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3.

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Am nächsten Morgen schickte Hasard Dan O’Flynn und Smoky an Land, damit sie sich – schön unauffällig natürlich – bei den Gauklern umsahen.

An Bord war alles ruhig. Die Zwillinge hatten offenbar ihre Bemühungen eingestellt, das Schiff auseinanderzunehmen. Nach drei vergeblichen Fluchtversuchen mußten sie wohl auch eingesehen haben, daß es sinnlos war.

Dem Kutscher flog nicht einmal der Schiffszwieback um die Ohren.

Philip und Hasard, die sich selbst Ali und Abu nannten, frühstückten ganz manierlich. Und ziemliche Mengen, wie der Kutscher zu melden wußte. Der Seewolf stieg ins Achterschiff hinunter und stellte fest, daß seine Söhne heute morgen offenbar nicht den Ehrgeiz hatten, mit jungen Tigern zu konkurrieren.

Hasard wies mit dem Daumen nach oben. Die Zwillinge nickten einhellig. Dann marschierten sie auf die Kuhl, wo sie vom Kai her nicht beobachtet werden konnten, solange sie nicht in die Wanten enterten, und waren zunächst fast wieder rückwärts in den Niedergang gefallen, weil der Schimpanse Arwenack auf dem Schanzkleid herumturnte.

Der Seewolf lächelte beruhigend und vollführte ein paar Handbewegungen, von denen er hoffte, daß sie überzeugend die Harmlosigkeit der zottigen Gestalt signalisierten. Bill lockte seinen speziellen Freund Arwenack auf die Kuhl herunter, und als der Affe dann eine formvollendete Verbeugung hinlegte, konnten die beiden Jungen plötzlich sogar lachen.

„Salem aleikum“, gluckste der kleine Philip.

Worauf ihm Arwenack ausgiebig und ernsthaft die Hand schüttelte.

„Ich werd verrückt!“ stöhnte Blakky. „Der Affe kann Türkisch!“

„An die Brassen und Fallen, ihr Rübenschweine!“ kreischte Sir John, der Papagei – eifersüchtig wie immer, wenn der Schimpanse allgemeine Aufmerksamkeit erregte.

Hasard junior wollte dem Affen ebenfalls die Hand schütteln. „Salem aleikum“, sagte er dabei. „Salem aleikum“, fügte er in Richtung auf den flatternden Papagei hinzu. Und Sir John revanchierte sich umgehend mit seiner Krächzstimme: „Saleikum, du Rübenschwein! Saleikum, Saleikum …“

Hasard kratzte sich am Kopf und betrachtete die Zwillinge, die plötzlich ganz wie die verspielten, unbekümmerten Kinder wirkten, die sie mit ihren sieben Jahren eigentlich sein sollten.

Arwenack lief keckernd herum und tat so, als wolle er den Gästen das Schiff zeigen. Sir John ließ sich mal probeweise auf einer Zwillingsschulter nieder und beknabberte das dazugehörige Ohrläppchen. Der Junge kicherte vergnügt. Worauf Sir John etwas unmotiviert mit „Hopp-hopp, du Enkel eines triefäugigen Wassermanns!“ antwortete.

„Na warte, du Mistvieh!“ schimpfte Old O’Flynn, weil er bei diesem Vergleich ja eindeutig der „triefäugige Wassermann“ war.

Hasard lachte auf und beugte sich vor, um den Papagei von der Schulter des Jungen zu pflücken, bevor dessen Ohrläppchen den Freundschaftsbeweisen des Vogels zum Opfer fiel. Der kleine Philip lachte ebenfalls. Und sein Bruder, der drei Schritte entfernt stand, starrte plötzlich mit einem hellwachen, aufmerksamen Blick auf den schlanken schwarzhaarigen Jungen und den hochgewachsenen schwarzhaarigen Mann, die beide die gleichen eisblauen Augen, das gleiche energische Kinn, die gleichen kühngeschnittenen Züge hatten.

Im nächsten Moment entspann sich zwischen den Zwillingen eine heftige, erregte Unterhaltung, von der niemand ein Wort verstand.

Immer wieder sahen sie zu dem verblüfften Seewolf hinüber. Und schließlich zerrte Hasard junior seinen Bruder am Ärmel zum Niedergang – in der eindeutigen Absicht, sich wieder in die Kammer im Achterschiff zurückzuziehen.

Ihr Vater hörte sie immer noch eifrig debattieren, als er vorsichtshalber die Tür wieder abschloß.

Und dabei überlegte er, ob Batuti nicht vielleicht doch die einzig richtige Idee gehabt hatte, als er vorschlug, „einen Türken klauen“ zu gehen.

Um dieselbe Zeit hatten Dan O’Flynn und Smoky wieder den Platz erreicht, auf dem die Gaukler ihr großes, buntes Zelt aufgeschlagen hatten.

