Читать книгу In der Struth Band 5 - Felix Sobotta - Страница 4

Kapitel 1: Die ersten Lebewesen, die Zwei- und die Vierbeiner verlassen uns

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Mit unsern besten Wünschen ritt Enke aus unserer Struth und meine Gedanken waren: „Enke, sehen wir uns noch einmal wieder? Denn, was du jetzt unternimmst, kommt einen Ritt in die Unterwelt oder in die Höhle des Löwen gleich. Bist du den Machenschaften deines herabgekommenen Vaters und deiner heimtückischen Schwester Wenke auch noch gewachsen?“ Als Enke auf der heimischen Feste auftauchte, waren beide, Vater und Schwester sehr, fast schon verdächtig freundlich zu Enke, was mich sicher schon, nicht nur als Außenstehender mal sehr misstrauisch gemacht hätte. Doch der erste Tag verlief daheim in einer scheinbaren Harmonie, was wohl Didilinds großes, mitgebrachtes Essbarkeit verursachte, denn darin waren alles Sachen, die die beiden, Vater und Tochter Wenke schon lange nicht mehr auf ihrem Tisch, so zurechtgemacht serviert sahen und überhaupt zu essen bekamen. Enke versucht schon mal zaghaft die beiden für einen Umzug in den kleinen Struther Flecken zu begeistern, in der die Welt sicher noch in Ordnung zu sein scheint, in der Hunger immer noch ganz kleingeschrieben wird und das, was ich jetzt hier mitgebracht habe, dass gibt es da in der Struth jeden Tag. Immer wieder stellte er da die Mutter als Beispiel hin, die sich nicht in die Ecke trauernd setzt und den vergangenen Zeiten lauthals klagend nach jammert, sondern ihr Schicksal mit der Hilfe aller Odenser in der Struther Feste in ihre eigenen Hände nimmt und für alle sichtbar hat sie dabei für alle sichtbar einen totalen Lebenswandel, zu ihrem Vorteil, durchgemacht und ich euch beide immer wieder bitte, packt alle eure paar Habseligkeiten, die ihr noch habt zusammen und kommt mit mir in den Struther Flecken und macht euch da nützlich, denn das Leben kann wahrhaft viel schöner sein, als das, was ihr hier jetzt lebt. An Rainer von der Trippelfelz und auch an mir könnt ihr sehen, dass Arbeit keine Schande ist, denn ein Pflug, der ungenutzt in der Scheune liegt hört bald auf zu glänzen. Besonders an Rainhard könnt ihr sehen, dass ordentliches Zupacken, egal wo, wann und wie, vollkommende Redlichkeit auch einen heruntergekommenen Hof, wie es auch die Trippelfez der schwarzen Ritter es war, durch eigenes Können und vor allen, eigenes Wollen, wieder vieles reparieren und ins Lot bringen kann! Beide, Vater und Schwester waren ernsthafte Zuhörer und haben immer wieder fast zustimmend mit ihren fast entstellten Köpfen genickt und erbaten sich doch noch bis morgen ein bisschen Bedenkzeit, denn das, was Enke von ihnen da verlangt, kommt ja einer Kapitulation des eigen, hergebrachten Lebens gleich; von heut auf morgen vom herrschenden Stand, auch wenn man schon aus dem allerletzten Loch pfeift, in den arbeitenden Stand abzurutschen. Und Enke gleich dazu sagte, dass man sich dafür heute nicht mehr schämen muss, wenn man durch ehrliches Tun wieder zu den Emporkömmlingen aufsteigt, wie es Rainhard allen bewiesen hat, als er auch bei Eberhard mit blanker Tasche im Kuhstall ganz klein angefangen hat und heute der Herr, wieder von einem angesehen Hof Trippelfelz ist, der sich bestimmt vor niemandem verstecken muss. Doch beide baten bis morgen um Bedenkzeit, denn das, worum Enke sie bat, kommt ja einer Kapitulation vor dem eigenen Ego gleich; vom herrschen in den dienenden Stand. Und Enke beiden sagte, dass dieser dienende Stand nur so lange anhält, wie wir es nötig haben, denn wenn wir uns gar zu dämlich im Kuhstall anstellen, dass sich sogar die Kühe über uns lustig machen, wird dieses dienende Sein bei uns recht lange anhalten. Bei Rainhard hat es ein knappes Jahr gedauert, bis er wieder in die, in seine alte, herrschende Klasse aufgestiegen ist und sich heute für seine Schule in der Struther Feste nicht schämen muss, denn da hat er all das gelernt was ihr nicht könnt und ich nicht gekonnt habe und er immer wieder dankbar in diese harte Lehrzeit zurückdenkt. Enke hat sich heute Abend seinen Mund bald wund geredet und morgen nach dem Frühstück sehen wir weiter und die beiden wollten immer noch bis morgen ihre Bedenkzeit haben, denn heute Abend werden wir bestimmt nicht in die Struth zurückreisen. Vater war fast so weit, dass er alle seine vornehmen, hochgräflichen Vorsätze vergisst und mit Enke in die Stuth mit zieht, wo seine Frau Erna da als Mutter Erna recht gut zurecht komm, und er in der letzten Zeit doch immer öfters an sie denken muss; ob es auch seine Schwester Wenke kann, den Wechsel in eine neue Zukunft nachzuvollziehen? Ich glaube eher, dass sie die ganze Struth am liebsten ausräuchern oder wenn sie es könnte, würde sie die komplette Struther Feste mit allen Einwohnern, ohne Rückkehrmöglichkeit auf den Mond schießen, um da, weit weg von ihnen ihr Struther Leben dahinvegetieren könnten, ehe sie in den Kuh- oder Schweinestall gehen würde, es sei denn dass man sie gewaltsam da hineinbringen würde und sie zu Mitarbeit brutal zwingt, notfalls auch mit brutalen Schlägen und Essensentzug. Doch was die beiden heute Nacht geplant haben, das werden wir wohl erst in einigen Tagen oder gar Wochen erfahren. Auf alle Fälle hat Enke heute Nacht schon mal vorsichtshalber sein Nachtquartier im Herrenhaus mehr mals gewechselt, denn er hatte ja keinen Dennis bei sich, der ihn bei Gefahr im Verzug schon mal geweckt hätte, um nicht von ihr, der Gefahr überrascht zu werden. Dieser nächtliche, mehrmalige Umzug im kühlen Haus ist vermutlich nicht ganz ohne kleine Erkältungsspuren geblieben, was auch Wenke am Morgen bemerkt hat und glaubte jetzt Enke endlich so weit zu haben, wer hier die Herren sind. Zunächst wollte sie Enke den berühmten Pilzsud kochen, den Enke immer wieder früher bei allen möglichen Erkrankungen, besonders bei den üblichen Erkältungen gekocht bekam, den Enke so gern immer getrunken hat, weil er nicht nur immer so gut geschmeckt hat, sondern auch immer wieder geholfen hat schnell wieder gesund zu werden, was Enke sicher auch heute bestimmt nur gewollt hat. Doch noch vor dem gemeinsamen Frühstück wollte Enke wissen, wozu sich Vater und Schwester entschieden haben und beide sagten mit freudiger Miene, dass sie mit ihm in die Struth mitfahren werden, um da ein neues Leben wieder zu beginnen. Vater schien dieses Ja leichter zu fallen als Wenke, doch Wenke bestand darauf, dass sie vorher erst noch gemeinsam hier frühstücken und dann die Stutzer Feste verlassen. Ahnungslos hat Enke den immer so guten Pilzsud getrunken, der heute so einen komischen Nachgeschmack hatte, was Wenke darauf schob und sagte, dass die Pilze sicher schon über ein Jahr alt sind. Doch bald nach dem Frühstück, als Enke aufgestanden ist, stöhnte er über starke Leibschmerzen, stürzte zu Boden und verlor auch bald sein Bewusstsein. Das war der Moment, auf den Wenke schon fast ungeduldig und sicher wochenlang gewartet hat, Enke endlich zeigen zu können, wer hier der Herr in der Stutzer Feste ist und wer hier eigentlich zu kuscheln hat.

Die Tage vergingen und heute haben wir schon den dritten Tag. Beim Abendessen sagte Frieder so beiläufig, dass Enke glaubte heute wieder zurückzukommen, was bis jetzt nicht passiert ist. Es wird doch da nichts passiert sein was ihn veranlasste da länger zu bleiben. Keiner der Anwesenden Abendbrotesser wollte ihm antworten oder sich zu seinem unguten Gefühl laut äußern, aber jeder, so glaube ich hier am Tisch, hat so ein ungutes Gefühl im Bauch, dass da etwas passiert sein muss, nur was, daran, an das Schlimmste, was da passieren kann, daran wollte lieber keiner der hier Anwesenden Abendbrotesser denken und schon lange nicht glauben oder es wahrhaben, dass da etwas passiert sein könnte, was man bestimmt nicht wieder gut oder rückgängig machen kann. Nach einer Weile des Schweigens habe ich dann gesagt: „Wenn Enke bis morgen Früh nicht zurück ist, dann reite ich nach dem Frühstück in die Stutzer Feste und schau da nach dem Rechten, was da bloß passiert sein mag und wo Enke nur abgekommen sein mag. Sofort waren Frieder und Frieda auf dem Plan und sagten fast gleichzeitig, dass sie dann aber ganz bestimmt mit reiten werden; es langt schon, dass Enke da allein hingeritten ist und du es bestimmt nicht auch machen wirst, vielleicht auch sein Schicksal gar zu teilen. Zu ihrem Ansinnen habe ich weiter nichts gesagt, denn dazu ist morgen sicher auch noch Zeit, denn ein Besuch da in der Stutzer Feste ist sicher kein ungefährlicher Spaziergang, denn wer kennt da schon alle Ecken, Geheimgänge und, geheimen Fallen oder die eine oder die andere Klapptür, die alle keinen Rückweg in die Redlichkeit mehr haben.

Der neue Morgen kam, der vierte Tag begann und wer war noch nicht da? Dass Enke eventuell das Weite gesucht hat und vielleicht wieder bei den Römern untergetaucht ist, um da sein Glück aufs Neue zu versuchen, daran wollte und konnte ich nicht glauben, das konnte ich ihm einfach nicht zutrauen, dass er uns alle so hinters Licht geführt haben könnte und auch mein in ihn gesetztes Vertrauen derart missbraucht hat. Wir waren uns schnell einig, dass Frieda und Frieder mich begleiten und wir spätestens am Abend wieder mit einem kleinen Wissen wieder zurück sind. Und es kann der nächste Morgen und von Enke und seinen Leuten war nichts zu sehen.

Als ob Frieder etwas geahnt hat, denn er sagte, ob wir etwas dagegen haben, wenn er mit der Droschke vorne weg fährt, denn eine Droschke im Gefolge sieht schon immer besser aus, als nur drei Reiter. Ich hatte nichts gegen seine galgenhumoristische Einlage und nach dem Didilind auch uns, sicher in weiser Vorahnung ein Esspaket mit gegeben hat und wir uns verabschiedet haben, was bei Didilind und mir heute auch ein bisschen länger gedauert hat als sonst, unsere üblichen, anderweitigen Verabschiedungen, verschwanden auch wir bald hinter der nächsten Kurve im weiten Wald. Zu meinem Staunen musste ich sehen dass von hinten mein treuer und vierbeiniger Kumpel Dennis angelaufen kam, der als junger Wolf bei uns Menschen seine neue Heimat fand, der es sicher zu spät bemerkt hat, dass wir wieder heimlich verschwinden wollten und sicher wieder in seinem Tierinstinkt glaubte, dass er uns da nicht alleine ziehen lassen kann. Unterwegs haben wir nicht viel miteinander gesprochen jeder hing so seinen Gedanken nach, die sicher nicht die besten waren. Was machen wir, wenn das und das in der Stutzer Feste passiert ist? Bei mir kam sogar der Gedanke auf, was nun Eberhard, wenn Enke nicht mehr lebt und sie ihn sogar irgendwie beräubt lebend ins Verlies geworfen haben, um an seinen Lederbeutel, den er von Didilind mit auf den Weg bekam und an sein Essbarkeit und seine Goldflocken zu kommen, er da im Verlies erbärmlich umkommt und wir zu spät kommen? Und da fuhren und ritten wir auch schon in den Hof der Feste hinein. In der Pförtnerloge waren keine Wachposten, die uns kontrollieren wollten. Vor der Haustür stiegen wir ab, nahmen unsere Waffen und gingen ins Haus, Dennis immer vorne weg. Hinten in der Küche, da saßen die beiden, Vater Heinzen und Tochter Wenke von deren einstiger Schönheit war nichts mehr zu sehen, denn was da am Tisch saß, war die Bosheit pur in Person, etwas menschliches war da an ihr nicht mehr zu sehen und jeder hätte meinen können, dass Wenke sicher keine Tochter von Mutter Erna ist, sondern eine Ausgeburt der finstersten Unterwelt, in der das Böse zuhause ist. Von Enke war hier bei beiden keine Spur zu sehen und nichts deutete zunächst auf seine Anwesenheit hin. Doch was mir zugleich auffiel, war, am Tisch lag vor ihnen Didilinds Lederbeutel, den sie Enke mit fünfzehn Goldflocken mit gegeben hat. Schnell hatte ich den Lederbeutel in der Hand und musste feststellen, dass drei Goldflocken bereits fehlten, denn es waren nur noch zwölf dieser Goldflocken da. Und jetzt begann das eigentliche Theater, denn ich fragte die beiden wo Enke sei und Wenke recht aufmüpfig mir sagte, dass er nicht da sei. Auf meine zweite Frage stammelte sie nur, wenn ich ihn unbedingt sehen will, dann müsse ich ihn eben suchen. Die Tonart, wie sie das gesagt hat, ließ schon in mir die Galle hoch kommen und ich drohte ihr mit meinem Kurzschwert ihr ihren Allerwertesten so zu versohlen, das sie das Sitzen auf ihm bestimmt für einige Tage verlernt hat, weil es so lange dauern wird, bis die Schmerzen aus ihren Pobacken wieder das Weite gesucht haben und die blutunterlaufenen Strieme an ihrem Allerwertesten wieder verschwunden sind oder da vergehen werden. Mit einem höhnischen Lachen hat sie meine Drohungen beantwortet. Doch dann stammelte sie, dass ich das ja mal probieren sollte, denn dann kommen ihre Diener, die bestimmt auch mir zeigen werden wo es langgeht und mir mein hochmüpfiges Gehabe bald vergehen werde. Doch dann kam mir der Gedanke, Dennis herzurufen, dass er ihr seine fletschenden Zähne zeigt, vielleicht genügt es und sie sagt mir wo wir ihn finden. Doch ich glaube, dass sie gar nicht mehr in der Lage ist die Gefahr zu erkennen, die aus so einem ausgewachsenen Wolf und seinen fletschenden Zähnen ausgehen kann. Also band ich mein Kurzschwert von meinem Wams, packte Wenke an ihren ungepflegten Haaren und mit einem Ruck lag sie auf dem nächsten Holzhocker. Ich habe ihr gerade fünf feste Schläge mit der Breitseite meines Kurzschwertes auf ihren strammgezogenen Hinterteil verpasst, da stürzte sich Enkes Vater auf mich, was ihm ganz bestimmt nicht gut bekommen ist, denn erlief dabei in meine linke ausgestreckt Hand und ich bekam ihn an seinem Brustgewams zu fassen und schüttelte ihn so fest durcheinander, dass er im ersten Moment nicht mehr wusste was er ist und was er eigentlich eben wollte. Auch ihn fragte ich jetzt nach dem Verbleib von Enke, denn gerade jetzt sah ich einen schlecht weggewischten Blutfleck in der Küche, der sicher von Enke stammen konnte. Doch der Alte stammelte etwas von hängen und letzten Bansen. Ich ließ Dennis am schlecht weggewischten Blutflecken schnuppern und schickte Frieder und Frieda mit Dennis hinaus, Enke zu suchen. Ich sagte ihnen aber gleich, wenn Dennis ihn nicht finden sollte, sollen sie alle Scheunen innen aufsuchen und innen in die Bansen schauen, was Frieder und Frieda auch taten, denn die beiden, Vater und Tochter, haben den verletzten und sicher bewusstlosen Enke auf die Mistkarre geladen und hinaus gefahren, was zur Folge hatte, dass Dennis Enkes Spur draußen nicht verfolgen konnte. Dafür hat ein lauter Aufschrei von Frieda mich wieder in die Wirklichkeit zurückgeholt, denn ich war schon wieder mit meinen Gedanken dabei, wie ich im Ernstfall Wenke wieder entsprechend oder spürbar belohnen könnte. Der Schrei hat sich gerade so angehört, als ob Frieda ihn, Enke, nicht mehr lebend gefunden hat. Vor Verachtung der Beiden habe ich ihnen vor die Füße gespuckt, schnappte Wenke an ihrem Genick und ging mit ihr in die Richtung aus der der laute Schrei kam. Und da sah ihn auch Wenke, wie er knapp über dem Boden an einem langen Seil hing und sicher schon länger da hang und tot sein musste. Frieder holte unsere Droschke und dann befreiten wir Enke von seinem Seil, dafür band er Wenke an das Seil, ohne sie hochzuziehen, wohl aber das Seil, an dem sie hing stramm zog, so, dass auch sich, da am Seil um den Hals stehend, kaum bewegen konnte. Ihr Vater kann sie ja dann, wenn er sie gefunden hat, wieder von dem Seil losbinden und sein Habenichtslos mit ihr weiter teilen, denn von den geraubten Goldflocken werden sie bestimmt keine mehr vorfinden oder gar ausgeben können. Enke setzten wir hinten in die Droschke und fuhren noch einmal vor das Haus, das ihnen sicher nicht mehr gehörte. Dann setzten wir unsere Heimreise fort. Frieder spielte auch auf der Heimreise wieder den Kutscher und unsere gebrochene Frieda hoch zu Ross neben der Kutsche die Eskorte. Ich spielte die Nachhut und fragte mich immer wieder, musste das sein, dass er allein in die Höhle des Löwen ins Ungewisse geritten ist. Hat er sich wieder einmal stark überschätzt? Wie hätte ich mich an seiner Stelle benommen? Hätte ich auch gerade so gehandelt und wär ins eigene Verderben geritten? Und was mag da im Haus passiert sein? Hatte er nicht mehr den Mut auf seinen Vater und seine Schwester zu schießen, oder sie gar ins Jenseits zu befördern, denn so viel wusste er schon, dass er als angehender Christ im vierten Gebot seinen Vater und seine Mutter ehren und sie nicht verletzen oder gar töten soll. Oder hat sie, Wenke, ihn durch irgendein Kräuterlein eingeschläfert, ihn anschließend tödlich verletzt und mit ihrem Vater dann im Schubkarren in die Scheune gebracht und ihn hier aufgehengt oder aufgeknüpft, damit es so aussehe als ob er selbst aus dem Leben geschieden ist, denn unter seiner Leiche stand ein kleiner Fußschemel? Aber die in ihrem Innern dunkelblau verfärbten Fingernägel, was wollen sie uns sagen? Daheim hieß es immer, dass die Verfärbung der Fingernägel ein sicheres Anzeichen für einen Giftanschlag ist. Aber wer hat hier was angewandt? Einige Goldflocken, um die nächsten Wochen zu überleben hat er ja eigentlich in seiner Wamstasche in Didilinds Lederbeutel gehabt, die sie sicher glaubten ihm vorher noch abnehmen zu müssen, um damit ihr faules Leben weiter bestreiten zu können. Die wahre Ursache seines Todes werden wir wohl nie erfahren, es sei denn der Himmel offenbart sie uns. Als wir am Bach wieder vorbeikamen, hat Dennis mir diesmal vier Möweneier große Goldfische im Vorbeilaufen herausgeholt, über die sich Didilind wieder freuen und wundern wird, dass solche Goldfische auch hier, unweit bei uns in diesem Bach wachsen und vermehren oder man sie auch herausholen kann. Später hat man diesem Bach den Namen Goldbach gegeben, denn man hat aus diesem Bachgrund noch lange das Sandfeine Gold in Schüsseln herausgewaschen und zu Flocken oder Münzen eingeschmolzen und so vielfach das karge Einkommen ein wenig aufgebessert, wenn es dem Finder oder Goldwäscher vorher nicht von einem Stärkeren gestohlen wurde. Einige hundert Jahre später war es dann so weit, man hat diesem Bach den Namen Goldbach gegeben und die Alten haben beim Federschleißen die tollsten Geschichten von den vielen großen und kleinen Goldfischen erzählt, die man damals, zu unserer Zeit immer wieder gefunden oder gefangen hat, nur das Gold das man dann fand, waren keine kleinen oder größere Eier mehr wie zu meiner Zeit noch, sondern fein wie kleine Sandkörner; die größeren Goldfische ruhen sicher schlummernd, tief im Bachgrund verbudelt. In ein paar hundert Jahren war es so weit. Der Bach gehörte längst zu der Stutzer Feste, die da nicht mehr Stutzer sondern die Odenser Feste zwei hieß. Da hat man sehr selten noch Vogeleier große Goldfische gefunden, sondern Gold, das nur noch in Form von kleinen Sandkörnern zu haben war. Diesen goldenen Sand, nicht größer wie die normalen Sandkörner und wurden mühsam aus dem Bachgrund herausgewaschen, was mitunter eine sehr Schweiß treibendere Arbeit war als noch zu meiner Zeit, überhaupt, wenn man drei Wölfe wie ich hatte, die darauf spezialisiert waren, auch diese kleinen möweneiergroßen Goldfische aus dem Wasser herauszuholen, ohne dass ich mich oder ein anderer meiner Leute im dahinfließenden Wasser sich hätte bücken müssen und nass zu werden. Und da sagte mir meine innere Stimme, dass wir diese Goldfische schon mal als Extramitgift für Frieda aufheben sollen, denn in gut einem Jahr wird sie eine neue Liebschaft finden, die sie sicher auch glücklich machen wird. Doch vorher wird er auch noch vieles bei uns lernen müssen, denn er glaubt immer noch so wirtschaften zu können, wie es sein Großvater seinerzeit es getan hat, als die Tagelöhner und Mitarbeiter glaubten für bisschen trockenes Brot, das die Herrschaften nicht mehr essen wollten zu arbeiten, denn was ein Glas Milch oder bisschen Butter auf dem Brot ist, haben die wenigsten Arbeiter gewusst, obwohl sie tagtäglich mit der Milch zu tun hatten. Daheim habe ich, nachdem wir Enke aufgebahrt und alles, das Was und das Wie, was wir heute erlebten erzählt, habe, machten wir uns alle riesengroße Vorwürfe, warum haben wir ihn nur so ganz alleine heim in die Feste, in sein Unglück haben reiten lassen, aus der es dann kein zurückkommen mehr gab! Sicher hätten wir den feigen Meuchelmord an Enke verhindern können, aber wer von uns hatte schon so weit glauben wollen, dass sie sogar ihr eigenes Fleisch und Blut so heimtückisch vernichten wird, dass die beiden, Vater und Schwester, so tief in ihrem Denken gesunken sind und zum Meuchelmörder am eigenen Fleisch und Blut wurden. Sicher hätten wir da bei ihr nichts gegessen oder getrunken und sicher auch nicht in ihrer Nähe geschlafen. Und wenn, dann hätte uns Dennis sicher begleitet, der immer auf ein Ohr munter war und mich sofort geweckt hätte, wenn irgendeine zweibeinige Gefahr im Anzug wäre. Besonders unsere Frieda und Enkes Mutter haben sich heute nicht mehr blicken lassen. Sie hielten beim aufgebahrten Enke ihre Totenwache. Scheinbar haben beide Frauen es zu hoffen gewagt, dass er noch einmal kurz aufwacht, um alles aufzuklären und er ihnen dann erzählen wird, was da in der Feste wirklich passiert ist, wie er ums Leben kam und wer letztenendes schuld an seinem Sterben war. Und diesen Moment wollten die beiden Frauen keineswegs verpassen. Unsere beiden Frauen mochten noch so wachsam sein, aber diesen Augenblick des Aufwachens haben sie nicht mehr erleben dürfen, denn Enke war sicherlich schon zu lange für so etwas tot. Dafür hatte ich heute Nacht einen Traum, der mich auch im Nachhinein immer noch sehr beschäftigt hat. In diesem Traum sah ich, dass Enke während der Wintermonate immer wieder gerne den Sud von getrockneten Steinpilzen und Pfifferlingen heiß mit einem eingequirrlten Ei trank, Pilze, die in ihrer Umgebung sehr zahlreich wuchsen, die sie nach der Ernte frisch in Scheiben schnitten und im warmen Schatten getrocknet haben, die sie dann in der pilzlosen und kalten Jahreszeit in der Küche in den Suppen mit gekocht oder als Pilze im Sud, der ihm, so schwörte er immer wieder, dass dieser Sud ihm alle Krankheiten und Wehwehchen aus seinem vom vielen Nichtstun aus seinem Körper austreibt. Wenke versprach ihm, dass sie ihm diesen guten Sud auch morgen zum Frühstück kochen wolle. Am nächsten Morgen, nichts Schlechtes ahnend, willigte Enke, nachdem beide ihm versprochen haben mit in die Struth zu kommen, um da ein neues Leben zu beginnen, ein und Wenke begann die Pilze am offenen Feuer zu kochen. Nur einen Unterschied machte Wenke, statt der guten Stein- und Pfifferlingpilze hat sie heute getrocknete Knollenblätter- und getrocknete Fliegenpilze gekocht, die sie so beiläufig schon mal für alle Fälle gesammelt hat, falls es bei ihnen nicht mehr weiter gehen sollte, sie dann mit ihrem Vater gemeinsam das Diesseits verlassen werden, die Enke im getrockneten Zustand nicht erkannte und der Sud für alle Trinker hochgiftig und tödlich, schon in einer kleinen Menge war, so auch für Enke, der ihn wie früher immer so auch jetzt voll Vertrauen wieder getrunken hat und zu spät merkte, dass er irgendwie anders schmeckte als er sonst früher immer geschmeckt hat. Heute musste er dafür mit seinem jungen und wieder so hoffnungsvollen Leben bezahlen, das schon wieder auf dem besten Weg war in eine gerechte Junkerwelt. Sicher dachte Wenke, wenn nicht sie das flotte Leben fortsetzen kann, das wir einmal zusammen hier führten, sodann auch du nicht, denn sicher hat sie schon mitbekommen, dass er hier in der Struth auf dem besten Wege ist, wieder lernt ein neues und vernünftiges Leben zu führen, ein Leben wie es vernünftige Menschen zufrieden und glücklich führen können, auch wieder im Herrenstand. Der nächste Morgen kam und da ist mir alsbald dieser Traum wieder durch den Kopf gegangen, als ich das Fehlen der beiden Frauen in der Küche und im Stall bemerkte, die heute Nacht unbedingt die Nachtwache beim toten Enke halten wollten und da musste ich auch wieder an Enkes dunkelblau verfärbte Fingernägel denken. Mein erster Gedanke war, dass da doch etwa nicht diese Vergiftung tatsächhlich passiert sein mag. Bei Enkes aufgebahrten Leichnam scheint heute Nacht sich sicher nichts Unerklärliches ereignet zu haben, aber dafür scheinen beide jetzt das nachzuholen, was sie da heute Nacht versäumt haben oder wollten, ein kleines bisschen wenigstens auch zu schlafen, um auch den heutigen Tag zu überstehen, was ich sie auch ließ. Beim Frühstück in der Küche waren wir uns sehr schnell einig, dass wir mit vereinten Kräften dann hinten in unserem Gräberfeld für Enke das Grab ausheben wollen, denn beim besten Willen, wir können ihn doch nicht tagelang bei uns über der Erde liegen lassen, denn er beginnt schon langsam zu riechen, was Enkes Mutter und Frieda noch nicht, aus verständlicher Weise, wahrhaben wollten. Und Enke sollte sein Grab an einer Stelle bekommen, von der er aus die ganze Struth überblicken kann und das Gefühl haben sollte, dass er immer noch bei uns ist. Nach dem Frühstück zogen wir mit Schaufeln bewaffnet hinaus und haben für Enke das Grab ausgehoben und weckten anschließend Mutter Erna und Frieda, die beide sichtlich böse wurden, dass wir sie haben schlafen lassen, statt sie zu wecken, um ihre Nacht- oder Totenwache auch bei Tage fortzusetzen. Im Raum nahmen wir alle dann von Enke Abschied und hielten das letzte Mal seine eiskalten Hände und drückten sie zum Abschied oder streichelten ihm über seinen Kopf, denn sein Leben war wahrlich nicht allzu lang, das von Meuchelmörderhand so kurzfristig, brutal und hinterlistig beendet wurde, was dem Meuchelmörder sicher keinen Segen bringen wird, was auch bald, ohne unser Zutun geschehen sollte oder geschehen ist. Dann haben die jungen Männer ihn auf ihren Schultern, gerade so, als ob er einer von ihnen wär, zum offenen Grab getragen und ihn daneben noch einmal ins Gras gelegt. Mutter Erna kniete zu seiner Rechten und Frieda zu seiner linken und beide Frauen ließen ihren Tränen freien Lauf, denn das war nicht nur für sie das letzte Mal dass sie ihn, wenn auch tot vor sich in voller Positur liegen sehen, sondern auch für uns. Und je länger sie über ihm weinten, um so mehr Frauen, Mädchen und Kinder begannen mit zu weinen, denn alle wussten, wenn er erst einmal da unten in der Erde liegt, gibt es hier auf Erden kein Wiedersehen mehr, und er uns nichts mehr sagen kann, wenn er es könnte wie was und wann passiert ist; sondern erst drüben wieder in der Ewigkeit wir die volle Wahrheit erfahren werden. Mit vereinten Kräften haben wir Mutter Erna und Frieda von dem Toten weggehoben, was sie gar nicht wollten. Und Didilind, die das Taufwasser ihrer letzten Kinder aufgehoben hat, hat das Fläschchen, ohne unser Wissen mit hier hergebracht und hat den toten Enke getauft und dabei dieselben Worte wie der Missionar gesprochen und dabei gehofft und unsern Chef da droben gebeten, dass wir uns alle einmal drüben im Himmel wiedersehen mögen, was sie zu unser aller Staunen auch laut für alle ‚gehofft‘ hat. So viel wussten wir, dass die ungetauften Menschen, die intuitiv nach den Zehn Geboten gelebt haben, das heißt wie Menschen unter Menschen, ohne ihnen etwas Leid zugefügt zu haben, dann ins Paradies kommen. Danach begann für uns alle der schwierigste Teil, Enke wurde ringsum in das Leinentuch eingewickelt und in das Grab hinabgelassen, nicht hinab geworfen, wie wir es meistens ohne Leinentuch mit den Gangstern taten, die sicher im Stillen hofften, das Gleiche mit und zu tun. Am offenen Grab haben wir noch so ziemlich alle Gebete, die wir kannten für ihn gesprochen und Gott immer wieder gebeten, er möge ihm doch ein gnädiger Richter sein und ihn das Glück bei dir im Himmel alles finden lässt, was er hier auf Erden vergebens gesucht hat, seinen Frieden und ein kleines bisschen des wahren Glücks, das er hier auf Erden nicht finden konnte, das Glück, das nur der Himmel geben kann. Nachdem jeder noch einmal am offenen Grab ihm hinab gewunken, das eine oder das andere Blümchen, dass sie noch zu dieser spätem Jahreszeit auf den Wiesen gefunden haben zu ihm ins Grab warfen und auf ein Wiedersehen, wenn auch unser letztes Stündlein geschlagen hat, sich verabschiedet hat, begannen die jungen Leute das Grab wieder zuzuschütten. Mutter Erna und Frieda haben beide auf das zugeschüttete Grab je einen kleinen Blumenstrauß gelegt, der wie ein Wunder tagelang wie frisch aussah und nicht verwelken wollte, ob wohl sie in keinem Wasser standen; ob da die späte Taufe uns etwas sagen will, dass sie, wenn auch so spät noch gewirkt hat oder, dass Gott ihm nicht gesagt hat, dass du deinen Lohn schon auf Erden bekommen und verlebt hast, sondern, dass auch er in die Herrlichkeit des Himmels eingehen konnte? In den nächsten Tagen gingen Mutter Erna und Frieda immer wieder, mal die eine, mal die andere aber auch zusammen an das Grab und schimpften immer wieder mit ihm, warum er denn so stur war, allein dahin zu reiten und so früh schon von ihnen gegangen ist, wo doch auch für dich, Enke, das Leben erst richtig zu beginnen schien und warum durfte dich keiner von uns dahin begleiten. Vielleicht wärest du dann noch am Leben? Doch aus dem Grab bekamen sie auch keine Antwort mehr nach dem warum und dem wieso er so früh hat sterben müssen, ob er denn nie auch an seine Mutter hat denken müssen, oder gar an Frieda, die hier in der Struth ganz bestimmt auf seine Rückkehr gewartet haben?

