Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 498 - Fred McMason - Страница 7
2.
Оглавление„Hast du denn schon was gegessen?“ fragte der Kutscher, der gerade in der Kombüse aufklarte.
„Nein, noch nicht.“
„Ich hab’ Pfannkuchen gebacken. Es sind noch ein paar übrig. Magst du welche?“
„Die esse ich leidenschaftlich gern“, sagte Old O’Flynn und ließ sich die heißen Dinger schmecken. Er konnte nur froh sein, daß ihn seine Mary jetzt nicht sah. Wahrscheinlich hätte sie einen Mord begangen, wenn sie seinen Appetit auf Pfannkuchen gesehen hätte.
Er aß gleich vier Stück hintereinander. Dann sagte er: „Ich habe was Wichtiges mit dir zu besprechen, Kutscher.“
„Nur zu, ich höre, Donegal.“
„Es muß aber unter uns bleiben, das mußt du mir versprechen. Es ist vorerst noch ein Geheimnis.“
„Ich verspreche, daß niemand ein Wort erfährt.“
Old O’Flynn setzte sich auf einen Schemel und erzählte dem Kutscher fast wortwörtlich seinen Traum.
Das Gesicht des Kutschers wurde immer verzückter. Er hörte grinsend und sehr interessiert zu. Als der Profos dann theoretisch durch die Rutsche sauste, kriegten seine Ohren schon Besuch.
„Wie eine Kanonenkugel ist der Kerl abgesaust“, sagte Old Donegal. „Mann, hat das gestaubt, als er ins Wasser flog. Alle haben mächtig gegrinst, aber es war leider nur ein Traum.“
„Du bist doch aber nicht hergekommen, um mir deinen Traum zu erzählen. Was steckt dahinter?“
„Ich muß diese Rutsche im Stützpunkt unbedingt bauen. Wir brauchen eine Kneipe, wo wir uns treffen können.“
„Das sehe ich durchaus ein. War ja auf der Schlangen-Insel auch immer sehr gemütlich. Was habe ich dabei zu tun?“
„Ganz einfach. Ich habe vor …“
Das nur leicht angelehnte Schott wurde geöffnet. Im Rahmen war das überaus freundliche Gesicht Edwin Carberrys zu sehen, der so süffisant und anzüglich grinste, daß allen beiden fast die Galle überlief.
„Wir haben etwas zu besprechen“, sagte der Kutscher steif.
Das Ungeheuer von einem Profos grinste noch tückischer.
„Kann ich mir vorstellen“, sagte er. „Wahrscheinlich sprecht ihr über fliegende Pfannkuchen. Man sieht ja so allerlei. Manch einem Kerl fliegen solche Dinger wie durch Zauberei ins Genick, und dann sucht er einen Feldscher auf, um sich auszuheulen, oder er fragt ihn, wie man Pfannkuchen-Blasen am besten kuriert.“
„Hoffentlich hast du gut geträumt“, sagte Old O’Flynn boshaft. Es ärgerte ihn sehr, daß der Profos nicht wirklich durch die höllische Rutsche gesaust war.
„Vorzüglich, sogar ausgezeichnet. Ich träumte davon, daß endlich mal eine Kneipe auf der Insel steht. So eine Rutsche wie auf der Schlangen-Insel. Und die stand tatsächlich da, und da habe ich mir den Hals vollgesoffen.“
„Und rumgestänkert vermutlich.“
„Vermutlich ja“, gab Ed grinsend zu.
„Und dann bist du durch die Rutsche gesaust, was?“
„Man wollte mich durchsausen lassen, aber das Ding funktionierte nicht und klemmte ein bißchen.“
„So ’n Scheiß“, sagte Old O’Flynn maßlos enttäuscht.
„Pech gehabt“, meinte Ed. „Und was heckt ihr aus?“
Der Kutscher sah ausdruckslos auf den Mehlsack, neben dem Old O’Flynn ziemlich verbiestert hockte.
„Wir reden über Gott und die Welt“, meinte er. „Belangloses Zeug.“
„Ich hätte dich eigentlich für klüger gehalten, Kutscher, als über belangloses Zeug zu reden.“
„Willst du rumstänkern?“ fragte der schmalbrüstige Kutscher angriffslustig.
„Ich wollte euch nur zuhören.“
„Hier gibt’s überhaupt nichts zuzuhören!“ schrie Old O’Flynn. „Leg die Ohren an und verschwinde gefälligst.“
„Wir reden nämlich über Eheprobleme“, sagte der Kutscher, um den Profos abzuwimmeln.
