussten nicht was ein Suppenteller ist.“ Zum Glück wussten sie was ein Ess- oder ein Suppenlöffel ist. „Denn, wie sie sagten, essen sie wohl mit einem Löffel, aber alle aus dem Topf.“ Auf meine Frage, ob sie auch einen Topf haben, aus dem sie essen könnten, bejahten alle vier Wagenbesatzungen. Also schickte Didilind alle vier Frauen auf den Wagen, um ihre Suppentöpfe zu holen. „Und eure Esslöffel bitte nicht vergessen mitzubringen!“ rief sie ihnen nach. Es dauerte eine ganze Weile, bis man an den klappernden Geräuschen hören konnte, dass sie fündig wurden. Didilind schöpfte die gebrachten Esstöpfe mit vier Kellen voll und wünschten allen einen guten Hunger. Wir beide aßen unsere Suppe wie gewohnt von einem Teller, was für die anwesenden Normanleute etwas ganz ungewohntes war. Alle vier Familien ließen sich noch einmal nachschenken. Scheinbar haben sie schon lange nichts mehr gegessen, oder hat ihnen Didilinds dicke Suppe so gut geschmeckt. Oder sie haben heute wieder einmal seit schon langer Zeit überhaupt etwas Warmes zu essen bekommen. Nachdem alle satt waren, hat Didilind den Dreifußkochtopf vom Feuer genommen, holte vom Wagen den Grillspieß und die Halterung, reichte den Frauen das rohe Keilerfleisch, das ich auf den Grillspieß steckte als er voll war kam Didilind vom Wagen, besalzte das Fleisch von oben, dann steckten wir den Spieß in die Halterung. Ich drehte zunächst eine viertel Drehung und Didilind besalzte die neue Oberfläche. Danach folgte noch eine viertel Drehung, und Didilind besalzte auch diese neue Oberfläche. Danach übernahm ich das Drehkommando und schickte den einen Nor-manmann mit den zwei Eimern an den Bach um Wasser, was ihm gar nicht schmeckte. Man konnte direkt sehen, wie schwer ihm das fiel. Im Stillen dachte ich: „Na warte mal, wenn du hier den Pascha spielen willst, da bist du aber falsch am Platz. Als er mit dem Wasser wieder zurückkam, schickte ich alle vier Mannsbilder in den Wald, um nochmals Holz zum Feuern zu holen. Die drei andern waren mit meinem Vorschlag, Holz zum Feuern aus dem Wald zu holen ein verstanden, der vierte, der Wasserholer, meuterte laut, was er noch so alles tun darf? Ich sagte ihm laut: „Entweder alle oder keiner. Da wir hier nicht im Schlaraffenland leben, muss halt jeder, der bei uns und mit uns gemeinsam leben will, mit anpacken. Ansonsten, ich zwinge niemandem hier bei uns zu bleiben oder mit uns zu leben; es steht ihm jederzeit frei, seinen eigenen Weg zu gehen! Und wenn du schon so fragst was du noch so alles machen sollst, dann sage ich dir was du schnell machen kannst, deine Pferde einspannen und dein Glück alleine in der weiten Fremde zu versuchen. Ich brauche deine Hilfe ganz bestimmt nicht. Wir beide sind schon seit einem Jahr prima alleine zurechtgekommen. Und ich möchte keineswegs jemand zu seinem Glück oder zu seinem Unglück zwingen. Wenn dir unsere Gemeinschaft nicht schmeckt und du dich nicht an der anfallenden Arbeit beteiligen willst, dann muss ich dir halt noch einmal sagen, einspannen und das Weite suchen. Die Welt um uns herum ist so groß!“ Ich merkte richtig wie ihm das nachgehen in den Wald zum Sammeln des Brennholzes sehr schwer fiel, ab er ging und brachte auch einen riesenvollen Arm. Didelind hat inzwischen Wasser in ihren kleineren Kochtopf gegossen und ins Feuer gestellt. Dann holte sie vom Wagen die Aufwaschwanne und goss das heiße Wasser in diese Wanne und begann das Essgeschirr, zunächst unsere beiden Essteller und unsere Esslöffel und gab einer Frau ein Handtuch zum Abtrocknen. Didilind kam abermals aus dem Staunen nicht heraus, denn alle vier Frauen haben ihren Esstopf und ihre Esslöffel, ohne sie nach dem Essen zu waschen einfach wieder in ihrem Wagen versteckt. Didilind schickte sie in ihre Wagen, um das heute Abend benutzte Geschirr wieder zu holen, abzuwaschen, abzutrocknen und dann im Wagen bis morgen wieder sauber wegzuräumen. Obwohl es den Frauen nicht ganz leicht fiel, stiegen sie auf ihre Wagen und holten das heute Abend benutzte Geschirr und schauten kopfschüttelnd Didilind zu, die ihr Geschirr wusch. Aber dann gab sie den Frauen ein Handtuch und sie mussten ihr gewaschenes Geschirr selbst abtrocknen und durften es dann wieder auf ihre Wagen wegräumen. Als alles weggeräumt war, kamen auch schon die Männer mit dem gesammelten Holz und ich legte tüchtig nach. Didilind kam mit Messer und Gabel zum Feuer und prüfte ob das Fleisch auf dem Spies schon durch sei. Sie meinte, dass es noch eine Weile überm Feuer und dem Rauch gedreht werden kann, denn der Keiler von gestern war sicher nicht mehr der jüngste. Didilind blieb bei mir sitzen und meinte: „Wenn wir Glück haben, geht der restliche Keiler noch auf eine Stange und ich fürchte, dass es heute Abend wieder spät werden wird.“ Dann holte sie ein neues Linnen vom Wagen, breitete es aus und wir hoben das Fleisch aus der Halterung und legten es auf das ausgebreitete Linnentuch. Dann reichte Didilind uns wieder das restliche Fleisch des Keilers vom Wagen. Ich versuchte danach das gegrillte Fleisch vom Spieß zu streifen und ihn neu zu beschieben. Das ganze rohe Fleisch ging auf den Spieß und setzten den Spieß in die Halterung. Dann besalzte sie die Oberfläche und ich drehte den Spieß so, dass die nächste ungesalzene Stelle von Didilind besalzen werden konnte und so weiter bis das aufgesteckte Fleisch reihum besalzen war. Von den Männern kam nur einer, ob er mal das Drehen übernehmen könnte. Als er gut zehn Minuten gedreht hat, kam auch eine Frau, die schon länger der Grillprozedur zugeschaut hat und fragte, es war ausgerechnet die Frau, deren Mann sich für die Arbeit in der Gemeinschaft zu schade war, ob sie auch mal das Fleisch drehen darf. Ich war damit einverstanden, aber da meldete sich wieder meine innere Stimme, die mir sagte: „Bleib nicht neben der Frau sitzen, geh ans andere Ende.“ Warum konnte ich mir nicht denken, denn ich hatte ganz bestimmt nicht vor mit dieser Frau etwas anzufangen. Ich setzte mich gegenüber der Frau, am anderen Ende des Feuers auf einen Baumstumpf, so dass ich die drehende Frau, aber auch ihren Wagen gut im Blick hatte. Und da sah ich, wie ihr Mann immer wieder hinten vom Wagen seine Frau und mich beobachtet hat. Wahrscheinlich wartete er nur, dass ich seiner Frau irgendwie verdächtig näher kommen würde, und er dann glaubt freie Bahn bei Didilind zu haben, nach dem Muster des Partnertauschs. Nach vielleicht einer knappen halben Stunde meinte die drehende Frau, ob das nicht für heute langt? Ich fragte einen der drei Männer, die bei ihren Wagen standen, ob sie nicht auch mal das Fleisch etwas drehen wollen? Tatsächlich kam einer und löste die Frau beim Drehen ab. Nach etwa einer halben Stunde löste ich ihn ab und drehte, während die andern langsam in ihren Wagen verschwanden, und wir beide, Didilind und ich, noch anderthalb Stunden abwechselnd das Fleisch drehten bis es fertig war. Didilind saß derweil neben mir. Wir haben, um die anderen nicht hellhörig zu machen, miteinander kein Wort gewechselt. Jeder hing so seinen Gedanken nach, wie das wohl mit den Normanern noch enden wird? Unsere Pferde, aber auch die Pferde der Normaner haben sich um uns herum zum Schlafen niedergelassen. Nachdem das Fleisch fertig gegrillt und abgekühlt war, habe ich es Didilind auf den Wagen gereicht und sie hat es in die neue Fleischkiste verpackt. Dann reichte sie mir unser Schlafzeug vom Wagen. Während sie die Bärenfelle ausbreitete verabreichte ich unsern acht Pferden ihre Schmuseeinheiten und flüsterte jedem ins Ohr auch heute Nacht wieder mit einem Ohr und einem Nasenloch wachsam zu sein und uns jede Gefahr wie bisher gehabt, zu melden. Dann setzten wir uns, an Thors Rücken angelehnt auf die Bärenfelle, deckten uns mit einem Wolfsfell und der warmen Plandecke zu. Unserm Chef da oben erzählten wir was sich so heute bei uns alles abgespielt hat und baten ihn, er möge mir verzeihen, dass ich heute ein Leben ausgelöscht habe, der nicht nur Didilind entführen wollte, sondern meine ganze Zukunft zerstören. Dann versicherten wir ihm unsern Glauben und bekannten ihn auch noch gemeinsam laut im „Apostolischen Glaubensbekenntnis“. Danach hing ich mir den Bogen vorn quer über die Brust und legte den Köcher vorn auf meinen Schoß. Wir beide mussten auch bald eingeschlafen sein. Ich hatte wohlweislich meinen schon erprobten Brustpanzer anbehalten, denn ich traute dem Vierten nicht über den Weg. Was wäre, wenn er mich in der Nacht ausschaltet, und Didilind als ihre Sklavin und unser Eigentum sich aneignet: „Mein Chef da oben, kann das dein Wille sein?“ Und da hörte ich wieder seine Stimme, die da zu mir sagte, dass das ganz und gar nicht sein Wille ist: „Aber ich sollte es seinen Kindern wegen und seiner Frau noch einmal versuchen, denn die sind noch nicht so verdorben wie er. Sie aber ist noch nicht so schlecht, aber ihrem Mann ganz hörig. Die nächste Gelegenheit werde sich schon morgen früh bieten.