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2.

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„Wir erfuhren von Siri-Tong, daß ihr Kurs England segelt“, sagte Ribault, „und von dem Wikinger natürlich.“

Hasard war im ersten Augenblick so verblüfft, daß er keinen Ton hervorbrachte. Er und Dan sahen sich kopfschüttelnd an.

„Von Siri-Tong? Wo habt ihr sie getroffen? Als wir uns das letzte Mal sahen, lag der schwarze Segler in Shanghai.“

„Ich weiß“, sagte der Franzose. „Die Rote Korsarin ist ein paar Tage nach euch losgesegelt.“

Als er noch etwas sagen wollte, blieb sein Blick sehr sinnend und nachdenklich auf den beiden Jungen hängen, die am Niedergang des Achterdecks standen und nach oben blickten.

Die beiden waren schwarzhaarig und hatten eisblaue Augen, die Ribault und von Hutten ruhig und interessiert musterten. Sie trugen Segeltuchhosen und grobe Hemden, und alle beide hatten in ihrem Leinengürtel am Hosenbund ein Messer stecken.

Auch der exotisch wirkende von Hutten sah plötzlich ratlos von einem zum anderen.

Hasard sagte nichts, er war gespannt, wie die beiden Männer reagierten und bemühte sich um ein betont gleichgültiges Gesicht.

Ribault starrte die beiden Jungen immer noch an. Sein Blick wurde noch nachdenklicher, dann sah er Hasard prüfend ins Gesicht. Er schien etwas zu vergleichen.

„Sind das – äh – deine Schiffsjungen?“ fragte er gespannt. „Die sind doch höchstens zehn Jahre alt. Merkwürdig, findest du nicht auch, Karl? Die sehen aus, wie – wie …“

„Ja“, sagte von Hutten rauh und krächzend. Mehr brachte er nicht hervor. Dafür saugte sich der Blick seiner Augen an den beiden fest, worauf der eine Zwilling zu grinsen begann und ein prachtvolles schneeweißes Gebiß entblößte. Der andere tat es ihm gleich darauf nach, dann kicherten sie und rannten in die Kuhl.

Ribault verzog das Gesicht, kratzte sich aufgeregt die linke Wange und blickte von Hasard zu Dan, dann wieder zu von Hutten, der merkwürdig still blieb und in sich gekehrt auf die Planken stierte.

Immer noch sagte der Seewolf nichts, aber er merkte, daß es den beiden Männern peinlich wurde, über die Jungen zu sprechen.

Nein, diese Ähnlichkeit, dachte Ribault. Das gab es doch gar nicht, das konnte nicht sein. Er hatte längst erfahren, daß die beiden Söhne des Seewolfs nicht mehr lebten, und wollte keine alten Wunden mehr aufbrechen.

„Ich habe sie erst seit Tanger an Bord, Jean“, sagte der Seewolf ernst. „Sie sind sieben Jahre alt und sprechen noch nicht gut Englisch.“

„Sieben Jahre alt?“ Ribault verschluckte sich fast an seinen eigenen Worten. Hinter seiner Stirn arbeitete es, er schien nachzurechnen.

„Sehr eigenartig“, sagte er nach einer Weile, „die beiden sind dir wie – äh … Sie sehen dir verdammt ähnlich, so merkwürdig das klingen mag. Nimm es mir nicht übel, Hasard!“

„Warum sollte ich?“ fragte Hasard lachend und wandte sich an Dan.

„Laß ein paar Flaschen Rum für die Männer austeilen, Dan, und bringe uns auch etwas. Wir können auch in meine Kammer gehen.“

Aber die anderen blieben lieber an Deck, und dem Seewolf fiel auf, daß die beiden Männer immer wieder in die Richtung blickten, in der sich die Zwillinge aufhielten.

Als Dan die Flaschen verteilte, nahm Ribault eine, zog den Korken mit den Zähnen heraus und trank einen langen Schluck. Er war so in Gedanken versunken, daß er die Flasche nicht einmal weitergab.

„Du wirst ganz sicher noch einen kräftigen Schluck nötig haben“, hörte er die vertraute Stimme des Seewolfs an sein Ohr dringen. „Und du auch, Karl! Der eine der beiden Bengels heißt Hasard, der andere Philip.“

Ribault, der die Flasche gerade wieder angesetzt hatte, verschluckte sich und blies den Rum wie eine Fontäne aus. Anschließend begann er rauh und krächzend zu husten.

