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2.

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Die Insel Kefallinia lag schon so weit achteraus, daß sie nicht einmal mehr ein dunstiger Strich an der Kimm war.

Weit voraus an Steuerbord, tauchten erneut winzige Eilande auf. Es waren nur kleine Punkte in der See, einige bergig, andere so flach wie ein Pfannkuchen. Es schien sich um jene kleinen Inseln zu handeln, die der großen Insel Kerkira vorgelagert waren.

„Schon wieder Inseln“, murrte Old O’Flynn, als er die Hand vor die Augen hielt, um sie gegen das gleißende Wasser zu schützen. „Mir langt die andere Insel noch. Ich habe überhaupt von Inseln die Nase voll.“

„Auf jeder sitzen ja auch nicht Hexen oder Dämonen“, meinte Ferris Tucker. „Aber du wirst dich wohl damit abfinden müssen, daß es nun einmal Inseln gibt.“

Der Alte nickte widerwillig und entsann sich nur höchst ungern an sein letztes Erlebnis auf der Insel Kefallinia. Dort hatte er die Bekanntschaft mit der Hexe Morena geschlossen. Angeblich hatte er auf dieser Insel sein früheres Leben gelebt, und so war er ganz versessen darauf gewesen, es zu erforschen.

Er hatte eine üble Pleite erlebt, denn die Hexe Morena hatte ihn mit ihrem Blick „behext“ und wollte ihn ihrem „Satan“ opfern.

Dem beherzten Eingreifen der Arwenacks hatte Old O’Flynn es schließlich zu verdanken, daß der „Satan“ auf ihn verzichten mußte. Jetzt, nachdem die Hexe zu Tode gestürzt war, war das alles schon wieder Vergangenheit, aber Old O’Flynn dachte immer noch mit leisem Schaudern daran.

Er dachte auch daran, daß heute der Dreizehnte war, und bei dem Gedanken wurde ihm wieder mal ganz mulmig zumute, denn mit dem Dreizehnten war das immer so eine Sache.

„Was ist denn mit dir los?“ fragte Ferris. „Du bist der Hexe doch noch mit heiler Haut entwischt. Denkst du immer noch daran?“

„Ich denke daran, daß heute der Dreizehnte ist, und ein solcher Tag bringt erfahrungsgemäß immer Unglück. Für mich dürfte es wohl das beste sein, in die Koje zu verholen und den Tag ganz einfach zu verpennen. Morgen sieht dann alles anders aus.“

„Quatsch, Donegal“, sagte Ferris gemütlich. „Du redest dir so etwas nur ein, und je stärker du es dir einredest, desto größer wird die Möglichkeit, daß etwas passiert, weil du nämlich von dem Gedanken nicht mehr loskommst. Du wirst sehen, daß dieser Tag ganz normal verläuft. Wir segeln in Sichtweite von ein paar Inseln vorbei, dann geht es weiter in das Adriatische Meer. Es sieht nicht mal nach einem Sturm oder einem Wetterumschwung aus.“

„Ich werde das Gefühl trotzdem nicht los.“

Ferris Tucker irrte sich allerdings gewaltig, denn dieser Tag verlief ganz und gar nicht ruhig und normal.

Die See dünte leicht, der Himmel hatte jene schwache Bläue, die den Winter ahnen ließ. Genaugenommen war es auch Winter, jetzt im Dezember des Jahres 1597, aber trotzdem war es immer noch angenehm warm.

Nachdem das Frühstück beendet war, wusch Mac Pellew in der Kombüse das Geschirr, und weil sich in der Pütz Seifenlauge befand, ging er gleich daran, auch die Schapps einer Reinigung zu unterziehen.

Das nahm etwa eine halbe Stunde in Anspruch, dann glänzte in der kleinen Kombüse wieder alles.

Der Kutscher nickte anerkennend, als er vom Achterdeck zurückkehrte.

