Читать книгу Roter Stern am Schwarzen Meer - Franz Taut - Страница 6

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Befehl von oben

Die Stimme, die mich angerufen hatte, war fremd. Sie gehörte, wie ich sogleich feststellte, einem Mann vom Bataillonsstab, der mit vier anderen zur Sicherung über der Schlucht lag. Ein MG war schussbereit nach Osten gerichtet.

»Was habt denn ihr vor?«, fragte ich.

»Vorgeschobener Bataillonsgefechtsstand«, erklärte der Führer des kleinen Trupps. »Der Tross ist zurückverlegt worden.«

Ich lief, so schnell ich konnte, den Trampelpfad hinunter. Die Verwundeten, die bei mir waren, trotteten langsam hinter mir her. Vor dem Bunker, den sich unser Hauptfeldwebel eingerichtet hatte, stand ein Posten mit Stahlhelm und Maschinenpistole. Er erkannte mich und sagte, auf die Tür weisend, die aus einem zerstörten Dorf stammte: »Der Herr Major ist drinnen, Herr Oberleutnant.«

Ich öffnete die Tür, trat ein und schloss sie rasch hinter mir, da eine Petromaxlampe hellen Lichtschein in dem geradezu wohnlich ausgestatteten Bunkerraum verbreitete. Major Wilhelmi stand vor einer auf einem Tisch ausgebreiteten Karte. Mit einer Hand hielt er den Hörer des Feldfernsprechers ans Ohr, die andere bedeckte den von uns aufgegebenen Abschnitt auf der Karte. Neben ihm stand Leutnant Stapf, der Adjutant. Der Bataillonskommandeur nickte mir flüchtig zu. Stapf gab mir die Hand. Es war eine Geste stummer Anteilnahme, als hätte ich den Verlust eines nahen Angehörigen zu beklagen.

Major Wilhelmi sagte mehrmals »Jawohl, Herr Oberst«, dann legte er auf und läutete ab.

Ich begann auf einmal zu zittern wie unter heftigem Schüttelfrost und fühlte, wie es mir heiß in die Augen schoss. Nervenkollaps! Ich hatte es schon erlebt, dass standhafte Männer wie Kinder losheulten, wenn die Reaktion überwundener Schrecken sie überkam.

Major Wilhelmi, ein kleiner, untersetzter Herr mit breitem Brustkasten und rundem Kopf, packte mich an beiden Armen. »Beruhigen Sie sich, Emser«, sagte er. »Schöner Schock. Kann mir’s denken. Brauchen nicht drüber zu reden. Weiß schon alles. Fromm hat noch einen Funkspruch durchgegeben, als er schon von den Panzern überrollt war. ›Sie sind im Graben‹, waren seine letzten Worte, dann war die Verbindung abgerissen. Sieht böse aus. Rechts hat die ›Spielhahnfeder‹ mit ’ner verstärkten Kompanie abgeriegelt. Links ist es noch unklar. War ja nicht gerade ein freundlicher Empfang für Leutnant Lemke. Ist er unverletzt?«

»Jawohl, Herr Major«, antwortete ich, wieder gefasst. »Er besetzt mit dem Rest der Kompanie die Podwolnij-Höfe. Was ist mit den Panzern, Herr Major?«

»Vier sind abgeknallt. Einer muss sich verschossen haben. Die Besatzung hat ihn gesprengt. Der Letzte kurvt noch irgendwo ’rum. Egal – einer allein kann nichts ausrichten. Wie steht’s mit den Verlusten? Hoch?«

Ich teilte ihm die von Leutnant Lemke angegebenen Zahlen mit. Sechs Unteroffiziere und 22 Mann hatten am Sammelplatz gefehlt. Die Mehrzahl von ihnen war gefallen oder schwerverwundet in die Hand des Feindes geraten. Der Rest galt als vermisst.