Von Hutten verzog das Gesicht, wurde erst knallrot und wechselte dann die Farbe, bis er ziemlich blaß aussah.

„Hasard!“ sagte er vorwurfsvoll.

„Es sind meine Söhne“, sagte der Seewolf. „Durch einen unglaublichen Zufall haben wir sie in Tanger bei einer Gauklertruppe entdeckt. Dan hat es herausgefunden, und als er es mir erzählte, bin ich mit ihm aneinandergeraten, ziemlich hart sogar, weil ich es nicht glauben wollte. Es war zu ungeheuerlich.“

Der junge O’Flynn grinste.

„Bei guten Nachrichten verschlägt’s unserem Kapitän glatt die Sprache“, sagte er lässig. „Er hat dann die lästige Angewohnheit mit dem Degen auf die eigenen Leute loszugehen.“

Der Seewolf klopfte O’Flynn auf die Schulter.

„Deine Nachricht traf mich auch bis in die Seele und hat mich schwer erschüttert. Ich konnte es nicht glauben.“

Ribault beugte sich vor. Auch er und von Hutten waren stark erregt.

„Das ist unglaublich, Hasard“, sagte der Franzose. „Das muß ich ganz genau erfahren. Welche Beweise hattest du?“

„Die Haifischsymbole auf den Schultern der Jungen waren der endgültige Beweis. Keymis hatte sie ihnen eintätowiert.“

„Sie sind dir wie aus dem Gesicht geschnitten, das wollte ich vorhin schon sagen, aber ich traute mich nicht. Kannst du die Jungen einmal rufen?“

Impulsiv streckte er Hasard die Hand hin und drückte sie hart.

„Mehr kann ich dir nicht wünschen“, sagte er erschüttert. Von Hutten war genauso gerührt und fassungslos über diese Eröffnung.

Sie zuckten zusammen als die beiden Jungen wie aus den Planken gewachsen vor ihnen standen, nachdem Dan sie gerufen hatte.

Sie wußten nichts von Ribault, kannten auch von Hütten nicht, sie waren noch zu klein gewesen, als das alles passierte, und so sahen sie die beiden Männer nur aufmerksam an und wußten nicht so recht, um was es ging.

Ribault strich ihnen mit der Hand über die Köpfe, und von Hutten klopfte ihnen auf die Schultern, bis die beiden Bengels wieder zu grinsen begannen.

„Alte Freunde von mir“, sagte Hasard. „Mister Ribault und Mister von Hutten. Versteht ihr?“

Sie schienen zu verstehen, denn sie nickten beide ernst, und die Männer glaubten, daß sie den tieferen Sinn begriffen.

Dann mußte Hasard haarklein berichten, was vorgefallen war, und unterdessen erfuhren es auch die ehemaligen Karibik-Piraten, und reichten die Zwillinge in der Kuhl herum.

Etwas später kehrte Ben Brighton zurück. Sein Gesicht wirkte erheitert, und ab und zu grinste er amüsiert.

„Der pickelgesichtige Kerl hat nicht gewußt, wer wir sind“, erzählte er. „Dafür ist ihm der Schreck um so nachhaltiger in die Knochen gefahren. Er ist neu hier, der Hafenkommandant befindet sich zur Zeit in Falmouth. Jetzt fing dieser dicke Kerl an zu zittern und zu schwitzen und entschuldigte sich alle paar Sekunden. Vor Angst und Aufregung wurde er ganz grün im Gesicht und jammerte immer wieder, daß Plymouth jetzt wohl bald ein Trümmerhaufen sein werde, wenn wir noch blieben, und daß der Seewolf persönlich schlimmer als der Teufel sei und ganz England in Stücke schlagen werde. Hier scheinen einige Burschen ganz schöne Schauermärchen über uns verbreitet zu haben.“

Hasard lachte leise.

„Deshalb gaffen die Leute auch so. Sollen sie, wir wollen nichts von ihnen, sie werden schon merken, daß da einige wieder maßlos übertrieben haben.“

Er wandte sich Jean Ribault und von Hutten zu.

„Jetzt seid ihr dran. Erzählt von dem schwarzen Segler.“

Ribault räusperte sich erst einmal die Kehle frei. Die Erzählung von den Zwillingen klang immer noch in ihm nach und hatte ihn aufgewühlt.

