Читать книгу In der Struth Band 3 - Felix Sobotta - Страница 4

1. Kapitel: Im zweiten Winterquartier

Оглавление

Nachdem ich mit Didilind so ziemlich alles, was das Holzmachen anbelangt geklärt hatte, ging ich zu den Pferden und ließ sie alle hinaus auf die Wiese vor den Häusern. Es gab hier noch genug Grünfutter für sie, denn Frost und Schnee haben hier noch nicht die ganze Wiese braun werden lassen oder weiß zugedeckt. Beim Grasen fand ich noch genügend Gelegenheit, die für die Pferde schon gewohnten, aber gestern Abend vergessenen, die schon mehr als liebgewonnenen Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten noch nachzuholen. Für die Pferde war das ein doppelter Genuss, hier das nasse und noch grüne Gras und als Beilage die frei Hand mit- oder nachgelieferten Liebkosungen. Auch die Fohlen haben mittlerweile schon mitbekommen, dass das Kraulen im Fell eine recht angenehme Sache ist, von der man eigentlich nicht genug bekommen kann. So wie es aussieht, können die Pferde heute noch vom Gras alleine satt werden. Aber ein Blick zum Himmel und meine Frage an meinen Chef da oben: „Kann ich hier die Pferde unbewacht so herumlaufen lassen? Vor einem Jahr hast du mich vor Bären und Wölfen gewarnt, die den Pferden gefährlich werden können, was auch passiert ist. Und wie sieht es hier und heute aus?“ Doch heute bekam ich keine Antwort, was ich dahin deutete, dass heute und hier bestimmt nichts passieren wird und ließ sie erstmals frei grasen.

wieder auf und setzte danach die Suche nach den zwei Steinen zum Zerreiben des Getreides fort. Im Raum, in dem ich die Ketten und das Werkzeug fand, sah ich jetzt bei Tageslicht auch noch eine nicht zu große Tür, die ich ganz neugierig öffnete. Was ich da sah, machte mich fürs erste total sprachlos, denn das waren nicht zwei Steine zum einfachen Zerreiben des Getreides wie beim Waldmann damals, das war ein ganz richtiger, kleiner Mahlstock, den man nicht selber drehen oder hin und herschieben musste, er wurde außerhalb des Hauses von einem kleinen Wasserrad angetrieben. Die Neugier trieb mich förmlich aus der Hütte, um auch die Technik mit dem Wasserrad zu erforschen. Hinter unserer Scheune floss ein kleiner Gebirgsbach ins Tal. Und von diesem kleinen Gebirgsbach ging eine künstliche Wasser Rinne, die jetzt trocken war, direkt außen an der Wand des Mahlraumes vorbei. In diese Wasser Rinne hinein reichte das Wasserrad. Um jetzt Wasser in die Rinne zu bekommen, musste ich etwas oberhalb im Gebirgsbach zwei Schieber betätigen: Der eine stoppte den weiteren zu Tal laufenden Wasserlauf und der zweite Schieber öffnete den Wasserlauf in die künstliche Wasser Rinne und brachte das kleine Wasserrad zum Drehen, das wiederum über breite Lederriemen den Mahlstock zum Drehen brachte und das Getreide zu feinem Schrot zermahlte. Ihr könnt euch sicher denken, was ich als nächstes gemacht habe: „Ich holte drei Säcke Roggen vom Schüttboden, schüttete einen ganzen in den Getreidetrichter, ließ das Wasser des kleinen Gebirgsbächleins in die künstlich angelegte Wasser Rinne laufen, band am Auslauf der Mühle einen leeren Sack und ließ das Getreide langsam durch den Mahlstock laufen. Was unten herauskam, war fast so fein wie Roggenmehl. Es hat keine zwei Stunden gedauert und ich hatte drei Säcke Vollkornmehl zum Brotbacken. Natürlich ging die Mahlerei nicht lautlos über die Bühne. Und wer stand plötzlich neben mir und staunte nicht schlecht darüber, was ich mit dem Roggen angerichtet habe. Mit Mund, Händen und Füßen fragte er mich, ob er auch Roggen bringen kann, denn so einen Mahlstock hat er bei ihnen daheim noch nicht entdeckt. Ich ging mit ihm auf seinen Schüttboden und half ihm auch beim Einsacken von drei Säcken, die wir zu uns hinüberbrachten, die der Mahlstock auch für ihn gemahlen hat. Unsere Frauen staunten nicht schlecht, als wir ihnen das frisch gemahlene Vollkornmehl in die Küche brachten, denn zum Brotbacken wäre es hier im kalten Mahlraum zu kalt zum Lagern. Ich habe dann das Wasser durch Umstellen der Schieber wieder umgeleitet. Aber jetzt, wo ist der Backofen, ein kleiner Rest vom letzten Brotteig, um den Sauerteig anzurühren und der Holzbacktrog zum Teig-machen? Zusammen gingen wir, Dienstag und ich auf die Suche und fanden im Windschatten, zwischen der Wohn-, Stall- und Scheunenhütten, fast in der Mitte der Siedlung, ein kleines, mit Bruchsteinen stabil gemauertes Häuschen. Beim Öffnen der Tür sahen wir, dass es das kleine Backhaus war, in dem nicht nur der Backofen stand, sondern auch der Backtrog zum Teigmachen war. Und in diesem Backtrog war ein kleiner vertrockneter mehliger Rest Teig vom letzten Brotbacken, der mit warmen Wasser angerührt wieder die nötige Säure für den nächsten Brotbackteig gibt, für den wir schon mal den Roggen, im Gegensatz zu Denis und Gerid, gemahlen haben. Didilind staunte nicht schlecht, als ich ihr vom Mahlstock bei uns und vom Backhaus paar Hütten weiter berichtetet habe. Natürlich habe ich immer wieder einen Blick auf die freilaufenden Pferde und das Umland um uns herum geworfen, denn ich wollte keines der Pferde freiwillig verlieren, denn sie sind mir alle, egal ob groß oder klein, einfach ans Herz gewachsen.

Didilind fragte Dienstag, ob sie zuerst das Brot backen wollen, oder sollen wir zuerst unser Glück mit dem Backen versuchen? Doch Dienstag gab ihr zu verstehen, dass sie zuerst es mit dem Brotbacken versuchen solle. „Wir“, meinte er, „werden es dann nach euch versuchen.“ Mir gab er draußen zu verstehen, dass seine Frauen so etwas noch nie gemacht haben und er weiß nicht, wie er das Didilind sagen soll, dass sie vielleicht seinen Frauen dabei behilflich sein könnte, dass sie das Brotbacken auch lernen. Ich beruhigte ihn und versuchte ihm zu sagen, dass heute Abend wir den Sauerteig anrühren werden und morgen Abend Didilind dann bei euch, das heißt, dass übermorgen bei euch das Brot gebacken wird. Als wir am nächsten Tag unser Brot gebacken haben, kamen Denis und Gerid, angezogen von dem Duft des frischgebackenen Brotes auch ins kleine Backhaus und waren tatsächlich der Meinung, wir könnten für sie das Brot mitbacken. Doch ich sagte ihm klipp und klar, dass das Backhaus für jeden da ist und auf euren Schüttböden ist sicher auch noch genug Roggen vorhanden, den man auch irgendwie schroten kann und eure Frauen werden doch sicher in der Lage sein zumindest den Brotteig zu machen. Backen tut es dann der Ofen, wenn ihr ihn auch richtig einheizt. Bisschen eingeschnappt gingen sie von dannen. Am Abend haben wir bei Dienstag in der Küche den Sauerteig angerichtet und am nächsten Morgen den Brotteig gemacht. Während Dienstag fast wissbegierig alles was Didilind beim Brotteigmachen und so weiter machte beobachtet hat, machte ich im Backofen schon das Feuer. Dann, am späten Vormittag haben sie den Brotteig zu runden Broten geformt, in Strohkörbchen gegeben und ins warme Backhaus getragen. Didilind hat auch hier den zwei Dienstagsfrauen gezeigt, wie man die gegarten Brote in den heißen Backofen schiebt und so weiter und wie und wann man sie wieder gebacken herauszieht. Dienstag hat alle ihre Handgriffe genauestens beobachtet. Für die zwei Frauen, war das Brotbacken mit allem Drumherum absolutes Neuland und das gebackene Brot, das sie bisher nur als das gekaufte kannten, betrachteten sie fortan als ein Geschenk des Himmels und baten Didilind, dass sie es ihnen auch ganz und gar bei bringen wolle, denn vom einmaligen Zuschauen, trauen sie sich noch nicht es selber zu backen. Didilind versprach es ihnen. Am Nachmittag begann ich mit Didilind hinter unserm Holzstadel eine urige Buche umzusägen. Doch kaum ertönten die ersten Sägestreiche, stand Dienstag hinter Didilind und sagte: „Du nix chrr rrch chrr rrch machen, du Brot backen. Ich machen chrr rrch chrr rrch hier machen“, wobei er mit den Händen die Bewegungen des Sägens machte. Ich bat Didilind aus dem Werkzeugraum zwei Ketten zu bringen, um dann den Baumstamm zum Holzstadel zu ziehen, so wie im vorigen Jahr. Als sie mit den Ketten zurückkam, hat der Stamm schon auf der Erde gelegen und wir waren dabei ihn von den Ästen zu befreien. Ich bat Didilind, dass sie zwei Pferde aufschirrt und sie hier her bringt, damit wir den Baumstamm zum Holzstadel ziehen können. Wir waren gerade mit dem entästen fertig, da war sie auch mit den zwei Pferden da. Mit vereinten Kräften haben wir den Riesenbaumstamm zum Holzstadel gezogen. Didilind hat die beiden Vierbeiner zum Weitergrasen auf die Wiese vor den Stallungen gebracht. Dienstag und ich haben den Stamm in etwa dreißig Zentimeter lange Stücke zersägt und auch heute noch haben wir sehr viele Baumstücke in ziemlich gleichgroße Scheite gespalten. Am nächsten Tag kam Dienstag mit seinen beiden Frauen. Während Dienstag und ich weiter die Baumstammstücke in Scheite spalteten, haben die Frauen Dienstags aber auch Didilind und Luzia die Scheite zu Haufen gestapelt. Didilind verschwand etwa eine Stunde früher in der Küche und hat für alle eine gute und dicke Suppe, in der wieder alles drin war, was ihre Vorratskammer hergab, für das Mittagessen gekocht. Bis zum Mittagessen war die Buche, die gestern um diese Zeit noch stolz und hochgereckt in den Himmel ragte, zersägt, in Scheite gespalten und zu einem großen Stapel gestapelt. Zum Mittagessen hat Golombka der Matula einen großen Teller Suppe hinüber getragen, denn wie sie sagte, müsse sie das Haus hüten, es können doch nicht alle es verlassen! Am Nachmittag haben wir, Dienstag und ich für ihn eine ebenso große Buche umgesägt, von den Ästen befreit und mit zwei Pferden vor seinen Holzstadel gezogen. Bis zum Abend haben wir den Stamm in etwa dreißig Zentimeter lange Stücke zersägt und noch einige Stücke in ziemlich gleich große Scheite gespalten. Am nächsten Tag haben wir wieder mit vereinten Kräften, die Mannsbilder gespalten und die Weiblein die Scheite gestapelt. Golomb-ka verschwand etwa eine Stunde früher, wie gestern Didilind in ihrer Küche und hat für heute Mittag für alle Holzhacker und Holzstapler eine gute und dicke Suppe gekocht, die sicher nicht die schlechteste Suppe war; das bisschen, kleine Etwas, das Didilind in ihren Suppen noch hat, das fehlt hier noch! Als die Frauen den Abwasch taten, glaubte ich, dass Dienstag mich nach unsern Fleischvorrat fragt. Ich versuchte ihm beizubringen, dass er mich so fragen muss: „Habt ihr noch viel Fleisch?“ Oder: „Müssen wir bald wieder auf die Jagd gehen?“ Bis wir wieder auseinander gingen, hat er diese beiden Sätze schon frei aufsagen können. Ich sagte ihm, unter Mithilfe meines Mundes, meiner Hände und Füße, dass wir in etwa drei Tagen wieder auf die Jagd gehen werden müssen, denn auch unser Fleischvorrat geht langsam zu Ende. Als wir uns wieder trennten und wir ins Freie traten, schaute ich unwillkürlich nach Westen, denn da türmten sich meterhohe dunkelgraue Wolken. Beides zusammen, die kalten, frostigen Temperaturen und die dunklen Wolken im Westen, die langsam aber sicher zu uns kommen, lassen mich nichts Gutes ahnen; es sieht und riecht auch schon nach viel Schnee, was ich auch Dienstag zu erklären versuchte.

Zunächst habe ich mit Dienstag den Pferdestall für die nächste Nacht zurechtgemacht, die Streu auf dem Boden verteilt, Heu in die obere Futterleiter und Wasser in so vielen Eimern, wie ich auftreiben konnte im Stall an die Rückwand gestellt. Hafer wollte ich heute noch nicht beifüttern, denn bis jetzt finden sie immer noch an und für sich genug Gras, wenn auch immer weiter vom Stall weg. Dann haben wir beide noch ein paar Arme voll Holzscheite in die Küche neben die Feuerstellen gebracht. Und da kam mir der Gedanke: „Wenn das Wasser im schmalen Bach zufriert und dein Schrot geht zu Ende, was dann? Also nichts wie auf den Schüttboden und einen Sack Roggen und einen Sack Weizen gefüllt und hinab in den Mahlraum. Den Weizen hab ich gleich in den Mahlstocktrichter geschüttet hinaus zum Gebirgsbach und das Wasser umgeleitet. Das kleine Wasserrad begann sich zusehends schneller zu drehen. Wieder zurück im Mahlraum, habe ich die Transmission so umgelegt, dass die Kraft des drehenden Wasserrades die Steine des Mühlstocks zum Drehen brachte. Gerade so fein wie gestern der Roggenschrot war, so ist auch jetzt der feine Weizenschrot. Von dem Lärm angelockt, stand Dienstag plötzlich in der Tür und fragte mich mit Händen, Mund und Füßen, was das geben soll, wenn es fertig ist. Ich versuchte ihm klar zu machen, wenn der Fluss zufriert, haben wir kein Wasser, dass das Wasserrad antreibt und wir dann keinen Schrot zum Brotbacken haben aber auch kein Weizenschrot zum Kochen. Ich glaube, dass er mich verstanden hat, denn in einer halben Stunde brachte er mir auch einen Sack Weizen und einen Sack Roggen. Als ich mit meinen zwei Säcken fertig war, habe ich auch den Weizen den Dienstag und den Roggen dann in den Trichter geschüttet und beides getrennt geschrotet. Dann haben wir beide unsern Schrot in unsere Küche getragen, was eigentlich heißen müsste, jeder in seine Küche. In den Küchen bei uns hat immer ein kleines Feuer auf dem Herd gebrannt, das die Raumluft sich nicht so kalt hat anfühlen lassen. Ich weiß es nicht, denn das lange Schroten mit dem Wasserrad angetriebenen Mahlstock war weit hin hörbar gewesen, dass weder Dennis noch Gerid mal gucken kamen was sich da abspielt, denn ohne Weiteres hätte ich auch ihnen den Roggen und den Weizen geschrotet! Ob die zwei Frauen ihre Männer so unter Druck gesetzt haben? Nachdem sich keiner der beiden Männer haben blicken lassen, habe ich das Wasser draußen wieder umgeleitet und fand in der wieder trockenen Wasser Rinne einige kleinere ovale Goldfische, die nicht größer waren, als kleine Spatzen Eier. Dem aufmerksamen Gucker, musste jedenfalls die gut gefüllte Hosentasche aufgefallen sein. Das heißt, dass dieser Berg, aus dem der kleine Gebirgsbach herauskommt, auch goldhaltig sein muss und wiederum, dass man im Bach auf alle Fälle, wenn auch nicht allzu große, so doch immerhin kleine Goldfische zu finden sind. Also, lassen wir erst mal den schon wärmeren und angenehmeren Frühling kommen.

Kaum hatte ich die kleinen Goldfische in meiner Hosentasche verstaut, schien der Himmel seine Schleusen geöffnet zu haben, und das eben noch Grün der Wiese wurde immer weißer. Unsere Pferde hoben eines nach dem anderen den Kopf, schnupperten in der Luft umher und schauten fast traurig zu mir herüber, als wollten sie sagen, was soll das denn geben wenn es fertig ist? Ohne dass ich ihnen etwas gesagt habe, marschierten sie in Richtung Stall. Thor war der Vorletzte, der im Stall verschwand und den Schnee von seinem Rücken schüttelte. Als Letzter betrat ich den Stall und verabreichte allen Pferden die üblichen Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten. Die vierte Banditenstute kam mir so vor, als wollte sie bald ihr Fohlen zur Welt bringen. „Hoffentlich geht das Fohlen auch bei ihr alleine gut!“ Die werdende Mutter bekam viele Sondereinheiten in der Hoffnung dass alles gut klappen möchte, denn Zeit wird bei mir immer noch recht kleingeschrieben. Als ich aus dem Stall herauskam und ihn abschloss, stellte ich fest, dass es bestimmt schon fünf Zentimeter Neuschnee gefallen sein mussten; von grünem Gras war weit und breit nichts mehr zu sehen. „Wenn das so weiter geht, dann können wir morgen die Wege wieder frei schaufeln wie vor einem Jahr“, dachte ich so für mich!

Zum Abendessen gab es beschmierte und belegte Brote mit warmen Tee, Marke Didilind. Doch beim Abendessen sagte Didilind: „Genießt die Butterbrote, denn die Butter ist somit alle, alle und wo der nächste Wochenendmarkt mit frischer Butter ist, das weiß der Himmel und der scheint hinter diesen grauen Wolken mehr als eisern zu schweigen!“ Als ich meinen Mund leer hatte, sagte ich ihr: „Wenn der Himmel es für richtig hält, dass wir einen Wochenmarkt finden sollen, dann wird er ihn auch uns wieder finden lassen. Also warten wir es ab, noch sind wir nicht am verhungern!“ Als wieder alles Werkzeug, das wir zum Abendessen benutzt haben sauber in der Geschirrkiste verstaut war, haben wir unserm Chef da oben alles erzählt, was wir heute getan und auch erlebt haben, empfahlen ihm alle Menschen seiner nächtlichen Obhut wie auch uns. Danach haben auch wir uns bald in unseren kalten Betten verkrochen und waren auch bald beim Sandmann in seinem Reich. Ich weiß nicht wie lange wir heute Nacht schon geschlafen haben, denn plötzlich wurde ich von Luzia geweckt, die dann sagte, dass da draußen vor ihrem Fenster jemand sein muss, der da so komische Geräusche macht. Vorsichtig und ganz leise, denn ich wollte keineswegs Didilind wecken, stieg ich aus meinem Bett, nahm Pfeil und Bogen in meine Hände und schlich hinüber zu Luzia in die Schlafkammer. Erst lauschte ich woher die Geräusche kommen und was das für Geräusche sein können. Ich für meinen Teil konnte zunächst nichts hören. Doch dann machte es paar Mal bums, gerade so, als wollte da jemand mit dem Kopf durch die Wand. Noch leiser als sonst schlich ich ans Fenster, öffnete es fast lautlos und da sah ich wie ein ausge-wachsener Ur mit seinem Kopf gegen die Rückwand der Wagenremise stieß. Offensichtlich hat er es mitbekommen, dass da drinnen auf dem Wagen Hafer geladen ist. Dabei zeigte er mir seine blanke linke Brustseite. Mein Standort am Fenster und seine Herzgegend vor der Holzwand bildeten ungefähr einen Winkel von fünfundvierzig Grad; bisschen ungünstig für einen Blattschuss. Vorsichtshalber nahm ich einen zweiten Pfeil aus meinem Köcher, legte ihn schon mal griffbereit aufs Fensterbrett und schoss den ersten Pfeil in seine Herzgegend. Ob er das Herz auch getroffen hat, weiß ich nicht. Der getroffene Pfeil hat ihn sehr erbeben lassen und es quoll viel Blut in den Schnee. Es muss ein sehr zäher Bursche sein, denn er stand noch immer stark zitternd auf allen vieren. Doch dann brüllte er laut auf und sackte auf seinen Beinen zusammen. Nach paar Minuten knurrte er noch einmal auf, kippte rechts zur Seite und streckte alle Viere von sich, was normaler weise das sicherste Zeichen ist, dass er in die ewigen Jagdgründe gewechselt ist. Also konnte ich das Fenster wieder zu machen, half Luzia ins mittlerweile erkaltete Bett, deckte sie zu, machte ihre Tür zu und ganz leise wechselte ich in unseren Schlafraum, um ja Didilind nicht zu wecken. Aber da habe ich wieder mal die Rechnung ohne sie gemacht, denn, wie sie mir später sagte, hat sie Luzias Kommen schon mitbekommen, wollte aber keinen unnötigen Wirbel machen. Ich habe ihr kurz erzählt, dass wir wahrscheinlich nicht zur Jagd gehen müssen, denn der Hafer auf dem Wagen in der Wagenremise hat wieder einen Ur angelockt, der seine Neugier und seine Fressgier mit seinem Leben bezahlt hat. „Und wenn ich Dienstag richtig verstanden habe, da geht bei ihnen auch der Fleischvorrat langsam aber sicher zu Ende. Darum jetzt schnell wieder ein- und weiter-schlafen, denn morgen wartet auf uns ein sehr anstrengender Tag“, sagte ich ihr noch. Ich jedenfalls, ich musste sehr bald, schneller als ich denken kann, wieder eingeschlafen sein. Dafür war ich am Morgen der erste wach. Sicher hat der erlegte Ur mich in meinem Unterbewusstsein bis hierher begleitet und schon mal geweckt. Nachdem ich mich in der Waschschüssel bisschen frisch gemacht und warm angezogen habe, ging ich zuerst in den Pferdestall und musste feststellen, dass die vierte Banditenstute heute Nacht ihr Stutenfohlen zur Welt gebracht hat, an dem ich hier im Stall keine Fehler entdecken konnte und einen recht stabilen Eindruck machte. Die junge Pferdemutter bekam ihre Sonderration an Streichel-, Kraul- und Tätscheleinheiten. Dann ging ich Dienstag wecken und versuchte ihm mit Mund, Händen und Füßen verständlich zu machen, dass wir einen Ur erlegt haben, den wir jetzt ausziehen müssen. Da fiel mir wieder der Werkstattraum ein, in dem an der Decke ein stabiler Flaschenzug hing! Vielleicht können wir mit dem Flaschenzug den Ur hochziehen. Um ihn hochzubekommen, muss er aber erst mal da in seine Nähe kommen! „Was nun, Eberhard? Am besten du schirrst ein Pferd auf und ziehst den Ur durch den Schnee hier vor die Tür und dann mittels einer Kette und dem Flaschenzug hier in den Raum! Offensichtlich hat Dienstag es doch irgendwie mitbekommen, dass ich mit meinem angeschirrten Thor hinter unserm Häuschen verschwand und staunte nicht schlecht als er mir nachkam und sah, was ich da an das Pferd mit einer Kette zum Wegziehen band. Mit vereinten Kräften haben wir ihn im Schnee vor die Werkstatttür brachte. Ich habe Thor wieder ausgeschirrt und in den Stall gebracht. Dann haben wir beide den Ur mit dem Flaschenzug über die Kette in den Werkstattraum ge- und etwas hochgezogen. Danach verschwanden wir beide zum Frühstücken und kamen bald wieder mit unsern scharfen Messern zurück, um ihn zu entkleiden. Den Kopf, die Zunge aber auch die Leber, die Nieren, das Herz und die Unterschenkel für die guten Markknochen wurden gleich geteilt. Den restlichen Ur wollten wir bis morgen hier im kühlen Werkraum hängen lassen: „Angeblich soll das Fleisch, wenn es etwas länger im rohen Zustand kühl hängen kann, besser schmecken“, sagte Didilind. Probieren wir es einfach mal! Dann haben wir beide unsere Unterschenkel in nicht zu dünne Scheiben zersägt, packten unsere Sachen in eine herbeigebrachte Schüssel, schlossen den Raum ab und brachten schon mal den kleinen Anteil der nächtlichen Beute nach Hause. Dann trafen wir uns, Dienstag und ich und wollten in den restlichen Scheunen und die räumlichen Anbau-ten hineinschauen, ob da oder dort etwas Verwertbares für den Winter zu finden ist. Ich denke da an erster Stelle an einen Schlitten, der hier irgendwo untergestellt sein könnte, ähnlich dem Schlitten, den wir im vergangenen Winter durch puren Zufall so im Heu gefunden haben und der uns sehr zur Hilfe kam. Schon im dritten Häuschen, hinten in der Wagenremise fanden wir einen Schlitten, der dem im letzten Winter sehr ähnlich sah. Dienstag und seine kleine Schwester Kotschka, aber auch Didilind hatte nichts dagegen, wenn Luzia mit uns eine Schlittenfahrt ins ‚Blaue’ unternimmt. Mit vereinten Kräften haben wir den Schlitten herausgezogen, den Staub abgewischt, man kann auch sagen, dass wir ihn gleichmäßig verteilt, haben, Thor und Odin, unsere beiden Pferde, die richtige Winterschuhe anhatten, eingespannt und ab ging die Reise. Wir kamen wieder an die Kreuzung und mussten auch heute feststellen, dass das Linksabbiegen immer noch durch einen umgestürzten Raum versperrt war. Also fuhren wir gerade aus und siehe da, wir kamen in einen Flecken, der noch bewohnt war. Hier bekamen wir schon mal jeder zwei Klumpen Butter, jeder dreißig Eier und zwei Salzhüte. Ich bezahlte für alles eine halbe Goldflocke. Zu Dienstag sagte ich, dass er bei der nächsten Tour die Zeche bezahlt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er mich ganz bestimmt nicht verstanden hat. Auch erfuhren wir hier, dass am nächsten Sonn-abend auch hier wieder Wochenmarkt ist. Beim Kupferschmied bekam ich zwei kleine Glöckchen, die ich Thor und Odin unter ihr Geschirr band. Dankend verabschiedeten wir uns von dem Flecken auf ein baldiges Wiedersehen hier am Wochenendmarkt und fuhren bimmelnd und Freudestrahlend, dass wir auf so eine einfache Art einen Wochenmarkt gefunden haben, mit einem mächtigen Hunger im Bauch wieder in Richtung Winterquartier. Ob ihr es glaubt oder nicht, hier empfingen uns unsere drei Frauen mit einer guten, dicken Suppe, gekocht aus den Teilen der nächtlichen Beute. Die vier andern mit einer Portion Neugier, denn wie auch, sie konnten sich das plötzliche Gebimmel und den Schlitten vor ihrer Haustür nicht erklären. Thor, Odin und die junge Mutter bekamen schon mal zur Belohnung eine kleine Portion Extrahafer, den keines der ebengenannten abwies! Ich hatte so den Eindruck als wollten die drei mir sagen: „Es schmeckt nach mehr und riecht nach noch!“ Aber die nächste Haferportion gibt es für alle heute Abend bei der Fütterung. Zunächst kamen die beiden, Thor und Odin zu den andern Pferden in den nicht zu kalten Stall. Nach dem Essen habe ich alle Pferde hinaus in den Schnee gelassen, wo sie sich ein kleines Bisschen austoben können. Unterdessen haben Dienstag und ich den Stall für die Nacht fertig gemacht: Bisschen eingestreut, in die Futterleiter kam das Heu und in die Futterkrippe kam für jedes Pferd zwei Hände Hafer. Die Futterkrippe war so lang, das alle neun Pferde bequem und ohne zu drängeln, futtern können. Zum Schluss haben wir die Wassereimer wieder mit Wasser an der Rückwand gefüllt hingestellt. Jetzt haben wir die Pferde wieder in den Stall gelassen, die Streicheleinheiten einem jeden verpasst und den Stall von außen abgeschlossen. Danach habe ich die Mausfallen kontrolliert, die gefangenen Mäuse entfernt, sie wieder aufgestellt und auch die Wagenremise dicht abgeschlossen. An dem abgelagerten Holz-stapel habe ich mir einen kräftigen Arm Holz-scheite aufgeladen und ab ging es in die Küche. Luzia hat Didilind schon alles erzählt, was wir heute alles so bei unserer Partie entdeckt haben; was wir gekauft haben, hat Didilind schon selbst entdeckt. Dementsprechend gab es heute wieder Butterbrote mit zarten Fleischscheiben belegt. Dazu gab es klare Brühe aus einer Markknoche. Dass die wieder große Klasse geschmeckt hat, brauche ich euch hier nicht extra zu bejubeln! Nachdem wieder alles Werkzeug, das wir heute Abend zum Abendbrot benutzt haben, sauber und trocken verstaut in der Geschirrkiste war, haben wir uns in unsern Betten zum Schlafen verkrochen. Nachdem wir unserm Chef da oben alles erzählt haben was wir heute erlebt und getan haben, dankte ich ihm besonders für den Ur, der sich sicher nicht aus freien Stücken hier verlaufen hat, bat ihn wie immer alle Menschen in seine väterliche Obhut zu nehmen und auch uns morgen früh wieder gesund und heil aufwachen zu lassen. Ich weiß nicht wie lange wir heute geschlafen haben, denn plötzlich stand Luzia wieder bei uns im Zimmer und jammerte, dass da bei ihr im Zimmer immer etwas herumrumpelt und sie nicht schlafen lässt. Ich versuchte sie zu trösten, dass sie sicher etwas Böses geträumt hat und schickte sie wieder rüber in ihr Zimmer. Doch nach einer kleinen Weile kam sie wieder zu uns und sagte, dass es immer wieder so laut herumrumpelt und ich mein Bettzeug nahm und zu ihr ins Zimmer ging und mich ins leere Bett legte. Kaum habe ich im Bett gelegen, fing sie wieder an zu jammern, dass da jemand im Zimmer, mal hier und mal dort herumrumpelt, einfach so herumpoltert. Da ich nichts hörte, glaubte ich, sie wolle nur mit Didilind in einem Zimmer schlafen und half ihr mit ihrem Bettzeug beim Umzug ins andere Zimmer. Aber auch hier fing sie bald wieder zu weinen an, dass der Poltermann auch hier ihr Angst macht. Also zog ich wieder um in mein früheres Bett, und wir beide schliefen bald, Rücken an Rücken fest ein. Bei mir hat es mit dem Einschlafen doch etwas länger gedauert, denn bei mir gingen nicht immer sau-bere Gedanken durch den Kopf, warum und wieso will sie ausgerechnet mit mir zusammenschlafen. Doch am Morgen, ich war bei den Pferden, da kam Dienstag zu mir und machte, besser gesagt, er versuchte mir mit Tränen in den Augen verständlich zu machen, dass seine Matula heute Nacht gestorben ist. Vermutlich hat sie es auf ihre Art versucht sich verständlich zu machen, dass es mit ihr zu Ende geht. Luzia, die schon oft gesagt hat, dass sie mit ihrer Mami redet, während wir weiterfahren, war wohl die einzige von uns Menschen hier im Haus, die in diese Richtung eine Empfangsantenne hat und ihren Todeskampf durch ein unverständliches Poltern empfangen hat. Als ich am nächsten Tag früh bei den Pferden war, kam Luzia zu mir in den Pferdestall, einmal wollte sie sich für die heutige, unruhige Nacht bei mir entschuldigen und zum Andern, sie wollte doch das neugeborene Fohlen begrüßen, was sie auch tat. Doch dann kamen wir beide noch einmal ins Gespräch und ich sagte ihr: „Wenn du das nächste Mal mit deiner Mama sprichst, frage sie warum es in der Nacht so gepoltert hat, das aber nur du gehört hast und nicht auch wir. Glaub mir, ich bin schon sehr gespannt auf deine Antwort, denn sie sicher hochinteressant sein!“