Mutter Erna, nachdem sie sich wieder nach einigen Tagen gefasst hat, merkte sie, dass das Leben auch ohne Enke weiter geht und sie sich immer wieder fragte, und was geschieht jetzt mit mir? Denn wenn Frieda und Enke einmal geheiratet hätten, könnte sie auch sicher einmal ihren Lebensabend bei ihnen verbringen und zumindest, im Gegensatz zur Tekla von der Trippelfelz, diese missratene Großmutter, hätte Mutter Erna die Oma bei ihren Enkeln liebend gern spielen können. Nun ist es aber alles ganz anders gekommen, Enke musste sterben, warum das kann sie sich nicht erklären; ihr sind die dunkelblau verfärbten Fingernägel bei Enke ganz bestimmt nicht aufgefallen und wenn, dann hätte sie sich diese Verfärbung sicher nicht erklären können denn als er weg ritt, war er für alle sichtbar kern gesund und voller Lebensdrang und sicher voller Lebensfreude, etwas aus seinem Leben doch noch zu machen, vielleicht aber auch etwas betrübt, wenn er an seinen Vater und seine Schwester denken musste, die doch ihr Leben scheinbar völlig verkannt haben und dabei sind es leichtsinnig von sich zu werfen. Aber so, wie ich das alles da gesehen habe, konnte ich mir schon denken, warum Enke vor seiner Schwester und seinem Vater schon gehen musste und das auf so brutale Art, er war den beiden gegenüber zu gutmütig!

Dass wir ihn in der Scheune aufgehangen vorfanden und, dass er verwundet war, das haben wir ihr mittlerweile auch gesagt. Über meinen Traum und meine weiteren Vermutungen habe ich doch lieber geschwiegen, um in diesem Punkt keine Nachahmer, egal wo auch immer zu wecken, denn schon ein Knollenblätterpilz im Gemüse mitgekocht langt schon, wo auch immer viele Leben auszulöschen, obwohl mich meine innere Stimme, die Stimme meiner Vorfahren mehr und mehr drängt Enkes Mutter nach den Pilzsud zu fragen, die Enke angeblich so gern im Winter getrunken hat, denn von irgendwoher mussten ja die tiefdunklen, verfärbten Fingernägel beim toten Enke hergekommen sein. An einem kalten Winterabend habe ich sie dann doch danach gefragt und sie mir den gern von Enke getrunkenen Pilzsud bestätigte. Damit war für mich Wenkes feiger Meuchelmord an ihrem Bruder somit so klar wie das im Bach da sachte dahinfließende Wasser bei der Stutzer Feste, das doch so viel Reichtum in dem ruhig dahinfließendem Bächlein in sich birgt, wenn man sich nicht zu schade wär, sich im nassen Wasser des dahinfließenden Bächleins auch einmal bücken möchte. Da fragte uns Mutter Erna, ob sie jetzt, da ihr Sohn Enke nicht mehr unter uns weilt jetzt auch weg von uns aus der Struth muss, denn sie wüsste wirklich nicht, wohin sie im Moment hin könnte, um in Ruhe dahin zu gehen, wohin Enke schon gegangen ist, um auch sterben zu können. Doch Didilind, die dabei stand hat gleich gesagt, dass sie, solange sie noch in der Küche mithelfen kann, sie da immer noch willkommen sei, und wenn es dann mal so weit ist und du nicht mehr kannst, du bestimmt auch bei uns ein Plätzchen findest, wo du dein Leben, versöhnt deinem Schöpfer wieder zurückgeben kannst, das sicher nicht immer leicht für dich gewesen sein mag! Das, was Didilind da eben gesagt hat, war sicher in oder für Mutter Ernas Ohren auch himmlische Musik. Mutter Erna versuchte Didilind aus lauter Dankbarkeit fest an sich zu drücken, wie man eine verlorene Tochter, nachdem man sie wieder gefunden hat, an sich drückt, um alles wieder gut zu machen und dachte bestimmt, warum durftest du nicht meine Mitschwiegermutter werden und sagte nach einer kurzen Pause, „warum nur ist meine Tochter Wenke nicht auch so ein Mensch geworden wie du einer bist?“ Ob da Gottes Ausspruch, ich bin ein eifernder Gott, und strafe die Vergehen der Väter bis ins vierte Glied der Kinder wieder einmal zum Leidwesen der Menschen wahr wurde, obwohl sie doch, diese Worte immer öfters heute im Alltag mehr und mehr, zum Leidwesen der Angehörigen brutale Wirklichkeit werden!?

„Sicher“, sagte Didilind, „haben da viele Faktoren mit gespielt, die wir heute noch nicht wahrhaben wollen oder aber auch kennen! Sicher werden wir, wenn wir einmal bei unserm Schöpfer oben sind vieles in einem ganz anderem Licht sehen, als wir es heute wahrhaben wollen, auch das Warum und das Wieso, ohne uns gleich darüber aufzuregen, obwohl alles stimmt.“

Doch drei Tage nach Enkes Beerdigung kam sie, Mutter Erna auf mich zu und fragte mich, wie sie am besten in die Stutzer Feste kommen kann. Erstaunt fragte ich sie nach dem Warum ob es ihr hier nicht mehr bei uns gefalle, und ob sie schon vergessen habe was Didilind ihr zu ihrer Hierbleibe gesagt hat, denn das Versprechen gelte auch für mich. Und allen Ernstes sagte ich ihr, dass sie da in der Stutzer Feste Gefahr laufe, Enkes Los zu teilen, denn keiner weiß was für Gesindel jetzt bei Nacht und Nebel da sein Unwesen treibt, mit denen es bestimmt nicht gut ist Kirschen zu essen und mögen sie noch so reif und schmackhaft sein. Aber sie sagte, dass sie unser Angebot sehr gerne angenommen hat hier bleiben zu dürfen, was sie auch gerne immer wieder bejahe. Und jeden Morgen, wenn sie hier aufwacht, sie dem Himmel dankt, dass sie hier ein Plätzchen gefunden hat, wo sie auch bleiben kann; ein Plätzchen, wo die Welt noch in Ordnung ist! Aber sie habe hier nicht viel von ihrer Wäsche, die sie wechseln kann. Und wenn ich schon bei euch in der Küche mit helfen kann, dann möchte ich doch schon durch meine Kleidung niemandem den Appetit zum Essen verderben, sondern auch in meiner vorgerückten Jugend möchte ich noch immer bisschen appetitlich aussehen, denn ich bin nun mal eine Frau, wenn auch nicht mehr die jüngste der hier lebenden Frauen. Darum, und nur darum würde sie sehr gern noch einmal dahin, bevor alles weg ist, um das von ihren Sachen zu holen, was sie da noch vielleicht vorfindet und zu gebrauchen ist. Wir einigten uns, dass wir morgen bald nach dem Frühstück dahin fahren. Sie war auch gleich mit meinem Vorschlag einverstanden. Ich fragte Frieder was er davon hält wenn er morgen früh mit reitet oder in der Kutsche bei Mutter Erna den Kutscher spielt? Auch er war sofort einverstanden, dass er mit mir mit reitet. Und Frieder wäre nicht Frieder, wenn er diese Neuigkeit für sich behalten hätte, denn er fragte wiederum seine Schwester Frieda, die natürlich auch sofort einverstanden war; und gerne bei Mutter Erna den Kutscher für Frieder spielte. Mit Didilind habe ich am Abend im Bett vor dem Einschlafen darüber gesprochen und natürlich wollte auch sie uns nicht alleine ziehen lassen, sondern erinnerte mich gleich an unser Abenteuer, als wir damals, auch zu viert, die Wachposten überlistet haben und wer weiß schon, was uns da morgen für neue Überraschungen an der Pforte uns wieder erwarten, und jeder Bogenschütze uns da zu passe kommt, um die eventuell auftretenden Probleme so gleich im Keime mit vereinten Kräften zu ersticken und so dem Gesindel zu zeigen wo es eigentlich langgeht und ihnen das Gesindelspielen ein für allemale vergeht. Gegen Didilinds Meinung konnte ich nichts einwenden, denn jeder gute und mitreitende Bogenschütze ist, bei einer Reise ins Ungewisse oder in die Unterwelt, in die Welt des Bösen, sicher keiner zu viel.

Frieda, die ich nicht angesprochen hab, sondern nur ihr Bruder Frieder, war noch saurer als sie es nach Enkes Tod schon war, denn jetzt macht sie sich auch Vorwürfe, wenn schon keiner von uns Enke heimbegleitet hat, dass wenigsten sie hätte mit ihm hin reiten sollte, denn wie sie zu Frieder sagte, sie wäre schon mit dem Alten und seiner verkommenen Tochter Wenke zurechtgekommen, egal ob im Zweikampf oder so; sie hätte beiden schon den Schneid abgekauft, sowie damals in der Tripelfelz der meuternden Oma Tekla, als die Zwillinge in die Welt hineinwollten und Mutter Tekla glaubte in Frieda den Geist ihrer toten Tochter Siegrid zu sehen, die jetzt im Herrenhaus der Trippelfelz ihr Unwesen treiben zu müssen. Ob sie auch mit dem pilzgiftigen Sud zurechtgekommen wäre? „Den hätte sie sicher zuerst Wenke trinken lassen“, so meinte sie, „oder schon beim ersten kleinen Schluck herausgeschmeckt und es wäre sicher nur bei einer kleinen Magenverstimmung geblieben?“ Oder hätte sie auch, aus purem Mitgefühl mit Enke oder aus Liebe zu ihm diesen Sud ahnungslos mitgetrunken? „Sicher nein“, wie sie immer wieder jetzt im Nachhinein beteuert hat, denn dann hätte Wenke sicher zuerst den Verkoster spielen müssen. Frieder hat natürlich mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit alles erzählt und er war auch meiner Meinung, dass im offenen Streit sie sicher beide fertig gemacht hätte, denn sie war bei den Übungsstunden immer eine sehr aufmerksame Schülerin, die nicht nur den einen oder den anderen Jungen aufs Kreuz gelegt hat! Aber gegen die Heimtücke dieser Giftmixer, ich weiß nicht ob sie ihnen da, dem Vater wie der Tochter gewachsen wäre, denn Frieda ist für so unehrliche Techtelmechtel ein noch viel zu ehrlicher Mensch, um so etwas zu befürchten. Und ob sie auch Wenkes falsche Zusage am nächsten Morgen, dass sie nach dem Frühstück mit in die Struth reisen werde, um da ein neues Leben zu beginnen durchschaut hätte und dann den giftigen Pilzsud Enke zuliebe mit getrunken hätte, um zu wissen, was ihm, Enke auch besonders gut schmeckt? Bis heute schreiben wir hier in der Struth Unehrlichkeit immer noch vorn mit einem ganz kleinen Buchstaben, denn mit Unehrlichkeit wollen wir, beim besten Willen, alle hier in der Struth nichts zu tun haben! Aber auch die Heimtücke dürfte wohl das Einzige sein, was wir hier in der Struth bisher nicht geübt haben, weil keiner mit ihr bisher so seine Erfahrung gemacht hat; auch ich nicht. Aber das wird und kann Frieda in ihrem jetzigen Zustand sicher noch nicht verstehen, denn Enkes Tot hat Friedas Innerste ganz ordentlich durchgeschüttelt. Für sie steht zurzeit einfach nur die Frage im Raum, warum wollte oder musste Enke alleine da in die Stutzer Feste reiten? Frieda konnte oder wollte einfach nicht begreifen, warum Enke allein in seine Heimat, in sein eigentliches Zuhause geritten ist, sie wäre ganz bestimmt nicht auf Wenkes und ihres Vaters Techtelmechtel hereingefallen. Sie hätte schon dafür gesorgt, dass sie beide nichts von ihr angerührt hätten, was sie uns auch vorgesetzt hätten, zumal Frieda sich aus Pilzen und allem was man daraus machte absolut nichts machte; aber er nicht so dachte wie sie. Und wozu hat uns Didilind das Esspaket auch mitgegeben? Doch sicher nicht, um damit die Vögel draußen zu füttern oder die beiden da in der Stutzer Feste heruntergekommenen Aasgeier zu verwöhnen oder weiter über Wasser zu halten; die heruntergekommenen Hungerkünstler! Aber Enke dachte sicher auch, dass das Essen schon mal immer versöhnt und den Frieden wieder herstellt oder hergestellt hat.

Enke, der war es jedenfalls nicht, der der Heimtücke seiner Schwester wiederstehen oder sie zu durchschauen mochte und ist so ihr tödliches Opfer geworden. Oder glaubte Enke wirklich, dass er, wenn er den von seiner Schwester gekochten Pilzsud trinkt und sie von den mitgebrachten Speisen zusammen essen, sie wieder ein vernünftiger Mensch werden würde? So einem Menschen kann man nur mit vollkommenen Misstrauen begegnen, denn man weiß nie was da für schlechte Gedanken hinter ihrer oder Vaters falschen Fassade stecken und hinter meinem Rücken von ihnen inszeniert wird! Aber das konnte ich Frieda jetzt noch nicht sagen, denn dann wüsste sie sofort, dass ihr Bruder Frieder gesungen und ihr Vertrauen missbraucht hat. Im Nachhinein, dann ist man immer wieder ein bisschen schlauer. In wie weit wir mitschuldig an seinem Tod sind? Ich bin mir da ziemlich sicher, dass wir das später einmal erfahren werden, denn das Angebot ihn zu begleiten, war nicht nur von mir da, sondern von uns allen und auch sicher ganz ehrlich von allen, ohne irgendwelche Hintergedanken gemeint. Und wenn wir uns noch mehr ihm aufgedrängt hätten, umso mehr hätte er glauben können, dass wir ihn in erster Linie begleiten, weil wir in ihm immer noch den Leibeigenen sehen, den man noch nicht verlieren will, dem man noch nicht über den Weg trauen kann und das Gefühl wollte ich ihm wiederum nicht geben, denn er war mittlerweile auf dem besten Weg, ein weiterer Sohn von uns zu werden, anständig vom Scheitel bis zur Sohle. Er sollte das Gefühl, dass er auch hier bei uns in der Struth zur Familie gehört, den wir durch nichts verlieren wollen, auch nicht durch mangelndes Vertrauen oder gar durch einen Fehltritt. Und dann konnte ich einfach nicht glauben, wenn er jetzt heimkommt, was sein Vater doch immer wollte, sie ihn ins Jenseits befördern. Ihre ganze Hoffnung auf ein Überleben müsste doch auch in ihren Augen auf und in Enke liegen, egal was er auch gemacht hätte! Tja Frieda, ich fürchte, dass du dieses Ei wirst alleine ausbrüten müssen, das da gelegt worden ist, nur wie, das kann ich dir beim besten Willen selbst nicht sagen, denn egal was und wer dir dazu etwas sagen will, du akzeptierst von niemandem nichts. Und übrigens, wer die Liebe kennt, weiß auch um ihre Wehwehchen, die oftmals sehr schmerzhaft sein können, besonders dann, wenn es gar nicht so laufen will, wie man es selbst gerne hätte!

Jedenfalls heute Morgen haben wir nach dem Frühstück die drei Pferde gesattelt und zwei Vollblüter an die Droschke, in der hinten im Fond Mutter Erna Platz nahm und Frieda hat vorn, den Bogen und Köcher griffbereit über die Brust gehängt, die Kutscherin spielte, was schon mal gar nicht so schlecht für alle querdenkenden Gangster aussah. Didilind, Frieder und ich spielten hoch zu Ross, die begleitende Eskorte. Wir waren vielleicht schon gute fünf Minuten unterwegs, da ist mein Pferd leicht erschrocken zur Seite gesprungen, denn alle drei Wölfe kamen mit weit heraushängender Zunge und laut schnaufend heran gelaufen und alle drei jaulten vor Freude, dass sie uns so schnell gefunden haben, obwohl wir uns alle sehr viel Mühe gaben möglichst unauffällig aus der Struth zu verschwinden, denn daheim in der Struth sollten sie, die drei Wölfe, die jetzt hier auftauchten zusätzlich die Wächter und Beschützer der Daheimgebliebenen spielen und sie alle schon im Voraus zu warnen, wenn wieder eine Gefahr, von wem auch immer hervorgerufen im Anmarsch ist.

Pünktlich wie immer kamen wir an die Pforte, die auch diesmal unbesetzt und unverschlossen war, fuhren durch die Pforte in die Feste, direkt vor die schwere Haustür, die auch heute wohl zu aber wieder auch nicht verschlossen war. Zuerst ließ ich die drei Wölfe in das Haus, dass sie die allgemeine Lage orten und wir zwei eilten, Frieder und ich dann hinterher und kontrollierten alle Zimmer, ob sich da jemand aufhält; ob sich da jemand versteckt oder eingenistet hat. Das besorgten unsere drei Vierbeiner mit ihren feinen Nasen. Weder im Erdgeschoss noch im Obergeschoss und im Dachgeschoss war irgendein menschliches Wesen zu finden und Mutter Erna steuerte schnurstracks ihr Zimmer an und fand ihren nicht sehr auffälligen Kleiderschrank, der sicher nicht zum Plündern sehr einladend aussah und wohl deshalb noch nicht geplündert war. Sicher deshalb war noch alles, was Mutter Erna besaß und ihr Eigen nennen durfte, in ihm und sie nichts zu ihrer Freude vermisste. Auch ihren Reise- oder Wäschesack hat sie alsbald in der untersten Schublade gefunden, den sie schon jahrelang nicht mehr benutzt hat, denn wohin ist sie schon in den letzten Jahren verreist, außer zu uns zum Duell ihres Sohnes und dahin hat sie keinen Reisesack benötigt? Zu ihrer großen Freude fand sie sogar ihr volles Schmuckkästchen, das noch unter der ältesten Wäsche im Schrank, gerade nicht sehr einladend und in ihrem Schmuckkästchen war auch alles noch drinnen, was sich da im Laufe der vielen Ehejahre angesammelt hat, überwiegend wertloser und bemalter Schmuck, an dem für sie so manche kleine Erinnerung noch haftet. Wenn auch sicher keine teuren Raritäten unter ihnen waren, denn sonst hätten die beiden Daheimgebliebenen ihn schon lange verscherbelt oder verprasst. Sicher haben die beiden schon ihren kleinen Kleiderschrank xmal durchsucht, ob sie da etwas finden, das man auch noch verscherbeln könnte. Aber sicher haben sie auch nicht den Wert des Hochzeitsschmuckes ihrer Mutter oder seiner Frau erkannt, denn den hätten sie erstmals wieder putzen und auf Hochglanz bringen müssen, dass er wieder nach bisschen mehr ausschauen könnte was natürlich wieder mit bisschen Arbeit verbunden wäre, was beide absolut nicht kennen wollten. Trotzdem freute sie sich besonders, dass auch der für sie persönlich wertvollste Schmuck noch da war, nämlich ein uraltes Familienstück, eine goldene Brosche, nicht zu klein aber auch nicht auffallend zu groß, besetzt mit echten grünen Perlen, die in Muscheln, die im heimischen Bach wuchsen und sich da tummelten. In manchen Jahren waren sie sehr massenhaft im Bach vertreten, besonders dann, wenn es kein Hochwasser gab und die Muscheln nicht fortgeschwemmt und dann da in den Spätherbstmonaten gefangen wurden. Und wie Mutter Erna weiter erzählte, haben die Untertanen sogar das Gold, das grob, fein wie Sand war, aus dem Bach herausgewaschen und das dann vom Hofgoldschmied eingeschmolzen wurde. „Diese Brosche“, sagte sie, „soll schon ihre Ururgroßmutter zu ihrer Hochzeit getragen haben und sollte jeweils bei der Hochzeit der ältesten Tochter an sie vererbt werden, die sie dann auch erstmals an ihrem Hochzeitskleid tragen durfte, quasi als Zeichen und Würde ihrer Herkunft.“ Ich ließ die drei Frauen mit den zwei Wölfinnen alleine zurück und wir drei, Frieder, Dennis und ich besichtigten die Ställe, die Scheunen, die Heu- und Strohböden, die Bansen in den Scheunen aber auch den kühlen Geheimkeller in der Scheune unter dem Bansen. Aber nirgends konnte ich und auch Dennis eine Spur von Enkes Vater und seiner Tochter Wenke entdecken. Es sah gerade so aus, als ob sie sich, die beiden vor uns, scheinbar aus Furcht, in Luft aufgelöst haben oder irgendwo irgendwelche Besorgungen machen, für die sie aber sicher keine Mittel mehr haben, denn zum Verscherbeln war wahrlich nichts mehr zu finden und zum Dreschen des restlichen Getreides, um es dann zu verkaufen, da waren sie sich sicher zu fein oder haben die beiden sich endgültig aus dieser Gegend verzogen, aber wohin sollten diese zwei Habenichtse sich denn hinverziehen, denn ohne die Pienondse, wie Dienstag immer sagte ist nirgends etwas zu holen? Ohne Goldflocken können sie, die beiden zweibeinigen, steifen und faulen Böcke keine Sprünge mehr machen. Auch Mutters Wäscheschrank war ihnen zu einfach, zu primitiv, als dass sie noch hoffen konnten, da etwas Brauchbares zu finden, was sie noch verschachern könnten. Da sagte mir wieder meine innere Stimme, geh doch einmal zum Verlies, ob sie sich nicht da wo aus Angst vor der Rache der von ihnen Betrogenen und der Götter versteckt haben, denn ihr böses Treiben stinkt ja zum Ärger ihrer Vorfahren bis in die Walhalla hinauf und verdirbt den dort Kämpfenden den Spaß am Kämpfen und fordert von ihren Nachkommen die Wiedergutmachung, die sie nur noch mit ihrem eigenen Leben einlösen können. Und als wir vor dem Verlies standen, da sahen wir, dass der Einlassdeckel ins Verlies nicht richtig geschlossen war. Er lag wohl auf dem Einstiegsloch, aber es sah gerade so aus, als ob die letzten, die den Deckel bedienten es sehr eilig hatten, um möglichst schnell wieder zu verduften, bevor sie entdeckt werden. Mit Frieders Hilfe habe ich den Deckel bei Seite geschafft und da die Sonne momentan sehr günstig stand und direkt in das Verlies schien mussten wir sehen, dass Wenke und ihr Vater auch da unten verkrümmt lagen und keinen Japser mehr von sich gaben. Sicher sind sie gleich bei ihrem Aufschlag unten ums Leben gekommen. Dass sie nicht alleine da eingestiegen sind, beweist der Deckel, der wieder, wenn auch nicht ganz dicht, über dem Einstiegsloch lag. Wer waren nun ihre Mörder, die auch mit ihnen beiden kurz und bündig handelten? Waren es die drei überlebenden Wachposten von damals, die uns nicht in die Feste lassen wollten und glaubten da sei noch etwas Verwertbares zu finden als sie hier kurzfristig auftauchten. Wenn sie es waren, dann taten sie es aus Rache, dass die beiden ihr Goldflockenversteck nicht verraten konnten, da es so etwas schon lange nicht mehr auf der Feste hier gab. Und die Angst, ich könnte, wie ich es ihnen angedroht habe, hier bald wieder auf tauchen, ließ sie alsbald wieder verschwinden. Oder bleibt das auch ein Geheimnis, nein ihr Geheimnis, das sie noch mit ins tiefe Verlies nahmen, damit es da unten mit ihnen für immer vermodert. Hier an dieser Familie können wir wieder sehen, dass der Himmel keinen Baum, mag er auch scheinbar noch so mächtig hier auf Erden sein, in den Himmel wachsen lässt! Dennis scheint bald die Spur der drei Wachposten aufgenommen zu haben aber draußen vor der Haustür bald wieder verloren zu haben; wahrscheinlich weil sie fortgeritten sind.

Vater und Tochter von Stutzer sterben im eigenen Verlies

Frieder und ich waren uns einig, dass wir das Gesehene im Verlies vorerst Mutter Erna nicht erzählen werden, denn das Letzte, was im Menschen stirbt, sollte immer noch die Hoffnung sein und hier besonders die Hoffnung, dass sich doch letzten Endes alles wieder zum Guten wenden möge und die drei dann wieder letztlich zusammenfinden werden und da hat der Tod bei solchem denken bestimmt keinen Platz, denn der Tod ist hier in dieser Welt immer ein Abschied ohne Wiedersehen in dieser Welt!

Als Mutter Erna glaubte, alle ihre Sachen eingepackt zu haben, durchwanderte sie noch einmal alle Räume, in denen ihr Leben sich auch einmal abgespielt hat, verweilte in dem einen länger, in dem andern kürzer, je nach ihren Erinnerungen, die sie in diesem oder jenem Raum hatte. In den einen Räumen sah es so aus als nicke sie zustimmend und in den andern als schüttele sie ihren Kopf als wolle sie das, was hier in diesen Räumen passiert ist nachträglich ablehnen; aber das alles sollte ihr eigenes Geheimnis bleiben. Besonders lange verweilte sie in dem Zimmer, in dem Enke aufgewachsen ist, weniger lange in dem Zimmer ihre Tochter Wenke. Sicher dachte Erna hier in dem Zimmer, dass ihre Tochter alles Schlechte von ihrem Vater geerbt hat, der schon immer einen kleinen Hang zum Größenwahn, zu mehr Schein als Sein hatte, oder sicher gerne mehr scheinen als sein wollte! Dann drehte sie sich um und eilte ziemlich flott in ihr Zimmer und wollte den gar nicht zu leichten Kleidersack hinaus in die Droschke selber tragen; was aber Frieder und Frieda ihr abnahmen. Im Hof, vor der Haustür blieb sie noch einmal stehen, schaute das Haus der Länge und der Höhe nach an und sagte dann, wahrscheinlich mehr zu sich selbst als zu uns oder dem Haus, in dem sie so viele Jahre mal so und mal so leben durfte: „So leb‘ denn wohl du trautes Heim, in dem ich so viele Jahre leben oder durfte sein, liebe Jahre aber auch Jahre, die nicht immer leicht und lieb waren und ich manchmal mir wünschte hier nie gewohnt oder sie nie er- und verlebt zu haben! Die weniger freudigen Jahre lass ich hier in dir zurück, mögen sie mit dir untergehen, die freudigen dagegen nehme ich mit mir mit in eine neue Heimat, dass sie mir auch da und allen meinen Mitmenschen mit denen ich da zusammenlebe noch viel Segen und freudvolle Stunden bringen mögen! Und eines sage mir, du trautes Heim, wem gehörst du eigentlich oder endgültig, ach du einst so vornehmes Haus? Wir alle sind doch nur Gäste für eine kurze Zeit und geben es dann an unsere nächste Generation weiter. Die doch auch nur Gäste in diesem ach so eigenem Hause sind!“ Wir, die das alles mitgehört haben sagten laut Amen, denn das was Mutter Erna da sagte, hat sich fast wie ein Stoßgebet angehört, das sie zu dem ihr noch unbekannten Himmel schickte. Dann stieg sie zu dem in der Droschke schon wartenden Wäschesack und dem kleinen, unscheinbaren Kleiderschrank und Frieda spielte auf dem Kutscherbock wieder den Kutscher und wir bestiegen unsere Pferde und verließen die ehemalige und so stolze Feste der Edlen von Stutz, in der eine Veranstaltung, kaum dass sie beendet war schon der nächsten die Türklinke in die Hand drückte, bis nichts mehr zum Verfeiern gab, und wir in Richtung Struth fuhren, die noch keine Schulden kennt, in der wir uns alle momentan doch viel wohler und mehr zuhause fühlten und für uns alle das Leben noch in Ordnung schien, denn wir haben bei allem Wohlsein das Arbeiten noch nicht verlernt oder vergessen, denn jede Goldflocke, die wir ausgeben wollen, muss erst wieder verdient werden, was bestimmt nicht immer eine Selbstverständlichkeit für den einen oder den anderen Mitarbeiter war und ist.

