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09.01.2019

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Donald Trump hat gestern mit einer »Rede an die Nation« auf allen großen TV-Kanälen für seine Mauerpläne geworben. Inzwischen reiche ihm, so sagt er, sogar ein Stahlzaun statt einer Betonmauer, doch die Demokraten wollen auch davon nichts wissen. Offen gesagt kann ein Teil von mir auf eine gewisse Art und Weise (die dem anderen Teil in mir so gar nicht gefällt) Donald Trump und seinen Wunsch nach einer wie auch immer gearteten Mauer inzwischen verstehen. Denn Fakt ist, dass die illegale Einwanderung in die USA massive Probleme mit sich bringt. Und es ist auch ein Fakt, dass in fast einem Viertel der amerikanischen Haushalte kein Englisch, sondern Spanisch oder eine andere Sprache gesprochen wird. Zugleich ist es aber auch ein Fakt, dass die Einwanderer im Schnitt mehr Steuern zahlen als sie an Geld oder Sachleistungen durch staatliche Hilfsprogramme erhalten. Außerdem ist es eine Tatsache, dass die Zahl der illegalen Einwanderer aus Mexiko in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist und inzwischen mehr Mexikaner den Vereinigten Staaten den Rücken kehren als reinkommen. Die steigende Zahl an illegalen Einwanderern – die US-Grenzpatrouillen haben im Haushaltsjahr 2018 rund 521.000 von ihnen aufgegriffen, das sind 25,5 % mehr als im Jahr zuvor – kommt vor allem durch die wachsende Zahl an Migranten aus Mittelamerika zustande, die oftmals vor Gewalt und Armut aus ihren Ländern fliehen. Und als sei das alles noch nicht verworren genug, gibt es noch einen weiteren Fakt, der darin besteht, dass die ersten größeren Versuche zur Eindämmung der illegalen Migrantenströme in den 1990er-Jahren unter der Präsidentschaft Bill Clintons unternommen wurden. Überdies haben anno 2006 auch viele Demokraten, unter ihnen Barack Obama und Hillary Clinton, dem von den Republikanern initiierten »Secure Fence Act« zugestimmt, wodurch über 1.000 Kilometer an neuen Befestigungsanlagen entstanden sind, die dann übrigens unter Obama kontinuierlich ausgebaut wurden. Mit anderen Worten: Die politische Gemengelage und das Pro und Contra einer Mauer sind wesentlich diffuser, als es das um seine »Identität« besorgte politische Ich gemeinhin wahrhaben mag. Man könnte auch sagen: Die kartografische Klarheit einer gemauerten Grenzlinie ist indirekt proportional zur Breite der Argumente für oder gegen sie.

Dass Trump mit seiner Mauer vor allem die Symptome und nicht die Fluchtursachen bekämpfen würde, ist freilich auch klar. Die Frage ist nur: Führt die Bekämpfung vom Symptomen – in diesem Fall der Bau einer Mauer – irgendwann dazu, dass sich auch die Ursachen ändern, d. h. die Leute in ihren Ländern bleiben und die dortigen Regierungen, Parteien und zivilgesellschaftlichen Akteure dazu bringen, mehr gegen die wachsende Gewalt und Armut zu tun? Oder noch allgemeiner gefragt: Können Symptome zu Ursachen werden und Ursachen zu Symptomen? Oder ist die Geschichte eine Einbahnstraße und wir alle dazu verdammt, in unserem theoretischen Denken wie in unserem täglichen Dahingetrotte irgendwann gegen eine Mauer zu rennen?

Tagebuch eines Hilflosen

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