„Siri-Tong segelte also, wie gesagt, ein paar Tage später los, nachdem in Shanghai alles erledigt und ihre Mutter versorgt war. Sie lief vor einiger Zeit die Schlangeninsel an und berichtete, daß ihr nach England unterwegs seid.“

„Ja, es war ein langer, gefahrvoller Weg“, sagte Ben Brighton.

„Und wie ist es den anderen ergangen?“

„Die Reise verlief bis auf einige Zwischenfälle ziemlich glatt. Es gab kleine Scharmützel mit Piraten und Spaniern, und das Schiff wurde mehrmals leicht beschädigt. Später setzte es so viele Algen und Muscheln an, daß es sich kaum noch aus der See hob, wenn die Wellen es packten.“

„So sahen wir in Tanger auch aus, unsere gute Lady war kaum noch in der Lage, sich aus eigener Kraft aufzurichten, und wir trimmten mit den Culverinen den Krängungswinkel nach.“

Inzwischen hatten sich immer mehr Zuhörer eingefunden und lauschten der Erzählung Jean Ribaults.

„Eines Tages, wir lagen in der Bucht der Schlangeninsel, meldete der im Berg stationierte Ausguck ein schwarzes Schiff, das die Schlangeninsel ansteuerte. Schwerfällig und lahm segelte es heran, bis wir in dem Schiff den schwarzen Segler erkannten. Thorfin segelte ‚Eiliger Drache über den Wassern‘ dann über das Höllenriff.

„Thorfin?“ unterbrach Hasard erstaunt. „Sonst pflegte die Rote Korsarin das Schiff doch meist selbst über das Höllenriff zu segeln, weil sie es genau kennt.“

„Das ist richtig“, gab der Franzose zu, „Thorfin segelt es nur in Ausnahmefällen hinein oder hinaus.“

„Und weshalb tat sie es nicht selbst?“

„Sie war krank und sehr schwach. Eine Infektion hatte sie sehr geschwächt, sie lag viele Tage in der Koje.“

„Und jetzt?“ fragte Hasard heiser. „Ist sie …?“

Ribault schüttelte den Kopf.

„Nein, nein, sie lebt“, sagte er schnell. „Aber sie ist immer noch nicht gesund, und sie sieht blaß und abgezehrt aus. Es wird wohl auch noch eine Weile dauern, bis sie sich ganz erholt hat.“

Das waren ja wieder einmal umwerfende Neuigkeiten, dachte der Seewolf. Die Rote Korsarin krank! Das war fast unvorstellbar, denn sie war hart und unglaublich zäh, und so schnell warf sie nichts um.

Endlos lange hatten sie sich nicht mehr gesehen, so erschien es dem Seewolf jetzt, Ewigkeiten waren inzwischen vergangen. Siri-Tong war, seit sie Shanghai verlassen hatten, in unendlich weite Fernen gerückt.

Und jetzt erst erfuhr er wieder etwas von ihr, dem Wikinger und dem schwarzen Schiff mit dem Namen „Eiliger Drache über den Wassern“. Jetzt lagen sie also in der Bucht der Schlangeninsel.

„Weiter!“ drängte Hasard den Franzosen, der sich mit einem weiteren Schluck aus der Flasche stärkte.

Um die Männer her wurde getuschelt, geflüstert, und Ausrufe des Erstaunens waren zu hören, als Ribault wieder das Wort ergriff.

„Nach der Begrüßung erzählte uns der Wikinger haarklein, was alles passiert war, und daß sie die Bucht anliefen, um hier nach dem Rechten zu sehen und neue Schätze abzuladen. Dabei kam die Rede auf die ‚Isabella‘ und auf euch. Vom Wikinger erfuhren wir alles, und daraufhin segelten wir los. Siri-Tong wollte unbedingt mit, aber ihr Gesundheitszustand ließ es nicht zu. Die lange Fahrt über den Atlantischen Ozean war zu riskant und gefährlich. Ich mußte verständlicherweise ablehnen, der Wikinger hätte sie auch ohnehin in diesem Zustand niemals von Bord gelassen.“

„Das war richtig“, sagte Hasard. „Hoffentlich hat sie sich bald wieder erholt.“

„Ganz sicher. Es wird nicht mehr lange dauern.“

„Thorfin wollte nicht mit?“ fragte Carberry, der die Ohren spitzte und aufmerksam zuhörte.