Dienstag hat inzwischen den Pferden im Stall bisschen Heu nachgelegt und frischem Wasser nach gefüllt. Dann fragte ich ihn mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen, wann wir Matula beerdigen wollen und wann verarbeiten wir das im Werkraum hängende Fleisch. Ich meinte, was seine Matula anbelangt, wir sollen sie nach dem Frühstück versuchen zu beerdigen, soweit der Boden noch nicht zugefroren ist, und dann am Nachmittag zunächst die Vorderkeulen grillen. Nach dem Frühstück ging ich bewaffnet mit einem Pickel und einem Spaten zu Dienstag, um einen Platz für Matulas Grab zu finden. Ich begann danach bald mit dem Ausschachten. Zum Glück war der Boden unter dem Schnee noch nicht sehr tief gefroren und so hatte ich, als Dienstag kam, schon das Grab gut einen Meter tief ausgehoben. Ich ging dann, um Didilind und Luzia zur kleinen Beisetzungsfeier zu holen und gingen zusammen zu Dienstag ins Haus. Die zwei Weiblein standen gebeugt über der toten Matula und weinten herzerbrechend, was ich vollauf verstehen konnte, denn man hat nun mal nur eine Mutter, und die zu verlieren ist keine halbe Sache! Ich machte mit meiner rechten flachen Hand ein großes Kreuzzeichen über sie, wickelten sie in den Bettlaken auf dem sie schlief und trugen sie hinaus. Beim Hinaustragen bestand Dienstag darauf, dass er die vordere Hälfte seiner Mutter auf seinen Schultern trägt und ich die hintere Hälfte. Wie er mir später sagte, ist die obere Hälfte die wertvollere Hälfte, nämlich die Hälfte mit dem Kopf und dem Herz. Als wir am offenen Grabe ankamen, haben wir sie noch einmal auf die Erde gelegt, den Kopf freigelegt und ihre beiden Kinder aber auch ihre Schwiegertochter konnten noch einmal sich schmerzvoll von ihr auf nimmer Wiedersehen hier auf Erden verabschieden, was verständlich sehr lange gedauert hat. Der Bettlaken um ihren Kopf herum war von ihren Tränen schon steif gefroren. Ich versuchte einen nach dem andern wieder aufzurichten und deckte, so gut es noch ging, ihren Kopf zu. Didilind packte sie unter die Füße und ich unter ihre Schultern und ganz sachte ließen wir sie in das Grab fallen. Dann bekannten wir für sie unseren Glauben, sprachen für sie das Gebet, das uns der Herr zu beten gelehrt hat. Ich bat dann noch unsern Chef da oben, dass er ihrer armen Seele, die heute Nacht zu ihm zurückgekehrt ist, ein gnädiger Richter sein wolle, denn sie hat ja so gelebt, wie sie es von klein auf vorgelebt bekam und noch nichts von dir und deinem Sohn gehört hat. Lass sie bei dir mit ihren beiden mir bekannten Angehörigen, die auch ich auf eine unliebsame Art habe kennen lernen dürfen, die ewige Freude, den ewigen Frieden bei dir in alle Ewigkeit feiern Amen. Dann machten wir alle gemeinsam über dem offenen Grab das Kreuzzeichen und sprachen dabei die Worte: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes Amen.“ Noch ein kurzer Wiedersehensblick ins noch offene Grab und dann begannen wir, so schwer es uns fiel, das Grab wieder zuzuschütten. Schweigend gingen wir zu unseren Hütten. Ich stellte Picke und Spaten wieder in den Werkraum und brachte einen vollen Arm abgelagerte Holzscheite mit in die Küche, denn heute Nachmittag wird wieder viel Holz zum Grillen benötigt. In der Küche habe ich Didilind gefragt, ob sie etwas von den Gerids und den Dennis Leuten während der Beerdigung mit bekommen hat, was sie vernein-te. „Sollten sie diese Vormittagseinlage wirklich verschlafen haben? Oder sind sie wegen der nicht angekündigten Schlittentour so eingeschnappt, dass wir ihrer nicht würdig sind. Machen wir erst mal die Mittagpause. Nach dem Mittagessen sieht die Welt mit einem vollen Magen wieder ganz anders aus. Am andern Ende unseres Holzstadels habe ich einen stabilen Holzschlitten zum Transport von Holz aus dem Wald entdeckt, der von Menschen leer im flachen Land gezogen wurde; beladen mit Holz bergab fuhr er alleine, und von einem Waldarbeiter gesteuert wurde. Nach dem Essen kam Dienstag zu mir und ich zeigte ihm den Schlitten. Gemeinsam haben wir ihn ins Freie gebracht, sauber gemacht und vor den Werkraum gefahren, direkt unter den oben baumelnden Ur. Dann breiteten wir ein Leinentuch unterm Ur auf dem Schlitten aus und trennten die Vorderhälfte von der Hinterhälfte ab, spaltete sie in zwei gleichgroße Teile und luden sie auf den Schlitten.. Eine Hälfte fuhren wir zu uns und legten sie Didilind auf den Küchentisch. Ich fragte Didilind, ob sie eventuell, falls die beiden da drüben mit dem grillgerechten Zerlegen und dem Salzen der Keule nicht klar kommen, helfen würdest, was sie bejahte. Wir fuhren mit der zweiten Keule zu Dienstag, die mir zu verstehen gaben, dass sie zu dritt sicher mit dem Zerlegen der Keule in grillgerechte Portionen, dem Einsalzen der Stücke und das Aufspießen auf dem Grillspieß zurecht kommen werden. „Falls Hilfe gebraucht wird, kommen wir fragen!“ Den Schlitten habe ich vorerst vor dem durchgekühlten Werkraum abgestellt, und ihn dann abgeschlossen. Didilind wartetet auf mich, denn sie war schon mit Luzia beim Aufspießen der nicht zu klein geratenen und gesalzenen Fleischbrocken auf den Grillspieß, was für Luzia langsam zu schwer wurde. Mit vereinten Kräften haben wir den Grillspieß überm Feuer in die Halterung verfrachtet und das Drehen konnte langsam beginnen. Da die Stücke nicht zu klein waren, und der Ur nicht mehr zu den Jüngsten gehörte, habe ich schon mal drei Stunden für die erste Grillportion eingeplant. Die erste Stunde habe ich gedreht. Dann durfte ich für etwa eine halbe Stunde hinaus zu den Pferden, die ich alle hinaus in den Schnee ließ. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Thor hier draußen etwas nicht gefiel, denn er durchfuhr mit erhobenen Nüstern die Luft, als wollte er etwas sichern. Ich eilte schnell in unsere Hütte, nahm Bogen und Köcher und eilte wieder nach draußen. Da sah ich auch schon die Ursache, warum Thor eben noch in der Luft herumschnupperte: Wölfe kamen aus dem Wald, direkt neben Matulas Grab auf uns zu. Ich rief Didilind, dass auch sie mit ihrem Bogen und dem Köcher kommen möge. Ich schickte sie vor die Pferdestalltür, um notfalls im Stall verschwinden zu können und sagte ihr noch: „Immer auf den Brustkorb zielen!“ Weiter kam ich nicht, denn der erste war schon in meinem Schussbereich, der getroffen sich regelrecht in der Luft überschlug. Aber auch Didilind hat dem ihr am nächsten das Lebenslicht ausgeblasen. Didilind hat noch dreien das Lebenslicht ausgepustet und ich noch zweien. Nachdem sieben da blutend im Schnee lagen, haben die vier anderen die weitere Jagd nach den Pferden aufgegeben und räumten kampflos das Feld. Unsern Pferden, den großen wie den kleinen ist, nach diesem Wolfsabenteuer die Lust zum weiteren Herumtollen draußen im Schnee vergangen. Im Gänsemarsch marschierten sie in den Stall und ich machte die Tür zum Stall wieder zu. Dann zog ich die Wölfe einen nach dem andern in Richtung Wagenremise, denn die Wölfe müssen noch heute nackig ausgezogen werden. Die sieben Winterfelle, die bisher nur ein Einschussloch aufweisen, sind an und für sich sehr wertvoll. Und die nackten Kadaver wiederum stillen den Hunger der eigenen, davongelaufenen Rasse. Aber zunächst erst mal in die Küche, denn da werde ich bestimmt einen müde gewordenen Dreher abwechseln müssen. So war es auch. Beim Drehen konnte ich durch das kleine Küchenfenster sehen was sich da draußen auf der Lichtung abspielt. Da ritten doch zwei Männer hoch zu Ross in voller Kriegsmontur in Richtung Wald. Auweh, das sind ja Dennis und Gerid! Da wünsch ich euch schon mal Weid-manns Heil im Wald. Es war schon fast dunkel, als die beiden wieder zurückkamen und in ihrem Schlepptau einen recht kapitalen Hirsch hatten. Recht großspurig klopften sie an unsere Tür und fragten mich, ob ich nicht für das Geweih ihnen den Hirsch abziehen möchte. Ich bedankte mich auch sehr großzügig für das Angebot und sagte ihnen, dass ich noch sieben ausgewachsene Wölfe Abziehen muss. „Ich bin bis morgen Abend voll ausgelastet und außerdem haben wir noch eine Hinterhälfte des Ur zum Grillen.“ „Deshalb riecht es schon heute so gut bei euch“, sagte Gerid. Und ich sagte ihm: „Was ihr hier glaubt, was da so gut riecht, ist das Vorderviertel, das gerade jetzt gegrillt wird“, sagte ich ihm. „Ansonsten bin ich immer gern bereit, den Armen und Hilfsbedürftigen zu helfen. Aber das werdet ihr ja verstehen, dass die eigene Arbeit Vorfahrt hat, zumal der Ur ja heute schon den zweiten Tag auf unserm Flaschenzug hängt. Ansonsten einen schönen Abend beiderseits und viele ganz liebe Grüße an die Gemahllinnen, die sich doch bitteschön nicht die Finger schmutzig machen werden,“ sagte ich, mit der rechten Hand ihnen noch zuwinkend und verschloss die Haustür. Hier half ich Didilind beim herausnehmen der Grillstange, denn das Fleisch darauf war fertig. Die nächste Grillstange war sehr schnell wieder bestückt und lag wieder in den Halterungen über dem Feuer. Ich spielte den ersten langen Dreher. Dann hat Luzia das Amt des Drehers übernommen und Didilind spielte den dritten Dreher. Während die beiden Mädchen die bespickte Grillstange drehten, habe ich drei Wölfe mit Hilfe unseres Handkrans am Wagen nackig ausgezogen. Die nassen Felle zum Trocknen über die Wagendeichsel gehängt und die drei nackten Tiere den Wölfen zum Fraß auf das andere Ende der Lichtung gefahren. Ich löste Didilind beim Spießdrehen ab und sie zerlegte das restliche Fleisch und meinte, dass wir das restliche Fleisch heute nicht mehr grillen müssen, das wird ganz einfach kühl gelagert und dann roh verkocht. „Das heißt Didilind, dass ich bald wieder hinausgehen kann und die Wölfe weiter zur Nachtruhe ausziehen kann“, sagte ich scherzend zu ihr. Und sie meinte: „Wenn du noch zehn Minuten fleißig drehst, kannst du deine Wölfe weiter ihrer kostbaren Bekleidung berauben!“ Ich glaube es hat keine zehn Minuten gedauert und ich war wieder bei meinen schon kalten Wölfen. Den letzten Wolf habe ich blindlings im Dunkeln abgezogen. Alle vier nackten Wölfe habe ich zu den andern drei gefahren, musste aber feststellen, dass nur zwei nackte Wölfe noch da lagen; den dritten haben sie wahrscheinlich schon in den Wald gezerrt, wo es zum Fressen sicher sicherer und viel ruhiger war als hier.

Dann ging ich mit einem ordentlichen Fuder Heu zu den Pferden, brachte im Eimer für jedes zwei gute Hände Hafer, den ich in die untere Futterkrippe schüttete, füllte das Wasser in den Eimern auf und verpasste allen großen und kleinen Vierbeinern die allabendlichen Streichel-, Tätschel- und Krauleinheiten. Die Fohlen hatten es besonders gern, wenn ich sie hinter den Ohren kraulte, auch das letztgeborene, das erst ein paar Tage alt ist und schon so drollig ist. Ein leichter Klaps auf die Hinterkeule besiegelte dann den heutigen Tag.

Als der Pferdestall von außen wieder dicht war, habe ich mit dienstags Hilfe den Wagen mit den sieben halbtrocknen Wolfsfellen in die Remise gestoßen, sie abgeschlossen und ich ging in die Küche. Hier spielte ich den Dreher in der letzten Phase, denn in gut zehn Minuten war die zweite Portion fertig gegrillt und Didilind hat einen dreiviertel vollen Dreifußkochtopf voll mit fleischigen Rückenknochen zugesetzt. Ich kann es jetzt schon verraten, dass das, was da bald anfing zu kochen, das hat nicht nur eine gute, sondern auch kräftige Suppe gegeben, die nicht nur wieder nach noch roch, sondern auch nach mehr schmeckte, die es zum Abendessen gab. Ich ging dann nochmals zum Holzstadel und brachte einen Arm voll Holz in die Küche. Beim Abendessen habe ich Didilind gefragt, ob sie hier auch schon einen Keller entdeckt hat, der vielleicht mit anderen köstlichen Raritäten gefüllt ist? Sie verneinte meine Frage und meinte, dass sie schon alle Fußböden reihum abgetastet und abgeklopft har, aber nirgends einen Hohlraum oder einen Kellereinstieg entdeck hat. „Vielleicht gibt es so etwas Kellerähnliches in den Neben- gebäuden! Wenn wir morgen mit dem Grillen der zweiten Hälfte fertig sind, können wir mit vereinten Kräften die andern Nebengebäude absuchen. Heute Abend waren wir sehr früh im Bett, denn die letzte Nacht war nicht nur sehr kurz und unruhig, aber auch der heutige Tag war mehr als nur sehr anstrengend. Heute Abend im Bett hatte ich meinem Chef viel zu berichten, angefangen mit der Beerdigung der Matula, das Abenteuer mit den hungrigen Wölfen und dem Grillen. Ich bat ihn wieder, dass er der Matula helfen wolle, dass sie drüben ihren Mann und ihren Sohn wiederfinden darf und dass sie da bei dir ihren waren Frieden zu dritt finden dürfen, den es nur bei dir gibt, sonst nirgends; wenn auch nicht in deiner unmittelbarer Nachbarschaft, so doch in deinem Paradiese. Ich musste auch bald eingeschlafen sein und wurde von Didilind sachte geweckt, die da meinte, ob ich überhaupt aufstehen wolle, Dennis war schon bei uns hat mich gefragt wo wir den Hirsch versteckt haben, den sie gestern heimgebracht haben. So schnell wie heute war ich noch nie einsatzbereit und draußen auf dem Hof. Und da sah ich wie Denis um unsere Nebengebäude herum schlich und am liebsten durch die Mauern gekrochen wäre, um auch die Innenräume zu inspizieren. Ich rief ihn von hinten an und fragte: „Wenn du unbedingt unsere Behausungen kontrollieren willst, oder wie wir wohnen, müsstest du uns nicht eines plumpen Diebstahls bezichtigen. Wenn ihr einmal am Abend vorbeigekommen wärt, hätten wir uns bestimmt nicht verschlossen, aber auf solch eine, solch böswillige Art, da darfst du höchstens durch die Schlüssellöcher schauen! Ich habe es noch nicht nötig mich mit solch kleinem Viehzeug zu bereichern. Ich gebe mich an und für sich mit größeren Kalibern ab und wie groß sie sind, das werde ich dir schon zeigen und danach mach dich mal auf die Suche, wo du deinen Hirsch in Wahrheit hingehangen hast! „Apropos hingehangen, wohin hast du denn den Hirsch überhaupt hingehangen?“ Und er sagte, dass er ihn im Holzstadel an den Querbalken gehängt hat, dass er bis heute richtig auskühlen kann! „Und da haben ihn dir die andern Vierbeiner geholt. Weit konnten sie mit ihm nicht gekommen sein. Sicher bis an ein ruhiges Plätzchen, wo sie ihn ungestört vernaschen konnten. Soviel Dummheit hätte ich dir nicht zugetraut,“ sagte ich ihm. „Und was hättest du an meiner Stelle gemacht?“ „Ich hätte Didilind gerufen und zusammen hätten wir ihn, den kleinen Mann ausgezogen und ausgenommen und zum Auskühlen hinter eine verschlossene Tür gehängt, wo er auch noch jetzt hängen würde. Und jetzt will ich dir mal zeigen, wie so etwas in der Praxis aussieht!“ Ich nahm den Schlüssel aus meiner Hosentasche, schloss den Werkraum auf und da hing am Flaschenzug unter der Decke, gut ausgekühlt, die hintere Hälfte eines knackigen, ausgewachsenen Ur. Da zeigte ich auf das Fleisch und sagte zu ihm: „Und da sollte ich mich an deinem kleinen Hirsch bereichern, wofür hältst du mich, ich dachte du würdest mich doch bisschen besser kennen! Ein guter Rat, setze dich auf dein Pferd und reite den Spuren im Schnee nach, vielleicht findest du noch das Geweih im Schnee, wenn du dich beeilst! Reite aber nicht ohne deine Waffen!“ Ein kurzer Blick auf die andere Seite der Lichtung sagte mir, dass die sechs Wolfskadaver auch nicht mehr da liegen. Offensichtlich haben die Raubtiere heute Nacht ganze Arbeit geleistet! Doch ich ging zu der Stelle, an der Denis seinen Hirsch gestern aufgehängt hat. „Komisch“, dachte ich, „ist Denis schon blind? Hat er nicht die vielen Spuren im Schnee gesehen? Spuren, die nicht nur von Menschen herrühren, Denis und Gerid, sondern viele Spuren von größeren und kleineren Tieren, die da glaubten, sich die Beute mit den Jägern zu ihren Gunsten teilen zu können. Doch dann musste ein größeres Tier den Hirsch vom Querbalken gerissen und ihn durch den Schnee weggezogen haben. Aber wohin? Dennis, viel Spaß bei der Suche.“ Wie es so aussieht, schützt Alter doch nicht vor Torheit! Ich machte mich wieder auf den Weg zurück zu unserer Hütte, wo Didilind schon mit einem warmen Frühstück auf uns wartete, das wieder prima schmeckte und uns satt machte. Dann holte ich Dienstag und zusammen spalteten wir die Hinterhälfte des Ur am Flaschenzug. Dienstag wählte die rechte und ich die linke Hälfte. Doch bevor wir das Fleisch vom Haken nahmen holte ich den kleinen Holztransportschlitten. Der passte auch heute wieder durch die Tür in den Werkraum und stellten ihn direkt unter das Fleisch, legten wieder ein weißes Leinentuch auf den Schlitten ließen es herab, hängten es aus dem Flaschenzug und zogen den beladenen Schlitten hinaus in den Schnee. Das erste Hinterviertel brachten wir zu uns in die Küche und legten es wieder auf den Küchentisch. Die zweite Hälfte brachten wir zu Dienstag und legten es da auf den Küchentisch. Ich wünschte allen drein viel Spaß und verschwand mit dem Schlitten wieder hinten im Holzstadel, wo ich ihn aufrecht an die Wand stellte, einen Arm voll Holzscheite in die Küche brachte und dann zu den Pferden im Stall verschwand, um sie erstmals wieder ins Freie zu lassen und ihnen ihr Frühstück zu verabreichen, dass morgens aus frischem Heu und frischem Wasser bestand. Überm Pferdestall war nicht nur Stroh aber auch Heu gelagert, das ich durch eine Deckenluke hinabwerfen konnte. Mit dem Stroh wurde frisch eingestreut und das Heu kam in die obere Futterleiter. Heute Morgen wurden auch die Wassereimer ausgewaschen und mit neuem Wasser gefüllt an die Rückwand gestellt. Als ich die Stalltür öffnete waren alle Pferde vor der Tür versammelt und wollten wieder in den warmen Stall, in dem der Tisch wieder reichlich frisch gedeckt war. Vorsichtshalber habe ich den Stall wieder abgeschlossen, denn sicher ist nun mal sicher, denn die Raubtiere haben uns sicher schon, bevor wir sie sehen, uns gesehen und ging in die Küche, um Didilind beim Grillen behilflich zu sein. Den weiteren Grillvorgang brauch ich hier nicht weiter zu beschreiben, er fand wie immer statt. Am Abend war das Hinterviertel weggegrillt und in der Fleischkiste verstaut, die in der kalten Ecke in der Küche stand. Beim Abendessen habe ich Didilind daran erinnert, dass morgen wieder ein Sonnabend ist und im Flecken uns gegenüber ist ein Wochenmarkt. „Wenn du etwas für die Küche oder sonst wie brauchst, macht ihr vier Mädchen einen Ausflug dahin. Wir zwei Mannsbilder halten daheim die Stellung und warten sehnsuchtsvoll auf eure Rückkehr. Didilind meinte, dass sie erst mal ihre Vorräte kontrollieren müsste, was sie noch alles hat, denn am Sonnabend in der nächsten Woche sind wir auch noch hier und Schnee zum Schlittenfahren wird es auch noch sicher geben. Nachdem das ganze Werkzeug, dass wir heute zum Grillen und zum Abendessen benutzt haben wieder sauber in der Geschirrkiste verstaut war, hat Didilind ihre Vorräte nachgeschaut und sagte: „Bis auf die Butter und die Eier ist alles noch genug da. Eier und Butter, da könnte es knapp werden. Und Brot müssten wir auch am Montag wieder backen, für das Frühstück am Montag würde es noch reichen.“ „Also lassen wir den Sonnabend mal Sonnabend sein und freuen wir uns auf den Sonnabend in der kommenden Woche. Am Sonntagabend machen wir erstmals wieder den kleinen Sauerteig und am Montag früh dann den Brotteig und Feuer im Backofen. Wie du siehst, liebe Didilind, sind der Sonntagabend und der Montagvormittag schon verplant! Und ich mach morgen schon alles zurecht, um Feuer im Backofen machen zu können.“ Didilind war mit meinem Vorschlag einverstanden, und da weiter nichts anstand, schlug ich vor, dass wir in die Heiaheia gehen, und hoffen, dass es morgen wieder ein angenehmer Tag für uns alle wird. Gesagt, getan, schneller als wir dachten waren wir wieder auf der warmen Strohunterlage, erzählten unserm Chef alles was sich heute bei uns ereignet hat, dankten ihm für alles, baten ihn um seinen Schutz für uns und für alle, die uns nahe stehen und sind bald eingeschlafen. Wie lange ich geschlafen habe weiß ich nicht? Ein sehr lauter Donner hat uns alle geweckt. Durch das kleine Fenster konnten wir sehen wie die Blitze, grelle und blasse, bläuliche und rötliche, begleitet von lautem Donner uns immer wieder erschreckten und dazu das monotone Prasseln des Hagels, mal lauter und mal leiser, mal heftiger und mal weniger heftig auf unserm Dach aufschlugen. Luzia krabbelte zu Didilind ins Bett und schmiegte sich ganz fest an sie, wie eben ein Kind sich an ihre Mutter schutzsuchend an sie schmiegen kann. So ein Naturschauspiel habe ich heute und zu dieser Jahreszeit überhaupt das erstemal in meinem Leben erlebt, so ein Gewitter mit viel Hagel und Sturm, quasi mitten im weißen Winter, was das wieder zu bedeuten hat, was das uns wohl wieder bringen wird, dieses Unwetter? Ich musste da unwillkürlich an die Rauchgucker in unserm Ort Odens denken, die aus dem Rauch des Sonnenwendfeuers den Verlauf des nächsten Jahres herauslasen. Sicher hätten sie auch dieses Unwetter zu dieser Jahreszeit deuten können, was da wieder auf uns zukommen mag!

Dienstags Frauen, was nun

Irgendwann sind wir wieder fest eingeschlafen und jemand klopfte an unsere Tür. Durch das kleine Fenster konnten wir sehen, dass es schon dämmerte. Ich ging mit meinem Kurzschwert an die Tür und sah, dass Dienstag draußen stand und gar keinen glücklichen Eindruck machte. Ich ließ ihn in die Küche und da stammelte er immer wieder: „Seine Golombka und die Kotschka, seine Lebensgefährtin und seine kleine Schwester. Wir zogen uns warm an und gingen mit ihm in seine Behausung. Und da zeigte er uns immer wieder, wenn ich seine Handbewegungen richtig deute, waren es die vielen Blitze, die sie die Tür aufmachen ließen und beide nach draußen entschwanden und bis jetzt nicht zurückkamen. Ich ging hinaus, um eventuelle Spuren im Schnee zu finden. Da war nicht mehr viel zu finden, denn der Hagel hat eine starke Eisschicht über den Schnee gelegt und darunter so ziemlich alles, was uns eventuell zur Aufklärung hätte helfen können unkenntlich verwischt. Unwillkürlich schaute ich zum grauen Himmelszelt und sagte recht laut zu meinem Chef da droben: „Wenn uns einer jetzt noch helfen kann, dann bist du es allein.“ Und da sagte mir meine innere Stimme, die Stimme des Himmels: „Geh mal in den Pferdestall zu deinen Pferden!“ So schnell ich auf dem eisglatten Boden gehen konnte eilte ich zum Pferdestall. Zu meinem Staunen merkte ich, dass die Stalltür nicht abgeschlossen war, obwohl ich ganz genau weiß, dass ich sie gestern Abend abgeschlossen habe. Man wird doch nicht etwa mit einem einzigen Schlüssel alle Türen hier in der kleinen Siedlung auf- und zuschließen können?

Und wer saß da in der einen Ecke im Stroh und schlief ganz fest? Es waren beide Frauen, die große Golombka und die kleine Kotschka, die bass erstaunt waren, als wir sie weckten, dass sie noch leben. Zwischen den dreien fand ein sehr erregtes Gespräch statt, von dem ich aber auch gar nichts verstand, warum und wieso. Vielleicht hatte ihr Verschwinden beim Eisgewitter doch etwas mit ihrem slawischen Götter- oder Aberglauben zu tun? Aber ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich es einmal von Dienstag erfahren werde! Als nächstes probierte ich mit dem Pferdestallschlüssel Dienstags Haustür auf- und zuzuschließen; er passte. Dann versuchte ich mit dem Pferdestallschlüssel alle unsere abschließbaren Türen an allen Räumen auf- und zuzuschließen und es klappte prima. Auweia, mein Hafer und die Goldfische in der Wagenremise auf dem Wagen, wie sicher seid ihr da noch? Und das nächste Frischfleisch am Flaschenzug in dem Werkraum, das da zum Abhängen hängt? Da müssen schleunigst einige neue Schlösser her, die ich dann, wenn wir weiter fahren wieder auswechseln kann. Vorerst stellte ich die drei sehr weh tuenden Mausefallen in drei offene Säcke auf den Hafer, während die anderen Hafersäcke zugebunden bleiben. Wenn ein Hafer Spitzbub mit seinen Fingern in die zuklappende Mausefalle gerät, geht dieser Fang ganz bestimmt nicht nur unblutig, sondern auch sehr schmerzhaft ab! Dann ging ich in unsere Küche zu Didilind und erzählte ihr alles, was heute Nacht bei Dienstag im Häuschen passiert ist, auch das kleine Ausreißerabenteuer der beiden jungen Dienstagsmädchen und dass wir mit einem Schlüssel alle Türen in unserer kleinen Siedlung auf- und zuschließen können. „Das heißt, während wir glauben, sicher, und abgeschlossen schlafen zu können, kann jeder, der nur einen Schlüssel von hier hat, uns zu ganz armen Leuten machen und mit allem was wir haben, sicher davon fahren. Ich meine, ich müsste jetzt noch mit Thor hinunter in den Flecken reiten und vier verschiedenen Schlösser kaufen, zu denen kein hier verwendeter Schlüssel passt und schnellstens bei der Wagenremise, denk an unsern Wagen mit all den vielen Goldfischen, beim Werkraum mit dem Mahlraum dahinter mit dem Aufgang zum Schüttboden, beim Pferdestall mit all unseren Pferden und an unserer Haustür die Schlösser auswechseln.“ Da sagte Didilind zu uns, leicht schmunzelnd: „Wenn du glaubst unbedingt hinunter zu müssen, dann können wir auch mitfahren und auf dich aufpassen, dass dich niemand entführt. Und vielleicht finden wir doch noch das eine oder das andere, an das wir gerade nicht denken.“ Ich ging noch vor dem Frühstück in den Pferdestall, gab den Pferden frisches Heu und zwei Eimer Wasser, holte vom Wagen in zwei Eimern bisschen Hafer für die beiden Pferde, die uns zum Flecken bringen sollen und fragte dann Dienstag, ob er mit in den Flecken fahren wolle. Er verneinte, aus mir verständlichen Gründen meine Frage. Also konnten wir zu dritt heute hinunterfahren. Nach unserm Frühstück spannte ich Thor und Odin an den Schlitten, gab ihnen die extra Haferportion, zog meine warmgefütterte Pelzgarnitur an und mit den zwei sehr warm in ihren Pelzen angezogenen Mädchen verließ ich unsere Hütte, schloss sie ab und bat sie aufzusteigen. Doch Luzia fragte mich, ob sie auch heute auf dem Schlitten den Kutscher spie-len darf, denn das ist schon mal ein nicht alltägliches Erlebnis auf dem Schlitten auch mal den Kutscher zu spielen. Ich schaute Didilind sehr fragend an, denn ich war fest überzeugt, dass sie auf dem Schlitten heute den Kutscher spielt und ich locker mich hinten platzieren werde. Doch Didilind nickte zustimmend. Die beiden Mädchen nahmen vorne Platz und ich hinten, als der Graf Kox von Habenichts. Da ich mit meinem Universalschlüssel schon alles abgeschlossen habe, konnte unsere Abfahrt in Richtung Markt beginnen. Luzia hat sicher, so eine Schlittenfahrt mit lautem Geläut und noch dazu als Kutscher, in ihrem ganzen kurzen Leben sicher noch nie er-lebt, wie die Pferde samt Schlitten regelrecht über den eisbezogenen Schnee dahinschwebten und dazu das ununterbrochene Geläut der kleinen Glocken am Geschirr der beiden Pferde. Ich konnte sie von hinten bestens beobachten und hatte so den Eindruck, dass sie sich im Himmel sicher nicht besser fühlen kann, denn ihr Gesicht glühte förmlich von innerlicher Ergriffenheit und begeisternder, aufregender Teilnahme. Im leichten Dauertrab kamen wir unten an die Kreuzung. Auch heute konnte man noch nicht nach links abbiegen, denn der umgekippte Baum versperrte die Einfahrt. Als wir uns der Kreuzung näherten rief ich: „Gerade aus, bitte!“ Nach fünfzehn Mi-nuten etwa sahen wir auch schon die Silhouette, das Ziel unserer Reise. Luzia lenkte den Schlitten wunderbar in und durch den Flecken direkt zum Wochenmarkt. Die zwei Pferde samt Schlitten stellten wir auf dem Pferdeparkplatz ab. Da die Pferde leicht ins Schwitzen kamen, deckte der Parkwächter die beiden Vierbeiner mit einer warmen Decke ab und gab ihnen zur Belohnung einen Futterbeutel.