“ Heute Nacht schien alles ruhig gewesen zu sein. Keines der Pferde hat uns auf irgendwelche Unregelmäßigkeiten in der Nacht, um uns herum, aufmerksam gemacht. Trotzdem gingen wir, nachdem wir aufgestanden sind, erstmals zu unserm Wagen. Während ich mit meinem Ger ihre Bewegungen auf dem Wagen überwachte, denn ich weiß ja nicht wer sich auf dem Wagen versteckt hält, schaute Didilind, die sich ja mit unserem Hab und Gut hier auf dem Wagen besser auskennt als ich, ob noch alles da ist, ob nichts heute Nacht verschwunden ist, was sie mir bald sagte, dass alles so weit im Ordnung ist. Dann schaute sie in die Mausefallen und sagte, dass da in jeder Falle was gefangen ist. Während Didilind das noch glimmende Feuer von gestern Abend wieder zum Brennen brachte, holte ich vom nahen Bach zwei Eimer Wasser. Am Feuer wärmte sie die restliche Suppe von gestern Abend. Didilind fragte die Umstehenden, ob jemand etwas von dieser Suppe möchte? Doch keiner hatte den Mut etwas dazu zu sagen. Didilind tat so, als wollte sie für uns zwei Teller voll machen. Da sah ich, wie die beiden Kinder des Mannes, der uns beiden nicht ganz geheuer vorkommt etwas sagen wollten, aber durch das laute bedrohliche Räuspern ihres Vaters sichtlich und ängstlich zurückschreckten. Ihr Mund schwieg, aber ihre unschuldigen Kinderaugen sprachen Bände. Ich schickte darauf alle vier Männer in den Wald, um Brennholz zu holen. Die drei gingen anstandslos, der vierte der Männer fing wieder lautstark an zu protestieren, als er aber mein lautes Räuspern vernahm, drehte er sich zähneknirschend um und ging auch. Kaum war er im Wald verschwunden, aßen alle Kinder, vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben diese gute warme Suppe von einem Teller. Da die Kinder die ganze Suppe von gestern Abend aufgegessen haben, waren sie so satt, dass keines der Kinder noch ein Butterbrot essen wollte. Zum Trinken hat Didilind einen Kräutertee gebrüht, den die Kinder aus einem Tonbecher noch warm tranken. Dann hat Didilind jeder der vier Frauen ein Stück Brot abgeschnitten und ein Stück Butter gegeben. Doch die Frauen wusste wirklich nicht was sie damit anfangen sollten, denn wie sie sagten: „Bei uns daheim lagen immer fertige, beschmierte Brotscheiben auf dem Tisch. Wir brauchten sie nur zu nehmen und reinzubeißen.“ Didilind fragte recht ungläubig, wie denn die beschmierten und belegten Brote auf den Tisch kamen? „Waren dass die Götter und welche waren es dann?“ Denn die lieben Heinzelmänner hat es damals sicher noch nicht gegeben. Ja, ob das alles auch so stimmt, wie sie uns das weismachen? Mittlerweile kamen die vier Männer, beladen mit Brennholz aus dem Wald zurück. Didilind rief die vier Frauen zu sich und zeigte ihnen, was man mit dem Stück Brot und der Butter machen sollen. Die Frau des bösen Mannes stellte sich noch am gelehrigsten, zum Unwollen ihres Mannes an. Sie hat es bald kapiert, dass man das Brot in Scheiben schneiden muss und wie das am besten geht. Die Scheiben muss man dann mit der Butter beschmieren. Von den andern drei Frauen, wollte eine partout die Brotscheiben schneiden und beschmieren nicht begreifen. Didilind war sich sicher, dass sie es auch verstanden hat, aber zum Selbermachen viel zu faul war. So ließ Didilind sie mit ihrem Stück Brot und dem Butterstück stehen, während die anderen Frauen mit ihren Männern bald auf ihren Wagen verschwunden waren, und in ihren Suppenesstopf warmen Tee mitnahmen. Die Frau, die sich so dumm beim Scheibenbrot zurechtmachen anstellte, stand noch immer mit ihrer Brotration neben uns. Da sagte mir wieder meine innere Stimme, dass ich es noch einmal versuchen sollte ihr das mit dem Brot machen zu erklären. Eberhard, aufpassen, bald wird dir etwas bewusst! Und wahrlich, bald merkte ich, dass sie nur darauf wartete, dass ich sie von hinten in meine Arme nehme und ihre Hände beim Schneiden führen sollte. So wie sie sich da aufführte, so benimmt sich kein treues ‚Hausweibchen’! Ich schickte sie sehr energisch zum Frühstücken auf den Wagen. Nach unserm Frühstück wuschen wir erstmals unser zum Frühstück benutztes Geschirr und bat dann, als die andern wieder vom Wagen kamen, auch ihre zum Frühstück benutzten Sachen da in dem warmen Wasser zu waschen, was keine tat! Bevor wir weiter fahren wollten, bat ich die vier Paare, zu einer sehr ernsten kurzen Besprechung zusammenzukommen, was sie auch taten. Aus dieser kurzen Besprechung wurde eine sehr ernste Auseinandersetzung, aus der sich ergab, dass nicht sie ihre heimische Sippe verlassen haben, sondern sie wegen ihres unmoralischen Lebenswandel bis hin, dass sie wohl alle Vorteile dieser Gemeinschaft genossen, aber selbst nichts zum Wohle dieser Gemeinschaft beitrugen, von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen wurden. „Und noch einmal, da ihr schon vergessen habt, was ihr gestern hoch und heilig geschworen habt, merkt euch, nicht wir ziehen mit euch, sondern ihr wollt mit uns ziehen. Und damit das auch klappt, erzählt ihr mir heute Abend, was jeder von euch zum Wohle unserer Gemeinschaft beitragen will, denn wir beide, meine Gefährtin und ich, sind nicht eure Bediensteten, die euch von vorne wie von hinten bedienen. Und noch etwas, wenn ihr meint, dass ihr eure Frauen und ihr Männer euch immer wieder untereinander austauschen müsst, dann könnt ihr das von uns aus, aber ohne unser Zutun weiter machen, denn Gott schuf die Menschen als Man und Frau und nicht als Vielweiber- und -männerei. Und nochmals, wenn ihr so weiter leben wollt, wie ihr es uns bisher habt spüren lassen dann bitte schön, aber ohne uns! Heute Abend sagt ihr uns, wie ihr euer Leben in Zukunft halten und leben wollt!“ Dann holte ich die zwei Leibgardepferde, spannte sie ein, gab ihnen als heutige Zugtiere ihre Haferportion, band die übrigen sechs Pferde hinten an den Wagen und ab ging unsere Weiterreise. Es dauerte bald eine halbe Stunde, bis der erste Wagen der vier Möchtegerns hinter uns auftauchte. Wir fuhren unser normales Tempo weiter, während sie uns immer näher kamen. Didilind ist mittlerweile in den Wagen gekrabbelt, um nach dem Rechten zu schauen, oder anders ausgedrückt, eine kleine Inventur zu machen, was wir noch oder schon so am Wagen haben. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass die vier Möchtegerns uns schon eingeholt haben, denn plötzlich wollte der immer so böse dreinschauende zu mir auf den Kutscherbock steigen: „Um schon mal“, wie er sagte, „das eine oder das andere mit mir zu klären!“ Was er da sagte, hörte sich ganz vernünftig an und passte gar nicht zu seinem bisherigen Gebaren. Doch als er zu meiner Linken auf dem Kutscherbock saß, warnte mich wieder meine innere Stimme vor ihm und so hing ich die Leine über meinen Hals, um für alle Fälle beide Hände frei zu haben. Und da, was ich so von der Seite mitbekam, er bewegte sich so komisch, fast leicht ruckartig. Da fuhr auch schon seine linke geballte Hand um seinen Bauch herum in Richtung meines Bauches. Geistesgegenwärtig schlug meine linke Faust auf seinen linken Unterarm und etwas fiel fast klirrend auf den Boden des Wagens. Wie er sich bücken wollte, um es aufzuheben, bekam er von mir mit meiner flachen Hand einen Karnickel Schlag, und er wäre beinahe vornüber vom Wagen gefallen. Doch ein schneller Handgriff an seiner Genickpartie und mit der anderen Hand dann an seinem Hosenboden und er flog im großen Bogen, für alle hinter uns Fahrenden gut sichtbar in den Wald zu unserer Linken. Wie mir Didilind sagte, hat sie überhaupt nichts von diesem Zwischenfall mitbekommen, was auf mich mehr als nur beruhigend gewirkt hat. Dann bat ich Didilind, dass sie mal für kurze Zeit vorn den Kutscher spielen wolle, denn ich möchte da hinten im Wagen die Hafersäcke so hoch stapeln, das kein Pfeil, der von hinten auf uns geschossen wird, durch die Plane uns vorne verletzen könnte, denn er bleibt dann im Hafer stecken. Gesagt, getan, es hat keine zehn Minuten gedauert und von hinten konnte uns nichts passieren. Ich saß kaum wieder vorn am Kutscherbock, da hörte ich hinten ein so komisches Geräusch, als ob da etwas getroffen worden sei. Ich bat Didilind, dass sie ihren Bogen nehme, einen Pfeil schon mal anspanne und die Gegend zu ihrer Rechten im Auge behalten solle, während ich das Gleiche zu meiner Linken tat. Da wieherten unsere Pferde, was sie sonst noch nie getan haben. Sicher waren sie eifersüchtig, dass da jemand, während sie hinter dem Wagen angebunden waren, an ihnen vorbeiritt Und da tauchten sie auch schon, einer zu meiner Linken und einer zu ihrer Rechten auf. Und da flogen auch schon ihre Pfeile auf uns. Aber sie hatten so gut gezielt, dass ihre Pfeile einander trafen und dadurch ihre weitere Flugbahn änderten, so dass der auf mich abgeschossene Pfeil weit abgeschwächt mich in meinen Brustpanzer traf und außer dem kleinen Einschusskratzer im Brustpanzer keinen weiteren Schaden anrichtete. Und der auf Didilind abgeschossene Pfeil traf den vordersten Pfosten in Kopfhöhe, der die Plane hielt. Dafür saß mein Pfeil, aber auch Didilinds Pfeil, die, die beiden heimtückischen Mörder vorerst kampfunfähig machten, aber nicht töteten, obwohl es in Notwehr geschehen wäre, wozu wir nach der Saga, aber auch der Edda berechtigt wären. Wir wollten sie nicht gleich mit der gleichen Münze belohnen, die sie für uns gedacht haben, zumal sie schon mal von hinten auf uns geschossen haben, deren Pfeile in den Hafersäcken stecken. Die beiden Pfeile in den Hafersäcken haben mir nicht so weh getan, wie die Löcher in der neuen großen Plane, die jetzt nicht mehr dicht war. Die beiden verletzten Normaner Banditen, die so stolz und siegessicher angeritten kamen wendeten wie zwei bebrühte Pudel zusammen gekrümmt auf ihren Pferden und wollten zurückreiten. Ich sprang hinter ihnen vorn vom Wagen und hielt den gespannten Bogen in der Hand, falls einer der beiden im Vorbeireiten durch die Plane auf uns oder auf unsere Pferde hätte schießen wollen, was durchaus für uns hätte nicht nur schmerzlich, sondern auch tödlich hätte enden können. Aber keiner der beiden Banditen, die wohl mitbekommen haben, dass ich