Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 604 - Frank Moorfield - Страница 7

2.

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Unheil lag in der Luft. Der handige Nordostwind entwickelte bösartige Schärfe. Dunkle Wolken schoben sich drohend wie ein apokalyptisches Reiterheer über die Kimm. Ein seltsames Vibrieren lag über der fast schwarzen Wasserfläche des Nordmeeres.

Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, beobachtete die langen weißen Schaumstreifen und zog die Brauen zusammen.

„Nach gutem Frühlingswetter sieht das nicht gerade aus“, sagte er. Der Wind zerwühlte sein schwarzes Haar und zerrte zunehmend an den Lateinersegeln der dreimastigen Schebecke.

„Dabei ist heute Sonntag“, sagte Old Donegal Daniel O’Flynn beinahe vorwurfsvoll. „In London lustwandeln die Jungfrauen am Ufer der Themse und pflücken im strahlenden Sonnenschein kleine Sträußchen Vergißmeinnicht.“

Der Seewolf lächelte. „Vielleicht kannst du bald den isländischen Jungfrauen beim Pflücken von Eisblumen helfen. Die nordischen Maiden sollen nicht weniger hübsch sein als die englischen.“

Dem Profos Edwin Carberry entlockte diese Bemerkung Hasards ein glucksendes Lachen.

„Meinst du wirklich, Sir, daß unser guter alter Donegal eine Jungfrau von einer Windsbraut unterscheiden kann?“

Bevor der Seewolf etwas darauf erwidern konnte, verzog Old Donegal das von Wind und Wetter gezeichnete Gesicht zu einem harten Grinsen.

„Immerhin“, erklärte er, „habe ich auch meine hübsche Mary von den Windsbräuten unterscheiden können, nicht wahr?“ Er spielte damit auf seine späte Heirat mit Missis Mary Snugglemouse an. „Außerdem habe ich es wohl auch verstanden, auf die richtige Art und Weise mit diesem herzigen Weib – äh – umzugehen, wie das mein kleiner Edwin Shane beweist. Du aber, mein lieber Ed, kannst nicht mal einen weiblichen Hering von einer Klapperschlange unterscheiden, geschweige denn, eine holde Jungfrau von des Teufels Großmutter.“

„Jetzt hat er dir’s aber gegeben, Ed“, sagte Hasard lachend. „Genaugenommen kann man ihm schlecht was entgegenhalten – zumindest, was den kleinsten und jüngsten O’Flynn betrifft.“

Edwin Carberry winkte ab.

„Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“, verkündete er. „Außerdem – vielleicht war’s auch gerade ein Sonntag. Einigen seiner Geschöpfe soll der Großlord da oben im Himmel an diesem Tag ja besonders gnädig gesonnen sein …“

Der Seewolf unterbrach die Diskussion, indem er den Blick erneut zur Kimm richtete.

„Dann wollen wir mal hoffen, daß wir auch ein bißchen von der Sonntagslaune des Großlords profitieren“, sagte er. „Brauchen könnten wir’s. Da braut sich nämlich was zusammen.“

In der Tat – die Wolkenbänke, die sich heranschoben, wurden immer dichter und dunkler. Da die Seewölfe nicht zum ersten Mal das Nordmeer befuhren, konnten sie sich lebhaft vorstellen, was sich da auf sie zuschob.

Vom norwegischen Bergen kommend, lagen sie Island an – das „Land aus Feuer und Eis“. Viele nannten die Insel so, weil auf ihr Gletscher und Vulkane einen ständigen Kampf um die Vorherrschaft führten.

Die Seewölfe waren nicht allein auf diesem Törn. In ihrem Kielwasser, etliche Kabellängen hinter der Schebecke, folgte der Schwarze Segler des Wikingers, der den poetischen Namen „Eiliger Drache über den Wassern“ trug.

Man hatte Thorfin Njal und seine Mannen samt der mandeläugigen Eurasierin Siri-Tong endlich getroffen. Der Wikinger hatte in Bergen eine Ladung Eisenerz bestellt, die er in die Karibik zu bringen gedachte.

