Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 521 - Fred McMason - Страница 7

2.

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Das Verhängnis begann bei ruhiger See mit einer harmlos erscheinenden Fumarole, einer Gas und Dampf aushauchenden unterseeischen Blase, die an der Oberfläche zerplatzte.

Die „Santa Barbara“ bewegte sich nur noch langsam durchs Wasser. Aus der Backstagsbrise war inzwischen ein laues Lüftchen geworden. Der Himmel war immer noch von diffuser Farbe, der Stand der Sonne ließ sich nur annähernd vermuten.

„Geisterdämmerung“, sagte Old O’Flynn, der unbehaglich die Schultern hochzog und sich mißtrauisch nach allen vier Himmelsrichtungen umblickte. „Ich sage euch, da ist was im Gange. Vor ein paar Stunden noch ging fast die Welt unter, und jetzt ist es so unheimlich ruhig geworden. Das gefällt mir überhaupt nicht. Außerdem knistert mein Holzbein. Das hat es auch noch nie getan.“

„Vielleicht wird es sich bewurzeln und neu ausschlagen“, meinte der Profos. „Du mußt es von jetzt an immer kräftig gießen.“

Der Alte, kürzlich Vater eines strammen Söhnchens geworden, fand das gar nicht lustig, was Carberry wieder behauptete. Er fühlte sich in seiner Haut plötzlich nicht mehr wohl. Aber statt auf dem Stützpunkt zurückzubleiben, hatte er die Reise nach China um jeden Preis mitmachen müssen.

„Du redest nur Stuß“, brummte er, „aber ich meine das ernst.“

„War auch nicht so gemeint“, lenkte Edwin Carberry ein. „Wollte nach dem Erdbeben nur die Stimmung ein bißchen auflockern. Aber du hast recht mit der eigenartigen Stimmung.“

Jeder an Bord spürte es. Diese unheimliche Ruhe, der weiter abflauende Wind, das geisterhafte Tageslicht, das alles wirkte bedrückend. Hinzu kam noch ein eigenartiger Geruch, der in der Luft hing und sich nicht definieren ließ.

„Riecht so, als wäre der Satan persönlich erschienen“, sagte Old O’Flynn schnuppernd. „Oder stinkt diese Galeone so?“

Der Kutscher beruhigte die besorgten Gemüter jedoch gleich.

„Das ist ein typischer Schwefelgeruch, weiter nichts. Bei Vulkanausbrüchen riecht es oft nach dem Zeug. Es steigt hoch in die Luft, verbreitet sich und senkt sich wieder mit der Asche. Das kann noch ein paar Tage dauern.“

Die meisten hatten sich jetzt zum Palavern auf der Kuhl versammelt. Zwar sollte erst die „Santa Barbara“ von vorn bis achtern und von oben bis unten inspiziert werden, doch die Stimmung drückte auf die Gemüter, und so schoben sie die Inspektion noch ein Weilchen hinaus.

Fast unvermittelt erhob sich Steuerbord voraus eine Blase aus dem Wasser. Sie wurde so groß wie ein Faß. Dann zerplatzte sie mit einem schmatzenden Geräusch, und eine zehn bis zwölf Yards hohe Fontäne sprudelte hoch. Nach einigen Sekunden sank der Wasserstrahl ins Meer zurück. An seiner Stelle hatte sich Dampf gebildet, der sich ebenfalls rasch verflüchtigte.

„Gibt’s hier Wale?“ fragte der Decksälteste Smoky erstaunt.

„Das war nicht der Spout eines Wales“, sagte Ferris Tucker. „Die blasen ganz anders und hinterlassen auch keine Nebelwolken. Wir haben ja selbst schon Wale gejagt.“

„Was war es dann?“

Darauf wußte im ersten Augenblick selbst der Kutscher keine Antwort. Sehr nachdenklich starrte er zu der Stelle, wo es gleich darauf noch einmal zu blubbern begann. Wieder stieg ganz feiner Nebel aus dem Meer, aber ohne die Begleiterscheinung einer sprudelnden Fontäne.

Der Kutscher spürte, wie es ihm kühl über den Rücken lief. Er sah in Gesichter, die mißtrauisch die See absuchten und immer wieder jene Stelle betrachteten, wo das Meer Blasen warf.