„Sehr gut, Mac, es blitzt und blinkt geradezu.“

So ein Lob ging Mac Pellew runter wie Öl, und er grinste auch ein bißchen. Ein Uneingeweihter hätte dieses Grinsen allerdings zum Anlaß nehmen können, um Mac sein Beileid auszusprechen, denn er verzog das Gesicht so, als würde gerade ein Sarg mit seinem besten Freund in die Grube gelassen.

Aber der Kutscher wußte schon, daß Mac sich von Herzen freute.

Mac drückte das Kreuz durch, schnappte sich die Pütz und stieg an Deck, um die Brühe außenbords zu befördern.

Dabei wiederholte sich die Prozedur, die die Arwenacks längst kannten, über die aber immer wieder gegrinst wurde. Obwohl Mac genau spürte, woher der Wind wehte, hielt er prüfend den angefeuchteten Daumen hoch und peilte Luv an.

Smoky grinste bis an beide Ohren.

„Habe meine Wette gewonnen, Gary“, sagte er. „Er hat den Daumen hochgehalten. Also her mit dem Goldstück.“

Gary Andrews rückte das Goldstück raus, das sofort in Smokys Hosentasche verschwand.

„Letztes Mal hat er den Daumen nicht hochgehalten“, sagte er.

„Vielleicht hat er es nur vergessen, oder er war schon ein paarmal an Deck. Jedenfalls hast du verloren.“

„Sehe ich auch ein.“

Nach der Windpeilung marschierte Mac nach Lee.

Als er die Pütz anhob, ritt die Dubas gerade eine leichte Dünung ab und holte ein wenig über. Entweder war Mac dösig, oder er hatte nicht damit gerechnet. Jedenfalls entglitt ihm die Pütz und polterte an Deck. Die Seifenlauge, glatt und tückisch, floß über die Planken.

Mac Pellew ähnelte in diesem Augenblick dem Schlagmann einer Galeere und fuchtelte mit den Händen herum, als trommele er.

Er glitt aus, fing sich wieder, rannte immer schneller auf der Stelle und bewegte sich wie ein rasender Dreschflegel.

Die anderen, die nichts von der Seifenlauge wußten, stierten ihn verblüfft an, denn Mac Pellew legte ein Tänzchen auf die Planken, das es in sich hatte.

„Na, so was“, sagte der Profos erstaunt, „so schnell ist er doch sonst nicht. Was soll das denn bedeuten, Frühsport, oder was? Oder ist der heimlich unter die Derwische gegangen?“

Macs Versuche, diesem tückischen Zeug zu entgehen, scheiterten kläglich. Sein Lauf auf der Stelle wurde noch schneller, obwohl er sich keine Handbreite weiter bewegte. Immer wieder griff er verzweifelt nach dem Schanzkleid, um sich festzuhalten, doch das Schanzkleid war für ihn unerreichbar und so weit weg wie der Mond.

Der Profos wollte sich gerade in Bewegung setzen, um Macs seltsame Tanzstunden aus der Nähe zu begutachten, aber da hatte der Ire Mac O’Higgins bereits gemerkt, daß da etwas nicht stimmte, denn das Gesicht von seinem Namensvetter drückte echte Angst und Verzweiflung aus.

Er lief auf Mac zu – und rannte weiter wie ein abgefeuerter Brandsatz. Völlig verdattert begab sich Higgy, wie er an Bord genannt wurde, auf eine teuflische Reise. Er schien auf einer glatten Eisfläche dahinzurasen und fand selbst keinen Halt. Ausgerechnet tauchte auch noch das Heck der Dubas tief in die See, wodurch Higgy zusätzlichen Schwung erhielt.

In der riesigen Seifenlache schlitterte er weiter, streckte abwehrend und entsetzt die Hände aus und landete, den Kopf voran, mit einem dumpfen Knall am achteren Schott. Das Schott war nur angelehnt, aber jetzt knallte es zu, als donnere es jemand mit einem riesigen Hammer zu.

Higgy landete fluchend und halb benommen schließlich auf den Planken.

