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Оглавлениеam Abend desselben Tages
Dieser Tag soll und wird dort enden, wo er begann: auf dem Sofa. Und zwar in bester Begleitung: Dr. House is in the house! Einfach ein herrlich ätzender Knabe. Ich habe sämtliche Staffeln.
Zur weiteren Steigerung des Genusses gibt es Ofen-Pommes und Spezi. Spezi, weil es für alles ein Limit gibt, sogar für Bier. Ofen-Pommes, weil sie leckerer, bestens zur ausgebeulten Jogginghose passender Junk sind und obendrein aufwandfrei zubereitet werden können. Kilos und Aberkilos davon hat mein Ofen schon perfekt kross gekriegt. Und nie wäre auch nur ein einziges angebrannt. Ich verstehe sowieso nicht, wie manche Leute es schaffen, ständig was anbrennen, überkochen, zusammenschmoren zu lassen.
Nun denn. Pommes, Ketchup und Spezi stehen auf dem Couchtisch (fast wie früher, wenn Mama mal unterwegs war und Papa und ich Männerabend hatten), ich wähle die erste Season aus, lege sie ein, plumpse aufs Sofa, greife mir die Fernbedienung, drücke auf „Play“, und der Spaß kann beginnen.
Irgendeiner hat ein Problem, kippt um, muss ins Krankenhaus. Dort weiß natürlich keiner, was der Fritze hat, also wird herumgerätselt. Und der Patient krampft. Machen die eigentlich ständig bei Dr. House.
Aber der Marius ist echt putzig gewesen. Wenn schon Nachwuchs, dann so einen.
Und diese Melanie, die rufe ich morgen an und frage sie nach ihrer Nase. Jede Wette, von selber würde die nie anrufen. Das ist doch dieser bescheuerte Klassiker:
Ich will was von ihm, aber ich will nicht, dass er es gleich merkt, sonst denkt der sonst was, darum melde ich mich nicht gleich, aber auch nicht zu spät, sonst vergisst der mich am Ende wieder, aber wann rufe ich denn dann am besten an, sind zwei Tage zu spät oder drei Tage zu früh oder gar nicht oder gleich oder besser nie oder doch besser sofort oder am Sankt Nimmerleinstag, vielleicht rufe ich lieber erst mal meine beste Freundin an und diskutiere das mit der, aber am Ende rät die mir zu was, was ich gar nicht will, was mache ich denn da nur – und so weiter und so weiter, grübel grübel, denk denk. Hauptsache, sich selbst blockiert.
Wie schön ist es da, ein Mann zu sein. Ich bin interessiert an der Lady, also rufe ich sie an. Ich bin nicht interessiert, also rufe ich sie nicht an. Punkt, aus.
Was für ein drolliger Zufall überhaupt, dieser Crash.
Und dann noch Katrin mit ihrem Bauspar-Biker. Das muss ich beim nächsten Treffen den Kumpels erzählen, die lachen sich garantiert halb tot!
Aber die Vanessa, mein lieber Schwan. Stehe ich jetzt zusätzlich auch noch auf die ganz Drallen? Ist ja irre.
Und das ist echt schon dreieinhalb Jahre her? Verrückt. Hat die tatsächlich diesen drolligen Sohn. Freut mich aber für sie, wirklich. Keine drei Jahre alt, der Scheißer, und schon ein kleiner Draufgänger. War ich auch. Erzählte mein Papa immer, weiß ich aber auch noch.
Der Marius erinnert mich wirklich an mich, früher. Auch die Haarfarbe und so, wie auf meinen Kinderfotos. Was hat der eigentlich für eine Augenfarbe gehabt, der Marius?
Hm. Wie alt ist er? Wird in drei Monaten drei Jahre alt, hat Vanessa gesagt. Und wir hätten uns das letzte Mal vor dreieinhalb Jahren gesehen. Und da soll was gelaufen sein. War das so? Ja aber – wie bitte? Ja wie denn jetzt.
Jetzt muss ich mal rechnen: In drei Monaten, wenn der drei wird, ist es dreidreiviertel Jahre her, dass wir …
Drei Vierteljahre, das sind neun Monate, richtig? Und in neun Monaten, da backen die auch ihre Ofen-Pommes aus, oder? Oha. Soll das etwa heißen …
Ach du liebe Güte. Hat sie deswegen so schief geguckt?
Jetzt hör aber auf zu spinnen. Du und Vater. Total albern. Das hätte sie mir doch wohl gesagt.
Hätte sie wirklich? Tough war sie schon immer …
Ach du Schande! Das gibt es nicht. Nee, das gibt es ganz sicher nicht. Nie im Leben. Das kann es gar nicht geben.
Ich brauche das Foto. Das Foto, das sie gemacht hat. Ich muss mir den noch mal ansehen. Aber wie komme ich da ran, ohne dass es auffällt? Ha, ich weiß es: Ich sage einfach, ich will das für die Supp, weil die sich bestimmt darüber freut, dass ihr Zottelhund so gut ankommt.
Und wieso klingelt es jetzt? Ich habe den Ton ja gar nicht laut.
Ich stehe auf und öffne meine Wohnungstür. Frau Supp ist es. Was will die denn um diese Zeit?
„Hallo, Herr Späth, könnte ich dann den Rufus wiederhaben?“
„Hm? Wieso den Rufus? Wegen dem Foto?“
„Dem Foto? Welchem Foto? Nein, einfach nur meinen Hund. Der da hinten auf dem Sofa liegt und irgendwas von Ihrem Teller frisst. Oder brauchen Sie ihn noch?“
Rufus? Auf meinem Sofa? Von meinem Teller frisst? Der Hund ist noch da! Auf meinem Sofa! Meine Pommes!
Oh Mann, was für ein Sonntag!