Auf dem Achterdeck der „Santa Barbara“ war dieses Phänomen ebenfalls längst beobachtet worden. Dort hielten sich jetzt außer Hasard noch Ben Brighton, Dan O’Flynn, Don Juan und Big Old Shane auf.

„Das gefällt mir ganz und gar nicht“, sagte Hasard leise. „Diese Stimmung ist nichts weiter als eine trügerische Ruhe. Entweder steht uns ein höllischer Sturm bevor, oder es passiert etwas anderes.“

„Ich kann mir denken, was das sein könnte“, sagte Don Juan ruhig. „Es sieht nach einem Seebeben oder einer Flutwelle aus.“

Als Hasard nickte, meldete sich Roger Brighton aus dem Ausguck.

„Treibender Gegenstand Steuerbord voraus!“

Das „Ding“, das gleich darauf von allen gesichtet wurde, war ziemlich lang und von weißlichgrauer Farbe. Es wirkte schmutzig, und es trieb nur sehr langsam näher heran.

„Ein Hai“, sagte Dan O’Flynn. „Das ist ein toter Hai. Anscheinend haben andere Fische ihn angefressen.“

Dan O’Flynn hatte sich jedoch geirrt, wie sie gleich darauf alle deutlich sehen konnten.

Der Hai war zwar tot, aber keinesfalls zur Beute anderer Fische geworden, wenn ihm auch die Haut in Fetzen herabhing. Es zeigten sich auch keine anderen Fische in seiner Nähe. Er war stellenweise buchstäblich gekocht worden, als sei er in einen riesigen Kessel mit heißem Wasser geraten.

„Das gibt es doch nicht“, sagte Smoky heiser. „Das Biest sieht ja aus wie gekocht. Aber was hat ihn so zerfetzt?“

„Heißes Wasser“, erwiderte der Kutscher lakonisch. „Paßt alles sehr gut zusammen. Irgendwo tief unter uns blubbert eine heiße Quelle, und ein kochender Ausläufer hat den Hai überraschend erwischt.“

„Meinst du wirklich?“ Smoky sah den Kutscher ungläubig an.

Der Profos wollte es genau wissen. Er nahm eine Pütz und schöpfte Seewasser an Bord. Erst warf er einen mißtrauischen Blick auf das Wasser, dann steckte er vorsichtig die Hand hinein.

„Verdammt warm, die Brühe“, murmelte er betroffen. „So höllisch warmes Wasser habe ich im Meer noch nie erlebt.“

Die anderen taten es ihm nach und gelangten zu der gleichen Feststellung. Das Wasser war ungewöhnlich warm. Dann starrten sie wieder zu dem Hai, der langsam vorbeitrieb. An manchen Stellen des schlanken Körpers hingen nur noch Hautlappen. Die Augen waren blind und unheimlich weiß.

„Offenbar hängt das mit dem Vulkanausbruch zusammen“, sagte Smoky.

Ein mächtiger Knall ließ sie herumfahren. Die Galeone wurde im selben Augenblick einmal kurz durchgeschüttelt.

Das Meer tanzte plötzlich Reigen. In einer Entfernung von einer guten halben Meile wuchsen in langer Kette schaumige Säulen aus dem Wasser. Hallender Donner begleitete das seltsame Schauspiel. Zischen und Brodeln war zu hören. Neben den immer höher wachsenden Säulen bildeten sich große Wirbel. Sie begannen immer stärker um die Säulen aus Wasser und Dampf zu rotieren.

„Jetzt wird es aber Zeit, daß wir verschwinden“, sagte Blacky. „Wenn die Säulen unter das Schiff wandern, fliegen uns die Planken um die Ohren.“

„Möchte wissen, wohin du verschwinden willst“, brummte Carberry. „Das müssen wir durchstehen – so oder so.“

Sie taten ihr möglichstes, um aus dem Bereich der aufsteigenden Wassersäulen zu gelangen. Es ging nicht, der Wind spielte nicht mit. Er wehte so schwach, daß die Segel kaum noch gebläht waren.

Hilflos mußten sie mitansehen, wie das Meer zu kochen begann und sich immer höhere Säulen auftürmten. Unter lautem Zischen regneten sie ins Wasser zurück. Aber jetzt wurden die Erscheinungen immer häufiger von donnerartigem Knall begleitet. Auch die Heftigkeit der unterseeischen Eruptionen nahm zu.