„Ach du stolze Feste Stutz, dass du nicht auch das Glück wie die Trippelfelz hattest, im letzten Moment wieder auf die richtige Bahn zu kommen, denn vor jeden Erfolg haben die Götter weltweit und für alle ohne Ausnahme den Schweiß gesetzt, auch wenn es die Menschen, besonders Wenke und ihr Vater heute oftmals nicht wahrhaben wollen, aber es stimmt trotzdem, nur für einen bisschen mehr und für die andern wieder ein kleines Bisschen weniger!“

Ich ließ mich wieder ein Stückchen zurückhängen, denn ich wollte, ohne dass die andern etwas merken, die drei Wölfe im Bach ganz unauffällig nach den nichtschwimmenden, träge am Boden ruhenden Goldfischen suchen lassen. Auf dem Rückweg ließ ich mich, wie schon gesagt, wieder etwas mehr und mehr zurückfallen und so wurde der Abstand zwischen der Droschke und mir immer größer. Ich wollte die drei Wölfe im Bach wieder ganz unauffällig nach den nicht schwimmenden Goldfischen suchen lassen denn ich hatte immer noch so ein Gefühl in mir, dass die Stutzer Feste, oder was von ihr übrig geblieben ist einmal unter den Hammer kommen werde; und was ich hier im Bach finde ist dann das Startkapital bei der Ersteigerung, was auch heute wieder prima klappte, denn als ich die weitere Suche der Wölfe abgebrochen habe, waren es bestimmt gut sechs wenn nicht gar sieben Kilo dieser lupenreinen Goldfische von verschiedener Größe reicher, was sicher gelangt hätte die Stutzer Feste wieder einzulösen oder mehrmals freizukaufen. Und da kamen mir wieder die Gedanken, dass es mit Frieda und Enke schon nicht geklappt hat; wir haben ja noch mehr Kinder, die irgendwann auch Standesgemäß untergebracht werden wollen. Dass es mit Frieda bald wahr werden sollte, daran habe ich heute noch nicht denken wollen, obwohl meine innere Stimme für das nächste Jahr eine neue ernste Bekanntschaft für Frieda vorhergesagt hat, die sie dann Enke sicher leichter wird vergessen lassen, der sich im Reich der Toten sicher auch wohl fühlen dürfte, in dem es keinen Kummer, keine Sorgen und keine Schufterei mehr geben dürfte. Da ich noch keine richtige Gelegenheit hatte Didilind die bisher gefunden Möweneier großen Goldfische zu übergeben, was ich vor ungebetenen Zeugen ganz bestimmt nicht tun wollte, um nicht ungebetene Neugier und neidische Habgier zu wecken, habe ich auch, die heutigen Goldfische heimlich zu den schon gefundenen in meine schwere Eichentruhe in meinem Kantor unter die Sachen gelegt, wo Außenstehende sie höchstens per Zufall hätten finden können. Aufgefallen sind die Goldfische bestimmt niemandem. Ich war mir aber sicher, dass ich Didilind bei nächster Gelegenheit bestimmt in dieses neue Geheimnis der kleinen Goldfische einweihen werde, die ich inzwischen in meiner schweren Eichentruhe langsam horte. Am Spätnachmittag kamen wir wieder in der Struth an und aßen zuerst etwas Warmes zu Mittag. Nach dem Essen sagte ich zu Didilind ob es richtig ist, dass wir Mutter Erna weiter im Tagelöhner Haus, zurzeit alleine und später mit irgendwelchen Tagelöhnerinnen zusammen wohnen lassen. So lange Enke noch lebte, war alles klar, auch das zusammen Wohnen mit ihrem Sohn da im Tagelöhner Haus. Ich bin dafür, dass wir Mutter Erna in das zweite Praktikantinnen Zimmer bei uns im Haus einziehen lassen, denn sie ist ja in gewissen Sinn auch unsere Praktikantin, die bei uns im Haushalt mithilft und unsere Küche kennen lernen will. Didilind war mit meinem Vorschlag voll und ganz einverstanden, denn ich hatte manchmal so das Gefühl, dass Didilind in dieser Mutter Erna auch das sieht, was sie auch sehr früh verloren hat, ein Stück ihrer eigenen Mutter. Frieda half ihrer fast Mitschwiegermutter beim Umziehen in das Praktikantinnen Zimmer was sie fast sprachlos machte, denn ab sofort musste sie nicht mehr spät abends und früh morgens durch die Struth zu uns laufen und das auch bei Regenwetter oder tiefem Schnee. Auch ihren altgewordenen Kleiderschrank aus der Stutzer Feste haben unsere jungen Leute mit vereinten Kräften in ihr neues Domizil getragen, was ihr Heimatgefühl ein bisschen steigern sollte; er stand an der Wand, gegenüber ihrem Bett in Augenhöhe. Dann inspizierte ich alle unsere Ställe, streichelte da eine Kuh, da das eine oder da andere Kälbchen oder dankbar den Ochsen, der für uns fleißig den Pflug gezogen hat, und es mir bisschen leid tat, dass wir ihn bald als Arbeitsochsen verkaufen werden, denn für uns alle waren die Arbeitsochsen richtige Schmuseobjekte für jeden schmusebedürftigen Mitarbeiter, der bestimmt nichts Falsches an sich hatte. Für das nächste Jahr wächst schon zum Ackern wieder die nächste Ochsengeneration heran, was mich auch immer wieder freute und dankte auch dem Himmel was ich hier im Kuhstall, im Schweinestall aber auch auf der Koppel und in den Pferdeställen im Gegensatz zur Stutzer Feste alles sehen und mich an allem noch erfreuen kann was hier bei uns wächst und gedeiht. Auch dankte ich dem Himmel, dass er mich bisher so gute Mitarbeiter immer wieder hat finden lassen. „Ja mein Chef da droben, Ehrlichkeit, Redlichkeit und Menschlichkeit sind des Menschen Grundlage für ein friedliches und menschliches Zusammensein, zum Wohle aller deiner Geschöpfe, egal ob groß oder klein, jung oder alt, zwei- oder vierbeinig!

Morgen ist schon wieder Donnerstag, der Tag an dem alles für Freitag für den Händler wieder frisch zu Recht gemacht werden muss. Bald, nachdem ich das Butterfass in Stellung brachte, mit der sauren Sahne füllte und die Buttermaschine in Gang gesetzt habe, kam Frieda in den Keller, um wie immer den Käse und das Schweinefleisch für morgen wieder verkaufsfertig zu machen, aber auch die verschiedenen Käsesorten für die nächste Zeit neu anzusetzen. Nur die Frieda, die noch vor drei Wochen an den Donnerstagen in den Arbeitskeller kam, kommt seit Enkes Tod nicht mehr, unsere fröhliche und unbekümmerte Frieda von anno dazumal, sondern eine Frieda, man könnte fast meinen sie wäre da im Stutzer Verlies aufgewachsen. Scheinbar bin ich immer noch in ihren Augen der einzige, der Hauptschuldige, der an Enkes Tot und ihrem Schmerz schuld ist, was sie mich immer wieder glaubt spüren lassen zu müssen. Ich, der in ihren Augen immer das richtige getan habe, habe, wo es um ihr Glück ging, doch so schändlich versagt. Wie kann ich ihr nur klar machen, dass es hier auch um sein Glück ging, denn wenn wir darauf bestanden hätten, dass wir ihn in sein Zuhause begleiten, hätten wir ihm da nicht das Gefühl gegeben, dass er immer noch unser Leibeigener ist, der noch nicht reif ist so ein Unternehmen allein auszuführen, dass wir sein Fortgehen kontrollieren müssen, ja, dass wir ihm nichts mehr zutrauen und gönnen. Da Frieda auch diese meine lautgedachten Gedanken nicht akzeptieren wollte und auch Evelyn, die mittlerweile zu uns in den Butterkeller gestoßen ist, hörte und schaute uns erstmals bei der Arbeit zu, versuchte dann auch ihr, ähnlich wie auch ich ihr unser so sein zu erklären. Doch Frieda hat da Evelyn Parteinahme vorgeworfen, denn sie müsse ja niemanden, der tot ist und nie wiederkommen wird, beklagen. Und da fragte Evelyn Frieda, wo sie denn eigentlich war, als Enke fortgeritten ist, „denn ich glaube, wenn ich in deiner Haut gesteckt hätte, wäre ich einfach auf Biegen und Brechen, wenn schon nicht direkt mit ihm, so doch heimlich ihm in die Stutz nachgeritten, auch auf die Gefahr hin, dass ich auch nie mehr lebend zurückgekommen wäre. Also Kopf hoch Frieda, nach vorn schauen, denn du bist noch lange nicht eine alte, unansehnliche, alte und schrulle Jungfer, die schon langsam überlegen muss und was nun ihr lieben Mitmenschen?“Aber auch Evelyns Einwände wollt Frieda nicht gelten lassen, ob sie etwa Enkes Wegritt verschlafen hätte, obwohl sie überhaupt keine stichfesten Gegenargumente hatte mit denen sie ihr hätte widersprechen können. Und so blieb nichts anderes übrig als weiterhin den Blitzableiter für Friedas demoliertes und stark ramponiertes Liebesempfinden spielen, was ihr scheinbar doch recht gut tat, denn weder Friedas humorvolle oder ihre eingeschnappte Haltung konnten Enke wieder lebendig zurückbringen, noch das in der Stutz geschehene etwas herabmindern, denn Enke kam nun nicht mehr, wenn auch nur ein kleines bisschen lebendig zu uns zurück, um alles ins rechte Lot zu rücken. Und an seinem Mausetodsein hat sich auch nichts bis heute geändert. Sein Grab hat sich bis heute nicht ein kleines bisschen verändert oder verschoben und es wird sich auch bestimmt nicht in der nächsten Zeit nicht ein kleines bisschen in Friedas Sinne verändern!

Um den Käse und das Fleisch räuchern zu können muss in den Räucherschränken auch erstmals stark qualmendes Feuer gemacht werden, was auch ich in den Öfen wie immer machte. Evelyn schaute mir zunächst erstmals beim Buttermachen zu, denn sie hatte noch immer meine Worte in den Ohren, dass zum richtigen Räuchern auch das richtige Feuer gehört, möglichst keine Flammen, dafür möglichst viel heißen, dicken Rauch, und so wollte sie beim Feuer machen im Räucherschrank uns vorerst noch einmal zuschauen, bevor sie später das Feuer im Räucherschrank selber macht. Und das beste Holz zum Räuchern ist und bleibt vorerst das gut abgelagerte Holz der Buchen und der Pflaumen- oder der Zwetschgenbäume. Dann half sie wortlos Frieda die Käsesorten für den Räuchervorgang fertig zu machen und stellte ihn dann in den heißen Räucherschrank, um die Räucherprozedur über den Käse und das Schweinefleisch ergehen zu lassen. Danach verschwand sie im hinteren dunklen fensterlosen Bierkeller, um nach dem fast fertigen Bier da im Braukessel zu sehen und kam freudestrahlend mit einem Becher frischgebrauten Bier in der Hand und meinte, dass wir morgen für dem Händler schon einige Krüge von dem frischen Bier, von dem er das letzte Mal so begeistert war, schon mitgeben können, denn er sagte immer, dass unser Weizenbier viel süffiger als alle bekannten und anderen Biere ist. Dann überschlugen wir, Evelyn und ich was uns der volle Braukessel gekostet hat, plus ein kleiner Teil der Anschaffungskosten und kamen auf den Preis, dass eine vierzig Liter gefüllte Tonkaraffe knapp eine Goldflocke kosten müsse; bei bisschen mehr Verdienst auch eine runde Goldflocke kosten dürfte. Ich habe freiwillig das neue Weizenbier gekostet, Frieda musste, was früher nie der Fall war, zum Kosten regelrecht gezwungen werden. Ich hatte so das Gefühl, wenn Frieda nur wüsste wie und wohin, sie eher früher als später von uns abhauen könnte, besonders von mir, um uns zu zeigen, wie gleichgültig wir ihr alle momentan, außer Frieder ihr doch sind. Und da sagte mir meine innere Stimme, dass ich ihr doch das erzählen soll, dass in gar nicht allzu langer Zeit ein Mann für sie bei uns auftaucht, mit dem sie in einem Jahr ein neues Leben beginnen wird. Wo das ist, musst du ihr noch nicht sagen, denn auch das ‚Wo‘ hast du auch nur oder schon im Traum gesehen; der Viehhändler wird dir beizeiten den Versteigerungstermin schon mitteilen und Teile zum Bezahlen des Preises habe ich dich schon da im Bach finden lassen, den Rest, um die Feste wieder instandzusetzen und mit Leben zu füllen, werde ich dich auch noch finden lassen. Und so nahm ich wieder mein Herz in beide Hände, packte sie an ihre Schultern und sagte ihr: Wenn du Enke wirklich so liebst wie du es glaubst, scheinbar uns, besonders mir zu zeigen, der ich doch immer nur das Beste für dich und für euch alle wollte, so gönne ihm doch endlich seinen Frieden unten im Grab, den wir ihm alle bei seiner Beisetzung gewünscht haben und auch du, denn durch deine dauernde ‚Selbstbejammerung‘ machst du ihn nicht wieder lebendig und lässt ihn da unten seinen Frieden, in seinem Grabe nicht finden, denn scheinbar macht er sich da unten selbst riesengroße Vorwürfe, dass er so stur war und allein, ohne jegliches Misstrauen in seinen Tod geritten ist. Sollten da die Gene ihrer wahren Eltern doch durchgebrochen sein, denen auch zum Schluss die Einsicht fehlte das Richtige zu tun? Aber scheinbar sind auch diese Worte wieder bei ihr zu einem Ohr herein und zum andern Ohr wieder hinausgekommen, ohne sie irgendwie weiter zu berühren. Und mit großen Schrecken musste ich feststellen, dass doch nicht etwa die Eigenschaften ihrer wahren Eltern in ihr durchschlagen, die sicher damals nicht die besten waren? Fast neigte ich dazu, sie einfach links liegen zu lassen und sie in ihr eigenes Verderben rennen zu lassen, denn so glaube ich, wir haben doch genug für sie schon getan! Doch heute Nacht musste etwas in oder bei ihr oder in ihr passiert sein. Noch bevor wir in den Stall gingen, nahm sie mich zur Seite, umarmte mich und fing bitter an zu weinen und stammelte immer wieder wie leid es ihr tue, dass sie mir so weh getan hat, was ich doch nimmer verdient habe, denn heute Nacht ist ihr, vermutlich im Traum, Enke erschienen. Ganz traurig stand er vor meinem Bett und hat mir alles erzählt. Auch dass er unbedingt alleine nach Hause wollte und glaubte, dass er das gleiche Vertrauen, das wir hier bei uns in ihn gesetzt haben, „mit dem gleichen Vertrauen wollte ich meine Schwester Wenke und meinen Vater auf den Weg führen, auf den, auf den ihr mich hier bei euch geführt habt und weiter führen wolltet, aber ohne eure Begleitung, denn in euch sehen sie immer noch die Ursache ihres Niedergangs, denn in meiner Niederlage gegen Frieder, so meinen sie, der es gewagt hat mich zu besiegen, hat in ihren Augen auch ihr Niedergang ins Nichts begonnen. Nur habe ich bei meiner Schwester da den Kürzeren gezogen; meinen Vater hatte ich bald so weit, dass er mit mir kommt und hier wieder ganz klein und ehrlich sein neues Leben anfängt. Dass meine Schwester so weit gehen würde und mich mit ihrem Sud, den früher meine Mutter oder unsere Köchin immer so gut für mich gekocht haben, mich vergiften würde, daran habe ich nie und nimmer gedacht, dass sie schon so tief gesunken ist. Vater und Schwester haben ihre Strafe bekommen aber kein so kühles Grab mit der wunderbaren Aussicht wie ich es hier bei euch gefunden habe, denn sie liegen zwischen den Gerippen im Verlies, die dank meiner Vorfahren noch immer da unten liegen müssen, weil keiner es für nötig findet sie da herauszuholen und in der kühlen Erde zu bestatten. „Und wenn du“, hat er gesagt, „mich endlich meinen Frieden finden lassen willst, dann höre bitte auf andere für meinen frühen Tod verantwortlich zu machen. Ich, ganz alleine, ich, bin für mein Sterben verantwortlich. Und sage deiner Mutter, dass ich ihr für die späte Taufe auch sehr dankbar bin und die Taufe bei mir nur gewirkt hat, weil ich sie auch schon zu meinen Lebzeiten mir gewünscht habe, aber durch den Meuchelmord meiner Schwester nicht bekommen habe. Meine Schwester wird dafür ewig in der Verdammnis büßen müssen und nicht da sein kann, in der ewigen Glückseligkeit, in der ich, dank der späten, wenn es schon mit meinem Vater nicht geklappt hat, sein darf. Meiner Mutter sage, dass ich da bin, wo es keine Angst mehr gibt und keine Meuchelmörder mehr ihr Unwesen treiben, dass sie sich auch bald taufen lassen soll, denn ich möchte auch sehr gern mit ihr hier in der Ewigkeit zusammen sein. Eberhard und Didilind, aber auch ich können sie bestens darauf vorbereiten. Ich möchte wenigstens mit ihr hier in der Ewigkeit und mit euch sowieso, zusammenleben. Als er wieder verschwand sagte er noch, dass er alle hier auf Erden grüße und euer Tun tagtäglich von oben beobachten kann und abschließend uns allen wünschte, dass wir auch weiterhin Ehrlichkeit und Redlichkeit walten lassen wollen. Heute Abend habe ich mein Gespräch mit Frieda über Enke im Bett möglichst wortgenau Didilind erzählt und habe ihr auch zu ihrem Einfall, Enke noch, bevor wir ihn in die Erde herabgelassen haben, die Taufe zu spenden oder ihn einfach so getauft hast. „Dass diese Taufe, die du ihm von deinem ganzen Herzen gespendet hast, hat Enke Frieda bestätigt, denn er kam auch noch zu Gott, denn sonst kann man ja nur einem Lebenden die Taufe spenden, die er aber zu Lebzeiten sich schon ehrlich und von ganzem Herzen gewünscht hat aber wegen des Meuchelmordes nicht bekommen konnte. Didilind war genauso glücklich wie ich, dass dieses Malheur, das unsern Familienfrieden bald zerstört hätte, denn wer weiß schon wie ihr Bruder Frieder auf einen Weggang Friedas reagiert hätte, ob er sie hätte zurückhalten können oder mit ihr das Weite gesucht haben würde? Und nun auf so eine Art und Weise, wie dieses Nachterlebnis einmal ist, ihren Frieden wieder gefunden hat. Doch Didilind meinte noch, bevor wir eingeschlafen sind, dass Frieda dieses Nachterlebnis auch Mutter Erna erzählen soll, besonders die Stelle, wo er es wünscht, dass seine Mutter auch bald sich taufen lässt, aber auch besonders warum er das sich so wünscht. Vielleicht glaubt Enke drüben in der Ewigkeit, dass er doch wieder etwas seiner betrübten Mutter gegenüber gut machen kann, was er hier auf Erden nicht mehr machen konnte.

Der Herbst geht langsam zu Ende, die Felder waren alle für den Winter, aber auch für die Frühjahrssaat bestellt und zurechtgemacht und der Winter kann kommen. Er hat, früher als uns lieb war, zaghaft seine ersten Kundschafter und Boten in vielen Nachtfrösten zu uns, auch in die Struth geschickt. Die ganzen Wettererscheinungen sprechen dafür, dass wir diesmal wieder einen sehr starken Winter mit viel kalter Kälte und noch mehr Schnee bekommen als uns lieb sein wird. Ich musste unwillkürlich wieder an das Sonnenwendfeuer daheim denken. Und je mehr ich über das Feuer und den Rauch der Sonnenwendfeuer nachdachte, um so mehr ärgerte ich mich jetzt, dass ich damals manchmal oft über die Weisheit der Alten recht altklug geschmunzelt habe, die da glaubten aus der Rauchbildung und den Weg, den die verschieden geformten Rauchschwaden zogen, das Wohl und Wehe des Dorfes für das kommende Jahr voraussagen konnten, einschließlich der Unwetter, die dann und wann wie stark uns auch treffen mögen. Und wie mir meine Großeltern immer wieder gesagt haben, hätten diese Voraussagen doch in der Regel gestimmt, besonders was die Wetterkapriolen anbelangt, aber ganz besonders die letzte Vorhersage vor dem schmerzvollen Verlassen unseres Dorfes, das wir wohl nie wiedersehen werden, die ich noch mit gehört habe aber daran nicht glauben wollte, dass auch wir einmal vor den Slawen fliehen werden und alles hier zurücklassen. Dass die Bewohner unseres Fleckens mit allem was sie in ihren Wagen haben mitnehmen konnten, bald untergehen, so deutlich haben sie es nicht vorhergesagt, nur dass ihnen im kommenden Jahr etwas sehr Schweres zu stoßen wird, wir viel Pech haben werden. Und wie man ein halbes Jahr später sehen konnte, war ich der einzige Überlebende unseres Ortes Odens und immer noch dabei ist hier mit Didilind ein neues Geschlecht, fern der alten Heimat in der neuen Heimat, mit allen menschlichen Vor- und Nachteilen neu zu bilden. Immer wenn ich diesen Gedanken nachhing, um ein kleines bisschen meine Zukunft zu hinterfragen mahnte mich meine innere Stimme, warum ich mein Schicksal versuche, denn ich bin doch bisher, so wie es immer passiert oder gekommen ist sehr gut zurechtgekommen. Hier in der neuen Heimat hat der Himmel es besonders gut mit uns gemeint und wir mit allem, was wir taten, sind wir nie und nimmer schlecht gefahren; außer in dem einen verregneten Sommer, als das reife Getreide in den Ähren, für alle sichtbar begann auszukeimen und Didilind mit diesen gekeimten Getreide ein neues Brot gebacken hat, das sicher auch nicht schlecht schmeckte, dass sogar der Bäcker im Marktflecken nachgebacken hat und auch viele, viele Menschen satt gemacht und vor dem Verhungern bewahrt hat! Und wie ich immer wieder meiner inneren Stimme Recht geben musste, wenn sie mich warnte, wenn ich mein Schicksal provozieren und so naiv hinterfragen wollte!

Heute Nacht, von einem Mittwoch auf den Donnerstag fiel der erste Schnee, der bis Mittag zum Leidwesen der Kinder wieder weggetaut war, da und dort noch ein kleiner, missratener, schmutziger Schneemann die Nacht überdauerte. Am Nachmittag haben wir zu dritt wieder den Käse und das Schweinefleisch frisch oder geräuchert für morgen zu recht gemacht aber auch die saure Sahne zu Butter umgewandelt. Wir hatten inzwischen eine große Buttermaschine, in der ich zweihundert Liter saure Sahne auf einmal buttern konnte, die auch das Wasserrad draußen hier im Innern angetrieben hat. Das Feuer in den Räucheröfen macht inzwischen Evelyn, mit der ich mich heute schon so gut verstehe wie einst auch mit Frieda, als sie noch keine richtige Liebespleite verdauen musste, die aber auch dabei ist die junge Alte von einst wieder zu werden. Und zu meinem Staunen hat Frieda, was sie schon lange nicht mehr gemacht hat, wieder ein Lied angestimmt, das nicht nur ich, sondern auch Evelyn konnte und mitgesungen hat. Nach unserm Lied, dass wir bestimmt x mal zwei- oder auch dreistimmig gesungen und wiederholt haben, weil es so schön im Arbeitsraum klang und so richtig zur winterlichen Landschaft passte. Auch die Akustik hier in diesem Arbeitsraum scheint einmalig zu sein, da hat Frieda erzählt dass sie schon zweimal mit Mutter Erna über unsern Glauben gesprochen hat und sehr glücklich darüber ist, dass Enke selbst bei Frieda alle Missverständnisse aus dem Weg geräumt hat. „Und natürlich freut sie sich auch auf das Wiedersehen mit ihm drüben in der Ewigkeit und den Tag auch ihrer Taufe kaum erwarten kann!“ Diese letzten Sätze, die Frieda eben gesagt hat, hat auch bei Evelyn das Verlangen geweckt, noch mehr über unsern Glauben zu erfahren, und wollte unbedingt beim nächsten Glaubensgespräch mit Mutter Erna dabei sein. Beim nächsten Gespräch haben sie über die zehn Gebote gesprochen auf denen Gott den ‚Neuen Bund‘ mit den Menschen beginnen wollte, der die Mitglieder seines neuen Bundes mit seinem auserwählten Volkes zu vorbildlichen Menschen für alle Völker hatte werden sollen, dann durch seine Menschwerdung in seinem Sohn, seinem Tod und seine Auferstehung endgültig besiegelt werden sollte, denn der erste Bund, den Gott mit Adam und Eva im Paradies schloss, haben sie gebrochen als sie auf Gottes Gegenspieler mehr hörten und Gottes Gebot, ‚alles dürft ihr nur das dürft ihr nicht‘, gebrochen haben und sich dann ein neues Volk aufbauen wollte, dessen Stammväter Abraham, Isaak und Jakob waren. Aus diesem oder in diesem Volk wollte Gott durch eine Jungfrau Mensch werden, die Maria hieß und eine Tochter dieses seines neuen Volkes war. Da die Israeliten ihren Gott, den menschgewordenen Gott, der Jesus hieß nicht annahmen oder annehmen wollten hat er am Abend des Palmsabbats auf einem Hang, nördlich von Jerusalem bitter geweint und Jerusalem dafür gedroht, dass von deiner prächtigen Stadt kein Stein auf dem andern bleiben wird und alle Getaufte, ob es die Heiden oder die Juden sind zu seinem Volk machen wolle, zu seinen Kindern, und sie auch daran erinnert, dass die ‚Zehn Gebote‘ auch heute noch das Grundgesetz eines friedlichen Zusammenlebens sind. Später haben fromme Menschen an der Stelle, an der Jesus am Sabbatabend mit seinen Aposteln gesessen und er da über sein Volk und ihre Stadt geweint hat eine Kirche gebaut und nannten diese Stelle und die Kirche ‚Dominus Flevit‘ was übersetzt heißt „Der Her weinte“. Im Jahre siebzig haben die Römer Jerusalem, einschließlich des Tempels dem Erdboden gleich gemacht und das offizielle Israel hat aufgehört zu existieren. Die wenigen Israeliten, die diesen Holocaust überlebt haben, haben sich langsam in der damaligen schon zivilisierten Welt angesiedelt und weiter zerstreut. Nicht nur Mutter Erna war mit diesen Religionsstunden bei Frieda begeistert, sondern auch Evelyn schien an diesem Unterricht Gefallen zu finden und hat sich gleich für die nächste Stunde wieder angemeldet, denn wie sie sagte „Frieda erzähle es so spannend als ob sie mitten in diesem Geschehen drinnen stünde und alles gerade selbst erlebt und aus eigener Anschauung oder Erfahrung sprechen würde. Wahrscheinlich aus der gleichen Sicht haben beide die Zehn Gebote gelernt und bald mitbekommen, sie auch immer wieder aufgesagt, um sie ja nicht so schnell wieder zu vergessen. Doch da bekam ich, was Evelyn anbelangt meine Zweifel, denn, was wird ihr Vater dazu sagen, wenn sie den Göttern ihrer Väter untreu wird und ihnen abschwört, dafür aber auch den einen, unsern Gott bekennt? Ich oder wir können doch als Christen unmöglich Evelin gegen ihren Vater aufwiegeln, denn das vierte Gebot verbietet uns Christen so etwas. Doch da sagte mir meine innere Stimme wieder, dass ich in dieser Beziehung mich nicht fürchten muss, denn erstens kommt es auch hier anders als wir denken und zweitens hat Evelyns Vater da eine sehr schmerzhafte Entdeckung gemacht, dass der ältere Freier, der angeblich aus einem sehr reichen Hause stammt und um Evelyns Hand angehalten hat, wahrlich ein hochprozentiger Hochstapler ist und leider viel, viel ärmer war, als er sich gerne aufführte, sicher auch kein greifbares Vermögen in die Ehe mitbringt und schon beim Ehevertrag nur darauf aus war, dass er alleiniger Bestimmer und Verwalter ihres Vermögens ist und bleibt, dass kein Weiterer etwas mit zusagen hat, denn so lautet seine Devise, dass viele Köche nur den Brei verderben und das sofort bei der Eheschließung der Ehevertrag in Kraft tritt. Evelyns Eltern sollten sich sofort nach der Heirat auf ihren Altersruhesitz zurückziehen und bekommen all das, was sie zum Leben brauchen; Einzelheiten wurden da nicht aufgezählt. Die Folge war, dass Evelyns Vater diesen Heiratsschwindler vom Hof auf nimmer Wiedersehen verjagte und zu seinem Leidwesen den nicht unterschriebenen Vertrag in kleine Stücke zerriss und auf dem Herd verbrannte. Zum Glück hat er dem Heiratsbewerber nicht allzu viel Hoffnung vorher gemacht, denn mit der Klage vor dem Thinggericht auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld für entgangene Mitgift, hat er den Kürzeren gezogen, denn Evelyns Vater hat ihm vor der Ehe, wahrscheinlich, weil wir ihn hier bei uns vor ihm gewarnt haben, doch recht wachsam zu sein, noch nichts versprochen. Dass er nichts mehr hatte, was er versprechen konnte, das haben wir alle erst viel später erfahren und im Nachhinein vieles klar machte, warum diese Habgier bei Evelyns Vater. Doch sagte mir auch meine innere Stimme, dass er zu Zeit noch sehr unpässlich sei und unansprechbar, dass ausgerechnet ihm so etwas passieren muss oder dass ausgerechnet er so etwas erleben muss, der doch immer glaubte alles zweihundertprozentig zu seinem Vorteil zu erledigen und im Stillen hat er schon mit den vielen Goldflocken des Heiratsaspiranten, die er in die Ehe mitbringt hier in seiner Feste jongliert und im stillen um ein Vielfaches vermehrt, was jedoch alles ohne stabile Grundlage geschah.

