Читать книгу Hilflos den Erpressern ausgeliefert - G. S. Friebel - Страница 6
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ОглавлениеMan wird einfach geboren. Niemand fragt, ob man das Licht der Welt erblicken will. Unter Anstrengung und Schmerzen kommt man auf diese Welt, und dann ist man da, zur Hässlichkeit verurteilt. Man darf leben, o ja, aber dem Leben nichts abverlangen. Nicht die kleinsten Zugeständnisse werden einem gemacht. Man hat klaglos zurückzustehen, immer im Schatten, darf nicht einmal neidisch sein, sondern muss ruhig zusehen, wie andere das Leben genießen und glücklich werden.
Ist das nicht auch Sklaventum? Nur humaner? O nein, es ist viel schrecklicher. Damals, als es die wirklichen Sklaven gab, da hatten sie etwas, wogegen sie sich wehren, worum sie kämpfen, Ketten, die sie abstreifen konnten. Aber so? Nicht einmal das kann man! Was will man denn abstreifen? Das Gesicht? Die Figur? Man kann nicht hingehen und sie umtauschen wie ein Kleid, das nicht passt. Man muss es tragen, bis zum bitteren Ende. Immer weiter und weiter.
Wenn man dann auch noch auf dem Namen Meta getauft wurde, ist dann nicht sowieso alles vergeben? Meta, das heißt Dienerin, Magd. Schöne, strahlende Mädchen und junge Frauen heißen anders. Sybille, Clarisse, Valentine, ach, es gibt so viele schöne, klangvolle Namen.
Meta Brumberg! Sie stand am Fenster im vierten Stock und blickte auf die Straße. Draußen rieselte der Regen an der Scheibe entlang.
Warum stehe ich hier und blicke hinaus und denke so etwas?
Die Scheibe warf ihr Spiegelbild zurück. Sie sah sich selbst. Wie erschreckend nüchtern sie doch wirkte. Nein, da brauchte sie sich wirklich nicht zu wundern, dass man sie überhaupt nicht bemerkte. Meta war nicht einmal erstaunt darüber. Sie hielt das alles für ganz selbstverständlich.
»Und da erlebt man nun vielleicht das Schönste, was einem im Leben widerfahren kann, und man steht hier und ist traurig, einsam und hasst sich selbst.« Sie bemerkte gar nicht, dass sie Selbstgespräche führte. »Warum lasse ich mich nicht treiben? Sehe den Dingen ins Gesicht? Ich will etwas erzwingen, und es ist doch so sinnlos. Ich weiß es doch. Niemand kann mir etwas vormachen. Niemand. Mit fünfundzwanzig ist man keine kleine Gans mehr. Denis Morris, das klingt nach Musik, Beschwingtheit, Heiterkeit. Da gibt es nichts Düsteres, alles ist so hell, leicht, man könnte fast fröhlich werden.« Sie verstummte, drehte sich um und ging zum Schreibtisch zurück. Das war ihre graue Wirklichkeit. Denis Morris war vor wenigen Minuten hier gewesen und hatte ihre Gedanken wieder einmal verwirrt. Er war nicht gekommen, weil er sie liebte oder verliebt war, weil er sie, Meta sehen wollte, nein, er war gekommen, weil er ein paar Akten brauchte. Meta war aufgestanden, zum Schrank gegangen, hatte das Rollo hoch schnappen lassen, gesucht und ihm dann den Vorgang gegeben. Dabei hatte sie die ganze Zeit gespürt, wie ihr das Rot ins Gesicht gestiegen war.
Denis Morris!
Er war Kriminalbeamter und tat im Präsidium seinen Dienst. Und sie war Angestellte und musste tun, was er sagte.
Kriminalmeister Morris war vor einigen Monaten versetzt worden. Er schätzte sich glücklich, dass er jetzt Dienst in einer Großstadt tun durfte. Er war zuverlässig, intelligent, und seine Vorgesetzten mochten ihn gern. Denis war Junggeselle, und nicht nur das, er sah hervorragend aus, war ein salopper Typ und fuhr leidenschaftlich gern schnelle Wagen. Er liebte das Leben und die Mädchen, dachte aber nicht daran, so schnell in den Hafen der Ehe einzulaufen. Denis kostete das Leben aus, wie er so schön sagte. Seine Freunde sagten von ihm: »Er ist der Typ, mit dem man Pferde stehlen kann.« Immer hilfsbereit und nett, ja, das war er.
Denis Morris! Was würde er sagen, wenn er erfuhr, dass sich die unscheinbare graue Maus Meta Brumberg in ihn verliebt hatte? Sie selbst lachte bitter auf. Seine Reaktion konnte sie sich gut vorstellen.
