Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 671 - Fred McMason - Страница 7

2.

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An Deck hatte sich nicht viel geändert. Die „Respectable“ lief weiter nach Süden ab, immer noch verfolgt von den drei portugiesischen Galeonen, die es auf sie abgesehen hatten. Die Verfolger jagten aus nördlicher Richtung heran, und es sah ganz so aus, als würde es gleich wieder ein paar, Treffer setzen.

Carberry prüfte den Wind und blickte in den Himmel. Der war nicht mehr so rabenschwarz wie zuvor, sondern hatte sich aufgehellt. Es war eine Mondsichel zu sehen, die nur hin und wieder von Wolken verdeckt wurde. Auch ein paar Sterne blinkten.

Ein Mann drängte sich an den Arwenacks vorbei und blieb kurz stehen. Carberry sah sein Gesicht nur als vagen Schatten.

„Das habt ihr fein gemacht“, raunte er dem Profos zu. „Euch hat einer dabei beobachtet. Ihr seid wirklich Kerle, die den Teufel nicht fürchten und ihn noch in den Schwanz kneifen.“

„Weiß gar nicht, von was du sprichst“, sagte Carberry unschuldig.

Er glaubte, den anderen hart grinsen zu sehen.

„Aber ich weiß es. Fast alle sind euch dankbar. Wir hatten nur nicht den Mumm, es diesem Drecksack mal zu zeigen. Scheint, daß jetzt langsam ein anderes Lüftchen zu wehen beginnt. Ihr habt jedenfalls eine Menge Freunde an Bord, das solltet ihr wissen. Auch wenn die Freunde das nicht immer offen zeigen können.“

Bevor der Profos oder Ferris eine Antwort geben konnten, war der Mann in der Dunkelheit so schnell verschwunden, als sei er durch die Planken gerutscht.

Carberry grinste breit.

„Freunde, eh? Kann schon sein, ich bin sogar davon überzeugt, denn Whistler hat doch bis jetzt jeden zusammengeschlagen und gezeigt, wer der König im Vordeck ist. Kein Wunder, wenn die Kerle sich auf unsere Seite stellen.“

„Klar, viele sind auf unserer Seite“, pflichtete Ferris ihm bei. „Hier gibt es vier Parteien an Bord. Die eine besteht aus den Achterdecksstieseln, die andere aus den Seesoldaten, die den Stieseln gehorchen, und die dritte aus dem normalen Schiffsvolk. Die vierte sind wir, aber die gliedert sich in die ein, die aus dem normalen Schiffsvolk besteht. Womit wir sozusagen wieder zusammengehören. Aber gerade das ist es, was weiter für böses Blut sorgen wird, denn das merken die anderen auch bald.“

„Mit der Rebellion gegen den Profos haben jedenfalls wir angefangen“, sagte Dan. „Und jetzt scheiden sich irgendwo die Geister. Ohne uns wäre der Terror weitergegangen wie bisher, weil sich niemand traut, aufzumucken. Bin gespannt, wie das ausgehen wird.“

„Gut jedenfalls nicht“, murmelte Smoky. „Irgendwann schlägt der Funken über und löst eine Explosion aus.“

Er hatte gerade das letzte Wort ausgesprochen, als es wie zur Bestätigung auch schon so etwas wie eine Explosion gab.

Achteraus riß der dunkle Himmel auf. Die Mondsichel verblaßte, und die Sterne versteckten sich schamhaft hinter der Schwärze. An ihrer Stelle schien eine Sonne aufzugehen.

Ein Feuerblitz beleuchtete die „Respectable“ und ließ sie in rötlichgelben Farben erstrahlen. Auch das Achterdeck wurde erleuchtet, und die Arwenacks sahen, wie die adligen Kerle verstört zusammenzuckten, obwohl Kanonendonner wirklich nichts Neues war. Sie hatten ihn gerade vor ein paar Stunden vernommen, als ein paar Karavellen das Feuer auf die Engländer eröffnet hatten. Da hatte es an Bord auch ein paar Treffer gesetzt, und einiges war zu Bruch gegangen.

„Von mir aus können sie diesen Mistkasten zusammenschießen“, sagte Dan O’Flynn erbittert. „Und mit ihm mag auch das adlige Pack untergehen, wenn sich nur die anderen retten können. Ich habe diesen dreimal verbohrten Lord eindringlich vor den Portus gewarnt, aber der wußte anscheinend nicht mal, was das sind.“

„Für die Warnung ließ er dich auspeitschen“, knurrte Carberry. „Mann, mir stinkt dieser Kahn immer mehr. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, gehen wir auf und davon.“

„Aber ich darf doch mit, oder?“ fragte ein Stimmchen in der Dunkelheit. „Ihr habt es versprochen, Sir.“

Der Profos, ganz konzentriert, entspannte sich wieder und grinste schwach. Weiter vorn in der See war das Rauschen einer Wassersäule zu hören, die in sich zusammensank. Achtern wurde es nach dem Schuß wieder finster, noch dunkler als zuvor.