„Das sind vielleicht zwei Salzmänner“, staunte der Profos, der der Szene kopfschüttelnd zusah. „Ja, sind denn den Kerlen immer noch keine Seebeine gewachsen, was, wie?“

Die Arwenacks konnte man in diesem Moment wirklich nur als Gaffer bezeichnen. Und sie gafften noch mehr, als sich der Profos jetzt doch in Bewegung setzte, denn er begriff nicht, daß man sich in einer Wasserlache so ausgesprochen dämlich anstellte.

Allerdings begriff er es dann doch ziemlich rasch, denn ihm widerfuhr das gleiche Schicksal.

Er hatte seine Riesenstiefel kaum in die Brühe gesetzt, als er urplötzlich das Gefühl hatte, Ballett zu tanzen. So leicht ging das also!

Der Profos zischte ab, mit einem Affenzahn. Er flitzte an dem herumhampelnden Mac vorbei und donnerte auf den zweiten Mac, der sich gerade mühsam erhoben hatte und immerhin schon auf den Knien war.

Die schwere Masse des Profos begrub Higgy, der nur noch einen ächzenden Laut zustande brachte. Dann donnerte er erneut an das Schott, daß es im ganzen Schiff dröhnte.

Da lagen die beiden nun, während sich die anderen die Augen aus den Köpfen stierten.

Drei Mann hatte die Seifenlauge nun geschafft, der vierte war Paddy Rogers, der sich das sowieso nicht erklären konnte. Auch er latschte in die Brühe und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Hosenboden.

Old O’Flynn aber stand am Mast und sah dem seltsamen Schauspiel zu. Er hatte ja gleich so fürchterliche Ahnungen gehabt, daß heute etwas schieflaufen würde. Na und – da ging es ja auch schon los.

Als Paddy sich erschrocken auf die Hände aufstützte, beförderte ihn der nächste Roller zum Profos, der mit Higgy einen wilden Kampf ausfocht. Die beiden umarmten sich, glitten aus, kamen auf die Knie und landeten wieder auf den Planken.

Dabei fluchten beide ganz entsetzlich.

Angelockt von dem Lärm und dem Radau, steckte der Kutscher den Kopf aus dem Kombüsenschott. Er sah Mac wie einen Hampelmann herumzappeln und hörte ihn keifen. Dicht vor der Kombüse rutschte Paddy Rogers auf allen vieren herum, und etwas weiter achtern umarmten sich Edwin Carberry und Mac O’Higgins in scheinbar wilder Freude.

Dem Kutscher kam gar nicht in den Sinn, daß die Hampeleien mit der Seifenlauge zusammenhingen, obwohl er die nassen und schillernden Planken ganz deutlich sah.

Seine erste Reaktion war, zu helfen, wo er helfen konnte, und so ging er zunächst auf Mac Pellew zu.

Damit war der fünfte Mann vorerst „gefechtsunfähig“.

Der Kutscher raste zu seiner eigenen Verwunderung in Längsrichtung blitzschnell nach achtern. Er registrierte kaum, was mit ihm geschah. Erst als seine Schlitterfahrt zwischen Carberry und dem Iren endete, und alle drei erneut auf den Planken landeten, dämmerte ihm das Licht der Erkenntnis.

Es mußte mit dieser verdammten Seifenlauge zusammenhängen. Aber leider erfolgte diese Erkenntnis jetzt reichlich spät, denn ein weiterer Arwenack war schon unterwegs, um das mysteriöse Geheimnis zu lüften.

Es war der Decksälteste Smoky, der sich grinsend näherte.

„Habt ihr das untereinander abgesprochen?“ wollte er wissen. „Oder was soll der Quatsch? Ihr tut so, als …“

Ein erschrockener Ausruf folgte. Smoky übte sich im Spagat, obwohl er nicht die geringste Ahnung davon hatte.