„Ah ja, Pfannkuchen und so! Na, dann will ich nicht länger stören. Ich hätte jedenfalls keine Probleme. Ich würde die heißen Dinger einfach zurückwerfen.“
Old O’Flynn schluckte hart. Natürlich hatte dieser Kerl wieder einmal alles mitgekriegt, das bewiesen seine anzüglichen Worte und sein hinterhältiges Grinsen.
Aber er verschwand endlich, und nur sein hämisches Lachen hing noch für Augenblicke in der Kombüse.
Der Kutscher nahm den Faden wieder auf.
„Du willst also eine Rutsche bauen, Donegal. Das ist eine gute und löbliche Idee. Hesekiel Ramsgate und ein paar seiner Männer können dir dabei doch zur Hand gehen.“
Old O’Flynn schüttelte nachdrücklich den Kopf.
„Nichts gegen den Baumeister und seine Männer, bewahre. Aber die Rutsche muß so aussehen wie die Pfahlbauten auf Andros. Der Häuptling Coanabo und sein Stamm haben die richtigen Hütten. Das geistert mir schon lange durch den Schädel.“
„Das heißt also“, folgerte der Kutscher, „du willst nach Andros, um diese Pfahlbauten nochmals genauer in Augenschein zu nehmen.“
„So ist es, Kutscher. Das habe ich vor. Der Pfahlbau muß so angelegt werden, wie ich es geträumt habe. Wenn die Rutsche fertig ist, habe ich die eiserne Absicht, den Profos als ersten ins Wasser sausen zu lassen. Deshalb ziehe ich auch nur dich ins Vertrauen.“
Der Kutscher grinste bei der Vorstellung erneut. Old Donegal begann zu kichern, und dann lachten sie alle beide.
„Was habe ich dabei zu tun?“ fragte der Kutscher.
„Erstens mal bist du ein kluger Mann, und zweitens bist du mit dem Häuptling Coanabo sehr gut befreundet. Man hat dir auf der Insel nie vergessen, wie du den kranken Jungen geheilt hast. Wenn wir jetzt nach Andros segeln, könnten wir die Bauart der Pfahlbauten genau studieren, und du könntest von ihnen ein paar Zeichnungen anfertigen. Wenn wir die haben, sind Hesekiel und Ferris im Besitz genauer Baupläne und in der Lage, danach eine originalgetreue Hütte zu bauen. Gleichzeitig soll das für Mary ein neues Heim werden.“
Der Kutscher hatte schweigend zugehört. Dann blitzte es in seinen Augen auf, und er war Feuer und Flamme. Der Vorschlag begeisterte ihn.
Die beiden Männer grinsten sich an und gaben sich wie zwei Verschwörer die Hand.
„Da ist noch etwas“, sagte der Kutscher. „Wir müssen für diese Fahrt natürlich vom Bund der Korsaren entlassen werden.“
„Kein Problem“, meinte O’Flynn abwinkend. „Das regele ich mit ein paar Worten.“
Der Kutscher hatte aber noch einen weiteren Einwand.
„Der Grund dieser Reise dürfte Hasard ein wenig dürftig erscheinen. Nur um die Pfahlbauten zu studieren …“
Wieder winkte der Alte grinsend ab.
„Auch kein Problem, Kutscher. Der Häuptling Coanabo hat doch nach meiner zweiten Reise nach Andros angedeutet, daß er gern Werkzeug von uns hätte, das er gegen Saatgut eintauschen würde. Das ist doch ein handfester Grund, oder nicht?“
Der Kutscher lehnte sich etwas zurück und lächelte.
„Manchmal bist du ein Schlitzohr, Donegal. Aber ich bin natürlich sofort dabei. Wen nehmen wir auf der Reise mit?“
„Wie wär’s mit dem Profos? Den könnten wir unterwegs ein bißchen zwiebeln und ärgern. Ha, das ist überhaupt eine gute Idee! Wir nehmen Ed mit, damit er ebenfalls die Pfahlbauten begutachten kann. Wenn er später durch die Rutsche ins Meer saust, dann weiß er wenigstens, wie das funktioniert.“
Der Kutscher wollte sich ausschütten vor Lachen. Aber was Donegal da vorbrachte, war ganz nach seinem Geschmack. Der „liebe Ed“ fehlte ihnen gerade noch bei der Reise. Dann konnten sie ihn kräftig verladen, so, wie er es immer mit ihnen tat.
„Alles klar?“ fragte Old O’Flynn. Er kratzte sich grinsend an jener Stelle, wo ihn der heiße Pfannkuchen getroffen hatte.