Jetzt bei Tageslicht wirkte es etwas verblichen. Drinnen klapperte Geschirr, und irgendwo summte eine liebliche Frauenstimme. Dan und Smoky duckten sich in den Schatten eines Mauerbogens und betrachteten die Gruppe der Männer vor dem Zelt, die mit Händen und Füßen aufeinander einredeten.

In dem ziegenbärtigen Burnusträger erkannten sie den Zauberer, der sein Publikum so überzeugend mit dem Zwillings-Trick verblüfft hatte. Jetzt wirkte er sehr erbittert und fuchtelte mit einem glitzernden Bündel, seinem zusammengerollten Zaubermantel. Auch Achmed Ali, der Messerwerfer, und der greisenhafte Liliputaner hatten sich zu der Versammlung gesellt, außerdem ein halbes Dutzend muskulöser Kraftmenschen und der Bursche mit dem Vollmond-Gesicht, der sich als Feuerschlucker betätigte. Die restlichen Männer schienen Einheimische zu sein – und Dan O’Flynn hatte den Eindruck, daß sie den Gauklern irgendeine wichtige Neuigkeit erzählten.

Er konnte sich auch denken, welcher Art sie war.

Die Turnvorführung der Zwillinge in den Wanten hatte Zuschauer gefunden. Zumindest einer der beiden war vom Kai aus deutlich zu sehen gewesen – und es mochte leicht sein, daß die Leute den Jungen in ihm erkannt hatten, den der Zauberer während der Vorstellung in der Erde versinken und wieder vom Himmel fallen ließ.

Auf jeden Fall steigerte sich die Erregung der Gaukler zum Spektakel.

Sie palaverten noch eine Weile, dann warf sich der Zauberer mit großer Geste seinen Umhang um die Schultern. Auf seinen Wink hin setzten sich zwei Muskelmänner und der Feuerschlucker in Bewegung. Die ganze Gruppe marschierte ab – und es gab keinen Zweifel daran, daß sie den Weg zum Hafen einschlugen.

„He!“ brummte Smoky überrascht. „Die wollen doch wohl nicht die alte ‚Isabella‘ angreifen?“

„Zu viert? Dir ist wohl ein Koffeynagel auf die Rübe gefallen.“

„Aber zum Hafen gehen sie, oder?“ beharrte Smoky.

„Na und? Wahrscheinlich wollen sie herumschnüffeln. Wenn sie den verdammten Messerwerfer mitgenommen hätten, würde ich ja auch sagen, Vorsicht ist die Mutter der heilen Rumflasche. Aber so …“

„Und wenn – eh, ich meine, wenn dieses komische Rübenschwein nun wirklich so was wie’n Zauberer ist?“

„Dir ist wohl die Sonne nicht bekommen, was?“

Dan widmete dem Kameraden einen vernichtenden Blick und wandte sich wieder der Beobachtung des Gaukler-Lagers zu. Im Innern des großen Zeltes klapperte immer noch Geschirr. Dan ignorierte Smokys beleidigtes Gebrummel und schnupperte, weil der Duft des kräftigen aromatischen Gebräus durch die Luft zog, das sie hierzulande Kaffee nannten.

Wenig später roch es auch noch nach Hammelpastete, und Dan gelangte zu der Erkenntnis, daß sein eigenes Frühstück schon reichlich lange zurücklag.

Er lenkte sich ab, indem er die bunten Wagen betrachtete, die den Gauklern gehörten. Ein paar davon schienen als Unterkünfte zu dienen, andere waren mit massiven Eisengittern ausgestattet und wurden als Käfige benutzt. Ein ausgewachsener Braunbär blinzelte träge in die Sonne. Tauben gurrten, und Dan fragte sich, wo sie versteckt waren, bevor der Zauberer sie aus dem Hut holte. Natürlich gab es auch Pferde, Kamele, Esel – und ein Riesenexemplar von Pythonschlange, das sich träge im heißen Staub ringelte, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt.

„Verrückt“, brummte Dan. „Ich kann mich nicht erinnern, daß bei der Vorstellung ein Schlangenbeschwörer mitgewirkt hätte.“

Smoky schwieg.

Dan beobachtete die Python. „Ganz schönes Biest, was?“

Smoky schwieg.

„He! Hat es dir die Sprache verschlagen?“

Smoky schwieg immer noch, und Dan fand es verdammt übertrieben, sich wegen des bißchen Flachses wie eine beleidigte Jungfrau aufzuführen.

Er holte tief Atem, drehte sich um – und schnitt ein Gesicht, das fatal an den berühmten Ochsen vor dem neuen Scheunentor erinnerte.

Nur, daß ihn Smoky nicht deswegen aufziehen konnte.

Der war nämlich verschwunden, als hätte der Erdboden ihn verschluckt.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 137

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