Einige Wochen später kam hier bei uns ein nicht mehr ganz junger Reiter angeritten und klagte, dass er sich wahrscheinlich hier im Schneetreiben verirrt hat. Frieder, der ihn draußen empfangen hat stellte bei seinem in vielen Jahren erworbenen Pferdeverstand bald fest, dass er auch nicht mehr das stabilste Reitpferd zum Reiten hat, nahm ihm trotzdem den Sattel und das Zaumzeug ab und brachte es zu den anderen schon bisschen älteren Vierbeinern, die da im Stall ihr Altersfutter bekamen, wo es sich erstmals das gute Heu und das frische Wasser gut schmecken ließ, das er sicher auch schon lange nicht mehr daheim, wo es auch immer sein mag, bekommen hat. Der Reitersmann, der sicher bald das Gefühl hatte, dass hier die Welt noch in Ordnung ist und er hier bestimmt etwas holen kann, verschwand bald in der Küche und ließ sich von unseren Frauen erstmals ausführlich beköstigen. Fast gierig hat er die beiden jungen Frauen, Evelyn und Frieda mit seinen Glotzaugen verfolgt, sie gegeneinander abgeschätzt, wenn nicht gar schon geistig vereinnahmt, bei welcher wohl mehr herauszuholen sei. Nachdem er mit seinen plumpen Annäherungsversuchen bei Evelyn abgeblitzt ist, versuchte er es bei der ernster dreinblickenden Frieda. Doch da stand ich in der Tür und hörte wie er ihr von seinem Reichtum im elterlichen Anwesen vorschwärmte, das er bald übernehmen werde, „nur was ist denn ein solches Riesenanwesen und mag es noch so groß und reich sein, ohne die Frau an seiner Seite wert, mit der er diesen Reichtum nicht teilen kann? Rein gar nichts, denn die Seele eines solchen Anwesens ist und bleibt die Frau!“ Weiter kam er nicht mit seinem Süßholzgeraspel, denn zum Schrecken aller habe ich „bravo, edler von Hatz“, gerufen. Als Evelyn den Namen von Hatz hörte, sah sie sich entsetzt diese miese Figur noch einmal an, schüttelte den Kopf, holte tief Luft und verschwand in die gute Stube. Und dabei dachte sie. „Armer Vater, bist du noch ganz beitroste, mit so etwas wolltest du mich verkuppeln! Ich bin mir da sicher, dass wir vorher geschiedene Leute geworden wären und ich hier auf der Stutz mein Brot, ähnlich wie Jan und Siegrid seiner Zeit verdient hätte, als mit diesem Faulpelz, mit diesem Süßholzraspler zusammenleben zu müssen und seine Faulheit noch mit meiner Liebe unterstützen oder belohnen sollte; da hättest du schon selber sehen müssen wie du mit ihm klar kommst. Frieda dachte aber im ersten Moment seines ‚Sprüchekloppens‘: „Sollte etwa der das sein, der nach Enke zu uns kommt, den ich etwa dann……?“ Weiter kam sie mit ihrem Denken nicht, denn ich glaubte kurz ihre Gedanken lesen zu können und sagte ihr, dass dieser Herr nicht der ist, der noch zu uns bald kommen wird, denn dieser ‚Edle Herr von Harz‘ ist seinen Titel nicht wehrt, denn das ist ein übler Heiratsschwindler, der nur darauf aus ist, die jungen Frauen auszunehmen, um ihre Mitgift zu betrügen. Und sobald die Mitgift verprasst ist, verschwindet er und sucht sich das nächste reiche Opfer in einer anderen Gegend, wo er glaubt, dass ihn da niemand kennt oder Verdacht schöpft. Als er das hörte, forderte er mich gleich zum Duell heraus, was ich nicht annahm, sondern versuchte ihn auszulachen und ihm unsern alten Eber im Stall zum Zweikampf anbot, den wir sowieso bald schlachten wollten, da er seine Schuldigkeit bereits getan hat. Was er bald, wohl weil er mein Angebot nicht verstanden abgelehnt hat. In folgedessen habe ich ihn kurz und bündig hinaus vor die Tür und weiter vor die Terrasse bugsiert. Hier ließ ich ihn von allen vier Wölfen bewachen, dass er keine weiteren Dummheiten machen und einfältiges und in seinen Augen vielleicht betörendes Zeug daher schwätzen kann. Frieder sattelte vor der Stalltür sein Pferd und brachte es ihm und wünschte ihm ein gutes und baldiges Verschwinden auf ein nimmer Wiedersehen von hier, denn sonst könnte er sich vor dem Thinggericht im Flecken hier bald wiedersehen. Diese letzte Drohung mit dem Thinggericht ließ ihn alsbald auf ein nimmer Wiedersehen von hier verschwinden. Als wir dann alle wieder in der Küche saßen, habe ich erstmals Evelyn herzlichst gratuliert, dass auch ihr Vater, dank unserer Warnung diesen „Superedlen Betrüger“ bei der Abfassung des Ehevertrages endlich durchschaut hat und ihm den Laufpass gegeben hat. Und jetzt versucht er es in unserer Gegend die Mitgift der gutmütigen und heiratswilligen Mädchen zu kassieren, zu verprassen und dann auf nimmer Wiedersehen zu verschwinden und weiter zu ziehen, um sein nächstes Opfer zu finden. Dann hat Evelyn ihr Gespräch mit ihrem Vater bei seinem letzten Besuch hier bei uns erzählt und sie ihren Vater bedrängt hat, dass sie ihren Zukünftigen doch schon selbst suchen und finden, mit dem sie ein ganzes Leben, und mag es noch so lang sein, zusammenleben möchte; dabei schauten sie sich, Frieder und Evelyn richtig verliebt an. Im Stillen überlegte ich, ob Didilind und ich uns auch, wann und wo so verliebt schon einmal angeschaut haben? Und wenn, dann muss das schon sehr lange her sein, denn Didilind war immer der Ansicht, das wahre Liebe ein großes Geheimnis ist, das man nicht vor anderen Menschen leichtfertig offenbart oder zur Schau stellt, denn der beste und innigste Kuss ist nichts wert, wenn er nicht aus dem Innersten, aus dem Herzen, ohne große Zuschaustellung oder vor den Zuschauern kommt, der eigentlich die beiden Küssenden beglücken und ihre Liebe bestätigen sollte!

Sie, lieber Leser, werden sich sicher noch daran erinnern können, denn auf der Seite einhunderteinundneunzigzweiundneunzig im 4. Band haben sie gelesen, vier jungen Wölfe, die vermutlich auch die wachsamsten vom ganzen Wurf der jungen, zugelaufenen Wölfin Rilke waren, die auf der Suche nach einem blutsfremden Partner hier bei uns hängengeblieben ist, bereits für je eine Goldflocke verkauft habe. Und jetzt habe ich noch vierundzwanzig junge Tiere von allen Wölfinnen und ebenso viele Vorbestellungen. In den nächsten sieben Tagen bin ich alle jungen Wölfe, zum Leidwesen ihrer Mütter zu einer Goldflocke pro Tier wieder losgeworden. Ich glaube, dass in vierzehn Tagen die Wolfsmütter ihre kleinen Wollknäuel schon vergessen haben und das Wolfsleben ganz normal wie gehabt und ohne weiteren Kummer mit ihrem Nachwuchs weiter läuft und wir uns wieder auf den nächsten Wolfsnachwuchs im kommenden Jahr freuen. Mit dem Wolfgeschäft in diesem Jahr konnte ich mehr als nur zufrieden sein, Abgesehen von dem täglichen Füttern habe ich achtundzwanzig Goldflocken eingenommen. Wenn irgendwo in der Struth eine Maus oder Ratte gefangen wurde, haben die Kinder dieses Vieh unsern Wölfen gebracht, das sie dankbar immer wieder verspeisten. Von den Goldfischen, die die Wölfe bisher aus dem Wasser herausgeholt haben ganz zu schweigen. Wie viel Butter, Käse oder Getreide müsste ich da herstellen, um achtundzwanzig Goldflocken einzunehmen? Auch im Laufe des Jahres kamen keine Klagen, dass mit den jungen Wölfen etwas nicht gestimmt hat, oder sie die neuen Eigentümer durch ihr Sosein bitter enttäuscht haben, was ja bei den jungen Wölfen auch einmal vorkommen kann, dass das eine oder das andere Wolfstier aus der Rolle fallen kann oder irgendwelche Urinstinkte zum Leidwesen der neuen Halter wieder zum Vorschein kommen.

Das Weihnachtsfest haben wir wie das Geburtstagfest eines guten Mitmenschen, eines guten Freundes gefeiert und besonders erfreut nahmen wir zu Kenntnis, dass Frieder und Evelyn uns beim Kaffeetisch mitteilten, dass sie heiraten und am liebsten bald auch ihre Eltern davon in Kenntnis setzen wollen. Ich konnte mir meine Frage nicht verkneifen und sagte: „Nichts für ungut, meine lieben Kinder, unsern Segen habt ihr ganz bestimmt, das wisst ihr! Aber was ist, Evelyn, wenn, dein Vater gegen diese Heirat ist und dich quasi an Frieder nur gegen einen sehr hohen Betrag verkaufen will oder du sofort wieder zurück nach Hause musst, um dir die Flausen, Frieder zu heiraten wieder austreiben will? Denn sicher glaubt er, dass du einen reicheren Mann verdient hast als Frieder, so glaubt er einer zu sein scheint!“ Und prompt kam von ihr die Antwort, dass sie dann, sobald sich ihr die Möglichkeit bietet, zurückkehrt und hier mit Frieder mit unserer Erlaubnis vorerst zusammenzuleben, bis ihr Vater wieder vernünftig ist, ein Leben, wie es seinerseits Jan und Siegrid geführt haben auch führen werden oder besser gesagt, möchten, denn nicht nur Frieder hat einen klugen Kopf zum Denken und zwei Hände zum Anpacken, sondern auch ich, was ich nur vollauf bestätigen konnte. Und, Evelyn mein Kind, ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Mutter bestimmt nichts gegen deine Heirat mit Frieder hat, nur wie dein Vater dazu steht, das weiß ich beim besten Willen nicht; vielleicht ist er auch bisschen eifersüchtig auf Frieder, der sicher vieles kann was er nicht mehr oder noch nicht kann und in seinen Augen sicher immer das richtige, zum Vorteil aller tut? Auf keinen Fall möchte ich dich nicht von ihm freikaufen wie ein irgendwie geartetes Stück aus dem Kuhstall oder einen Sack Getreide, dass dann Frieder ohne wenn und aber zu Diensten stehen muss! Und mein Vermögen möchte ich keineswegs ihm offenbaren, denn da bin ich mir ziemlich sicher, dass er vor Neid zerplatzt und meint nicht genug fordern kann. Nur eines kann ich euch und will es auch jetzt schon versprechen, ihr müsst nicht ewig bei mir in Diensten stehen, sondern mit unserer Hilfe auch eure eigenen Menschen werden könnt, wie es Jan und Siegrid heute auch sind. Nach einer kleinen Denkpause sagte Frieder, dass er, aber auch Evelyn sich freuen würden, wenn wir bald gemeinsam mit unserm Schlitten zu ihren Eltern dahinfahren könnten¸ ihr als unsere Zeugen, dass ihr schon mal nichts gegen die Heirat habt und Evelyn auch als eure Schwiegertochter immer willkommen heißt, und ich ergänzte egal ob mit oder ohne der Spitzensen Feste, denn da wäret ihr doch bisschen zu weit weg von uns von der Struth. Schön wäre es, wenn wir dann etwas für euch in unserer Nähe erwerben könnten und wir uns auch des Öfteren sehen könnten und unsere Gedanken austauschen könnten, was man zwischen lieben Menschen auch immer wieder gerne tut!

Am übernächsten Sonntag war es so weit. Draußen hat es viel Schnee gegeben und selbst war es nicht so eisig kalt. Frieda wollte heute in der Scheune auf der Tenne den Gottesdienst halten und wir konnten beizeiten, schon im Morgendämmern in Richtung Spitzensen aufbrechen. Gegen Mittag waren wir da und die Begrüßung war herzlich mit einem bisschen Unterkühlung, zumindest von seiner Seite, der sicher nichts Gutes ahnte, oder nicht wusste, wie er das Geschäft eventuell einfädeln sollte, um möglichst teuer seine Tochter an den Mann zu bringen. Von Evelyns Mutter war die Begrüßung mehr als herzlich, die sicher schon ahnte, worum es heute mit unserm kompletten Erscheinen geht, denn sie hatte bestimmt nichts dagegen wenn Evelyn Frieder geheiratet hätte oder heiraten würde, der in ihren Augen, so wie er da steht eine ehrliche Haut mit zwei noch ehrlicheren Augen und Händen, ein Mann fürs Leben ist, dem man sein einziges Kind, seine Tochter ohne Angst anvertrauen kann, obwohl sie überhaupt noch nicht wusste warum wir hier her kamen. Eine wahre Mutter, die sieht nicht nur was in ihrem Kind vorgeht, sie ahnt es auch förmlich, wenn etwas Weltumwerfendes ansteht, wie es nun mal eine Ehe, die bis dass der Tod euch scheidet, in sich schließt. Nach dem Mittagessen kamen wir zur Sache unseres Herkommens, dass die beiden jungen Leute heiraten wollen. Ihre Mutter Hedi war sofort einverstanden und sagte nicht nur vor ihrem Mann, sondern ihn dabei fest anschauend, dass beide schon mal ihren Segen dazu haben. Doch ihr Vater Jochen plusterte sich wie ein Gockel auf, der es noch einmal gerne möchte, aber es nicht mehr richtig kann, denn er hatte nicht mehr viel zu bieten und meinte, dass da die Wickinger doch nicht gar so schnell zuschlagen, dass da doch das eine oder das andere wohl doch noch geklärt werden muss, denn letztlich geht es doch um seine Tochter und ich schnell dazu fügte: „Und um unsern Sohn, der wahrscheinlich nicht schlechter ist als deine Tochter und hier euch beide, die ihr sicher auch nicht mehr jünger werdet, nicht nur mitversorgen, sondern auch pflegen werden muss, worauf wir schon mal verzichten müssen, dass wir einmal von ihnen beiden gepflegt werden.“ Und da sagte er, dass der Mann, der seine Tochter heiratet, auch einmal das ganze Anwesen hier übernehmen wird und auch mir einleuchten muss, dass er das nicht umsonst bekommen kann! Da fragte ich ihn, ob er seine Tochter an unsern Sohn verkaufen will, dann nenne uns den Verkaufspreis, du darfst dann ruhig zuschauen, wie ich deinen geforderten Verkaufspreis oder den Verkaufserlös nicht dir gebe, dass du ihn dir dann für alle sichtbar an deinen Hut steckst und alle sehen können was du doch für ein einfältiger Mann, nein, ein verkommener Vater und Menschenhändler doch bist! Nein, die Goldflocken, die bekommst du nicht, sondern unsere Kinder, dass sie da in unserer Ecke ihr neues und standesgemäßes Zuhause gründen können. Ich fürchte, dass dann deine Tochter mit uns zurückfährt und deine Frau ihr bald nachfolgt, denn so viel möchte ich dir noch sagen, dass was ich im Vorbeifahren gesehen habe, ist keine fünftausend Goldflocken zu Zeit wert und unser Sohn auch ohne diese deine Feste bestens für deine Tochter wird sorgen können, denn ich verlange keinen Goldflocken für meinen Sohn, der bestimmt etwas reicher sein dürfte als du glaubst es selber zu sein. Wir möchten nur, dass unser Sohn und deine Tochter einmal glücklicher und zufriedener werden als du es bist, der bestimmt nicht nach viel Reichtum ausschaut. Ein anderer Vorschlag von mir, ich hinterlege fünf Tausend Goldflocken beim Thinggericht für deine Feste und alles geht auf deine Tochter und Frieder über; du verschwindest in der Versenkung und lässt die jungen Leute hier wirtschaften, wie man einen Betrieb eben heute bewirtschaftet und nicht wie zu deines Urgroßvaters Zeiten, denn so sieht es hier gerade aus. Und was die jungen Leute hier dann modernisieren, wird von diesen fünf Tausend Goldflocken bezahlt. Während deine Frau bei den jungen Leuten wohnt und das Glück der jungen Leute genießt, verziehst du dich im Altersruhesitz und bekommst von den jungen Leuten alles was du zum Leben brauchst. Die jungen Leute wohnen dann im herrschaftlichen Haus mit ihrer Mutter, denn dir gehört ja hier nichts mehr. Und wenn du anderer Meinung bist, dann behalte deinen Hof, dass du bei all deiner Klugheit einen großen Fehler gemacht hast, wie du ihn beinahe gemacht hättest bei deinem ach so reichen und wohlhabenden Herrn von Harz ihn machen wolltest, machst du dann mit den jungen Leuten einen Lebensvertrag, was dir zusteht und was ihnen zusteht, was du eigentlich bei deiner Tochter und Frieder nicht machen müsstest, denn sie kennen nicht nur ihre Rechte, sondern auch ihre Pflichten, die sie gegenüber ihren Eltern haben, so wie du dich aufführst, bei dir bestimmt nicht gelernt haben, sondern bei uns! Ein anderer Vorschlag von mir, wir geben den jungen Leuten fünf Tausend Goldflocken und da du noch immer glaubst deine Tochter sei mehr wert als unser Frieder, so gibst du den jungen Leuten siebeneinhalb Tausend Goldlocken quasi als Mitgift, dass sie diesen Hof wieder modernisieren können oder, um ihn wieder auf Vordermann zu bringen. Und nicht vergessen, wir in der Struth verlieren etwas sehr Kostbares in Frieder, während ihr etwas sehr Kostbares von uns dazugewinnt, der noch immer weiß wo vorn und wo hinten ist, was ich bei deinem großspurigen Getue bezweifle. Apropos, ich hätte es fast vergessen, dein ach so reicher Edelman, von Harz, ist auch bei uns aufgetaucht und hat da, bei deiner Evelyn und unser Frieder seinen Laufpass bekommen und wird sich sicher hier in unserer Gegend bestimmt nicht mehr blicken lassen, denn hier ist er sicher schon weit und breit als ein armes, schlüpfriges Windei bekannt und wahrscheinlich nur noch einen Erwerbszweig kennt: „Wie nehme ich die naiven Väter, heiratswilliger Töchter aus und du, dank unserer Warnung noch einmal gerade so davongekommen bist!“ Ich hatte so den Eindruck dass das alles viel zu viel für ihn war, bei seiner Frau aber sehr einleuchtend war, dass wir in der Struth etwas verlieren, während sie etwas gewinnen, was auch für ihren Altersalltag nur zum Vorteil ihnen gereichen werde oder umgekehrt, wenn Evelyn in der Struth bleiben sollte. Und dann hat sie sehr schnell erkannt, dass sie in Frieder das bekommt, was ihr im Leben leider versagt blieb, einen Sohn, wie man ihn sich nicht besser wünschen konnte. So kam es zum Abschied und wir waren kein bisschen Schlauer als wir es vorher auch schon waren. Mutters Segen hatten wir zwar, doch seine Zustimmung wollte er zur Heirat seiner Tochter nicht geben. Zu gern hätte er etwas über unsere Struther finanziellen Verhältnisse gewusst, um mit seiner Tochter endlich das Geschäft seines Lebens zu machen. Er aber wäre bestimmt der allerallerletzte, dem ich etwas darüber gesagt hätte. Vielleicht war er auf Frieder auch ein bisschen eifersüchtig, denn auch er müsste längst erkannt haben, dass Frieder nicht nur in seinem Sosein ein ganzes Eck vornehmer war, sondern auch was das Bewirtschaften eines Hofes anbelangt ein ganzes Eck mehr Verstand besaß als er glaubte es selbst zu können. Evelyn hat ihr Wort gehalten, wenn ihr Vater dagegen sein sollte, sie bei der ersten Gelegenheit verschwindet, bevor seine falschen Ideen Wirklichkeit werden sollten und zu uns zurückkehren wird. Von ihrer Mutter war die Verabschiedung auf ein baldiges Wiedersehen bei uns in der Struth sehr herzlich, auch wir verabschiedeten uns von ihr wie von einem lieben Bekannten; ihr Vater verweigerte beim Abschied nicht nur seiner Tochter seine Hand sondern auch uns und verwünschte uns sogar bis ins finsterstes Loch des großen Sees, wo es noch besonders heiß brodelte oder der See zu kochen schien, sondern verbot seiner Tochter jeden weiteren Umgang mit uns. Doch ihre Mutter zwinkerte uns zu, als ob sie uns sagen wollte, dass alles nicht so heiß gegessen wird wie er es sicher glauben möchte, er es so heiß gekocht hat oder es zurzeit scheinbar noch qualmt! Bei der Verabschiedung lud ich sie beide in vier Wochen zur Hochzeit ihrer Tochter ein und versprach ihnen, dass sie nicht nur bei uns eine ganz standesmäßige und naturverbundene Hochzeit erleben, eine Hochzeit, wie ihr sie sicher noch nie erleben durftet, sondern auch ganz bestimmt bei uns herrschaftlich übernachten dürft, insgesamt ein festliches Fest, dass ihr so schnell nicht vergessen werdet oder gar noch nicht erlebt habt, denn wir verstehen es nicht nur ausgefallen zu arbeiten, sondern auch noch ausgefallener die Feste, die da anfallen, zu feiern! Dann sagte ich den beiden noch einmal, dass ich keines meiner Kinder auch nur annähernd irgendwie verkauft, oder eines der Schwiegerkinder auch nur annähernd gekauft habe. Ihr könnt es jederzeit nachprüfen, dass beide Trippelfelzer Kinder ihr Leben bestimmt nicht mit dir tauschen möchten. Und eines verspreche ich euch, auch eure Tochter wird es auch ohne euer Zutun nie bereuen müssen in der Struth bei uns geblieben zu sein und eines verspreche ich dir auch noch ganz besonders, dass ich deiner Tochter das geben werde was du ihr versagt hast, Geborgenheit und Menschlichkeit oder menschliche Wärme und das bestimmt ohne deiner Hilfe oder deines Zutuns, denn bei uns ist sicher noch viel Platz, um sich da selbständig zu machen! Und vergiss eines nicht, du kannst einmal, wenn dein letztes Stündchen geschlagen hat, nichts von alledem hier mit ins Grab hinab nehmen!“ Ich glaube, dass Evelyns Mutter am liebsten gleich mit uns mit gefahren wäre, denn sie war sicher auch der Meinung, dass es schlimmer als hier bei diesem Nörgler bei uns in der Struth auch nicht sein kann, denn der Fall Mutter Erna kann da ihre Meinung vollauf bestätigen. Aber sicher wollte sie ihn noch ein bisschen bearbeiten, dass er auch einsehen möchte, dass er seine Tochter nicht wie eine Kuh oder die geräucherten Fische aus dem See und dazu noch meistbietend verkaufen oder mit ihr das große Geschäft machen kann, dass er dann nur seinem Hobby frönen kann und die für seine Tochter eingenommenen Goldflocken zu zählen, denn sie ist gerade so wie er ein freies Menschenkind, das auch das Recht hat frei ihr Leben zu gestalten und zu entscheiden, denn auch er, ihr Mann, Evelyns Vater, hat sich, als er so jung war zu nichts in seinem jungen Leben zwingen lassen. Und was der Schwiegersohn an Vermögen in die Ehe mitbringt, das gehört den beiden jungen Leuten und nicht den Schwiegereltern und schon lange nicht dem sturen Schwiegervater alleine über das er glaubt verfügen oder damit bei den Neidern protzen zu können, was er doch nicht alles für seine Tochter bekommen hat, denn man muss halt alles nur richtig anpacken.

Auf dem Heimweg haben wir nicht viel miteinander gesprochen. Didilind wollte unbedingt vorn den Kutscher spielen und konnte somit uns ihren Rücken zeigen und keiner von uns konnte so ihr Gesicht sehen und daraus schließen, was in ihr jetzt vorging, denn dieses Verschacherungsproblem, wie sie es heute erleben durfte, das gab es bei uns daheim im Osten nicht. Sicher war ihr auch Evelyns Vaters Verhalten nicht egal und schon lange war sie mit seinem Verhalten nicht ein kleines bisschen einverstanden. Bestimmt dachte sie auch so wie ich, was sich dieser Pinsel bloß einbildet, denn für uns sind die beiden erwachsenen Kinder nicht einer besser oder schlechter, wertvoller oder weniger wertvoll als der andere, sondern sie sich gegenseitig nur bereichern und ergänzen. Schneller, als wir es wahr haben wollten waren wir wieder in der Struth, wo es bereits zu dunkeln anfing. Unsere Wölfe haben uns freudig und ehrlicher als viele Menschen heutzutage wieder begrüßt als wollten sie uns für den Misserfolg, den wir da in der Feste Spitzensen bei Evelyns Vater erlebt haben wieder entschädigen. Besonders Evelyn schienen die Wölfe in ihr Wolfsherz geschlossen zu haben. Und was ich bei Evelyn eigentlich noch nie gesehen habe, das durfte ich heute bei ihr zum ersten Mal sehen: Nicht nur die Wölfe machten vor ihr Männchen und legten ihre Vorderpfoten auf ihre Schultern, als wollten sie sie auch vor Freude jaulend umarmen, dass sie wieder zu uns zurückkam, was auch Evelyn der Reihe nach bei den Wölfen tat, sie umarmte einen Wolf stehend nach dem andern und freute sich auch sichtlich über so viel Herzlichkeit der Tiere, als ob sie, die Wölfe auch wüssten, was da in Evelyn sicher vorgehen mag. Sicher haben die Wölfe durch ihr Verhalten auch dazu beigetragen, dass Evelyn bald wieder die Evelyn bei uns das wurde, was sie schon früher bei uns für alle war, die ‚fleißige Liebenswürdigkeit‘ in Person, die wahrlich einen besseren Vater verdient hat und keinen eigennützigen Verschacherer, der sie am liebsten meistbietend verkauft hätte.

Die nächsten drei Wochen vergingen wie immer im alten Trott und ihre Eltern haben bisher nichts von sich hören lassen. Dass Didilind ohne unser Wissen mit Evelyn in den Flecken gefahren ist und da einen Schneider aufsuchte, der für Evelyn heimlich das Hochzeitskleid, kein Alltagskleid, nähen sollte, das habe ich und die andern auch erst bei der Hochzeit erfahren. Es war eine vollkommene Überraschung für alle, die an der Feier teilgenommen haben. Auch der Schneider wusste schon, wenn die Odenser aus der Struth kommen, dann kann es schon etwas Extravagantes sein, denn die bezahlen ganz bestimmt, denen muss er um sein Geld nicht nachlaufen, denn sie haben bisher immer, so konnte man reihum hören, immer in bar bezahlt. So zeigte der Schneider den beiden Frauen, was heute so auf dem Markt modern ist, was die vornehmen Leute heute zu solchen Anlässen gerne tragen und zeigen, in was sich die Bräute so in der bekannten Welt heute gerne zu so einem Anlass zeigen. Evelyn entschied sich schweren Herzens für eine Kreation, in der die römische, die gotische und auch die wickinger Mode kreiert ist, was wahrlich im Nachhinein allen gefallen hat, besonders Frieder der auch nichts von diesem Hochzeitskleid gewusst hat aber auch ihrer Mutter und uns allen sowieso. Aber auch das Diadem, das von Frieda und mir eine große Überraschung war, denn außer Frieda und mir wusste niemand etwas von dem Diadem, das nicht nur ihren ohnehin schon hübschen Kopf noch hübscher machte, was der Braut wahrlich königlich stand, hat, abgesehen von der Taufe und Evelyns erstes Abendmahl, der ganzen Festlichkeit die Krone aufgesetzt hat und diese Hochzeit wieder ein einmaliges Erlebnis hier in dieser Ecke wurde, was sicher viele Nachahmer anspornen wird, es gerne ihr auch nachzutun, wenn auch mit einem unechten Diadem.

Eine Veränderung im Neuhof

Draußen bei uns in der Natur begann es richtig zu herbsten. Gegen Mittag fuhr bei uns eine Kutsche vor die Terrasse, die wir sofort wieder erkannten, denn es war die standesgemäße Kutsche, die wir Luzia und Rainhard zur Hochzeit noch extra schenkten. Als erste entstieg der Kutsche Teklas Zofe Inka und half dann ihrer Herrin Tekla beim mühsamen Aussteigen. Wir alle waren natürlich überrascht was da passiert ist und schauten reihum, ob nicht noch eine kleine Eskorte in ihrem Sinne uns auch besuchen wolle, denn das was heute Tekla gemacht hat stand bisher unter ihrer Würde, bei den verkommenen Struther hergelaufenen Bösewichten einfach so vorfahren und abzusteigen, ohne vorher großspurig ihre Befehle an ihre nicht mehr vorhandene Dienerschaft zu erteilen, wer da alles Stramm zu stehen oder zu springen hat. Sogar zum Mittagessen in die Küche ließ sie sich bitten und saß zwischen unseren Tagelöhnern am Tisch, ließ sich das Essen reichen und reichte es an die oder ihre nichtadeligen Tischnachbarn weiter, fragte auch wer diese leckere Sache oder jene wie gemacht hat, lobte alles was es da zu essen gab, zeigte Mitgefühl zu Mutter Ernas hartem Schicksal da mit der Stutzer Feste und dann erzählte sie, dass sie alles das nachholen möchte, was sie in ihrem Leben, das wahrlich nicht zu kurz bisher war, jetzt noch schnell nachholen wolle, was sie versäumt hat. Bisher habe sie immer nur gehört, was sie doch durch Siegrid ihrer einzigen Tochter für vier hübsche und brave Enkelkinder doch habe und durch ihren verkehrten Stolz keines der Kinder bisher habe richtig kennen gelernt und jetzt ihre verstorbenen Urahnen sie regelrecht drängen, dass sie das alles schnellstens nachholen soll, sie kennen zu lernen, sich zu versöhnen und zu versuchen alles wieder gut zu machen, bevor auch sie zu ihren Ahnen zurückkehren muss, die es drüben in der Ewigkeit angeblich nicht leicht haben. Und dann erzählte sie, dass sie kaum noch ein Auge zu machen kann, ohne sofort von ihren Vorfahren, die aus den Wänden zu mir ins Zimmer steigen, zu diesem Schritt, den sie heute versucht zu tun, immer wieder gedrängt werde. „Egal mit wem ich darüber spreche, alle meinen, dass es höchste Zeit ist mich mit meinen Kindern bald zu versöhnen und mich von dem alten, festverwurzelten Familienzwist noch zu meinen Lebzeiten zu trennen, dem alten Familienstreit, bevor es zu spät ist, denn im Grab werde ich ihn nicht mehr los und dann muss ich das Los meiner Vorfahren drüben in der Ewigkeit auch mit ihnen teilen, das sicher nicht ein Glückliches ist. „Am liebsten würde ich“, sagte sie, „bei Jan und Siegrid einige Zeit wohnen, um alles wieder gut zu machen, was ich da durch meine Hartherzigkeit kaputtgemacht habe, vorausgesetzt, sie haben im Neuhof auch Platz für mich und meine Zofe, die ich doch beim An- und Auskleiden schon mehr und mehr brauch, aber auch zu meiner weiteren Versorgung. Frieder, der ihre Pferde auch heute ausgespannt hat, spannte sie wieder nach dem Essen ein, wünschte auch den zwei Frauen alles Gute und eine gute und erfolgreiche Fahrt in den Neuhof, wo sicher der gewünschte Friede auf sie wartet.