hinter ihnen mit gespanntem Bogen stehe, wollte es wagen, mich vorerst noch einmal heraus zu vordern. Für heute kam keiner der vier Wagen mehr in unsere Sichtweite. Trotzdem habe ich Didilind gebeten alleine weiterzufahren und ich mich nach hinten begebe und durch die Einschusslöcher die Gegend hinter uns immer im Auge zu behalten. Und so fuhren wir immer weiter westwärts bis bald die Sonne im Westen in ihrem Bettchen verschwinden wollte. Dann bogen wir irgendwann rechts in den Wald ab, denn ich dachte, wenn sie uns nachfahren oder nachreiten sollten, werden sie im Dunkeln unsere Spur nach rechts in den Wald bestimmt nicht mitbekommen und uns den Weg geradeaus weiter vermuten. Und auf unsern Weg durch den Wald kamen wir tatsächlich wieder auf eine kleine Lichtung, auf der die Pferde zur genüge Grünfutter fanden und scheinbar alle satt wurden. Auch floss ein kleiner Bach durch die Lichtung. Feuer haben wir heute Abend keines gemacht, das unsern Aufenthalt hätte verraten können. Zum Abend gab es mit Lebermus beschmiertes Butterbrot und frisches Wasser aus dem Bach. Während ich den Pferden die nötigen Streicheleinheiten verteilte und ihnen wieder in die Ohren flüsterte, dass sie auch heute Nacht wieder auf ein Auge und einem Nasenloch wachsam sein sollten, hat Didilind an Thors Rücken die Schlafstelle für uns zurechtgemacht. Als wir da zugedeckt an Thors Rücken saßen, haben wir wieder unserm Chef kurz berichtet was wir heute so alles erlebt und getan haben und ihn gebeten, wenn uns die Normanen wieder über den Weg laufen sollten er mich wissen lassen sollte, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollen, denn mir tun eigentlich die Kinder sehr leid, die, wie ich den Eindruck hatte, noch nicht verdorben sind. Und, wenn ich sie so sehe, wie sie regelrecht von ihren Eltern auf die schiefe Bahn gezogen werden, dann tut mir das in meinem Innersten richtig weh. „Bitte lieber guter Gott da droben, bitte lass es nicht zu, dass an den Kindern das wahr werde was der Volksmund da so sagt, dass die Äpfel in der Regel nicht weit vom Stamme fallen!“ Heute Nacht kam wahrscheinlich niemand in unsere Nähe, denn keines der Pferde hat heute Nacht irgendwelche verdächtigen, oder warnenden Geräusche von sich gegeben. Trotzdem bin ich, nach unserm Aufwachen, auf den Wagen geklettert, um mich zu überzeugen, dass sich da keiner versteckt hat. Danach stieg Didilind auf den Wagen und überzeugte sich, dass noch alles da ist, dass nichts fehle. Ich holte aus dem nahen Wald Brennmaterial zum Feuermachen und machte erstmals Feuer. Als Didilind vom Bach zurückkam, hat sie ein Stück Fleisch in den Dreifußkochtopf gegeben und ich brachte Wasser vom Bach, das Didlind in den Topf goss, um eine kräftige Suppe zum Frühstück zu kochen. Dann ging ich zum Bach, um meine Morgentoilette zu machen und betrachtete so das Flussbett, ob da vielleicht auch etwas glänzendes hier auf dem Grund des Flussbettes liegt. Weder Bach abwärts noch Bach aufwärts lag da etwas Glänzendes. Als ich zum Lagerplatz zurückkam, hat Didilind schon die Nudeln in die kochende Fleischbrühe geschüttet und gut durch-gerührt. Dann, nach einer Weile, hat sie die fast fertige Suppe abgeschmeckt, noch ein bisschen nachgesalzen und das Fleisch zum zerschneiden herausgeholt. Ich holte vom Wagen zwei Teller, zwei Löffel und die große Suppenkelle. Nachdem das geschnittene Fleisch wieder im Suppentopf untergerührt war, haben wir unser Gebet vor dem Essen gemeinsam gesprochen und das Frühstücken konnte beginnen. Die dicke Nudelsuppe schmeckte wieder vorzüglich. Nach dem wir satt waren, dankten wir unserm Chef da droben im blauen Himmelszelt, wuschen unsere Teller, die Löffel, die Kelle, das Küchenmesser, das Küchenbrett und Didilind verstaute wieder alles oben auf dem Wagen in unseren Kisten. Nachdem auch alle Pferde gesättigt da standen und auf den Weitermarsch warteten, haben wir heute zwei Banditenpferde eingespannt. Didilind band die sechs anderen Pferde hinten an den Wagen und ich gab den zwei Zugpferden ihre Portion Hafer extra. Dann stiegen wir auf unseren Wagen. Ich versuchte zunächst erst mal wieder auf die Straße zu kommen, von der wir gestern Abend rechts in den Wald abgebogen sind. Als wir auf den Weg kamen, konnte ich keine Spuren feststellen, dass hier schon jemand heute Morgen vorbei gefahren ist. Also absteigen, einen freistehenden Baum suchen und feststellen wo es nach Westen langgeht. So wie es aussieht, scheint die gestrige Straße weiter in westliche Richtung zu gehen. Mein verkorkster Jodler war für unsere Pferde das hörbare Zeichen, dass es weiter, immer hinter der Nase her, nach Westen gehen soll. Ich habe trotzdem immer wieder links zum Wagen hinausgeschaut und nach hinten gesehen, ob uns eventuell jemand folgt. Scheinbar scheint uns noch niemand zu folgen. Auch meine innere Stimme, die mich bisher immer hat unruhig werden lassen, wenn Gefahr im Anmarsch war, blieb bisher ganz still. Trotzdem schaute ich immer wieder, so alle fünfzig Meter aus dem Wagen und dann nach hinten, ob die Luft noch rein ist, denn Vorsicht ist die Mutter aller Tugenden. Die Mittagszeit dürfte schon vorüber sein und Didilind fragte ob ich Appetit auf eine Kelle kalte Suppe hätte, was ich, ohne lange zu überlegen selbstverständlich bejahte. Didilind holte aus der Geschirrtruhe einen Teller und zwei Löffel. Ich sagte noch nichts zu dem einen Teller und den zwei Löffeln. Didilind schöpfte zwei Kellen von der guten Suppe, die sie heute Morgen frisch gekocht hat und die noch nicht ganz kalt war. Dann stellte sie mir den Teller auf meinen rechten Oberschenkel. Gab mir einen Löffel und wir beide aßen von einem Teller. Ich schaute sie dabei immer wieder fragend an und da sagte sie auch schon, als ob sie meine fragenden Blicke verstanden hätte: „Wo willst du auf der engen Kutscherbank den zweiten Teller hinstellen und so weit dürften wir uns schon kennen, dass weder du noch ich giftig bin!“ Ich konnte zu ihren Ausführungen nur zustimmend mit dem Kopf nicken. Doch, als der Teller leer war fragte sie, ob sie noch bisschen Suppe holen solle, was ich natürlich auch bejahte, denn wann essen wir beide schon mal von einem Teller? Die Sonne stand schon ziemlich weit im Westen als wir wieder auf eine Lichtung kamen, durch die wieder ein Bächlein floss, das aus dem nahen Berg kam,. Ich gab wie immer zuerst den beiden Zugpferden die Portion Hafer. Dann spannte ich sie aus und ließ sie grasen. Auch die sechs hinten angebundenen Pferde meldeten sich, dass auch sie Hunger haben und gerne losgebunden werden wollen, was ich auch bald tat. Dann nahm ich die zwei Wassereimer und ging an das Bächlein, um Wasser für alle Fälle auch jetzt zu holen. Dabei beobachtete ich wieder das Flussbett, ob da etwas Glänzendes im Wasser liegt. Aber scheinbar sind die Berge hier nicht so goldfreundlich oder Goldgeberfreundlich, wie weiter hinten im Osten sie es waren. Aber schauen wir mal wie morgen das Flussbett aussieht, wenn die aufgehende Sonne direkt ins Wasser scheint. Und zum Abendessen machte Didilind eine große Brotscheibe belegt mit dem guten Lebermus, den sie diesmal aus der Eberleber mit Ur- und Eberfleisch gemacht hat. Und dazu gab es frisches Wasser aus dem Bach. Hervorragend, wie das nicht nur einmalig gut, sondern auch erfrischend schmeckte! Wir hatten heute Abend wieder kein Feuer gemacht, das unsern Lagerplatz hätte verraten können. Die Pferde scheinen fürs erste genug gefressen zu haben, denn sie marschierten im Gänsemarsch zum Bach und tankten das frische Nass. Als sie zurückkamen, haben sie, da und dort noch bisschen Gras gerupft. Doch dann kamen sie zum Wagen und legten sich in unserer Nachbarschaft zur Nachtruhe nieder. Didilind holte vom Wagen unser Schlafzeug und ich verabreichte den Pferden ihre verdienten Streicheleinheiten und flüsterte ihnen dabei immer wieder zu, dass sie auch heute Nacht ein bisschen aufpassen sollen, denn man kann ja nicht wissen, wer da kommen kann und sich auf Kosten anderer bereichern möchte. Dann setzten wir uns, Didilind und ich, an Thors Rücken angelehnt auf ein Bärenfell, deckten uns mit einem Wolfsfell und der warmen Plandecke zu und Händchen haltend dankten wir unserm Chef, dass er auch heute wieder bei uns war und dass wir die Gefahren dank seiner Hilfe meistern konnten und baten ihn auch, nicht nur heute Nacht, sondern auch, dass wir den morgigen Tag zur Zufriedenheit aller meistern können. Dann sagten wir gemeinsam die zehn Gebote auf, versprachen unserm Chef da droben, dass wir die zehn Gebote nicht nur halten wollen, sondern sie mit seiner Hilfe auch leben wollen. Schneller als ich es mitbekommen habe, sind auch wir bald eingeschlafen. Auch heute Nacht hat uns, so wie es zunächst aussieht, kein ungebetener Gast geweckt. Ich durchsuchte am Morgen wie immer den Wagen, ob sich im Innern jemand versteckt hält, dann kontrollierte Didilind ob auch alles da ist und gingen an den Bach, erledigten unsere Morgentoilette. Während ich noch den Bachlauf beobachtete, ob da etwas Blitzendes zu finden ist, machte Didilind schon ein kleines Feuer, auf dem sie für uns beide die Frühstückssuppe warm machte. Nach dem Frühstück die übliche Abwaschprozedur und dann ging es weiter auf unserm Weg in den Westen. Die nächsten vierzehn Tage verliefen ohne irgendwelche Ungereimtheiten. Von den Überlebenden der angeblichen Normannensippe haben wir nichts mehr gehört. Doch es war wieder Freitag, und Didilind sagte: „Es wäre zu schön, um wahr zu sein! Haben wir nicht morgen wieder einen Sonnabend und wo finden wir einen Flecken mit einem Wochenmarkt? Ich habe es schon fast vergessen, wie ein frisches Butterbrot schmeckt!