Vor ihrer Übernahme wollte er jedoch unbedingt einen Abstecher nach Island unternehmen, um auf dem im Isafjord gelegenen Thorgeyr-Hof, der Heimat seiner Frau Gotlinde, nach dem Rechten zu sehen. Er hatte die Arwenacks gebeten, ihn auf dieser Fahrt zu begleiten, zumal auch sie eine besonders enge Beziehung zu den Bewohnern des einsam gelegenen Hofes hatten.

Daß die Fahrt, wie Carberry das ausdrückte, „ein bißchen stürmisch“ werden würde, bereitete den Arwenacks nur wenig Kopfzerbrechen. Schließlich hatten sie schon so manchen schweren Sturm abgewettert, seit sie die Weltmeere befuhren.

Auch in der jetzigen Situation bedurfte es nur weniger Kommandos des Seewolfs. Jeder an Bord wußte, wo sein Platz war, und was er zu tun hatte.

So wurde zunächst einmal alles, was nicht fest mit dem Schiff verbunden war, unter Deck geschafft. Das geschah nicht nur mit toten Gegenständen, sondern auch mit den Tieren an Bord.

Was die Wolfshündin Plymmie und den Schimpansen Arwenack betraf, gestaltete sich das ziemlich problemlos.

Sir John, der karmesinrote Aracanga-Papagei, dachte jedoch nicht daran, sich einsperren zu lassen und widersetzte sich sämtlichen Versuchen der Söhne des Seewolfs, ihn unter Deck zu bringen, indem er stets mit kräftigen Flügelschlägen den Standort wechselte. Auch die verführerischsten Leckerbissen lockten ihn nicht.

„Fallen Anker, ihr lausigen Seegurken!“ rief er aufgebracht und verlieh seinen Worten durch imposantes Flügelschlagen entsprechenden Nachdruck.

„Ich hab’s“, verkündete Philip junior schließlich. „Wir holen seine Badewanne. Und wenn er drinsitzt, werfen wir ein Stück Segeltuch darüber.“

Wenig später tauchte er mit einem flachen Holzbottich auf, in den sein Bruder Hasard eine Pütz Wasser schüttete, die er eilig an Bord gehievt hatte.

„Na, komm schon, Sir Jöhnchen!“ rief Philip und platschte mit den Händen im flachen Wasser.

Für gewöhnlich konnte der Vogel dem nicht widerstehen. Diesmal aber äugte er mißtrauisch zu seinem Badezuber und ließ sich dann nach kurzem Flug auf einer Taurolle nieder.

„Scheißfraß heute, Kutscher!“ Er schickte dieser Feststellung einen lauten Pfiff hinterher, unternahm jedoch keinerlei Anstalten, der hinterhältigen Einladung der Zwillinge Folge zu leisten.

Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann, lachte prustend.

„So schlau wie ihr ist der Bursche schon lange“, sagte er. „Da könnt ihr bis zum Jüngsten Tag warten, bis er euch auf den Leim geht.“

Das sahen die beiden Junioren schließlich auch ein.

„Der Profos muß her“, entschied Hasard junior. „Wenn’s einer schafft, dann er.“

Als Edwin Carberry nahte, trippelte Sir John erwartungsvoll auf der Taurolle hin und her und plärrte in ständigem Wechsel: „Hopp-hopp, hepp-hepp …!“

„Willst du wohl deinen frechen Schnabel halten, du kariertes Steppenhuhn?“ röhrte der Profos. „Wenn das Wetter losbricht, bläst dich der Wind glatt nach Südamerika zurück.“

„Dummbart!“ lautete der Kommentar des Papageis, dennoch schien ihn die Stimme seines Herrn und Lehrmeisters ungemein zu beruhigen, denn er blieb endlich sitzen und brabbelte noch irgend etwas Unverständliches in seine aufgeplusterten Halsfedern.

Der Profos näherte sich ihm mit langsamen Schritten und ging schließlich vor ihm in die Hocke.

„Es gibt nur drei Möglichkeiten, mein kleiner Liebling“, verkündete er Sir John. „Entweder hüpfst du in deine Badewanne, oder du läßt dich so von mir unter Deck bringen. Wenn nicht, sorge ich dafür, daß dich der Kutscher in der Pfanne brät. Hast du das kapiert?“

Sir John hielt den Kopf schief und beäugte den wuchtigen Mann mit dem gewaltigen Rammkinn. Dann geschah wieder einmal das, was den Arwenacks stets ein ungläubiges Staunen abrang. Der Vogel flatterte auf Carberrys Schulter und ließ sich – wie ein verliebter Gockel an seinem Ohrläppchen knabbernd – unter Deck bringen.