Natürlich waren die Neuhofer überrascht, denn über alles denkt man so oder redet man so, wenn der Tag lang ist, aber das eine Mutter, die vergessen hat und bislang nicht wissen wollte, dass sie auch eine Mutter von noch zwei patenten und mittlerweile erwachsenen Kindern ist, plötzlich auftaucht und all das Muttersein jetzt auf gleich, in vielleicht sehr kurzer Zeit nachholen will, daran hat keiner hier im Neuhof auch nur im Geringsten zu denken gewagt. Und dass Mutter Tekla sich schon vor einigen Monaten mit Luzia, Rainhard und den drei Enkelkindern da in der Trippelfelz versöhnt hat, davon wussten wir hier in unserer Ecke auch nichts, denn ich musste immer noch daran denken, wie bockbeinig und sturrgehässig sie sich gegenüber Luzia aufgeführt hat, als sie mit Rainhard vom Neuhof in die Trippelfelz umgesiedelt ist und sie keineswegs bereit war in Luzia ihre Nachfolgerin hier in diesen Gemäuern zu sehen, sondern eine Dienstmagd, die ihr Sohn Rainhard versehentlich geheiratet hat. Natürlich haben sie Mutter Tekla und ihre Zofe hereingebeten und baten sie Platz zu nehmen, ohne es zu ahnen, was Mutter Tekla wieder vorhat. Dann gab ein Wort das andere, bis es endlich so weit war und Mutter Tekla Siegrid und Jan bat hier bei ihnen bleiben zu dürfen, worüber nicht nur Jan und Siegrid sehr erstaunt waren und sie und sich gegenseitig staunend anschauten, als ob sie fragen wollte was da in sie gefahren ist, denn von dieser Seite kennen sie Mutter Tekla überhaupt nicht, aber auch alle vier Kinder, die besonders nicht wussten, ob sie sich darüber freuen oder die Entrüsteten spielen sollten, denn bisher haben sie nichts Gutes von oder über Oma Tekla gehört. Und Siegrid fragte sie allen Ernstes, ob sie sich mit Luzia und Rainhard restlos überworfen hat, was sie verneinte, denn sonst hätten sie die Kutsche und die Pferde entführen müssen, was sie keineswegs getan hat, denn Rainhard wollte, wenn wir beide hier bleiben dürfen, am Sonntag herkommen und die Kutsche wieder heimholen. Und der kleine Jan, der keineswegs mehr so klein ist fragte, worüber Oma Tekla sehr erstaunt war, wie denn der Sinneswandel bei dir zustande kam? Oma Tekla war darüber gar nicht überrascht und erzählte hier freimütig die gleiche Geschichte wie sie sie bei uns in der Struth erzählt hat und alle mit denen sie darüber sprach, auch mit unserm Gottesmann, haben mir geraten, wenn ich wieder meine Ruhe haben oder finden will, dann bleibt nur eines übrig mich mit meinen Kindern, Schwieger- und Enkelkindern zu versöhnen und das kann ich am besten wenn ich bei ihnen tagtäglich bin und mein Leben mit ihnen teile, ohne jemanden zu bevormunden, sondern in ihnen allen ein Stück von mir zu sehen. Tochter Siegrid fragte gleich weiter, wie sie sich das vorstelle, denn wir haben nur ein Gästezimmer, was so viel heißt, dass du mit deiner Zofe in einem Raum schlafen müsstest und essen würdet ihr dann bei uns und mit uns an einem Tisch und da essen auch unsere Mitarbeiter mit, was du ja bisher immer abgelehnt hast. Da sagte Mutter Tekla, dass sie so viel Arbeit ihnen nicht machen wolle und fragte gleich weiter, ob sie hier im Neuhof nicht auch eine Kochgelegenheit für sie hätten, denn meine Zofe hat mich daheim bestens bekocht, beköstigt und auch anderweitig versorgt und lauter Sachen bekam ich aufgetischt, die alle meiner Gesundheit bestens, oder sehr bekömmlich waren, was du bei mir immer wieder feststellen kannst. Siegrid und Junker Jan schauten sich sehr ernst an, denn so haben sie ihre Mutter wahrlich noch nie erleben dürfen, die doch früher eher dazu neigte, notfalls immer viel Blut fließen zu sehen. Doch zu so einer Mutter Tekla nickten sich Jan und Siegrid zu und Siegrid sagte zur Mutter, dass wir da etwas für euch haben, nicht nur eine Kochstelle, sondern es ist ein Haus, das noch kaum bewohnt war. Es hat eine geräumige Küche und drei geräumige Zimmer zum Schlafen oder zum Aufenthalt; ähnlich wie so ein Haus, wie wir es in der Struth bewohnt und wir uns darin mehr als nur sehr wohl gefühlt haben. Wenn es dir Recht ist, gehen wir gleich hinüber. Mutter Tekla glaubte zunächst über das Angebot doch ein wenig wieder die Nase rümpfen zu müssen, scheinbar scheinen ihre alten Standesdünkel doch noch nicht ganz aus ihr ausgemerzt zu sein, denn wer weiß, wer schon alles vom Gesinde da kampiert hat, die ihr alle das Wasser nicht reichen können? Wahrscheinlich waren ihre Standesdünkel doch noch nicht ganz aus ihr ausgerottet. Doch als sie das Haus oder alle Räume durchlaufen ist und nirgends irgendwie es übel roch oder etwas Schmutz entdeckte, sondern alles einen frischen Eindruck auch auf sie machte, gerade so, als ob alles kurzvorher für sie zurechtgemacht wurde gab sie der Zofe einen Wink, doch alle mitgebrachten Sachen aus der Kutsche mit herein in das Haus zu bringen. Bis auf Jan den zweiten haben alle Enkelkinder geholfen die Sachen aus der Kutsche ins Haus zu bringen. Er war es, der auf der Kutsche stand und alles Gepäck herabreichte. Als alles ausgeladen und im Haus verschwunden war, fuhr der kleine Jan, der mit seinen dreizehn Jahren gar nicht mehr so klein war, die Hochzeitskutsche in die Wagenremise, spannte die Pferde aus und brachte sie zu ihren Pferden auf die Koppel, wo sie sie sich selbst versorgen konnten, denn Grünfutter und frisches Wasser war da zur Genüge. Die Pferde auf der Koppel schienen scheinbar keine Standesdünkel zu kennen, denn sie fraßen bald friedlich, nachdem sie zuerst ihren Durst gestillt haben, nebeneinander, als ob sie das schon immer so getan hätten und nicht erst heute zusammengekommen wären.

Die beiden Frauen waren sich bald einig wer in welchem Zimmer schläft und aus dem dritten Raum, dem neben der Küche, wollen sie den Aufenthalts- und den Essraum machen wenn vornehme Gäste kommen sollten. Ansonsten wird auch wie anderswo in der geräumigen Küche gegessen, denn auch Tekla war mittlerweile der Meinung, dass es in der Nähe des Herdes doch noch am besten schmeckt, wenn man die Wärme des Kochherdes auch beim Essen nicht nur spüren, sondern auch noch mit Haut und Haaren regelrech fühlen kann. Während die Zofe die Sachen der Tekla und ihre Sachen in den Schränken verstaute, ging Siegrid hinüber in ihr Steinhaus und holte für zwei Betten das Bettzeug und brachte es der Zofe, dass sie auch die beiden Betten schlafgerecht auf den doch noch recht frischen Strohsäcken zurechtmachen würde. Im Beisein von Jan einigten wir uns, dass Mutter Tekla uns für das Haus, das Holz, das sie zum Kochen und Heizen brauchen und die Lebensmittel monatlich dreieinhalb Goldflocken gibt, denn sie bekommt von ihrem Sohn Rainhard, dem neuen Herrn auf der Trippelfelz jeden Monat 10 Goldflocken Altersruhegeld von denen sie eine der Zofe gibt, zusätzlich bei freier Kost und Logie und uns dreieinhalb, dann bleiben ihr immer noch fünfeinhalb Goldflocken für persönliche oder anderweitige Anschaffungen oder Ausgaben. Heute Abend, morgen Früh und Mittag essen die beiden noch bei uns mit und ab morgen Abend bekochen und beköstigen sie sich selbst. Morgen Nachmittag wollte die Zofe uns sagen was sie so an Brot, Butter, Eier, Mehl Milch, Käse aber auch an Buttermilch und so weiter brauchen, dass wir das möglichst immer frisch, bis auf die Buttermilch, denn auch hier wird nur einmal in der Woche gebuttert, anliefern können. In der Regel gab uns Mutter Tekla jeden Monat vier Goldflocken und wir ihr dann fünfzig Kupfermünzen zurückgeben, die sie im Monat zur Belohnung an ihre vier Enkelkinder wieder einzeln ausgibt. Besonders Jan, Siegrids erstes Kind, hat es mit seinem überlegten Tun und Handeln, der nie auf die Idee kam Oma Tekla auch mal leicht auf den Arm zu nehmen, war von ihm mehr als nur begeistert, was er redete hatte immer Hand und Fuß, ganz im Gegensatz zu Siegrids drittem Kind, Tochter Renni, die frei von der Seele redete, gerade so, wie ihr der Schnabel gewachsen zu sein schien, nur ob auch alles immer gestimmt hat, was Reni ihrer Oma Tekla erzählt hat, das wusste wohl Reni selbst nicht. Vielleiht hat Oma Tekla sie auch deswegen in ihr Herz geschlossen, denn mit ihren Einfällen hat sie Oma Tekla immer wieder aus ihrer Trübseligkeit herausgeholt, wenn sie, Oma Tekla in ihrer eigenen Vergangenheit zu buddeln anfing, um die Ursachen ihres damaligen Sosein zu suchen oder sie zu beschönigen, denn wann, wo und warum ist sie so eine komische Nervensäge geworden, die zum Schluss immer feindseliger zu ihren Mitmenschen, die nicht so wie sie gelagert waren, geworden ist. Renni gelang es immer wieder, Oma Tekla aus solchen Situationen sie zum Lachen wieder zu bringen. Vielleicht hat Renni Oma Tekla doch mehr und mehr an ihre eigene Kindheit erinnert, denn im Grunde genommen war sie damals auch nicht anders als sie, Renni es heute ist, ein sehr aufgeschlossenes Mädchen, die reine Liebenswürdigkeit in Person, die mit ihrer Gradlinigkeit allen immer wieder viel Freude machte. Und immer wieder musste sie da denken, wann und warum ist sie dann zu dieser bösen, streitsüchtigen und rechthaberischen Xantippe geworden, die gegen alles und nichts war, was ein kleines bisschen nach Menschlichkeit roch? Und im Stillen hat sie dann mehr und mehr den Himmel bestürmt, dass Reni nicht auch einmal so werde wie sie es einmal geworden ist, die gegen alles und nichts die böse Xantippe zu sein. Hat sie die neue Umwelt, in die sie hatte einheiraten müssen so umgeformt, ohne es richtig mitzubekommen was da mit ihr passiert. Und jetzt und hier begann sie das Warum sie so geworden ist zu hinterfragen, denn so, wie sie geworden ist, wird man einfach nicht so ohne von heut‘ auf morgen, bei ihr, so glaubt sie mehr und mehr, scheint alles langsam immer schlimmer zu ihrem eigenen Schaden gewachsen zu sein und sie so zu dem geworden ist was sie doch im Grunde eigentlich nie werden wollte.!

Jetzt ist sie bald zwei Wochen im Neuhof und glaubt nie mehr von hier weg gehen zu wollen. Obwohl es sie doch manchmal grämte, dass keines ihrer Enkeltöchter ihren Namen Tekla trägt. Ihr Verhältnis zu ihrer Tochter Siegrid und ihrem Mann Jan wurde von Tag zu Tag immer besser und sie kann es gar nicht verstehen wie sie einmal so vergesslich sein konnte und auf ihren Tod im Moor bestanden hat, obwohl alle vier ihrer Kinder und nicht nur sie, sondern auch Siegrid wie auch Jan, ihr Mann, die reinsten Prachtexemplare in Menschengestalt sind, denen nichts Böses zu eigen ist und egal wer, sich keine besseren wünschen kann! Wenn alles, Vaters Unternehmen geklappt hätte, wäre heute hier nichts! „Und was wäre mit mir?“ Langsam begann sie dem Himmel, von dem sie in der Trippelfelz vom Hofgottesmann schon einiges gehört hat zu danken, „dass es damals auch einen mutigen Eberhard und seinen mutigen Sohn Jan gegeben hat, und du sie auch zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort hast sein lassen, denn eigentlich sind die beiden da hinausgeritten um etwas Essbares, ein Wild zu erlegen, um dann das Töten, diesen Mord zu verhindern und Siegrid vom Tod hast retten lassen. Du großer, unbekannter Gott da oben, du denkst doch immer wieder für uns Menschen hier auf der Erde in ganz, manchmal für uns undefinierbaren Sphären und wir da nur immer wieder mit lautstarkem Schweigen staunend dir danken können!“

Am nächsten Sonntag, kurz vor dem Mittagessen, kam bei uns vor die Terrasse eine schon bisschen ältere und scheinbar auch bisschen klapprigere Kutsche angefahren. Dennis, der draußen in der schon recht schwachen Herbstsonne lag, um die letzten warmen Strahlen medizinisch zu genießen, hat die Ankömmlinge als erste freudig begrüßt, denn es waren für ihn alte Bekannte, Luzia die auf dem Kutscherbock die Kutscherin spielte, die in den jungen Jahren auch schon einiges durchgemacht hat, viel Erfreuliches und weniger Erfreuliches und Rainhard, der im Fond saß, und das älteste Kind, Rainhard den zweiten, den sie mitgebracht haben in seinen Armen hielt und unterwegs doch ganz sachte eingeschlafen zu sein schien. Den kleinen Rainhard, den kannte Dennis kaum. Denn er ist nicht hier bei uns in der Struth geboren und aufgewachsen, sondern schon drüben im Neuhof. Unser Sohn Eberhard half ihnen beim Absteigen und spannte die Pferde aus, obwohl er noch gar nicht wusste, wohin die Trippelfelzer eigentlich wollten. Jedenfalls waren sie da schon fast gezwungen zum Mittagessen zu bleiben, das heute Mutter Erna, assistiert von Evelyn und Frieda fast alleine gekocht hat. Wie sie bei Tisch dann erzählte, wäre das ihr Lieblingsgericht, das sie daheim, als sie noch ledig war schon und dann in der Stutz zu besonderen Anlässen und zum Staunen ihrer Küchenangestellten, selbst gekocht hat und die Köchin die Zuschauerin oder nur die Handlangerin spielen durfte. Wir alle konnten nur bestätigen, dass es wirklich recht gut geschmeckt hat, das Stutzer Festtagsmenü, das wahrlich kein Alltagsessen ist oder war; nur da haben einige Gewürze gefehlt, die Didilind gern noch dazugegeben hätte, wenn sie die Chefin gewesen wäre. Evelyn kam aus dem Staunen nicht heraus, dass wir auch so eine gut geratene Tochter Luzia, unsere älteste, haben, die auch heute noch beide, sie und Rainhard trotz der drei Kinder immer noch so einen verliebten Eindruck machen, gerade so, als ob sie eben aus dem Liebesjungbrunnen gestiegen sind. Ihre Liebenswürdigkeit zu einander ist sicher nicht hier für uns gespielt, denn sie habe die Trippelfelzer noch immer in Erinnerung , wenn die Rede daheim von den Trippelfelzer war, da waren es alles ‚steife rechthaberische Böcke‘, die sehr schnell sich duellierten, um allen zu zeigen was sie doch für ein tapferes Geschlecht wären, denen man lieber aus dem Weg geht. Ich habe später Evelyn erzählt, wie Rainhard hier bei uns gelandet ist und hier bei uns nicht nur gelernt hat ein guter Mensch mit menschlichen Eigenschaften seinen Mitmenschen gegenüber zu sein nach dem Motto, dass der Mensch edel sei, hilfreich und gut, sondern auch modern und zeitgemäß fortschrittlich zu wirtschaften, was viele Betriebe leider heute nicht machen aber auch nicht können, weil sie es nie und nirgends gelernt haben, das Wirtschaften und auch etwas zu riskieren, aber dann alles verurteilen, wenn sie aus dem letzten Loch pfeifen, so wie es zur Zeit auf der Stutzer Feste passiert und die Schuld dafür bei ihren lieben Mitmenschen suchen, die ihr ‚sowirtschaften‘ einfach nicht akzeptieren wollen und es nicht gutheißen können. Die Zeit ist vorbei, dass die Menschen für das was die Herrschaften am Tisch zurückließen von früh bis spät abends an dreihundertfünfundsechzig Tagen im Jahr gearbeitet und im Stall beim Vieh und wie das Vieh geschlafen haben und sich nicht wundern mussten, wenn die ach so sauberen Herrschaften dann vom stinkigen Gesinde sprachen, die es in ihren Augen nicht anders verdient haben. Und als Rainhard zu uns kam, haben ihn drei Leibeigene begleitet, die ich ihm bald abgekauft habe. Einer von ihnen ist mittlerweile mit einer Tochter der Struther Feste verheiratet; er ist heute die rechte Hand von Rainhard auf der Trippelfelzer Feste. Der zweite Leibeigene ist heute die rechte Hand mit seiner Frau, die auch hier aus der Struth stammt, im Neuhof und der dritte ist bald mit dem Getreidehändler mitgezogen, der einen starken Mann zum Säcke schleppen gesucht hat. Bald nach dem Essen sind die Trippelfelzer, nach dem unser kleine Eberhard die frischversorgten Pferde wieder eingespannt hat, wie sie sagten weiter in den Neuhof gefahren, um sich nach Mutter Tekla zu erkundigen, aber auch wie lange sie da bleiben will, beziehungsweise, wie lange sie es hier in der Abgeschiedenheit, ohne viel Drumherum aushält und natürlich wollen wir wieder unsere andere Festtagskutsche mitnehmen! Umso mehr staunten sie als sie im Neuhof eine zufriedene Mutter Tekla und ihre Zofe antrafen, die sich in einem Tagelöhner Haus, das einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck machte eingerichtet haben, ihr eigenes Leben da leben durften, auf niemanden Rücksicht nehmen mussten und niemandem zur Last fielen. Die vier Enkelkinder besuchen sie regelmäßig, erkundigen sich bei ihr nach ihren Bedürfnissen und berichten ihr immer wieder die neuesten Neuigkeiten, die es im Neuhof und Umgebung gibt, wie viele Eier heute die Hühner wieder gelegt haben, ob eine Kuh gekalbt, eine Sau geferkelt oder gar ein Pferd ein Fohlen bekommen hat oder wie viele Säcke Getreide wieder in den Scheune gedroschen wurden. Jan, der geborene Landjunker von morgen, erzählte ihr auch wie weit die Frucht schon auf den Feldern gewachsen ist, wie weit das Korn schon in den Scheunen gedroschen ist aber auch was das Getreide zu Zeit kostet und sagte auch, dass das Getreide ruhig etwas teurer sein könnte, denn wenn man die investierte Arbeit auf den Feldern und in den Scheune berechnet, dann ist der Getreideanbau bald ein reines Zuschussgeschäft. Auch dass Enkeltochter Renni sie regelmäßig mit den neuesten Tagessprüchen, den wahren und den halbwahren versorgt und wo sie nur kann versucht sie mich zum Lachen zu bringen, um auch noch die allerletzten Zweifel aus mir herauszutreiben, die mich immer wieder versuchen zu belasten. Ich selbst habe das Gefühl, dass ich täglich jünger werde und das Altern oder älter werden hier im Neuhof schon fast vergessen habe, einschließlich der vielen mich bisher begleitenden Wehwehchen, die mich immer wieder versuchen daran zu erinnern, dass ich trotz allem nicht mehr jünger werde oder die Jüngste bin.

All das hat Rainhard und Luzia bei Mutter Tekla erfahren. Damit wollte sie den Gästen nur sagen, dass sie bis heute keine lange Weile kennt und es immer mehr bereut, dass sie so lange es versäumt hat, dass Oma sein dürfen nicht genossen zu haben; überhaupt, wenn man auch hier so patente Enkelkinder hat, die einem das Leben doch immer wieder leichter machen.

Unsere Lebensmittel bringen Jan und Siegrid uns herüber, das Holz zum Feuern, das Wasser und andere Kleinigkeiten bringen mir die Enkelkinder. Aber ihr von der Trippelfelz, ihr könnt mich doch hier auch hin und wieder besuchen kommen, damit ich jetzt nicht vergesse, wie meine Trippelfelzer Enkelkinder ausschauen, aber dabei alle drei mitbringen und dabei kann ich euch ja alles erzählen, wo mich oder uns hier der Schuh eventuell drücken könnte, was vorerst noch nicht der Fall ist. Auch die bösen Geister, die mich daheim mehr und mehr verfolgt und gepeinigt haben und mir keine Ruhe gönnten, lassen mich hier wieder in Ruhe. Weiter kamen wir nicht mit unsern Erzählungen, denn Vater Jan kam, um uns zur Vesper zu holen. Auf dem Weg zum Steinhaus fragte Mutter Tekla wie es den kleinen Zwillingen geht und Luzia ihr sagte, dass sie bestens Wachsen und Gedeihen und unsere Hausperle Aga sie daheim in der Trippelfelz sicher wieder wohl behütet; gerade so; als ob es ihre eigenen wären. Bei der Vesper oder der Malzkaffeezeit wurde wieder über alles gesprochen, nicht nur über die Kinder, Enkelkinder, Mode, über Essen, Gewohnheiten, Ackerbau, Viehzucht aber auch das bestimmt in nicht allzu ferner Zeit Frieder und Evelyn wohl ein Paar werden und wenn nichts dazwischen kommt sicher auch Frieda und wenn das mit Enke, nicht passiert wäre. würden sie auch bald ein Paar werden. Und Frieda und Evelyn werden wohl bis sich was Passendes findet, wie auch ihr, Siegrid und Jan, da in der Struth bleiben. Siegrid sagte gleich, dass es auch uns da in der Struth so gut gefallen hat, dass wir nicht fort wollten, denn wir hatten keinen Kummer, kannten keine Sorgen, weder was die Produktion, noch den Absatz angelangt und wenn irgendwo etwas fehlte und nicht klappen wollte, Vater Eberhard oder Mutter Didilind hatten immer offene Ohren für uns und einen Ausweg parat. Mutter Tekla und ihre Zofe Inka haben sich bald nach dem Kaffee verabschiedet und gingen noch ein paar Schritte in der guten, gesunden Herbstluft, die hier im Neuhof immer noch herrschte. Bevor dann auch Rainhard und Luzia den Heimweg antraten, haben sie Siegrid und Jan einen kleinen Lederbeutel mit hundert Goldflocken überreicht, dass sie in den nächsten zehn Monaten Mutter Tekla zum ersten immer zehn der Goldflocken, ihre Altersrente, geben und verrechnen können. Luzia gab Jan, dem ältesten der vier Kinder eine Goldflocke, die sie sich teilen können, was der kleine Jan auch tat. Er hatte schon fünfundsiebzig Kupfermünzen beisammen, denn die Goldflocke wurde zurzeit mit einhundert Kupfermünzen gewechselt. Statt die Goldflocke zu Vierteln gab er seinen Geschwistern jedem fünfundzwanzig Kupfermünzen. So zahlte er seinen drei kleinen Geschwistern mit je fünfundzwanzig Kupfermünzen ihren Goldflockenanteil aus und zeigte allen, die es sehen wollten, „das ist meine erste Goldflocke und sie soll auch nicht die einzige oder die letzte in meinem Leben sein und ich will sie so hegen und pflegen, dass sie sich auch bald vermehrt und kleine Goldflocken bekommt, die dann, ähnlich wie im Stall die Muttersau ihre kleinen Ferkel bekommt, dann auch wachsen und gedeihen!“, denn Goldflocken stinken nicht, sie machen einen höchstens, wenn sie ehrlich erworben sind auf breiter Front sehr glücklich.

Am nächsten Sonntag haben wir bald nach dem Mittagessen dem Neuhof einen Besuch abgestattet. Wir wollten Mutter Tekla zeigen, dass wir untereinander doch gar nicht so steif miteinander umgehen, sondern uns schon gegenseitig auch besuchen und allen zeigen, dass wir uns doch im Grunde immer noch mögen, zusammengehören und zeigen, dass wir immer noch für einander da sind und unsere Freuden immer noch miteinander teilen und notfalls auch helfen wollen.

Nach dem Kaffee fragte mich Mutter Tekla völlig überraschend, ob es weit bis zu diesem Moor ist, aus dem ihr meine Tochter Siegrid im allerletzten Moment gerettet habt. Bevor ich ihr antworten wollte, habe ich Siegrid und Jan fragend angeschaut. Beide nickten kurz was ich als ihre Zustimmung auffasste, denn ich wusste, dass Siegrid nie an dieses Moor und den peinlichen Zwischenfall erinnert werden wollte oder es gar noch einmal sehen will den Ort, an dem sie dem Tod schon in die Augen sehen konnte. Zu furchterregend sind die bloßen Erinnerungen an das Erlebnis, als der Gevatter Tod ihr schon gegenüber stand und sie mit seinen knochigen Händen packen wollte. Und so sagte ich Mutter Tekla, wenn wir bald aufbrechen, können wir noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurücksein, was wir auch machten. Mit vereinten Kräften haben wir die Pferde an die Kutsche gespannt, die Reitpferde aufgezäumt. Mutter Tekla nahm mit der Zofe und den drei Enkelkindern in ihr Platz, und Klein Jan spielte zur Freude der Oma den Kutscher. Jan und Siegrid ritten vorne weg, um, wenn der kleine Jan, aus welchen Gründen auch immer mit dem Kutschern nicht zurechtkommt, sie gleich eingreifen können, dass Oma Tekla ja nichts passieren sollte. Didilind und ich spielten die Nachhut. Und so kamen wir auch beim großen Moor an. Keiner von uns hatte im ersten Moment so richtig den Mut ab- oder auch nur auszusteigen und ans Moor zu gehen. Scheinbar hatten alle Angst, was sie da machen sollten, wenn unten am Moor ihnen zahlreiche knochige Hände sich ihnen hilfesuchend entgegenstrecken, geradeso als wollten sie uns, die blanken Hände sagen, so helft uns doch, denn wir wollten doch damals nur neues Leben in die Welt setzen, was ihr Menschen nicht wolltet und uns brutal auf so unmenschliche Art vernichtet habt. Mutter Tekla hat diese Geschichte, wie ihre Tochter Siegrid gerettet wurde schon x Mal gehört. Wohl deshalb hat sie heute nicht wieder danach gefragt, wahrscheinlich wollte sie wohl längst verheilte Wunden nicht wieder aufreißen. Und so war sie wohl auch mit ihren Gedanken sicher an diesem Tag vor vielen Jahren hier am Moor, als ihr Gatte seine Tochter dem blanken Hans anvertraute, der sie für ihr Sosein entsprechend belohnen sollte. Doch zwei mutige Männer haben damals das brutale Vaterwerk gewusst zu verhindern. Nach einer kleinen Pause des Meditierens ließ sie sich von Jan dem Kleinen aus der Kutsche führen und ging mit ihm bis an das Ufer des Moores, starrte lange auf die moorastige Brühe im Moor, ohne auch nur ein einziges Wort zu dem peinlichen Geschehen vor vielen Jahren zu sagen, geradeso, als ob sie etwas im Moor suchen würde. Doch dann hob sie plötzlich ihren Kopf, schrie laut auf, denn ein greller, zischender Blitz schoss aus den dunklen Fluten des finsteren Moors in den blauen Himmel, um da lautlos, ohne Donner am Firmament langsam zu verglühen. Nicht nur Mutter Tekla schaute erschrocken zum Himmel, sondern auch wir alle schauten andächtig hinauf zum Himmel und hörten wie Mutter Tekla sagte: „Du schwarzer Ritter von der Trippelfelz, wenn du damals mehr auf unsere Herzen gehört hättest, wäre vieles nicht passiert, was unser ganzes Leben durcheinandergeworfen und fast ruiniert hast und auch du und unser Sohn Eugen hätten noch leben und auch die Freudenseiten des Lebens genießen können. Aber dein sturer Eigensinn hat nicht nur fast alles kaputt gemacht, sondern auch alles, unser ganzes Leben, verändert! Du aber, da droben im Himmel über uns, du hast alles ohne unser Zutun wieder zum Besten geregelt. Vielleicht hätten wir, auch ohne das sinnlose Sterben, du alleine weißt es, vieles in unserm Leben verändern können! Nicht wir, aber der Himmel weiß es ganz bestimmt, wozu das alles, was da passiert ist, gut war oder passieren musste!“ Unser Jan und auch ich haben zu Teklas Ausführungen nur zustimmend nicken können, denn, wenn auch sehr spät, hat auch sie begriffen, dass wir Menschen nicht in dieser Welt leben, um sinnlos zu töten und die Gaben, die uns unser Allerschöpfer geschenkt hat sinnlos zu missbrauchen, den Menschen gegenüber Menschen sowieso nicht und Tiere nur so viele zu töten, um überleben zu können. Dann haben der große und der kleine Jan Oma Tekla untern Arm gepackt und brachten sie sicher, wenn auch, wahrscheinlich nach dem Erlebten mit wackligen Knien nach diesem Moorerlebnis, besonders mit dem aus der Tiefe nach oben zum Himmelzuckenden Blitz zurück zur Kutsche, denn der feurige, grelle, leicht zischende Blitz, der da fast lautlos nach oben schoss hat sie doch mehr bewegt als sie eigentlich zugeben wollte und halfen ihr wieder beim Einsteigen in die Kutsche. Ob das einige Seelen aus dem Moor, von wem auch immer erlöst zum Himmel in die ewigen Freuden auffahren durften oder sich der Schwarze Ritter auch bemerkbar machen durfte? Nachdem alle auf ihren Pferden saßen, und die Kutschenfahrer in der Kutsche wieder Platz genommen haben, gab der kleine Jan das Zeichen zur Rückfahrt in den Neuhof. Bei der Rückfahrt konnte ich sehen, dass keiner mit dem andern, seinem Nachbar auch nur ein Wort gesprochen hat. Sicher waren alle noch bei den vielen unsichtbaren toten jungen Frauen, die da ungewollt in dem dunklen Moor haben sterben müssen, ohne es zu wollen; nur weil der Herr Papa etwas anderes mit seiner Tochter vor hatte und sicher glaubte mit seiner Tochter das Geschäft seines Lebens machen zu können und sie wie das Getreide vom Speicher einfach meistbietend verkaufen kann, ohne es nötig zu haben oder es mit sich selber hätte tun lassen. Und die Seelen dieser toten, jungen Frauen heute als feurige, tanzende Flammen in dunkler Nacht uns, die Überlebenden auf ihr kühles Sosein immer wieder aufmerksam machen und die mordenden Väter für ihr falsches Handeln immer wieder anklagen, das sie ihre Untaten nie mehr gutmachen können, denn sie haben zwei Morde auf ihrem Gewissen. Und trotzdem scheint es, dass sie uns mit dem aufsteigenden und zischenden Blitz ein Zeichen geben und uns sagen wollten, dass sie, im Gegensatz zu uns Lebenden noch immer da unten sind. Sicher haben die Väter es noch nicht begriffen, dass sie auch gar nichts von ihrem Vermögen mit ins Grab oder hinüber in die andere Welt nehmen können, denn das Leben in der anderen Welt wird nicht nach dem Reichtum und dem Stand in dieser Welt belohnt oder beurteilt sondern nach seinem Leben und den guten Taten, die er hier in dieser Welt getan hat. Wie heißt es doch in der Bibel? Da kann man lesen, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein hartherziger Reicher in das Himmelreich eingehen kann! Im Neuhof haben wir uns alle voneinander verabschiedet, wünschten allen alles Gute und wir setzten unseren Ritt weiter in die Struth fort, denn in den Ställen wartet auch auf uns die Arbeit, denn unsere Kühe sind noch nicht so weit, dass sie sich alleine melken und sich auch alleine das Wasser aus dem Bach zum Saufen in den Stall holen. So sieht es auch bei den Schweinen und den Pferden in den Ställen aus. Überall müssen wir Menschen sie bedienen, um dann an ihren Reichtum zu kommen, zum Beispiel die Milch von den Kühen und Ziegen, die der Rohstoff für die Butter, die verschiedenen Käsearten ist und die Buttermilch selbst, die schon immer ein erfrischendes, nahrhaftes und erlabendes Getränk war und ist und von dem Fleisch und dem Fell nach dem Schlachten der Tiere ganz zu schweigen. Aus diesem Grunde betrachte ich nicht nur unsere Kühe, sondern auch die vielen Milchziegen mit ihren kleinen Zickeln, aber auch die Schweine mit einer großen Hochachtung und würde nie eines dieser Tiere auch nur annähernd zum Scherz oder aus purer Überheblichkeit quälen und mich an ihren Schmerzensschreien ergötzen, denn erstens fühlt es genauso den Schmerz wie ich und zweitens nicht wir sind ihre Nahrung für sie, sondern sie sind es immer noch mit allem Drum und Dran für uns Menschen, bis hin zu ihren Fellen, egal ob groß oder klein, die sich nicht gegenseitig aufessen sollen. Ebenso sind auch die Pferde, wohl die besten Kumpel der Menschen, besonders, wenn ich an Thor denke, der mich aus der alten Heimat bis hierher in die Struth und dann weiter mit meiner Pferdezucht, die mich bisher keine Verluste hat einfahren lassen. Wie oft hat er uns, wenn wir an seinem warmen Rücken in der Nacht schlafen konnten geweckt, wenn Gefahr im Anzug war und uns schon mal gewarnt hat.

