Читать книгу Wohin die Flüsse fliessen - Frederik Hetmann - Страница 10
Madoc oder die weißen Indianer
ОглавлениеPrinz Madoc war der Sohn des letzten unabhängigen Fürsten von Wales, Owen Gwynned. Als Owen starb, begann zwischen seinen beiden Söhnen Hywell und Davyz eine blutige Fehde um die Thronfolge. Es gab aber noch einen dritten Sohn, und ihn ekelte es vor dem blutigen Streit unter Verwandten. Also entschloss er sich, Wales zu verlassen und irgendwo anders zu siedeln. Mit drei Schiffen voller Gefährten segelte er nach Westen und landete schließlich in der Neuen Welt. Amerika gefiel Madoc so gut, dass er eine Gruppe Kolonisten dort zurückließ, noch einmal nach Wales zurückkehrte und ein zweites Mal mit 3000 Auswanderern aufbrach. Diesmal befehligte er eine Flotte von zehn Schiffen.
Madocs Kolonie gedieh. Die Menschen waren rege, aber auch kriegerisch gesinnt. Bald breiteten sie sich aus und hielten nach neuem Land Ausschau. Voller Wild sollte es sein. Sie durchquerten den Kontinent. Sie gelangten bis nach Mexiko. Sie suchten Trails, bauten Befestigungen, befuhren den Mississippi und andere große Flüsse mit ihren kleinen Booten. Sie gaben ihre Sprache und ihre Religion an die Indianerstämme weiter, denen sie begegneten. Nicht alle Indianer waren den Fremden wohlgesinnt. Endlich schlossen sich mehrere Stämme zusammen und zogen gegen die weißen Männer ins Feld. Eine blutige Schlacht fand im Mittelwesten statt. Madocs Truppen wurden aufgerieben. Er selbst fand den Tod. Ohne Anführer verwilderten die Auswanderer in ihren Sitten mehr und mehr. Endlich war ihnen überhaupt nicht mehr bewusst, dass ihre Vorfahren aus Europa herübergekommen waren. Sie hatten sich in ihren Lebensgewohnheiten ganz und gar denen der Indianer angeglichen. Aber sie hatten weiße Haut, und sie sprachen immer noch ihre Muttersprache.
Jahrhunderte später reiste Pfarrer Morgan Jones von Virginia nach South Carolina und fiel unterwegs Indianern in die Hände. Sie gaben ihm zu verstehen, er möge sich zum Sterben bereit machen. Jones in seiner Todesfurcht verfiel in seine Muttersprache. Auf Walisisch beklagte er sein Schicksal und begann in dieser Sprache seine Gebete zu sprechen. Zu seinem Erstaunen antwortete einer der Indianer in seiner Muttersprache, und im Augenblick waren sich alle Krieger darin einig, dass man den Pfarrer am Leben lassen wolle. Jones blieb mehrere Monate bei diesem Stamm und versuchte, die Indianer durch Predigten, die er in Walisisch hielt, zum Christentum zu bekehren.