“ Ich konnte den eben gemachten Ausführungen Didilinds ganz und gar nur zustimmen. Aber wo? Wo finden wir ihn, den Marktflecken? „Ich habe so das Gefühl, dass wir sicher ganz in der Nähe eines solchen Marktfleckens sind! Aber wo? Lassen wir uns halt mal überraschen. Augen jetzt auf und auf unserer Weiterreise immer offen halten!“ Als wir unsere Weiterfahrt nach Westen begannen, sagte Didilind, dass auch unsere Nudeln und der Gries langsam zu Ende gehen, von den Bobern wäre noch ein knapper Sack da. Und ich erwiderte ihr: „Wenn wir einen Tisch hätten, dann wäre das Nudeln machen sicher kein Problem. Aber, aus Eiern und Weizenmehl, das weiß ich noch von zu Hause, lässt sich auch ein guter Eiereinlauf machen und die Nudeln könnten wir vielleicht auch fertig kaufen.“ Doch dann, es mochte schon der Nachmittag bisschen fortgeschritten sein, da rief Didilind: „Eberhard, da, siehst du dahinten rechts, das sieht ja fast wie ein Marktflecken aus! Da müssen wir morgen auf alle Fälle mal hin!“ Ich konnte Didilinds Ansinnen nur zustimmen! „Aber, wo geht es dann von unsern Fahrweg ab zu diesem Marktflecken?“ Ich dachte dann laut weiter und meinte, dass wir erstmals weiter auf unserem Wege fahren sollten. Sicher geht es dann irgendwann rechts ab. Wir sind dann noch eine gute Stunde gefahren und kamen an eine Kreuzung. Von hier aus führte rechts ab ein leicht abschüssiger Fahrweg zum Flecken. Ich schätzte grob, dass wir bis dahin noch etwa drei Stunden bei unserm Tempo brauchen werden. Ich teilte Didilind meine Gedanken mit und sagte ihr: „Bei der nächsten Lichtung machen wir unsere Nachtpause und morgen früh beizeiten, setzen wir unsere Fahrt in den Flecken fort. Didilind war mit meinem gemachten Vorschlag einverstanden. Nach vielleicht einer halben Stunde kamen wir an eine nicht zu große Lichtung, die von einem Bächlein durchflossen wird. Für die Pferde war hier schon genug Futter. Die zwei Zugpferde bekamen ihre sonder Haferportionen und durften dann mit den andern auch das saftige Gras futtern. Während Didilind die Suppe von heute Morgen in meinen Esstopf schüttete, kontrollierte ich die Mausefallen, leerte sie und stellte sie wieder auf. Dann kam Didilind mit der Suppe und zwei Esslöffeln vom Wagen. Die Suppe, auch so ungewärmt, schmeckte hervorragend, fast wie ein verdünnter Nudelsalat. Dann saßen wir auf einem umgefallenen Baum und aßen beide aus meinem Esstopf die gute Nudelsuppe mit viel gekochtem Fleisch. Die Suppen, die Didilind so auf die Schnelle kochte, schmeckten nicht nur hervorragend, sie machten auch richtig satt. „Ja, die selbstgemachten Nudeln und das gekochte Fleisch darin!“ Didilind hat heute Abend meinen Esstopf mit kaltem Wasser gewaschen und ich durfte ihn abtrocknen. Dann befestigte ich ihn wieder an meinen Wamsgurt. Wir waren beide sehr satt, was man von den Pferden noch nicht sagen konnte, also konnten auch wir an schlafen noch nicht denken, denn unser Schlaflager war wieder an Thors Rücken. Ich machte Didilind den Vorschlag, dass wir noch mal an den Bergbach gehen und uns das Flussbett betrachten, den vier Augen sehen immer mehr als nur zwei! Händchenhaltend gingen wir an den Bach. Und als die Pferde sahen, dass wir an den Bach gehen, kamen sie alle hinter uns. Wir ließen sie zu erst mal ihr Wasser trinken. Dann sprang ich über den Bach und gingen so um die zweihundert Meter Bach abwärts, während Didilind meine Hälfte beobachte und ich ihre, ohne etwas Glänzendes zu entdecken. Dann wendeten wir und gingen nicht nur das gleiche Stück zurück, sondern noch gut zweihundert Meter darüber hinaus Bach aufwärts. Aber auch hier fanden wir nichts Glänzendes. Ich sprang wieder über den Bach, um dann wieder unsere Händchen fest haltend zu unserem Wagen zurückzukehren. Hier haben schon einige Pferde ihr Nachtlager bezogen. Unser Thor und zwei Stuten fraßen noch. Mein erster Gedanke war, dass Thor und die Stuten jetzt etwa keine Frühlingsgefühle bekommen haben! Denn wenn das stimmen sollte, dann kann es heute Nacht mit unserm Schlafen gehen doch recht spät werden. Aber offensichtlich ist es bei den Dreien noch nicht so weit, denn auch die drei Nachzügler kamen zurück und legten sich in unserer Nähe nieder. Ich ging wie jeden Abend zu den Pferden und verpasste jedem seine Streicheleinheit und mahnte sie wieder mit einem Auge und einem Nasenloch wachsam zu sein und, wenn dann etwas Fremdes kommen sollte, sollten sie auf keinen Fall vergessen uns zu warnen. Als ich meine Streichelrunde gedreht habe und zu meinem Ausgangspunkt zurückkehrte, hat Didilind schon die Schlafstelle für uns beide kunstgerecht zurechtgemacht. Als wir beide unsere Schlafstellung bezogen haben, fassten wir unsere Hände, dankten unserem Chef da droben, erzählten ihm was wir heute so alles gemacht haben, beteten das Gebet des Herrn, dass er uns gelehrt hat und baten ihn uns auch heute Nacht nicht aus seiner Obhut zu entlassen und dass er immer auf uns aufpassen soll, dass wir ihn nicht enttäuschen, dass er uns immer das Richtige tun lassen möge, ihm, zu seinem Wohlgefallen. Ich weiß nicht wann und wie wir eingeschlafen sind, es musste ganz, von jetzt auf gleich passiert sein. Nur weiß ich, dass uns lautes „Muuuhnnn“ geweckt hat. Im ersten Moment, fast noch schlaftrunken konnte ich mir aus dem Muhen nichts zusammenreimen, denn soviel wusste ich schon, dass Pferde sich anders laut bemerkbar machen. Doch beim zweiten Hingucken sah ich, dass es eine Kuhherde war, die von einer Viehweide aus unserer oder unmittelbaren Nachbarschaft ausgebrochen ist. Wir standen beide auf. Didilind legte unsere Schlafsachen zusammen, und ich kontrollierte wie in der letzten Zeit immer zunächst, bevor ich Didilind auf den Wagen ließ, ob sich da auch niemand versteckt hat. Dann holte ich aus dem Wald alles, was man zum Feuermachen und für ein Feuer braucht. Während Didilind das Feuer machte, ging ich mit meinen zwei Wassereimer an den nahen Bach, brachte das Wasser in den Eimern zu unserm Wagen und wie gehabt, Didilind hatte schon ein kleines Feuerchen gemacht, auf dem sie die restliche Suppe von gestern früh warm machte, die uns beiden nicht nur prima geschmeckt, sondern uns auch richtig satt gemacht hat. Wie man auch sehen kann, haben sich unsere Pferde und die Kühe bald angefreundet und scheinbar auch prima verstanden. Aber, als ich die prall gefüllten Euter der Kühe sah, habe ich mich fast richtig geärgert, dass ich noch nie eine Kuh gemolken habe! „Aber, aber, Eberhard“, sagte meine innere Stimme, „was du da denkst, ist Sünde! Denn wie heißt das siebente Gebot? Heißt es nicht“, hier machte meine innere Stimme eine kleine Pause zum Nachdenken, „heißt es da nicht, dass du nicht stehlen sollst, denn weder die Kühe, noch die Milch, die sie in ihren Eutern haben, gehören dir!“ Meine ersten Gedanken nach meiner inneren Belehrung waren: „Danke mein guter Chef da oben, dass du mich wieder vor etwas Unrechtem bewahrt hast!“ Ich wollte ihm noch vieles sagen, aber weiter kam ich nicht, denn aus dem Wald kamen drei ungepflegte Gesellen, mit einem Knüppel in ihren Händen, vermutlich waren es die Sennen, die ihre ausgebüxten Kühe suchten. Man konnte es den Sennen regelrecht ansehen, dass sie sich richtig freuten, dass ihre Herde nur dank der Pferde, bis hier her und nicht weiter wanderten. Doch als sie die Kühe wieder zurücktrieben, sind auch vier Pferde, zwei Banditenstuten und die zwei Pferde der Leibgardisten des Goldhändlers mit gegangen. Bevor die gemischte Herde im Wald ver-schwand, habe ich den Uhu rufen lassen. Die zwei Banditenpferde waren die ersten die kehrt machten, aber auch die Leibgardisten Pferde drehten ab und folgte dem Uhuruf, den ich noch einmal hab erschallen lassen. Ob die vier Stuten wirklich noch so einfältig sind, dass sie die Kühe von den Pferden nicht unterscheiden können? Oder sind sie hier einfach ihrem Herdendrang gefolgt. Als es so aussah, dass alle Vierbeiner satt waren und ihren Durst gelöscht haben, spannten wir die zwei Leibgardisten Pferde ein und Didilind band die sechs anderen wieder hinten an den Wagen. Ich gab derweil den zwei eingespannten Zugpferden von heute ihre Sonderration Hafer und ab ging es, nachdem Didilind das Feuer gelöscht hat, und ich festgestellt habe, wo es nach Westen langgeht, doch zunächst fuhren wir weiter zum Flecken vor uns. Wir kamen viel schneller als gestern noch gedacht in den Flecken. Und auf der Suche nach dem Marktplatz habe ich Didilind gefragt, ob sie noch wisse was wir heute hier eigentlich erwerben wollen? Und sie begann alles aufzuzählen:„ Nudeln, Grieß, Weizenmehl, Eier für den Eiereinlauf, Butter, Brot, eine Portion Frischmilch, den Behälter hierfür habe ich noch vom letzten Mal! Nur wie viel von jedem, da bin ich noch am Überlegen!“ Weiter kamen wir vorerst nicht mit unseren vielen Einkaufs-überlegungen, denn wir waren mitten drin im Einkaufsgewimmel. Beim nächsten Verkaufs-stand erfuhr ich wo wir die Pferde unterstellen können. Da banden wir unsere Pferde vom Wagen los und banden sie am Parkbalken fest. Hier bekamen alle Pferde erst mal einen Futterbeutel, der aus gehäckseltem Haferstroh, vermischt mit Hafer gefüllt war. Der Pferdeparkplatzwächter wollte den Pferden dann, wenn die Futtersäcke leer sind, auch noch allen reihum Wasser zu trinken geben. Wir mieteten noch einen Marktkarren, und sollten dann, wenn wir den Markt wieder verlassen, alles bezahlen.