„Alles klar“, versicherte der Kutscher augenzwinkernd. „Jetzt müssen wir das nur noch den anderen verklaren.“
Aber auch da sah Old O’Flynn keinerlei Probleme. Seit er sich diese Idee in den Kopf gesetzt hatte, gab es überhaupt keine Probleme mehr für ihn.
Hasard stand mit Ben Brighton zusammen auf der Kuhl. Beide betrachteten unauffällig den Mann, der hingebungsvoll damit beschäftigt war, beim Bau einer Jolle mitzuhelfen.
Der Mann war Don Antonio de Quintanilla, Exgouverneur von Kuba.
Anfangs, als ihn der Bund der Korsaren auf die Insel gebracht hatte, war Don Antonio feist, quallig und sehr fettleibig gewesen. Und sehr verwöhnt war er auch.
Das alles hatte sich erstaunlich geändert. Jetzt war er braun gebrannt, und er packte mit an, wo er nur konnte. Er schien sich von seinem Luxusleben völlig gelöst zu haben und aß zum Beispiel mit Freuden das, was es auch für die anderen gab – nämlich deftige und kräftige Kost, die er anfangs verschmäht hatte.
Auch sein Bauch war merklich zurückgegangen. Die meisten Fettpolster waren verschwunden, und der wäßrige Blick seiner Augen war klarer und fester geworden. Er schien eine Menge Spaß am Leben und an der Arbeit zu haben.
„Erstaunlich, wie der Kerl sich verändert hat“, sagte Ben. „Wer sieht ihm heute noch den feisten und korrupten Gouverneur an?“
„Er hat sich voll eingelebt“, sagte Hasard. „Wirklich erstaunlich von dem Mann. Ich hatte das nicht erwartet. Sogar der Wikinger knurrt nicht mehr, wenn er ihn sieht. Vorher ging er jedesmal fast in die Luft vor Zorn. Aus dem lieben Don Antonio kann demnächst so eine Art Verwalter werden, so ähnlich wie Diego auf Tortuga. Ich werde mir das noch überlegen.“
Ben Brighton sah auf den Kutscher und auf Old O’Flynn, die mit leuchtenden Gesichtern einträchtig aus der Kombüse traten.
Hasard und Ben zwinkerten sich zu. Auch ihnen war der fliegende Pfannkuchen der heißblütigen Snugglemouse nicht entgangen.
„Sicher hat er seine Sorgen beim Kutscher abgeladen“, meinte Ben. „Jetzt sieht er richtig aufgekratzt aus.“
„Ich muß dich dringend sprechen, Sir“, sagte Old Donegal. „Es geht um eine wichtige Angelegenheit.“
Beide Männer sahen versteckt grinsend, daß er sich wieder das Genick an der betroffenen Stelle rieb.
„Nur zu“, sagte der Seewolf erheitert.
Old O’Flynn sprach in salbungsvollen und beschwörenden Worten und legte seinen Vorschlag dar. Hin und wieder warf der Kutscher ebenfalls ein paar Worte ein.
Anfangs hatte Hasard vermutet, Old O’Flynn wolle nur mal wieder ausbüxen, weil mit seiner Mary Wetterleuchten in der Luft hing. Doch dann hörte er interessiert zu. Allerdings verriet Old O’Flynn nicht den eigentlichen und wahren Grund seiner Reise.
„Das stimmt“, sagte Hasard, „das haben wir mit dem Häuptling Coanabo wirklich vereinbart und besprochen. Es sollte auch nicht in Vergessenheit geraten. Die Kontakte sollten schon weiterhin gepflegt werden und nicht abreißen. Ich halte die Idee für gut. Jedenfalls hast du meinen Segen und den der anderen mit Sicherheit ebenfalls. Wir werden dir eine Ladung Werkzeug zusammenstellen, dann suchst du dir eine Mannschaft aus, und ihr könnt aufbrechen.“
Der Profos, der ebenfalls wie unauffällig auf der Kuhl herumlungerte, wurde sofort hellhörig.
Hm, eine Reise nach Andros, das ist doch mal was, überlegte er. Fragt sich nur, ob der alte Zausel mich mitnimmt, denn da war die Sache mit dem Pfannkuchen, und so etwas vergißt ein O’Flynn nicht so schnell. Er bereute es jetzt, Donegal wieder mal kräftig auf den Arm genommen zu haben, und schlenderte mit einem gottgefälligen Gesicht näher heran.
Old O’Flynn zählte gerade auf, wer zur Mannschaft gehören sollte.