„Man muß nur vernünftig mit dem Burschen reden“, sagte Carberry sachlich, bevor er mit Sir John in der Luke verschwand. „So ein Piepvogel ist schließlich auch nur ein Mensch.“

Die Arbeit an Bord ging ohne Unterbrechung weiter. Der Seewolf ließ als nächstes Manntaue spannen, die längs des Decks verliefen und den Männern bei Sturm zum Festhalten dienten. Danach wurden die Luken verschalkt.

Hasard setzte das Spektiv ans Auge und blickte in nordwestliche Richtung.

„Da müßten bald einige der nördlichen Shetlandinseln auftauchen“, sagte er zu Ben Brighton, seinem Stellvertreter. „Dort gibt es genug Buchten, in denen wir Schutz vor dem Sturm finden können.“

„Bei dem, was sich da zusammenbraut, sollte man sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen“, meinte Ben. „Auch Thorfin wird sicherlich nichts gegen die kurze Unterbrechung des Törns einzuwenden haben.“ Er wandte sich um und sah nach dem Schiff des Wikingers, das achteraus folgte.

Der mächtige Viermaster, bei dem es sich um eine Kombination von Galeone und Dschunke handelte, wirkte in der düsteren Atmosphäre des aufkommenden Unwetters mit seinem schwarzen Rumpf und den schwarzen Segeln wie ein finsteres Ungeheuer.

Wie deutlich zu erkennen war, hatte Thorfin bereits Marssegel, Großsegel und Blinde wegnehmen lassen, um den Schwierigkeiten, die ein plötzliches Umspringen des Windes mit sich bringen konnte, zu entgehen. Im Gegensatz zur Schebecke der Arwenacks waren Fockmast, Großmast und Hauptmast des Seglers rahgetakelt. Lediglich der Besan führte ein Lateinersegel.

Auch der Seewolf hatte bereits die Fläche der Segel um einiges verringern lassen, zumal das gespenstische Orgeln und Pfeifen des Windes ständig zunahm. Es wurde immer schwieriger für die Crew, das Schiff auf Kurs zu halten.

Pete Ballie, der stämmige Rudergänger, mußte zu diesem Zweck an der Pinne eine ganze Menge an Muskelkraft investieren.

Auch einige weitere Blicke durch den Kieker brachten noch keine neuen Erkenntnisse.

„Noch nichts von den Shetlandinseln zu sehen“, sagte Hasard. „Allerdings wird die Sicht auch immer schlechter.“

In der Tat nahm das anfängliche dunstige Grau immer mehr an Schwärze zu. Das Toben der Elemente verstärkte sich. Die heranrollenden Wellen entlockten der Schebecke ein fast rhythmisches Ächzen und Stöhnen, das zeitweilig vom Knarren der Rahruten übertönt wurde.

Endlich drang die Stimme Dan O’Flynns, der nach wie vor über das schärfste Sehvermögen an Bord verfügte und deshalb zum Ausguck aufgeentert war, durch das Getöse.

„Deck! Insel Steuerbord voraus!“ lautete seine Meldung.

Die übrigen Männer der Crew sahen zwar noch nichts, aber sie wußten sehr wohl, daß sie sich auf den Adlerblick Dan O’Flynns verlassen konnten.

Dem Seewolf wurde die Ankündigung der Shetlandinseln kurz darauf durch die Optik des Spektivs bestätigt.

„Also doch“, sagte er zufrieden. Bald darauf gab er den Befehl, nach Backbord abzufallen. Das Gewirr von rund hundert Inseln und Inselchen schien ihm in bezug auf den scharfen Nordostwind am meisten Sicherheit zu versprechen. Immerhin würden die Landmassen als natürlicher Schutzwall dienen.

Für die Arwenacks gab es weiterhin alle Hände voll zu tun. Der Wind wurde immer böiger und tückischer, die dunklen, fast schwarzen Wassermassen brodelten und schäumten. Überkommende Seen klatschten auf das Deck und liefen gleich darauf gurgelnd und rauschend durch die Speigatten ab. Die kurze Fahrt zu den schützenden Inseln entwickelte sich mehr und mehr zu einem höllischen Unternehmen.