Auf den Planken suchte er schließlich mit den Händen nach Halt, aber dabei glitt er ab und landete wieder. Wie ein strampelnder Riesenkäfer blieb er auf dem Rücken liegen.

„Die Morena hat das Schiff verhext“, behauptete Old O’Flynn. „Das weiß ich genau. Ihr Fluch ist auch nach ihrem Tode immer noch wirksam. Außerdem ist heute der Dreizehnte.“

Niemand hörte, was Old Donegal vor sich hinbrummte. Die Arwenacks waren von dem seltsamen Schauspiel fasziniert, denn sie fanden keine Erklärung dafür.

Vom Achterdeck der Dubas aus sah Hasard kopfschüttelnd auf die Szene. Innerhalb kürzester Zeit waren ein halbes Dutzend Arwenacks sozusagen kampfunfähig. Keiner kriegte mehr ein Bein auf die Planken, und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Da auch Hasard nichts von der tückischen Seifenlauge wußte, hielt er das Ganze anfangs für einen Scherz, den natürlich der Profos ausgeheckt hatte. Die Kerle schienen wieder mal nachhaltig unter Langeweile zu leiden.

„Ed hat ja wirklich recht ausgefallene Ideen“, sagte er zu Ben. „Aber was bezweckt er mit dem Affentheater? So sehr spaßig kann ich das wirklich nicht finden.“

„Witzig sieht es schon aus“, sagte Ben grinsend. „Aber was sie damit bezwecken, ist mir leider auch nicht klar. Sieht wie verzweifelter Nahkampf aus.“

„Offenbar hängt das mit der Pütz zusammen, die Mac versehentlich ausgeleert hat“, meinte Dan O’Flynn. „Kaum war das Wasser an Deck, da war auch schon die Hölle los. Oh, Luke nimmt an dem seltsamen Spielchen auch gerade Anteil!“

Luke Morgan konnte seine Neugier ebenfalls nicht mehr bezähmen. Mittlerweile war das gesamte Deck von dem Zeug überspült. Jeder Roller verteilte die Seifenlauge weiter in alle Richtungen.

Der hitzköpfige Luke war jedoch vorsichtig. Zunächst bückte er sich und tunkte den Finger in die Brühe. Dann blickte er seinen Finger an, als sei ihm da ein Horn gewachsen. Er stiefelte vorsichtig in die Brühe und blieb stehen.

Triumphierend sah er sich nach allen Seiten um. Dann breitete er pathetisch die Arme aus – und segelte los, Schreck und Überraschung im Gesicht. Der kleine Luke Morgan segelte richtig elegant über die Planken, aber er fand ebenfalls keinen Halt, und so donnerte er in die Gruppe Carberry, Higgy und Smoky. Luke fuhr dem Profos wie ein Teufel ins Kreuz und legte ihn erneut flach auf die Planken.

„Verdammt noch mal!“ schrie der Profos. „Siehst du lausiger Waldzwerg nicht, was hier los ist, was, wie? Hilf mir doch, aber dalli!“

Luke Morgan begriff gar nichts. Er stemmte sich auf den linken Ellenbogen und grapschte hilfesuchend um sich. Dabei kriegte er den dicken Paddy Rogers zu fassen, der gerade Halt am Schanzkleid gefunden hatte und schon so gut wie auf den Beinen stand.

Er packte noch fester zu und zog Paddy mit einem Ruck die Hosen bis zu den Knien herunter.

Paddy stand in Unterhosen an Deck und begriff die Welt nicht mehr. Da stürmte einfach zuviel auf ihn ein.

Dann ging das Gelächter los, ein Gebrüll, das schaurig über die See hallte, als eine Lachsalve der anderen folgte.

Nur der Kutscher und Mac Pellew lachten nicht mit. Der Kutscher hatte endlich Halt gefunden und zog sich Hand über Hand weiter, bis er aus dem Gefahrenbereich der tückischen Lauge heraus war.

Er winkte Nils Larsen zu, der ebenfalls das Geheimnis dieser Brühe lüften wollte.