Frieders Schwiegervater streikt

Bald nach unserer Rückkehr vom Besuch bei Evelyns Eltern einigten wir uns, dass wir bei unserm gesagten Hochzeitstermin in vier Wochen bleiben. Da müsste es schon einen sehr triftigen Grund geben, um diesen Hochzeitstermin zu verschieben. Dass ihre Mutter zu diesem Termin kommen wird, das waren wir uns alle sicher. Was mit ihrem Vater passiert, das wissen wir noch nicht, das weiß nur er selbst und der Himmel. Evelyn wollten wir auch zu ihrer Hochzeit auf meinen Vorschlag hin überraschen. Am Ende des vorhergehenden Kapitels war schon mal die Rede von einem königlichen Diadem, der ihren schon so schönen Kopf sicher noch viel schöner und vornehmer erstrahlen lassen wird, als er jetzt ohnehin schon ist. Drei Wochen sind schon vergangen und Evelyns Eltern haben bis heute nichts von sich hören lassen, denn sie wissen ja, dass in einer Woche ihre Tochter Evelin und unser Frieder heiraten wollen und sicher zusammen ein neues Geschlecht gründen werden, das ihren Nachkommen möglichst weniger Kummer bereiten möge, als es das Geschlecht der Tiefensen zur Zeit bereiten mag.

So sind wir bald nach unserm sonntäglichen Besuch bei Evelyns Eltern, zu Beginn der neuen Woche, Frieda und ich, heimlich in den Flecken zum Goldschmied gefahren. Ich nahm ganz unauffällig aus dem unseren Schatzversteck ein Möwen Ei großen Glasstein, zwei Hühner Ei große Goldfische und ein Tauben Ei großen Goldfisch zum Bezahlen der Herrichtung des königlichen Diadems mit. Frieda habe ich deswegen eingeweiht und mitgenommen, weil ihr Kopfumfang und der von Evelyn gleich groß sind und der Goldschmied an Friedas Kopf sein Maß nehmen konnte, denn es sollte nicht nur stabil sein, sondern auch auf ihrem Kopf sitzen, das es nicht irgendwie seitwärts beim gehen in eine Richtung wegrutschen konnte. Natürlich hat sie mir vorher hoch und heilig versprochen, dass sie über das Diadem zu allen bei uns in der Struth aber auch zu sonst niemandem, einschließlich ihrem Bruder Frieder kein Sterbenswörtchen sagen wird, wenn ich ihr verspreche, dass sie, wenn sie heiraten wird auch so ein elegantes Diadem, wenn nicht gar noch eleganter, bekommt. Wie sie mir mit einem leichten Schmunzeln sagte, würde auch ihr so etwas prima auf ihrem Kopf und zu ihrem schon so hübschen Gesicht stehen und sie noch interessanter machen. Ich versprach es ihr aber mit der Bemerkung, wenn du mich nicht wieder ärgern wirst, ganz sicher; überhaupt, wenn ich an der Ursache total unschuldig bin. Worauf sie laut lachte und dann fragte, wer denn hier wen ärgert? Ich musste mich laut räuspern als ich sie so reden hörte und sie mich sicher verstanden hat, denn noch vor nicht allzu langer Zeit hat sie mir und uns wenig Anlass zur Freude geschenkt und ich sicher nicht überrascht gewesen wäre, wenn sie uns bei Nacht und Nebel verlassen hätte, wenn sie nur gewusst hätte wohin. Das war die Zeit, als sie glaubte, wir alle wären an ihrem Liebesunglück alleine schuld, denn keiner von uns hat etwas gegen sein Sterben von uns unternommen, nur leider auch sie nicht. Sie sagte mit sehr geknickter Stimme, dass das ein einmaliger und ungeplanter Ausrutscher war und gebe es der Himmel, dass sich so etwas nie wieder wiederholen mag, egal bei wem, Liebe und Tod in kombinierter Form, so wie ich es erlebt habe. Wir waren uns bald einig, dass sie dann zu ihrer Hochzeit sich auch ein Diadem beim Goldschmied aussuchen und machen lassen kann, ganz nach ihrer Wahl und das Material dazu und die Arbeitskosten spendieren wir selbstverständlich auch dir. Nur zuerst muss er, der neue Liebhaber bei uns auftauchen, den der Himmel mir schon für die nächste Zeit mitgeteilt hat, der auch hier bei uns sein Glück versuchen will. Der Goldschmied im Flecken zeigte uns verschiedene mit Goldbronze angestrichen und billigen Glasperlen besetzte blecherne Musterdiademe, von denen wir nach langwierigem Abwägen uns für eines entschieden haben, das gerade nicht mit echtem Material, das billigste war, aber unser beiden Meinung nach Evelyn prima zu Gesicht stehen müsste. Der Goldschmied sagte uns, dass er für dieses Kunststück den Glasstein leicht ‚beschleifen‘ muss, um so mehr wird er dann im Licht glänzen und strahlen, oder den Lichteffekt verstärken. Alle Betrachter können dann sehen, dass es, was da so blitzt, keine billige Glasperle ist, sondern beim ersten Blick gleich erkennen, wie wertvoll er doch sei. Für den Reif werden die zwei großen Goldfische sicher reichen, denn er sollte gegenüber dem Diamanten und Perlen, mit denen er den Reif verzieren will nicht zu schmal ausfallen und für die Arbeit dürfte der kleine Goldfisch gerade so reichen. Er würde dann vorschlagen, dass wir in zwei Wochen wieder vorbeikommen, dann möchte er das schon fast fertige Diadem noch einmal anprobieren und eventuelle Verbesserungen noch vornehmen könne. In vierzehn Tagen waren wir wieder da und alles passte und wir es gleich gut verpackt mitnehmen konnten. Frieda, so glaube ich, hätte das Diadem gleich für sich behalten, so hat sie der strahlende Glasstein durch und durch fasziniert. Zum Glück haben uns die zwei mittleren Wölfinnen in den Flecken begleitet. Warum sie uns heimlich nachgefolgt sind und uns begleitet haben oder nachgelaufen sind, habe ich auf dem Heimweg erfahren. Etwa auf halben Weg, zwischen dem Flecken und der Struth wurden unsere zwei Wölfinnen sehr unruhig und begannen uns, wie mit vorgehaltener Hand zu warnen, als ob da vor uns rechts irgendeine Gefahr auf uns lauern würde. Ganz unauffällig verließen wir den Waldweg und verschwanden nach links im Wald, denn die beiden Wölfinnen schauten bei ihren Warngeräuschen nach rechts in den Wald, als ob von da uns die Gefahr drohe. Hier stiegen wir von den Pferden, um nicht gar zu groß zu sein und warteten die Dinge, die da auf uns zukommen mögen. Es dauerte vielleicht so um die fünf oder sechs Minuten und da kamen vier grimmig dreinschauende und schwer bewaffnete Männer hoch zu Ross aus dem Wald auf den Waldweg, schauten, als ob sie oberhalb oder unterhalb ihres Standortes etwas suchten und da sagte einer von ihnen, scheinbar der Anführer, dass die beiden noch eben hier auf dem Weg waren, die können gar nicht so weit weg sein. „Da wir niemanden nach vorn weg reiten sahen, können sie nur zurückgeritten sein! Ob sie uns etwa entdeckt haben oder etwas geahnt haben?“ Und da schrie er, so laut er konnte, „auf, mir nach, die beiden sollen uns mit dem Diadem nicht entwischen, denn das ist der Raub unseres Lebens!“ Aha, dachte ich, so einer ist der Goldschmied! Bei ihm lass ich ganz bestimmt so schnell nicht wieder etwas machen, dieser Spitzbub, der mit den Ganoven zusammen arbeitet, denn er alleine weiß den Wert des Diadems richtig einzuschätzen! Auf alle Fälle sind wir lautlos parallel zum Waldweg im Wald weiter in Richtung Struth geritten. Von den vier Banditen habe ich weiter nichts mehr gehört und auch nichts mehr gesehen. Dafür habe ich die vier Wölfe heute Nacht in der Diele gelassen und sie ermahnt doch auf ein Auge oder Nasenloch und ein Ohr wieder recht wachsam zu sein, denn man weiß ja nicht in wie weit sie, für uns unerkannt, unsern Heimweg beobachtet haben und heute Nacht vorbeikommen, um dann bei Nacht und Nebel glauben uns auszurauben; sicher ist sicher. Armer Goldschmied, bei meinem nächsten Besuch werde ich dich mir aber ganz bestimmt vorknüpfen ob das deine feine Art von Kundendienst ist, die Gangster einem auf den Hals zu hetzen, wenn man schon mal seinen großen Lohn kassiert hat und einen kostbaren Gegenstand mit sich führt, den du dir von uns hast teuer bezahlen lassen. Wenn das stimmt, wie schon gesagt, bekommst du von uns keinen Auftrag mehr und schlecht bist du mit uns bis jetzt nicht gefahren, denn du wurdest bisher immer reichlich entlohnt und musstest deinem Lohn nie nachlaufen. Als ich dabei war das kostbare Stück in meiner schweren Eichentruhe zu verstauen, stand Didilind hinter mir und die große Überraschung am Hochzeitssonntag, zumindest was sie betrifft, war schon mal hinüber. Auch sie verriet mir ihre Überraschung, natürlich auch unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass sie mit Evelyn im Flecken schon ein exzellentes Brautkleid vorbestellt haben, dass außer ihr, der Braut, ich, die Didilind und Frieda niemand vor der Hochzeit sehen soll. „Toll, dass Frieda von dem Brautkleid schon gewusst und auch mir gegenüber geschwiegen hat, auch mit dem Diadem“, was ich ihr, Frieda, ganz bestimmt nicht übel nahm, sondern ihre Verschwiegenheit sehr hoch angerechnet habe. Dann erzählte ich Didilind die Begebenheit mit den vier Banditen im Wald, die vermutlich uns da auflauerten; wir aber durch die zwei Wölfe, die zwei mittleren, die aus welchen Gründen auch immer uns nachgelaufen sind, uns vor diesem räuberischen Gesindel gewarnt haben und sie uns nicht auflauern konnten, denn wir sind ihnen aus dem Weg gegangen. Hoffentlich kommen sie heute Nacht nicht! Die Wölfe lassen wir heute Nacht wieder in der Diele, die spüren oder hören dann schon, wenn sich draußen etwas Verdächtiges dem Haus nähert oder einen Einlass in das Haus sucht. Frieder und Frieda werde ich vorsichtshalber schon mal warnen, dass sie heute Nacht den Pfeil und Bogen griffbereit als ihren Bettpartner akzeptieren. Im Anschluss daran konnte ich Didilind auch meine neue und nicht zu kleingeratenen Sammlung an Möwen Eier großen Goldfischen zeigen und auch ihr sagen, wo ich sie und wann ich sie, das heißt die Wölfe sie gefunden und aus dem Wasser herausgeholt haben. Und ich sagte ihr, dass da in diesem Bächlein bestimmt noch mehr liegen werden, denn die Wölfe haben ja bis jetzt nur ein kleines Stückchen dieses Baches abgesucht. Das restliche Stück, den größten Teil des Baches können wir bei Gelegenheit wenn wir hier wieder vorbeikommen, dann auch noch von den Wölfen absuchen und die Goldfische herausholen lassen, die sicher auch noch hier in die Truhe passen werden. Auch sagte ich ihr, dass Enke, aber auch Mutter Erna mir beide unabhängig bestätigt haben, dass der Bach keinem gehört, dass da manchmal der eine oder der andere Wanderer sich einen Fisch herausholte, am offenen Feuer ihn gegrillt und gegessen hat. Auch erzählte ich ihr, dass meine innere Stimme mich hat wissen lassen, dass bald ein junger Mann bei uns vorbeikommt, der dann auch ungewollt länger bei uns bleiben wird, um hier bei uns alles zu lernen, was ein heutiger Junker so alles können sollte, auch und vor allem das Menschsein. Er und Frieda werden ein Paar und werden aller Wahrscheinlichkeit die Stutzer Feste übernehmen, die wir vorher noch ersteigern werden; den Versteigerungstermin werde ich vorher vom Tierhändler erfahren, das Gold zum Ersteigern und zum Instandsetzen der Feste will mich der Himmel im Bach, sicher durch unsere Wölfe wieder finden lassen. Didilind war der Meinung, dass ich die, da im Bach gefundenen Goldfische erstmals hier in der Eichentruhe ganz unauffällig belassen solle, denn dann sind sie erstens nicht so weit, wenn man auf die Schnelle und möglichst unauffällig einen braucht und zweitens auch sie hat so das Gefühl, dass die Stutzer Feste bald unter den Hammer kommt und sagte dann scherzhaft weiter und der Kavalier auch bald vorbei kommen mag und Frieda das werden mag, was sie mit Enke nicht werden konnte, ein Paar fürs Leben!

Die Tage vergingen und es kam der Freitag vor dem Hochzeitssonntag. Am frühen Nachmittag haben die Wölfe kurz und abgedämpft angeschlagen, gerade so, als wollten sie uns vor jemandem wieder warnen oder den Fremden ankündigen. Frieder und ich eilten bewaffnet mit unsern Bögen hinaus auf die Terrasse und konnten sehen, wie Evelyns Mutter von einem Einmannschlitten stieg und die Wölfe genau ihr weiteres Tun beobachteten, als wüssten sie noch nicht genau, was die vier machen sollen. Ich rief die Wölfe zu mir hoch auf die Terrasse, lobte und streichelte sie ob ihrer Wachsamkeit und Frieder eilte hinab zu ihr, begrüßte seine Schwiegermutter in Spe sehr herzlich und zuckte danach die Schultern als er von ihr hörte, dass er, Evelyns Vater, für nichts in der Welt zu bewegen war in die Struth mit zu fahren. Er wolle immer noch wissen, was du und möglichst bald in die Ehe mitbringst. „Unter zwanzig Tausend Goldflocken braucht er nicht bei ihm vorbeizukommen“, hat er immer wieder gesagt. Wen er mit dem gemeint hat, ob Frieder oder Eberhard oder gar einen anderen Bräutigam, hat er nicht gesagt. Auch auf der Terrasse hat sie mir das Gleiche erzählt und ich sagte ihr, dass wir alles versuchen werden, aber ihren Vater, den können wir Evelyn bestimmt nicht ersetzen. Und ich sagte zu Heidi, Evelyns Mutter, ob er sich etwa fürchtet, dass er seine Voreingenommenheit gegenüber der Struth hier fürchtet sie zu revidieren und auch einsehen muss, dass seine Tochter hier bestimmt in keine fragwürdige Gesellschaft geraten ist oder schlechte Partie machen wird. Nur so viel möchte ich dir heute schon sagen: „Lass dich überraschen!“ Mehr habe ich ihr vorerst nicht gesagt. Mutter Heidi war sicher schon mehr als gespannt, was sich da morgen in der Struth abspielen wird, als wir es uns denken mochten.

Am Samstag, als wir alle noch im Kuhstall waren ist Didilind mit Evelyn, ohne sich von jemandem zu verabschieden, mit unserm Schlitten und einen nicht zu knapp gefüllten Lederbeutel in ihrer Wamstasche in den Flecken gefahren, schnurstracks zum Schneider, wo Evelyn noch einmal das, nein ihr Hochzeitskleid anprobierte und vor dem Spiegel aus dem Staunen gar nicht mehr herauskam und es überhaupt nicht mehr ausziehen wollte und immer wieder sagte, wie doch Kleider den Menschen verändern können. „Wenn das doch auch mein Vater sehen könnte, was für eine hübsche Tochter er schon so habe und um wie viel hübscher doch seine Tochter darin, in diesem Hochzeitskleid aussieht, überhaupt dann, wenn auch du da hergekommen wärst?“ Da sie aber im Hochzeitskleid nicht heimfahren konnte, denn dann wäre es für morgen bestimmt keine Überraschung mehr, hat sie sich mit schweren Herzen und Didilinds Hilfe wieder umgezogen und Didilind bezahlte danach dem Schneider seine neun Goldflocken, denn der golddurchwirkte Stoff war bestimmt nicht billig und Didilind dachte sofort wie prima doch das Diadem nicht nur zu ihr, sondern auch zum Hochzeitskleid und ihrem ganzen äußeren Erscheinungsbild passen wird. Nur vom Diadem, da wusste sie ganz bestimmt noch nichts, denn Didilind war sich sicher, dass Frieda zu niemandem etwas vom Diadem gesagt hat, weder zu Evelyn noch zu ihrem Bruder Frieder, zu ihrem, Evelyns Bräutigam. Die beiden Frauen kamen wieder heil in die Struth und gelangten, ohne irgendwelche Überraschungen unterwegs erlebt zu haben, ganz heimlich und unerkannt in Didilinds Umkleidezimmer, wo das Hochzeitskleid in ihrem Schrank versteckt wurde. Beide Frauen waren sich sicher, dass hier in Didilinds Zimmer bestimmt niemand suchen werde, während in ihrem Zimmer, da war sie sich doch nicht ganz sicher, zumindest was ihre Mutter betrifft. Sie ist nun mal halt auch eine Frau mit allen Vorzügen und Nachteilen. Im Gästezimmer, das direkt neben Evelyns Zimmer liegt schläft ihre Mutter Heidi und wie weit Mutters Neugier schon geht, das weiß Evelyn nicht. Der Samstag geht langsam zu Ende und die Jugend hat in der Scheune auf der Tenne alles für den Festgottesdienst morgen schon mal vorbereitet. Von Evelyns Vater ist noch keine Spur vorhanden. Der Sonntag kam und wir haben in einem Sonder- oder Miniprogramm heute die Ställe versorgt. Didilind und Frieda haben sich und auch Evelyn für ihren großen Tag zurecht gemacht. Vor Aufregung hat keiner heute so richtig frühstücken wollen. Alle waren auf die beiden Brautleute gespannt. Jeder hatte so seine eigenen Vorstellungen wie Braut und Bräutigam aussehen werden. Wie das wusste keiner genau, aber dass sie anders ausschauen werden als all die anderen Brautleute, das waren sie sich schon sicher und ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Während Didilind und Frieda sich um die Braut kümmerten, kümmerte sich Heidi um den Bräutigam, bei dem es sicher nicht so viel zum Anziehen und zum Zurechtrücken gab wie bei der Braut. Nachdem auch ich nicht nur mich gewaschen und fesch gemacht habe, sagte mir meine innere Stimme, da es draußen kalt ist, zieh unter deinen Stoffwams deinen neuen Lederpanzer, der hält dich schon ein bisschen wärmer, denn du, Eberhard, bist wahrlich nicht mehr der Jüngste der Kempen und die Struther Feste braucht dich noch für das, was noch auf euch zukommen mag. Danach holten Frieda und ich das kostbare und superelegante Diadem aus meiner schweren Eichentruhe und wartete vor dem Ankleidezimmer, das Diadem noch verpackt auf die feierlich angezogene Braut. Frieda wünschte sich, was sicher von ihrem Herzen kam, dass sie Evelyn das Diadem ganz vorsichtig aufsetzen kann und darf, denn wenn dieses schreckliche Ereignis mit Enke nicht passiert wäre, sie wahrscheinlich heute als zweite Braut neben Evelyn stehen würde oder umgekehrt. Frieder war natürlich viel eher für die Hochzeit fertig angezogen als Evelyn, denn bei ihm gab es überhaupt nicht so viel anzuziehen wie bei ihr. Und nur deshalb musste er unten in der Diele warten bis sie fix und fertig angezogen oben an der Brüstung erschien und ihm ein lautes AAAAAAA aus seinem Munde entfuhr, als er sie, seine Braut oben an der Brüstung sah und meinte, dass die Schneekönigin auch nicht schöner und eleganter aussehen kann! Dann durfte Frieda das bis dahin geheimnisvoll gehütete Geheimnis lüften und das Diadem Evelyn vorsichtig auf das Haupt setzen, was bei allen Anwesenden hier oben ein erstauntes langes OOO hervor rief, denn Evelyn war unter dieser Aufmachung nicht wieder zu erkennen und was da die Treppe, geführt von den beiden Müttern herabkam, war kein Mensch, der auch im Kuh- und Schweinestall schaffen kann, sondern wie ein himmlisches Wesen, das über allen irdischen Dingen steht. Die Engel, dachte er, Frieder, die können im Himmel auch nicht schöner aussehen! Als die Mütter die Braut dem Bräutigam übergaben, wagte Frieder nicht sie an sich zu drücken, was er gerne getan hätte, denn er hatte wahrlich Angst, er könnte etwas bei ihr oder um sie herum verrücken oder gar zerbrechen, verrutschen oder zerdrücken oder aus der Form bringen. Vorsichtig nahm er sie unter seinen Arm und führte sie auf die Terrasse an die breite Treppe. Hier blieb er kurz zur Freude aller Anwesenden stehen und winkte zustimmend der wartenden Menge zu. Dann schweiften seine Augen durch das weite Rund und musste feststellen, dass Evelyns Vater nicht im weiten Rund zu finden ist, was ihn, für alle sichtbar sehr traurig stimmte oder machte. Doch da kamen zwei Schlitten angefahren, in dem einen saßen die Neuhofer und im andern die Trippelfelzer, die im Neuhof übernachtet haben und jetzt zur großen Feierlichkeit gekommen sind. Mutter Erna, die heute auch getauft werden soll, erschien bald in ihrem Festtagskleid, an dem auch wie zu ihrer Trauung das kostbare und heute frischpolierte Familienstück baumelte, das schon ihre Ururgroßmutter bei ihrer Heirat getragen hat. Nachdem alle unsere Hausbewohner in ihrem Festtagsgewand da standen, blies ich, Eberhard, wie mit dem Gottesmann vereinbart auf der frischpolierten Lure das Signal, dass das Brautpaar abgeholt werden kann, was er auch tat. Feierlich, in einer kleinen Prozession, vorne weg der Gottesmann, danach die Brautleute. An der Seite des Bräutigams ging Mutter Heidi, an der Seite der Braut ging Didilind und nach dem Brautpaar gingen ich und Frieda. An Stelle von Frieda sollte eigentlich der Brautvater gehen, der es jedoch vorgezogen hat, durch seine Abwesenheit hier zu glänzen, zogen wir in die Scheune und auf die Tenne, wo der Gottesmann seines Amtes walten sollte. Nach dem er alle da Anwesenden und Festtagsgottesdienstteilnehmer, aber ganz besonders die zwei Taufkandidatinnen und das Brautpaar begrüßt hatte, begann er den Gottesdienst mit dem Kreuzzeichen und dann las er erstmals den Abschnitt aus der Bibel, der die Hochzeit von Kanaan erzählt vor, erläuterte ihn dann und abschließend sagte er dazu, dass hier heute sicher so eine Pleite wie seinerseits in Kanaan mit dem ausgehenden Wein nicht passieren wird, denn dazu kenne er die Struther Mandeln schon zu gut, die in der Hinterhand immer noch einen kleinen nicht eingeplanten Vorrat oder Zusatz haben, der das entstandene Loch schnell wieder stopft. Dass es heute zu Feier des Tages keinen Wein, sondern nur selbst von der Braut gebrautes Weizenbier gibt, das übrigens überraschend gut schmeckt, das wusste der Gottesmann noch nicht, das er aber auch bald zum Mittagessen kosten sollte, denn das Weizenbier sollte für alle Geladenen mehr oder weniger eine neue und weitere Überraschung sein, die, die kleine Struther Feste immer wieder zu Tage fördert, wenn etwas Besonderes ansteht. Dann bat er die beiden Taufkanditatinnen zu sich und fragte sie was sie heute wollen und hier erwarten? Und beide sagten, dass sie heute getauft werden wollen, um wahre Kinder Gottes zu werden. Und weiter fragte er die beiden Bewerberinnen, was ein wahres Kind Gottes wissen sollte und danach auch leben will? Und beide sagten, dass sie das Apostolische Glaubensbekenntnis und die Zehn Gebote nicht nur kennen, sondern auch danach leben und handeln wollen. Danach haben wir gemeinsam das Glaubensbekenntnis und die Zehn Gebote aufgesagt. Jetzt fragte er die beiden Täuflinge noch einmal einzeln, ob sie bereit sind, auch nach dem eben Aufgesagten zu leben; was beide Frauen mit einem lauten Ja bekräftigten. Danach befragte er die beiden Frauen, was ihnen die ersten drei, das fünfte, aber auch das achte und das zehnte Gebot sagt. Auch sagte er ihnen, dass die Gebote nicht nur für den Mann, sondern auch für die Frau und für die Kinder gelten. Über die Antworten der beiden Frauen war unser Gottesmann sehr zufrieden und fragte sie, wer sie auf die heutige Taufe hier vorbereitet hat und beide Frauen sagten, dass es Frieda und Mutter Didilind waren, die alles anhand der großen Bibel, die Eberhard und Didilind besitzen uns alles sehr anschaulich gelehrt haben. Dann fragte er noch einmal was die beiden Frauen heute wollen und warum. Danach bekannten beide Frauen im Exorzismus, dem Bösen in dieser Welt zu entsagen, egal in welcher Form er uns bedrängt. Darauf bat er beide Frauen, dass sie ihre Köpfe frei machen sollen und den heutigen Tag nie in ihrem Leben vergessen mögen, besonders das, was sie bei ihrer Vorbereitung gelernt und heute hier auch vor allen bekannt und aufgesagt haben. Das kostbare Diadem hielt so lange Mutter Heidi in ihren Händen und konnte sich scheinbar nicht an diesem einfach wunderbaren Kopfschmuck satt schauen, denn wann hält man schon mal so ein kostbares Schmuckstück in seinen Händen, das jetzt ihrer Tochter gehören soll, was sie immer noch nicht glauben konnte; und das dunkle Kopftuch von Mutter Erna hielt ich, Eberhard. Frieda bat der Gottesmann, da sie ja beide Frauen auf den heutigen Tag vorbereitet hat, dass sie ihre rechte Hand als Taufpatin dem Täufling auf die Schultern legen möge. Das Taufwasser, das der Gottesmann in kreuzform über ihren Kopf goss und dabei die Worte sprach: „ Ich taufe dich Erna Maria im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“, und goss dabei das Taufwasser in kreuzesform über ihren Kopf. Danach legte er ihr ein schneeweißes Gewand über die rechte Schulter und sagte zu ihr, dass du dieses weiße Kleid, das Kleid deiner Unschuld, das du heute durch die Taufe empfangen hast, so rein und weiß wie es jetzt auf deinen Schultern liegt und es für uns unsichtbar jetzt in dir trägst, wieder vor und zu deinem Schöpfer und deinem Gott bringen magst. Keine Sünde, und möge sie noch klein oder schwer sein, solle die Reinheit deiner Seele je beschmutzen. Und damit alles Böse von dir abrutschen möge, salbe ich dich mit dem heiligen Öl, dem Chrisam. Dann taufte er auch Evelyn Maria auf die gleiche Art wie auch eben Mutter Erna. Er legte auch ihr das weiße Kleid auf ihre Schulter und sagte auch zu ihr, dass auch sie das weiße Kleid, so rein wie du es jetzt in der Taufe empfangen hast, einst zu deinem Schöpfer bringen möchtest und so weiter. Das Taufwasser, das der Gottesmann über ihre Köpfe goss, hat heute Frieda wieder in einer Tonschüssel aufgefangen, um, wie sie später sagte, Evelyns und Frieders Kinder mit dem gleichen Wasser, mit dem ihre Mutter getauft wurde auch zu taufen. Und das Taufwasser von Mutter Erna sollte einmal auch ihr weiterhelfen, wenn auch nicht zur Taufe ihrer verstorbenen Tochter Wenke. Nach der Taufe hat der Gottesmann einige Gebete in der Sprache der Römer gesprochen, von denen wir nicht allzu viel verstanden haben in der wiederholt die Namen von Erna, Evelyn und Frieder fielen. Nach diesen Gebeten hat er aus dem Alten Testament den Abschnitt vorgelesen in dem Gottvater den Adam und die Eva erschaffen hat und ihnen den Auftrag erteilt, dass sie wachsen und sich mehren und die Erde sich untertan machen sollen. In der nachfolgenden Erklärung sagte er, dass Gott die Menschen nicht als Mann und Mann oder als Frau und Frau erschaffen hat. Sicher hat er sich bei der Erschaffung der Menschen etwas gedacht, als er sie als Mann und Frau erschaffen hat und sie, die beiden Menschen, Adam und Eva eins werden sollen, um sich zu vermehren. Und wir Menschen ihm dankbar sein sollten, dass er etwas von seiner Macht in uns Menschen gelegt hat, das Leben weiter zu geben in unsern Kindern. Dann nahm er ihnen das Eheversprechen, in Freud‘ und Leid’ immer zu einander zu stehen, sich gegenseitig zu Lieben und zu Ehren, einander nicht weh zu tun, bis dass der Tod sie scheidet; ihre Kinder die Gott ihnen schenkt, sie aus seiner Hand anzunehmen und zu christlichen Menschen zu erziehen und auch nach dem Motto leben, dass der Mensch edel sei, hilfreich und gut und das nicht nur zu sich selbst, sondern zu allen seinen Mitmenschen. Und was Gott heute und hier verbunden hat, das soll kein Mensch nie und nimmer wieder trennen, denn es prüfe was sich ewig bindet ob sich auch das Herz zum andern Herzen findet; alles Andere kommt von alleine. Als der Gottesmann diese Worte sprach, habe ich Heidi, Evelyns Mutter, fest angeschaut, als wollte ich sie fragen, wie Evelyns Vater wohl zu dem eben gesagten stehen mag. „Und ihr alle, die ihr hier dabei seid, ihr seid meine Zeugen!“ Dann hat er das Abendmahl, die Wandlung von Brot und Wein in Jesu Fleisch und Blut vollzogen. Nachdem wir gemeinsam das Gebet des Herrn aufgesagt haben, empfing als erstes das Brautpaar und dann Mutter Erna das Abendmahl unter zweierlei Gestalten. Ich habe immer wieder auf Mutter Heidi ganz unauffällig versucht zu schauen und musste feststellen, dass sie schon bei der Taufe von Evelyn anfing zu weinen, was sie bis jetzt noch tat und sicher immer wieder denken musste, wenn sie ihre Tochter da vorne stehen sah, dass die Göttinnen der Asen oder ihre Töchter in der Walhalla bestimmt nicht schöner aussehen können als sie, ihre Tochter Evelyn, was sie sicher hier in der Struth auch geworden ist! Sicher dachte sie auch, dass es ein großes Glück ist, dass sie keine Flügel hat, denn sonst wäre sie bestimmt zu ihrem Vater geflogen und hätte ihn sicher hier her geholt, damit auch er sehen kann, wie gut es doch seine Tochter mit der Heirat getroffen hat. Und sicher hat sie immer wieder denken müssen, warum ihr Vater Jochen nur nicht mitkam; er hätte doch sicher auch sich nur freuen können über seine gut geratene und allseits hier beliebte hübsche Tochter und die Menschen es hier ganz und gar nicht auf ihr Vermögen abgesehen haben, dass die Feste Spitzensen sie sicherlich überhaupt nicht reizt die uns wahrscheinlich gar nicht mehr gehört! Nachdem auch wir alle das Abendmahl empfangen haben, hat der Gottesmann wieder einige Gebete in der Sprache der Römer gesprochen, die scheinbar mehr und mehr die Sprache der Kirche zu sein scheint und erteilte uns allen den Segen Gottes für die nächsten Tage. Am Schluss des Gottesdienstes haben wir versucht das neue Tedeum zu singen, das auch langsam in unsern Breiten in der gotischen Sprache mehr und mehr bekannt wird, was nicht nur einen wundervollen Text, sondern auch eine wunder- und stimmungsvolle Melodie hat was aber bei uns noch sehr spärlich klang, da es noch weitgehend hier bei uns unbekannt ist. Danach hat der Gottesmann seine Gottesdienstutensilien eingepackt, wir bedankten uns vorerst bei ihm und baten alle hinaus, denn die Jugendlichen wollten die Tenne in einen Essraum umwandeln. Da es draußen sehr frisch war, hat Didilind ihren fast weißen Seehundfell Parker geholt und ihn Evelyn um gestülpt, was ihr bestimmt sicher auch gut zu Gesicht stand und es noch vornehmer erscheinen ließ.

