Читать книгу In den Wald - Franz Orghandl - Страница 7

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Es war für ihn nämlich genauso wie für Mama und Papa auf der anderen Seite, die dort nur die Schrankwand sahen. Deshalb glaubte Konstantin Mayer nicht an Mama und Papa, und Mama und Papa glaubten nicht an Konstantin Mayer.

Das machte Nina sehr wütend, denn sie verlangte, dass man ihr glaubte.

„Verdammt noch mal, wenn ich es aber sage!“, sagte sie zu Konstantin Mayer.

Und:

„Verdammt noch mal, wenn ich es aber sage!“, zu Mama und Papa.

Aber das Ganze hatte auch etwas Gutes. Sie konnte im Wald tun und lassen, was sie wollte, Mama und Papa glaubten ja sowieso nicht daran. Sie konnte auf die höchsten Bäume klettern und tief in den Brunnen tauchen. Und das Beste: Sie konnte hinaus in die Nacht.

Wenn es finster wurde, war es am schönsten. Die Farben schwanden, es gab Geräusche, die man am Tag nicht hörte. Es gab Glühwürmchen und Tau an den Grashalmen der Lichtung. Und wenn der Mond hell schien, sah man den Nebel darüber kriechen.

Um des Nachts den Wald besuchen zu können, legte sich Nina ganz brav und rechtzeitig ins Bett. Anstatt aufzustampfen und zu rufen, sie wolle auch den Krimi schauen, ließ sie Mama und Papa alleine fernsehen.

Hätte Nina gesagt, sie ginge noch in den Wald, hätten Mama und Papa nichts dagegen haben können, weil sie ja gar nicht an den Wald glaubten. Doch hätten sie gewusst, dass sie noch in den Schrank wollte, hätten sie behauptet, dazu wäre es schon zu spät. Was natürlich Blödsinn war, wie sie selbst wissen mussten, denn wie konnte es zu spät werden, um in einen Schrank zu gehen? Davon hatte noch keiner gehört. Behauptet hätten sie es aber doch, und zu zweit behaupten geht einfach.

Vor dem Fernseher saßen Mama und Papa immer lange und gingen nicht weiter als in die Küche oder aufs Klo. Nina konnte ganz ungestört von ihrem Zimmer über den Gang in das dunkle Elternschlafzimmer schlüpfen und dort in den stockfinsteren Schrank.

Manch ein Kind hätte vielleicht ein bisschen Angst gehabt, und auch Nina gruselte es, wenn auch sehr wenig, wenn sie sich an den Hemden vorbei tastete und am Stoß Tischtüchern und Überwürfen vorbeischob, bis sie den kühlen Abendhauch auf ihrer Haut spürte.

Es dauerte eine kleine Weile, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten und sie den vertrauten Weg erkennen konnte, an dem ein Bach glitzerte. Dort, wo am Tag die Sonne durch die hohen Wipfel brach, erschienen jetzt die Sterne. Über der Lichtung, wo am Tag die Vögel flogen, strichen nun Fledermäuse durch die Luft. Manchmal schrie eine Eule, und flog sie dicht über Nina hinweg, konnte die ihren Flügelschlag hören.

Dann lauschte sie, wo es im Gehölz knackte. Dort molk Konstantin Mayer dicke Halme, um Schaumkuchen zu backen, oder pflückte Knospen, aus denen er Marmelade und Sirup machte.


In den Wald

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