„Er konnte aus zweierlei Gründen nicht. Einmal wegen der Roten Korsarin, und zum zweiten hängt er an seinem Segler und kratzt tonnenweise die Algen und Muscheln ab. Das Schiff muß gründlich überholt werden, und ihr wißt ja, wenn der Wikinger sich etwas in seinen dicken Schädel gesetzt hat, dann bringt ihn davon keiner mehr ab, weder die Meergeister noch dieser Kerl, den er ständig anruft.“

„Welcher Kerl?“ fragte Ed begriffsstutzig.

„Odöng, oder so ähnlich“, sagte Ribault und sprach es in seiner Muttersprache französisch aus.

„Bei Odin!“ rief der Profos lachend. „Und nicht bei Odöng, du Stint!“

Daraufhin lachten sie alle, und der narbengesichtige Profos konnte sich kaum beruhigen.

Ribault und von Hutten nahmen diesen Heiterkeitsausbruch gelassen hin und grinsten mit.

„Da ist noch etwas“, sagte Ribault nachdenklich. „Entsinnst du dich noch an diese spanische Galeone, Karl, die kurz nach Eintreffen des schwarzen Seglers auftauchte?“

„Ja, natürlich, das war reichlich merkwürdig. Wir haben die Hintergründe auch nicht mehr richtig herausgefunden, weil wir bald darauf lossegelten, um euch nicht zu verpassen, falls ihr wirklich nach England segeln solltet. Wir wissen nicht genau, was sich dort abgespielt hat.“

„Eine spanische Galeone?“ fragte Hasard verwundert. „Was sollte die an der Schlangeninsel?“

„Wir erfuhren es erst, als wir nach einer kurzen Fahrt noch einmal zurückkehrten, aber da war die Galeone schon weitergesegelt.“

„Das wird doch nicht dieser lausige Spanier gewesen sein, der uns schon einmal Kummer bereitete?“ fragte Carberry.

„Dazu ist es schon zu lange her“, meinte Hasard.

„Auf der Galeone befanden sich nicht mehr als zwei oder drei Spanier, wie Thorfin versicherte“, fuhr Ribault fort. „Die anderen waren Indianer, ganz offensichtlich handelte es sich dabei um die Schlangenpriesterin Arkana von der Insel Mocha. Du hast oft von ihr gesprochen, Hasard, und du besitzt doch auch diesen merkwürdigen Armreif, der den Schlangengöttern auf der Insel ähnelt.“

Der Seewolf starrte den ehemaligen Karibik-Piraten sprachlos an. Er brauchte eine Weile, um sich von dieser umwerfenden zweiten Neuigkeit zu erholen.

„Arkana? Auf der Schlangeninsel?“ fragte er. „Das wird ja immer toller.“

„Sie war nicht lange dort, nur ein paar Stunden, und sie ging auch ganz allein an Land, wie Thorfin versicherte. Sie hat sich den Tempel angesehen. Schweigsam und stumm stand sie lange Zeit vor der Götzenfigur und sah sie an. Dann ist sie gegangen, nachdem sie sich von der Korsarin und den anderen verabschiedet hatte.“

Hasard schossen tausend Gedanken durch den Kopf.

„Was ist mit dem Mädchen Araua?“ wollte er wissen. „Hat der Wikinger sie gesehen?“

„Ja, sie ist eine Schönheit geworden, mit langen schwarzen Haaren und eisblauen Augen. Deinen Augen“, setzte Ribault hinzu.

Hasard sah sie im Geiste vor sich. Arkana, die Schlangenpriesterin und Araua – seine Tochter. Auf der Landzunge der Insel Mocha hatte die Priesterin gestanden, in den Armen das kleine Mädchen, und den davonsegelnden Schiffen lange nachgeblickt.

Fast plastisch stand das Bild vor Hasards Augen.

„Weißt du noch mehr darüber?“ fragte er.

„Leider nicht“, entgegnete Ribault.

„Und du weißt ganz genau, daß es Arkana mit ihren Kriegern war, die die Insel anlief?“

„Das ist absolut sicher.“

Sie mußten eine unendlich weite Strecke zurückgelegt haben, dachte Hasard wie betäubt. Um den ganzen südamerikanischen Kontinent herum bis hinauf in die Karibik. Hatten sie vor, die Schlangeninsel zu besiedeln? Oder wollten sie weiter, um eine andere Insel zu suchen?