Einige der Säulen wanderten in Richtung Norden weiter und verloren sich dort. Nur die See blubberte noch.

Eine Viertelstunde lang ging das so, bis die Eruptionen allmählich schwächer wurden und ganz ausblieben.

Der Kutscher stieß hart die Luft aus.

„Noch einmal gutgegangen. Das war unsere dritte Glückssträhne.“

Erleichterung breitete sich aus, doch sie währte nicht lange. Tief unter ihnen gärte es. Es braute sich etwas zusammen, das ihnen noch lange unangenehm in Erinnerung bleiben sollte.

Diesmal geschah es ohne weitere Vorankündigung.

Im Osten stieg ein greller Blitz hoch. Die Luft wurde so stark erschüttert, daß ihnen die Ohren schmerzten und sekundenlang die Luft wegblieb. Wasser, Dreck und grelles Feuer stiegen immer höher in die Luft. Das Meer zitterte und bebte. Anfangs kleine, dann immer größer werdende Wellen bewegten sich ringförmig von dem Pilz weg.

Ein zweiter Donnerschlag erschütterte die Welt. Schlackenbrocken von ungeheuren Ausmaßen wurden emporgeschleudert. Gleichzeitig nahm die Feuersäule an Umfang zu. Ihre Gewalt zerhieb das Meer, teilte es an jener Stelle und breitete sich noch weiter aus.

Die See spie Magma in erschreckender Masse aus, immer höher, immer dichter, bis die Säule aus Glut und Dreck unwahrscheinliche Ausmaße annahm. Sie war jetzt von dunkelbrauner schmutziger Farbe. Oben breitete sich ein Pilz aus, der giftige Gase in die Luft stieß.

Neben dem ersten wuchs ein zweiter Kegel aus dem Meer. Millionen Tonnen Schießpulver schienen dort zu explodieren. Jetzt wurden auch Qualm und Rauch immer dichter und sorgten dafür, daß das diffuse Dämmerlicht noch unheimlicher wurde.

Die ersten Ausläufer einer unterseeischen Stoßwelle rollten fast gespenstisch lautlos heran und erreichten die Galeone.

Die „Santa Barbara“ wurde angehoben, ein Sog erfaßte sie und trieb sie mit unheimlicher Gewalt fort. Die zweite Stoßwelle ließ sie hart überkrängen. Im Schiffsrumpf war ein Kreischen zu hören. Irgendwo begannen Gegenstände zu rollen. Die „Santa Barbara“ krängte wieder in Normallage zurück, erhielt aber sofort den nächsten Stoß, der sie noch härter traf. Diesmal verschwand ihr Bug übergangslos in der See.

Wilde und gefährliche Kreuzseen entstanden. Die Strömung riß und zerrte an der Galeone, der Sog schob sie rasch nach Südwesten.

Jeder suchte krampfhaft nach einem Halt, um nicht unversehens über Bord zu gehen.

Mittlerweile war es fast dunkel geworden. Immer noch brüllten gewaltige Feuersäulen donnernd ihr vernichtendes Lied.

Noch unheimlicher wurde es, als die Masten zu zittern begannen, der Rumpf ächzte und das Tauwerk mit den Blöcken knarrte. In den Planken knackte es immer wieder.

Im Meer wurde eine Insel geboren, und die Natur gab sich alle Mühe, dieses Ereignis auch entsprechend mit Feuer und Donner zu verkünden.

Die mächtige Magmasäule schickte einen Luftzug nach allen Seiten, der sich aus weiter Ferne wie ein dumpfes Singen anhörte, dann aber zu einem scharfen Pfeifen und Zischen wurde.

In wildem Rhythmus hob und senkte sich die Galeone, oder sie wurde von einer Seite zur anderen geworfen.

Als das brüllende Monstrum eine Höhe von mehr als einer Meile erreicht hatte und immer noch nicht abzusehen war, wann es aufhören würde, so fürchterlich zu wachsen, explodierte die erste Säule in sich selbst.

Sie zerbarst in einem Feuerregen, den ein wild emporschießender glühender Gasball blitzschnell weiter nach oben trieb.

Am Himmel schienen plötzlich Sterne zu funkeln.