„Klar, du darfst mit“, versicherte Carberry ebenso leise. „Was wir Arwenacks versprechen, das halten wir auch, in jedem Fall.“ Er strich dem Jungen beruhigend über das Haar.

Das Bürschchen mit dem Namen Clinton Wingfield hatten sie erst gestern kennengelernt. Er war als Pulveraffe auf der „Respectable“ und ein gewitztes Kerlchen. Ganze zwölf Jahre war er alt, mit lebhaften grauen Augen, einer kecken Stupsnase und einem Langschädel mit kuriosen Haarwirbeln. Der Kleine war drahtig und sehr pfiffig, und er hatte es verstanden, sich an Bord einigermaßen durchzusetzen, damit er von den anderen unbehelligt blieb.

Seit er die fünf Arwenacks kannte, war er restlos von ihnen begeistert, denn die hatten es von Anfang an verstanden, sich mit den Fäusten hart durchzusetzen. Vor allem hatten sie es gleich dem tückischen Profos Whistler gezeigt.

Der Kleine hatte auch schon wieder erfahren, daß Whistler jetzt in der Pißback als Badegast in der Jauche lag und so zusammengeschlagen worden war, daß er kaum noch gehen konnte. Clint bewunderte die Arwenacks und hing an ihnen. Sein Traum war es, bei ihnen als Moses zu fahren. Bei den Seewölfen!

Was war dagegen dieser Affenkasten, wo der Haß durch alle Ritzen kroch, wo der Profos vor den Achterdecksstieseln Angst hatte und diese Angst an das Schiffsvolk weitergab, indem er sie unbarmherzig triezte.

Diese Arwenacks hatten gleich richtig die Segel gesetzt und sich nichts gefallen lassen. Das imponierte einem Jungen wie Clinton Wingfield ungemein, und schon jetzt sah er sich im Geist auf der Schebecke der Seewölfe fahren, Yes, Sir, er würde wirklich alles tun, um von diesen harten Männern als einer der ihren anerkannt zu werden.

Ja, und noch einen hatten sie an Bord kennengelernt, was sie erstaunt und völlig überrascht hatte. Einen Mister Barry Thorne, einen vierzigjährigen Mann mit grauen Schläfen, der als Segelmacher auf der „Respectable“ fuhr. Es handelte sich dabei um niemand anderen als um den jüngeren Bruder des alten Will Thorne von den Arwenacks. Das war wirklich eine gelungene Überraschung gewesen.

Vom Achterdeck erfolgte der zaghafte Befehl, das Feuer zu erwidern, obwohl das völlig sinnlos war. Sie hatten mehrmals den Kurs gewechselt und mußten erst wieder anluven, um die Kanonen auf den Gegner richten zu können, der sie verfolgte. Dabei aber ging wertvolle Zeit verloren, die einzig und allein den Portugiesen nutzte.

Das Kommando zum Anluven erfolgte natürlich nicht, und so stand der Stückmeister mit ein paar Seesoldaten und einem hilflos grinsenden Sergeant verlegen herum. Auf was sollten sie feuern? Auf das weit im Osten liegende Land oder einfach in die See?

Der Sergeant konnte den Befehl aber nicht einfach ignorieren, zumal er wiederholt wurde. Da die Stimme recht piepsig klang, konnte der Befehl nur von Lord Hyram Scaleby, dem Ersten Offizier, stammen. Er handelte wieder mal eigenmächtig und hatte offenbar erneut Oberwasser gewonnen.

Der Kommandant Thomas Carnavon hatte erst kürzlich in einem Anflug von Selbstverachtung und Heldenmut die Offiziere ziemlich hart angepfiffen und nicht mit üblen Worten gespart. Jetzt war dieser Heldenmut offenbar wieder verflogen, und Carnavon hatte resigniert, weil sich die anderen Lordschaften so leicht aufregten und schnell gekränkt waren.

Der Stückmeister rang die Hände und steckte schließlich den Kopf an der Culverine vorbei durch die Stückpforte. Viel schlauer wurde er dabei allerdings nicht, denn er erblickte nur eine pechschwarze Wasserfläche vor sich. Von den achterlich segelnden Portugiesen sah er auf diese Weise und aus dieser Position überhaupt nichts.

„Auf was sollen wir denn feuern?“ fragte er den Sergeant.

„Auf den Feind natürlich“, war dessen heroische Antwort.