„Halt dich da raus, Nils!“ rief er. „Und ihr anderen auch! Mac hat Seifenlauge ausgeschüttet. Schnappt euch lieber ein paar Pützen und spült das Zeug von Deck.“

„Das könnt ihr auch einfacher haben“, murmelte Hasard erschüttert. Er starrte auf den in Unterhosen an Deck stehenden Paddy und schüttelte wieder lächelnd den Kopf. Das Bild war einfach zu komisch. Paddy traute sich natürlich nicht, seine Hosen hochzuziehen, sonst hätte er erneut die Planken aufgesucht. So stand er also erbarmungswürdig da, hielt sich am Schanzkleid fest und hoffte auf ein Wunder.

Jack Finnegan wollte seinem Freund schon zu Hilfe eilen, doch der Kutscher winkte ab. Er schnappte sich bereits eine Pütz.

„Kursänderung, Pete“, sagte Hasard. „Laß den Kerlen mal ein bißchen Salzwasser auf die Köpfe regnen. Voll rein in die Dünung.“

Pete Ballie grinste und schnitt eine langrollende Welle an. Ein Gischtschauer donnerte über das Deck, gleich darauf ein zweiter.

Die Arwenacks wurden naß, als jetzt pausenlos Gischtwolken an Deck stoben.

Zu seinem Erstaunen fand der Profos wieder Halt. Er rappelte sich auf und blickte verstört in die Runde. Die anderen grinsten ihn an.

„Teufelszeug“, murmelte Carberry. „Verdammtes Teufelszeug. Jetzt scheint es vorbei zu sein.“

Sie kamen mühsam auf die Beine. Klatschnaß waren sie, durchnäßt bis auf die Knochen, aber sie konnten wieder stehen und schlitterten nicht mehr wie Puppen haltlos durcheinander.

Nur Paddy stand immer noch am Schanzkleid und blickte entsagungsvoll über das Meer. Bei jedem kleinen Brecher zog er verstört das Genick ein, bis ihn Jack Finnegan endlich aus seiner prekären Lage erlöste.

„Was, zum Teufel, war das für ein Mistzeug?“ fragte der Profos wütend. „Wir haben ausgesehen wie die Hampelmänner.“

„Das ist der Fluch, der auf dem Schiff liegt“, murmelte Old Donegal düster.

„Was für ein Fluch?“

„Ein Bannspruch von der Hexe Morena.“

„Quatsch“, sagte Carberry grob, „die ist längst tot. Und tote Hexen hexen nicht mehr. Da läuft überhaupt nichts.“

Old Donegal war jedoch nicht davon abzubringen, daß die Hexe hier – sozusagen posthum – ihre Finger im Spiel hatte.

„Seifenlauge war das“, erklärte der Kutscher. „Mac hat in der Kombüse aufgeklart und die Schapps abgewaschen. Und dazu hat er Schmierseife genommen und in heißem Wasser aufgelöst.“

„Und beim Auskippen entglitt mir leider die verdammte Pütz“, sagte Mac entschuldigend. „Ich wußte erst auch gar nicht, was los war.“

„Seifenlauge?“ staunte Carberry. „Da hat bei dir wohl mal geistige Windstille geherrscht. Beinahe hätte ich mir das Genick gebrochen, mein liebes Mackilein. Und was hättest du dann getan?“

„Ich hätte schlicht und ergreifend geweint. Was hätte ich denn sonst tun sollen? Ich konnte ja nichts dafür.“

Der Profos wrang sein Hemd aus und knautschte es zusammen.