Was das Mittagessen anbelangt, da mussten wir uns um nichts kümmern, der Wirt aus dem Flecken hat seine Bedienung mit zu uns in die Struth gebracht und nachdem wir alle in der Scheune wieder verschwunden sind und gemeinsam das Tischgebet gesprochen haben, begann die Bedienung das Essen zu servieren. Als erstes gab es eine kräftige sehr warme Nudelsuppe mit selbstgemachten Eiernudeln, die nicht nur dem Wetter angepasst sehr warm, sondern wieder mit sehr vielen, bei uns noch nicht üblichen Kräutern und Gewürzen gut abgeschmeckt war. Sicher hat der Wirt da wieder einige uns noch unbekannte, neue Gewürze verwendet, die er durch seine Beziehungen zu den Römern wieder da bei ihnen aufgetrieben hat und sie sich von uns auch dem entsprechend gut bezahlen ließ. Als zweiten Gang gab es Schweine- und Rinderbraten mit Sahnesoße, Spätzle oder dicken Nudeln und ein deftiges Sauerkraut und zu aller Überraschung ein frischgebrautes Weizenbier, das Evelyn noch vor ihrer Hochzeit angesetzt hat und nicht nur uns, sondern zum Leidwesen aller auch den jungen Leuten schmeckte und bei ihnen sich bald da und dort auch die ersten Spuren zu wirken begannen. Nach dem dritten Glas konnte man schon da und dort merken, dass das Weizenbier auch so seine Prozente hatte, die da und dort bereits zu wirken begann und die Zunge immer lockerer wurde. Zur Tischordnung möchte ich noch sagen, dass der Gottesmann zwischen den Brautleuten saß, an der linken Seite des Bräutigams saß Evelyns Mutter Heidi und an der rechten Seite der Braut saß Didilind. Den Brautleuten gegenüber saßen wir, Frieda und ich. Als wir dabei waren, den zweiten Gang zu verspeisen, wurde plötzlich das Türchen im Scheunentor aufgerissen und herein stürmte oder mehr torkelte laut Grölend oder polternd ein Mann, der scheinbar nicht mehr der Jüngste und der Nüchternste war, der sich sicher für diesen Auftritt reichlich Mut angetrunken hat. Mutter Heidi, die mit ihrer Tochter am Tisch gegenüber dem Türchen saßen und das Türchen im Scheunentor voll im Blick hatte, erkannte sofort das Übel, aber auch die Gefahr, die da scheint aufzuziehen oder die da hereinstürmte. Es war Evelyns Vater oder Heidis Mann Jochen, der auch schon schrie, nein regelrecht grölte, wo denn seine missratene Tochter Evelyn ist, die sofort mit ihm zurück in die Spitzensen Feste kommt, um ihr die Manieren, die eine Tochter ihrem Vater entgegenzubringen hat wieder beibringt. Geistesgegenwärtig sprang ich auf und stellte mich zur Tür gewandt vor Evelyn auf und rief, wenn du sie haben willst, dann musst du sie dir schon selber holen. Da hob er auch seinen gespannten Bogen und schoss auf mich. Scheinbar war nicht allzu viel Druck dahinter, denn der Pfeil traf wohl meine Brust, durchbohrte meine Stoffbluse, blieb aber in meinem neuen dicken Lederpanzer stecken, ohne mich wirklich schmerzhaft zu verletzen. Einen zweiten Schuss konnte er nicht mehr in meine Richtung abschießen, denn unser Sohn Eberhard, der diesen Eindringling oder Störenfried nicht kannte, hat ihn mit einem gekonnten Faustschlag, den er zur Genüge bei uns in den Wintermonaten an den Heubündeln geübt hat, in das Reich der Träume verabschiedet und ihm alle Waffen, mit denen er vielleicht noch ein Unheil anrichten könnte abgenommen. Was unser kleiner Eberhard noch weiter mit ihm vorhatte, das habe ich erst am nächsten Tag erfahren, dass er ihn hinaus in den Schnee bringen wollte wo er in der kalten Kälte über sein so sein und das Warum noch ein bisschen nachdenken konnte, bevor ihn die Wölfe wieder laufen ließen, aber sicher nicht mehr in die Scheune zu uns; das ganz bestimmt mit ihren scharfen und starken Zähnen gewusst hätten es zu verhindern. So aber haben wir ihn nach vorn an unsern Tisch gebracht und setzten ihn mir gegenüber neben seine Frau Heidi. Sein rechter Nachbar war Rainhard, der vielleicht durch seine Herkunft schon beruhigend auf Jochen wirken konnte, denn der Name von Odens hat ihm nicht viel gesagt, der war in ihren Breiten noch nicht so bekannt, der hatte hier noch keine blutige Vergangenheit mit der man sich rühmen konnte wie es sicher Evelyns Vater auch dachte und danach handelte. Aber auch hier vorn am Tisch gab er keine Ruhe und glaubte je auffälliger er aus der Rolle falle, umso respektvoller müsse er von den andern behandelt werden, was aber nur das Gegenteil bewirkte. Er benahm sich so daneben, was Evelyn immer peinlicher wurde, dass Rainhard ihn mit aller Einverständnis hinaus in die leere, stabil gebaute Wagenremise sperrte, in der er poltern und schreien konnte so viel er wollte. Hier in der Scheune auf der Tenne hat niemand etwas davon gehört oder mitbekommen. Mutter Heidi und Evelyn war das Erlebte mit ihrem Vater mehr als peinlich und beiden ist der Appetit auf das weitere Festtagsmenü, das sie, Evelyn, ja mit Didilind zusammengestellt hat, restlos vergangen. Auch meine Gedanken waren nun geteilt; die eine Hälfte war hier beim Hochzeitsmahl, das wir uns auch etwas kosten ließen, die zweite Hälfte war bei Evelyns Vater, und ich ihn am liebsten vor das Thinggericht bringen möchte, das ihn wieder zu Vernunft bringen sollte, denn sein Benehmen hier in der Struth war keinesfalls junkerhaft sondern mehr als gassenhaft. Auf jeden Fall war die Festtagsstimmung trotz des guten Nachtischs und des guten Abendessen dahin. Den beiden Spitzensenmädchen, Mutter Heidi und Tochter Evelyn war der schönste Tag in ihrem Leben völlig entweiht, was Evelyns Vater sicher gelungen sein mag, den schönsten Tag ihres Lebens so zu vergraulen, zu vergiften. Mit Rainhard habe ich in der Kaffeepause darüber gesprochen, dass ich am liebsten ihn vor das Thinggericht bringen möchte wegen seines heutigen Verhaltens, sein Pfeilschuss auf mich, den er sicherlich nicht in Notwehr abgeschossen hat und dass er von mir für seine Tochter zwanzigtausend Goldflocken haben will, die er uns wie seine Leibeigene uns verkaufen wollte und immer noch will. Vielleicht können sie ihn wieder zu Vernunft bringen, bevor er über seinen Hochmut stolpert, ins Gras beißt, falls er wieder uns angreifen sollte und nicht mehr hochkommt. Nur es wäre sehr schade, wenn er dabei auch noch andere dabei zu Schaden bringen kann, was nicht unbedingt hier bei uns in der friedlichen Struth sein muss. Über Nacht habe ich ihn in der Remise gelassen und am Montag bald dem Flecken einen Besuch abgestattet und für Dienstag das Thinggericht einberufen. Heidi war es anfangs gar nicht Recht dass ich ihn vor das Thinggericht bringen will, sie aber auch nicht sagen konnte, wie wir ihn anders wieder zu Vernunft bringen können. Am Dienstag früh habe ich ihn, bisschen unsanft, in unsern Schlitten gesetzt. Ich habe mich neben ihn gesetzt und unser kleiner Eberhard spielte den Kutscher und ab ging es in den Flecken. Bald nach uns kamen auch die ehrwürdigen Thingherren, denen ich die ganze Geschichte, angefangen wie er und seine Frau ihre Tochter zu uns brachten, um hier alles zu lernen, was eine zünftige Hausfrau auch können sollte, um eine Wirtschaft und den Haushalt in Ehren und nach den neuesten Erkenntnissen zu führen. Wie er glaubte seine Tochter Evelyn an einen wohlhabenden Edlen von Harz verkuppeln zu könnte, vor dem wir ihn aber warnten, dass er dabei sicher den Kürzeren ziehen werde und seine Tochter Evelyn an Vaters Vorschlag, sie da zu verkuppeln kein Interesse zeigte. Im letzten Moment merkte er, dass er hier mit dem Ehevertrag über den Tisch von ihm gezogen werde und jagte den Heiratsschwindler aus dem Haus. Doch einige Wochen später beschlossen die beiden jungen Leute, seine Tochter Evelyn und unser Sohn Frieder, dass sie heiraten und ein Paar bilden und eine neue Familie gründen wollen. Unsern Segen hatten die beiden jungen Leute. Und so fuhren wir am vergangenen Sonntag vor vier Wochen zu ihr nach Hause, um auch ihre Eltern von ihrem Vorhaben, dem Vorhaben der beiden jungen Leute in Kenntnis zu setzen. Ihre Mutter hat auch zu diesem Vorhaben bald ihren Segen gegeben, doch ihr Vater, der hier sitzt, der wollte seine Tochter nur für viele Goldflocken, wie ein Stück Ware oder ein Stück Vieh an unsern Sohn verkaufen, gerade so wie eine Kuh aus seinem Stall. Insgesamt verlangt er für seine Zustimmung zwanzig Tausend Goldflocken, die wir ihm möglichst noch vor der Heirat oder seinem Ja zu dieser Hochzeit übergeben, denn wie er sagte, verliere er etwas sehr wertvolles durch die Heirat seiner Tochter. Wir verlieren dagegen nichts, sondern gewinnen viel. Mit diesem Freikauf seiner Tochter ist er bei mir aber an die falsche Adresse gekommen, denn ich handle nicht mit oder um ein Menschenleben, um den Preis eines Menschen wie beim Kauf einer Kuh, Ochsen oder einen Sack Getreide vom Schüttboden. Im Gegenteil, wenn ich irgendwo den einen oder den anderen Leibeigenen sehe, dann versuche ich ihn so schnell wie möglich von seinem Herrn freizukaufen, was schon passiert ist. Einer dieser Freigekauften hat dann bei uns in der Struth eine Mitarbeitertochter als seine Frau geheiratet. Die beiden sind heute die ersten und die besten Mitarbeiter bei seinem ehemaligen Herrn, dem Edlen von Trippelfelz, der zweite ist der erste Mitarbeiter bei meinem Sohn Jan I. und seiner Frau Sieglinde von Trippelfelz im Neuhof, der dritte freigekaufte ist mit dem Getreidehändler gezogen, der gerade einen starken Mitarbeiter gesucht hat. Am vergangenen Freitag ist seine Frau alleine, ohne diesen Versager zur Hochzeit ihrer Tochter zu uns in die Struth gekommen, die am Sonntag bei uns in der Scheune auf der Tenne stattfand, ohne ihn. Dann beim Mittagessen, riss er das Türchen am Scheunentor in die Tenne plötzlich auf, torkelte laut brüllend und betrunken, recht unjunkernhaft in den Tennenraum und verlangte nach seiner Tochter, die sofort zu ihm zu kommen hat und er ihr wieder die Manieren, wie sich eine Tochter ihrem Vater gegenüber zu benehmen hat, beibringen werde. Ich, der seiner Tochter gegenüber gesessen habe, stand sofort auf und mein erster Gedanke war, wenn dieser Unmensch auf sie schießen sollte, er zuerst mich töten oder zumindest treffen müsste, wenn er bewaffnet sein sollte. Und so rief ich ihm zu, „wenn du deine Tochter haben willst, so musst du sie dir schon selber hier bei uns……“ Weiter kam ich nicht, denn ihm gelang es noch einen Pfeil auf mich zu schießen, diesen Pfeil hier, den ich euch verehrte Thingherren hier und jetzt zeige, der dann in meinem Lederwams, den ich ihnen hier zeige, in diesem Einschussloch stecken blieb und keinen weiteren und größeren Schaden anrichten konnte, als nur einen Piekser in der Hut! Einer meiner jüngeren Söhne hat ihn dann mit einem gekonnten Faustschlag außer weiteres Gefecht gesetzt, ihn entwaffnet und dann, als er wieder munter war, ihn an den Esstisch zu seinen Leuten gebracht, wo er glaubte jedem hier zu zeigen was er doch für eine miese, betrunkene und miserable Krötengestalt ist, die sich keineswegs beruhigen ließ und seinem Stand keine Ehre erwies. Unser Schwiegersohn, Rainhard von Trippelfelz, hat ihn immer wieder versucht und erinnert, dass er doch, wie es sich für ihn, einem Edlen gehört, doch ein kleines bisschen Haltung zu wahren und stolz zu sein, dass seine Tochter hier sein darf, wo die Welt noch in Ordnung ist. Aber nichts half; er spielte immer wieder den bekloppten und rechthaberischen und den völlig aus der Rolle gefallenen Möchtegern, dem wahrscheinlich, ohne dass wir es wussten schon das Wasser bis unter der Nase stand, was er bis jetzt gekonnt vor allen geheim halten konnte. Unser Rainhard, der neben ihm saß, schnappte ihn schließlich an seinem Schlawickel und bugsierte ihn hinaus ins Freie. Hier versuchte er sich zwecklos zu wehren und landete schließlich in der massiven Wagenremise. Hier konnte er schreien und poltern so viel er wollte, ohne weiteren Schaden anzurichten und letzten Endes seinen Rausch ausschlafen. Wir in der Tenne haben nichts von alle dem, seinem Theater mitbekommen. Nur seiner Tochter Evelyn hat er ihren schönsten Tag ihres Lebens total vermießt. Und nun bin ich bei ihnen, dass sie versuchen ihm klar zu machen, dass seine Tochter auch ein freies Wesen, ein freier Mensch ist wie auch er einer glaubt zu sein, die nichts weiter von ihm verlangt, nicht einmal die ihr zustehende Erbschaft, obwohl er wahrscheinlich ohne es zu wissen, ein Sklave seiner Sucht zu sein scheint und wahrscheinlich nichts mehr zu vererben hat. Auch er hatte sich in eine Heirat nach der Wahl seines Vaters nicht zwingen lassen, sondern da in die Feste seiner Frau eingeheiratet hat und glaubte damals, dass es eine reine Liebeshochzeit gewesen ist. Und vielleicht sagt er dem Thinggericht, wie viele Goldflocken er seinem Schwiegervater da hat zahlen müssen, um an seine Tochter zu gelangen und woher er sie denn dann hatte oder wem er sie weggenommen hat, bevor er seine Frau, seine Auserwählte hat heiraten dürfen. Und zu den Thingrichtern sagte ich noch, dass ich euch für das Zuhören danke. Die Thingrichter begutachteten danach meinen Lederwams und ganz besonders die Einschussstelle, die so ziemlich über dem Herzen lag; wiewten ihre Köpfe nachdenklich hin und her, schauten sich an und nickten kurz zustimmend und waren wohl auch der Meinung, dass, wenn da ein kleines Bisschen mehr Druck dahinter gewesen wäre, wäre der Pfeilschuss sicher für den Lederwamstragenden tödlich und der Schütze, der Edle von Tiefensen wäre hier und jetzt als Mörder. Dann nahmen sie den Pfeil, begutachteten ihn von allen Seiten, prüften die Spitze und fragten ihn ob er den Pfeil hier kenne, was er verneinte und es abstritt, ihn je gekannt oder benutzt zu haben. Sicher glaubte er, wenn er den Pfeil nicht kenne, kann er ihn auch nicht abgeschossen haben, was die Thingrichter ihm nicht ganz abnahmen.

Als die Thingrichter das Lederwams anfingen noch einmal näher zu betrachten, verschwand mein Sohn Eberhard, um alsbald wiederzukommen und etwas unter seinem Wams versteckt hatte. Und jetzt, da er, Evelyns Vater es verneinte diesen Pfeil zu kennen, zog mein Sohn Eberhard seinen Köcher unter seinem Wams hervor, in dem ein Pfeil fehlte und ihn fragte, ob dieser Köcher der seine ist, was er auch im ersten Moment verneinte und unser Sohn Eberhard ihn fragte, wie er denn heiße? Da explodierte Jochen wieder und schrie völlig in den Raum hinein, dass er das gerade diesem Grünschnabel nicht sagen werde. Unser Eberhard nahm den Köcher und ging zu den Thingrichtern und zeigte ihnen, dass der zehnte Pfeil im Köcher fehlt und dass auf dem Köcher sein Name steht. Schnell hatte Eberhard den Thingrichtern ihre Frage, wie er zu dem Köcher gekommen sei erklärt, was völlig mit meiner Aussage übereinstimmte und dass er heute, bevor wir fortfuhren, in leiser Vorahnung den Köcher heimlich in den Schlitten gepackt hat und vorhin, als er glaubte, dass wir den Köcher, den ich ihm gestern nach meinem Koschlag abgenommen habe, dass er keine weiteren Dummheiten mit ihm machen kann, wir ihn hier bald als Zeugnis brauchen werden, da sei er heimlich hinaus gegangen, habe den Köcher aus dem Schlitten genommen, unter seinen Wams gesteckt und nun liegt er bei euch am Tisch. Die Thingrichter haben sehr schnell festgestellt, dass alle Pfeile wahrscheinlich von einem Meister herstammen und der eine, verschossene Pfeil zu den andern passt wie das Ei zum Eierbecher oder die Faust aufs Auge und somit auch dem gehört, dem der Köcher gestern abgenommen wurde. Da Jochen es wahrscheinlich unter seiner Würde fand die an ihn gestellten Fragen der Thingrichter zu beantworten, machten ihm die Thingrichter den Vorschlag, dass er den Hof beleiht, er seine Schulden langsam abzahlt und dann den jungen Leute den Hof überlässt, dass sie ihn weiter bewirtschaften und auf Vordermann bringen. Ein zweiter Vorschlag, du beleihst eure Feste und übergibst dann die belastete Feste deinen beiden Kindern. Weiter kam der Thingrichter nicht, denn Jochen schrie in den Raum, dass er nur ein Kind habe, das ihm von diesen Verbrechern weggenommen worden ist, um sich an meinem Hab und Gut zu bereichern und keine zwei Kinder habe. Aber warum der Mann, der sein Kind geheiratet ein Verbrecher ist, der doch nur von allen als ein ehrenwerter Mann anerkannt ist, das konnte er nicht sagen oder gar beweisen und er einen großen Dreck tun werde, um die Schulden, die sich mittlerweile bald auf zwanzigtausend Goldflocken angehäuft haben abzustottern oder irgendwie zurückzuzahlen. Ich hatte bald den Eindruck, dass Jochen es gar nimmer wusste was, wie groß oder wie viel zwanzig Tausend Goldflocken sind und welchen Wert der Betrag darstellt. Aber dann sprang er auf und rief dem Thinggericht etwas zu, was er lieber nicht gesagt hätte, denn diese seine Worte zeigten doch allen dass es mit seinem geistigen Zustand nicht mehr alles in Ordnung sein kann, dass sie ihn alle kreuzweise da mal lecken dürfen, da wo es am peinlichsten ist und verschwand draußen. Dann fragte der leitende Thingrichter mich bei wem er denn die vielen Schulden habe, was ich so auf Anhieb ihm nicht sagen konnte aber ihm sagte, dass nächste Woche der Getreidehändler bei uns vorbeikommt und die zweite Rate des Getreides abholt. Der Mann weiß so ziemlich alles, wer, wo, wann und warum gehustet oder was verloren hat. „Er hört nicht nur, nein er riecht es förmlich wie, wann und wo das Gras wächst. Sicher wird auch er mir sagen können, wer für ihn, für Jochen der oder die Geldverleiher waren oder noch ist oder gar inzwischen geworden sind. Da schaute sich der Thingrichter um und sagte bisschen leiser zu mir, es müsste doch sicher möglich sein, dem Goldflockenverleiher einen geheimen Tipp, nein einen ganz geheimen Tipp zu geben oder geben zu lassen, er solle die Goldflocken doch zurückfordern, denn er stehe kurz vor dem Konkurs und außer ihm haben noch andere ihre Goldflocken an ihn verliehen und hoffen nun, dass sie sie bald mit Zins und Zinseszins wieder zurückbekommen, bevor noch die letzte Kuh aus dem Stall verschwindet. Dann schaute er sich noch einmal um, ob auch wirklich niemand mitgehört hat und sagte, dass er nichts gesagt hat. „Was ich jetzt mit diesem seinen Rat anfange, er weiß von nichts und ich natürlich auch nichts, alles ist meine reine Sache.“ Dann gab er mir mein noch recht neu aussehenden, angekratzten Lederwams, den Köcher mit den zehn Pfeilen und wir verabschiedeten uns. Als wir herauskamen war der Schlitten samt Pferden unauffindbar, was mich veranlasste laut den Uhu ein paarmal in die beiden Himmelsrichtungen zu rufen in die er hat verschwinden können; für die Pferde hieß es schnellstens zum Rufer zurückkommen. Ich traute meinen Augen nicht, obwohl unser Jochen mit der Peitsche blindlings auf die Pferde einschlug, um sie in eine andere Richtung zu befördern, kamen sie auf mich zugerast und sie blieben vor mir, am ganzen Körper zitternd stehen und zuckten jedes Mal zusammen wenn er sie mit der Peitsche bitterböse traf, was sicher auch für die braven Pferde die reinste Quälerei bedeutet hat. Schneller als er denken konnte hatte ich mein Lasso von der Schulter gerissen und warf es nach ihm und hatte seine beiden Arme mit einem kurzen Ruck fest an seine Brust gebunden, und er mit der Peitsche niemandem mehr weh tun konnte. Mit dem zweiten Ruck des Lassos flog er im großen Bogen vom Schlitten, mit der Peitsche noch in der Hand, direkt vor meine Füße. Schneller als ihm lieb war hatte ich die Peitsche in meiner Hand und verpasste ihm vier kräftige Schläge mit ihr längs über seinen Rücken, dass ihm das Aufstehen fürs erste vor Schmerzen vergangen ist.Diese vier Peitschenhiebe sollten für Jochen eine kleine Kostprobe dessen sein, was er en Pferden da eben noch massenweise verpasst hat Dann entschuldigte ich mich bei beiden Pferden für den Grobian, für dieses Untier in Menschengestalt, dankte beiden Pferden, dass sie trotzdem zu mir zurückkamen und liebkoste sie zur Entschädigung ein bisschen mit meinen beiden Händen. Dann stiegen wir auf den Schlitten und fuhren ohne ihn und die Peitsche weiter zu benutzen zurück in die Struth. Unterwegs bei der Heimfahrt habe ich unsern kleinen Eberhard gefragt wie er so schnell daheim den Köcher holen konnte, denn du warst doch überhaupt nicht lange draußen und weg? Natürlich hat Eberhard ganz spitzbübig gelacht, womit er sicher ausdrücken wollte, dass der Apfel halt nicht zu weit vom Baume fällt. Dann erinnerte er mich an etwas, was ich beim Üben immer wieder zu ihm gesagt haben sollte, dass der Apfel nicht zu weit vom Pferde fällt und das scheint auch heute bei ihm wieder hier zugetroffen zu sein. Und weiter sagte er, dass er beim Einspannen der Pferde daheim in der Struth plötzlich so den Gedanken hatte, er solle doch den Köcher, den er am vergangenen Sonntag Jochen abgenommen hat, in den Flecken mitnehmen. Den zehnten Pfeil hätte ich schon mit dem Lederwams eingepackt. Ich nickte kurz und sagte dann was mein Großvater vor vielen Jahren auch zu mir gesagt hat: „Junge, das ist die Stimme deiner verstorbenen Vorfahren. Schätze sie sehr hoch und höre auf sie!“ Hier, daheim in der Struth gab es wieder viel zu erzählen wie die Sache vor dem Thinggericht verlaufen, aber auch warum Jochen nicht mit uns zurückkam und auch wie grob er die beiden Pferde mit der Peitsche misshandelt hat, weil sie nicht mit ihm in eine andere Richtung seiner Wahl türmen wollten, als er heimlich mit ihnen verschwunden ist und ich den Uhuruf laut erschallen ließ, ein Ruf, der unsere Pferde zum Rufer kommen lässt. Den Rat, den mir der Thingrichter gab, den habe ich zu niemandem gesagt und dachte leise: „Mal sehen Eberhard was sich damit mit diesem Rat wieder in diesem Fall machen lässt.“ Dann fragte Heidi nach ihrem Mann und wie es da vor dem Thinggericht ausging? Ich schaute sie eine ganze Weile an, als wollte ich ihr mit meinen Gedanken sagen, dass ich mich darüber am besten mit ihr alleine unterhalten würde, denn ich habe, was Jochen anbelangt so meine Bedenken, dass er bald nicht mehr weiß was er so dahin redet und tut. Doch sie fragte noch einmal nach ihrem Mann und ich sagte ihr, dass er auch da von großen Schulden die er hat sprach, wie viele es sind, das weiß er so glaube ich selbst nicht mehr. Er hat den Pfeil nicht wieder erkannt oder erkennen wollen, den er auf uns geschossen hat und mich dabei traf, aber auch nicht den Köcher in dem noch neun seiner Pfeile waren; mit dem zehnten hat er mich getroffen, obwohl auf dem Köcher sein Familienwappen und sein Name eingraviert ist nicht wiedererkannt. Ich glaube dass er da gar keinen guten Eindruck auf die Richter machte, und sie glaubten, er genieße den Sonderpassus, was so viel heißt, er wisse nicht mehr was er tut und redet. Im Wiederholungsfalle wollen sie ihn aus dem Verkehr ziehen, um größere Gefahren für seine Mitmenschen zu verhindern, denn es wäre wirklich grausam, wenn er jeden der seine Dummheiten nicht mit macht, akzeptiert oder deckt, er ihn einfach mit seinen Waffen aus dem Weg schafft und tötet. Und Heidi sagte leise zu mir: „Es wird doch nicht das zutreffen, was ich schon lange befürchtet habe, dass er in der Klappsmühle landet!“ Die Fehleinschätzung des Heiratskandidaten für unsere Tochter, der Edle von Harz, scheint ihm den Rest gegeben zu haben. Er glaubt noch immer, dass er bei diesem Gauner viele Tausend Goldflocken für seine Tochter hätte herausschinden könnte, die ihn wieder glücklich machen würden, zumindest so lange, bis sie auch wieder verbraucht oder sinnlos verausgabt sind, denn er kann zumindest mit Geld nicht umgehen! Er glaubt immer noch, dass das Geld zum Ausgeben da ist. Frieder hat mit den zwei Frauen das leer stehende Tagelöhner Haus bezogen und Frieder und Evelyn bekamen wie die andern jeden Monat ihre Goldflocke und zweimal alle Naturalien, die sie nie im Leben niemals wegessen oder verbrauchen konnten und haben so ihre drei Schweine dick und schwer füttern können. Alle drei Schweine haben sie im Winter nacheinander geschlachtet und zwei der Schweine konnten sie verkaufsgerecht, überwiegend geräuchert aber auch frisch verpackt an den Mann bringen. Die Wurstsuppe von allen drei Schweinen konnte auch im Dorf bleiben und war ein Genuss für alle Dorfbewohner. Das dritte der Schweine, das sicher nicht zu klein geraten ist, durfte für den Eigenbedarf bei ihnen im Haushalt bleiben, denn die Zeiten, dass der Fleischverbrauch aus dem Wald gedeckt werden konnte, gehört langsam aber sicher der Vergangenheit an.