„Aber wo ist der Feind?“

„Auf See natürlich.“ Der Sergeant war schon lange im Dienst und kannte so manche verrückte und irrsinnige Anordnung. Von den Lordschaften war er ebenfalls einiges gewohnt. Die waren so unbedarft, daß man sie eigentlich gar nicht zur See fahren lassen durfte. Sie bauten nur Mist und hatten absolut keine Ahnung. Aber aufgrund ihrer adligen Herkunft glaubten sie, sich alles herausnehmen zu dürfen.

Der Stückmeister zögerte jetzt nicht länger. Er erwiderte mit zwei Culverinen das Feuer, und da er nicht um die Ecke schießen konnte, entstanden irgendwo in der nächtlichen See zwei einsame Wassersäulen, die nicht mal gesehen wurden.

Jedenfalls faßten die portugiesischen Kapitäne das als Provokation auf. Dieser Eindringling war in ihre herrschaftliche Domäne eingebrochen, um herumzuschnüffeln oder um sich am lukrativen Indien-Handel zu beteiligen. Sie hatten ihn mündlich und später durch Schüsse gewarnt, doch der englische Koloß kreuzte weiter wild in „ihren“ Gewässern. Daß er jetzt auch noch feuerte, erboste die Portugiesen.

„Himmel, sind das Trottel“, stöhnte Roger Brighton. „Denen ist wahrhaftig nicht mehr zu helfen. Wenn sie jetzt nach Westen abdrehen würden, wäre der Fall erledigt. Aber nein, diese Narren segeln stur weiter, weil sie sich für den Nabel der Welt halten.“

„Keine Ordnung in dem Haufen“, stellte Smoky fest. „Da krebst alles durcheinander. Nicht mehr lange, und die Portus werden uns wieder eins auf den Pelz brennen. Hier weiß die eine Hand nicht, was die andere tut. Wirklich lächerlich und grotesk, was sich hier so alles an Bord abspielt.“

„Und dann brennt natürlich noch die Hecklaterne“, sagte Ferris kopfschüttelnd. „Na schön, sie sehen uns auch so. Aber bei uns würde das doch wirklich keinem einfallen, bei einer nächtlichen Verfolgungsjagd die Hecklaterne zu entzünden. Da bietet sich als Ziel das Achterkastell geradezu an.“

Auch in anderer Hinsicht waren die unbedarften Lords recht sorglos. Es brannte nicht nur die Hecklaterne, an Deck waren ebenfalls drei Laternen aufgehängt, die milchiges Licht verbreiteten. Für die Verfolger war die englische Galeone ein riesiger trüber Dunstkreis, der gar nicht zu verfehlen war. Die Portus selbst segelten abgedunkelt, und nur ihre Silhouetten waren hin und wieder zu erkennen, wenn die Wolken die Mondsichel oder ein paar Sterne freigaben.

Für Lord Scaleby war das „Gefecht“ fürs erste offenbar erledigt, und auch Sir Thomas kümmerte sich nicht weiter um die Verfolger. Der Abstand der Schiffe schien sich nur unmerklich zu verringern. Nach mehr als drei Stunden hatte sich nichts wesentliches geändert.

Aber die Portugiesen blieben beharrlich an ihrem Gegner und trieben ihn weiter nach Süden. Vielleicht erhofften sie sich am frühen Morgen eine bessere Position, oder aber sie holten so unmerklich auf, daß es wirklich immer nur ein paar Yards waren.

„Blödsinn, hier die ganze Nacht herumzustehen“, brummte Carberry. „Langsam wachsen mir die Beine in den Bauch. Entweder wir schieben wieder irgendwo eine ruhige Kugel, oder wir sehen mal nach, was das schmierige Köchlein so um diese Zeit treibt. Aus der Kombüsenesse quillt nämlich Rauch.“

Smoky, Ferris und Roger beschlossen jedoch, an der Exkursion nicht teilzunehmen, und zwar aus guten Gründen. Es war nicht unbedingt erforderlich, daß man sie ständig zusammen sah.

„Geht ihr beide“, sagte Smoky zu Carberry und Dan. „Wir verholen inzwischen weiter nach vorn.“

„Einverstanden.“

Smoky, Ferris und Roger verkrümelten sich unauffällig und verschwanden. Sie wurden ohnehin nicht gebraucht, und keiner kümmerte sich um sie. Es war eine Farce, daß man sie überhaupt an Bord des Viermasters gepreßt hatte. Ein Witz war das, wo es hier vor Leuten geradezu wimmelte.

Dan und Carberry gingen weiter zum Vorkastell, wo sich die Kombüse unter der Back im oberen Batteriedeck auf der Steuerbordseite befand.

Hier erlebten sie eine Überraschung.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 671

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