Ich nahm noch meinen Rucksack vom Schlitten und ab ging es zunächst zu einem Schlosser wegen der Türschlösser. Und er hatte tatsächlich sechs verschiedene Schlösser. Das heißt, alle sechs Schlösser hatten verschiedene Schlüssel, und der mitgebrachte Schlüssel passte zu keinem der neuen Schlösser. Für die sechs Schlösser, samt zwei Schlüsseln für jedes Schloss, habe ich eine Goldflocke bezahlt und alles in meinem großen Rucksack verstaut. Didilind meinte dann, dreißig Eier, ein Klumpen Butter, einen Salzhut und zehn Pfund Nudeln würden uns glatt über die nächste Woche hinweghelfen. Beim Bezahlen sagte uns der Bauer: „Ich gebe euch noch zehn Eier und ihr gebt mir eine halbe Goldflocke. Didilind nickte zustimmend und ich brach eine Goldflocke in zwei gleichgroße Hälften. Eine davon bekam der Bauer, die er sich selbst aussuchte, die andere Hälfte verschwand in meinem Lederbeutel und dann in einer meiner warmen, pelzgefütterten Hosentaschen. Didilind schaute so fragend auf die Eier, dann in die Luft und machte mich auf die Eier aufmerksam, die bestimmt, bis wir heimkommen, einen kleinen Frostschaden abbekommen und platzen! „Vielleicht schauen wir einmal, ob wir nicht ein warmes Tuch bekommen, mit dem wir die Eier zudecken können, obwohl sie ja schon in einer Stofftasche sind?“ Salz und Butter packte ich noch in meinen Rucksack, Eier in die linke Hand und Nudeln in die rechte Hand und ab ging es zum Stoffhändler. Hier erwarb Didilind für die zweite Hälfte der Goldflocke eine warme, nicht zu klein geratene Wolldecke, mit der ich nicht nur die Hühnereier auf meinen Knien in der Stofftasche zudecken konnte, sondern auch meine Knie auf der Hinterpartie im Schlitten. Am Pferdeparkplatz bezahlte ich meine Schulden fürs Parken, die Futterbeutel und die Tränke. Er wollte eine viertel Goldflocke, doch ich gab ihm meine zweite halbe Goldflocke von vorhin. Der Parkwächter war so ergriffen, dass er beiden Pferden noch eine fast doppelte Portion Hafer pur gab. Ich glaube, dass sie für die Rückfahrt die extra Portion sicher verarbeiten werden. Luzia spielte wieder die Kutscherin, Didilind die Beisitzerin und ich den Loganten mit den Eiern auf den Knien, alles zugedeckt mit der warmen Decke auf der Rückbank, der sich genüsslich durch die verschneite und teilweise immer noch vereiste Landschaft gleiten ließ.

Luzia war, wie auf der Hinfahrt, jetzt bei der Rückfahrt wieder voll und ganz bei der Sache, voll in ihrem Element. Ich glaube, dass kein Mensch mit allen Schätzen dieser Welt, sie dazu bewegen könnte das Kutscher spielen gegen diese Schätze einzutauschen. Als wir daheim vor unserer Hütte zum Stehen kamen, meinte sie scherzhaft, dass wir da im Flecken die zehn Eier vergessen haben. „Wir beide könnten schon mal ins Haus gehen, und ich hole sie ganz alleine!“ Doch ich sagte ihr, dass wir am nächsten Sonnabend sicher wieder dahinfahren werden, und du spielst dann wieder die Kutscherin und heute hilfst du mir, damit wieder alles sicher ist, einige der Türschlösser auszutauschen. „Und dann vergiss nicht die Glöckchen am Geschirr zu putzen, denn je sauberer sie sind, umso heller, umso himmlischer klingen sie, gerade so als ob die Engelein im Himmel zweistimmig lobsingen würden.“ Luzia war mit meinem Vorschlag total einverstanden. Nachdem alle Lebensmittel in der Küche waren, haben wir die Pferde ausgespannt und zu den andern in den Stall gelassen. Während Didilind schon mal paar Butterbrotscheiben mit Fleisch belegte, habe ich im Werkraum schon das erste Schloss ausgetauscht. Mit Luzia haben wir zusammen bei der Wagenremise das Schloss aus-gewechselt und gingen unser Mittagessen essen. Nach dem Mittagessen, als wieder alles sauber verstaut war, haben wir zwei weitere Schlösser an der Haustür und zum Schüttboden erneuert. Luzia gab ich beide Glöckchen, obwohl sie noch sauber waren, zum Putzen, damit der Klang noch heller und dem Himmel näher klingen will. Ich ging zur Wagenremise und versuchte mit dem alten Schlüssel sie zu öffnen was keineswegs gelang; mit dem neuen klappte es prima. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass hier, während unserer Abwesenheit jemand war, denn erstens fehlte die Mausefalle, besser gesagt, das Fangeisen im Sack und zweitens fehlte mindestens ein Eimer Hafer. Die Falle fand ich weder auf dem Wagen noch in der Remise; sie ist mit dem Haferdieb einfach mitgegangen. Ob er auch von den teuren Goldfischen etwas mitgenommen hat kann ich noch nicht sagen. Auf alle Fälle habe ich schon mal die Portion Hafer im Eimer für die heutige Nacht mitgenommen und alles abgeschlossen. Dann ging ich in die Pferdeställe von Gerid, in dem ich nichts fand, und von Dennis. Da stand der volle Eimer Hafer, die Pferde waren nicht da. Von der Mausefalle, dem eigentlichen Fangeisen, war in keinem Stall etwas zu sehen. Ich nahm den vollen Eimer und trug ihn auf unsern Heuboden und versteckte ihn tief im Heu. Dann ließ ich die Pferde hinaus, dass sie sich draußen etwas abreagieren oder austoben können, während ich die Streu am Boden im Stall verbesserte und Heu in die obere Futterleiter gab. Dann füllte ich alle Eimer, die an der Rückwand standen voll mit Wasser, schüttete aus dem Eimer die Haferportion in die Futterkrippe und verteilte sie gleichmäßig. Noch einmal ein kurzer Blick, ob auch alles in Ordnung ist und die Pferde konnten hereinkommen. Als sie am Hafer futtern waren, verpasste ich ihnen allen, den großen und den kleinen Vierbeinern die üblichen und liebgewordenen Liebkoseeinheiten und wünschte allen meinen vierbeinigen Lieblingen auch eine ruhige Nacht. Ich war gerade dabei den Stall abzu-schließen, da kam Dennis und Gerid angeritten und hatten im Schlepptau ein nicht zu kleines Wildschwein. Wir wünschten uns jeweils einen guten Abend. Da fragte Dennis, ob denn der Flaschenzug frei sei, denn er würde dann gerne die Wildsau über Nacht zum Aushängen daran festmachen wollen. Ich hatte nichts dagegen, ging hin zum Werkraum, öffnete die Tür, zeigte ihm, dass der Boden unter dem Flaschenzug sauber ist und sagte: „Nun nichts wie ran an den Speck!“ Die beiden haben sich aber sehr linkisch angestellt, bis sie die Fesseln der Hinterbeine freibekommen haben und die Hinterpfoten am Flaschenzug befestigen konnten. Beim Hochziehen des Flaschenzuges konnte ich sehen, dass Dennis seine rechte Hand verbunden hatte, und er quasi nur mit seiner linken Hand sich am Hochziehen beteiligte. Auf meine Frage ob und wo er sich verletzt hat bekam ich eine aus-weichende und nichtssagende Antwort. Und so fragte ich schon ein bisschen direkter, ob denn die Mäuse, die er heute fangen wollte so scharfe Zähne gehabt hätten und ihm das Aua an der rechten Hand unversehens zugefügt hätten. „Und bei nächster Gelegenheit stellst du die Mausfalle wieder da hin wo sie hingehört! Denn in gewissen Punkten kenne ich keinen Spaß! Und damit auch alles seine Richtigkeit hat, schließe ich den Raum vor euern Augen zu und den Schlüssel nehme ich zur Sicherheit mit und wenn ihr morgen die Wildsau weiter verarbeiten wollt, dann meldet ihr euch bei mir und ich öffne euch wieder die Tür.“ Bei den letzten sechs Wörtern ging ein leichtes, höhnisches Grinsen über Dennis Gesicht, denn er wusste ja noch nicht, dass sein Universalschlüssel nicht mehr zu diesem Schloss passt. Wir verabschiedeten uns dann bis morgen Früh. Auch ich ging ins Haus und erzählte Didilind, dass Dennis und Gerid ein erlegtes Wildschwein heimgebracht haben, das jetzt im Werkraum am Flaschenzug hängt, so wie sie es erlegt haben. Auch erzählte ich ihr vom Besuch in unserer Wagenremise, dass, so wie es aussieht, Dennis sich an der Mausefalle, die im Hafersack aufgestellt war, an seiner rechten Hand verletzt hat, aber trotzdem einen vollen Eimer Hafer hat mitgehen lassen, den ich in seinem Pferdestall gefunden habe. „Ich ziehe jetzt mal meinen Lederwams über mein Unterhemd und darüber die warmen Wintersachen und gehe noch einmal hinaus. Ich möchte zu gern Dennis beim Einbruch in die Wagenremise überraschen. Ob er sich an den Goldfischen oder den gläsernen Kieselsteinen bereichert hat weiß ich noch nicht. Nachdem ich für den Winter gut verpackt war, nahm ich Bogen und Köcher und schlich mich nach draußen. Zuerst ging ich zum Werkraum und stellte fest, dass er fest verschlossen war. Auch unser Pferdestall war immer noch dicht. Doch bei seinem Pferdestall stand die Tür noch weit offen und man hörte wie er da drinnen so komische Selbstgespräche führt. Ich ging erst mal in Deckung und harrte der Dinge die jetzt auf mich kommen werden. Nach einer Weile kam er mit einem Eimer in seiner linken Hand aus dem Pferdestall und verschwand in Richtung unserer Wagenremise. So unauffällig und leise wie ich nur konnte, folgte ich ihm, der tatsächlich versuchte mit seinem Schlüssel die Tür zur Wagenremise zu öffnen, was jetzt nicht mehr gelingen wollte, denn hinterm Schlüsselloch war wohl ein Schloss, aber jetzt ein ganz anderes, das mit dem Schlüssel, den er immer wieder hineinein steckte, der vorher noch passte aber jetzt nichts anfangen konnte. Es gelang mir vom Boden ein leichtfestgefrorenen Hagel zu heben, den ich mit aller Wucht gegen das Tor der verschlossenen Remise warf. Dennis hat sich vor Schreck auf den Boden gelegt und dem Duft nach, der so langsam zu mir herüber kam, musste er auch seine Hosen vollgemacht haben. Als ich so das Gefühl hatte, dass er wieder ansprechbar ist, habe ich zu ihm gesagt, ob er überhaupt weiß was er für ein schmutziger, nein dreckiger Ortsvorsteher er eigentlich ist, der sich mit Diebstahl, mit fremden Eigentum über Wasser hält, obwohl er sich doch selbst alles leisten kann, ohne Stehlen zu müssen. Und noch eines sei dir gesagt: „Wenn ich dich noch einmal vor einer Tür treffe, die dich nichts angeht, dann wisse, dass dein letztes Stündlein geschlagen hat und jetzt nichts wie heim und lass dir von Irmgud deinen vollgemachten Hosenboden waschen, denn du stinkst ja mindestens zehn Meter gegen den Wind, du armes Wichtelmännchen!“ Er entfernte sich nicht an mir vorbei, sondern ging den Weg wieder zurück, den er gekommen ist. Ich rief ihm noch nach, dass er an die Mausefalle nicht vergessen möchte, denn die brauch ich noch für andere Fälle, als deine diebischen Hände zu verletzten. Dennis ging zunächst zum Pferdestall und verschloss die Stalltür, ohne den Pferden den langsam notwendigen Hafer zu geben und verschwand bei Irmgud im Haus. Als ich wieder bei Didilind in der Küche war, hab ich ihr brühwarm alles erzählt, wie ich Dennis eben erlebt habe, dass ich ihn überhaupt nicht wiedererkenne. „Ich weiß nicht wie und warum das geschehen konnte, das aus einem doch so sympathischen und ehrenwerten Menschen, mei-nem ehemaligen väterlichen Freund, ein so herabgekommener, nicht mehr klardenkender diebischer Wegelagerer werden konnte. „Dennis, wo sind deine edlen Züge, die mir einstmals so an dir imponierten, die einen Ortsvorsteher wie einst auszeichnen nur geblieben? Wer hat dich nur so weit gebracht, doch nicht etwa Irmgud, die ansonsten zu allem zwei linke Hände hat, egal ob zum Kochen oder Brotbacken, oder zum Goldfische fangen ins kalte Wasser zu steigen? Aber eifersüchtig sein auf alles und alle, die mit ihrer Arbeit prima zurechtkommen und sich selbst für nichts zu schade sind?“

Obwohl die dicke Suppe, die Didilind heute Abend wieder servierte prima schmeckte, hatte ich keinen richtigen Hunger, Dennis Verhalten hat mir den Hunger, den Appetit genommen. Wem willst du heute noch vertrauen?

Die warme Wolldecke, die Didilind heute auf dem Markt zum Zudecken der Eier gekauft hat, ihr erinnert euch sicher noch, hat Didilind auf den Strohsack bekommen, damit es noch ein bisschen wärmer unter ihr wird, denn in den beiden Schlafkammern ist es bitter kalt, obwohl die Zim-mertüren zur Küche weit offen stehen. Luzia hat auf ihrem Strohsack schon ein gegerbtes, dickes Winterbärenfell, auf dem sie schläft und hat uns beiden versichert, dass sie bisher noch nicht in der Nacht gefroren hat, weder von unten noch von oben. Nach meinen Erfahrungen wird es in den nächsten Wochen sicher noch ein bisschen ‚kältererer’ werden. Am nächsten Tag hat Didilind die gestern gekaufte Decke in höchsten Tönen gelobt. Und ich ihr gesagt, dass beim nächsten Marktbesuch kaufen wir noch drei Decken, denn ich fürchte, dass in einem Monat unsere Decke, mit der wir uns hier zur Zeit zudecken nicht mehr warm genug sein wird und wir dann lange Augen nach etwas Wärmeres machen werden!

Der nächste Tag war wieder ein Sonntag. Als erstes habe ich die Pferde im Stall mit bisschen frischen Heu und Wasser versorgt. Dann habe ich die ausgetauschten Schlösser kontrolliert, ob da jemand in der Nacht an ihnen herummanipuliert hat. An der Haustür und dem Pferdestall war schon mal alles in Ordnung. Auch am Werkraum und der Wagenremise hat, so wie ich es feststel-len konnte niemand herumgedoktert. Auf dem Heuboden stand noch der Eimer Hafer im Heu versteckt. Beruhigt ging ich in die Küche, machte meine Morgenwäsche und frühstückte gemein-sam mit meinen zwei Mädchen, das heute wieder aus belegten Butterbrotscheiben und dem guten Tee, Marke Didilind bestand. Gemeinsam haben wir das benutzte Frühstücksgeschirr sauber gemacht, Didilind und Luzia haben es an Ort und Stelle verstaut. Dann haben wir eine kurze Sonntagsandacht gehalten und begannen mit dem Kreuzzeichen und dem Gebet, das uns der Herr zu beten gelehrt hat. Dann besprachen wir die Geschichte, wie Jesus auf dem See Genesareth den Sturm stillte, in der Jesus uns zeigen wollte, dass er auch der Herr über die wildesten Kräfte der Natur ist, dem selbst die ungezügelten Naturkräfte gehorchen müssen und allein seinem Wollen unterliegen. Am Schluss bekannten wir unsern Glauben und sprachen gemeinsam das apostolische Glaubensbekenntnis und beendeten wieder unsere Andacht mit dem Kreuzzeichen Amen. Wir waren gerade mit unserer Andacht fertig, da klopfte es an der Tür und Dennis bat um den Schlüssel für den Werkraum, denn sie möchten die Wildsau von gestern, die da hängt, weiter verarbeiten. Ich ging mit ihnen, obwohl Dennis mich fragte, ob ich ihm den Schlüssel dafür nicht mehr anvertrauen will! Doch ich sagte ihm: „Nach meinen üblen, gestern am Abend gemach-ten Erfahrungen, bist du offensichtlich nicht in der Lage mit ruhiger Hand ein Schloss zu öffnen, da mache ich es doch schon selber, bevor du mich dazu wieder holen kommst! Vor der Werkraumtür wartete Gerid. Beide wollten mit vereinten Kräften der Wildsau das Fell abziehen, die Innereien entfernen, es teilen und wie ich auch hoffe, dann den Raum wieder sauber machen, wie sie ihn vorgefunden haben. Als sie mitten beim Abziehen waren, fragte mich Gerid, wie ich es mit den Fellen handhabe? Und ich sagte ihm, dass die Winterfelle wertvoller sind als die Sommerfelle, besonders wenn sie keine Verschnittstellen aufweisen. „Zunächst lasse ich sie, egal wo, abtrocknen. Dann lege ich sie zusammen, und lagere sie in einem Raum oder auf einem Platz, wo sie nicht verschimmeln können oder von Nagern zernagt werden können. Bei nächster Gelegenheit gebe ich sie bei einem Gerber ab und lasse sie zu Pelzen verarbeiten, was der Gerber nicht umsonst macht. Als sie die Innereien herausholten, fragte Gerid mich, ob Didilind ihm beim Lebermus machen helfen würde, denn Dennis wollte nichts von den Innereien haben: „Wozu auch,“ sagte er, „Irmgud schmeißt mich damit aus dem Haus. Sie weiß halt nicht was gut schmeckt!“ „Oder was Didilind und nicht sie zurecht macht“, sagte ich! „Schon möglich“, sagte er. Gerid kam bald mit der Leber und einem Stück Bauchfleisch in der Schüssel zu Didilind und bat sie ihm doch das gute Lebermus zu machen, was sie auch tat. Als er mit der Schüssel, halbvoll mit dem guten Lebermus daheim ins Haus kam, versuchte sie ihn lautstark mit der Schüssel hinauszuwerfen. Und was ich nicht mehr zu hoffen wagte passierte: „Er drängte sich an ihr vorbei, vermutlich in die Küche, stellte da die Schüssel auf den Tisch und drängte Janine lautstark aus dem Haus und forderte sie auf schnellstens, auf nimmer Wiedersehen, mit ihrem Gefährt wieder dahin zurückzukehren, woher sie gekommen ist, denn er hat es ein für alle mal satt sich dauernd von ihr herumkommandieren zu lassen, selber aber auf der faulen Haut zu liegen. Wenn dein früherer Mann sich von dir zu Tode hat ärgern lassen, alles in Ordnung, bei mir wird es dir aber bestimmt nicht gelingen. Und, mich aber wirst du ab sofort auch nicht mehr herumkommandieren oder fortlaufend den Versager nennen, der im Grunde genommen du bist. Dann schloss er die Haustür ab und ging in die Wagenremise und holte alles vom Wagen, was er angeschafft hat und brachte es ins Haus, auch seinen im Wagen versteckten Goldschatz. Dann holte er Janines Sachen aus dem Haus, kontrollierte ihre Taschen, nahm alles Wertvolle, was er ihr geschenkt hat heraus und warf die Sachen ihr vors Haus, schloss die Haustür von innen ab und begann die halbe Sau zu zerlegen. Doch schon das Salz fehlte, um das Fleisch schmackhaft zu grillen: „Janine, was bist du doch nur für eine Hausfrau? Wenn dein hausfrauliches Können nur halb so groß wäre wie dein rechthaberisches freches und zügelloses Mundwerk und deine Faulheit ist? Wie konnte ich nur auf diese Frau so blindlings hereinfallen?“ Gerid schaute durchs Fenster ob sie da draußen wo steht, denn er wollte sich bei Didilind das nötige Salz zum Einsalzen des Grillfleisches bis nächsten Samstag borgen, was er auch von Didilind bekam. Doch bald zeigte es sich, dass zu zweit jedwede Arbeit schneller von der Hand geht, wenn beide an einem Strang ziehen, denn der Mensch hat im Normalfall nur zwei Arme und unten dran die zwei Hände zum Zupacken. Und schon beim Auf-spießen der Fleischstücke auf den recht langen Grillspieß fehlte bestenfalls die dritte, wenn nicht gar die vierte Hand. Doch irgendwie hat er den Spieß voll gesteckt und in die Spießhalterung bekommen. Dann machte er das Feuer und be-gann den Stab langsam zu drehen. Was ich so mitbekommen habe, war er am Abend mit dem Grillen der halben Sau fertig. Auf einmal klopfte es an unser Tür und Gerid stand in der offenen Tür und bat Didilind, ob sie ihm nicht mit etwas Brot auch aushelfen könnte: „Denn was schmeckt besser zu frischgegrillten Fleisch, als eine Scheibe Brot. Meine fortgejagte Janine hat sich zuletzt um nichts gekümmert als nur, wo sie mir das Leben schwer machen kann. Ich weiß nicht warum und wieso sie so geworden ist! Ob es das Gold war, und die Sucht nach mehr, ohne es selbst im kalten Wasser zu suchen, das ihren Charakter ganz und gar verdarb? “ Didilind gab ihm, ohne viel zu fragen das letzte Stück Brot, das sie noch hatte, und schon verplant war, denn morgen gibt es ja bei uns wieder frisches Brot. Gerid bedankte sich und versprach alles, bis spätestens Sonnabend, uns wieder zurückzubringen und verschwand wieder in seinem Häuschen. Von ihr war keine Spur.

Da Didilind meinte, dass es langsam an der Zeit sei den Sauerteig für morgen zu machen holte ich aus dem Backhaus den restlichen mehligen Sauerteig, den Didilind in eine Schüssel gab und goss warmes Wasser darüber, damit er wieder weich wird. Ich ging dann zu den Pferden in den Stall, und ließ sie ins Freie. Durch die Luke warf ich bisschen Stroh zum Einstreuen und Heu zum Futtern in den Stall. Dann nahm ich den vollen Eimer Hafer, den ich gestern im Heu versteckt habe und ging hinunter in den Stall. Hier füllte ich zunächst das Heu in die obere Futterleiter, schüttete ein drittel Eimer Hafer in die untere Futterkrippe und ließ die Pferde wieder hinein. Ich verpasste allen Pferden, den großen wie den kleinen, die gewohnten Liebkoseeinheiten, goss das nötige Wasser in die Eimer nach, mit einem leichten Klaps auf die Hinterpartie wünschte ich allen eine ruhigen Nacht und schloss von außen den Pferdestall ab, nahm den Eimer mit dem restlichen Hafer und verschwand im Haus.

Didilind machte schon den Sauerteig für morgen, denn morgen ist wieder der einmal wöchentliche „Großbrotbacktag“, bei dem in der Regel das Brot für die ganze Woche gebacken wird. Dabei fragte ich Didilind, ob sie heute Dienstag oder eines seiner Mädchen gesehen hat, denn ich habe heute nichts von ihnen mitbekommen. Dann hat Didilind mir erzählt, dass Gerid heute zweimal hier war. Beim erstenmal hat er sich Salz zum Einsalzen des Grillfleisches geborgt, beim zweitenmal bat er um ein Stück Brot das ich ihm auch gab. Beide Male hat er sich bitter beklagt, dass Janine sich um nichts mehr gekümmert hat was da so im Haushalt vor sich gehen sollte, sondern nur noch darum gekümmert hat, wie sie ihn zu Minna machen kann. „Oder ließ sie es Gerid immer wieder spüren, dass sie auf je-manden eifersüchtig ist, dem sie selbst das Wasser nicht reichen kann?“ waren meine lauten Gedanken. Bevor wir schlafen gehen wollten, wurde ich irgendwie unruhig und meine innere Stimme, die Stimme meiner Vorfahren sagte mir, ich solle noch einmal hinaus gehen. Ich nahm meinen Bogen und hing den Köcher um und schlich mich aus dem Hause. Im Dunkeln sah ich zwei Personen die sich an der verschlossenen Tür des Pferdestalls zu schaffen machten. Zu meinem Glück hatte ich meine helle Winterkleidung an, die mich nicht so leicht erkennen ließ. Auf alle Fälle spannte ich schon mal den Bogen und schrie ganz laut Hände hoch! Die beiden sind sichtlich erschrocken. Jetzt erkannte ich beide, es war die Golombka und die kleine Kotschka, die vermutlich jetzt zwei Bandi-tenpferde wollen, um auf ihnen das Weite zu suchen. Mein Gott, was haben sie mit Dienstag gemacht? Lebt er überhaupt noch? Ich schrie ganz laut nach Gerid und Didilind, ohne die beiden an der Tür aus dem Auge zu lassen. Und da warf die Größere von den Beiden etwas nach mir, das nur ganz knapp sein Ziel, mein Gesicht, verfehlte. Es war ein Wurfmesser, das sie nach mir geschleudert hat. Im gleichen Moment kam Gerid aus dem Haus und wollte sicher fragen, was da los ist? Doch er schrie laut auf als er sah, wie mein Pfeil den hochgestreckten Arm der Messerwerferin traf und das zweite Wurfmesser nicht Gerid traf, sondern auf den Boden fiel. So schnell wie heute eben bin ich schon lange nicht gesprintet. Bevor sie das Wurfmesser aufheben konnte, ist sie mit ihrem Kopf gegen die Holztür und seitwärts in den Schnee geflogen. Es war Golombka, die da in den Schnee geflogen ist, die auch mit dem Wurfmesser nach mir geworfen hat. Die kleine Kotschka, Dienstags Schwester, wollte, nachdem sie sah, dass Golombkas Flucht zu Ende ist, alleine in der Dunkelheit verschwinden, was ich mit meinem Bogen zu verhindern wusste, mit dem ich ihren linken Fuß fürs erste beim Weglaufen zurückhalten konnte und sie sich ebenfalls in den Schnee langlegte. Gerid hat währenddessen mit seinem Schlüssel Dienstags Haustür aufgeschlossen und mit Didilind haben sie das Haus nach Dienstag durchsucht. In der letzten Ecke des Hauses fanden sie ihn in seiner Blutlache. Wie Gerid eben feststellen konnte, schien Dienstag noch zu leben. Also war Didilind mit ihren Heilkünsten wieder gefragt, die schon mal Wunder wirkten bei den siebzehn Verletzten im Spätsommer. Wie Didilind auch bald feststellen konnte, bekam Dienstag einen festen Schlag auf seinen Hinterkopf und drei Stiche in seinen Körper. Ja warum das bloß nur? Was hat er ihnen denn nur getan? Dass sie ihn so brutal töten wollten? Ich packte beide hinten an dem Schlafittchen, stieß ziemlich brutal ihre Köpfe zusammen und schleppte sie, nach dem ich mich vergewissert hatte, dass sie keine Schlüssel und irgendwelche Messer mehr in ihren Taschen hatten, in das letzte Häuschen am Platz, dass sie hier erstmals, fern von allem Trubel die Nacht verbringen konnten. Offensichtlich hat jemand diesen Vorgang ungewollt beobachtet, wie es sich später zeigen sollte. Dienstag haben wir mit vereinten Kräften zu uns in die Küche gebracht und vorerst auf den Tisch gelegt. Didilinds Öllampe und das flackernde Feuer auf dem Herd haben das spärliche Licht gespendet, dass Didilind gerade noch dienstags Wunden verarzten konnten. Da wir nicht mehr vorhatten nach draußen zu gehen, habe ich vier Holzscheite an einen dünnen Lederriemen gebunden und in dreiviertel Höhe an das Türfutter befestigt. Falls jemand die Tür gewaltsam aufstoßen sollte, fallen die Holzscheite lautpolternd und weithin hörbar auf den Dielenfußboden und werden uns sicherlich wecken. Ich habe heute Nacht sehr unruhig geschlafen und, es war doch schon bisschen später, als jemand mit einem Schlüssel im Türschloss bei uns herum fummelte, ohne die Tür öffnen zu können. Leise schlich ich mich aus dem Bett und stand in der Küche seitwärts gegenüber der Haustür schussbereit gegenüber der Haustür mit gespannten Bogen. Ich glaube, dass sie so etwa zwanzig Minuten an der Haustür vergebens versucht haben sie zu öffnen und zogen mit ihren Holzscheiten, wie ich sehen konnte waren es drei vermummte Gestalten, wieder ab, vermutlich in das letzte Haus am Platz.

