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I

Nach einem Vortrage vor deutschen, um ihr Vaterland schwere Sorge tragenden Männern erhielt ich die meine Erinnerungen festzuhalten und so einem größeren Kreise zugänglich zu machen. In der festen Hoffnung, neue begeisterte Anhänger des neuen vaterländischen Gedankens zu gewinnen, anderen Anregung geben, übernehme ich freudig die Aufgabe.

Man kann über Zeitereignisse entweder gleich als Miterlebender, gewissermaßen als Tagesschriftsteller berichten, oder man muss abwarten, bis durch den Lauf der Zeit Abstand von den Ereignissen genommen ist. Dann ist es möglich, von der höheren Warte aus zu urteilen und sich zu größerer Objektivität durchzuringen. Es ist auffallend, dass es, obwohl die revolutionäre Bewegung noch nicht zum Abschluß gekommen ist, wenn sie wohl sich dem Ende nähert, heute schon möglich ist, zu ihrer ersten Hauptphase, zu ihren Anfängen zu einem verhältnismäßigen Abstand, zu objektiver Beurteilung zu gelangen.

Wie ist das möglich? Revolutionen sind Urbewegungen, die aus tiefstem Grunde hervorbrechen, ganze Völker oder Welten ergreifen, alles Bestehende fortreißen Ideen schaffen. Je mehr man in die Anfänge der deutschen Novemberrevolution hineinsieht, kommt man zu der Erkenntnis, dass von einer solchen Revolution in Deutschland keine Rede sein konnte.

Die deutsche Revolution war die Mache einer ständig verhetzten Partei, sie war das von Deserteuren, Verbrechern und dem Auslande (von verschiedenen Gesichtspunkten aus!) inszenierte Verbrechen am deutschen Volke.

Sie war möglich, weil die Erschöpfung des langen Krieges, Hunger und Blockade, das Versagen unserer Politik, die nicht fähig war, die größten Siege der Weltgeschichte auszuwerten, ihr den Boden bereiteten. Neue Ideen hat sie nicht gebracht, sie ist ausgeartet in Lohnkampf und Streik und wird darin verebben.

Heute haben wir Soldaten uns zur Ansicht lange durchgerungen, dass es möglich gewesen wäre, die Revolution niederzuwerfen. Es ist aber noch nicht an der Zeit, zu entscheiden, ob die jetzige Entwicklung doch kommen musste, um unser Volk zu reinigen und: Der tiefsten Not neu emporzuführen.

Die Frontsoldaten sind durch die Novemberereignisse nicht überrascht worden. Schon Jahr und Tag haben wir unsere schweren Sorgen mit uns durch die Gräben getragen, abends im Unterstand sorgenvolle Worte und Gedanken getauscht. Schweren Herzens kam ich im Jahr 1917 und 1918 vom Urlaub ins Feld zurück. Der Anblick der Heimat, wo sich die Disziplin in den Ersatztruppen zusehends verschlechterte, Drückeberger die Großstädte überfluteten (Berlin war auf den Straßen schwarz von gesunden Zivilisten), wo ich besonders in meiner Vaterstadt sah, wie durch das unglücklichste aller Handelssysteme, die Kriegsgesellschaften, der letzte Handel vernichtet wurde, nachdem mit Streichen der deutschen Flagge auf den Meeren der Auslandshandel verschwunden war — dieser Anblick weckte in mir die schwersten Sorgen, ganz abgesehen von den trüben Nachrichten, die Kameraden von der Marine mir aus Kiel und Wilhelmshaven brachten. Aber noch war die Front intakt, bis dann auch in ihr, ganz besonders durch Einstellung der aus Russland zurückgekehrten Kriegsgefangenen, das Gift der Zersetzung anfing zu wirken. Doch das gewaltige Band der Kameradschaft, das Offizier und Mann der Fronttruppen umschloss, hielt noch die kämpfende Armee zusammen. Mit tiefster Liebe und Stolz denke ich an die tapfere 38. Landwehr-Infanterie-Brigade, die unter dem des unerschrockenen und ritterlichen Prinzen Karl Anton von Hohenzollern im August 1918 noch ungebrochen die schweren Kämpfe um Dixmuiden und Brügge durchkämpfte. Hier war noch der alte Geist, den ich als Adjutant der Brigade beurteilen konnte.

Dann kam das Unwetter. In Kiel zunächst zu leicht genommen, sprang es über Hamburg, wo das stellvertretende Generalkommando versagte, ins Reich. . . . Noch ist die Frage des Schießverbotes, der bedingungslosen Kapitulation der Regierung nicht geklärt. Aber seinen Zusammenhang findet die Kapitulation in dem Verrat des Prinzen Max von Baden an seinem kaiserlichen Herrn, dessen Abdankung er verkündete, ohne dass unser unglücklicher Kaiser sie schon unterschrieben hatte.

Mit der Heimat brach die Etappe vollkommen zusammen. Dieser grenzenlose Zusammenbruch war es dann wohl hauptsächlich, dass der Kaiser nicht auf den Rat des Grafen Schulenburg hörte, sondern durch andere Ratgeber, unter denen zweifellos der Süddeutsche Gröner verhängnisvollen Einfluss hatte, veranlasst wurde, nach Holland zu gehen. Das war der Augenblick, der uns alten schlachterprobten Offizieren das Herz brach.

Ich habe diese Ausführungen meinen eigentlichen Erfahrungen vorausgehen lassen müssen, weil aus ihnen alle Handlungsweisen entspringen, die zur Bildung der Freikorps führten.

Nach dem meisterhaften Rückzug des alten Hindenburg trafen wir in Deutschland das grenzenlose Unglück, die Wirtschaft der Soldatenräte, Auflösung aller Zucht und Ordnung. Das konnten unsere Leute, die mit uns in hundert Schlachten siegreich waren, ebensowenig wie wir Offiziere ertragen. Wir weigerten uns einfach vom Schauplatz abzutreten; wir wussten, dass bald, in wenigen Wochen vielleicht, jede, auch eine sozialistische Regierung, Soldaten brauchte. Es entstand in den Kampftruppen der Gedanke freiwilligen Dienstes für das Vaterland, es fanden sich die rechten Führer, und als erstes deutsches und als erstes deutsches Freikorps gründete am 6. Dezember 1918 Generalmajor Maercker in Salzkotten das Freiwillige Landesjägerkorps.

Welche Bedeutung bald das Korps, dem ich mit ganzer Seele angehört habe, bekam, werden die folgenden Artikel zeigen. Und wenn ich meine Erinnerungen schreibe, gebe ich im engsten Zusammenhang das Bild der inneren militärpolitischen Lage. Denn während die alte ruhmgekrönte deutsche Armee ihre hervorstechende Eigenart der völligen Enthaltung von der Politik hatte, ist heute von den Freikorps Politik nicht zu trennen. Sie sind selbst ein maßgebender Faktor der politischen Gegenwartslage.


Besuch bei der Presseabteilung im Sennelager.


Von links nach rechts: Oberleutnant Müller-Clemm-Berlin, Hauptmann Wiegand,

Hauptmann Essich, Fedor v. Zobeltitz, Hauptmann Crasemann, stud. phil. v. Selle.

Freikorps Maercker

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