Erst haben wir dreißig Pfund Weizenmehl und fünfzehn Pfund Grieß und zwanzig Pfund echte Nudeln für das letzte Urbullen- und zwei Wildschweinfelle, alle drei noch ungegerbt, erworben. Wie man sieht, funktioniert hier noch der Tauschhandel. Am Bauernstand bekamen wir unsere drei großen runden Brote, zwei Klumpen Butter, zwanzig Hühnereier und einen großen Salzhut. Besonders das Salzen des Fleisches vor dem Grillen, verbraucht immer wieder viel Salz, denn nicht alles gestreute Salz bleibt auch auf dem Fleisch hängen. Und ungesalzenes Fleisch kann man wohl, wenn man Hunger hat auch essen, aber es schmeckt ganz und gar nicht. Als wir ihn fragten, was wir schuldig sind, sagte er: „Eine kleine Goldflocke.“ Wir wühlten in unseren Lederbeuteln, aber wir fanden keine kleinen Goldflocken. Didilind glaubte eine kleinere Goldflocke in ihrem Beutel gefunden zu haben und reichte sie dem Bauern. Er betrachtete sie so von allen Seiten, was mich veranlasste ihm zu sagen, dass das aber sicher keine kleine Goldflocke ist! Er schaute auf mich und sagte: „Das haben wir gleich.“ Er legte die Goldflocke auf eine Art Hängewaage und sagte: „Noch ein großes Brot, einen Klumpen Butter und drei Liter frische Milch könnte ich euch für diese Goldflocke geben!“ Doch Didilind erwiderte ihm: „Sie haben da noch etwas vergessen!“ Worauf er wieder fragte, was das denn sein sollte? Und Didilind sagte in einem halb lächelnden, halb bitter ernsten Ton: „Und den kleinen Käse da auf dem Tisch!“ Der Bauer fing an zu jammern und sich zu drehen, dass alles heute immer teurer wird und.... ! Weiter kam er nicht, denn Didilind sagte ihm: „Aber auch das Gold wird immer knapper und teurer!“ Der Bauer wollte sicher nicht gegenüber der jungen Frau aus der Rolle fallen und sagte: „Weil sie es sind, hübsche Frau, auch noch den Käse, aber nur weil sie es sind und bitte nicht weitersagen. Empfehlen können sie unsere Ware bitte immer weiter, aber nicht sagen, wie weich ich beim Handeln gegenüber hübschen Frauen werde!“ Wir bedankten uns, packten alles auf unsern Marktkarren und wussten nicht so richtig, wohin wir weiterfahren sollten. Da erinnerte mich Didilind, dass ich die Räder an ihren Achsen schmieren lassen wollte. Am nächsten Stand sagte man mir wo ich den Wagnerstand finden kann. Ich suchte ihn auf und er sagte mir, dass ich in etwa anderthalb Stunden da sein sollte, denn bis dahin habe er schon oder noch vor mir einige Wagen da stehen, die das gleiche möchten. Und was macht man nun bis dahin? Wir marschierten langsam kreuz und quer durch das Marktgeschehen und kamen nach etwa einer Stunde am Pferdeparkplatz an. Hier bezahlten wir für das Pferdefüttern, Tränken, Marktkarren und Trinkgeld eine Goldflocke. Da ich da unweit der Pferde einen dreiviertel Eimer voll mit Wasser sah, nahm ich ihn und ging zu den Pferden. Aber keines der Pferde wollte noch etwas Wasser trinken. So spannte ich die zwei Pferde von heute früh wieder ein und die anderen sechs hinten an den Wagen. Didilind hat derweil all das, was wir heute erworben haben, auf dem Wagen ordnungsgemäß verstaut. Da sagte mir Didilind, dass wir eigentlich noch eine Holzkiste für die Lebensmittel gebrauchen können. Dann verabschiedeten wir uns vom Parkplatzwächter, stiegen auf und fuhren langsam durch das Marktgeschehen. Zu Didilind sagte ich noch, dass sie auch mal Acht geben soll, wo hier so ein Holzstand ist. Da sagte sie mir, dass sie so eine kleine schrankähnliche Holzkiste beim Wagner vorhin gesehen hat. Und so kamen wir beim Wagner an, der gerade mit dem letzten Kunden abrechnete. Während ich nach einem Platz, an dem der Wagnermeister seine Arbeit an unsern Rädern verrichten kann, Ausschau hielt, schaute Didilind nach schrankähnlichen Kisten, in denen die Brote, die Butter, der Käse, das Salz und noch so kleine Essensvorräte verstaut werden kann. Bevor der Wagnermeister kam, habe ich schon mal die Pferde hinten vom Wagen losgebunden und an der Pferdehalterung festgemacht, denn soviel habe ich schon mitbekommen, dass es am besten ist, wenn ich den Wagen rückwärts auf den Platz fahren kann, was bald passiert ist. Dann habe ich auch noch die zwei Zugpferde ausgespannt und zu den anderen Pferden angebunden. Zum Abschmieren der Achsenden hat unser Wagnermeister keine fremde Hilfe gebraucht; dazu hatte er sein eingearbeitetes Team. Also ging ich zu Didilind und half ihr beim Gucken der schrankähnlichen Holzkisten, die mindestens so tief sein sollten, dass darin ein rundes Brot flach liegen konnte. „Schau mal, Didilind, da hinten steht so eine schrankähnliche Kiste, die sicher einen halben Meter breit, einen halben Meter tief und etwa einein halb Meter hoch ist. Diese schrankähnliche Kiste würde sicher auf den Wagen passen, die Tür ließe sich ohne Schwierigkeiten öffnen und man kann an der Kiste auf dem Wagen ohne Weiteres vorbei gehen. Während ich noch zu ihr redete kamen wir auch schon an die Kiste, die Didilind gleich von innen und von außen begutachtete. Die Bretter waren von außen und von innen glatt gehobelt und es sah so aus, als ob das Holz mit einem Speiseöl, von innen und von außen, eingelassen worden sei, ähnlich wie unsere große Fleischkiste. Ich fragte Didilind, ob sie es herausrieche, ob es Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Bucheneckeröl ist. Didilind meinte, dass sie nicht wisse was das für Öl sei, rieche aber nicht schlecht. Die Kiste haben wir gleich vorerst beschlagnahmt. Als wir zum Wagen zurückkamen, haben sie gerade das letzte Rad wieder auf die eingefettete Achse gesetzt und wir konnten die zwei Zugpferde wieder einspannen. Der Meister hat, bevor wir um die schrankähnliche Kiste fuhren noch einmal die Räder geprüft, ob sie auch alle vier fest auf der Achse sitzen und während der Fahrt nicht herunterrutschen können. Didilind verschwand hinten im Wagen und der Wagnermeister nahm neben mir seinen Platz. Ich fuhr direkt auf diese Kiste zu. Auch diese Kiste hat unser Wagnermeister von innen und von außen untersucht und meinte: „Wagen abschmieren und diese schrankähnliche Kiste, zwei ganze runde Goldflocken.“ Didilind, die ihm gegenüber stand sagte lächelnd, dass wir nur ganze eckige Goldflocken haben, die eigentlich wertvoller sind als die runden! „Wie viel Rabatt springt dabei heraus? Mit den eckigen Goldflocken hat Didilind unsern Meister ganz durcheinander gebracht, denn er sagte, dass er sich mit den eckigen Goldflocken nicht so auskenne. „Aber da hinten ist ja der Goldhändler, da können wir unsere eckigen Goldflocken wieder in runde einwechseln.“ Da sagte ich so nebenbei, dass ich, so glaube ich, noch einige runde Goldflocken in meinem Lederbeutel habe. Ich bezahlte ihm die zwei geforderten runden Goldflocken. Dann half er uns die Kiste auf den Wagen und nahm neben mir auf dem Kutscherbock wieder Platz und ab ging es zu seinem heutigen Arbeitsplatz. Doch von weitem hörte ich schon, dass eines unser Pferde freudig gewiehert hat. Als wir bei ihnen ankamen, sah ich, dass es Odin war, der da jemanden begrüßte, den er noch aus früherer Zeit kennen musste. Als ich die Pferde vom Parkbalken losband, um sie hinten am Wagen festzubinden, kam ein Mann auf mich zu, den ich nicht sofort erkannte, denn sein Hut saß ziemlich tief in seinem Gesicht, der mich aber sofort erkannte. Bevor er sich zu erkennen gab, schaute er sich noch einmal um, als wollte er sich vergewissern, dass ihm auch keiner gefolgt ist. Dann lüftete er leicht seinen Hut und ich erkannte in ihm den Ortsvorsteher Jörgenson von Normann, das ist die Dorfgemeinschaft, der ich vermutlich vor bald einem Jahr damals das Leben gerettet habe. Der Ortsvorsteher bat uns ihn zu der Wagenburg zu begleiten, die da irgendwo auf einer Lichtung stand, dessen Standort wir nicht kannten aber er. Und wie er mir weiter sagte, habe er hier sein Pferd, das heute neue Hufeisen bekommt. „Er kam nur herauf, weil hier ein Pferd freudig wieherte und wenn er sich nicht täuscht, ist es das Pferd, das er mir zum Dank für meine treue Hilfe geschenkt hat. „Aber, ich glaube, dass mein Pferd unten in der Schmiede schon fertig besohlt sein müsste“, und verschwand in der Schmiede. In fünf Minuten stand er hoch zu Ross neben unserm Kutscherbock und er meinte, wir sollen ihm nur nachfahren. In knapp einer halben Stunde waren wir bei der Wagenburg der Normannen. Ich begrüßte die Leute wie alte gut Bekannte. Der Ortsvorsteher ließ einen Tisch von seinem Wagen bringen und vier hockerähnliche Stühle. Didilind holte ein frisches Brot, ein Messer und Butter vom Wagen und schnitt paar frische Scheiben vom Brot ab und beschmierte sie mit der Butter. Ortsvorsteher Jörgenson brachte aus seiner Kiste einen Krug frischen Met und vier Becher. Ich ahnte schon was da auf uns zukommt und bat ihn um einen Becher frisches Wasser, was ich auch prompt bekam. Didilind und mir goss er auf unsern Wunsch nur einen halben Becher Met ein. Die andere Hälfte wurde dann mit Wasser aufgefüllt. Auf unser gegenseitiges Wohl wurde dann angestoßen. Das Butterbrot und der verdünnte Met schmeckten prima. Ich musste ihm zunächst erzählen wie ich zu meiner Hübschen Begleiterin und den vielen Pferden kam. Er staunte nicht schlecht, dass das Pferd, das ich von dir bekam, mich zu diesem mehr tot als lebendigen Mädchen geführt hat und ihr starker Lebenswille sie, die ihr zugefügten schweren Verletzungen heilen ließ und ich heute ohne sie alleine nicht zurechtkommen würde. Dann habe ich eines Vormittags die Verbrecher, die vermutlich die Dorfbewohner bei Nacht überfallen und ausgerottet haben, oberhalb meines Verstecks vorbeiziehen sehen und am Ende des Zuges wurden paar Pferde von Cowboyähnlichen Gestalten getrieben. Ich glaubte, dass da bei den vorbeigetriebenen Pferden auch ein Pferd ist, das meinem Thor sehr ähnlich aussah. Und ich habe meinem Thor damals, als ich ihn von meinem Vater geschenkt