Er fand keine Antwort auf die Frage und geriet ins Grübeln.

„Das ist ja ein dicker Hund“, ließ sich Carberry vernehmen. „Genauer gesagt, sind das zwei dicke Hunde. Und das kriegen wir alles auf einmal serviert.“

„Ich soll euch allen die besten Grüße von Siri-Tong, dem Wikinger und der ganzen Crew ausrichten“, sagte Ribault. „Sie haben fest damit gerechnet, daß wir uns in England treffen.“

„Danke“, sagte der Seewolf. „Wenn wir wieder in die Karibik zurückkehren, werden wir die restlichen Araukaner suchen und dafür sorgen, daß sie ungestört leben können. Vielleicht könnte man diesen kleinen Volksstamm später sogar auf der Schlangeninsel ansiedeln. Dann hätten sie wieder eine Heimat. Welchen Kurs sind sie gesegelt, Jean?“

„Nordost, vermutlich in Richtung der kleinen Inseln, aber wir werden sie ganz sicher finden.“

Merkwürdig, dachte Hasard, daß der Wikinger ihnen das nicht angeboten hatte, oder die Korsarin. Aber vielleicht wollten sie ihm persönlich nicht vorgreifen und Entscheidungen fällen.

Ribault berichtete weiter, haarklein und alles, was er wußte. Der größte Teil der Crew hörte gebannt zu, bis es später Nachmittag wurde.

Hasard und Ribault beschlossen, den alten Hesekiel Ramsgate aufzusuchen, damit sie aufdocken konnten.

Dabei fiel Hasard auf, daß der Profos wie ein witternder Jagdhund ihn immer wieder umschlich, das Gesicht verzog, die Hände rang und sich in Andeutungen erging, bis er es nicht mehr aushielt.

„Wie sieht es mit Landgang aus, Sir?“ sagte er fast verzweifelt. „Wir können hier an Bord doch nicht verfaulen. Ein richtiger Kerl muß doch auch mal wieder an Land, was trinken, Land und Leute sehen, sonst versauert man ja.“

„Ein bißchen Plymsons Kneipe umräumen, den Weibern nachjagen und sich anständig besaufen, das meintest du doch, was, Ed?“ erkundigte sich der Seewolf freundlich.

Ed Carberry strahlte über das ganze Gesicht.

„Genau das, Sir“, sagte er erleichtert.

Hasard trat ganz nahe an ihn heran und sah ihm in die Augen.

„Du weißt, Ed, daß wir unermeßliche Schätze im Bauch der ‚Isabella‘ mit uns führen, und du weißt auch, daß es in Plymouth von Schnapphähnen, Gaunern und Halsabschneidern nur so wimmelt. Ich kann euch nicht alle an Land lassen. Ihr müßt in kleinen Trupps gehen und euch abwechseln. Und ich möchte nicht, daß ihr die Kneipe des alten Plymson kurz und klein schlagt. Wir wollen hier keinen Stunk anfangen, denn wir kriegen hier noch genug davon. Nimm dir also nicht mehr als fünf Mann und zieht los! Ben wird euch Geld geben. Alles andere überlasse ich dir. Ich verlasse mich auf dich, Ed!“

„Aye, Sir, wir selbst werden keinen Stunk anfangen, mein Wort darauf.“

„Dein Wort in Gottes Ohr, Profos. Meistens fangen ja auch die anderen Stunk an.“

„So ist es, Sir, leider“, sagte der Profos und zog ein klägliches Gesicht. „Kaum sind wir friedfertig und brav in einer Kneipe gelandet, schon geht es los, und man muß sich seiner Haut wehren. Es ist ein Kreuz mit diesen Gaunern.“

„Bemitleide dich nur nicht selbst, Ed, und leg dein verdammtes, heuchlerisches Gesicht ab. Wenn ich etwas höre, dann gibt’s anschließend eine Bordfeier mit tanzenden Puppen, und du wirst den Vortänzer spielen. Ist das klar?“

„Völlig klar, Sir!“ schrie Ed grinsend.

Dann hatte er es plötzlich eilig, zu verschwinden.

Hasard übergab für die Dauer seiner Abwesenheit Ben Brighton das Kommando und ging mit Ribault und von Hutten von Bord.

Ihr Ziel war die Werft des alten Hesekiel Ramsgate.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 150

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