Didilind war heute die erste wieder in der Küche und hat für Dienstag eine kräftige klare Fleisch-brühe, die Luzia, nachdem er die Augen wieder aufmachte und schon ansprechbar war, löffelweise gefüttert hat. Auch Gerid kam bald und hat sich nach dem Befinden von Dienstag erkundigt. Ich gab Gerid das fünfte Schloss, die zwei Schlüssel und das nötige Werkzeug, das er das Schloss an seiner Haustür austauschen kann und bat ihn, dass er das bitte sofort machen soll, denn falls er es noch nicht wissen sollte, will ich es dir verraten, dass du mit einem einzigen Schlüssel hier alle Türen öffnen und abschließen kannst. Beeil dich, denn ich fürchte, dass die drei Weiber schon in deinem Hause sind und da nach etwas Essbaren oder nach deinem Gold suchen. Heute Nacht haben sie hier an unserer Tür mit ihrem Universalschlüssel im Türschloss recht lange he-rumgefummelt, ohne sie öffnen zu können. Irgendetwas führen sie noch im Schilde, aber was weiß ich noch nicht. Lassen wir uns überraschen! Gerid verschwand mit dem Schloss und nach einer knappen halben Stunde kam er wieder zurück, brachte das alte Schloss mit und meinte, dass da noch niemand im Haus war oder während des Umbaus ins Haus gekommen ist. Dann haben wir alle gemeinsam eine dicke Fleischsuppe gegessen, soviel jeder wollte, so richtig, um Satt zu werden. Nach dem Frühstück hat Gerid den Abwascher gespielt, Luzia und ich den Abtrockner. Didilind hat schon alles zum Brotteigmachen zu Recht gemacht. Luzia hat das saubere Frühstücksgeschirr an Ort und Stelle verstaut und Dienstag wieder mit paar Löffeln klarer Fleischbrühe versorgt, der mittlerweile auf paar gegerbten Fellen weich auf dem Boden unweit des Herdes lag und schon so ziemlich alles mitbe-kommen kann. Nachdem der Tisch wieder frei war hat Didilind den Brotteig im Trog gemacht. Und ließ den Teig, warm verpackt, wieder hochgehen. Ich bat Gerid jetzt den Bewacher und Beschützer der kostbaren Fracht hier im Haus zu spielen und keinen Moment zu zögern, wenn es gefährlich werden sollte, notfalls auch der erste zu sein, der in Notwehr tötet, denn ich muss in das Backhaus gehen, um Feuer im Backofen zu machen. Und wenn alles klappt, gibt es heute Nachmittag wieder frisches Brot mit zweierlei Zutaten, Butter und Fleischscheiben, und das zum Sattessen! Gerid versprach nach bestem Wissen und Gewissen den Beschützer zu spielen und niemanden hereinzulassen, auch wenn die Person noch so betteln sollte, denn ich schließe euch von außen ab und wenn der Bettler es so eilig haben sollte, kann er, oder können sie zu mir ins Bachhaus kommen. Gesagt, getan! Ich verließ, das Häuschen, schloss die Tür von außen ab und ging schwer bewaffnet ins Bachhaus und machte Feuer im Backofen. Ich konnte aber auch, ohne große Verrenkungen Dienstags Haustür beobachten, ob da jemand hineingeht. Nach dem dritten anlegen sah, ich wie die drei Weiber in gebückter Haltung im Haus von Dienstag verschwanden. Ich, mit gespanntem Bogen, nix wie hinter her. Leise habe ich die Haustür geöffnet und brauchte nur den Geräuschen nachgehen. In beiden Schlafkammern haben sie eine Schlafstatt nach der andern durchwühlt, ohne etwas zu finden. Aber in den Wäschekisten, da wurden sie fündig und steckten, was sie finden konnten gierig in ihre Hosentaschen. Als nichts mehr zu durch-wühlen war, glaubten sie Dienstags Goldschatz gefunden zu haben, der meines Erachtens sicher größer sein musste. Doch als sie aus der Schlafkammer traten sahen sie mich mit meinem gespannten Bogen, abschussbereit da stehen. Golombka, die gestern schon ihre Bekanntschaft mit einem meiner Pfeile in ihrem rechten Oberarm gemacht hat, stieß, als sie mich da stehen sah, wahrscheinlich war es einen grässlichen Fluch in ihrer Heimatsprache lautstark über mich aus. Ich zwang sie ihre Taschen so zu leeren, dass die leeren Taschen außerhalb an ihren Klamotten leer herunter hingen. Dann mussten sie das Häuschen verlassen und ich sammelte die ganzen, verstreut auf dem Boden liegenden Goldfische in meine Taschen ein. Bevor ich das Haus verlassen habe, schnitzte ich auf die Schnelle einen kleinen, ovalen Holzkeil, schloss die Haustür ab und trieb den Holzkeil ganz stramm in das Schlüsselloch. Mit dem scharfen Wurfmesser, mit dem gestern Abend Golombka nach mir warf, schnitt ich den festsitzenden Holzkeil bündig an der Tür ab. Ohne Werkzeug konnte man diesen Keil aus dem Schlüsselloch nicht entfernen und somit konnte keiner, ohne die Tür aufzubrechen, ins Haus hinein. Schleunigst eilte ich ins Backhaus, denn da musste im Bachofen wieder Holz nachgelegt werden. Ich war mir ziemlich sicher, dass Didilind schon den fertigen Brotteig zu Broten in den Strohschüsseln formt. Das heißt, dass der Backofen in spätestens fünfundzwanzig Minuten backbereit sein muss. Nach etwa zehn Minuten habe ich noch einmal nachgelegt, verschloss das Backhaus und ging in unser Häuschen. Da hat Didilind schon das letzte Brot für die Strohschüssel geformt. Ich nahm zwei volle Strohschüsseln unter die Arme und trug sie in das warme Backhaus und holte die nächsten zwei und dann noch einmal zwei. Die siebte und zugleich die letzte volle Strohschüssel brachte Didilind ins Backhaus. Dann kontrollierte sie das Innere des Backofens und meinte, dass der Backofen heiß genug ist und dass kein Holz mehr nachgelegt werden muss. Jetzt erzählte ich Didilind, was ich vorhin in Dienstags Häuschen mit den drei Weibern erlebt habe und wie ich anschließend die Türschlösser mit einem ovalen Holzkeil, der fest im Schlüsselloch sitzt, unbenutzbar gemacht habe. „Ich möchte nur zu gerne wissen, was in die drei Weiber gefahren ist, die fast zum Mörder am eigenen Fleisch geworden wären, was ihnen auch fast gelungen ist.“ Dann gab ich Didilind die aufgesammelten Goldfische, die eigentlich Dienstag gehören, dass sie, sie sicher für ihn aufbewahren möge. Ich dachte im Moment, mich trifft der Schlag, denn durch das kleine Fenster im Backhaus konnte ich sehen, wie Galombka sich an der Haustür zu schaffen machte, als wollte sie erneut die Haustür aufschließen, was ihr aber nicht gelang, denn, egal ob in der Haustür oder in den Pferdestall, in den Schlüssellöchern war kein Platz mehr für den Hausschlüssel. Und was muss ich da hinten an der Hausecke sehen? Da standen Janine und Kotschka und warteten wahrscheinlich, dass Golombka die Haustür für eine nochmalige Suchtour öffnet. Doch dann stieß sie wieder ihren grässlichen Schrei aus und verschwand zu den beiden andern und räumten das Feld. Wohin sie sich verkrochen haben, konnte ich durch das kleine Backhausfenster nicht sehen. Ich trug darauf die noch glühende Asche des verbrannten Holzes hinaus in die Aschengrube, putzte mit einem nassen Sack, der an einer langen Holzstange befestigt war den Ofen aus und Didilind schob auf einem Schieber aus Buchenholz ein Brot nach dem andern hinein in den heißen Backofen. Um alles Weitere, Backofen und Brot darin, kümmerte sich jetzt Di-dilind, während ich draußen unauffällig die Häuser, einschließlich der Wagenremisen im Blick hatte. Die Pferde im Stall, haben heute sehr spät gefrühstückt; ich habe sie erst gefüttert, als das Brot fertig gebacken war und Didilind wieder mit all den frischen Broten drüben im Häuschen war. Dann habe auch ich das Backhaus abgeschlossen, ging auf den Heuboden, warf das nötige Heu herab, ging in den Pferdestall und verteilte es in der Futterleiter. Wasser war vorerst noch genug in den Eimern. Dann ging ich, nachdem ich all den Pferden eine verkürzte Schmu-seeinheit heute verpasst habe in die Küche und habe auch gefrühstückt. Luzia hat mir ganz stolz berichtet, dass Dienstag heute schon eine ganze Tasse heiße Brühe, in der ein Ei verrührt war, gegessen hat: „Und ich habe ihn wie immer gefüttert!“ Offensichtlich haben Didilinds Kräuterumschläge auch hier schon auf wunderbare Weise gewirkt oder ihre heilende Wirkung gezeigt. Danach ging ich, natürlich schwer bewaffnet, durch den Schnee in die Wagenremise, stellte zunächst fest, dass keiner in ihr sich zu schaffen gemacht hat, leerte die Mausefallen, stellte sie wieder auf, verließ die Remise und schloss sie wieder von außen sicher ab. Dann holte ich vom Holzstadel soviel Holz, wie ich heute verheizt habe und einige Scheite mehr aber auch das nötige trockene Moos- und Reiserzeug zum Feuermachen, denn wir waren uns einig, dass der Brotbäcker nach dem Backen wieder das Holz zum Feuern und zum Feuermachen in das Backhaus bringt, was er heute zum Backen verbrannt hat. Dann ging ich hoch an den Bach und begutachtete die gesperrte Abzweigung. „Das Wasser ließe sich noch ohne Weiteres umleiten, vielleicht sollte ich doch noch einen Sack Roggen mahlen, bevor es restlos zufriert“, dachte ich im Stillen, „nur wo hole ich es?“ Da sagte mir meine innere Stimme: „Versuche es doch bei Gerid auf dem Schüttboden, denn er wird sicher die nächste Zeit bei euch verköstigt werden. Und so ging ich in unser Häuschen und sprach ihn darauf an. Er hatte nichts dagegen und ging, nachdem ich die Haustür von außen abge-schlossen habe, sogar mit mir auf den Schüttboden seines Hauses. Gemeinsam füllten wir einen Sack voll mit Roggen, den er mir auf meinen Rücken half, und ich hinab in den Mahlraum trug. Hier schüttete ich den Roggen in den Mahltrichter. Den leeren Sack band ich unten am Auslauftrichter fest. Dann trat ich wieder hinaus, sichtete die Umgebung, schloss die Tür ab und ging an den Bach zu der Ableitung in den Mahlgraben. Hier leitete ich das Wasser ab, und das Wasserrad begann sich langsam und knarrend, immer schneller werdend, zu drehen. Im Mahlraum spannte ich die Transmission um, und die Mahlsteine begannen sich mit schnar-chenden Geräuschen zu drehen. Als die Steine ihre volle Drehzahl erreicht haben, öffnete ich den Körnereinlauf und die Steine konnten den Roggen in Roggenvollkornmehl umwandeln. Während der Mahlprozess so vor sich hinlief, holte ich von unserm Schüttboden einen Sack Weizen, der nach dem Roggen auch noch in Weizenvollkornmehl umgewandelt werden soll. Beides, dass Roggen- und das Weizenmahlen klappte prima. Vielleicht kann man in Zukunft immer etwas Weizenmehl dem Brotteig beimischen. Da würde das Roggenmehl sicher länger reichen. Dann ging ich hinaus an den Bach und schaute in das zurzeit leere Bachbett und fand zu meiner Überraschung fast einen Eimer voll Goldfische von verschiedener Größe. Nachdem auch der Weizen gemahlen war, ging ich hinaus an die Wasserkreuzung und leitete das Wasser wieder um, das Wasserrad hörte auf sich zu drehen, und ich ging am künstlich angelegten schmalen Wassergraben, durch den jetzt kein Wasser floss ganz langsam entlang und fand wieder zwei volle Hände Tauben Eier große und sehr kostbare und begehrenswerte Goldfische, um an sie zu gelangen, gehen viele Menschen zur Zeit über Leichen, von denen wir sicher wieder einige Jahre gut leben werden können. Im Mahlraum habe ich die Transmission wieder ausgespannt, die Tür zum Mahlraum zugemacht, den Werkraum von außen abgeschlossen und ging ins Häuschen, wo Didilind schon mit dem Mittagessen wartete. Zum Mittagessen gab es für uns frische Butterbrote, die mit Fleischscheiben belegt waren und warme, klare Fleischbrühe. Dienstag, der sich wieder von Luzia füttern ließ, hat heute Mittag zwei Tassen der klaren Brühe mit Eiereinlauf gegessen. Nachdem wieder alles zum Mittagessen benutzte Geschirr sauber und trocken aufgeräumt war, machte Dienstag uns so komische Zeichen, die wir dahindeuteten, dass er auf die Toilette müsse. Gerid und ich setzten ihn auf einen Küchenstuhl und brachten ihn in das kleine Holzhäuschen neben dem Misthaufen, wo er, sicher ob der kalten Kälte sein Geschäftchen schneller als sonst erledigte. Hut ab vor Gerid, der unaufgefordert ihn sauber machte. Gemein-sam haben wir ihn auf den Stuhl gesetzt und wieder in die Küche getragen. Didilind hat bei ihm den Verband gewechselt und neue Kräuter auf die Stichwunden gelegt, die offensichtlich bei ihm regelrechte Wunder wirkten, denn schon am nächsten Tag konnte er alleine einige Schritte tun und versuchte uns zu sagen, dass er am liebsten wieder in einem Bett schlafen möchte. Aber zurück zum heutigen Tag! Von den drei Weibseln habe ich nichts mehr gesehen. Wo sie sich verkrochen haben weiß ich nicht, trotzdem habe ich meinen Verstand auf doppelte Vorsicht geschaltet, denn man weiß ja nie, aus welcher Ecke das nächste Wurfmesser geflogen kommt und wie viele sie noch davon haben. Bogen und Köcher baumelten vorn an meiner Brust, den Ger hielt ich in meiner Rechten und mit meiner linken öffnete ich den Pferdestall. Ich glaube, dass die Pferde auf den Ausgang schon gewartet haben, denn eines nach dem andern marschierte hinaus in den Schnee, vollführten die tollsten Kunstsprünge, wälzten sich aber auch, alle Viere hochgestreckt, im Schnee. Ich ging in die Scheune und brachte das nötige Stroh, um ein frisches Nachtlager zu bereiten. Vom Heuboden warf ich das nötige Heu herunter, das ich in die Futterleiter steckte, holte aus dem Häuschen den Eimer mit dem Hafer und schüttete die Nachtportion in die Futterkrippe und begann die Wassereimer der Reihe nach auszuwaschen und mit neuem Wasser zu füllen. Wie es so aussieht, wollen die Pferde noch gar nicht in den Stall. So stand ich in der offenen Stalltür und schaute dem Treiben der Pferde zu. Dabei ist mir aufgefallen, dass eine Leibgardistenstute, die ja auch schon hochträchtig ist, es mit dem Herumtollen nicht so wild trieb wie die anderen. „Solltest du auch bald Pferdemama werden“, dachte ich! Vor lauter Pferdegucken habe ich gar nicht mit bekommen, dass die grauen Wolken am Himmel immer grauer und dichter wurden, was nach viel Schneenachschub aussieht. Doch so langsam dachten auch die Pferde an den gedeckten Tisch, der im Stall auf sie wartet und im Gänsemarsch marschierten sie, einer nach dem andern, in den Stall; leckten da und dort unterwegs noch bisschen Schnee. Hier im Stall verabreichte ich ihnen, während sie fraßen, die allabendlichen und liebgewonnenen Tätschel-, Streichel- und Krauleinheiten. Besonders sehr lange war ich bei der Leibgardistenstute, die wohl als nächste ihr Fohlen bekommt und wünschte ihr alles Gute, dass es bei ihr auch so gut klappen möchte wie bei den vier andern Pferden der Banditen. Mit dem Eimer in der Hand, in dem noch eine Haferportion für alle Pferde war, trat ich aus dem Stall, begutachtete das Rundherum, schloss den Stall ab und ging ins Haus. Für heute Abend hat Didilind wieder eine kräftige Fleischnudelsuppe gekocht, die wie immer, wieder große Klasse geschmeckt hat. Luzia hat auch heute Abend zuerst Dienstag gefüttert, der zwei ein halb Tassen verdrückt hat. Aber irgendwie machte er nach dem Abendessen einen recht geknickten Eindruck auf uns, gerade so, als würde er sich ärgern, dass er den vorgestrigen Zwischenfall überlebt hat! Doch dann halfen wir beide, Gerid und ich ihm wieder beim Besuch des kleinen Holzhäuschen und brachten ihn wieder zurück in die Küche, legten ihn auf die gegerbten Felle, deckten ihn mit einem warmen gegerbten, Bärenfell zu und für ihn konnte die Nacht beginnen. Gerid hatte nichts dagegen, dass wir beide in der hinteren Kammer schlafen und beide Mädchen in der vorderen. Auch wir waren bald in unsern Betten. Hier habe ich heute Abend mit meinem Chef ganz allein da oben im blauen Himmelszelt mein Schwätzchen gehalten und ihm alles, was heute wieder vorgefallen ist erzählt und immer wieder nach dem Warum und dem Wieso gefragt, was bloß in die Frauen gefahren ist, dass sie sogar zum Morden bereit sind, denn wer hat Dienstag so blutig, in der Hoffnung, dass er es nicht überlebt, zugerichtet? Wer hat mit den scharfen Wurfmessern nach mir geworfen und gehofft hat, dass ich kampfunfähig am Boden liegen bleibe? Was mein Chef, haben wir ihnen getan? Und meine innere Stimme sagte mir, dass alle vier Frauen im Winterlager auf Didilind, Luzia und dich bis aufs Blut eifersüchtig sind, dass bei euch alles so klappt, dass es zwischen euch dreien keine Reibereien gibt. Nicht einmal die Luft zum Atmen gönnen sie euch. Für die Außenstehenden sieht es so aus, als ob bei euch alles spielend, ohne große Anstrengungen über die Bühne geht. Wie viel Mühe sich immer wieder Didilind bei der Haushaltführung gibt sehen sie nicht, oder wollen sie gar nicht sehen, aber auch nicht, dass du den ganzen Tag auf den Beinen bist und nach dem Rechten schaust, wollen sie weder bei Didilind noch bei dir sehen. Manchmal meinen sie, un-sichtbare Geister würden nur bei euch und nicht auch bei ihnen all die Arbeit machen und ihr kommt zum Fertigen, was sie euch auch nicht gönnen. Die zwei Frauen, die in Dienstags Bann stehen, geben euch die Schuld an Matulas Tot, denn ihr Körper, der auf Hunger und Schmutz gedrillt war, konnte die drei regelmäßigen Mahlzeiten und das tägliche sich waschen nicht vertragen und kapitulierte vor dem Wohlstand. Die zwei Weiblein werden euch heute Nacht ins Ungewisse verlassen. Die dritte wird übermorgen an eure Tür klopfen und reumütig zurückkehren, denn sie erwartet von Gerid, trotz ihrer vorgerückten Jugend, ein Kind. Gerid sollte gut zu ihr sein, ihr verzeihen können aber es nicht, egal in welche Richtung, ob Güte oder Härte, es übertreiben und vor allem sollte er seinen Schatz selbst verwalten, denn sie kann mit seinem Goldschatz nicht umgehen, und er muss das Planen im Haushalt übernehmen, wobei Didilind ihm und ihr dabei behilflich sein kann. Die vierte Frau muss Dennis zur Vernunft bringen, was ihm leider nicht gelingen wird und euch noch viel Kummer bereiten werden. Und zum Schluss möchte ich euch noch sagen, so lange ihr mich nicht enttäuscht, so lange halte ich meine Schützenden und helfenden Hände über euch. Und auf dich Eberhard, kommt in den nächsten Tagen ein großes Abenteuer zu, aus dem du aber als Sieger hervorgehen wirst. Verzage nicht! Ich dankte dem Chef da oben und bat ihn, dass er alle Menschen beschützen möge, denen wir im Leben schon begegnet sind im Guten aber auch im Bösen und das er mir die Kraft schenken wolle, niemandem böse zu sein, auch wenn er mich noch so enttäuschen sollte oder weh getan hat. Dann musste auch ich bald eingeschlafen sein. Geweckt scheint uns heute Nacht keiner. Ein blick aus den Fenstern sagte mir, dass hier niemand durch den frisch gefallenen Schnee ge-laufen ist. Der Reihe nach haben wir uns in der Waschschüssel frisch gemacht. Dann versuchte ich in der restlichen Glut ein kleines Feuer zu machen, denn es war heute Morgen doch recht kühl in der Küche. Dann holte ich vom abge-lagerten Holzstadel zwei volle Arme Holzscheite zum Weiterheizen, denn Didilind wollte heute zum Frühstück wieder den guten Tee, Marke Didilind, kochen und dazu die guten Butterbrotscheiben, belegt mit viel gegrilltem, saftigen Fleisch. Bis alles fertig ist, ging ich zu den Pferden, ließ sie aus dem Stall und da sah ich, dass die Leibgardisten Stute heute Nacht ein kleines Stutenfohlen bekam, dass sicher, allein schon von der Farbe sehr drollig aussah aber trotz allen Tatendrang noch sehr, sehr wackelig auf ihren Füßen und noch nicht ganz sauber war. Ich habe Mutter und Kind erstmals liebkosend beruhigt, denn ich hatte so dass Gefühl, dass es ihr erstes Fohlen ist und noch nicht so richtig weiß, was es mit dem kleinen, wackligen Erdenbürger oder bisschen Pferd jetzt anfangen soll. Eilig verschwand ich auf dem Heuboden und warf etwas Heu herab, begutachtete den Heuhaufen, ob da auch keiner versteckt liegt, der dann im Pferdestall vielleicht einige Dummheiten zu meinem Schaden machen könnte und eilte wieder hinunter in den Stall. Das Heu vom Boden verteilte ich dann in der Futterleiter und ließ die Pferde wieder in den Stall hinein, um ihn wegen des kleinen Fohlens warm zu halten. In der Küche erzählte ich allen, dass es heute Nacht bei den Pferden wieder einen kleinen Nachwuchs gegeben hat.

Das Frühstück hat Dienstag mit uns schon am Tisch mitgegessen. Allerdings das Brot hat ihm Luzia bissgerecht zugeschnitten und in den Mund gesteckt, da er immer noch, wie man sehen kann große Schwierigkeiten mit seinen Armen, sie zu bewegen, hat. Auch den Becher mit dem guten Tee hat sie ihm immer wieder gereicht und zwischendurch hat sie auch noch selbst gegessen. Nach dem Frühstück hat Dienstag immer wieder etwas gesagt und dabei fielen die Namen Kotschka und Golombko. Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass ich nichts von ihnen oder ihrem Verbleib weiß. „Wenn du wieder reiten kannst, dann reitest du aus, um sie wieder zu finden“, versuchte ich ihm immer wieder klarzumachen. Traurig saß er am Tisch und wusste wahrscheinlich selbst nichts mit seinem „Ich“ anzufangen, das ohne seine beiden Frauen scheinbar keinen Sinn mehr hatte. Dann fragte Gerid, wo wohl Janine sein werde und ich sagte ihm, dass er sich um sie vorerst keine Sorgen machen muss, denn sie braucht noch einen Tag, um erkennen zu können, dass sie in ihrem Leben viel verkehrt gemacht. Morgen wird sie hier bei uns an die Tür klopfen und dich um Verzeihung bitten und dir die freudige Mitteilung machen, dass du wieder Vater wirst. Und einen guten Rat soll ich dir noch geben, verwalte du deinen Goldschatz und den Lederbeutel, sie muss nicht wissen was du alles und wie viel du da angehäuft hast, dräng dich ihr nicht auf, lass sie aber auch nicht zappeln. Verzeih ihr! „Woher weißt du das denn alles“, fragte er erregt? Und ich sagte, das mein Chef da oben mir das gestern Abend alles gesagt hat und auch, dass Dienstags Freundin Golombko und seine kleine Schwester Kotschka heute Nacht heimlich verschwunden sind, vermutlich auf nimmer Wiedersehen. „Nur wie bringe ich es ihm bei, dass die beiden, die ihn auch ermorden wollten, die zu dritt ihn berauben wollten und den größten Teil seines Gol-des schon in den Taschen hatten, jetzt verschwunden sind und nichts mehr von ihm wissen wollen! So hart das sein mag, so wahr ist es aber auch!“ Da fragte Gerid, wo sie denn jetzt ist oder sein mag? Ich musste ihm leider sagen, das ich das, so wahr ich vor dir stehe, nicht weiß und wenn ich dir einen guten Rat geben darf, dann lass sie das Ei, das sie sich selbst gelegt hat durch ihren Neid und die Eifersucht auf andere, lass sie es auch selbst ausbrüten, ohne irgend-welche restliche und noch so kleine Überbleibsel, die sie immer wieder in das alte Übel zurückwerfen werden. „Und sag es ihr, wenn sie wieder anfangen sollte die eifersüchtige oder nei-dische Frau zu spielen, dass es auch den anderen Weg gibt, denen, die deinen Neid immer wecken, es denen nachzumachen und dass auch wir hier alles selber machen müssen, dass wir keine kleinen Geister haben, die, die Drecksarbeit bei uns machen. Du selbst hast es ja jetzt wieder gesehen, wie bei uns der Tag abläuft, dass wir auch nur das haben, was wir uns tagtäglich neu schaffen oder erwerben!“ Gerid wurde über das was ich ihm da sagte sehr nachdenklich und er schien tatsächlich in sich zu gehen und über die verflossenen Wochen nachzudenken, die eigentlich so verheißungsvoll begonnen haben und er dann, warum eigentlich mit Denis zum Querulanten, zu Eigenbrötlern geworden sind. Wo liegen die Ursachen? Kann ich sie bei den Frauen suchen? War es Eifersucht oder Neid auf Didilind und mich, bei denen es scheinbar alles so leicht für den Außenstehenden abläuft? Wie viel Kraft, wie viel Energie jeden Tag von uns allen hinein-investiert wird, wollen die Neider sicher-lich nicht wahrhaben, oder es gar nachmachen, schade! Wir sind uns jeden Tag immer bewusst, dass es ohne Fleiß keinen Preis gibt. Nach dem Abwasch ist Didilind in ihre Schlafkammer gegangen und ich hinter ihr. Hier gab ich ihr den Goldschatz, den ich gestern nach dem Schroten im künstlichen Wassergraben gefunden habe, den sie zwischen die Wäsche in den Wäschekisten versteckte. Doch dann bat ich Gerid hier im Haus den Beschützer wieder zu spielen, denn ich möchte mal am Bach langgehen und eventuell, falls sie im Bächlein vorhanden, zur Abwechslung einige der guten und saftigen, bepunkteten Fische fangen. „Wartet nicht mit dem Mittagessen auf meine Rückkehr“, sagte ich noch. Ich zog mich warm an, nahm einen leeren Eimer und schwer bewaffnet verließ ich das Haus, schloss es von außen ab, denn den zweiten Schlüssel hatten sie ja drinnen. Ich weiß nicht wie weit ich schon am Bach gegangen bin. Da sah ich im Bach einige Prachtexemplare im Wasser stehen, die bestimmt, wenn sie Didilind zurechtmacht, nicht schlecht schmecken werden. Ich hatte schon fünf der Fische mit meinem Ger gefangen, jeden gleich geschlachtet. Jetzt wollte ich, bis die Fische wieder mit dem Schnabel nach oben versammelt im Bach stehen, die schon gefangenen ausnehmen und waschen. Doch weit kam ich nicht, denn plötzlich bekam ich von hinten einen deftigen Schlag auf meinem Kopf und für mich wurde es zappe duster. Als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt und un-bewaffnet im Schnee. Um mich herum standen vier Kleiderschränke von Männern, die ich schon einmal wo gesehen haben musste. Nur wo und wann? Doch da kam es mir wieder in den Kopf; es waren die vier Männer, die ich damals, als es um die Freilassung der Slawen ging, gerne die riesengroße Eiche umsägen lassen wollte. Jetzt merkten sie, dass ich wieder ansprechbar bin und grimmig verlangten sie von mir, dass ich ihnen sage, wo ich meinen Goldschatz versteckt habe. Statt ihnen auf die Frage zu antworten sagte ich ihnen: „Wenn euch euer bisschen erbärmliches Leben noch lieb ist, dann verschwindet ihr so schnell ihr könnt, den hier werden sehr bald drei Krieger auftauchen, die nach mir schon suchen, die dann mit euch kurzen Prozess machen werden und ihr euch schneller als euch lieb ist in den ewigen Jagdgründen wiedersehen werdet.“ Der wohl kräftigste von ihnen schrie mich an und stieß dabei mit seiner Gerspitze auf meine Brust und fragte dabei, aus welcher Richtung sie kommen würden? Ich versuchte ihnen klarzumachen dass ich zum Zeigen keine Hand frei habe. Zur Belohnung bekam ich einen deftigen Tritt in meinen Allerwertesten, der richtig weh tat. Ich versuchte daraufhin ihnen zu sagen von da drüben, aber keiner wusste wo da drüben liegt, denn ich lag ja flach auf dem Schnee. Als der Treter zum zweiten Tritt ausgeholt hat, sagte ich ihm dass sie mich, den Gefesselten schon mal aufstellen müssten, um ihnen mit dem Kopf zeigen zu können, wo da drüben ist. Das musste doch den hirnamputierten Riesen eingeleuchtet haben und sie stellten mich tatsächlich auf die Beine und ich drehte den Kopf in die Richtung aus der meine Fantasiegestalten kommen sollten. Drei der Riesen verschwanden schwerbewaffnet in diese Richtung, während der vierte mich ge-fesselten, bewachte. Nach etwa einer viertel Stunde begann ich zu jammern, dass ich pinkeln muss und bald die Hosen nass mach. Und wenn die erst einmal gefroren sind, werde ich bestimmt keine gossen Sprünge machen können. Doch mein Bewacher reagierte auf mein bettelndes Gejammer nicht. „Aha“, dachte ich, „mit der Mitleidstour ist bei ihm nichts zu machen, versuchst du es mal andersherum!“ Und ich fragte ihn, ob er wirklich einen gotischen Landsmann mit vollgepullerten, nassen und gefrorenen Hosen hängen will? „Wenigstens von einer Hand kannst du ihm die Fessel zum Pinkeln lösen, die andere hältst du während dessen ganz fest mit deinen beiden Riesenhänden und danach fesselst du mich wieder, oder bist du so ein großer Feigling oder Angsthase und dich nicht traust mir einen letzten Gefallen zu erweisen? Oder hast du Angst, wenn du mich da pinkeln siehst, dass du auch musst, denn pinkeln steckt angeblich an und wer nicht pinkelt ist kein Mann! Und siehe da, der Bewacher schien tatsächlich Mitleid mit meinem Gepinkel zu haben, denn er löste meine Handfesseln, und ich reichte ihm meine linke Hand, dass er sie mit seinen beiden Händen festhalten kann. Zum Schein fummelte ich kurz an meiner Hose, um ihn abzulenken und ehe er sich versah, bekam er von mir einen rechten Haken, der ihn langlegte. Schnell gelang es mir die Fußfesseln zu lösen und fesselte meinen Bewacher an Händen und Füßen, steckte ihm sein dreckiges Tuch, das ich in seiner Hosentasche fand fest in seinen Mund und rollte ihn den Hang hinab in Richtung Bach in der Hoffnung, dass er direkt in den Bach rollt und davonschwimmt. Dann nahm ich von den Waffen, die da im Lagerplatz herumlagen einen Bogen, zwei volle Köcher und einen Ger und versteckte mich so, dass man mich nicht gleich sehen konnte, aber ich reihum alles im Blick hatte. Nach einer knappen Stunde kamen sie laut schimpfend wieder zurück und staunten nicht schlecht, als sie niemanden da vorfanden. Vor lauter Schimpfen und Staunen haben sie gar nicht gemerkt wie der erste von ihnen lautlos vorn über sich langlegte. Als sie es mitbekamen, dass sie nur noch zu zweit waren, versuchten sie zu türmen. Und was für einen Goten recht unrühmlich ist, habe ich am zweiten praktiziert und ihn von hinten umgelegt. Trotz meines lauten Rufens wollte der dritte sich nicht umdrehen und auch er bekam von hinten einen pfeiligen Abschiedsgruß aus dem Bogen der ihn auch ins Jenseits schickte. Begraben konnte ich sie nicht, denn der Boden ist für ein Grab zu schaufeln zu tief gefroren. Also ließ auch ich sie den Hang hinunter in Richtung Bach rollen, in der Hoffnung, dass auch sie vom Wasser in die Walhalla getragen werden, um da ihren gebührenden Lohn zu empfangen. Jetzt hatte ich erstmals Zeit, die Waffen zusammenzutragen, sie auf drei der vier Pferde zu binden. Auch den Eimer mit den fünf bepunkteten Fische habe ich gefunden und auf ging es den Spuren nach in unser Domizil. Es war schon recht duster, als ich ankam. Unterwegs habe ich mich immer wieder gefragt, woher wussten sie von unserm Goldschatz? Didilind wäre fast vom Sockel gefallen, als ich ihr erzählte was heute passiert ist und ihr meine große Beule auf meinem Hinterkopf zeigte, und dass vier Menschen, die es nicht anders wollten, ins Gras gebissen haben. Die Waffen haben wir, bis auf meine eigenen, die ich unter den anderen fand, im Werkraum verstaucht. Die vier Pferde habe ich im fünften Stall untergebracht und auch gleich mit Heu und frischem Wasser versorgt. Dann habe ich auch noch unsere Pferde mit einer frischen Stroheinlage und reichlich Heu und frischem Wasser versorgt. Auch die allabendlichen Tätscheleinheiten waren heute Abend wieder etwas kürzer als sonst. Ich versprach aber allen Pferden, dass ich morgen alles wieder nachholen werde und dann erzähle ich euch warum und wieso es heute so kurz ausgefallen ist. Sehr schnell habe ich den Stall von außen abgeschlossen und nix wie hinein in die Küche. Didilind hat hier erstmals meinen Kopf untersucht und festgestellt, dass mein Kopf doch etwas härter als der Knüppel war, mit dem zugeschlagen wurde. Didilind meinte dass wir auf den Kopf nichts zubinden müssen, denn es gibt keine offene Platzwunde, die scheinbar verbunden werden müsste. Vielleicht genügt schon ein kühler Umschlag, um das Kopfweh zu lindern. Die dicke Nudelsuppe, die es heute zum Abend gab, schmeckte nicht nur erstklassig, sondern machte auch richtig satt. Die fünf Fische, die ich heute gefangen habe, will Didilind morgen zu Mittag machen. Doch da sagte ich ihr, dass wir morgen Mittag sechs Personen sein werden, aber wir haben nur fünf Fische. „Wenn morgen es nicht zuviel schneien sollte reite ich noch einmal nach dem Frühstück hinaus an die Stelle, wo ich die fünf gefangen habe, denn du kannst ja acht Fische auf einmal im Dreifußtopf braten.“ Didilind meinte dazu, dass wir erst mal morgen früh mir klarem Kopf aufwachen sollen. „Dann sehen wir weiter.“

Dienstag, der wieder in einem Bett schlafen wollte, habe ich auf morgen vertröstet, denn dann bist du wieder bisschen mehr beweglich und nicht mehr so unbeholfen. Ich war mir sicher, dass Gerid morgen wieder in und mit Janine zusammen wieder in seinem Häuschen kampieren werden und dann das vierte Bett bei uns wieder frei ist. Bald danach verschwanden wir in unsern Betten. Ich habe wieder alles meinem Chef da oben erzählt, auch dass ich heute vier Menschenleben ausgelöscht habe und fragte ihn, ob das nicht auch Notwehr war, denn sie haben mich, nicht nur feige und rücklings zusammengeschlagen, gefesselt und hätten auch mich letzten Endes feige ermordet. Und wer weiß, wie viele unschuldige Menschen sie dann noch bei ihren Raubtouren umgebracht hätten? Und meine innere Stimme sagte mir, dass er mein Tun gerade nicht gut heißen kann, denn meine Reaktion auf ihr Handeln, war mehr als nur menschlich. „Ich, als der Herr euer Gott, ich hätte sicher anders gehandelt. Ich glaube, dass meine letzten Worte heute Abend, die ich zu ihm sprach, waren: „O mein Gott sei mir armen Sünder gnädig!“ Geweckt hat uns heute Nacht niemand. Als ich früh aufwachte, hat es feste geschneit und Didilind sagte mir, dass es mit dem Fische fangen wahrscheinlich nichts wird, denn was das Schneien anbelangt, so sieht es nach mehr und nach viel noch aus. „Didilind, was hältst du davon, wenn wir die Fische zum Abendessen machen, ich hoffe, dass er dann wieder mit Janine zusammen ist und zu Mittag gibt es nur eine kräftige warme, dicke Suppe, die jetzt bei dem Schneetreiben sicher allen besser schmecken wird“, meinte ich. Didilind war mit meinem Vorschlag einverstanden.