Mutter Heidi hatte anfangs, als sie das alles sah wie sie, ihre Tochter, da wie eine Magd mitarbeitete und nicht wie eine Comtesse, die die feine Dame spielt oder herausputzt und sie es fast gereute, sie hier gelassen zu haben. Doch bald merkte sie, wenn man heute nicht mit anpackt oder mit dem Sturm nicht mit heult und nur den feinen Pinkel spielen will, man bald auf der Strecke bleibt, wie sie es am eigenen Leibe in der Feste Tiefensen erfahren konnte. Siehe den Brautaufzug vom Sonntag! So etwas kann man sich heute nur noch leisten, wenn man auch wirklich immer bei der Sache ist, wie sie es hier tun. Frieder und Evelyn wussten, dass sie hier nur solange schaffen bis eine Feste irgendwo zu haben ist, die Vater Eberhard und Mutter Didilind dann bestimmt für uns ersteigern, kaufen oder erwerben werden. Aber so ganz ohne mitzuarbeiten kann heute eine Feste nicht mehr existieren oder auf hohem Fuß leben.

Jetzt müsste auch bald wieder der Getreidehändler hier in der Struth erscheinen, er wollte doch, wenn der Schnee noch liegt kommen, denn auf den Schlitten transportieren sich mehr Lasten viel leichter als auf den Rädern und dann vielleicht noch auf oder in aufgeweichten Böden fortgebracht werden können. Kaum dass man den Namen hat genannt, da kam der Genannte auch schon angerannt. Hab ich noch gestern an unsern Getreidehändler denken müssen, so war er heute gegen Mittag mit seinen Leuten und seinen Schlitten bei uns. Nachdem alles zurechtgemachte Getreide verladen war, gingen wir in unseren Kantor. Zuerst bezahlte er das Getreide, was wahrlich nicht allzu viel war! Sicher wächst das Angebot an Getreide schneller als die Nachfrage danach steigt und den Menschen fehlt oft das Geld die Getreideprodukte auch zu erwerben. Ich möchte nicht in die Hütten der kleinen Waldleute schauen, bei denen unser tägliches Brot noch immer ganz kleingeschrieben wird. Und dann fragte ich ihn, natürlich unter dem Siegel der Verschwiegenheit, bei wem der Edle von Spitzensen, Junker Jochen, sein Geld geliehen hat, denn was ich so höre, steht er kurz vor der Pleite und wenn seine Feste auch unter den Hammer kommen sollte, dann würde ich für meine Kinder schon auch mitbieten. Und er gleich fragte, obwohl das Getreide so billig ist? „Zurzeit ist es wohl billig das Getreide, dass man damit keine großen Sprünge machen kann aber es gab auch Zeiten, da war es nicht so billig, erinnerst du dich noch und wir gehen mehr als sparsam mit dem Erwirtschafteten um, etwa nach dem Motto: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not‘.“ Und außerdem haben wir ja hier noch ein zweites Standbein, die Milch- und die Fleischwirtschaft, die Dank der Römer in unserer Nachbarschaft noch immer einigermaßen floriert. Von unsern Gold- und Glassteinfunden, die wir immer noch in unserer Hinterhand haben, das muss ja keiner wissen, die sich ja immer noch beim nächsten Goldschmied in Goldflocken umwandeln lassen. Besonders die Glassteine werden immer noch, Dank auch der Römer in unserer Nachbarschaft besser bezahlt als die Goldfische. Nach einer kleinen Pause sagte er, dass es mittlerweile gute fünf Tausend Goldflocken sein dürften, die ich ihm schon geliehen habe. Die genaue Zahl, die kann ich daheim aus den vielen Schuldscheinen errechnen und von wem er sich noch die weiteren Goldflocken geliehen hat, das wisse er beim besten Willen nicht. Und da sagte ich ihm, vielleicht wäre es besser, wenn er bald seine Goldflocken zurückfordern würde, bevor die andern Verleiher auch hellhörig werden und ihr alle dann mit fast nichts, dafür aber mit euren Schuldscheinen wieder nach Hause gehen dürft, denn was ich so mitbekommen habe, ist der Flecken heute keine fünftausend Goldflocken mehr wert. Die Felder schreien angeblich direkt nach einem, der sie wieder einmal richtig bearbeitet und bestellt! Und die Ställe sollen sich regelrecht wieder nach den Viechern sehnen, die sie wieder warm halten, besonders in der kalten Jahreszeit. Auch der Getreidehändler konnte mir nur bestätigen, dass er da schon das dritte Jahr kein Getreide geholt habe. Dass ein anderer Händler da etwa das Getreide geholt hat, davon wisse er auch beim besten Willen nichts. Beim Auseinandergehen hat er mir gesagt, dass er sicher bald auf mein Angebot, beim Erwerb der Feste Spitzensen mitbieten zu wollen auch bald auf mich zurückkommen werde; was schneller geschah als ich denken konnte. Unser Getreidehändler hat der Feste Spitzensen bald einen Besuch abgestattet und musste mit eigenen Augen sehen, dass da auf der Feste nicht mehr viel los ist oder zu holen war außer den brachliegenden Feldern und Wiesen, aber auch den leeren Stallungen. Und als er bei Jochen, der wieder auf der Feste lebte vorsprach, um seine ihm verliehenen Goldflocken sofort zurück zu fordern, verwies er den Getreidehändler seines Hofes, wie er meinte. Wie Jochen da ohne ein Gespann au unserer Ecke auf die Feste Tiefensen zurückkam, das bleibt wohl sein großes Geheimnis! Obwohl der Getreidehändler mit Verstärkung oder mit Geleitschutz den Hof besichtigt hat, räumte er das Gelände, denn er hatte die von Jochen unterschriebenen Schuldscheine nicht dabei. Dafür hat unser Getreidehändler alle Hebel in Bewegung gesetzt den Edlen Herrn von Spitzensen auf Zahlungsunfähigkeit zu verklagen, um noch das zu retten was noch innerhalb der Feste vorhanden ist und, bevor er die letzte Kuh, die wahrscheinlich nicht mehr da ist auch noch versäuft, verspekuliert oder verspielt. Schnell waren noch zwei weitere Goldflockenverleiher ausfindig gemacht, die zusammen etwa sechs Tausend Goldflocken an ihn verliehen hatten. Mit dem Getreidehändler zusammen haben sie die Feste mit etwa zehn Tausendachthundert Goldflocken beliehen. Zweieinhalb Wochen später brachte mir ein Eilbote des Getreidehändlers die schriftliche Nachricht, dass die Feste Spitzensen am kommenden Mittwoch, Beginn um Zehn Uhr morgens, meistbietend versteigert wird. Mindestgebot sind neun Tausend Goldflocken. Als ich den Text gelesen habe, musste ich erstmals bei mir den Dampf ablassen, denn die Feste ist in ihrem heutigen Zustand und den tiefen Getreidepreisen keine fünftausend Goldflocken mehr wert. Ich gab dem Kurier eine halbe Goldflocke für das Überbringen dieser Botschaft, die ich alsbald zuerst mit Didilind besprach und auf ihren Rat hin auch Frieder, Frieda und Evelyn hinzu holte, die dann bald meinte, man sollte auch ihre Mutter Heidi dazu holen, denn sie hat ja die Feste in die Ehe mitgebracht und nicht ihr Vater Jochen, der es wahrscheinlich nie überwunden hat, dass die Eltern meiner Mutter nicht ihm die Feste überschrieben haben, sondern nur die eine Hälfte, die andere Hälfte gehörte meiner Mutter. Nur hat mein Großvater es damals vergessen genau die eine und die andere Hälfte der Feste zu beschreiben, die jeweils wem gehören sollte und bei diesen Streitereien hat meine Mutter immer nachgegeben und am Ende, wie man jetzt sehen kann, die Kürzere gezogen hat, bis es jetzt so weit gekommen ist, und er alles durch sein Goldflockengepumpe verspekuliert hat. Und ich sagte ihnen, dass ich jetzt, wenn die Feste unter den Hammer kommen soll auch mitbieten werde. Und das nicht für mich, sondern für euch beide, Frieder und Evelyn. Und wir beide, Didilind und auch ich werden euch auch helfen, all das anzuschaffen, was ihr braucht, um die Feste wieder flott und wieder gewinnbringend zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Fische im See, von denen du, Evelyn, immer wieder gern gesprochen hast, besonders in geräucherter Form ein Standbein sein könnte, die veredelte Milch, das Schweinefleisch, dein gutes Weizenbier aber auch das Getreide, das andere. Und was Ackerbau und Viehzucht anbelangt, Frieder, da bist du ja regelrecht dafür prädestiniert, egal ob es im Kuhstall, im Schweinestall oder bei den Pferden ist. Was den Fischfang und die Fischverarbeitung und das Weizenbier anbelangt, dafür wärest du Evelyn dann die zuständige Fachfrau, denn ich bin mir da ziemlich sicher, das bei den Fischen und ihrer weiteren Verarbeitung, aber auch bei dem Bier brauen dir keiner etwas vormachen kann. Und wir einigten uns, dass wir vier, Didilind, Frieder, Frieda und ich und zwei Wölfen da zur Versteigerung reiten werden. Ihr zwei, Mutter Heidi und Evelyn, ihr bleibt besser hier, und haltet in der Struth die Wache, denn ich fürchte, wenn Jochen euch da sieht, da glaubt er letzten Endes noch ihr seid nur hergekommen, um euch an seinem Elend, an seinem Untergang, ich würde es nenne, an seinem Versagen zu ergötzen und bei ihm brennen alle menschlichen Sicherungen durch und er tut etwas, was er auch bald getan hat, was er nie mehr in seinem Leben wieder gut machen kann, auch wenn es ihm hinterher auch noch so leidtun könnte und er es trotzdem nicht mehr rückgängig machen kann, was er nicht getan hat und er letzten Endes alles auf seinen demolierten Gemütszustand schiebt, den niemand nachprüfen kann, was da bei ihm echt oder nur gespielt ist; was er leider sicher gut durchgedacht auch getan hat. Ob er manchmal auch noch daran denkt, wie er damals zu der oder an die Feste Tiefensen gekommen ist? Auch daran, dass er da keine einzige Goldflocke oder gar Kupfermünze mit in die Ehe gebracht hat!

Am kommenden Mittwoch, also in vier Tage ist es so weit und ich euch bitte die Fahne hier in der Struth gemeinsam hochzuhalten. Aber vielleicht kannst du mir auch sagen wo ich da bei euch einen Baumeister oder einen Zimmermann finde, der das Anwesen wieder auf Vordermann bringt und für die ständigen Mitarbeiter auch mindesten zwei Tagelöhner Häuser baut, wie wir sie auch hier bei uns haben oder in denen ihr hier zur Zeit lebt, denn auch eure Mitarbeiter sollen sich da bei euch nicht nur wie, sondern auch als Menschen fühlen können, was auch Mutter Heidi und Mutter Erna mittlerweile eingeleuchtet ist, denn sie sieht es ja täglich wie mitmenschlich es doch hier bei uns zugeht, dass keiner unserer Arbeiter sich auch nur irgendwie als das fünftes Rad am Wagen fühlt oder mit wackligen Knien frühmorgens zur Arbeit im Kuhstall erscheint. Mutter Heidi hat mir bald den Namen dieses Zimmermanns genannt, den ich, falls ich dieses Anwesen ersteigern sollte gleich aufsuchen würde und alle Baumaßnahmen mit ihm besprechen will und kann. Es kam der Dienstag vor dem Mittwoch. Im Flecken haben wir Goldfische in runde zwölf Tausend Goldflocken um gewechselt, die wir am Mittwoch unter uns vier aufgeteilt mitgenommen haben. Die zwei jüngsten Wölfinnen haben uns begleitet. Ziemlich flott kamen wir in die Feste Spitzensen. Trotzdem waren schon zwei Mitbieter vor uns da, die scheinbar eifrig das Besichtigte diskutierten und das Für und Wider ab wägten. Wir haben uns da in ihre Diskussion nicht eingemischt. Sondern machten zum Leidwesen von Jochen auch eigenständig unsere Runden. Und da der leitende Thingrichter seine Leibgarde mit gebracht hat, schien Jochen es nicht zu versuchen, die vielen Fremden von seinem offiziell, aber sehr verschuldeten noch Eigentum gewaltsam zu verjagen. Mich interessierten in erster Linie die Wirtschaftsgebäude, die Stallungen und die Scheune, die Arbeitsräume für das Räuchern, Buttern, Brot backen, Käse machen und Mehl mahlen; aber auch wo man hier das Bier brauen kann. Diese Räumlichkeiten waren, bis aufs Mehl mahlen soweit noch in der Reih; nur überall fehlten die Einrichtungen. Da musste vorerst in die Renovierung der Räume nicht allzu viel investiert werden. Für die Tagelöhner, die spätestens im Frühjahr angeheuert werden müssten, wo könnten sie dann ihr Quartier aufschlagen, bis ihre Häuser fertig sind? Zwei Häuser, nach unserm Muster müssten sicher alsbald hier gebaut werden. Und in den Ställen, da ist auch nicht mehr allzu viel da. Der Pferdestall ist leer, der Schweinestall ist leer und der Kuhstall, ein Stall für gut sechzig Rindviecher, da stehen gerade noch vier Kühe, keine einzige Ziege, die mit ihrer guten Ziegenmilch den Räucherkäse geschmacklich verfeinern. Von den Geräten, die man zur Feldbearbeitung und Feldbestellung so benötigt, aber auch die Sensen, Schleifsteinen Rechen und Heugabeln, die Dengelvorrichtungen, Leiter- und Mistwagen, Schubkarren, nichts war mehr da. Aber auch die Pferde und die Ochsen, die einmal all diese Geräte gezogen haben, auch sie waren nicht mehr da. Und mein erster lauter Gedanke war, dass nicht nur die Feste mit ihren Feldern, sondern auch all das neu angeschafft werden muss, bis dass die Goldflocken hier in der Feste wieder rollen werden. Eine Lure gab uns Bietern das Signal, dass wir vor das Herrenhaus kommen sollen, das wir noch gar nicht besichtigt haben. Hier hat uns bald der Thingrichter begrüßt und uns noch einmal den Grund unseres Hierseins erklärt hat, dass die Schulden, mit denen die Feste beleiht ist, dem Hausherrn, dem Edlen von Spitzensen über den Kopf gewachsen sind und die Goldflockenverleiher mit Recht fürchten müssen, dass sie ihre Goldflocken bald nicht mehr zurückbekommen, denn für brachliegende Felder, leere Ställe und Geräteschuppen kann man nicht allzu viel verlangen und darum wird der Mindestpreis bei vier Tausend Goldflocken angesetzt. Unsere drei Verleiher sind fast von ihrem Sockel gefallen als sie das Mindestgebot von vier Tausend Goldflocken hörten. Vermutlich haben sie die neun Tausend Goldflocken Mindestgebot selbst festgesetzt, ein Wunschpreis! Und da fragte der Thingrichter weiter: „ Wer bietet mehr?“ Ich schaute beide Mitbieter fragend an und da rief der eine von ihnen: „Vier Tausendfünf“ und der andere „vier Tausendzehn“ und ich rief „vier Tausendelf“. Der erste Bieter legte vier Goldflocken dazu und der zweite fünf Goldflocken dazu und ich rief vier Tausendzwanzig. Während die beiden Mitbieter kleinere Beträge boten, habe ich fünf Tausend gerufen und beide Mitbieter passten und haben nicht mehr weiter mitgeboten. Und alle drei verprellten Goldflockenverleiher riefen wie aus einem Munde: „Das darf doch nicht wahr sein, dass wir so viele Goldflocken hier in den Sand auf nimmer Wiedersehen gesetzt haben. Wir bezahlten unsere fünf Tausend Goldflocken an den Thingrichter, bekamen eine Urkunde, dass wir beide Didilind und ich die neuen Eigentümer dieser Feste sind. Auch Jochen teilte er mit, dass er ab sofort hier nichts mehr zu suchen hat, denn das Anwesen gehöre ab sofort nicht mehr ihm und seiner Frau, sondern den Edlen von Odens, Herrn Eberhard und seiner Ehefrau Didilind und er sich ab sofort eine neue Bleibe suchen müsse. Schade nur, dass wir Jochen mit seinen vielen Restschulden nicht gleich von dannen gejagt haben; uns wären da sicher eine Menge Kummer und Schmerzen erspart geblieben. Danach habe ich Frieder zu dem Baumeister geschickt dass er doch umgehend hier her kommen möchte, denn hier warte ein kleiner Großauftrag auf ihn. Dann haben wir eine kleine Wohnkammer, die an den Kuhstall, weit weg vom Herrenhaus angebaut war entdeckt. Den zwei Schlafstellen nach zu urteilen haben da die zwei ständigen Mitarbeiter, der Feste Spitzensen geschlafen und ihre Freizeit verbracht. Ein Backhaus war hier vorhanden, aber einen Mahlraum wie bei uns, so etwas kannten sie hier nicht, obwohl das Wasser eines kleinen Bächleins gar nicht weit vom Backhaus da vorbeifloss. Das heißt, man könnte ohne Weiteres neben das Backhaus auch einen Mahlraum bauen und das Wasser des Bächleins hier an den Mahlraum umleiten, das dann den Mahlstock über ein Wasserrad antreibt und dahinter kann das Wasser ohne einen großen Umweg zu machen wieder in sein altes Bachbett zurück und weiterfließen, ohne weiteren Schaden anzurichten.

Nach einer guten Stunde kam Frieder mit dem Baumeister zurück, Frieder hoch zu Ross, der Baumeister in seinem Schlitten und er ließ sich von uns sagen was da gebaut werden soll. Zunächst kann hier neben das Backhaus ein massiver Mahlraum gebaut werden, dessen Mahlstock mit einem Wasserrad angetrieben werden soll. Und da kam auch schon die Frage, woher denn das Wasser kommen soll, dass da das Wasserrad antreibt? Ich zeigte auf den Bach und sagte, dass es in einem Graben, der gegraben werden muss dahinten zum Mahlraum abgeleitet werden kann, am Mahlraum seitlich vorbei fließt und da hinten wieder in den Bach zurückfließen kann. Dann müssten hier zwei Häuser für die Mitarbeiter gebaut werden und die eventuellen Reparaturen im Herrenhaus. Ein Wort gab das andere über was, wie und wo und Frieder ihm sagte, er möge sich doch einen groben Grundriss dieses Geländes zeichnen und dann fährt er einfach mit uns in die Struth. Da kann er sich so ein Tagelöhner Haus aus voller Nähe innen und außen betrachten, was dann sicher zur Nachahmung empfohlen werden darf. Doch vorher schauen wir kurz was wir den vier Kühen geben können, die trocken im Stall stehen, das heißt, dass sie tragend sind und zurzeit keine Milch geben, dass sie uns nicht auch noch verhungern oder verdursten. Nachdem die Kühe mit Heu das noch auf dem Heuboden vorhanden ist, versorgt waren, haben wir Jochen aus dem Haus geholt, was er völlig apathisch mit sich geschehen ließ, erst am nächsten Tag merkten wir das sein apathisches Verhalten durch und durch geschauspielert war, haben einige seiner Sachen eingepackt, ihn samt seiner Sachen zum Baumeister in den Schlittenverfrachtet, Haus und Stallungen abgeschlossen und ab ging es in Richtung Struth. Vor dem Schlitten ritten die beiden Frauen, hinterm Schlitten wir beide, Frieder und ich. Die beiden Wölfinnen wechselten dauernd ihre Position als wollten sie sich immer wieder überzeugen, dass soweit alles noch in Ordnung und keiner von uns abhanden gekommen ist. Vater Jochen hat während der Fahrt in die Struth mit dem Baumeister kein einziges Wort gewechselt. Scheinbar hat er immer noch nicht begriffen, was da heute in der Feste Spitzensen passiert ist, wenn man ihn so beobachtet hat, dass es sein Geschlecht, auf das er glaubte immer recht stolz sein zu dürfen, es gar nicht mehr gibt und jetzt seine Tochter da bald einem neuen Geschlecht Tür und Tor öffnen wird. Tja, lieber Jochen, du hast das Schaffen oder das Anpacken auch nicht erfunden oder je lernen wollen! Und dein Plan, Jochen, den du da schmiedest und den wir viel zu spät erfahren werden, wird dir auch nur teilweise gelingen aber keinen Erfolg bescheren. Die Struther staunten nicht schlecht, wen wir da mitbrachten und Mutter Heidi war auch bereit mit ihrem Mann das Zimmer wieder zu teilen, doch wie es weiter gehen soll, das wusste sie nicht. Am nächsten Morgen, Frieder und Evelyn gingen wie üblich in den Kuhstall; von Mutter Heidi war noch nichts, was sonst nie der Fall war, zu sehen oder zu hören. Vielleicht haben sie heute Nacht nach der tagelangen Trennung bisschen viel Versöhnung gefeiert und holen jetzt den Schlaf nach, den sie heute Nacht bei der oder durch die Versöhnung versäumt haben. Auch als sie zum Frühstück in die Küche kamen, war weder von Mutter Heidi noch von Vater Jochen etwas zu sehen. Unruhig, nichts Gutes ahnend, klopfte Frieder an die Tür ihres Schlafraums. Da niemand antwortete, öffnete Frieder leise die Tür und musste sehen, dass Mutter Heidi in ihrer eigenen Blutlache auf dem Boden lag und sich nicht mehr rührte, während er schnarchend im Bett liegend sein Sosein genoss. Am liebsten hätte er Jochen aus dem Bett gezerrt, gegenüber der toten Mutter Heidi an die Wand gestellt und mit einem Ger an die Wand festgespießt, dass auch er noch sterbend sehen kann, was er da mit seiner Frau heute Nacht angestellt hat. Und weiter dachte Frieder, haben wir beide heute Nacht so fest geschlafen, dass wir nichts mitbekommen haben, denn was da passiert ist, konnte doch nicht oder unmöglich lautlos passiert sein! Als Frieder aus dem Zimmer kam, in dem Evelyns Eltern geschlafen haben, hat Evelyn sofort an Frieder sehen können, dass da drinnen etwas sehr Schlimmes passiert sein muss und eilte sofort in das Zimmer, in dem ihre Eltern heute Nacht geschlafen haben. Von ihrem Aufschrei ist auch ihr Vater aufgewacht, zumindest tat er so und wie ein blutrünstiges Tier, es war nichts Menschliches mehr in ihm, wollte er sich auch auf seine Tochter, mit einen Dolch in der Hand auf sie stürzen. Doch Frieder hat ihn mit seinem Ger zu Boden gestreckt, wo sich das Blut der beiden am Boden bald miteinander vermischte. Von Evelyns lautem Aufschrei sind auch unsere Wölfe munter geworden und eilten in die Richtung aus der der Schrei gekommen sein musste. Doch bald kehrten sie zu uns zurück und zu ihren jaulenden Bewegungen meinte Didilind, wir sollten ihnen nachgehen, was wir beide auch taten und mussten bald sehen was da geschehen ist. Frieder hat uns bald erzählt was da vorgefallen ist und wie er alles entdeckt hat. Als Evelyn dann in den Raum trat hat sie vor Schreck, als sie ihre tote Mutter da auf dem Boden liegen sah so laut aufgeschrien das Vater Jochen munter wurde, zumindest tat er so, als ob er vorher fest geschlafen hätte, hellwach aus dem Bett sprang, in der Hand diesen Dolch hielt und sich auf Evelyn stürzte. Im allerletzten Moment konnte ich diesen weiteren Mord an seiner Tochter mit meinem Ger verhindern. Und ich, Eberhard, musste unwillkürlich denken dass er sicher dachte, wenn nicht ich, dann soll auch keiner meiner Familie mehr in dieser Feste seine Bleibe finden, „Verrecken sollt ihr wie auch ich!“ Frieder und ich fragten uns immer wieder, wie kam er nur an diese Stichwaffe? Sicher hatte er sie schon bei sich, als wir in die Struth fuhren und er unterwegs sich so friedlich oder apathisch gebar, um ja keinen Verdacht bei jemandem von uns zu wecken, denn wenn wir irgendwie hätten eingreifen müssen, dann hätten wir sicher diesen Dolch bei ihm oder an ihm auch entdeckt! Und das wusste er uns gegenüber bestens zu verheimlichen. Am Nachmittag haben wir die beiden auf unsere Art auf dem Gräberfeld beerdigt. Evelyn wünschte noch dass ihre Mutter von Didilind, ähnlich wie auch Enke, von ihr getauft wird, was wir ihr auszureden versuchten, denn ihre Mutter habe im Gegensatz zu Enke zu Lebzeiten nie den Wunsch geäußert getauft zu werden oder auch nur einmal am Taufunterricht teilgenommen hat. Aber Evelyn bestand darauf und Didilind hat wie bei Enke, am offenen Grab die Taufe an Mutter Heidi vollzogen, eine Nottaufe. Vater Jochen haben wir bisschen unsanft ins Grab fallen lassen, was bei Mutter Heidi nicht der Fall war. Dann wurde von unsern jungen Leuten das Grab wieder zugeschüttet und wir befassten uns mit dem Baumeister, der von dem Tagelöhner Haus und angebautem Stall fleißig seine Notizen und Zeichnungen machte. Dann sagte er mir, dass wir ihm schon mal für die Beschaffung des Baumaterials, den Wasserlauf für das Mahlhaus und den Rohbau zweihundertfünfzig Goldflocken geben sollten, was ich ihm trotz seiner Quittung schweren Herzens gab, denn ich habe ihn bis gestern noch nicht gekannt und ich möchte es bestimmt nicht, dass er auf nimmer Wiedersehen mit diesen Goldflocken verschwindet und wir das Nachsehen haben, denn zweihundertfünfzig Goldflocken sind bestimmt kein Pappenstiel, den man so im Vorbeigehen mitnimmt oder mitnehmen kann. Hier handelte ich nach dem Motto, Vertrauen gegen Vertrauen! Danach verabschiedete er sich von uns und meinte, wenn das Wetter mitspielt, wir in einem Monat im massiven Mahlraum das erste Getreide mahlen und in drei Monaten in die Tagelöhner Häuser einziehen können. Nachdem der Baumeister mit seinem Schlitten verschwunden war habe ich Frieder und Evelyn zu uns kommen lassen und sie gefragt was nun mit der Feste Spitzensen geschehen solle. Aber scheinbar hatte auch keiner von beiden so richtig Lust die Struth, jetzt erst recht nach dem Blutbad zu verlassen und da in dem Spitzensen so ganz allein neu anzufangen, in einem Ort wo sicher sehr viel Böses zusammengeschmiedet wurde und Liebe zum Schluss, für alle deutlich lesbar ganz klein und für alle gut lesbar mit hässlichen und blutigen Buchstaben regelrecht zur Abschreckung geschrieben wurde.

In der Struth Band 5

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