„Martin natürlich, Nils, Sven, der Kutscher, die beiden Junioren und – äh, ja, Stenmark noch. Das müßte genügen.“
Dem Profos stieg die Galle hoch.
„Bißchen wenig für eine Reise“, sagte er wie beiläufig. „Unterwegs kann allerlei passieren.“
„Das reicht“, sagte Donegal kühl. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos, als er registrierte, daß sich der Profos mächtig ärgerte und sehr enttäuscht war.
Auch der Kutscher ließ sich nichts anmerken. Er mußte sich mächtig anstrengen, um sich das Grinsen zu verkneifen.
Hasard aber kannte seine Helden besser, und er wußte auch, daß Ed jetzt von Donegal verladen wurde. Das sah er schon an dem steinernen und ausdruckslosen Gesicht des Alten.
„Ohne mich wärst du damals auf Andros in die Hölle gesegelt“, begann Carberry zu motzen. „So, wie ich das sehe, wird das jetzt wieder passieren. Da gibt es nämlich die berüchtigten Inselgeister, die Chickcharnies mit den drei Fingern, drei Zehen und den knallroten Augen. Und dann die tückischen Moraste, Mangrovenwälder und das höllische Korallenriff. Da solltest du lieber noch einen Mann mehr mitnehmen, einen kräftigen.“
„Einen, der kräftig saufen kann, was? Gut, dann nehme ich also noch einen starken Mann mit, der auf den Rum aufpaßt.“
„Na also“, sagte Ed unsagbar erleichtert. Aber dann folgte der nächste Hammer, der den Profos traf.
„Wo ist Ferris denn eigentlich?“
„Ferris?“ ächzte Ed. „Hast du Ferris gesagt? Der wird hier dringend gebraucht, Mann, äußerst dringend. Warum nimmst du nicht ganz einfach mich mit?“
Old O’Flynn wandte sich dem Kutscher zu. Fragend sah er ihn an.
„Wenn wir den Profos mitnehmen, gibt’s bloß wieder Ärger. Oder bist du da anderer Ansicht, Kutscher?“
Der Kutscher, sah unbehaglich drein.
„Stimmt. Vorhin hat er auch wieder angefangen zu stänkern.“
„Ich doch nicht! Wo werd’ ich denn!“ rief der Profos empört. „Ich kann keiner Fliege etwas zuleide tun, und das von vorhin war doch nur Spaß, mehr nicht. Wir sollten dann allerdings Sir Jöhnchen auch gleich mitnehmen. Der kann wieder vorausfliegen und die Lage peilen.“
„Den Schreihals an Bord?“ fragte Donegal entsetzt.
Der Schreihals hatte was von „Sir Jöhnchen“ gehört und stürzte sich in selbstmörderischem Flug von der Großrah. Er landete bei Ed auf der Schulter und bremste seinen Sturzflug ab, indem er dem Profos die großen Flügel kräftig um die Ohren schlug. Natürlich begann er auch gleich wieder zu krakeelen.
„An den Wind! Fiert weg die Affenärsche, ihr Lauseknödel!“
„Das wird immer schlimmer mit ihm“, sagte der Kutscher pikiert. „Mit dem kann man sich ja nirgendwo mehr blicken lassen.“
„Auf Andros schon“, behauptete der Profos ungerührt. „Die verstehen das nicht so genau.“
„Da bin ich aber anderer Ansicht.“
„Gevatter Hühnerarsch“, sagte Sir John fast andächtig. Er legte den Kopf schief und sah den Kutscher aus dem rechten Auge an.
„Verdammt, er meint mich“, sagte der Kutscher erbittert. „Fehlt nur noch, daß der Saftgockel grinsen kann.“
„Schon geht der Stunk wieder los“, wetterte Old Donegal.
„Vielleicht unterlaßt ihr die Reise doch lieber“, sagte Hasard mit sanfter Stimme.
Aber davon wollten die Streithähne nichts mehr wissen. Carberry zog freundliche Nasenlöcher und legte Old O’Flynn und dem Kutscher gleichzeitig seine riesigen Pranken auf die Schultern. Dabei glaubte er, es in Old Donegals Holzbein leise knirschen zu hören. Er minderte den Druck etwas, aber da hatte der Alte schon fast Tränen in den Augen, und das stammte keinesfalls von seiner Rührung über den frommen Pilger.
Da sie jetzt alle wieder ein Herz und eine Seele waren, wurden die weiteren Einzelheiten besprochen, und alle versammelten sich auf der Kuhl.