Nach dem Frühstück, das heute aus belegten Butterbrotscheiben und warmen Tee bestand, machte ich mich bald in die Ställe zu den Pferden. Erst versorgte ich meine neun großen mit den sechs kleinen einschließlich der gestern Abend ge-machten Versprechungen und dann ging ich zu den vier neuen im fünften Stall. Wie ich sehen konnte, waren alle vier gut gewachsene Stuten und wie ich am Gebiss sehen konnte, im noch recht jungen Alter. Also in einem immerhin noch verheißungsvollen Alter. Mal sehen wie Thor sich ihnen gegenüber verhält, wenn sie draußen im Schnee aufeinandertreffen? Zunächst habe ich ihnen frisches Heu und Wasser gegeben und die Streu am Boden verbessert. Herauslassen werde ich sie alle dann nach dem Mittagessen.

Wir haben gerade das Dankgebet nach dem Mittagessen gesprochen, da klopfte es an unsere Haustür. Luzia wollte an die Tür. Im letzten Moment konnte ich sie zurückhalten und bat Gerid augenzwinkernd doch an die Tür zu gehen, was so viel heißen sollte: „Sie, Janine, steht draußen und mach du ja jetzt nichts verkehrt.“ Ich hatte Recht mit meiner Annahme, draußen stand Janine, die, wie man bald sehen konnte, dabei war sich in Tränen aufzulösen. Gerid sprach sehr laut. Und was ich gerade so mitbekam, ging es um die Haushaltsführung und die Kocherei. Und ich hörte wie er sagte, dass du gar keinen Grund hast auf sie eifersüchtig zu sein, denn in ihrer Küche fehlt überhaupt nichts. während in deiner Küche nicht einmal das Salz zum Kochen und zum Grillen da ist, ebenso ist kein Brot, keine Butter und so weiter, nichts ist da. Und wenn du tatsächlich noch einmal es mit mir versuchen willst, dann nur unter einer Bedingung, dass du endlich munter wirst und, wenn Didilind einverstanden ist, du bei ihr in die Lehre gehst und alles, was in den Bereich der Hausfrau fällt, bei ihr lernst. Wenn du damit einverstanden bist, dann können wir gleich ins Haus gehen und wir alles vereinbaren; mit dem Brotbacken können wir gleich heute Abend beginnen. Und so kamen sie in die Küche und auch hier entschuldigte sie sich für ihr Gebaren in den letzten Tagen, besonders, dass sie mit den beiden Frauen Dienstags Goldschatz plündern wollten. Hier mischte ich mich ein und sagte ihr, sie solle dem Himmel danken, dass ich im richtigen Augenblick da war, denn sonst wäre sie heute eine tote Frau, irgendwo im Schnee verscharrt. Sie solle ja nicht glauben, dass Dienstags Frauen mit ihr das gefundene Gold geteilt hätten. Hinter dem ersten Gebüsch hätten sie dich abgestochen und im Schnee verscharrt und keiner hätte etwas über deinen Verbleib mitbekommen und dein achtbeiniges Gefährt wäre unwiederbringlich in ihren Besitz übergegangen.“ Und jetzt wendete sich Gerid an Didilind mit der Bitte, ob Janine bei dir in die Haus-haltslehre kommen darf, das heißt, dass sie heute schon am Abend zu dir kommen darf, um morgen das erste Brot unter deiner Anleitung zu backen und du ihr auch beibringst, was sie am kommenden Sonnabend alles einkaufen muss, was in einer guten Küche so für die nächsten sechs Tage da zu sein hat, vom Salz angefangen bis zu den Nudeln, Grieß, die Hühnereier und die Gewürze, die ja jetzt, wenn überhaupt noch jetzt da sind, nur noch im getrockneten Zustand zu haben sind. Aber immerhin besser als nichts und wir nicht hungern müssen.

Dann wendete er sich an mich und fragte, ob wir heute noch einen Sack Roggen schroten könnten, um morgen das Brot zu backen, was wir sofort erledigten. Nach dem Mahlen habe ich ihn an das Bächlein geschickt, das er das Wasser wieder in seine alte Bahn umleite und dann die wieder leere Wasser Rinne, die das Wasserrad antreibt, an ihr langgehen soll um nach zu schauen, ob da nicht das eine oder das andere Goldfischchen hängen geblieben ist. Er tat es und kam strahlend zurück und berichtete mir, dass er vier Enten Eier große Goldfische gefunden hat, und ob er sie alle behalten darf? „Für den nächsten Einkauf am Sonnabend wirst du sicher das eine oder das andere Goldfischchen gebrauchen. Und was das Brotbacken noch anbetrifft, beim Beheizen des Backofens, das machen wir fürs erste zusammen. Ich komme dich nach dem Frühstück zum Feuermachen holen!“ Mit dem Brotbacken hat es prima geklappt. Nur für drei Brote rentiert sich das Brotbacken fast gar nicht, denn in den Backofen gehen sachte neun Brote hinein. Es wäre schön, wenn zwei Gruppen zusammen das Brot backen würden, bei einem Heizen! Bis Freitagnachmittag hat sich nichts weiter ereignet. Am Abend kamen Gerid und Janine zu uns und fragten, ob wir morgen zum Markt fahren und ob sie dann mitfahren dürfen, um alles Nötige zu besorgen. Didilind war einverstanden, dass sie mit Luzia ohne mich fahren und dass die beiden dann hinten im Schlitten sitzen dürfen. Ich klopfte Gerid auf die Schultern und sagte: „Nicht zu spät frühstücken, denn je früher man auf den Markt kommt, um so größer ist die Auswahl. Und ich kann dann schon mal hier die unbe-wohnten Häuschen inspizieren, ob da nicht noch irgendwo ein Backtrog liegt, denn vielleicht klappt es noch, dass wir beide zusammen, bei einem Heizen, das Brot backen!“

Am nächsten Tag, es konnte so gegen neun Uhr gewesen sein, meine Vierbeiner im Stall und alle Zweibeiner im Haus hatten ihr Frühstück schon inne. Meine zwei Mädchen haben den Abwasch gemacht und ich spannte Thor und Odin an den Schlitten. Beide Pferde bekamen eine kleine Extraportion Hafer, dass sie mir unterwegs nicht schlapp machen und ins Schwitzen kommen. Die Pferde waren mit dem Hafer gerade fertig, da kamen von der einen Seite Gerid und Janine und von der anderen Seite Didilind mit Luzia, die auch heute wieder ganz stolz den Kutscher spielen durfte. Didilind brachte für die Eier, die sie auch heute kaufen wollte, die warme Decke aus ihrem Bett, um sie während der Heimfahrt vor dem Einfrieren zu bewahren. Beim Einsteigen in den Schlitten sagte ich ihr noch, ob sie vielleicht doch noch zwei oder drei warme Decken kaufen möchte, „denn der kalte Winter kommt erst noch! Alles an kalter Kälte bisher da gewesene, ist oder war nur für uns ein kleiner Vorgeschmack auf das, was sicher noch kommen wird. Didilind meinte, dass sie mal schauen wird! Ich wünschte allen eine glatte Hin- und Rückfahrt, einen guten Einkauf und dass sie wieder heil heimkommen möchten. Nachdem ich das Geläut der kleinen Glöckchen der beiden Pferde nicht mehr hörte, ging ich ins Häuschen, zog meinen Lederwams über meine Brust, zog meine warme Winterkleidung an, hing mein Kurzschwert um. Nahm Bogen und Köcher, machte Dienstag verständlich, dass ich mal die Welt um uns herum kontrollieren will und ging nach draußen. Von außen schloss ich unser Häuschen ab und ging zunächst zu Dienstags Häuschen, das ich erst mal umrundete. Von den Fenstern ringsum war keines zerstört und alle geschlossen. Auch die Haus- und Pferdestalltür wurde noch nicht geöffnet, denn der Knebel steckte immer noch ganz fest im Schlüsselloch. Auch bei Gerid war alles dicht, wie auch bei Dennis; von den beiden waren nichts zu sehen und kein Laut zu hören. Das fünfte Haus war noch unbewohnt und nicht abgeschlossen. Vorsichtig öffnete ich die Tür und blieb dann eine ganze Weile ruhig stehen, um zu hören, ob sich im Hause etwas bewegt, man kann ja nicht wissen, wo wer, wann auf einen lauert? Nach dem ich so vielleicht gute fünf Minuten ruhig in der offenen Tür gestanden habe, trat ich in das Häuschen und schloss die Tür von innen. Dann durchsuchte ich unten die Räume. Weder in den Betten oder in den Holztruhen, noch in der Küche und den Küchenschränken war etwas zu finden. Auch keine Falltür, die eventuell in einen Keller oder durch einen unterirdischen Gang ins Freie hätte führen können. Es sah auch so aus, als ob in den Räumen hier unten schon Wochenlang kein Mensch gewesen war. Wo waren dann bloß die Frauen während der Tage, als man nichts von ihnen sah? Haben etwa die Frauen die vier Banditen auf der Suche nach Gold auf mich gehetzt? Dann ging ich hinauf unters Dach. Auf dem Schüttboden war noch, nicht zuviel, aber immerhin noch etwas Getreide. Über dem Pfer-destall war noch Heu und auch Stroh. Übers Stroh stieg ich hinab in die Scheune. In den Bansen lag noch ungedroschener Roggen. Ansonsten war nichts Brottrogähnliches zu finden. Auch in die Wagenremise ging ich noch einmal. Hier fanden wir den eleganten Schlitten mit dem Didilind jetzt unterwegs ist. Beim Holzstadel fand ich, an die Wand angelehnt, einen nicht zu großen Teigtrog, in dem man sicher Teig für drei Brote machen kann, den ich schon mal mit nahm. Bei diesem Teigtrog habe ich sofort an Gerid und Janine gedacht. Irgendwie drängte mich meine innere Stimme noch einmal ins Haus zu gehen, was ich da eigentlich wollte, weiß ich nicht, sollte es aber bald erfahren. Ich ging gedankenlos in die Küche und schaute durchs kleine Küchen-fenster. Da sah ich wie aus dem gar nicht so weit entfernten, gegenüberliegenden Wald acht Reiter aus dem Wald, direkt auf das Häuschen zu pirschten, in dem ich mich befand. Als sie schon recht nahe waren, habe ich das Fenster geöffnet und ihnen entgegen gerufen: „Der Friede sei mit euch, wen und was sucht ihr?“ Ich bekam von ihnen, statt einer Antwort, acht Pfeile durch das kleine Küchenfenster geschickt, ob wohl ich sie in unserer Landessprache begrüßte, die noch kein feindlicher Ausländer beherrscht. Da ich so eine Behandlung befürchtet habe, hat keiner der acht Pfeile mich irgendwie verletzt. Trotzdem habe ich einen Schrei ausgestoßen, wie ihn nur ein sterbender, ein tödlich getroffener das letzte Mal ausstoßen kann. Dabei verschwand ich an der Wand entlang rechts vom Fenster und kniete mich, eng an die Wand gepresst auf den Boden und hatte das Fenster fest im Blick. Schneller als ich dachte erschien ein recht verwilderter Kopf im Fenster, der sicher mich, dem Schrei nach tödlich getroffenen im Raum suchte. Ich glaube nicht, dass er mich hier an der Wand schon entdeckt hat, denn schneller war mein Pfeil, der ihn tödlich sein Gehirn von der Schläfe aus durchbohrte und ihn lautlos aus dem Fenster gleiten ließ, wo er im Schnee verblutete. Ich glaube nicht, dass noch einer von ihnen den Kopf freiwillig durchs Fenster in die Küche schauen ließ. Und meine innere Stimme, die Stimme meiner Vorfahren sagte mir, dass ich schleunigst auf den Boden über die Scheune ins Freie gelangen soll, um sie dann von hinten, aus dem Hinterhalt anzugreifen, denn das sind keine ehrlichen Recken, das sind Verbrecher, die von der Bahn der Redlichkeit abgekommen sind, die keine Gnade mehr verdienen. Gesagt getan. Behänd sprang ich lautlos von den Bansen auf die Tenne und stand auch schon draußen vor dem Scheunentor in ihrem Rücken. Von den noch sieben lebenden Banditen konnte ich weitere drei ins Jenseits befördern, so dass es nur noch vier waren. Da war doch was zu hören! Sind das nicht die Glöckchen unseres Schlittens? Auch die vier Banditen haben das feine Geläut mit bekommen und wollten fluchtartig auf ihren Pferden das Gelände in genau diese Richtung verlassen, aus der das Geläut kam. „Mein großer Gott was passiert mit der Schlittenbesatzung, wenn sie denen in die Hände fallen?“ Weiter denken konnte ich nicht, denn der erste Pfeil, den ich ihnen hinterherschickte, hat den fünften Banditen unserer Rasse ins Jenseits gepustet. So geschah es auch mit den restlichen drei, die im Schnee lagen und verbluteten. Da sagte mir meine innere Stimme: „Lass die Pferde raus, dass die reiterlosen Pferde nicht im Wald zum Raub wilder Tiere werden. So geschah es auch. Wiehernd kamen unsere Pferde aus dem Stall, was auch die davoneilenden acht Pferde mitbekamen, stehen blieben, laut wiehernd umdrehten und zu den anderen zurückliefen. Die acht Pferde, die jetzt neu dazukamen, waren in ihrem Aussehen nach, nicht die schlechtesten Pferde, sechs Stuten und zwei Wallache. Von den sechs Stuten waren den Zähnen nach zu urteilen zwei schon bisschen älter, die restlichen vier noch jüngeren Alters. Da bog der Schlitten auf unser Gelände. Die Insassen staunten nicht schlecht, als sie die vielen Toten im eigenen Blut steif im Schnee da liegen sahen. Bevor ich alles erzählen konnte, habe ich die beiden Pferde ausgespannt, in den Stall geführt und sie leicht abgerieben, denn sie waren doch ein bisschen ins Schwitzen gekommen. Draußen erzählte ich ihnen, was sich während ihrer Abwesenheit hier so alles zugetragen hat, dass acht Banditen unseres Volkes hier, sicher nicht in bester Absicht da waren, und wie ihr sehen könnt, haben alle in den Schnee beißen müssen, denn diese herabgekommenen Typen waren auf Raub und Mord aus, die nicht nur mich, sondern auch euch alle, wenn sie euch erwischt hätten, um an euer Hab und Gut zu kommen kaltblütig ins Jenseits befördert hätten. Nachdem alles, was sie mitgebracht haben ausgeladen und in der Küche auf ihrem Platz verstaut war, stellten wir den leeren Schlitten wieder in den Holzstadel und ich ließ die beiden wieder akklimatisierten Pferde aus dem Stall. Thor begrüßte ausgiebig die neu angekommenen Stuten und zwei fanden auf anhieb Gefallen zu einander. Ich bin mir da ziemlich sicher, dass beide in knapp einem Jahr, zu unser aller Freude ihren Nachwuchs bekommen werden.

Die acht neu hinzugekommenen Pferde kamen in den Pferdestall, der eigentlich zu Dienstags Haus gehörte und die andern neun mit den fünf Fohlen blieben im alten Stall. Zunächst machte ich dienstags Stall zurecht: Stroh einstreuen, Heu in die obere Futterleiter und Wasser in vier Eimern, die ich leer habe auftreiben können vollgefüllt an die Wand gestellt. Dieselbe Arbeit machte ich auch in unserm Stall, nur dass hier auch noch ein bisschen Hafer in die Futterkrippe kam. Dann sammelte ich die Toten zusammen, nahm ihnen die Waffen ab und durchwühlte ihre Taschen, ob sich da etwas finden lässt, was eventuell auf ihre Herkunft hindeuten könnte. Bei zwei der Toten fand ich etwas, was vielleicht als Schmuck, ganz eigener Art gelten könnte, den ich aber bei gotischen Frauen und Mädchen noch nicht gesehen habe. Vielleicht ist das Beutegut von slawischen Mädchen oder Frauen? Vielleicht kann mir Dienstag dazu mehr sagen?

Meine Pfeile, die ihr Ziel getroffen haben, habe ich alle wieder im Schnee gesäubert und in der scheinenden Sonne getrocknet. Dann habe ich sie alle, die Toten, sie alle, die schon steifgefrorenen und missratenen Goten, mit dem Schubkarren an den Waldrand gefahren und tief im Schnee begraben und meinem obersten Chef oben im blauen Himmelszelt seiner Gnade und Gerechtigkeit empfohlen, die ja unendlich sein soll.

Zu Mittag hat Didilind Rühreier mit frischem Räucherspeck gemacht, den sie heute auf dem Wochenmarkt erworben hat mit einer guten Brotscheibe. Dazu hat sie einen erstklassigen Früchtetee gekocht, dessen Geschmack sie mit Sauerampfer und Süßholz noch verfeinert hat. Heute Mittag, dass war ja wieder das reinste Festtagsessen. Dann erzählte Didilind, dass sie auf der Rückfahrt vom Markt mit Janine hinten im Fond gesessen habe und da wurde über das heutige Mittagessen und die Kocherei allgemein gefachsimpelt, wie man doch mit wenigen Kleinigkeiten das Gekochte im Geschmack noch verfeinern kann. Dienstag hat heute nach dem Essen schon wieder bei Luzia den Abtrockner gespielt. Ich weiß nicht, was seit seiner Verletzung in ihn gefahren ist. In höchstem Grade, höchst apathisch wirkt der Mann, gerade so, als interessiere ihn rein gar nichts mehr. Ich glaube, er braucht eine Frau, die ehrlich und lieb wie Luzia in ihrem Getue ist. Aber wo finden wir so eine ehrliche Haut in den unruhigen Zeiten, in der jeder sein eigenes „Ich“ in den Vordergrund stellt, denn er ist bestimmt mindestens zwanzig Jahre älter als unsere kleine Luzia. Doch dann, ich meinte, er will in seine Behausung gehen. Ich nahm ihn unter den Arm und führte ihn zu nächst in den Werkraum. Hier nahm ich zwei Bohrer und eine Zange, denn ich musste ja auch hier zuerst den Knebel aus dem Schlüsselloch herausziehen, ohne das Schloss zu beschädigen. Dienstag beobachtete ganz genau mein Handeln und fragte auch bald warum ich das alles ge-macht habe? Ich versuchte ihm klar zu machen, dass Golombka und Kotschka dabei waren seinen Goldschatz ihm wegzunehmen und zu verschwinden und ich zwang sie ihn wieder herauszurücken und das Haus ohne dein Gold zu verlassen. Dass Janine als Dritte im Bunde dabei war, konnte ich ihm jetzt unmöglich erzählen! Auch dass sie, Golombka, mit den Wurfmessern voller Wut nach mir geworfen hat, sicher um auch mich zu töten, oder sich dafür zu rächen, dass Schiwka und Ronschka, wie auch immer in meine Hände gekommen sind. Eines hat mich leicht hier am Hals verletzt, die andern gingen daneben. „Die kleine Narbe kannst du auch hier bei mir am Hals sehen“, sagte ich ihm. Die Wurfmesser, die sie nach mir geworfen hat, habe ich alle zum Andenken aufgehoben. Dienstag ging im Haus ganz alleine recht langsam und in Gedanken versunken, durch alle Räume und nickte einige Male. Als er wieder herauskam, haben wir sein Häuschen abgeschlossen und gingen zu uns rüber. Hier brachte Didilind in einem Topf das Gold, dass ich damals den drei diebischen Elstern wieder abgenommen habe. Dienstag war ganz erstaunt, dass das sein ganzes Gold sein soll und fragte: „Wo Rest sein?“ Ich hob und senkte meine Schultern, als wollte ich ihm sagen, dass ich das nicht wisse. Er wollte daraufhin noch einmal in sein Häuschen gehen. Ich blieb draußen stehen, während er drinnen nach dem restlichen Gold suchte, dass er irgendwie hier an verschiedenen Stellen, die sicher nur er kannte, versteckt hat. Als er aus dem Hause trat, nickte er mich dabei anschauend, als wollte er sagen, dass alles in Ordnung ist. Als wir wieder in unserm Häuschen waren, habe ich ihm den Topf mit seinem Gold geben wollen, dass er es sich wieder sicher aufheben solle. Doch er zeigte auf Didilind, dass sie es machen solle, was sie auch heute, brav wie immer, machte. Jetzt hatte sie schon drei Töpfe, gefüllt mit Gold in ihrem Gewahrsam, von Luzia, Frieda und Frieder, die Geschwisterwaisen und jetzt von Dienstag. Doch, kaum dass wir beide fertig waren, kam Gerid ins Haus und fragte, ob er einen guten halben Sack Weizen mahlen kann? Ich konnte natürlich nichts dagegen haben, begleitete ihn aber in das Mahlhaus, denn es war mit einem Schlüssel abgeschlossen, den nur ich hatte. Hier schütteten wir den Weizen in den Mahltrichter. Dann ging er hinaus, um das Wasser des Baches in den kleinen Wassergraben umzuleiten und das kleine Wasserrad begann sich langsam zu drehen, das sich immer schneller drehte. Als er in den Mahlraum kam, wunderte er sich, dass die Mahlsteine sich noch nicht drehten. Hier zeigte ich ihm, dass die Transmission, die den Mahlstock antreibt auch noch gespannt werden muss, was er auch beim zweiten Anlauf packte. Als sich die Mahlsteine geschwind drehten, hat Gerid den Schieber ein ganz kleines bisschen geöffnet, dass nur bisschen vom Weizen aus dem Trichter zwischen die Steine fiel. Ich sagte ihm noch: „Je feiner du das Mehl haben willst, um so länger muss der Wahlgang dauern. Das heißt, je weniger Körner durchlaufen, umso feiner ist das Mehl dann!“ Und dann sagte Gerid, dass Janine heute Abend eine gute Fleischsuppe, wie sie Didilind mit Eiereinlauf öfters gekocht hat, auch kochen will. „Dass ich mich schon darauf freue, kannst du sicher verstehen; nur dass, was wir hier gerade machen, würde noch fehlen! Die Eier dazu hat sie auch heute am Markt besorgt.“ Dann zeigte ich ihm den vermeintlichen Schmuck, den einer der Toten von heute in seiner Tasche hatte und fragte ihn, ob er so etwas schon mal irgendwo, in welchem Zusammenhang auch immer, gesehen hat? Er schaute sich den Schmuck sehr genau an, wendete ihn nach allen Seiten und sagte: „Ich meine, dass die mittlere von Dienstags Frauen so etwas mal hier getragen hat! Die Räuber, die du heute getötet hast, werden doch nicht etwa die beiden Frauen auch ins Jenseits befördert haben. Ich kann mich auch täuschen; ganz sicher bin ich mir nicht!“ Für mich war das schon mal eine Warnung, den Schmuck irgend wo zu verbergen, denn letzten Endes verdächtigt Dienstag auch mich noch, dass ich die beiden umgebracht habe, aus welchen Gründen auch immer, als er verletzt darniederlag, denn ihr Schmuck ist bei mir in meiner Hosentasche. Da kam mir so der Gedanke, wie ich von allen unbemerkt in das Häuschen von Dienstag gelangen kann und da irgendwie die heute gefundenen Schmuckstücke zwischen dem Besteck verstecken kann, so dass er sie bei Gelegenheit wie ein kleines, an ihn gerichtetes Abschiedsgeschenk finden kann. Einen Universalschlüssel hab ich noch, nur müsste ich wissen, dass Dienstag, der ja jetzt wieder die ersten Gehversuche erfolgreich getan hat, so beschäftigt ist, dass er nicht nach draußen geht. Da fiel mir der Pferdestall ein! In seinem Pferdestall habe ich die 12 Pferde untergebracht, die ja zurzeit noch draußen im Schnee sind. Vielleicht gelingt es mir dann heute Abend beim Pferdeeinsperren ins Haus zu gelangen und die Schmuckstücke in der Besteckkiste zwischen dem Besteck unterzubringen, so dass es für ihn tatsächlich wie ein Abschiedsgeschenk an Dienstag aussehen mag; wie eine kleine Entschädigung für alles, was sie ihm angetan haben.

Am Spätnachmittag habe ich zuerst die Pferde in unserm Stall eingesperrt und die Streichel-, Kraul- und Tätscheleinheiten allen verpasst. Thor machte mir heute einen leicht abgekämpften Eindruck. Dann ging ich zum Pferdestall, der direkt an Dienstags Häuschen angebaut ist. Hier sperrte ich die acht Pferde ein, zu denen ich auf recht brutale Art gekommen bin, zwölf Leute, die sich als Verbrecher und Räuber entpuppten, haben ihr Sosein mit dem Leben bezahlen müssen. Und da sah ich sie, die Tür, durch die man vom Pferdestall aus in das Haus gelangen konnte, und die nicht abgeschlossen war. Neugierig öffnete ich die Tür und ich stand völlig überraschend in der dunklen Küche. Dass mir die Tür in den Pferdestall nicht schon früher aufgefallen ist, bleibt für mich ein unerklärliches Rätsel, denn ich bin ja heute nicht das erste Mal in so einer Küche. Die Besteckschublade war, trotz der fortgeschrittenen Dunkelheit schnell gefunden, und ich legte die Schmuckstücke ganz locker zwischen die Esslöffel, so dass er sie beim herausnehmen eines Esslöffels leicht finden muss. Die nächsten Tage sind ohne irgendwelche erwähnenswerte Ereignisse verlaufen. Vielleicht soll hier trotzdem erwähnt werden, dass Gerid jetzt die Pferde versorgt, dass Janine regelmäßig bei Didilind auftaucht und sie den einen oder den anderen Kochtipp abholt, dass Janine jetzt auch schon den Brotteig alleine macht und dass Dennis mit seiner Irmgud und ihrem Gespann wieder aufgetaucht ist. Wo sie während ihrer Abwesenheit waren, habe ich nie erfahren können, aber manchmal so komische Gedanken hatte: „Wer hat die Banditen auf mich aufgehetzt? War es Dennis mit Irmgud? Oder waren es Dienstags Mädchen, die Golombka und die Kotschka?“ Je mehr ich darüber nachdachte, um so mehr verfestigten sich in mir die Gedanken, dass die beiden uns die Banditen auf den Hals geschickt haben, erst die Vier, die mich beim Fische fangen überfallen haben und dann die Acht, bei denen in der Hosentasche des einen der verdächtige Schmuck war? Sind sie etwa auch mitschuldig am Tod der beiden Frauen? Aber dann konnte ich es einfach nicht glauben, dass Dennis oder Irmgud oder gar beide so tief auch schon gesunken wären, dass auch sie schon über Leichen rücksichtslos gehen! „Lieber Gott, lass den Winter wieder schnell vergehen, dass sich unsere Wege bald wieder trennen mögen und jeder nach seiner Fasson selig wird oder werden kann. Doch dann kam das große Fest, das wir daheim immer groß gefeiert haben, jetzt aber nicht mehr, der Sonnenwende, dass wir jetzt in der Weise wie einst, nicht mehr feiern, indem wir das alte Jahr verabschiedet haben und das neue, wie auch immer begrüßten. Aber wie sagte doch der Gottesmann, der letzten Winter uns zu Kindern Gottes durch die Taufe machte, wie sagte er doch: „Drei Tage nach der Sonnenwende, dass ist eigentlich für uns Christen das große Sonnenwendfest, das ist das große Fest, an dem Jesus, der Sohn Gottes in Bethlehem in einem Schafstall zur Welt kam, das große Fest, an dem das Licht in die Welt gekommen ist, um die Dunkelheit all der Unwissenden zu erhellen, dass wir Menschen erkennen mögen was gut und was böse ist. Das heißt, dass da für alle Menschen die große Wende hin zum wahren Licht eintrat, zu dem Licht das ewig uns scheinen will und uns den wahren Weg zu Gott weisen möchte, dass für uns Menschen, für alle, eine neue Lebensphase beginnt.