»Ich schicke Sie mit einem Kradmelder zurück«, sagte Major Wilhelmi. »Lasse Sie ungern gehen – gerade jetzt. Aber die Division schreit nach Ihnen. Beim Regiment ist Hochbetrieb, wie Sie sich vorstellen können. In zwei Stunden soll ein Gegenangriff anlaufen. Vom Führer persönlich befohlen. Morgen früh muss die Stellung wieder in unserem Besitz sein. Vollzugsmeldung morgen früh fünf Uhr. Der General soll über diese Einmischung außer sich sein. Habe gerade mit dem Regimentskommandeur gesprochen. Die Division hat bei ihm einen vorgeschobenen Gefechtsstand eingerichtet. Sie können ja versuchen, sich beim General zu melden. Weiß nicht, ob er Zeit für Sie hat. Wenn nicht, fahren Sie gleich weiter nach Pokrowskaja. Den Kradmelder schicken Sie mir sofort zurück. Vielleicht brauche ich ihn heute Nacht.«

Bevor ich mich abmeldete, bat ich den Major, für die Verwundeten zu sorgen, die ich mitgebracht hatte.

»Machen wir«, sagte Major Wilhelmi. »Ich habe einen Doktor hier. Krankenwagen sind im Anrollen. Wird allerhand fällig werden heute Nacht, schätze ich.«

Leutnant Stapf hatte sich entfernt, um den Kradmelder zu mobilisieren. »Na ja, Herr Emser«, sagte Major Wilhelmi zum Abschied. »Nehmen Sie’s nicht so schwer. Hat ja einmal so kommen müssen. Eins gegen vier kann auf die Dauer nicht gut gehen. Wird im Übrigen bereinigt werden.«

Ich verließ den Bunker. Vor der Tür traf ich mit Leutnant Stapf zusammen. »Diesmal werden wir Zuschauer sein«, sagte er. »Die Kompanie Fromm ist aufgerieben. Mit Ihrer ist ja derzeit auch nichts auszurichten. Und die 12. haben wir abgegeben. Mal was anderes, sich den Zauber vom Feldherrnhügel aus anzusehen. Das dritte Mal jetzt, dass die Wolfsschanze einen Nachtangriff befiehlt. Im Juli war’s bei den 97er Jägern genauso. Nachts mussten sie die verlorene Höhe wieder holen. Und sie haben es geschafft.«

Der Motor des Krads knatterte schon. Ich nahm auf dem Soziussitz Platz. Wie eine Rakete schoss die Maschine los. Der Fahrer schien Gelände-Virtuose zu sein.

Mit Vollgas ratterte er durch die Schlucht und dann am Westausgang den steilen Hang hinauf. Erst als wir die gut ausgebaute De-Angelis-Straße erreichten, wurde mir wohler. Wir fuhren natürlich ohne Licht. Schwere Lkws, dicht mit Mannschaften besetzt, kamen uns entgegen, eine Batterie 8,8-Flak, eine Batterie Kanonen und eine lange Reihe kettenrasselnder Sturmgeschütze. Ich fragte mich, wo man das alles so schnell hergenommen hatte. Uns vorn in der Hauptkampflinie hatte man immer gesagt, wir seien auf uns gestellt und dürften mit nichts anderem rechnen.

Der Kradfahrer bog zum Regimentsgefechtsstand ab, der sich ebenfalls in einer der zahlreichen Schluchten befand, wo man halbwegs sicher vor Artilleriebeschuss war. Vor den Stabsbunkern wimmelte es von fremden Offizieren. Geländegängige Kraftwagen warteten mit laufenden Motoren. Einer davon führte den schwarzweiß-roten Divisionsstander am Kotflügel.

Gefolgt von unserem Regimentskommandeur trat der General aus einem Bunker. Ich war vom Krad abgestiegen und ging auf den General zu. Er hatte uns mehrmals in der Stellung besucht. Oberst Staufer, unser Regimentskommandeur, winkte ab, doch der General hatte mich schon bemerkt. Straff aufgerichtet kam er heran.

»Da sind Sie ja«, sagte er. Das goldene Eichenlaub am Kragen seiner Tropenfeldbluse gab seinen Rang zu erkennen. Am Hals schimmerte matt das Ritterkreuz. Ich meldete mich vorschriftsmäßig.

»Waren Sie schon unterwegs, als der Schlamassel anfing?«, fragte der Divisionskommandeur. Sein scharf geschnittenes, schmales Gesicht war dunkel gebräunt. Die grauen Augenbrauen wirkten wie weiße Striche.

»Nein, Herr General«, antwortete ich. »Ich bin vorn geblieben, weil ich mit einem Angriff rechnete, allerdings erst morgen früh.«

Er nickte. »Fahren Sie nach Pokrowskaja, Emser. Werde mal sehen, was sich da oben machen lässt. Ich habe eine Mitteilung für Sie. Aber nicht jetzt. Wir sprechen uns morgen.«

Er grüßte kurz und begab sich zu seinem Kübelwagen. Der Regimentskommandeur stieg nach ihm ein. Die beiden schienen es äußerst eilig zu haben.