„Natürlich kannst du was dafür. Wenn man eine Pütz voll Seifenlauge auskippen will, dann paßt man auf, daß sie einem nicht aus der Hand rutscht. Aber du mußt ja erst immer peilen, aus welcher Richtung der Wind weht.“

„Das ist unerläßlich“, motzte Mac Pellew. „Jeder gute Seemann tut das und prüft den Wind.“

„Prüft den Wind“, äffte der Profos nach. „Was glaubst du wohl, wie das aussieht, wenn die Mannschaft an Deck erscheint, und jeder Pinsel hält erst einmal den angefeuchteten Daumen hoch, damit er weiß, woher der Wind weht!“

„Ich weiß nicht, wie das aussieht, aber ich tue das grundsätzlich, damit ich keinen Dreck in Luv auskippe.“

„Klar, du feuerst das gleich auf die Planken. Folglich brauchst du auch nicht die Windrichtung zu prüfen.“

„Ihr streitet wieder mal um des Kaisers Bart“, meinte der Kutscher. „Geschehen ist geschehen, passiert ist auch nicht viel. Also laßt das unnütze Gelaber.“

Damit war der Streit denn auch begraben. Der Ire Higgy hatte ein paar blaue Flecken abgekriegt, Paddy Rogers tat der Achtersteven ein bißchen weh und Luke Morgan hatte Kopfschmerzen.

„Dazu braucht ihr keinen Feldscher“, sagte der Kutscher. „Ich kann euch höchstens ein paar Löffel Rizinusöl anbieten, wenn die Schmerzen nicht verschwinden. Wollt ihr das?“

„Hab ich was von Kopfschmerzen gesagt?“ fragte Luke. „Außerdem glaube ich nicht, daß Rizinusöl gegen Kopfschmerzen hilft. Da ist wohl eher das Gegenteil der Fall.“

Das Rätsel um die geheimnisvolle Brühe war jedoch gelöst, und die ganze Angelegenheit endete schließlich in einem befreienden Gelächter.

„Seid ihr zufrieden, wenn ich einen ausgebe?“ fragte Mac mit verdrossenem Gesicht. „Ich habe nämlich noch eine Buddel aus Istanbul. Jeder, der durch meine Schuld in der Brühe gelandet ist, kriegt von mir einen Doppelten.“

Der Profos schlug seinem Mackileinchen auf die Schulter und grinste über das ganze Gesicht.

„Das war eine gute Idee mit der Seifenlauge“, tönte er. „So ein Tänzchen könntest du eigentlich jeden Tag veranstalten – vorausgesetzt, du gibst danach immer einen aus.“

Als Mac die Buddel Schnaps herausrückte, schien wieder die Hexe Morena heimlich zugeschlagen zu haben. Mac entsann sich, daß etwa ein halbes Dutzend Kerle auf den Planken getanzt hatte, aber der Fluch der Hexe hatte diese Zahl glatt verdreifacht.

Stenmark, Blacky, Jeff Bowie, Matt Davies, Bob Grey und die beiden Holländer hatten sich angeblich auch in der Brühe getummelt. Selbst Old O’Flynn behauptete, querkant über das ganze Deck geschlittert zu sein, wobei er fast über Stag gegangen wäre. Auch die Zwillinge – Hasard und Philip – entsannen sich dunkel, völlig ahnungslos in die Falle gegangen zu sein.

Fast alle meldeten grinsend „Schadenersatz“ an, weil sie fast zu Krüppeln geworden wären.

So holte Mac denn sehr grämlich noch eine zweite Buddel aus seinen eigenen Beständen, als er die lüsternen Gesichter sah.

„Das passiert mir nicht mehr“, versprach er. „In Zukunft passe ich auf, damit ihr Schluckspechte mir nicht noch das letzte Hemd auszieht.“

„Na, dann auf dein letztes Hemd“, sagte der Profos.

Darauf lenzten sie noch einen. Hinterher wurde ausgiebig gelästert, wie sich jeder in der Seifenbrühe benommen hatte. Das führte wiederum der Profos vor, weil er sich für einen großen Laiendarsteller hielt. Immer wieder brandete dabei Gelächter auf.

Aber dieser Dreizehnte hatte es in sich. Der Tag hatte erst begonnen, doch es sollte noch mehr auf die Arwenacks zukommen.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 572

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