Als sich Edwin Carberry zum Vorschiff durchschlug, entdeckte er den Alten mit dem Holzbein in der Nähe des Fockmastes. Die Fäuste um ein Tau geklammert, starrte er für kurze Zeit prüfend in die tiefhängenden Wolken.

„Wenn du hinter die Kimm sehen willst, Donegal“, brüllte der Profos mit Donnerstimme, „mußt du erst mal den schwarzen Vorhang wegziehen!“

„Wenn du mir die Leiter hältst, kann ich es ja mal versuchen“, brüllte Old O’Flynn zurück und setzte seinen Weg nach achtern fort.

Carberry moserte lauthals auf dem Vorschiff herum, wünschte den böigen Nordostwind zum Teufel und forderte die Windsbräute auf, „endlich mal die drallen Hinterteile zuzukneifen“, alldieweil es hier schon zugig genug sei.

Die Arwenacks konnten trotz des schweren Wetters ein Grinsen nicht unterdrücken. Solange ihr Profos fluchte, und Old Donegals geistige Verbindung zu den Hinterkämmerchen der Kimm nicht gestört wurde, war an Bord noch alles in Ordnung, darüber waren sie sich im klaren.

Eine der zahlreichen Shetlandinseln wuchs bald wie eine schwarze Mauer am Horizont hoch.

„Wir haben es geschafft, Sir!“ rief Dan O’Flynn, der gleich, nachdem er die Inseln Steuerbord voraus gemeldet hatte, vom Ausguck abgeentert war.

Jeder wußte, daß es während eines Sturmes dort oben nicht nur äußerst ungemütlich, sondern ebenso gefährlich war. Dennoch drang Dan darauf, abermals hinaufzuklettern, weil ein entsprechender Ausblick das Auffinden einer geeigneten Bucht wesentlich beschleunigen würde.

Nachdem er sich ein Spektiv in den Gürtel geschoben hatte, enterte er flink nach oben. Daß der scharfe Wind ihn regelrecht durchpeitschte und wie wild an seinen blonden Haaren zerrte, war für ihn kein Hinderungsgrund.

„Ja, ja, klettern kann er, der Kleine“, sagte Old Donegal mit einem gewissen Vaterstolz. „Da könnte es selbst unser Bordaffe mit dem Neid zu tun kriegen.“ Obwohl Dan längst ein gestandenes Mannsbild war, nannte er ihn immer noch „den Kleinen“ oder – sofern er schlecht gelaunt war – sogar eine „Rotznase“. Insgeheim aber wünschte sich der Alte, daß sein jüngster Sprößling aus der Ehe mit Mary Snugglemouse einmal so werden würde wie Dan.

Dans scharfer Blick, durch das Spektiv verstärkt, war auch diesmal nicht erfolglos.

„Deck!“ brüllte er. „Große Bucht – zwei Strich nach Backbord.“

„Verstanden!“ rief Hasard zurück. „Enter sofort wieder ab!“

Dann gab er die Meldung an Pete Ballie weiter, der einen ständigen Zweikampf mit der Pinne ausfocht, und veranlaßte danach die nötigen Segelmanöver.

Bald darauf lief die Schebecke mit halbem Wind in die Bucht ein, und „Eiliger Drache über den Wassern“ folgte ihrem Beispiel.

Die Höllenfahrt war zu Ende, vorerst wenigstens, denn sie hatten im Hinblick auf ihr Ziel, die nordische Insel Island, nicht einmal die halbe Strecke hinter sich gebracht. Um den nächsten Tag bereiteten sich der Seewolf und seine Mannen noch keine Sorgen.

Die Bucht blieb von den Auswirkungen des heftigen Sturmes weitgehend verschont, dafür sorgten hohe Felswände und steile, grasbewachsene Hänge, die sie zum Land hin abgrenzten. Für beide Schiffe fand sich ein günstiger Ankerplatz.