bekam auch beigebracht, wenn ich den Uhu rufen lass, dass er dann alles liegen lässt und dahin kommt, woher der Uhuruf kommt. Tatsächlich, ich habe zweimal den Uhu rufen lassen und Thor mein Hengst kam in meine Richtung gelaufen. Aber vier der die Pferde begleitenden Banditen folgten meinem Thor, der, da es stille ward an mir vorbeigelaufen ist. Und was nun Eberhard? Ich hab aus meinem Versteck heraus einen nach dem anderen der Verfolger tödlich getroffen. Die vier Pferde der Banditen liefen einfach weiter, immer dem Thor nach in den Wald auf der gegenüberliegenden Seite. Da den vier Banditen keine weiteren folgten, habe ich wieder den Uhu laut rufen lassen. Und es dauerte nicht lange, da kehrte mein Hengst Thor mit den vier Banditenpferden zu mir zurück. Die vier Banditenpferde, das sind die rötlich beigenen, alle vier heute sehr brave und trächtige Stuten. Nachdem ich ja wieder meinen Thor zurückhabe, gab ich meiner Weggefährtin das Pferd, das ich damals als Dank von dir bekam und das heute auf den Namen Odin hört. Und paar Wochen später wurden wir von vier Banditen unseres Stammes verfolgt, um uns zu töten und auszuraunen. Doch bevor sie uns mit ihrem Ger trafen, haben wir beide, die vier Banditen hinüber geschafft. Auch ihre vier Pferde haben den Angriff auf uns überstanden; es waren zwei Stuten und zwei Wallache. Die zwei Wallache habe ich voriges Jahr gegen siebzehn Säcke Hafer eingetauscht. Ich kann im Nachhinein nur sagen, dass ich sehr viel Glück im zurückliegenden Jahr hatte, bis ich vor einer Woche auf dem dortigen Markt vier Normaner Familien traf, die angeblich einem Betrüger aufgesessen sind und eure, die Normaner Gemeinschaft wegen des Betrügers verlassen haben. Den Betrüger habe ich, als er dabei war Didilind mit unserm Wagen zu entführen tödlich verletzt, nachdem er versucht hat mich zu töten. Die vier Familien glaubten wirklich, dass sie als tonangebende Schmarotzer mit uns ziehen können und wir sie von vorne und von hinten bedienen werden, habe ich sie zur Rede gestellt, dass das so nicht mit uns geht. Wenn sie mit uns weiterziehen wollen, dann müssen sie sich auch an der Unterhaltung der Familien mit beteiligen. Ansonsten sind unsere Wege ab sofort wieder getrennt. Und Didilind, die bis jetzt still daneben saß sagte plötzlich: „Die Frauen waren ja zu faul, das Brot, das wir ihnen im Stück gaben in Scheiben zu schneiden und die Butter, die wir ihnen auch gaben auf die Brotscheiben zu schmieren!“ Vater Jörgenson nickte immer wieder bei unseren Erzählungen mit dem Kopf, so als könnte er all das eben gehörte aus eigener Erfahrung bestätigen. Doch, nachdem wir sie am letzten Nachtplatz nach dem Frühstück verlassen haben, kam der am bösesten dreinblickende Mann uns nachgeritten und wollte mit mir während der Fahrt unser weiteres Zusammensein absprechen. Didilind war im Wageninnern und so stieg er zu mir auf den Wagen und nahm zu meiner linken am Kutscherbock Platz. Er erzählte alles Mögliche nur nichts zu unserem künftigen Zusammenleben, was mich als bald sehr stutzig machte und zur Vorsicht mahnte. Ich habe möglichst unauffällig die Leine über meinen Kopf auf den Hals gelegt, so dass ich beide Hände für alle Fälle frei habe. Und es dauerte nicht lange, da fuhr seine linke geballte Hand rasend schnell gegen meinen Bauch. Im allerletzten Moment konnte ich auf seine geballte Hand schlagen und etwas Messriges fiel auf den Boden des Wagens. Und dieser komische Vogel bückte sich noch vor mir nach dem Messer. In diesem Moment bekam er mit meiner rechten flachen Hand einen kräftigen Karnickelschlag auf sein Genick, was ihn zunächst kampfunfähig machte. Als ich mich von seiner Attacke wieder bisschen erholt hatte, schnappte ich ihn oben an seinen Schlafittchen und unten an seinen Hosenboden und er flog im großen Bogen aus dem Wagen direkt in den Wald, wo er zunächst liegengeblieben ist. Danach habe ich die Hafersäcke hinten im Wagen hochgestapelt, falls jemand auf die Idee kommen sollte auf uns von hinten durch die Plane zu schießen, was bald danach auch passierte. Und zum Schluss kamen zwei der vier Begleiter hinter uns hergeritten, einer zur linken und einer zur rechten. Nur meine innere Stimme hat mich auch vor diesen beiden Männern gewarnt. Und so saß Didilind mit gespanntem Bogen und ich genauso und hatten die gegenüberliegende Seite im Blick, um notfalls, wenn da einer unversehens auftauchen sollte, sofort zu schießen. Ihre auf uns abgeschossenen Pfeile haben ihr Ziel knapp verfehlt; aber unsere haben ihr Ziel, wenn auch nicht tödlich, so doch so getroffen, dass sie sehr gekrümmt auf ihren Pferden gesessen haben, noch wenden konnten und wieder zurück ritten. Es wäre kein Problem gewesen, sie von hinten zu töten. Aber, sie waren ja, alle heranwachsenden Kinder, die wie mir es so scheint, noch nicht so verdorben sind wie ihre Eltern. Ich weiß nicht was mit ihnen passiert ist, denn wir sind nicht zurückgefahren, um nach ihnen zu sehen. Und wenn mich nicht alles täuscht, mussten diese Menschen schon damals, als wir die Banditen bei ihrem Brandanschlag besiegt haben in der Normaner Sippe gelebt haben, denn sie sprachen mich am letzten Wochenmarkt auf diese zwei Tage, die ich damals bei euch war, an. Sonst hätte ich mich ganz bestimmt nicht mit ihnen abgegeben. Und jetzt zu dir mein väterlicher Freund. Warum hast du deine Kopfbedeckung so tief ins Gesicht gedrückt, dass man dich nicht so gleich erkennen kann? Und er sagte fast wehmütig, dass wegen dieser vier Familien, die kurz vor unserm Auszug aus Norman zu uns kamen und unter falschen Angaben bei uns, in unserer dörflichen Gemeinschaft Aufnahme fanden. Doch bald zeigte sich, dass diese Menschen für eine Gemeinschaft nicht geboren waren, nicht einmal für eine Gemeinschaft zwischen Man und Frau. Ich glaube, dass sie nicht einmal wissen, welches Kind von welchem Vater, oder mit welchem Mann gezeugt ist! Und als ihr forderndes Verhalten immer uner-träglicher wurde, hat der Ortsrat mich gezwungen ihnen die „Rote Karte“ zu zeigen, was so viel heißt: „Ab sofort sind wir getrennte Leute und ihr habt nichts mehr in unserer Gemeinschaft zu suchen!“ Als sie von uns mit ihren Wagen fortzogen hat der eine der vier Männer, der immer so drohend böse dreinschaute mich gewarnt, dass ich mich vor ihm besonders in Acht nehmen sollte: „Egal wo und wie er mich treffen sollte, seine grüßende Botschaft an mich wird allenfalls immer tödlich sein!“ „Und deshalb meine so übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen; man soll mich nicht gleich von weiten erkennen.“ Und meine weitere Frage an dich, mein väterlicher Freund: „Wie lange wollt ihr denn hier noch so bleiben?“ Seine fast verzweifelnde Antwort lautete: „Ich weiß es nicht.“ Ich schaute mir seinen Wagen genau an und musste feststellen, dass er sich in rein gar nichts von den andern unterscheidet. „Also“, sagte ich ihm, „wenn dich einer unterwegs verfolgen sollte, dann erkennst du ihn als Fremden und wenn er dir bewaffnet zu nahe kommt, knallst du ihn ab, da musst du eher abdrücken als er. Und wenn ihr unterwegs im Treck dahinfahrt, da reiten doch einige Krieger zum Schutz neben euren Wagen her. Und da dein Wagen durch keine Äußerlichkeiten zu erkennen ist, dann muss er euch entgegenreiten, um dich vorn auf deinem Kutscherbock sitzen sehen. Also sollten die begleitenden Krieger so einen als Verdächtigen sofort festnehmen und notfalls am nächsten Baum aufknüpfen, ohne Pardon. Ein Wort gab das andere und dann fragte er mich, ob ich nicht die nächste Woche sie begleiten und mit meinem Wagen vor seinem fahren möchte. Anders ausgedrückt: „Die nächsten zehn bis vierzehn Tage fahren wir zusammen, denn auch sie wollen irgendwohin im fernen Westen.“ Ich schaute Didilind fragend an und sie nickte zustimmend zum Vorschlag unseres Freundes Jörgenson. Bald machte in der Wagenburg der Normannen die Mitteilung, dass wir morgen früh in gewohnter Ordnung, wie bisher weiterfahren, ihre Runde. Zum Abendessen hat Didilind in dem großen Dreifußtopf eine kräftige Fleisch-, Bober- und Nudelsuppe gekocht, die nicht nur der Jörgenson Familie, uns beiden sowieso, aber auch einigen Kindern aus den Nachbarwagen, die vom Duft während des Kochens schon mal sich angezogen fühlten. Am nächsten Morgen hat die gute Frau Jörgenson das Frühstück für uns mitgemacht. Dann blies der Lurebläser das Zeichen zum Fertigmachen für die Weiterfahrt. Da wir beide nichts zum Einpacken hatten, hatte ich bisschen Zeit kurz mit meinem Chef da oben einige Worte zu wechseln und bat ihn, mich heute nichts Unrechtes tun zu lassen. Bald kam das Signal zum Pferde einspannen. Wir spannten heute wieder zwei Banditenstuten ein, die wieder als die Zugtiere von heute ihre Extraportion Hafer bekamen, sowie auch Thor, den ich heute zusätzlich als Reittier benutzen wollte. Die andern fünf Pferde wurden wieder am Ende des Wagens angebunden. Didilind war damit einverstanden, dass sie heute alleine auf dem Wagen kutschieren werde, und ich auf Thor die Lage, um unsern und des nach uns fahrenden Wagen des Ortsvorstehers Jörgenson immer im Auge zu behalten. Nachdem die Wagen der Normannen in einer langen Reihe standen, kam das dritte Signal zur Abfahrt. Didilind fuhr im Treck gerade so, als ob sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan hat. Ich ritt zwischen unsern und Jörgensons Wagen; wechselte aber immer wieder die Spur, mal auf die rechte und dann wieder auf die linke Seite, um möglichst alles vor uns, links, rechts und alles hinter uns im Auge zu behalten. Alles Mögliche ging mir so durch den Kopf. Waren es ursprünglich, oder wo möglich mehr, als nur die fünf fragwürdigen Gestalten, die Jörgenson damals in die Wüste schickte, die sich dann wiederum in kleine Gruppen trennten? Ich müsste doch noch einmal ihn fragen, ob er sich noch erinnern kann, wie viele Mannsbilder