Als ich knapp eine halbe Stunde später in dem auf einer Höhe gelegenen Trümmerdorf Pokrowskaja ankam, standen Hauptmann Scheffler, der Ic, und Hauptmann Peterhans, sein Dolmetscher-Offizier, vor der Ruine, unter der die Quartier- und Diensträume der Abteilung Ic lagen. Der Kradmelder riss seine Maschine herum und stob frontwärts davon.

»Bleiben Sie gleich hier, Herr Emser«, sagte Hauptmann Scheffler, mein neuer Vorgesetzter, nachdem ich mich gemeldet hatte. »Es wird bald losgehen. Von hier aus haben wir einen ausgezeichneten Überblick.«

Ich legte meinen Rucksack ab und lehnte meine Maschinenpistole neben den Eingang zu meiner künftigen unterirdischen Behausung. Hauptmann Scheffler, Reservist, im Zivilberuf Rechtsanwalt, war einmal im Juli mit dem Dolmetscheroffizier vorn in meiner Stellung gewesen, als wir einen schwerverwundeten russischen Major bei uns hatten, der sich, wie viele von der anderen Seite, als Gegner Stalins bezeichnete und wichtige Aussagen machen wollte. Er war vor der Ankunft der beiden gestorben.

»Ich habe dauernd gewarnt«, sagte der Ic. »Hauptmann Lutz, der Ic beim Jäger-Korps, war einer Meinung mit mir. Nichts zu wollen. Jetzt ist das eingetreten, was zu erwarten gewesen war. Und die Folge: ein verlustreicher Nachtangriff, der womöglich nicht einmal zum Ziel führen wird.«

»Ich bin dem Herrn General begegnet«, sagte ich.

»Er will den Angriff persönlich führen«, bemerkte Hauptmann Scheffler. »Oberstleutnant Frisch, unser Ia, hat versucht, es ihm auszureden. Natürlich ohne Erfolg. Diese neue Art der Befehlsgebung kann einen Divisionskommandeur zur Weißglut bringen. Überall mischt man sich hinein, und das Bedenkliche dabei ist, dass seit Stalingrad der Einzelne seinen Wert verloren hat. Bolschewistische Menschenverachtung, krass gesagt. Und was heißt denn überhaupt Kubanbrückenkopf? Wieder so ein Mythos, in Wirklichkeit aber eine Verlegenheitslösung, die uns vom Gegner aufgezwungen worden ist. Wären wir im März über die Straße von Kertsch zurückgegangen, anstatt uns hier festzubeißen, hätte die 17. Armee nicht die Hälfte ihres Bestandes verloren. Die Zangenbewegung hat sich ja in Noworossijsk und im Norden schon deutlich abgezeichnet. Unsere Infanteristen, Jäger und Gebirgsjäger haben die Lage gemeistert – nicht die Zentrale, die weit vom Schuss große Bogen spuckt.«

»Das Lieblingsthema von Hauptmann Scheffler«, warf Hauptmann Peterhans spöttisch ein. Er war der Aussprache nach Österreicher und sah wie ein uniformierter Schauspieler in einem Kriegsstück aus. Im Ersten Weltkrieg war er lange in Sibirien gefangengehalten worden. Dort hatte er auch sein Russisch gelernt.

In der Nähe begann unvermittelt eine Batterie schwerer Haubitzen zu feuern. Grell flammten die Mündungsblitze in der Dunkelheit auf, und der Paukenwirbel der Abschüsse hallte in lang rollendem Echo durch die hügelige Weite.

»Ich glaube, der Nachtangriff ist notwendig«, sagte ich. »Es ist doch anzunehmen, dass die Russen jetzt droben an der Einbruchstelle hineinpumpen, was sie haben. Morgen früh wäre es vielleicht schon zu spät.«

Die beiden Hauptleute, mit denen ich fortan als 03, als dritter Ordonnanzoffizier, zusammenarbeiten sollte, entgegneten nichts. Sie lauschten auf das sich zusehends verstärkende Artilleriefeuer. Oder war es der Hufschlag mehrerer Pferde, der plötzlich in der Nähe zu vernehmen war, was ihre Aufmerksamkeit erregte?