Die Männer waren durchnäßt und hungrig, dennoch waren sie froh darüber, diesen Unterschlupf gefunden zu haben, zumal niemand mit Gewißheit sagen konnte, wie lange das Unwetter dauern würde. Es konnte sich durchaus von einer Stunde zur anderen legen, sich aber auch über Tage hinweg austoben.

Während sich das Bordleben wieder normalisierte, wurden der Kutscher und Mac Pellew zwangsläufig zu den Hauptpersonen. Dafür sorgte allein schon das allgemeine Magenknurren. Was die Doppelfunktion der beiden Männer als Köche und Feldschere betraf, erfreuten sich ihre Kombüsenkünste verständlicherweise der größeren Beliebtheit.

Da es empfindlich kalt war, griff der Kutscher wieder einmal auf die kostbaren Teevorräte zurück, die man während der letzten China-Fahrt eingekauft hatte.

Eine Muck mit diesem dampfenden Getränk, vermischt mit einem kräftigen Schuß Rum, das brachte, wie der Profos immer wieder beteuerte, den „inneren Ofen“ in Schwung. Natürlich maß er dem Rumanteil wesentlich mehr Wirksamkeit zu, als der „chinesischen Kräuterbrühe“.

Als der Profos die Muck absetzte, verzog er das zernarbte Gesicht zu einem zufriedenen Grinsen. Seine Augen waren auf Old O’Flynn gerichtet.

„Die wenigen Bewohner dieser Inseln leben von der Schafzucht. Jetzt kannst du endlich mal in Ruhe Schäfchen zählen, Donegal. Du brauchst dabei nicht mal nach oben zu blicken.“

Der Alte ließ sich jedoch nicht so leicht auf den Arm nehmen.

„Da du das größte bist, mein lieber Ed, kann ich ja gleich bei dir anfangen.“ Er nahm einen kräftigen Schluck aus der dampfenden Muck. „Schmeckt immer wieder gut, das Zeug“, fügte er zum Kutscher gewandt hinzu.

Die übrigen Männer nickten zustimmend.

„Kaum zu glauben, daß das Gesöff größtenteils aus Wasser besteht“, meinte Ferris Tucker. „Doch da ihr gerade von Schafen und Schäfchen sprecht – wo es diese gibt, sind auch Lämmer nicht weit. Das erinnert mich verdammt angenehm an Cyrus Huntlys Kneipe in London. Zarter Lammbraten mit viel Knoblauch – das war wirklich Magenwonne.“

Die Mannen nickten andächtig, die Blicke einiger wirkten beinahe träumerisch. Nur der Profos mußte das kleine „Traumschiffchen“ wieder einmal auf einen anderen Kurs bringen.

„Der geschniegelte Schafskopf war auch nicht zu verachten“, tönte er, „mit dem man so herrlich die Kneipe aufwischen konnte. O ja, so richtig zum Aufbrassen war das.“

Sie alle erinnerten sich sehr wohl noch an den Grafen von Essex, dem sie für sein intrigantes Verhalten einen ordentlichen Denkzettel verpaßt hatten.

Der Kutscher setzte den Gesprächen die Krone auf.

„Lammfleisch ist noch im Vorratsraum“, sagte er, „und was den Knoblauch betrifft – der würde noch für eine ganze Flotte ausreichen.“

„Für eine Flotte von Stinkern“, murmelte der Profos. „Aber nichts für ungut, Kutscher. Wenn du uns zum Backen und Banken ein solches Mahl auf die Back bringst, kannst du sicher sein, daß man dir so manche Sünde aus der Vergangenheit aus christlicher Barmherzigkeit verzeihen wird.“

„Von was für Sünden redest du da?“ ereiferte sich der blonde, hagere Kutscher.

Der Profos schob mit mildem Grinsen das mächtige Rammkinn vor.

„Reden wir nicht mehr darüber, mein Bruder im Herrn“, entgegnete er gesalbt. „Sie sind vergessen und vergeben, selbst wenn sie so weiß waren wie Purpur und so rot wie – wie …“

„Jetzt mußt du nur noch ‚Schnee‘ sagen, du Hirsch“, unterbrach ihn der Kutscher. „Dabei lautet der fromme Spruch genau umgekehrt.“ Unter dem allgemeinen Gelächter verholte der Koch zur Kombüse, während sich der Profos verlegen das stoppelbärtige Kinn rieb.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 604

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