es damals waren, von denen sie sich getrennt haben. Ich ritt an den Wagen der Jörgensons heran und bat ihn mal kurz nach vorn zu kommen. Hier fragte ich ihn, ob er sich noch erinnern könne, wie viele Mannsbilder es damals waren, von denen ihr euch getrennt habt. Er überlegte kurz und meinte, dass es acht, aber auch neun Männer gewesen sein konnten, plus ihre Familien. Ich bedankte mich für seine Auskunft und bat ihn wieder drinnen im Wagen hinter der Plane Platz zu nehmen. Während auch seine Frau den Kutscher spielte, setzte ich meinen weiteren „Wechselpatroullien-ritt“ fort. Mir war bald klar, dass diese Menschen sich bald in weitere kleine Gruppen aufgeteilt haben. Diese fünf Menschen, die mir am letzten Wochenmarkt so unangenehm begegnet sind, von denen vielleicht noch drei oder viere leben, war nur eine Gruppe der Menschen, mit denen die Normaner so schlechte Erfahrungen gemacht haben. „Ja, wenn die andern vier oder fünf Leute der weggeschickten noch zusammen eine Gruppe bilden, dann können sie uns bei Nacht und Nebel doch dem einen oder dem anderen gefährlich werden. Bisher ist mir bei meinem dauerndem „Wechselreiten“ nichts Verdächtiges aufgefallen. Doch da kamen mir wieder so die Gedanken: „Wenn die anderen vier oder fünf Banditen zusammengeblieben sind, muss nur einer auf seinem Kutscherbock uns von weitem folgen; die andern können in ihrem Wagen, der unserm Treck unbeobachtet folgt sitzen. Vielleicht können dann die vier der fünf andern in der Nacht heimlich einige der Normaner mit ihren Pfeilen ins Jenseits schaffen.“ Da es auch schon langsam auf den Abend zu ging ritt ich wieder an Jörgensons Wagen heran und fragte ihn, ob er einverstanden ist, wenn wir auf der nächsten Lichtung, auf der genügend Grünfutter für alle Pferde vorhanden ist, aber auch ein Bächlein fließt, wir dann Rast für heute Nacht machen. Er war mit meinem Vorschlag einverstanden. Ich bat zwei junge Krieger, die hinter mir neben dem Treck herritten, alles sehr genau im Auge behalten sollen, was sich vor und nach Jörgensons Wagen abspielt, aber auch aufmerksam darauf zu achten was sich im Wald links und rechts abspielt oder mit im Auge zu behalten, denn ich wollte kurz nach vorn an die Spitze wechseln, um eventuell den nachfolgenden Treck auf eine geräumige Lichtung zu lenken, auf der wir dann heute Nacht kampieren können. Ich ritt vielleicht noch eine gute Stunde vorn an der Spitze und da kamen wir auch schon auf eine nicht zu kleine Lichtung, von der ich so den Eindruck habe, dass hier nicht nur genug Gras für alle Pferde wächst, aber auch der Gebirgsbach, der durch die Lichtung fließt, genug Wasser für alle hat und die Lichtung darüber hinaus Platz für alle Wagen bietet. Ich stellte mich mit Thor quer über den Weg und nicht nur sein Kopf zeigte auf die Lichtung sonder auch meine Gerspitze zeigte dass es hier rechts ab geht. Die mir nachfolgenden Krieger und Wagen bogen auf die Lichtung ab und fuhren wie immer zu einer Wagenburg zusammen, auch Didilind ordnete sich ein und nach ihr der Wagen der Jörgensons. Als der letzte Wagen des Normannentrecks auf der Lichtung stand, ritt ich auch zu unserm Wagen. Didilind hat den beiden Zugpferden von heute schon mal in den Blecheimern ihre Haferportionen gegeben und sie zum Grasen ausgespannt. Auch mein Thor, der mich heute den ganzen Tag getragen hat, bekam von mir zwei gefaltete Hände Hafer. Dann bekamen die drei Pferde schon mal ihre Streichel-, Kraul- und Tätscheleineinheiten. Auch die fünf anderen Pferde, die hinten am Wagen angebunden waren, schienen alles mitbekommen zu haben, was sich vorn am Wagen abgespielt hat und machten sich bemerkbar, als wollten sie sagen: „He, ihr vorne da, wir sind auch noch da!“ Auch sie bekamen ihre Streichel-, Kraul- und Tätscheleinheiten und allen habe ich noch in die Ohren geflüstert, dass sie auch hier immer ein bisschen wachsam sein sollten, denn man kann ja nie wissen, wo, wann und wie ungebetenen Gäste plötzlich auftauchen! Dann ging ich in den nahen Wald, um Material fürs Feuer und zum Feuermachen zu finden. Didilind machte außerhalb der Wagenburg ein Feuer, während ich aus dem nahen Bach zwei Eimer Wasser holte, denn ich hatte so das Gefühl, dass Didilind heute wieder eine gute Suppe mit allem Drum und Dran kochen will! So kam es auch. Didilind holte vom Wagen den Dreifußkochtopf, stellte ihn über das Feuer. Ich goss den baumelnden Kochtopf halbvoll mit Wasser und Didilind verschwand auf dem Wagen, um einen Brocken Fleisch zu holen. Doch da prusteten einige unserer Pferde in Richtung Wald, in die Richtung, in der ich noch eben das Holz für unser Feuer gesammelt habe. Ich rief noch halblaut zu Didilind, dass sie oben auf dem Wagen bleiben und sich langlegen solle. Und da zischte auch schon der erste Pfeil in meine Richtung, der mich in mein linkes Schlüsselbein traf, aber zum Glück in meinem immer noch stabilen Lederbrustpanzer, ohne mich ernsthaft zu verletzen, stecken blieb. Geistesgegenwärtig, meiner inneren Stimme wieder gehorchend, ließ ich mich getroffen und laut aufschreiend fallen. Didilind wäre nicht Didilind, wenn sie nicht zwischen dem Kasten des Wagens und der Plane hindurchgeschaut hätte. Was sie da sah, ließ sie zum Bogen und Köcher greifen, spannte einen Pfeil im Bogen und im nächsten Moment waren die Angreifer einen Mann weniger. Auch ich habe mittlerweile mitbekommen, was sich da vorne am Waldrand abspielt, habe einen Pfeil in meinem Bogen gespannt und dem da vorne im Gebüsch kauernden, der wahrscheinlich auf mich geschossen hat, zugeschickt. Ich glaube, dass der auch gesessen hat. Und da hat Didilind ein zweites Mal einen Pfeil einem davon laufenden Banditen nach geschickt, der scheinbar auch gesessen hat, denn der davon türmende schien plötzlich flach zu liegen. Nach meinen Beobachtungen müssen drei Angreifer da vorne flach liegen und wenn ich richtig gerechnet habe, müsste der vierte der Banditen irgendwo im Wagen schlafen, der dann am Tage wachsam sein muss, um den unauffälligen Kutscher zu spielen. Also Bogen umgehängt, Köcher nachgefüllt und schussbereit in den Wald hinein. Bald fand ich die drei leblosen Körper der Banditen, durchsuchte ihre Taschen, fand aber nichts Wertvolles, nahm ihnen den Bogen und den Köcher an mich und, nachdem ich mich überzeugt hatte, dass da kein weiterer Bandit anwesend ist, trat ich den Rückzug zur Wagenburg an. Bei meinem väterlichen Freund Jörgenson machte ich von dem eben Geschehenen die Vollzugsmeldung, dass drei Banditen so eben bei ihren Angriff auf die Wagenburg tödlich getroffen wurden. Wie sich bald herausstellte, hat von diesem blutigen Zwischenspiel außer Didilind und mir niemand etwas mitbekommen. Jörgenson gab mir zwanzig Freiwillige, alles junge Krieger zu Pferde, die mir helfen sollten den Wagen der Banditen zu finden und den eventuellen vierten Banditen unschädlich zu machen. Auf dem Rückweg sollten wir die drei schon getöteten beerdigen. Ich bestieg mein Thor, ohne ihn zu satteln und ab ging es lautlos in breiter Front quer durch den Wald. Soviel wussten die jungen Krieger, dass es bei so einem Ritt ganz still zugehen muss. Ich, an der Spitze des kleinen Verfolgertrupps, versuchte die Fährte der drei Banditen zu finden, denn wenn wir sie erstmals haben, dann müssten sie uns direkt zum Wagen hin führen. Und da räusperte sich auch schon der zweite Krieger zu meiner Rechten und zeigte auf die Spuren auf der Erde, die von den drei Banditen herstammen können. Diesen Spuren folgten wir, den Bogen schussbereit haltend. Und da sahen wir schon den Wagen vor uns. Wir stiegen von den Pferden, banden sie an den Bäumen fest und bildeten einen Kreis um den Wagen, den wir lautlos immer enger zogen. Dann schickte ich einen jungen Krieger nach hinten an das hintere Ende des Wagens, dass er sich hier hinknien soll und wenn er das Zeichen dafür bekommt, mit seiner Gerspitze außen laut an der Plane herum streichen soll. Und die Krieger, die hinter der Schmalseite des Wagens standen sollten sich, so gut es geht, zu ihrer eigenen Sicherheit auch hin knien, wenn nicht gar langlegen, während ich von vorne versuchen werde in den Wagen zu steigen. Offensichtlich hat der im Wagen zurückgebliebene uns schon bemerkt. Jedenfalls schlich ich ganz leise, möglichst keine Geräusche machen, vorne an den Wagen. Meinem Nebenmann gab ich das Zeichen, dass der Mann am Ende des Wagens mit den reibenden Geräuschen an der Plane beginnen solle. Und was ich befürchtet habe ist auch alsbald eingetroffen: „Er hat seinen Pfeil nach hinten durch die Plane geschossen, die keinen Schaden, bis auf das Loch in der Plane anrichtete. Da der von ihm abgeschossene abgeschossenen Pfeil ja nicht ganz geräuschlos das Weite gesucht hat, habe ich sofort die Plane vorn auseinandergerissen, mit meinem Ger wurfbereit auf ihn gezielt und ihn aufgefordert ohne Bogen und Ger herauszukommen, was er aber erst nach meiner zweiten drohender werden Aufforderung tat. Mit schlottrigen Knien musste er sich, nachdem er festen Boden betrat, am Wagenanfang festhalten. Auf meine drohende Frage, wo die andern sind, leugnete er erstmals, dass er schon immer alleine unterwegs ist. Aber die ungewaschenen Teller und Löffel verrieten ihn, als er uns weismachen wollte, dass er immer die heiße Suppe, damit sie schneller abkühlt auf fünf Teller gießt und ich ergänzte, damit es auch seine Ordnung hat wird jedes Mal und zu jedem Teller auch ein neuer Löffel genommen, was er mir kopfnickend bestätigte. Hier war meine Geduld zu Ende. Die jungen Krieger banden ihn sitzend an einen Baum, so dass er weder den Oberkörper noch den Kopf und noch die Hände bewegen konnte. Über dem Kopf befestigten wir ein undichtes Gefäß dass wir auf dem Wagen fanden und gossen es voll Wasser und banden es über seinem Kopf am Baumstamm fest. In kurzen Abständen tropfte immer ein Tropfen Wasser auf