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2 Familien und Unternehmen – Unterschiedliche Typen sozialer Systeme und ihre unterschiedlichen Rationalitäten 2.1 Historischer Rückblick

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Ein Blick in die abendländische Geschichte zeigt, dass die Unterscheidung zwischen Arbeit und Privatleben relativ jung ist. Im klassischen Altertum gab es zwei Typen eindeutig gegeneinander abgegrenzter Systeme: das Haus (griech. oikos) und den Staat bzw. die Stadt (griech. pólis). Das Haus war zum einen wirtschaftliche Überlebenseinheit (daher der Begriff »Ökonomie«), aber es war auch Lebensgemeinschaft und emotionales Bezugssystem für seine Mitglieder. Zu ihm gehörten nicht nur die Familienmitglieder im engeren, verwandtschaftlichen Sinne, sondern auch Sklaven und Bedienstete. Der Begriff »Familie« (lat. famulus »Diener«) stand in diesem Sinne für das »ganze Haus«, d. h. eine Gemeinschaft, die weit über den Kreis der Blutsverwandten hinausging. Nur als Mitglied solch eines »Hauses« hatte der Einzelne die Möglichkeit zu (über)leben (Mitterauer u. Sieder 1977).

Dieses Modell der Arbeits- und Lebensgemeinschaften findet man heute gelegentlich noch in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie, obwohl es auch dort inzwischen sehr selten geworden ist und die Abhängigkeit des Einzelnen von derartigen privat-professionellen Mischformen sozialen Lebens weit geringer ist, als es in grauen Vorzeiten der Fall war.

Dem Haus stand der Stadtstaat (Beispiel: Athen) gegenüber. Er fungierte nach außen als handelnde Einheit gegenüber anderen Staaten (z. B. Sparta), wenn es zum Krieg kam, und nach innen sorgte er für den gesetzlichen Rahmen, der das Zusammenleben der Bürger regelte (etwa durch Institutionen der Rechtsprechung im Konfliktfall).

Seit Beginn der industriellen Revolution kam es zu einer weitreichenden Veränderung der sozialen Strukturen. Die westliche Gesellschaft entwickelte Subsysteme mit unterschiedlichen Funktionen (»funktionelle Differenzierung«), die für eine gesellschaftliche Arbeitsteilung sorgen. Jedes dieser Subsysteme (Wirtschaft, Gesundheitswesen, Erziehung, Wissenschaft, Religion, Kunst, Politik usw.) hat seine eigenen Spielregeln, Institutionen und Organisationsformen entwickelt. Sie haben unterschiedliche Aufgaben und Funktionen zu erfüllen. Eine der Konsequenzen: Sie folgen unterschiedlichen (Zweck-)Rationalitäten.


Abb. 2: Die funktionelle Differenzierung der Gesellschaft und die Bildung unterschiedlicher sozialer Einheiten (diverse Typen von Organisationen, Familie)

Universitäten produzieren wissenschaftliche Wahrheiten, Schulen dienen der Erziehung, Gerichte sprechen Recht, Unternehmen liefern Produkte und Dienstleistungen, Krankenhäuser sichern die Patientenversorgung usw. In der Religion werden Entscheidungen aufgrund anderer Kriterien getroffen als in der Wissenschaft (deshalb ist es ein Risiko für wissenschaftliche »Wahrheit«, wenn religiöse Glaubenssätze festlegen, was als »wahr« zu gelten hat), und im Rechtssystem gelten andere Entscheidungsgrundlagen als in der Wirtschaft (der Grund, warum man – im Idealfall – Urteile nicht kaufen kann: »Vor dem Gesetz sind alle gleich« – ob arm oder reich). Was aus wirtschaftlicher Sicht rational erscheint, kann aus wissenschaftlicher oder rechtlicher Sicht vollkommen irrational sein.

Im Rahmen dieses historischen Ausdifferenzierungsprozesses haben sich auch die Funktionen von Familie und Unternehmen auseinanderentwickelt und mit ihnen die Spielregeln der Kommunikation, die in beiden Typen von Systemen praktiziert werden.

Einführung in die Theorie des Familienunternehmens

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