Eine blutige Nacht

Heute Abend, als ich beim Pferdefüttern war, stand Dennis plötzlich im Stall bei mir und fragte ganz scheinheilig, woher ich denn die zwölf Prachtexemplare von Pferden herhabe und ich sagte ihm im gleichen Tonfall, dass sie mir zugelaufen sind, als unsere Pferde draußen im Schnee herumtollten und bis heute hat sich keiner gemeldet, der sie vermisst, der ja nur den Spuren im Schnee hätte folgen müssen, um hier zu landen. Nur gut dass die Blutflecken, der hier liegenden toten Räuber nicht mehr sichtbar sind! Dann fragte er mich, wo er denn bisschen Hafer jetzt noch bekommen könnte. Ich verwies ihn auf den nächsten Wochenmarkt, da gibt es auch einen Stand des Getreidehändlers; da bekommst du ganz sicher auch noch paar Säcke Hafer. „Aber, bevor die Pferde den schweren Wagen wieder in unsere Gefilde hochziehen sollen, lass ihnen beim Schmied feste Winterschuhe verpassen, sicher ist sicher, denn unter der lockeren Schneeschicht ist eine gefrorene Eisschicht, auf der die Pferde keinen festen Halt haben. Die eventuellen Folgen eines Sturzes dürften dir auch bekannt sein. Eigentlich sind das alles Sachen, die auch dir schon bekannt sein müssten, als ehemaliger Ortsvorsteher. Ich bat ihn dann, nachdem ich die Wassereimer mit frischem Wasser nachgefüllt habe aus dem Stall zu kommen, denn nach der üblichen und allabendlichen Streichel-einheit wollte ich den Stall wieder für die Nacht verschließen, denn im andern Stall müsste ich auch noch meine Pferde versorgen. Vor dem Stall verabschiedete er sich von mir und wünschte uns allen nicht nur eine gute, sondern auch ruhige Nacht, was ich ihm und Irmgud auch wünschte. Die Art, wie er es so sagte, hat mich doch ein bisschen misstrauisch gemacht. Ich ging dann in die Wagenremise und holte einen Eimer Hafer. Ein Drittel des Hafers verteilte ich in der Futterkrippe, schüttete durch die Deckenluke Stroh und Heu in den Stall, verteilte das Heu oben in die Futterleiter und das Stroh auf dem Boden, füllte Wasser in die Eimer, ließ sie alle in den Stall, verteilte auch hier wie immer die Streicheleinheiten, verließ den Stall und schloss ihn von außen ab. Drinnen in der Küche erzählte ich Didilind, dass ich heute beim Pferdefüttern von Dennis besucht wurde, der sich ganz einartig für die Pferde interessierte, die ich gestern vom Fische fangen heimbrachte und heute die Verbrecher überlebt haben. Ich glaube, dass ich heute Nacht vorerst mal draußen Wache halten werde, denn ich kann mir nicht helfen, dass Dennis uns die Verbrecher gestern und auch heute an den Hals gehetzt hat und heute Nacht der Resthaufen kommen wird, um klaren Tisch zu machen. Didilind sagte sofort, als ich fertig war, dass sie dann mit mir hinauskommt, um mit mir Wache zu halten, denn vier Augen sehen, und vier Ohren hören mehr als jeweils nur zwei. Ich war mit ihrem Vorschlag ganz und gar einverstanden, denn ich weiß, dass Didilind auch in größter Gefahr eine gute Schützin ist und mit Pfeil und Bogen umzugehen weiß. „Nur würde ich dir empfehlen, dich ganz warm anzuziehen und möglichst in den hellen Pelzsachen, da sieht man uns nicht so schnell im Schnee. Nach dem Abendessen, als alles wieder sauber verstaut war, haben wir uns unsere hellen, warmen Pelzsachen angezogen, jeweils zwei volle Köcher und den Bogen umgehängt, uns von Luzia und Dienstag verabschiedet, das Haus recht leise verlassen, es abgeschlossen und die Stellung so bezogen, dass wir beide Ställe aber auch unser Haus immer im Blick haben können. Aber wir hatten alle Gebäude nur von Vorne im Blickpunkt, was sich hinten abspielt konnten wir nicht sehen, wie zum Bei-spiel, dass zwei erwachsene Männer ein Kind durch das eingedrückte Fenster in eine unserer Schlafkammer hievten, der dann, so glaubten die Verbrecher, ihnen die Haustür von innen öffnen wird. Aber so weit kam es nicht, denn die Verbrecher und ihr Zuträger wussten ja nicht, dass bei uns in der Küche Dienstag schläft, der alles mitbekommen hat und den kleinen Eindringling mit einem Holzscheit fürs erste kampfunfähig machte. Bis dahin haben wir beide absolut nichts mitbekommen. Aber jetzt, da tauchten aus der Dunkelheit plötzlich so zwölf herabgekommene männliche Gestalten auf, die vor unserer verschlossenen Haustür in Wartestellung gingen und der Dinge harrten, die nicht passieren wollten. Und da riefen so ganz leise einige immer wieder: „Jan mach auf, schließ die Tür auf!“ Als sich nichts tat, wollten sie die Tür mit Gewalt aufbrechen, um innen in den Räumen dann zu wüten. Doch da sah ich an der Ecke von Dienstags Stall Dennis stehen, der alles aus der Ferne beobachtete. Da rief ich ganz laut, wobei ich den Bogen und die Einbrecher immer im Auge behalten habe, dass er ruhig hierher kommen soll, wenn er an diesem Satanstanz teilnehmen möchte, um zu sehen, auf welcher Seite er nun letztendlich gelandet ist. Ihr könnt euch denken wie die wilde Horde vor der Tür erschrocken ist und anfing wild durcheinander zu schießen, ohne Schaden anzurichten. Als es so aussah, als ob sie ihre Pfeile schon verschossen haben, begannen wir zielsicher unsere Pfeile zu verschicken, und die Schar der Verbrecher lichtete sich zusehends. Als der letzte Verbrecher sich langlegte, habe ich dem davoneilenden Dennis auch einen Pfeil zielsicher nachgeschickt, der ihn im linken Oberschenkel voll traf und er laut aufschreiend kopf über in den Schnee stürzte. Ich habe unsere Stellung kurz verlassen, um die umherliegende Pfeile einzusammeln und unsern Vorrat an Pfeilen wieder ein bisschen aufzufüllen, denn wir wissen ja nicht, ob auch alle getroffenen auch wirklich auf beide Augen tot sind, oder nur warten bis wir aus unserer Stellung kommen und uns in voller Positur zeigen, obwohl wir beide in unserer hellen Kleidung schwer auszumachen sind. Und dann, sind das auch alle, die heute Abend hierher kamen und jetzt im Schnee vor uns liegen, oder ist das nur die eine Hälfte, die da vor uns liegt und die zweite Hälfte wartet irgendwo versteckt auf das Angriffssignal. Doch was war das denn schon wieder? Es hat sich gerade so angehört, als wenn da jemand hinter uns erregt Schnaufen würde. Ich gab Didilind zu verstehen, dass sie vorne gut aufpassen soll, während ich mich dem Geschnaufe hinter mir zuwende. Und da erkannte ich das Schnauferübel. Entweder war es ein Hund oder ein junger Wolf, der Hilfe sucht und vor lauter, ich weiß nicht was, die Scheu vor uns Menschen verloren hat. Und da war es auch schon bei mir in der Stellung und ließ sich tatsächlich von mir zutraulich, als ob wir uns schon ewig kannten, streicheln und kraulen. Ich glaube, dass ich in diesem Tier einen neuen und treuen Freund gefunden habe, der mich nicht enttäuschen wird wie es eben Dennis wieder getan hat, dieser zutiefst verkommene gotische Ortsvorsteher, der früher einmal ein Vorbild für seine Dorfbewohner war und scheinbar jetzt noch immer da vorne im Schnee liegt und vor lauter Jämmerlichkeit wahrscheinlich seine Hosen auch schon voll hat. Soll er ruhig mal sehen und spüren wie das ist, wenn man so hilflos da liegt und das letzte Stündlein immer näher und näher kommen sieht, fast so wie ich gestern, vermutlich von ihm an mich adressiert war! Er hat mich sicher wegreiten sehen und die Helden mir nachgeschickt! Ich bin mir fast sicher, dass es für ihn ein großer Triumph gewesen wäre, mehr noch, so glaube ich für Irmgud, wenn sie es erleben könnten, wie seine stinkende Mördermeute uns hinweggeführt und uns als Sklaven an die Römer verkauft hätten. Aber wie es scheint, sieht es ganz anders aus und sein Traum oder beider Traum, von Irmgud und ihm, wird sich nicht erfüllen. Unser zugelaufenes Tier hat sich fest an uns beide gedrückt, als wollte es uns nie mehr verlieren. Doch wir haben vielleicht noch gut zwei Stunden da Wache gehalten und da kam mir der Gedanke ein paar Mal laut zu wiehern, was fast wie echt klang. Und ich höre da, wie ein vielstimmiges Wiehern mir laut antwortete. Ich habe noch einmal mein Wiehern auf Reise geschickt und das Echo war wieder ein vielstimmiges und fast flehendes Wiehern, als würden die Pferde den zweibeinigen Wieherer um Hilfe flehen. Ich schaute Didilind an und fragte sie ob sie hier Wache alleine führen wolle und ich zu den Pferden hinunter schleiche, um sie aus ihrer Wartehaltung zu erlösen. Dem Schall nach sind sie keine fünfzig Meter von uns entfernt. Das heißt, dass ich in zehn Minuten wieder da bin. Und wenn was in der Zwischenzeit passieren sollte, dann laut rufen, so laut wie du nur kannst. Als ich von dannen schlich, waren wir beide immer noch der Meinung, dass der verletzte Dennis da oben im Schnee verletzt liegt. Doch kaum, dass ich aus unserer Stellung verschwand, stürzte er sich auf Didilind, dieser fast zwei Zentner Mann, was sollte Didilind jetzt machen? Schreien konnte sie nicht, nur hilflos unter der zwei Zentnerlast stöhnen, was unser Vierbeiner mit bekam und da kräftig zubiss, wo es nach Blut roch, was sicher ihm sehr wehgetan haben muss, denn Dennis war es der Didilind losließ und laut um Hilfe schrie, was mich eilends zurücklaufen ließ. Und Didilind stand aufrecht über ihm und erzählte mir, das er sich, kaum dass ich weg war, wütend wie ein wildes Tier auf sie gestürzt hat und sie erwürgen wollte. Dein neuer Freund, der Vierbeiner hat die Gefahr erkannt und ihn in seine blutende Stelle, dem verletzten, angeschossenen Schenkel gebissen hat, was sehr weh getan haben muss und er mich sofort losließ. Und jetzt steht er wankend da, was machen wir mit so einer stinkenden, verkommenen „Leute Gestalt“, an der keine menschlichen Züge mehr vorhanden sind? Ich schlage vor, dass wir zunächst mal zu den Pferden gehen, die ja gar nicht weit von uns sein müssen und dann schauen wir was wir mit ihm machen! Bald waren wir bei den Pferden unten, die zunächst ob unseres neuen vierbeinigen Begleiters sehr unruhig wurden. Wahrscheinlich ist es doch ein Wolf, der seine Mutter und sein Rudel verloren hat und jetzt Zuflucht bei den Menschen sucht und auch dir Didilind schon geholfen hat, wenn nicht gar dein Leben gerettet hat. Wir banden die zwölf Pferde los, stiegen auf zwei und ritten wieder zurück. Hier oben stiegen wir wieder ab und sperrten die Pferde in den fünften Stall und schauten nach Dennis, der noch immer, jetzt aber nach dem scharfen Zubiss des jungen Wolfes recht unbeholfen wieder da im kalten Schnee lag. Ein leises Stöhnen war nur noch aus seiner Richtung zu hören. Ich schaute unwillkürlich nach oben und fragte meinen Chef was ich nun mit ihm machen soll. Und er sagte mir, dass ich den Verletzten zum Sterben in sein Häuschen zu Irmgud bringen soll. Mit vereinten Kräften haben wir beide ihn an seinen Händen über den Schnee zu Irmgud gezogen und in die Küche gebracht. So wie es aussieht, hat Irmgud nicht viel Interesse an ihm gezeigt als wir ihn da in die Küche brachten. Dann verließen wir das Haus und kehrten müde in unser Häuschen zurück. Hier beschäftigte sich Dienstag noch immer mit ihm, dem kleinen Jan, der ungewollt zum Eindringling in unsere Hütte wurde und ungewollt Bekanntschaft mit Dienstag und seinem Holzscheit gemacht hat. Aber Dank der Sprachschwierigkeiten, konnte einer den anderen nicht verstehen, nichts erklären und redeten aneinander vorbei. Als wir jetzt warmverpackt und schwer bewaffnet in der Küche erschienen, atmete der kleine Junge, der, wie wir eben erfuhren Jan heißt, sichtlich erleichtert auf, denn er fürchtete, dass er hier in die Hände der neuen Eindringlinge geraten ist, die angeblich mit den Einheimischen ganz kurzen Prozess machen. Ich versuchte ihn zu beruhigen und ich sagte ihm mehrmals, dass er sich vor ihm nicht fürchten muss, denn er sei viel besser als viele unserer Landsleute, der beste Mensch, den du je begegnet bist. Weiter beschäftigte sich Didilind und Luzia mit ihm, denn ich nahm das defekte Fenster aus der Schlafkammer und ging mit ihm zu Dennis ins Haus und sagte ihm, dass ich ihm das eingeschlagene Fenster bringe, das deine Schmierenkommödianten bei uns kaputt gemacht haben und ging in die Schlafkammer, nahm das gute Fenster heraus und setzte das defekte wieder bei ihnen in der kleinen Schlafkammer ein und verschwand in Richtung unser Häuschen. Ob Dennis mich überhaupt noch verstanden hat weiß ich nicht; Irmgud sicher, nur ob sie damit etwas anfangen kann weiß ich nicht. Daheim in der Schlafkammer setzte ich es hier wieder ein und sagte Jan, dass er erstmals hier Schlafen gehen solle und morgen sagst du uns, wohin wir dich zu deiner Mama und deinem Papa bringen sollen.

Doch dann ging ich noch mal hinaus, sammelte, so weit sichtbar die da herumliegenden Pfeile ein, trug dann die Toten zusammen, durchwühlte ihre Taschen, fand aber auch rein gar nichts in ihren Taschen, nahm ihnen die Waffen ab und fuhr sie im Schubkarren an den Waldrand. Hier wollte ich sie morgen im Schnee vergraben. Als ich wieder ins Haus trat, hatten alle schon gegessen, das heißt Jan und unser neue Vierbeiner, der in einer Tonschüssel warme Suppe mit eingeweichtem Brot bekam. Jan schlief mit Luzia in der hinteren Schlafkammer und wir beide, Didilind und ich in der ersten. Die Nacht verlief ganz ruhig. Doch am Morgen mussten wir sehen, dass das heute Früh immer stärker werdendes Schneetreiben von einem Ausflug in die freie Natur völlig abriet. Nur gut, dass ich gestern Abend noch die Toten beiseite geschafft habe, denn man kann ja nicht wissen, ob heute nicht doch Angehörige der heute Nacht getöteten sie hier suchen kommen und das Morden vielleicht wieder neu beginnt. Warum nur?

Eberhard, worauf wartest du noch, rasch die Schippe in die Hand und nichts wie hin zu den Toten und sie im Schnee verbuddeln. Dennis, wie ich das vierbeinige Wolfsfindelkind nannte, begleitete mich zu den Toten hin. Ich war mit meiner Schneebeerdigung fast fertig, da machte mich der kleine Dennis auf etwas aufmerksam, was er in der Luft witterte. Und da tauchten sie aus dem Wald auf; vier bis an die Zähne bewaffnete Hünen von Goten. Doch als sie den Wolf bei mir sahen, schossen zwei der vier Hünen auf ihn. Nur mit einem Hechtsprung konnte ich es verhindern, dass die beiden Pfeile nicht ihn, meinen kleinen treuen Freund trafen, sondern in meinem Lederbrustwams stecken blieben. Trotzdem habe ich, so laut ich konnte aufgeschrieen, als hätten sie mich tödlich getroffen und hinter eine kleine Schneewehe weggedreht. Nicht nur die schussbereiten goti-schen Hünen haben meinen lauten Schrei gehört, sondern auch meine Didlind, die nicht nur rasch nach ihrem Bogen und Köcher griff, sondern auch das Haus eilends verließ, denn sie wusste, dass ich aus purem Jux nicht solche Schreie von mir gebe und sah bald die vier schussbereiten Hünen, aber nichts von uns beiden da am Waldrand. Ihr schwante nichts Gutes wegen meines lauten Schreies. Da sagte mir meine innere Stimme, dass ich mich hier im Schnee etwas auffällig bewegen soll und hob leicht meinen Köcher in die Höhe, der sofort von vier Pfeilen getroffen wurde. Nachdem ich die vier Pfeile entfernt habe, hob ich den Köcher nicht mehr senkrecht, sondern schräg nach links in meine Richtung zeigend in die Höhe. Auch diesmal trafen ihn vier Pfeile. Da in der Regel immer acht Pfeile im Köcher sind und zehn Pfeile von den zweiunddreißig schon weggeschossen wurden, müssten sie noch zweiundzwanzig Pfeile haben; für einen offenen Kampf noch ein bisschen zuviel. Da aber ihre Aufmerksamkeit nur auf mich gerichtet war, haben sie gar nicht mitbekommen, dass Didilind schon schussbereit dicht hinter ihnen stand und laut rief: „Waffen weg schmeißen!“ Doch die vier verblendeten Hünen drehten sich ruckartig um und wollten auf die laute Ruferin schießen. Aber da haben sie die Rechnung ohne uns beide gemacht, denn Didilind hat mit einem Schuss zwei Pfeile auf die nebeneinanderstehenden abgeschossen und ich zugleich auch einen auf den, der Didilind am gefährlichsten gegenüber stand. Der vierte hat, so glaub ich, vor Schreck seine Hosen voll gemacht und wusste im Moment überhaupt nicht, wie es ihm geschehen ist. Als ich ihn von hinten aufforderte, den Bogen fallen zu lassen, drehte er sich ruckartig um einhundertachtzig Grad und hat auf mich den Pfeil abgeschossen, aber was bei seiner Drehung passierte, hätte er einer Frau nie und nimmer zugetraut. Denn erstens ist sein Pfeil über mich hinweggeflogen, denn Didilind hat, bevor er seinen Pfeil auf mich abgeschossen hat, ihn schon tödlich getroffen und zweitens hat er nicht gewusst, dass auf meine Didilind immer Verlass ist, wenn man sie braucht. Ich habe, nachdem wir wieder dicht beieinander standen Didilind ganz liebevoll, bewundernd und dankend auf die Schultern geklopft und ihr gesagt: „Auf dich ist doch immer wieder Verlass. Ich heirate dich gleich wieder!“ Nachdem ich den vier Toten die Taschen, ohne etwas zu finden durchsucht habe, habe ich allen die Waffen abgenommen und mit Didilinds Hilfe sie zu den andern Toten gezogen und sie bei den andern im Schnee vergraben. Dann gingen wir langsam zum Häuschen zurück. In der Küche wartete Gerid und die unsern Leute schon auf uns. Gerid war sprachlos, als er hörte was sich gestern spät am Abend hier unter Mithilfe von Dennis zugetragen hat, und dass er sicher auch gestern die vier beim Fische fangen auf mich gehetzt hat, und dass er sich sogar an Didilind vergriffen hat und sie wahrscheinlich erwürgt hätte, wenn nicht unser neue vierbeinige Hausfreund, mutig, während meiner kurzen Abwesenheit, mit einem Biss in seinen schon blutenden Oberschenkel es verhindert hätte. Und auch heute Morgen kam ein Trupp von vier hünenhaften Gestalten und haben sofort das Feuer auf mich eröffnet, ohne größeren Schaden anzurichten, dafür aber selbst in den Schnee beißen mussten. Didilind hat dann mit Luzia für alle ein Frühstück zurechtgemacht. Gerid bedankte sich, denn er habe heute Früh schon ein ungewohnt gutes Frühstück bekommen. Auch unser kleine Fenstereinsteiger, Jan, und unser kleine Dennis haben ihr Frühstück bekommen und haben nichts auf ihren Tellern zurückgelassen. Beim Abwasch spielte Luzia die Abwäscherin und Jan den Abtrockner. Es sah so aus, als ob sich beide auf Anhieb verstehen wür-den Ich ging dann mit Gerid hinaus und ließ alle Pferde ins Freie in den frisch gefallenen Schnee. Keines der Pferde hat heute den Wieherer spielen wollen was sie doch sonst recht gerne taten, wenn sie hinaus durften, denn ich hätte gerne gewusst wo die vier Pferde der heutigen Verbrecher stehen. Was bleibt mir dann anderes übrig, als selbst einige Male laut zu wiehern. Das Echo hat nicht lange auf sich warten lassen. So wie sich das Echo anhörte, standen sie gar nicht weit von dem Ort entfernt, wo heute Morgen die Schießerei zu unsern Gunsten stattgefunden hat. Ich rief Thor zu mir, streichelte ihn sanft ein paar Mal, schwang mich auf seinen Rücken und ab ging es freihändig auf das Schlachtfeld von heute Morgen und weiter in den Wald hinein. Da standen sie die vier Prachtexemplare, „drei pechschwarze Rappen“ und „ein schneeweißer Schimmel“, der mich an den Schimmel von Dennis erinnerte, die uns, nachdem ich sie mit paar Streicheleinheiten lieb begrüßt und losgebunden habe, willig folgten und keine Angst vor dem uns folgenden, noch nicht ausgewachsenen Wolf zeigten. Auch Thor hatte sicher nichts gegen den Pferdezuwachs, denn wie es sich bald herausstellte, waren alle vier Pferde noch sehr junge Stuten, im besten Alter. Als ich mit den Pferden auf die schneebedeckte Wiese zu den andern Pferden kam, war die Begrüßung der Pferde untereinander sehr groß und sicher auch sehr ehrlich. Die vier Pferde von heute habe ich zuerst an die Wagenremise gebracht und sie von ihren Sätteln und dem Zaumzeug befreit, das ich in der Remise beim andern Beutereitzeug verstaute. Auch die vier Gere, die im Sattelzeug steckten, habe ich in eine Ecke der Wagenremise gestellt. Besonders drei der heutigen Pferde haben es Thor, wie man sehen kann, schon recht angetan. Vorsichtshalber bekam Thor heute schon mal eine extra Portion Hafer, denn die heutige Nacht könnte für ihn sehr anstrengend sein, auch wenn alles was ich befürchte, im Stall passieren sollte. Nur wem gehören diese Pferde und werde ich sie auch behalten können? Wer weiß ob ihre Angehörigen noch leben und Anspruch auf diese edlen Tiere erheben

Unsere Familie vergrößert sich

Bevor ich mich ans Holz holen machte, schaute ich noch einmal zum Himmel hoch und fragte ihn, was uns wohl die heutige Nacht und der morgige Tag bringen wird? Doch ich bekam keine Antwort! Dann holte ich vom Holzstadel einen Arm voll Holz und kam in die Küche. Hier erzählte mir Luzia, dass Jan auch keine Mama und keinen Papa mehr hier auf der Erde hat, gerade so wie ich. Ich schaute Didilind recht fragend an und sie hob und senkte einige Male ihre Schultern, als wollte sie sagen: „Ich weiß es nicht, was wir mit ihm machen sollen?“ Ich fragte ihn dann, wann er denn wieder zurück zu seinen Leuten wolle, da es draußen aufgehört hat zu schneien? Und da sagte er mir, für sein Alter doch recht klug: „Wo sind denn meine Leute? Ich weiß es nicht! Die Leute, bei denen ich jetzt bin, sind keine guten Leute. Bei denen habe ich bisher nur sehr viel geschimpft und Schläge bekommen, aber wenig zu essen, oft nur Wasser aus dem Bach und das musste ich mir auch immer selbst mit meinen zwei kleinen Händen herausholen; eine Tasse wie hier gibt es da für mich nicht. Am liebsten würde ich hier bei Luzia und euch bleiben. Sicher hätte meine Mama und mein Papa nichts dagegen!“ Und so fragte ich ihn, wo denn dein Papa und deine Mama jetzt sind? „Ich weiß es nicht“, sagte er, „als ich früh im Wagen aufwachte, waren sie einfach nicht mehr da, und den Wagen mit den zwei Pferden haben andere Leute genommen, die ich nicht kannte. Er war es, der mich gestern durch das kleine Fenster in die Schlafkammer geschoben hat und ich sollte dann ganz leise die Haustür von innen öffnen, und sie wollten euch dann ausrauben, denn angeblich habt ihr sehr viel Gold gesammelt, wie der dicke, große Onkel ihnen sagte, das sie sich bei Nacht und Nebel einfach holen könnten, wenn die im Hause ruhig schlafen, das wir uns dann teilen. Aber offen-sichtlich sind sie nicht ins Haus gekommen, denn, plötzlich habe ich einen kräftigen Schlag auf meinen Kopf bekommen. Ich habe keines der Männer, die hier hergeritten sind, als ich wieder zu mir kam, hier später im Haus gesehen.“ Ich fragte Jan, ob er sich auch noch daran erinnern könne wie der große und dicke Onkel denn geheißen hat, wie sie ihn gerufen haben? Ich habe ihm paar Namen genannt, ohne Dennis zu sagen. Er hat immer nein gesagt. Als ich aber den Namen Dennis nannte, sagte er sofort ‚Ja’. Jetzt war mir völlig klar, wem ich die Abschlächterei der letzten Tage zu verdanken habe. Und mir wurde wieder bewusst wie tief auch schon sehr viele Goten gesunken sind, die wenn sie nur das Wort Gold hören, aufhören Mensch zu sein und noch tiefer unter die Stufe der Leute sinken. Selbst der junge Wolf, der gestern uns zugelaufen ist, weiß schon was sich für einen Wolf nicht gehört, dass man sich an seinem Freund und Helfer nicht vergreift, was der große Dennis immer wieder getan hat und noch immer wieder tut.

Dienstag hat sich gemeldet und machte mir durch seine Handbewegungen verständlich, dass er in sein Häuschen gehen wolle, was ich mit ihm auch tat. Als er vor der Tür die vielen Pferde sah, kam er aus dem Staunen nicht heraus, wurde aber plötzlich sehr ernst. Wie ich zu den Pferden gekommen bin, hat er ja sicher mitbekommen. Sicherlich dachte er jetzt, wie ich zu den Pferden seines Vaters und seines Bruders gekommen bin, doch nicht etwa auf dieselbe Art und somit auch ihr Mörder bin, der sie getötet hat. Aber wie sollte ich es ihm verständlich machen, dass nicht ich seine Verwandtschaft angegriffen habe, sondern sie es waren und ich mich nur erfolgreich gewehrt habe. Während er sehr nachdenklich durch die Räume ging, habe ich vom Bansen das nötige Stroh in den Stall für die Streu gebracht und vom Heuboden das nötige Heu heruntergeworfen und es in die Futterleiter ver-teilt. Dann habe ich die Wassereimer mit Wasser vollgefüllt und ging zum nächsten Stall, in dem ich dasselbe tat wie im ersten. Und da Dienstag immer noch in seinem Häuschen war, ging ich auch noch in den dritten Stall, in dem das gleich geschah wie in den beiden ersten, aber hier schüttete ich wieder bisschen Hafer in die Futterkrippe. Nachdem alle drei Ställe für die Nacht versorgt waren, kehrte ich zu Dienstag ins Haus zurück. Er machte mir hier verständlich, dass er heute Nacht hier bleiben wolle. „Und was willst du dir hier zu essen zu Recht machen“, fragte ich ihn? Ich meinte, er würde mir sagen, dass er zum Essen ja rüber kommen könne. Ich nickte mehrmals zustimmend zu seinen eben gemachten Ausführungen und verabschiedete mich von ihm bis heute Abend zum Abendbrot. Der kleine Dennis, unser junge Wolfsrüde hat mich überall hin begleitet. Dafür bekam er immer wieder von mir seine Streicheleinheiten, die ihm sicher sehr gut taten und er sie in vollen Zügen genoss. Als ich draußen die vielen Pferde sah kam mir unwillkürlich der Gedanke, wie ich die vielen Pferde möglichst gleich viele in die drei Ställe bekomme. Als erstes nahm ich die zwei Banditenpferde mit den drei ältesten Fohlen am Halfter und führte sie in den Stall. Dabei ließ ich den Uhu zweimal rufen, was Thor veranlasste hinterher zu laufen. Ihm folgten eine schwarze und die weiße Stute und dann alle die alten Pferde, die schon den ganzen Herbst bei uns sind. Als ich im zugemachten Stall meine Streicheleinheiten verteilte, fiel mir auf, dass ei-ne Leibgardistenstute sich so komisch benimmt, als wollte sie auch bald fohlen. „Nur zu“, dachte ich, „wenn da nur alles wieder gut geht!“ Und wie bekomme ich jetzt je zwölf Pferde in die zwei anderen Ställe? Da kam mir der Gedanke, nimm zwei Pferde am Halfter und führe sie in den Stall! Und siehe da, die andern Pferde marschierten hinter uns her in den Stall. Bei zwölf Pferden machte ich die Tür zu. Und das gleiche Schauspiel folgte mit den restlichen Pferden. Dann begann ich bei den letzten mit den Streicheleinheiten und bei den ersten hörte ich auf. Zum Schluss kontrollierte ich noch einmal, ob auch alle Türen zu den Pferdeställen und den andern Räumen abgeschlossen sind. Vor unserer Haustür habe ich noch einmal zum Himmel geschaut und meinen Chef da oben gefragt, ob wir heute Nacht wieder Wache schieben müssen? Ob uns heute Nacht wieder ungebetene Gäste besuchen wollen? Ob wir heute Nacht wieder töten müssen, um überleben zu können? Warum nur lieber Gott muss das alles passieren? Doch ich bekam heute keine Antwort auf meine Fragen. Als ich wieder in die Küche kam, fragte Didilind, ob ich nicht noch einmal Holz holen wollte, denn der Abend heute wird sicherlich wieder etwas länger werden. „Und dann kannst du Dienstag zum Abendessen gleich holen.“ Der kleine Dennis hat mich überall hin mit wedelnder Rute begleitet. Nachdem ich das Holz neben dem Herd abgelegt habe, ging ich zu Dienstag hin ins Häuschen und bat ihn zum Abendessen herü- berzukommen. Doch Dienstag sagte mir auf seine Art, dass er hier noch Brot und sehr viel gegrilltes Fleisch gefunden hat und Wasser hat er sich schon aus dem Bach geholt. „Heute Abend will er hier bleiben und alleine zu Abend essen. Morgen früh komme ich wieder zu euch, wenn ich darf!“ Ich nickte zustimmend zu seinen Ausführungen, wünschte ihm dann einen schö-nen Abend und eine gute Nacht und verschwand in Richtung unseres Häuschens. In der Küche habe ich Didilind alles erzählt. Für heute Abend hat Didilind wieder eine gute dicke Fleischsuppe mit sehr vielen Einlagen gekocht, die nicht nur uns vier Zweibeinern geschmeckt hat, sondern auch dem kleinen vierbeinigen Dennis, der in der Suppe auch noch ein großes Stück eingeweichtes Brot mitbekam. Außerdem durfte er die gekochten Knochen noch als Nachtisch beknabbern, was er mit sichtlicher Freude tat. Nach dem Essen haben die beiden kleinen Leute die Essenssachen von heute wieder abgewaschen, abgetrocknet und Luzia hat alles wie immer in der Geschirrkiste verstaut. Doch der kleine Dennis wollte plötzlich noch einmal nach draußen. Ich zog meine hellen Pelzklamotten an, nahm Bogen und Köcher und ging hinaus in den Schnee. Dennis witterte zunächst in alle Rich-tungen, dann entfernte er sich in Richtung Fahrweg und machte da sein Geschäftchen. Mit wedelndem Schwanz kam er wieder zu mir zurück. Ich versuchte vergebens ihn mit einpaar frischen Schneebällen, die ich fortwarf zum Laufen zu bringen. Doch Dennis war heute überhaupt nicht zum Laufen zu mute. Ich glau-be, dass er lieber mit mir kleine Ringkämpfchen machen wollte, was aber ich nicht wollte, denn dazu war mir mein Pelz zu teuer und zu schade. Dafür bekam er von mir einige zusätzliche Tätschel- und Krauleinheiten, die ihm auch viel Spaß machten! Ich kam dabei langsam ins Schwitzen, besonders dann, als er sich auf den Rücken legte und sagte zu Dennis, dass es für heute genug ist, denn morgen ist auch noch ein Tag. Auf einem gegerbten Wolfsfell, das vor unserer Schlafkammertür lag, hat er dann seine Schlafstelle bezogen. Doch noch vor unserm Schlafengehen habe ich ihn heute, wie früher draußen die Pferde am Abend ermahnt, auf ein Ohr wachsam zu sein und, falls Gefahr besteht oder droht, uns sofort zu wecken. Ein leichter Klaps auf seinen Hinterteil besiegelte unsere Abmachung und unser heutiges Beisammensein. Als ich im warmen Bett lag, habe ich meinem Chef da oben alles gebeichtet, was wir heute angestellt und erlebt haben. Ihm für alles Gute, und das wir noch leben dürfen, habe ich ihm gedankt. Dass wir heute wieder getötet haben, möge er uns bitte, bitte verzeihen, auch wenn es von uns aus gesehen pure Notwehr war, denn wir haben sie bestimmt nicht angegriffen, oder ir-gendwie herausgefordert, wie du es ja auch von oben hast sehen können. Darum noch meine Bitte an dich, sei du auch ihnen, die nicht mehr wussten was sie taten, drüben bei dir ein gnädiger Richter, denn wolltest du unserer Taten gedenken, mein Gott, wer könnte da noch vor dir bestehen? Und noch etwas, mein großer Gott, was sollen wir mit dem kleinen Jan machen, den die Räuber zu später Stunde durch das demo-lierte Fensterchen in unsere hintere kleine Schlafkammer geschoben haben, der ihnen dann die Haustür von innen öffnen sollte? Da hörte ich wieder seine Stimme, die da sagte: „Behaltet ihn, gerade so wie Luzia. Auch er wird euch viel Freude noch bereiten. Ich musste danach auch bald eingeschlafen sein. Wie lange ich geschla-fen habe weiß ich nicht, denn plötzlich hat mich ein leichtes Knurren von Dennis geweckt, was mich sofort hat aufstehen und durchs Fenster nach draußen schauen lassen. Ich habe im Schnee draußen nichts Verdächtiges gesehen. Als ich dann aus der Schlafkammer trat, sah ich den kleinen Jan da in der Tür seiner Schlaf-kammer stehen, der sich an Dennis nicht vorbei traute und da jammerte, dass er pinkeln gehen muss, aber vor Dennis sich fürchtet. Ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn zum Pinkeleimer und danach wieder in sein Bett, wo er bald wie-der, seinem Atmen nach zu urteilen, eingeschla-fen sein muss. Ich glaube, dass weder Didilind noch Luzia etwas von dieser nächtlichen Pinkelodyssee mit Jan und Dennis mitbekommen haben. Didilind war am Morgen dafür die erste, die wieder auf den Beinen stand und nach dem Rechten schaute. Als erstes hat sie schon mal aus der restlichen Glut ein Feuer auf dem Herd gemacht und in der Waschschüssel die Morgen-wäsche vollzogen. Dann kamen die beiden Kleinen gut gelaunt, aber mit Sandmanns Spuren im Gesicht, in die Küche. Hier haben auch die beiden dem Wasser in der Waschschüssel alle Hinterlassenschaften des Sandmanns von heute Nacht anvertraut. Bald danach standen sie, frisch gebügelt und gestriegelt einsatzbereit vor Didilind und fragten sie, wo und wie sie behil-flich sein können? Didilind sagte ihnen, dass sie für fünf schon mal den Tisch decken können. Jan fragte Luzia ganz leise, was das heißen soll für fünf? Luzia, die sich schon bis zur Zahl Zehn im Leben auskannte, versuchte ihm auch an den Fingern zu erklären was das heißt für fünf den Tisch zu decken, so wie sie es damals von mir bisschen umständlich erklärt bekam. Ich war der letzte, der heute die Morgenwäscheprozedur über sich ergehen ließ. Dafür habe ich Dennis seine Futterschüssel zurechtgemacht, und er war der erste von uns allen, der schon mal gefrühstückt hat und den Mageninhalt danach noch einmal mit klarem Wasser verdünnte. Dann ging ich auch vor die Haustür und habe nach Dienstag, der gestern wieder so komisch war, Ausschau gehalten, ob er heute wirklich zum Frühstück kommen wird. Aber nichts rührte sich. Aus seinem Rauchabzug kam im Gegensatz zu uns und Gerid kein Rauch. Also gibt es bei ihm im Haus auch kein Feuer! Vielleicht schläft er noch. Oder? Vorsichtshalber ging ich schon mal in den Pferdestall, der an sein Häuschen angebaut ist. Die Pferde waren noch alle da. Es fehlte keines. Und mein nächster Gedanke war, lass ihn noch bis nach dem Frühstück schlafen. Dann klopfst du ihn wieder in diese Welt! Bei meinem Weg durch den Schnee habe ich keine fremden Fußspuren, die eventuell gekommen oder gegan-gen sind, gesehen, die mich irgendwie beunruhigt hätten. Also nichts wie zu Didilind in die Küche. Hier hing schon unser warmes Frühstück über dem Feuer und wartete auf mich. Nachdem wir unser Tischgebet gesprochen haben, hat Didilind unsere Teller gefüllt, wir wünschten uns gegen-seitig einen guten Appetit und leerten unsere Teller. Jan, der, als erster mit seinem Teller fertig war, fragte Didilind: „Kochst du immer so gute Sachen zum Essen?“ Und Didilind sagte: „Nur wenn ihr alle brav seid, sonst vergesse ich das Essen zu salzen oder lass es an einer oder beiden Seiten und mal unten oder mal oben anbrennen!“ Und der kleine Jan antwortete ihr tatsächlich, dass sie dann wegen ihm nie das Salzen vergessen, oder es von einer der beiden Seiten anbrennen lassen muss! Ich stimmte seinen Äußerungen zu und versprach auch, nie die Ursache für ungesalzenes und angebranntes Essen zu sein. Auch Luzia meinte da nicht still am Tisch sitzen zu können und stimmte in unsern Lobgesang ein.