Ein in zwei Rotten geteilter Reitertrupp kam in Sicht. Die Reiter waren mit Karabinern bewaffnet. Auf ihren Köpfen saßen hohe schwarze Fellmützen. Zwischen den beiden Gruppen tappten im Laufschritt drei Zivilisten, zwei Männer und ein Mädchen mit offenem dunklem Haar. Der Trupp hielt an. Einer der Reiter saß ab, trat vor Hauptmann Peterhans hin, hob die Rechte an die Fellmütze und meldete etwas auf Russisch. Peterhans antwortete, indem er auf die Zivilisten deutete, die mit trotzig erhobenen Köpfen zwischen den unruhig tänzelnden Pferden standen. Schließlich verschwanden der Hauptmann und drei der Reiter, die jeder einen der Gefangenen, auch das Mädchen, vor sich herstießen, durch den Eingang, der zum Quartier der Abteilung Ic führte. Die übrigen Reiter trabten mit den ledigen Pferden davon.

»Das sind unsere Kosaken«, erklärte Hauptmann Scheffler. »Wir verwenden sie als Partisanenjäger. In diesem Fall allerdings scheint es sich um Fallschirmspringer, also vermutlich um Agenten, zu handeln, soviel ich verstanden habe.«

Er brach ab. Das Artilleriefeuer vor uns verdichtete sich zu einer donnernden Kanonade, die sich immer mehr verstärkte. Im Osten, wo die Höhe, die wir verloren hatten, sich schattenhaft abzeichnete, sprühten die Explosionsblitze der Einschläge. Weiße Leuchtkugeln stiegen hoch, gleich darauf grüne, ein Zeichen, dass der Gegenangriff angelaufen war. Die roten Schnüre der Leuchtspurgeschosse woben ein sich ständig veränderndes gespenstisches Muster durch die Nacht. Wenn man selbst mittendrin steckte, sah das alles ganz anders und viel weniger eindrucksvoll aus. Das war nun für mich der Krieg, den ich vor Kurzem noch einmal in seiner grausigen Bitterkeit erlebt hatte: Zuschauer aus der Ferne, aus der – wie ich annahm – Sicherheit des Stabsquartiers.

Doch wie es um die Sicherheit bestellt war, sollte ich sogleich erfahren. Feindliche Ferngeschütze griffen in das Gefecht ein. Auf der Nachschubstraße detonierten ihre schweren Koffer. Dann krachten die ersten Einschläge in Pokrowskaja, und die weit fliegenden Splitter trieben uns in Deckung.

Ich folgte Hauptmann Scheffler eine Treppe hinunter, deren Stufen aus den Schwellen einer abmontierten Bahnlinie bestanden. Wir gelangten in einen Raum, in dem elektrisches Licht brannte, das von einem Aggregat mit Strom versorgt wurde. Die Decke des Raumes war aus Beton und mit mächtigen Pfosten abgesteift. An einem Tisch unter der nackten Glühbirne saß Hauptmann Peterhans. Er hatte die Mütze abgenommen. Sein ergrautes Haar bildete einen Kranz um eine runde Glatze, die wie die Tonsur eines Kapuziners aussah. Vor dem Tisch standen das Mädchen und die beiden Männer, dahinter die drei Kosaken, die Karabiner im Anschlag.

Ich verstand kaum Russisch. Während des ganzen Feldzuges war ich nur selten mit der Bevölkerung in Berührung gekommen. Aber aus dem Ton, in dem das Mädchen soeben eine Frage des Hauptmanns beantwortete, hörte ich trotz aller Schärfe die Todesangst. Das mitunter zuckende Licht fiel auf ein bleiches, angespanntes Gesicht. Die dunklen Augen, unter langen schwarzen Wimpern halb verborgen, starrten zu Boden. Sie trug ein schäbiges graues Kleid, das eng ihren festen, runden Busen umspannte. Barfuß stand sie wie ihre beiden Genossen auf dem festgestampften Lehm des Unterstandes.

Hauptmann Scheffler gab mir einen Wink. Ich folgte ihm durch einen mit Bohlen verstärkten Türausschnitt, der mit einer Decke verhängt war, in den Nebenraum. Dort standen drei Holzpritschen, ähnlich jener, auf der ich droben in der Hauptkampflinie in meinem Bunker geschlafen hatte. Auch im Schlafraum gab es elektrisches Licht.