„Unter Deck!“ brüllte der Seewolf. „Alle Mann unter Deck!“

Das Ding ähnelte jetzt einem feurigen Kometen, der auf das Meer zuraste und dabei Millionen kleiner Glutbrocken verschleuderte. Der eigentliche Glutkern zerbarst unter Donnergetöse noch einmal und verzierte die Himmelschwärze mit dunklem Rot.

Jetzt fauchte der Segen aus allen Richtungen heran.

Beim Anblick dieser unvermeidlich auf die Galeone auftreffenden Brocken wurde auch den abgebrühten Seewölfen mehr als mulmig zumute. Einen Gegner hätten sie nicht gefürchtet und sich zum Kampf gestellt.

Aber das hier war kein Gegner, es war ein Naturereignis, und dagegen gab es keinen Kampf.

„Das gilt auch für dich Pete!“ brüllte Hasard Pete Ballie zu, der immer noch am Ruder stand.

Jetzt aber, als die ersten Brocken in einer langgezogenen Kurve ins Meer rasten, verschwand auch Pete Ballie vom Achterdeck. Es wäre Wahnsinn gewesen, sich an Deck diesem himmlischen Bombardement auszusetzen. Da war ihnen die trügerische Sicherheit unter den hölzernen Planken doch lieber.

Torkelnd, fallend und stolpernd erreichten sie die unteren Räume. Immer noch wurde die Galeone von einer Seite zur anderen geworfen, auf hohe Wellenkämme getragen oder in tiefe Abgründe geschleudert. Niemand konnte sich mehr richtig auf den Beinen halten.

Hasard hatte das Gefühl, als sei das Schiff in einen riesigen Sog geraten, der es ständig um seine Achse wirbelte und auf Tiefe zu ziehen versuchte.

Die „Santa Barbara“ trieb steuerlos in einer kochenden, brüllenden und aufgewühlten See, die sich durch die pausenlosen Eruptionen immer stärker aufheizte.

Kaum unten angelangt, erschütterte auch schon ein harter Schlag die Galeone. Holz krachte und knirschte, grelles Zischen war zu hören, dann ein Knistern, das von weiteren Donnerschlägen überlagert wurde.

„Treffer“, sagte Dan mit zusammengepreßten Lippen. Er duckte sich unwillkürlich, als gleich mehrere Schläge das Schiff erschütterten.

Der Profos wollte an Deck, um nachzusehen, was die Donnerschläge bewirkt hatten. Hasard hielt ihn zurück.

„Ich sehe selbst nach. Bleibt hier.“

„Es ist Wahnsinn, jetzt an Deck zu gehen, Sir“, rief Smoky ihm nach.

Das Schott flog krachend zu. Ein einziger schneller Blick genügte jedoch, um zu erkennen, daß es an Deck hell war. Irgendwo war auch dichter Qualm zu sehen.

Gleich darauf erklang Hasards Stimme. Er mußte laut brüllen, um durch das Donnern verstanden zu werden.

„Feuer an Bord!“

Diese Hiobsbotschaft riß augenblicklich alle hoch. Der Profos drückte es wieder mal drastisch aus.

„’raus mit euch! Jetzt sind wir sowieso im Arsch. Entweder verbrennen wir, oder wir werden an Deck erschlagen. Vielleicht haben wir aber noch eine Chance.“

Die ganze Meute drängte nach, als der Profos das Schott öffnete und an Deck sprang.

Zuerst blieben sie einen Lidschlag lang wie erstarrt stehen. Fast alles hatte sich in der kurzen Zeit verändert.

Der Himmel war dunkel, als sei Nacht. Nur die gewaltige rote Säule stand lodernd und immer wieder explodierend mitten in der See und schleuderte Brocken hoch. Diese Brocken pfiffen ihnen mit einem häßlichen Heulen um die Ohren, und wer von ihnen getroffen wurde, der war so gut wie erledigt, denn sie zischten mit unheimlicher Geschwindigkeit und zerstörerischer Wucht heran.

Die „Santa Barbara“ tanzte und schlingerte immer noch steuerlos in dieser Hölle – und sie brannte an einigen Stellen, wo das flüssige Gestein sie getroffen hatte.

In der Takelage qualmte es. Auf dem Achterdeck flackerte es auf den Planken, und von der Nagelbank am Fockmast loderten ebenfalls kleine Flammen, die nach dem Segel leckten.