Nach dem Essen haben wir wieder unser kurzes Tischgebet gesprochen und Luzia spielte im warmen Wasser die Abwäscherin und Jan den Abtrockner. Auweia, da fiel ihm ein Teller auf die Erde, der in viele Stücke sprang und somit unbrauchbar wurde. Jan fing untröstlich an zu weinen und sagte immer wieder, „dass er jetzt ganz alleine schuld sein wird, wenn heute Mittag ungesalzenes und angebranntes Essen gibt, das überhaupt nicht schmecken wird, denn ich habe Didilind schwer geärgert.“ Doch Didilind tröstete ihn und ließ sich ehrenhalber von ihm verspre-chen, dass er das nächste Mal besser beim Abtrocknen aufpassen werde, und dass es der erste und letzte Teller war, den er kaputt gemacht hat. Beide gaben sich daraufhin das große Ehrenwort und der Friede untereinander war wieder hergestellt. Bevor ich das Haus verließ, habe ich Didilind davon berichtet, was mir meine himmlische Stimme zu Jan gesagt hat, dass er wie Luzia bei uns bleiben soll, denn es stimmt was er uns zu seinen Eltern gesagt hat, und wir noch viel Freude auch mit ihm haben werden. „Nur was machen wir mit seinen Wintersachen. So wie es aussieht hat er ja nicht einmal ein Hemd zum Wechseln, von warmen Wintersachen ganz zu schweigen. Also müsstest du am näch-sten Sonnabend hin zum Wochenmarkt und was Luzia nicht mehr passt, dürfte dem bisschen kleineren Jan noch passen und so weiter. Aber auch was die Anzieherei anbelangt, da kennst du dich viel besser aus als ich, oder anders gesagt, da kommst du besser klar, als ich. Ich wünschte ihr viel Spaß bei der anstehenden Modenschau, um zu sehen, was Jan besser passt als Luzia und was dann am Wochenende notfalls für beide nachgekauft werden kann oder muss. Doch ich habe diese Modenschau nicht mehr miterlebt, denn ich ging schon hinaus zu den Pferdeställen. Ich öffnete langsam die Tür und ließ die Pferde hinaus in den Schnee. Bis auf ein Pferd haben alle den Stall verlassen. Ihr könnt euch sicher schon denken, wer im Stallgeblieben ist! Es war die Leibgardistenstute mit einem strammen klei-nen Hengstfohlen, das schon recht stramm auf seinen vier noch bisschen staksigen Beinen stand und recht munter mich anstarrte und in die Welt schaute, als wollte es sagen: „Mama, was ist das für ein komisches Pferd, das da auf zwei Beinen geht und steht?“ Ich habe die junge Pferdemutter doppelt und dreifach gestreichelt, getätschelt und gekrault, so habe ich mich über das Hengstfohlen gefreut, das einmal als der Hengst, mit sehr viel Nachwuchs in die Geschichte eingehen soll, so du mein großer Gott es auch willst! Ich machte dann wieder sehr schnell die Tür von außen zu und holte erstmals bisschen Hafer für die frischgebackene Pferdemama, die ihn sichtlich und hörbar gefuttert hat. Dann ging ich in den letzten Stall. Auch hier waren noch alle Pferde da, die ich dann auch gemeinsam zum Frühsport in den Schnee hinausließ. Dann ging ich, ein bisschen mit schwerem Herzen, zum Stall, der an Dienstags Haus angebaut ist und ließ auch hier alle Pferde zum Frühsport hinaus. Ein klein wenig wehmütig schaute ich ihnen nach, denn das Schwerste stand mir noch bevor, nämlich ins Haus zu gehen und nach Dienstag zu schauen, von dem ich nicht wusste in was für einem Gemütszustand er sich gerade befindet. Bisschen sorgenvoll schaute ich zum Himmel und bat meinen Chef da oben mich jetzt, wenn ich ihm gegenübertrete das Richtige tun zu lassen, dass ich ja nichts Verkehrtes tu und sage und alles verschlimmere, um seine Gemütslage nicht noch tiefer sinken lasse, als sie schon ist. „Mein großer Gott da oben, ich weiß nicht was ich damals im Wald verkehrt gemacht habe, als ich meinen Thor, den sie mir geraubt haben, einfach wieder haben wollte!“ Und da meinte ich, dass seine himmlische Stimme mir sagte, ich solle ruhig hinein gehen, es wird schon alles wieder gut werden. Also holte ich noch einmal ganz tief Luft, bekreuzigte mich und ging erhabenen Hauptes vom Stall durch die Tür direkt in die Küche. Da saß Dienstag wie ein kleines Häuflein Unglück am Tisch, das, als er mich da stehen sah aufsprang, vor mir auf die Knie fiel meine Hände packte und immer wieder Effendi, Effendi, Effendi schluchzte und viele Worte sprach, von denen ich nichts verstand. Nur das Wort Odiet habe ich mir behalten, dass wie ich später erfahren habe so viel wie mein Vater oder mein Papa heißt. Als er sich, auch durch mein gutes Zureden wieder beruhigt hat, versuchte er mir klar zu machen, dass er heute nacht im Traum alles gesehen hat, was sich damals vor einem und einem halben Jahr weit weg von hier zugetragen hat. Dass nicht ich der Mörder war, sondern sie meine Landsleute und auch mein Vater und mein Bruder eure Mörder waren, und auch die vier Pferde, darunter die Schiwka, aber auch die Ronschka nicht mir, sondern dir gehören. „Sie sind also ein kleiner Ersatz für alles, was du durch uns verloren hast!“ Als Dienstag mir das damals alles mit Händen und Füßen erzählt hat, habe ich nicht alles so verstanden, wie ich es hier niedergeschrieben habe. Dienstag hat mir alles viele Jahre später, als er unsere Sprache sprach an einem langen Winterabend noch einmal, diesmal aber ohne Tränen, erzählt, was er in dieser Nacht alles im Traum hat klar und untrügsam sehen dürfen. Tja, wenn mich jetzt nichts mehr täuscht, scheint Dienstag wieder der alte verlässliche Dienstag zu sein, der er vorher schon einmal war, auf den ich mich immer wieder verlassen kann, eine grundehrliche Seele. Er kam dann mit mir rüber in die Küche, hat seine warme Portion gefrühstückt, hat auch mit dem dreiviertelwüchsigem Dennis Freundschaft geschlossen. Didilind hat ihn ganz freundlich gefragt, wie er es jetzt mit der Kocherei halten will? Wenn du weiter bei uns mitessen willst, dann brauchst deinen gegrillten Fleischvorrat nicht mehr. Bevor er in der Vorratskiste kaputtgehen sollte, wäre es sicher besser, wenn wir ihn zum Kochen zu uns brin- gen, wenn du aber dich selbst versorgen willst dann lass ihn bei dir in deiner Vorratskiste. Dienstag schaute zuerst mich dann Didilind fragend an und fragte uns dann mit allem was ihm zur Verfügung stand, was er nun machen soll? Luzia, die das ganze, man könnte fast sagen, das ganze Schauspiel mit Mund, Händen und Füßen beobachtet hat, sagte frei Mund, dass es das Beste ist, wenn wir alle das Fleisch aus deiner Kiste zu uns holen, es hier in unserer Kiste, die sowieso größer ist als deine, verstecken, du dann hier isst wie anno dazumal und dann den „Aufwäscher“ spielst und wir beide, da zeigte sie auf den kleinen Jan und auf sie, wir spielen dann den Abtrockner! „Ich hoffe nur, dass du das Abwaschen noch nicht verlernt hast!“ Gemeinsam, der kleine Jan hatte schon mittlerweile warme Sachen von Luzia an, gingen wir mit unserm großen Korb zu Dienstag und haben das Fleisch, bis auf ein paar kleine Stücke, die er so zwischendurch auch mal als Nachtisch essen kann, zu uns in die große, luftdichte Kiste verfrachtet. Dienstag war wirklich wieder der alte. Er hat mit mir die Pferdeställe hergerichtet, Wasser und Futter aufgefüllt, die dicken Äste der beiden gefällten Bäume in kunstgerechte Stücke zersägt und sie auf dem Bachofen gestapelt, wo sie bald zum Brotbacken verwendet werden können. Ob Dienstag den Schmuck zwischen dem Essbesteck schon gefunden hat weiß ich nicht; er jedenfalls hat nie, auch später nicht etwas davon er erzählt. Und wenn er ihn gefunden hat und er ihn tatsächlich seiner Freundin Golombka früher Mal geschenkt hat und sie ihm diesen Schmuck nun quasi vor die Füße geworfen hat? Ich glaube, dass mich so ein Verhalten von dem Liebsten was ich in dieser Welt habe auch zutiefst treffen und den Schmerz alleine in meinem Herzen tragen würde! Ob dieser Schmuck vielleicht auch ein Erbstück von seinen Vorfahren ist, das immer auf den Ältesten übertragen werden sollte, der ihn dann an seine Lebenspartnerin, bis dass der Tot sie scheidet, weiter gegeben hat und dann in Ehren und zum Andenken an die Vorfahren gehalten werden sollte, weiß ich nicht. Ob er einmal darüber reden wird? Vielleicht einmal, wenn er eine neue Partnerin fürs Leben gefunden hat!

Warum sollte nicht auch er ein winzig kleines Geheimnis haben, an dem er auch ganz alleine verweilen und von der Vergangenheit bisschen träumen darf. Bis Sonnabend früh hat sich nichts Erwähnenswertes bei uns ereignet. Didilind wollte heute früh nach dem Frühstück mit den beiden Kindern zum Markt fahren, um nicht nur unsere Futterkiste aufzufüllen, sondern auch die Wäschekiste der beiden Kinder. Dienstag wollte nicht mitfahren, denn, wie er sagte, brauche er nichts. „Das Stückchen Seife zum Waschen, kann ihm auch Didilind mitbringen. Als wir beim Frühstück saßen, kam Gerid herein und fragte, ob er heute allein mit fahren darf, denn für die Kocherei müsste doch wieder das eine und das andere besorgt werden. Nach dem Frühstück haben wir beide, Dienstag und ich den Abwasch nach dem Frühstück erledigt, Thor und Odin an den Schlitten gespannt, beiden eine Portion Hafer gegeben und auf Didilind gewartet dass sie mit den angezogenen Kindern und der warmen Decke herauskommt. Luzia hat zur Freude aller Schlittenfahrer wieder den Kutscher gespielt. Ich wünschte allen eine gute Fahrt und dass sie alle wieder gut heimkommen mögen. Meine letzten Worte, die ich zu ihnen sprach waren: „Fahrt mit Gott!“ Ich winkte ihnen noch nach so weit ich sie sehen konnte. Dann ging auch ich ins Häuschen. Hier räumten wir das mittlerweile schon trockene Frühstücksgeschirr ein. Dann fegten wir die Hütte sauber, ließen die Pferde raus, auch die Mutter mit dem Fohlen von gestern kam heute heraus in den Schnee. Die beiden blieben aber, im Gegensatz zu den andern nicht all zulange draußen. Sie standen bald vor der zugemachten Stalltür, was so viel heißen sollte, wir wollen doch lieber wieder hinein in den Stall, in dem es bisschen wärmer ist. Wir beide hatten schon in diesem Stall, Stroh, Heu und Wasser für den Tag zurechtgemacht und ließen die Beiden wieder in den Stall. Dann versorgten wir die beiden anderen Ställe und ließen auch die anderen Pferde wider in ihre Ställe. Die Zeit verging und ich meinte langsam dass es schon an der Zeit ist, dass sie zurückkommen müssten. Die Sonne stand mittlerweile weit im Westen und von meinen Leuten war noch immer nichts zusehen. Ich befürchtete schon das Schlimmste. Da kam mir wieder der Gedanke, den Uhu laut zu rufen, was ich paar Mal lautstark wiederholte. Und was kam da angerannt? Es war mein Thor! „Schade, dass du nicht sprechen kannst, dann würdest du mir sicher sagen, wo man sie verschleppt hat.“ Ich sperrte ihn schnell in seinen Stall und begann weiter zu meditieren. Sicher war er auch von den Banditen gekidnappt und hat den Uhuruf gehört. Also können die Banditen gar nicht so weit weg von mir sein. Das heißt aber auch, dass sie mein Tun und Handeln hier immer beobachten können und genau wissen woran sie sind und sich auf mein Handeln einstellen können! Sicher wollen sie unser Gold haben und uns dann einen nach dem andern kalt machen. Oder an die Sklavenhändler verkaufen, da müssten sie uns erst mal überwältigen und dazu fehlt ihnen sicherlich der Mut! Doch meine innere Stimme sagte mir, ich solle schon mal ziemlich viele eierkleine Eiskugeln draußen zurechtmachen, das heißt aus Schnee die kleinen Kugeln machen, sie kurz ins Wasser tauchen und dann draußen zum gefrieren liegen lassen. Diese Arbeit habe ich schon mal hinterm Haus gemacht, an einer Stelle die sehr schlecht zum Einsehen war. Doch dann, es war schon fast dunkel habe ich mich mit Dennis ganz sachte hinausgeschlichen und Dienstag hat das Haus von innen verschlossen. Ich bezog die gleiche Stellung wie gestern Abend, denn ich war mir jetzt schon sicher, das die gotischen Banditen, der Resthaufen, sie haben wegfahren sehen und sie dann entführt haben, bevor sie überhaupt auf dem Markt waren, um auf diese Weise an unser Gold heranzukommen. Wie ich später erfahren habe, waren sie doch auf dem Markt und wurden auf der Rückfahrt von ihnen entführt. Und ich war mir auch sicher, dass sie mir bald eine Botschaft zukommen lassen, in dem sie ihre Forderungen stellen werden. Und so geschah es auch. Da trat plötzlich aus der Dunkelheit eine gebückte, sorgsam um sich schauende und zwielichtige Gestalt, die sich schnurstracks auf die Tür zu bewegte und ein Taschenähnliches Gebilde vor die Haustür warf und schleunigst im Dunkel wieder verschwand. Ich habe unserm kleinen Dennis, während sich diese zwielichtige Gestallt zu Haustür schlich den Mund zugehalten, dass er uns durch sein Heulen nicht verraten sollte. Nach etwa einer halben Stunde habe ich mich zu der Tasche vorgeschlichen. In ihr war wirklich ein Zettel, worauf in sehr krakeliger Schrift die Forderung stand und auch der Ort, wo ich die Tasche voller Gold am Abend abladen und sogleich wieder von der Bildfläche verschwinden soll. Woher die das teure Papier her hatten bleibt wahrscheinlich für mich immer ein ungeklärtes Rätsel! Jetzt wurde mir klar, warum ich diese Eiskugeln machen sollte. Am nächsten späten Nachmittag habe ich die Tasche mit den Eiskugeln gefüllt und oben drauf paar kleine echte Goldkugeln gelegt. Als es dann fast dunkel war, bin ich recht auffällig zu der beschriebenen Stelle geritten, habe die Tasche abgestellt und bin, wie befohlen, ohne mich um zuschauen davon geritten, um bald auf einem andern Weg wieder in die Nähe der abgelegten Tasche zu gelangen. Da sah ich wie zwei Männer zu der Tasche herantraten, die sich offensichtlich sehr sicher waren und keine Ahnung hatten wie nahe sie dem Tot schon standen, denn für mich wäre es ein Leichtes gewesen sie abzuschießen. Doch ich wollte vorher erst genau wissen wo sie sind! Da hörte ich wie der eine zum Andern sagte: „Der arme Trottel, der kann lange warten bis er seine Leute wieder sieht!“ „Also doch“, dachte ich, erst unser Gold rausrücken und dann kalt machen!“ Jetzt nichts wie ihnen leise und unbemerkt nachreiten und sehen wie es weiter geht. Gar nicht weit von hier hatten sie ihren Lagerplatz und da sah ich auch schon meine Leute da gefesselt sitzen. Lautstark wurden die beiden mit der prall gefüllten Tasche begrüßt, ohne zu wissen dass da viel gefrorenes Wasser, aber wenig Gold drin war. Und wie es aussieht, haben auch diese Entführer schon ein bisschen sehr Viel vom süßen Met getrunken. Ich band Thor leicht an einen Baum, so dass er, wenn der Uhu ruft sich leicht losreißen und zum Rufer hineilen kann. Ich schlich mich in meiner hellen Winterkleidung ganz vorsichtig von hinten an die zwei Wachposten, die scheinbar nach ihrem Gang auch schon ein bisschen viel Met getankt haben, sicher , um nicht zu erfrieren heran, und habe den Ersten, ohne dass der andere es gemerkt hat mit einem der Wurfmesser getötet und dann auch den Zweiten. Dann habe ich sie unbemerkt vom Tatort weggezogen, die Wurfmesser sicher gestellt, den nahen Hang hinuntergeschubst, von hinten den Gefesselten die Fesseln durchgeschnitten, und ganz vorsichtig Didilind und Gerid den Bogen der Wachleute zur Rechten gelegt und den vollen Köcher zur linken und flüsterte ihnen zu, wenn ich dann links von der Seite auf spring und ganz laut rufe: „Und jetzt!“, dann springt auch ihr mit dem gespannten Bogen auf und erschießt die ersten Zwei, die euch am nächsten sind. Ich schlich mich wieder lautlos zurück und dann linksherum dicht an die ehrenwerten Herren heran und sprang laut schreiend: „Und jetzt“, auf und erschoss den Krakeeler, der in der Mitte des Halbkreises saß, der scheinbar glaubte hier der Wortführer zu sein und den Boss spielte. Auch die beiden, Didilind und Gerid haben zwei von ihnen ihr Leben ausgehaucht. Wie ich so, pi mal Auge, die Gruppe der scheinbar unbesiegbaren, Met Trinker hier aber nur im Met trinken, überschlug, mussten da noch etwa zehn der Met Helden sitzen. Doch als sie zu ihren Waffen griffen, haben drei Weitere ihr Leben lassen müssen. Und so wie sie sich jetzt benahmen, hat keiner der Entführer dieses schmutzige Abenteuer überstanden. Wir haben dann die gekauften Sachen wieder eingesammelt und auf dem Schlitten verstaut, auch Luzia und Jan von ihren Fesseln befreit, zwei ihrer Pferde an den Schlitten gespannt, die Waffen eingesammelt und auch auf dem Schlitten verstaut, den Uhu rufen lassen, Thor und Odin mit ihren Satteln gesattelt, die Tasche mit den falschen und den paar echten Goldkugeln auch auf den Schlitten geladen, die dreizehn Pferde der Banditen hinten an den Schlitten gebunden und die Heimreise angetreten. Morgen wollte ich mich um den Rest der hier liegenden Toten kümmern. Für heute wünsche ich euch allen hier im Schnee eine gute und kühle Nacht. Daheim haben Gerid und Didilind ihre am Markt erworbenen Sachen in die Häuser getragen. Die fünfzehn Pferde, die wir heute wieder erworben haben, habe ich in Dennis Stall gesperrt, denn von seinen Pferden und seinem Wagen war weit und breit nichts zu sehen, es sei denn, dass der Schimmel ein Überbleibsel von Dennis ist. Als ich dann in unser Häuschen trat, freute sich nicht nur mein kleiner, vierbeinige Dennis, sondern auch alle Zweibeiner. Jan und Luzia wollten uns, Didilind und mich überhaupt nicht loslassen. „Wir hatten schon solch große Angst, dass die bösen Menschen uns bald töten werden. Doch als du so ganz leise hinter uns auftauchtest, da wussten wir, dass jetzt alles zum Guten gewendet wird.“ Auch ich lobte die beiden Kleinen ob ihrer Tapferkeit, „denn ihr habt, als ich hinter euch auftauchte, so getan, als ob nichts geschehen ist!“ Hunger hatte heute, zu so später Stunde, obwohl sie schon bald zwei Tage nichts gegessen haben, niemand. Nur möglichst schnell, nach der letzten durchwachten und kalten Nacht, hier ins Bett zu kommen. Ich trug den kleinen Jan und Didilind die kleine Luzia in ihren Sachen in ihre Betten, zogen ihre Winterschuhe aus, deckten sie zu und ich nahm ihre gefalteten Hände in meine Hände und sprach: „Ich bin klein, mach mein kleines Herzchen rein, soll niemand drin wohnen als du mein Jesus allein, Amen. Danach machte ich beiden ein kleines Kreuzzeichen auf ihre Stirn, strich beiden noch einmal über ihre Köpfe und verließ lautlos ihre Schlafkammer. Didilind hat derweil versucht Dienstag alles, was sie in den fast zwei Tagen Gefangenschaft erlebt haben, mit Mund, Händen und Füßen zu erzählen. Auch dass Eberhard morgen da noch einmal hinreiten will um nach dem Rechten zu sehen. Doch dann kam ich in die Küche. Als Didilind ihre Erzählungen unterbrach, fragte ich Dienstag, ob er hier oder daheim schlafen wolle? Dienstag meinte, dass er vielleicht daheim schlafen solle, denn da kann er auch schon mal mit einem Auge auf die Pferde aufpassen. Ich gab ihm einen von den vielen Bögen die ich hier im Haus liegen hatte und auch zwei Köcher voller Pfeile. Dann gingen wir zu dritt an sein Häuschen und wünschte ihm eine angenehme und ruhige Nacht, denn ich hoffte, dass jetzt endlich alle so tief herabgekommenen Goten weg sind und wir wieder in Frieden hier den Winter über leben können. Dienstag verschwand in seinem kalten Häuschen und als er die Haustür von innen verschlossen hat, gingen auch wir wieder in Richtung unseres Häuschens. Da ich mir ziemlich sicher war, dass unser kleiner Dennis noch sein Geschäftchen machen muss, ging ich ein ganzes Stückchen weiter, wo er es tatsächlich auch noch machte. Wir beide versuchten dann unsere Umgebung zu sichten, ob uns auch wirklich kein Überlebender dieser Unmenschen gefolgt ist, um seine toten Landsleute zu rächen. Ich konnte in der Dunkelheit nichts erkennen, und Dennis hat wahrscheinlich auch nichts mit seiner super Nase erspürt, noch ein kurzer Rundblick und auch wir verschwanden in unserm Häuschen, um unser bisschen Leben, während der Nacht in seine, in die Hände meines Chefs droben im blauen Himmelszelt zu legen. Didilind hat nach der durchwachten Nacht schon fest geschlafen, als ich zu ihr in die Schlafkammer trat. Ich hatte heute meinem Chef sehr viel zu erzählen, auch dass wir heute Abend wieder fünfzehn Menschen töten mussten, die sich so siegessicher an vier unschuldigen Menschen vergriffen haben, die sie sicher auch getötet hätten, wenn ich ihnen nicht unser ganzes Gold bald herausgerückt hätte. Auch fragte ich ihn, was ich mit den vielen Toten machen soll, die ich nicht in dem zugefrorenen Boden beerdigen kann? „Soll ich sie alle in den dahinfließenden Gebirgsbach legen, um sie dahin ins Meer fließen zu lassen? Doch meine himmlische Stimme gab mir keine Antwort, sie schwieg diesmal. So meinte ich, da ich keine Antwort zu den Beerdigungen im Schnee bekam, ich beerdige sie weiter im Schnee und mal schauen, was das Frühjahr dann bringt. Ich musste auch bald eingeschlafen sein und Dienstag war es, der uns heute Früh, sicher schon sehr spät geweckt hat. Nach meinen Berechnungen musste heute der Wintersonnentag sein, der bei uns daheim immer groß gefeiert wurde und die alten Rauchgucker, die aus dem abziehenden Rauch des Sonnenwendfeuers das Wohl und Wehe für uns im Ort für das nächste Jahr vorhersagten. Aber, wie sagte doch der Missionar im letzten Winter: „Drei Tage nach der menschlichen Sonnenwende kam die richtige Sonnenwende, die ganz große Lichtwende in Bethlehem in einem kleinen Stall zur Welt, das Licht, das den Menschen guten Willens nicht nur das Licht der Erlösung brachte, sondern sie auch zu Kindern Gottes machte, zu Menschen, die einander nicht weh tun wollen und können. Wir waren, obwohl wir heute sehr spät munter wurden, doch sehr schnell gewaschen und wieder für das heutige Tagesgeschehen einsatzbereit. Das Feuer brannte und über dem Feuer im Dreifußtopf wärmte sich schon die Suppe, die eigentlich für gestern gedacht war. Die beiden Kleinen haben wieder den Tisch für uns fünf gedeckt. Dann hat Didilind das kurze Tischgebet gesprochen und uns allen die leeren Teller mit ihrer guten Suppe gefüllt. Doch bevor ich anfing zu essen, habe ich Dennis kleine Schüssel knapp halbvoll mit Brot gefüllt und zwei Suppenkellen darüber gegossen, alles umgerührt und Dennis zum Futtern hingestellt. Auch nach dem Essen haben wir alle das Dankgebet gesprochen, so gut es jeder konnte. Didilind und die beiden Kleinen haben den Abwasch, das Abtrocknen und Einräumen getätigt. Dienstag, der kleine Dennis und ich haben die Pferde mit frischem Heu und Wasser versorgt. Dann bat ich Gerid und Dienstag, dass sie mit mir in das Haus gehen, in dem Dennis und Irmgud wohnen oder vorübergehend gewohnt haben. Dass ihr Pferdestall leer ist, habe ich gestern Abend schon mitbekommen. Als wir zu viert das Häuschen betraten, sahen wir. Dass Dennis schon seit einigen Tagen tot ist. Der kleine Dennis fing sofort zu knurren an, denn sicher hat er den Angriff auf Didilind, den er mit einem Biss in seinen verletzten Oberschenkel beendet hat, noch nicht vergessen. Von Irmgud war im Haus, weder hier unten noch oben unterm Dach nichts zu sehen. Ich durchsuchte seine Taschen, habe aber nichts Weiteres gefunden als ein schmutziges Taschentuch, also keinen Hinweis auf seine letzten Stunden. Mit vereinten Kräften haben wir ihn in den Schnee hinausgezogen und dann weiter an den Waldesrand. Hier haben wir ihn, wie die anderen Toten in der Schneewehe, nahe bei seinen Verbrecherkumpanen, in ein tiefes Loch im kalten Schnee beigesetzt. Auch für ihn, den ich mal meinen väterlichen Freund nannte, der dann zu meinem ärgsten Feind und Neider wurde, der sehr viele tote Landsleute auf seinem Gewissen hat, die er leichtsinnig auf mich hetzte und sie alle dieses verbrecherische Abenteuer mit ihrem Leben bezahlen mussten, auch für ihn habe ich unsern aller Chef da hoch oben im blauen Himmelszelt um Verzeihung gebeten, dass er auch ihm ein gnädiger Richter sein möge. Dann haben wir zwei Verbrecherpferde von gestern Abend an den Schlitten gespannt, nahmen unsere Waffen und fuhren zum gestrigen kleinen Kampfplatz. Da lagen die fünfzehn Toten von gestern Abend, teilweise schon angefressen. Wir durchsuchten sehr genau alle ihre Taschen in den Klamotten, fanden aber auch hier nichts verwertbares, einen Hinweis auf ihre Herkunft etwa, oder ihr Ziel. Wie es so aussieht, haben dieses Häufchen der Heruntergekommenen tatsächlich aus dem letzten Loch gepfiffen und, statt nach reellen Lebensbedingungen zu suchen, sind sie diesem Rattenfänger Dennis und wie ich später erfahren habe, auch seiner Frau Janina auf den Leim gegangen und haben alle ihr Sosein wollen, reich, ohne ihr eigenes Zutun zu werden, mit ihrem Leben, das auch sie nur einmal hier auf Erden bekamen, so schändlich bezahlen mussten.

Als wir die Lage so betrachteten, fragte ich plötzlich so vor mich hin, was machen wir nur mit ihnen? „Zu uns möchte ich sie keineswegs mitnehmen! Aber hier können wir sie auch nicht so einfach zum Fraß der wilden Tiere liegen lassen. Sollen wir sie den Hang hinunter in den Bach rollen lassen, damit das Wasser sie in die Ferne trägt, in ein Land, in dem es keinen Neid oder Hass und Feindschaft gibt oder in einer Schneewehe da hinten begraben?“ Gerid, der im Gegensatz zu Dienstag meine Frage richtig verstanden hat, meinte, dass wir die Toten am besten da hinten in der Schneewehe begraben und wieder zurück zu unseren Häusern fahren, denn unser Roggenmehl zum Brotbacken geht langsam zu Ende! „Prima“, sagte ich, „da können wir den Mahlstock noch vor dem Mittagessen laufen lassen!“ Nachdem alle Toten im Schnee vergraben waren, verstauten wir unsere Sieben Sachen auf dem Schlitten Und nach einer Weile, als wir schon auf dem Schlitten saßen, fragte ich sie, was sie davon halten, wenn wir nach dem Roggen mahlen und dem Mittagessen an den Bach gehen und versuchen zur Abwechslung unserer Speisekarte einige Fische zu fangen? Gerid und Dienstag waren mit dem Fische fangen sofort einverstanden. Also nichts wie zurück. Die Rückfahrt verlief wieder ohne irgendwelche Schwierigkeiten. Daheim halfen wir, Dienstag und ich, Gerid zwei Säcke Roggen abzufüllen und hinunter in den Mahlraum zu tragen. Dienstag und ich haben schon mal einen Sack Roggen in den Mahltrichter geschüttet. Augenzwinkernd fragte ich dabei Gerid, ob er nicht Lust hätte draußen wieder das Wasser im Bach umzuleiten? Gerid verstand sofort mein Augenzwinkern, das soviel hieß wie: „Aufpassen in dem leeren Flussbett, ob sich da nicht ein Goldfisch verirrt hat!“ Er war sehr schnell draußen und das Wasserrad begann sich zu drehen, das auch bald seine volle Geschwindigkeit erreicht hat und ich die Transmission spannen konnte. Nur mit seinem Zurückkommen hat es etwas länger gedauert, denn man kann ja auch das jetzt leere Flussbett mal nach irgendwelchen kleineren oder größeren darin hängen gebliebenen Goldfischen absuchen, die das Weiterschwimmen im nassen Wasser vergessen haben. Ob er fündig geworden ist weiß ich nicht. Gesagt hat er zumindest nichts und ich habe ihn auch nicht danach gefragt.