Der Ic wies auf eine Pritsche. »Das Bett Ihres Vorgängers, Herr Emser. Sie können die Decken übernehmen. Der arme Kleinmüller braucht ja keine mehr.«

»Wie ist das eigentlich passiert?«, fragte ich.

Hauptmann Scheffler zuckte die Schultern. »Tiefflieger. So ein dummer Zufallstreffer.«

»Und wie sind Sie ausgerechnet auf mich gekommen?«

Hauptmann Scheffler warf mir einen kurzen Blick zu. »Da hat wohl Verschiedenes mitgesprochen. Sie waren doch früher Regimentsadjutant. Im Übrigen sind Sie im Osten mehrfach verwundet worden. Der General war der Meinung, Sie hätten einmal einen ruhigeren Posten verdient. Ich glaube aber, er hatte noch einen besonderen Grund. Ist Ihnen wohl ziemlich nahegegangen – die Geschichte heute? Als ob die drüben gewusst hätten, dass gerade für Sie die Ablösung kam.«

»Es war wohl schon länger vorbereitet, Herr Hauptmann«, entgegnete ich.

»Natürlich war es vorbereitet«, bestätigte Hauptmann Scheffler. »Wir haben es erwartet, nur wussten wir nicht, wo der Gegner den Hauptstoß ansetzen würde. Er möchte hier aufräumen, verstehen Sie. Wir binden hier Kräfte, die er dringend weiter oben benötigt. Morgen zeige ich Ihnen die Feindkarte. Es wird eine Ihrer Aufgaben sein, sie jeweils auf den neuesten Stand zu bringen – keine reine Freude zur Zeit, Herr Emser.«

Aus dem größeren Raum drangen russische Flüche. Es war die Stimme von Hauptmann Peterhans. Dann hörte ich Rufe »Dawai!« – und »Bystra!« und Getrampel von schweren Stiefeln. Die Kosaken trieben die drei Gefangenen die Treppe hinauf.

Hauptmann Peterhans schob die Decke zur Seite. »Hat heut keinen Zweck mehr«, sagte er. »Sind halt verstockt. Wir wären’s auch. Die Kosaken haben ein Funkgerät sichergestellt. Wär nicht schlecht, wenn man die drei umdrehen könnt.«

»Das sind Fanatiker«, versetzte Hauptmann Scheffler. »Mit denen werden Sie kein Glück haben.«

»Kommt drauf an«, meinte der alte Dolmetscher. Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch in diesem Augenblick läutete im dritten Raum der unterirdischen Behausung ein Fernsprecher. Ein Unteroffizier mit glattem, gescheiteltem Haar erschien und meldete dem Ic, er werde dringend vom vorgeschobenen Gefechtsstand verlangt.

Hauptmann Scheffler entfernte sich durch einen Stollengang, der so niedrig war, dass man nur gebückt gehen konnte. Er blieb einige Minuten aus. Als er wiederkam, zeigte sein kluges, rundes Gesicht einen tief betroffenen Ausdruck. »Meine Herren«, sagte er mit nur mühsam beherrschter Stimme. »Ich habe Ihnen eine erschütternde Mitteilung zu machen: Soeben habe ich die Nachricht erhalten, dass Herr General von Mahler, unser Divisionskommandeur, an der Spitze der stürmenden Truppe gefallen ist. Herr Oberst Staufer führt jetzt den Angriff, der zügig an Boden gewinnt.«

Ich dachte an meine kurzen Begegnungen mit dem General und an alles, was ich als kleiner Frontoffizier von ihm wusste. Er war ein Kavalier gewesen und zugleich ein vorbildlicher Truppenführer. »Wir sprechen uns morgen«, waren seine letzten Worte gewesen. Was mochte es wohl sein? Auch Hauptmann Scheffler hatte so eine Andeutung gemacht. Würde ich es nun nicht mehr erfahren? Ich wollte etwas sagen, aber ich brachte kein Wort hervor. Schon einmal hatte ich einen gütigen, väterlichen Vorgesetzten verloren. Immer waren es die Besten, die der Krieg verschlang.

Hauptmann Scheffler nahm seinen Stahlhelm und seine Maschinenpistole von einem Wandhaken. »Ich fahre nach vorn«, sagte er. »Sie halten einstweilen die Stellung, meine Herren.«

Roter Stern am Schwarzen Meer

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