Den einen aufflackernden Brand löschte die See, als ein Brecher über das Vorschiff tobte.

Ferris Tucker, Batuti, der Profos und Gary Andrews schnappten sich die Pützen und gingen fast über Bord, als sie Wasser schöpften. Immer wieder wurden ihnen die Beine weggerissen.

Hasard, Dan, Don Juan und Shane waren nach achtern gestürmt und schlugen die Flammen mit allem aus, was sie in die Hände kriegten.

Ein rotglühender Brocken raste auf das Achterschiff zu. Er streifte den Besanmast und zerplatzte in kleine Funken, die über die gesamte Galeone regneten.

Da brüllte Bill los, da fluchte Mac Pellew, und da stieß der bärtige Shane einen erschrockenen Schrei aus, als es in seinem grauen Bart zu knistern begann.

Tausende glühender und messerscharfer Nadeln stachen ihnen in Gesichter, Beine und Arme. Sie bohrten sich wie Feuerameisen in die Haut und hinterließen kleine Brandflecken, die bestialisch schmerzten.

Sie befanden sich mitten im Inferno, und es schien, als hätten sich alle Elemente gegen sie verschworen. Die Luft war zum Atmen zu heiß. Außerdem trug sie schwarzbraune heiße Asche heran, die sich in Augen, Ohren, Nase und Mund festsetzte. Dazwischen brüllte das Meer wie eine Horde hungriger Teufel, und zu allem Überfluß flogen immer noch glühende Brocken heran.

Es wurde ein Kampf auf Leben und Tod in einer Hölle, die nur noch aus kochenden Urgewalten bestand.

Etwas später sahen sie selbst wie wilde rußgeschwärzte Teufel aus. Hemden und Hosen waren versengt. Der Schweiß lief ihnen in Strömen über die Gesichter. Selbst das Wasser, das sich donnernd und brausend über sie ergoß, war keine Erfrischung. Es war mitunter so heiß, daß sie sich wie unter einem Hieb krümmten.

Es war kaum noch etwas zu sehen, außer dem glühenden Licht weit in der See und den immer noch aufflackernden Flammen, die wie aus dem Nichts auf den Planken entstanden.

Hasard hatte winzige Brandwunden im Gesicht. Der Profos war von einem glühenden Brocken am Arm gestreift worden und blutete. Es gab kaum noch einen, der keine Blessuren hatte. Aber bisher war noch keiner ernsthaft getroffen worden oder ausgefallen.

Für die Behandlung der Blessuren war jetzt ebenfalls keine Zeit. Das Wichtigste war, das Feuer zu bekämpfen. Brach ein nicht zu löschender Brand aus, dann waren sie hoffnungslos verloren. Es gab dann keine Rettung mehr in dem flammenden Inferno. Niemand hätte es geschafft, schwimmend die Küste zu erreichen, von der man noch nicht einmal mehr wußte, wo sie sich befand.

Zwei Segel waren aus dem Liek gerissen und wurden geborgen. Besan- und Großmarssegel waren von unzähligen schwarzen Punkten durchlöchert, durch die der heiße Wind pfiff.

Alles Tuch wurde unter lautem Gebrüll weggenommen. Sie brüllten alle und schlugen immer wieder mit den Händen nach den roten Feuersternen, die sich in ihre Haut brannten.

Es sah auch nicht so aus, als würde sich der jetzige Zustand bald ändern oder bessern. Eher wurde es noch schlimmer.

Sie lenzten jetzt als hilfloser Spielball der Elemente vor Topp und Takel. Die See hämmerte unermüdlich auf die Galeone ein, so daß sie in allen Verbänden knackte und krachte.

Hasard versuchte, sich anhand der Magmasäule zu orientieren, doch das erwies sich als unmöglich, denn das Monstrum, das eine neue Insel gebar, wanderte unaufhörlich weiter. Den Kompaß konnte er ebenfalls nicht ablesen, dazu war es zu dunkel.

Irgendwann einmal spürten sie, daß die „Santa Barbara“ immer schneller wurde. Ein gewaltiger Sog bewegte sie rasend schnell fort. Eine riesige Welle tat ein übriges, auf der sie stundenlang mitritten. Dann gab es wiederum nur noch Dunkelheit, heiße Luft und Feuer.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 521

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