Wir waren gerade dabei den zweiten Sack Roggen in den Mahltrichter zu schütten, da kam er zurück und fragte, ob er nicht auch noch einen Sack Weizen bringen kann, womit ich auch einverstanden war, denn so sagte er, dass das Brot mit einem Schuss Weizenmehl auch nicht schlecht schmeckt. Dienstag ist mit Gerid auf den Schüttboden gegangen und Gerid brachte auf seinem Rücken, denn Dienstag war nach seinen letzten schweren Verletzungen noch nicht der alte und kräftige Dienstag, der er schon mal in seinen besten Tagen war, den Weizen in den Mahlraum, den er auch in den leeren Mahltrichter schütten konnte. Gerid hat schon mal den fein geschroteten Roggen heim in die Küche gebracht, während der Weizen durch den Mahlstock noch lief. Als alles fertig gemahlen war, ließ er es sich nicht nehmen auch jetzt wieder das Wasser umzuleiten und was anzu-nehmen ist, nach hängen gebliebenen Goldfischen in der jetzt leeren Wasser Rinne zu suchen. Auch jetzt habe ich ihn nicht gefragt und er hat nichts gesagt, ob er heute überhaupt fündig geworden ist. Nachdem er auch den gemahlenen Weizen in sein Häuschen gebracht hat, schloss ich die Räume ab und wir gingen zu Didilind, die auch heute Mittag wieder gute Rühreier mit Brot auf den Tisch gezaubert hat. Für Dennis war noch genug von der gestrigen der Suppe mit Brot da. Beim Mittagessen sagte ich ihr, dass wir nach dem Mittagessen an den Bach gehen wollen, etwa dahin, wo man mich das letzte Mal zusammengeschlagen hat und mal nach den gepunkteten Fischen schauen wollen. Wir haben fast schon vergessen wie gut die von dir zurechtgemachten Fische wieder schmecken. Als Didilind hörte, dass Gerid und Dienstag mit-gehen, war sie doch beruhigt, sonst wäre sie mitgegangen. Nach dem Essen hat Luzia den Aufwasch gemacht, Dienstag spielte, was er in der letzten Zeit wieder sehr gerne tat, den Abtrockner und Jan hat alles wieder zur vollen Zufriedenheit von Didilind, ohne etwas kaputt zu machen in der Geschirrkiste verstaut. Bald danach kam auch Gerid warm angezogen mit seinem Ger und einem leeren Eimer in der Hand. Auch wir; Dienstag und ich waren bald für unsere Fischsafari fertig und wollten das Häuschen verlassen. Und wie es aussah, wollte auch der junge Dennis mit uns. Doch ich meinte dass er besser als einziger Beschützer hier bei ihr bleiben soll, denn, wenn er einen Fremdling spüren sollte und sich meldet hat Didilind noch immer genügend Zeit nach dem griffbereiten Bogen und den Pfeilen zu greifen. Ich versuchte Dennis das klar zu machen, dass er hier sicher eher gebraucht wird als draußen bei uns. Ich glaube, dass er schweren Herzens das, was ich ihm sagte und zeigte akzeptiert hat und hier an der Haustür von innen Wache bezogen hat. Ziemlich genau an der Stelle, an der ich das letzte Mal die Fische herausholte und gewaschen habe, standen sie auch heute im Wasser. Ich sprang hinüber auf die andere Seite des Baches und Gerid blieb auf seiner Seite und zusammen haben wir mit unseren Geren, jeder vom andern Ufer nach den Fischen gestochen. Die Fische, die ich herausholte, hat Dienstag gleich getötet, ausgenommen und gewaschen. Als wir beide schon sechs Fische gefangen hatten, meinte Gerid, dass die Sechs für ihn sicher langen und begann sie auch auszunehmen und zu waschen. Wir haben noch drei weitere Fische aus dem Wasser geholt und für Didilind zurecht gemacht, alle Innereien, auch die von Gerids Fischen, in unsern Eimer gegeben und dann die Fische darauf. Auf die Innereien hat sich Dennis sicher schon gefreut. Daheim hat Didilind die Fische noch einmal gewaschen und eingesalzen. Am Abend sollten sie dann alle wieder in Butter gebraten werden. Dennis hat zum Abendessen die ganzen Innereien mit Brot und der restlichen Suppe bekommen, was ihm sichtlich auch gut geschmeckt hat. Die neun Fische, die wahrlich alle wieder, nicht zu klein geraten, so richtige Prachtexemplare waren, haben nicht nur für das Abendessen, sondern auch für das Frühstück gereicht. Die Fische sind auch heute wieder beim Abendessen, wie auch Didilinds Tee, auf der Zunge zergangen; wir mussten nur noch beim Brot essen leicht kauen. Jan kam beim Essen nicht aus dem Stauen heraus, denn so etwas Gutes hat er heute, wie er sagte, zum aller ersten Male gegessen und gleich gefragt, wann es so etwas Gutes wieder gibt? Luzia, unser kleiner Schelm sagte ihm: „Wenn du brav bist und nichts beim Abtrocknen oder einräumen kaputt machst, bekommst du morgen früh wieder so einen Fisch. Erst jetzt merkte ich, dass wir einen Fisch zu wenig gefangen haben, denn wir sind ja fünf Esser am Tisch und nach alter Rechenart müssen für fünf Esser, wenn jeder zwei Fische bekom-men sollte, zehn Fische auf den Tisch! Guten Morgen Eberhard, wo warst du beim Fische fangen mit deinen Gedanken? Ich erklärte mich gegenüber Didilind bereit, morgen früh auch mit belegtem Butterbrot hoch zufrieden zu sein. „Beim nächsten Mal wollte ich ganz bestimmt nicht denselben Fehler noch einmal machen!“ Nach dem Abendessen, unsere beiden kleinen haben den Abwasch gemacht und Dienstag spielte den Abtrockner, habe ich Didilind gesagt, dass übermorgen jährt sich der Tag, an dem Jesus, Gottes Sohn, in Bethlehem, als kleines Kind zur Welt kam, geboren von der Jungfrau Maria, der uns dann als erwachsener Mann Kunde von Gott seinem Vater, der über uns allen im Himmel wohnt, brachte. Didilind überlegte kurz und sagte dann: „So einen Wintersonnenwendetag wie gestern habe ich bestimmt noch nie erlebt! Hoffentlich gibt es keine zweite Ausgabe eines solchen Tages! Und ich fragte sie weiter was sie davon hält, wenn wir beide an diesem Abend, vielleicht auch zur Feier des Tages, ein Gläschen Met bei Kerzenschein trinken? Didilind fragte gleich, nur wir beide, ohne die andern drei? Nach einer kurzen Denkpause fragte ich sie, was sie davon hält, wenn wir morgen Vormittag in den Flecken fahren, ob wohl es kein Wochenmarkt ist. Vielleicht bekommen wir da etwas, was die Feier des Tages verschönert? Didilind war von diesem Ausflug gar nicht so abgeneigt fragte aber gleich: „Und was ist, wenn Gerid, Janine und Dennis auch mitfahren wollen, da ist doch kein Platz für alle.“ Und da sagte ich ihr, dass wir schon mal am Vormittag vorfahren und sie können dann am Nachmittag nach unsern Ratschlägen auch allein da hinfahren. Am nächsten Tag, als Dienstag, Gerid und Janine von unserm Ausflug in den Flecken erfuhren, zeigten sie wenig Interesse. Dienstag wollte hier mit dem jungen Dennis die Häuser bewachen und Gerid mit Janine wussten so mit dem Weihnachtsfest nichts Richtiges anzufangen. Nach dem Frühstück, spannten wir Thor und Odin an den Schlitten, nachdem sie eine kleine Portion Hafer bekamen und fuhren als alle Vierbeiner versorgt waren, mit dem Schlitten aufs gerade wohl in den Flecken. Luzia spielte wie immer den Kutscher und wir zwei Männer saßen hinten, warm zugedeckt im Fond. Jan schaute immer wieder bisschen neidvoll auf Luzia, die wie immer beim Schlittenkutschieren total aufging und glaubte regelrecht durch die Luft zu schweben, denn es gab beim Schlitten-fahren kein Geholper wie beim Wagenfahren auf unebenen Fahrwegen. Die Unebenheiten auf dem Fahrweg hat alle der viele Schnee ausgeglichen. Vor lauter genüsslichem Gucken ist Jan an meiner Schulter eingeschlafen und hat es überhaupt nicht mitbekommen, dass Luzia schon auf dem heute leeren Marktplatz gelandet ist. Die Frage war nur: „Was nun?“ Soll ich mitkommen, dann muss ich aufstehen, und er wird munter? Oder geht ihr alleine und ich bleibe hier sitzen, dann wird er hinterher sicherlich sehr traurig werden, dass er nicht mitgehen konnte, wenn er schon nicht auch mal vorn auf dem Kutscherbock den Kutscher spielen darf! Luzia hat sicher meine Gedanken lesen können, denn sie sagte, ich solle ihn wecken. „Auf der Rückfahrt kann er weiter schlafen!“ Und da fragte ich sie, ob sie auf der Rückfahrt nicht auch einmal Jan vorn in eurer Mitte, unter deiner Anleitung, den Kutscher spielen lassen möchtest? „Er schaut von hinten immer so wehmütig auf dich, wie du das so ganz leicht immer machst! Es würde dir doch sicher auch bisschen Spaß machen, wenn du ihm in der Mitte zwischen euch beiden sagst, wann er die linke, wann er die rechte und wann er an beiden Leinen ziehen muss! Und nebenbei passt du ja auch noch auf, dass er uns nicht in den Graben fährt, sondern uns wieder heil heimbringt.“ Doch Luzia wollte das Kutscheramt nicht so leicht aus ihrer Hand geben. Da schaltete sich Didilind, die bis dahin die stille Zuhörerin spielte ein und sagte zu ihr: „Wie würde es dir gefallen, wenn Jan zuerst bei uns gewesen wäre und jetzt den Kutscher spielen dürfte und du müsstest hinten im Fond mit Eberhard den Zuschauer spielen. Würdest du dich dann nicht auch freuen, wenn Jan dir sagen würde: ‚Auf der Hinfahrt fährt einer von uns beiden und auf der Rückfahrt fährt der andere von und beiden!’ Überlege es doch einmal, denn du bist ja nicht nur ein großes Mädchen, sondern auch für alle ein sehr liebes Mädchen!“ Während Didilind noch redete, be-gann Luzia zu Didilinds Ausführungen leicht mit ihrem Kopf zustimmend zu nicken, obwohl jeder es sehen konnte, wie schwer ihr doch das Zustimmen fiel. Nach Luzias zustimmenden Kopfnicken glaubte ich Jan wecken zu können und versuchte mich von seiner Anlehnung ganz sachte herauszudrehen. Dabei wurde er munter, wobei er beide Hände jemandem entgegenstreckte und halblaut Mama und Papa rief. Er staunte nicht schlecht, als er uns da in seiner Nähe sah. Nach einer Weile sagte er, dass er seine Mama und seinen Papa dort oben auf einer Wolke stehen sah und sie mir ganz lieb zu winkten. Doch plötzlich haben sie sich nach hinten, von mir weg entfernt und ich habe ganz laut nach ihnen gerufen und dann sah ich euch da stehen. „Seid ihr jetzt meine neue Mama und mein neuer Papa, und du Luzia meine neue Schwester?“ Als ob wir uns verabredet hätten, haben wir alle drei laut „Ja“ gesagt, „und du bist ab sofort unser lieber, kleiner Jan. Und Luzia ist dann auch deine liebe Schwester, auf die immer lebend aufpasst, dass niemand ihr etwas Böses ant. Und wir alle hoffen, dass wir immer zueinander so lieb sind und bleiben wie jetzt.“ Im Hof des „Marktparkplatzwächters“ haben wir unsern leeren Schlitten abgestellt, und er gab auch heute unsern beiden Pferden je einen Futterbeutel und wir konnten unsern, Feiertagseinkaufbummel mit einem Gang durch den Ort, ohne Stände und ohne Geschäfte beginnen. Aus dem Haus des Dorfbäckers drangen recht angenehme Düfte, die uns unwillkürlich stehen ließen. Luzia schaute uns fragend an, als wollte sie sagen, da müssten wir aber alle mal rein, was wir auch bald taten. Der Bäcker zeigte uns bald die Ursache des guten Duftes. Es war ein Gebäck, das aus Weizenmehl, Eiern, mit Hirse, die im Obstsaft weich gekocht wurde, mit Honig und Met und noch so paar Kleinigkeiten angerührt wird und dann im Ofen gebacken wird. Die paar Kleini-gkeiten wollte er uns aus verständlichen Gründen, wie er uns sagte, nicht verraten, denn diese paar Kleinigkeiten sind seine kleinen Geheimnisse, die man einfach nicht verraten darf, die das kleine bisschen Etwas erst richtig zu dem machen was es ist und sein soll, zu einem richtigen Festtagskuchen. Nachdem wir ihn alle gekostet haben, haben wir gleich einen ganz großen, den größten Kuchen den er schon gebacken hat mitgenommen. Auch zur Feier des Tages haben wir eine Flasche frischen Met eingepackt. Beim Bauer holten wir uns noch vierzig Eier und zwei Kugeln Butter, eine große Portion Süßholz, einen kleinen Sack Winteräpfel, drei Pfund gemahlenen Malzkaffee, ein Töpfchen Honig und fünf Liter Milch, denn Didilind hat wieder etwas Neues entdeckt, was sie auch zur Feier des Tages machen will: Sie weicht in warme Milch Süßholzstücke ein, schlägt im Topf sechs Eier schaumig, gibt einen Löffel Honig dazu, gießt die warme Süßholzmilch in die schaumiggeschlagenen Eier, gibt vom Salz eine ordentliche Prise hinzu und rührt soviel Weizenmehl in die schaumigflüssige Masse hinein, bis ein leicht zähflüssiger Brei entsteht, den sie dann häufchenweise in heißer Butter bäckt. Das nächste Mal will sie in die breiige Teig-masse kleine Äpfelstücke untermischen und mitbacken. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese gefüllten, gebratenen Teigfladen noch um vieles besser schmecken werden, als bisher die ungefüllten. Lassen wir uns überraschen. Da wir weiter nichts brauchen, gingen wir schwer bepackt zu unserem Schlitten, bezahlten hier unsere Schulden und bestiegen unseren Schlitten. Da sagte Luzia ganz alleine etwas, was ich ihr sehr hoch angerechnet und zeitlebens nicht vergessen habe: „Jan, wolltest du nicht auf der Rückfahrt den Kutscher spielen?“ Jan schaute völlig überrascht auf Luzia und sagte: „ Nichts würde ich lieber tun als das!“ „Also nichts wie zu uns in die Mitte, die Leine in beide Hände und ab geht es. Solle es nach rechts gehen, musst du an der rechten Leine ziehen, soll es, weiter kam Luzia nicht, denn Jan sagte, nach links gehen, dann muss ich an der linken Leine ziehen. Und wenn ich anhalten will, zieh ich mit beiden Händen und sage „Brrrrrrr“, dann bleiben die Pferde stehen. „Du Spielverderber“, rief Luzia laut, „woher weißt du denn das alles?“ „Mit meinem andern Papa, durfte ich auch manchmal auf dem Pferdewagen den Kutscher spielen. Nun ist er so weit weg von mir, da oben auf einer Wolke habe ich sie beide vorhin gesehen, wie sie mir zu gewunken haben und sagte, dass ich immer ihr braver Jan bleiben soll, was ich auch immer blei-ben will. Und dann sind sie mit der Wolke weit nach hinten verschwunden.“ Auch Jan hat heute zur vollen Zufriedenheit der beiden Frauen sein Handwerk gut gemacht. Er blieb genau vor unserer Haustür stehen, die verschlossen war und Dienstag war mit Dennis irgendwo zwischen den Pferden. Ich glaube, das Schiwka und Ronschka es ihm wieder angetan hat. Von weitem sah es so aus, als würde er mit Schiwka tiefsinnige Gespräche führen. Nicht er hat es bemerkt dass wir schon wieder da sind, sondern Dennis, der vor Freude laut jaulend auf uns zugelaufen kam. Er schien sich riesig zu freuen, dass wir wieder da sind. Während Didilind mit den Kindern die heute erworbenen Sachen in die Küche brachte, hab ich Thor und Odin ausgespannt und zu den andern Pferden laufen ge-lassen. Auch Dienstag kam wieder zu uns und hat in der Küche aus der restlichen Glut ein kleines Feuer gemacht und Didilind hat dann wieder eine Gute dicke Suppe mit allem Drum und Dran gekocht, an der nichts fehlte. Dienstag berichtete mir, dass er mit Gerid alle Pferde mit Heu und Wasser versorgten und sie dann hinaus ins Freie gelassen hat, und er die ganze Zeit bei ihnen mit Pfeil und Bogen Wache gehalten hat. Unsere beiden kleinen haben wieder den Tisch für alle gedeckt und ich in der Schüssel unserm vierbeinigen Dennis sein Mittagfutter appetitlich zurechtgemacht habe, auf das er allerdings noch etwas warten muss, denn von der leckeren, frischgekochten Suppe her war es noch für ihn zu heiß. Doch draußen im Freien bekam es bald seine richtige Futtertemperatur. Dass es auch ihm geschmeckt hat, konnte man an seinem Futtern sehen, denn die Schüssel war gerade so aus-geleckt, als ob sie jemand ausgewaschen hätte. Für morgen Abend, dem Heiligen Abend, wollte Didilind wieder die Eierfladen in Butter backen, aber diesmal mit kleinen Äpfelstücken gefüllt, dazu Malzkaffee mit Milch und als Nachtisch einen Schluck süßen Met und das alles sehr romantisch bei Bienenwachskerzenlicht. Während Didilind ihre Vorbereitungen für den Großen Abend plante, haben wir, Dienstag und ich, die Pferdeställe für die Nacht zurechtgemacht. Dann haben wir mit Mund, Händen und Füßen über die Pferde und ihre Fohlen gefachsimpelt. Auch hat Dienstag mir gesagt, dass er heute, als wir fortwaren auch mal das Haus inspiziert hat, in dem Dennis tot gelegen hat. Es sei immer noch leer. Unwillkürlich kamen mir die Gedanken: „Hoffentlich sucht sie nicht neue, lebensmüde Konsorten, die für sie uns töten sollen und dann ausrauben. Ich habe es damals wirklich ehrlich und gut mit ihnen gemeint, als ich sie auf die Goldfische im Bach aufmerksam machte. Und so sieht jetzt der Dank aus, dass ich mich vor ihren Gedankengängen in Acht nehmen muss! Lassen wir uns überraschen!“

Als es zu dämmern anfing, haben wir alle Pferde wie gewohnt eingesperrt, die Streichel-, Kraul- und Tätscheleinheiten den Pferden im Stall verpasst und die Ställe dicht gemacht und abgeschlossen und die Nachtkälte konnte kommen.

Nach dem Abendessen, als alles wieder sauber weggeräumt war, hat Didilind mich gefragt, ob wir für morgen Abend nicht Gerid und Janine zum Abendessen einladen könnten? Ich hatte nichts dagegen und fragte sie wann sie das Abendessen etwa machen werde? Und sie sagte: „Am besten bald nach Einbruch der Dunkelheit.“ Wir haben dann Dienstag in sein Häuschen begleitet und gingen hinüber zu Gerid und Janine und haben sie für morgen Abend zum Essen eingeladen, was sie völlig überrascht annahmen. „Was es denn so Gutes gibt“, fragten beide, „das ihr uns zum Essen einlädt?“ Didilind hat nichts verraten. Ihre Antwort war: „Lasst euch einfach beide mal von meinen Kochkünsten überraschen! Umso größer ist dann die Freude!“

Der 24. Dezember kam. Irgendwie waren wir alle heute anders als sonst. Lässt das Geheimnis, uns in unserm tiefsten Innern schon so etwas Beseligendes spüren, dass vor rund 214 Jahren in der Nacht in Bethlehem in einem Höhlenstall stattfand? Nach dem Frühstück gingen wir alle drei zu den Pferden in die Ställe. Zur Feier des Tages bekamen alle Pferde schon mal eine große Extrasonderration von den Streicheleinheiten und durften dann draußen im leichtfallenden Schnee sich austoben. Dienstag und ich machten alle Ställe wieder für die Nacht bereit. Der kleine vierbeinige Dennis hat uns überall hin begleitet. Im Heu und Stroh hat er meines Wissens heute seine ersten Mäuse gefangen und gleich aufgefuttert. Die Mäuse musste ich schon mal nicht mehr auf dem Wagen bei dem Hafer fangen. Zu dem Heu und dem Wasser bekamen heute alle, zur Feier des Tages einige Hände voll Hafer, den ich mit Dennis in der Wagenremise vom Wagen holte! Auch die Mäuse, die in den Fallen gefangen waren hat Dennis genüsslich verzehrt. Nach dem kargen Mittagessen, denn heute Abend sollte ja das Festessen steigen, machte ich mich draußen bisschen zu schaffen, brachte paar Arme voll Holzscheite, damit das Feuer nicht vorzeitig, mangels brennbaren Nachschubs erlischt. Bevor es dunkel wurde, waren alle Pferde wieder im Stall fest verschlossen. Und dann kam das geplante Festtagsessen, das wir heute mit dem Gebet des Herrn begannen. Dann folgte eine Tasse Fleischbrühe mit einer leichten Grießeinlage. Dann folgten die gebackenen Eierkuchenfladen, die heute mit kleinen Apfelstücken gefüllt waren, die mit einer dicken schaumiggerührten Sahne übergossen waren. Nur gut, dass Didilind, auf die immer Verlass ist, heute die doppelte Portion von diesen Eierkuchenfladen gebacken hat. Zum Nachtisch gab es gebrühten Malzkaffee mit Milch und dem guten Kuchen, den wir beim Bäcker erstandenen haben. Nach dem Essen haben wir heute Abend das kurze Tischgebet gesprochen, was für Gerid weniger, aber für Janine so ziemliches Neuland war. Luzia hat alles sehr schnell wieder sauber abgewaschen, Dienstag und ich haben die beiden Abtrockner gespielt und Jan hat alles in der Geschirrkiste verstaut. Der Abwasch und das Aufräumen des benutzten Geschirrs sollte ein kleines Dankeschön an Didilind sein, die uns alle heute so überrascht hat. Als wir wieder um den Tisch zusammensaßen, hat Janine doch nach dem Anlass dieses Festabends gefragt, „denn ohne Ursache zieht man so einen Abend nicht über die Bühne!“ Didilind schaute mich an, als wollte sie sagen, das machst du jetzt! Und ich erzählte ihnen, was ich in einem Traum vor Jahren habe schauen dürfen und später von einem Manne, der es genau wissen sollte bestätigt bekam.

„Vor rund zweihundertvierzehn Jahren ist in einer kleinen Stadt, die Bethlehem heißt, der Gott, der Heiland, der Himmel und Erde erschaffen hat, als kleines Kind, eben als der Heiland, nicht in einem supervornehmen Palast zur Welt gekommen, sondern in einem Stall, der in einer Erdhöhle war. Seine Mutter war eine Jungfrau, die aus Nazareth stammt und Maria heißt. Es war Winterszeit und in der Höhle war es bitter kalt. Nur ein Esel, der hier auch übernachtete, hat das kleine Gotteskind mit seinem Atem gewärmt. Und plötzlich wurde es in der dunklen Höhle taghell, obwohl es in ihr keine Lampe gab, die das Licht hätte spenden können. Unweit der Höhle waren die Hirten mit ihren Herden auf der Weide, die bei Unwetter diese Höhlen als Unterschlupf für ihre Herden und für sich selbst aufsuchten und sahen all das Unerklärliche, was da in ihrem Höhlenstatt vorsichgeht. Und auch bei den Hirten wurde es mitten in der Nacht taghell und viele, ganz vornehm gekleidete Engel schwebten von oben zu ihnen herab und sangen mit wasserklaren Stimmen: ‚Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind!’ Dann sprach, vermutlich der Anführer der Engel zu den Hirten: ‚Fürchtet euch nicht, denn ich verkündige euch eine frohe Kunde. Euch und allen Menschen in der Welt ist heute der Heiland geboren. Geht hinauf zu eueren Stallungen. In einem werdet ihr ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in der Futterkrippe liegt und seine Mutter.’ Eiligst verließen die Hirten ihre Herden und vergaßen ganz und gar ihre Aufgaben, die Herden vor den wildstreunenden Tieren zu beschützen, die besonders in der Nacht sich ihren Futteranteil gerne holen. Und jetzt geschah das zweite Wunder. Während die Hirten alles liegen ließen und zu dem neu-geborenen Kind eilten und die Herden unbeschützt waren, lagen die eben noch angriffslustigen Tiere schützend um die Herde herum. Und von weitem sahen die Hirten inmitten der vielen kleinen dunklen Höhlenställen den hellerleuchteten Höhlenstall und wunderten sich, woher denn das helle Licht auf einmal gekommen ist, das sonst nie zu sehen ist. Als sie in den Stall eintraten, sahen sie alles, so wie der Engel es ihnen gesagt hat. Andächtig knieten sie vor dem in der Krippe liegenden Kind nieder und legten ihre wenigen und armseligen Gaben, die aber von ihrem ganzen Herzen kamen vor dem Kind nieder. Überglücklich kehrten die Hirten zu ihren Herden zurück, denn sie waren die ersten Menschen, die heute Nacht das Heil der Menschen, das hier in die Welt gekommen ist, sehen durften und nie, bis zu ihrem Lebensende das heute erlebte vergessen haben. Und dieses kleine Kind ist dreiunddreißig Jahre später für uns alle am Kreuz auf dem Kalvarienberg in Jerusalem einen sehr schmerzhaften Tod am Kreuz gestorben, aber am dritten Tag wieder von den Toten auf erstanden und vierzig Tage später, vor den Augen seiner Anhänger in den Himmel aufgefahren. Von dort wird er eines Tages wieder auf die Erde kommen, aber nicht mehr als das kleine arm-selige Kind, wie in Bethlehems Stall, sondern als der König, der über die ganze Erde herrschen wird. Und diesen Geburtstag feiern wir heute. Und ihr ward bei dieser heutigen, seiner Geburtstagsfeier, alle unsere Gäste!“

Und da fragte Gerid, ob es das Kreuz da an der Wand ist, an dem das großgewordene Jesuskind gestorben ist? Ich sagte ihm, dass das Jesuskind an so einem Kreuz, nur viel größer als dieses angenagelt wurde. „Dieses kleine Kreuz da an der Wand soll uns immer daran erinnern, dass er auch für uns daran gestorben ist.“ Zum Abschluss dieser Feier hat Didilind allen einen Schluck Met in die Becher gegossen, den beiden Kleinen weniger und uns Großen bisschen mehr. Danach begleiteten wir unsere Gäste in ihre Häuschen und wünschten allen eine gute und angenehme Nacht. Janine, Gerid und Dienstag bedankten sich für den heutigen Abend, für die Geburtstagsfeier des Jesuskindes, die wie immer bei uns voller angenehmer Überraschungen ist, die man so schnell nicht vergessen kann. Ich ging dann noch mit Kleindennis sein Geschäftchen machen und schaute dabei immer wieder zum Himmel und suchte den geheimnisvollen Weihnachtsstern, der über der kleinen Geburtsgrotte zum Stehen kam und sehr viele Menschen, besonders im Bethlehemer Raum auf das heute Nacht geschehene Ereignis aufmerksam machte. Doch ich mochte noch so viel und anstrengend zum klaren Himmel schauen, den hellen und geschweiften Weihnachtsstern der damaligen Nacht habe ich nicht unter den vielen leuchtenden Sternen am dunklen Himmelszelt sehen können. Und da kam mir der Gedanke, den ich so halblaut vor mir hersagte: „Vielleicht, Eberhard, bist du es noch nicht würdig ihn, den Weihnachtsstern, den damals nicht nur die Hirten haben sehen dürfen, sondern viele andere Menschen, bis hin zum Tross, der die ‚Heiligen Drei Könige’, die aus dem fernen Morgenland nach Bethlehem kamen, um dem neugeborenen König, wie sie den Heiland nannten, zu huldigen, am Himmel sehen durften.“ Nachdem wir keine Gefahr witterten oder sichteten, gingen auch wir beide ins Häuschen. Dennis nahm wieder auf seinem gegerbten Wolfsfell vor unserer Schlafkammer Platz. Bevor auch ich in unserer Schlafkammer verschwand, habe ich ihm wieder eingefleischt, dass er auch heute Nacht uns wieder warnen soll, wenn sich ungebetene Gäste unserm Häuschen nähern sollten. Didilind hat schon richtig fest, so fest geschlafen, dass sie nichts von meinem Kommen mitbekommen hat. Im Bett liegend habe ich meinem Chef da oben erstmals für diesen heutigen Tag gedankt und ihm alles erzählt was heute bei uns allen geschehen ist, besonders, dass uns kein Räuber wieder zu nahe getreten ist. Doch da sagte mir meine innere himmlische Stimme, dass ich bald wieder einiges werde durchmachen müssen, denn Irmgud hat wieder heruntergekommene Goten gefunden, die es wieder für sie versuchen werden euch auszurauben. Es wird für dich sehr knapp werden, aber du wirst wieder als Sieger hervorgehen, denn du hast auch einige Menschen, die dir wieder helfen werden. Und ich bin auch noch bei euch! Trotz dieser Hiobsbotschaft musste auch ich bald eingeschlafen sein. Bis zum Jahresende blieb alles ruhig, nichts Beunruhigendes hat unsern Tagesrhythmus durcheinandergebracht. Dienstag hat zur Freude der Kinder immer wieder mit ihnen kleinere oder größere Schlittenpartien ins Umland oder in unsere Nachbarschaft unternommen oder kleinere oder größere Erkundungsfahrten in das Umland gemacht, ohne dass jemand zu Schaden gekommen wäre, oder es jemandem missfallen hätte bis, wie heißt es doch so schön: „Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem ach so lieben Nachbarn nicht gefällt!“ Was mag da schon wieder passiert sein? Was hat da schon wieder jemandem missfallen und zum Kochen gebracht, ohne vorher daran zu denken, was er da wieder anrichtet? , denn weder Mensch noch Tier haben den Menschen etwas zu leide getan, was seine Rache hätte herausfordern können! Sollte es wieder der Neid der Faulenzer und Habenichtse sein? Doch auf der nächsten Seite sollen sie erfahren wozu entartete Menschen, die jeglichen Kontakt zur Mutter Erde und ihren Mitmenschen verloren haben noch fähig sind und auch ihr fatalstes Tun für richtig halten, hauptsache es schadet den andern und nicht mir, sondern bereichert mei eigenes Tun und Handeln.

Man könnte fast meinen, dass diese Menschen auch eine antiautoritäre Erziehung durchlaufen hätten und jetzt nur sich kennen oder anerkennen, sonst niemanden und auf niemanden müssten sie weitere Rücksicht nehmen, denn alle anderen sind nur für sie da und haben nur ihnen zu Diensten zu sein!

In der Struth Band 3

Подняться наверх