seinen Kopf, was dich in den Wahnsinn treibt, denn du kannst dich nicht kratzen noch etwas wegwischen. Schon nach ungefähr fünf Minuten wollte er alles gestehen. Was er aber auch sagte, nichts stimmte von dem, denn drei Männer liegen schon leblos nahe bei unserem Nachtlager und sind nicht irgendwo auf der Jagd. Also, Wasserbehälter wieder Tropfzurechtrücken und die ganze Tropfenprozedur kann von vorne beginnen. Nach vielleicht weiteren acht Minuten hat er gestanden, was diesmal stimmen dürfte, denn er sagte, dass drei der Männer zum Kamp der Normaner unterwegs sind und der Vierte wollte etwas Fleischiges im Wald besorgen. Er wollte noch vor Sonnenuntergang wieder zurücksein. Danach banden wir ihn vom Baumstamm los, fesselten ihn an Händen und Füßen und fuhren ihn auf ihren Wagen zu unserm Kamp. Hier fand er seine drei toten Räubergenossen wieder. Damit er nichts verraten kann wurde er auch noch geknebelt. Dann fuhren wir den Banditenwagen zurück an den Waldesrand, stellten ihn da ab. Mit fünf freiwilligen Kriegern haben wir hinterm Wagen im Wald ganz unauffällig Stellung bezogen und warteten der Dinge, die da kommen sollten. Wenn es wirklich, denn den benutzten Tellern nach müssen es fünf Banditen sein, viere haben wir schon, der fünfte soll wie uns der überlebende Bandit sagte auf der Jagd sein und sollte bald von da zurückkommen. Ob das mit der Jagd auch wirklich stimmt? Denn normalerweise gehen, wenn es möglich ist, immer zwei auf die Jagd; schon deswegen, wenn was passiert, einer dem andern dann auch beistehen kann. Lassen wir uns überraschen! Doch da knisterte es so verdächtig hinter uns und ich tat etwas, was ich mir im Nachhinein nicht verzeihen konnte: „Ich ließ zweimal den Uhu rufen, was am späten Abend eigentlich ganz normal ist. Aber dann fiel mir ein, dass das Rufzeichen für meinen Thor ist, der auch jetzt im Gefolge der andern Pferde angerannt kam. Im ersten Moment dachte ich, die verjagen uns jetzt den letzten Banditen. Die Pferde stürmten an uns vorbei. Im Mondschein konnte ich noch sehen dass jemand auf ein Pferd sprang und davon jagen wollte. Aber da, aus voller Brust ließ ich wieder zweimal den Uhu rufen. Und siehe da, die Pferde wendeten, vorne weg mein Thor, der weder gesattelt noch gezäumt war. Dreimal dürft ihr raten wer auf ihm so ganz hilflos saß? Es war der fünfte, noch gesuchte Bandit, der, auf Thor neben mir stand und wegen Thors Vollbremsung vom Rücken des Pferdes vorn über seinen Kopf schmerzhaft auf den Boden fiel. Dann haben wir ihn an Händen und Füßen gefesselt, über meinen Thor gelegt, zwei junge Krieger stiegen auf ihren Wagen und ab ging es in das Kamp. Hier zeigten wir unserm Ortsvorsteher die drei toten und die zwei lebenden Banditen, der die ihm wiederholt Drohenden wieder erkannte. Das Urteil war schnell gesprochen und auch vollstreckt: „Hängen am nächsten Baum!“ Am nächsten Morgen wurden alle fünf am Waldrand begraben. Die gute dicke Eilaufgrießsuppe, die Didilind heute Abend gekocht hat, schmeckte auch noch halb warm und zu sehr später Stunde sehr gut und hat uns auch heute wieder satt gemacht. Am nächsten Morgen haben wir, wie schon erwähnt die zwei gehängten vom Baum geholt und alle beisammen begraben. Dann wurde gefrühstückt und wir verabschiedeten uns von meinem väterlichen Freund Jörgenson und ich wünschte ihm nun einen weiteren ruhigen Verlauf seiner weiteren Reise nach Westen und eine ruhige und gerechte Hand bei der Weiterreise durch dieses uns unbekannte und sehr aufgeregte Land. Aber Didilind und auch wünschten ihm, dass er in Zukunft von solchen Schmarotzern in Menschengestalt verschont bleiben möchte. Auch er bedankte sich für unser beider Hilfe, die sein Problem so schnell gelöst haben. Dann wollte er uns, wusste aber nicht womit, reichlich beschenken. „Ich wollte nichts von der fremden Beute, als nur die Pfeile, die auf uns geschossen wurden und die Pfeile, die wir auf die Banditen geschossen haben.“ Zum Abschied drückte ich die beiden älteren Leute, für die ich fast wie ein Sohn geworden bin herzhaft; auch Didilind drückten sie fest an sich, geradeso wie eine Tochter ihre Eltern zum Abschied an sich drücken und wünschten uns alles erdenklich Gute für unsere weitere Reise und unser weiteres Leben. Beim letzten Händedruck sagte ich ihm: „Alle guten Dinge sind drei! Zwei haben wir schon hinter uns gebracht. Hoffentlich ist die dritte Begegnung weniger blutig?“ Wir spannten heute die zwei Stuten der Leibgardisten an, die vorne als heutige Zugtiere ihre Sonderration Hafer bekamen. Didilind hat die sechs anderen Pferde wieder hinten an den Wagen gebunden. Und ab ging es, nachdem ich festgestellt habe wo es nach Westen auf der Straße weiter geht. Aber was ich nicht geahnt habe, die Normaner Menschen setzten ihr Reise nach Westen genau hinter uns fort, nur wir waren jetzt die ersten und der lange Treck der Normanen waren dicht hinter uns. Im Grunde hatte ich nichts dagegen. Didilind und ich, wir schauten uns nichts und auch so vielsagend an, hielten uns an den Händen, sprachen aber zunächst kein Wort. Doch dann sagte Didilind: „Wir haben weder gestern Abend noch heute Morgen unserm Chef da oben etwas erzählt, und ihm auch noch nicht Danke gesagt, dass gestern alles so gut für uns alle ausgegangen ist. Und wir erzählten ihm jetzt nachträglich, was wir gestern alles gemacht haben, und dass gestern fünf nicht zu alte Menschen, die aus welchen Gründen auch immer auf die schiefe Bahn gerieten, hier sterben mussten weil sie uns nach dem Leben trachteten und wir hoffen beide, dass wir nicht aus Mordgier getötet haben, sondern nur, um unser eigenes Leben vor ihrer Mordgier und in Notwehr zu retten. Auch baten wir ihn, dass er auch heute uns auf allen unsern Wegen begleiten möge und sicher ans Ziel im Westen führen wolle.

Quer nach Westen durh das heutige

Südpolen

Die nächsten sechs Tage verliefen wieder völlig normal. Meine morgendlichen Spaziergänge durch die Gebirgsbäche verliefen alle, ohne etwas Wertvolles zu finden, ausgenommen das frische klare und wohlschmeckende Wasser, das uns immer wieder früh morgens belebte. Die Normannen haben wir wieder ganz und gar aus den Augen verloren. In den nächsten Tagen haben wir drei breitere Gebirgsbäche durchquert, die nicht zu tief waren, dafür waren sie aber sehr schnell fließend. Ich bin jeweils, um die Tiefe der Flüsse festzustellen schon mal bar Fuß hin und wieder zurückgegangen. Das Wasser reichte mir jeweils bis an die Knie. Vielleicht waren diese Durchgänge durch das Wasser Furten, die auch von anderen Reisenden benutzt wurden. Didilind saß beim Durchqueren der drei Flüsse auf dem Wagen, während ich zur Beruhigung der beiden Zugpferde das linke am Halfter hielt und ihnen gut zuredete. Auch die hinteren sechs Pferde machten beim durchschreiten der Flüsse keine größeren Schwierigkeiten. Beim durchqueren des dritten Flusses wurde ich wieder fündig. Da ja angeblich alle guten Dinge drei sein sollen, so fand ich wieder drei Hühnereigroße Goldgebilde der Güteklasse A, die ich vorerst in meine Wamstasche verstaute; worüber nicht nur ich mich freute, sondern auch Didilind. Didilind, als sie hörte, dass ich hier beim Durchqueren drei goldene Eier gefunden habe, hat sie, so schnell sie konnte ihre Schuhe ausgezogen, die Hosenbeine hochgekrempelt und nichts wie auch hinein in den Fluss, um ihn kreuz und quer zu durchwaten. Und man kann wirklich nur staunen, auch sie fand noch ein goldenes Hühnerei, das eigentlich bisschen größer war als die meinen. Aber ob größer oder kleiner, mich ärgert das ganz bestimmt nicht, denn wir haben ja eine gemeinsame Kasse und die eigentliche Sachwalterin unserer Schätze ist sowieso, wer kann es nur sein, Didilind, die all unsere Schätze zwischen den Textilien in den luftdichten Holzkisten auf dem Wagen aufbewahrt.

Wenn mich nicht alles täuscht, sind die Berge zu unserer Linken nicht mehr so hoch und auch nicht mehr so felsig, wie noch vor einigen Tagen weiter hinter uns im Osten. Aber auch die Täler zu unseren Rechten scheinen gar nicht mehr so tief unter uns zu liegen. Sollte das heißen, das wir die West Karpaten langsam hinter uns lassen und wir uns bald einem mir bis dahin total unbekanntem Bergland nähern, dessen Geheimnisse, die goldenen oder auch die blutigen wir noch gar nicht kennen; auch nicht vom bloßen Hören-sagen. Eines Nachmittags kamen wir an einen breiten und ziemlich flott dahinfließenden Fluss, mit dem wir nichts anfangen konnten. Sollte das schon etwa der große Fluss, die Weichsel sein? Das Wort Weichsel hatte ich schon paar Mal von Kaufleuten gehört, die in unserm Dorf waren und meinten, dass das ein sehr großer und langer Fluss ist, der hier irgendwo entspringen muss, oder seinen Anfang nimmt und weit hinten, im hohen Norden in einem Meer sich verliert. An seiner Mündung ins Meer soll ein großer Ort liegen, in dem sehr viele Menschen wohnen sollen. Auf diesem Fluss sollen sogar nach ihren Aussagen große Handelsschiffe fahren, die die schönsten Waren hoch aus dem Norden, wo einst unsere Vorfahren lebten, zu uns in den Süden gebracht haben und umgekehrt. Dann, wenn das Wasser für die Schiffe nicht mehr tief genug war, wurde die Ladung der Schiffe, die Waren, die sie geladen hatten, auf die Pferdewagen umgeladen und in die menschlichen Niederlassungen gebracht, auch zu uns und feilgeboten oder gegen andere Sachen, die bei uns üblich waren, und hoch im Norden von den Menschen da immer wieder begehrt wurden, eingetauscht. Aber von den Schiffen war hier, wo wir gerade stehen, weit und breit nichts zu sehen. Schade! Sicher ist es hier nur noch so tief, dass auch wir hier wieder mit unserm Wagen durchfahren werden können, ohne dass unsere wenigen Waren, die wir auf dem Wagen geladen haben, nass oder unbrauchbar werden.

In der Struth Band 2

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