»Meta?«, würde er erstaunt fragen und die Augenbrauen hochziehen. »Zum Teufel, wer ist denn Meta? Ach, die kleine Blonde mit dem strähnigen Haar, das sie immer mit einer Spange im Nacken gebunden hält.« Vielleicht würde er auch sagen: »Ach, die Brillenschlange.«
Verbissen machte sie sich wieder an die Arbeit. Aber sie konnte nicht aufhören, an Denis zu denken. Es war ja nicht nur eine kleine dumme Verliebtheit, nein, sie liebte ihn grenzenlos. Für sie war es die ganz große Liebe. Seit er im Präsidium arbeitete, war für sie der Alltag licht und hell geworden. Sie brauchte nur irgendwo seine Stimme zu hören, dann schlug ihr Herz schon höher. Unter allen im Haus kannte sie sofort seinen Schritt und auch die Art, wie er die Tür öffnete. Sie wusste es schon immer vorher, wenn er ihr Zimmer noch gar nicht betreten hatte, dass er kommen würde, und das Rot schoss ihr dann jedes Mal in die Wangen. Und damit er es nicht bemerkte, senkte sie ihren Kopf noch tiefer über die Arbeit.
Und Morris? Er kam sich dann immer wie ein Störenfried vor. Jetzt muss ich sie schon wieder belästigen, dachte er und biss sich auf die Lippen. Sie ist so mit ihrer Arbeit beschäftigt, und ich muss sie jetzt wieder ansprechen. Ich glaube, sie kann mich nicht ausstehen. Bei anderen Kollegen schaut sie gleich auf, steht sofort auf und weiß schon im Voraus, was sie von ihr wollen. Ich stehe hier wie ein Trottel und warte, bis sie den Kopf hebt, und dann starrt sie mich so eigenartig an, dass ich wirklich in den Boden versinken möchte.
Zum Teufel, dachte der Mann, man kommt nicht gleich als Kommissar auf diese Welt. Jeder muss lernen, und auch ich muss noch viel lernen. Muss sie mich das ständig fühlen lassen? So dachte er, und nur ungern betrat er das Geschäftszimmer.
Meta hatte sich jetzt wieder ein wenig gefangen. Aber die Kopfschmerzen waren noch nicht verschwunden. Im Gegenteil, sie waren noch heftiger geworden. Sie musste eine Tablette nehmen. Meta tat es ungern, sie hasste Tabletten. Während sie Wasser nachtrank, dachte sie: Vielleicht muss ich eine neue Brille haben. Die meisten Kopfschmerzen kommen von den Augen. Und ich habe schlechte Augen.
Sie sah sich im Spiegel an. Hässlich bin ich, ja, ich weiß es. Aber unwillkürlich dachte sie auch: Vielleicht sollte ich den Arzt mal nach Kontaktlinsen fragen, dann brauche ich keine Brille mehr zu tragen und sehe vielleicht besser aus.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und Emilie trippelte über die Schwelle.
»Herrje, hab ich es mir doch gedacht. Du arbeitest noch, und dabei kriegst du nicht eine Überstunde bezahlt. Du bist wirklich blöde, Meta.«
Diese drehte sich um und sah Emilie verdutzt an.
»Wie, ist denn schon Feierabend?«
»Na klar, glaubst du, ich würde sonst raufkommen?« Sie kicherte und stellte ihre kleine Tasche auf den Schreibtisch.
»Los, mach fix! Ich hab eine Einladung bekommen.«
Emilie Ascher und sie bewohnten zusammen eine kleine Wohnung. Sie stammten aus demselben Dorf und hatten sich ganz zufällig in dieser Stadt getroffen, und weil man zu zweit billiger leben konnte, waren sie zusammengezogen. Ansonsten verband sie nicht sehr viel. Emilie war nur eine kleine Verkäuferin. Sie beneidete Meta brennend um ihren Posten bei der Kriminalpolizei. Sie hätte viel darum gegeben, wenn sie so klug wie Meta gewesen wäre. Fesch hätte sich das angehört, wenn man sie gefragt hätte: »Und wo arbeiten Sie?« Dann hätte sie gelangweilt die Augen niedergeschlagen und geantwortet: »Ach, wissen Sie, ich spreche nicht gerne von meinem Beruf. Ich trenne Privates von Beruflichem. Man erfährt so viel Schlimmes, wenn man bei der Kripo ist ...« Genauso würde sie reden. Nach ihrem Geschmack machte Meta viel zu wenig aus sich.
Nun ja, eine Schönheit war sie nicht, während sie, Emilie, ganz flott aussah. Das Dumme war nur, die Männer glaubten immer, sie sei umsonst zu haben. Aber dafür war sie sich zu schade. Sie wusste doch, wenn man sich mit jemandem einließ, dass man dann am nächsten Tag das Tagesgespräch im Geschäft war. Nein, sie wollte einen Mann haben zum Heiraten, möglichst mit viel Geld, damit sie nicht mehr arbeiten gehen musste. Und dann würde sie sich ein schönes Leben machen.
Meta räumte auf und meinte nebenbei: »Wenn du eine Einladung bekommen hast, wieso holst du mich dann noch ab? Warum bist du dann nicht schon längst zu Hause und ziehst dich um?«
»Weil du auch mit eingeladen bist, Meta«, lachte Emilie sie an. »Stell dir das mal vor!«
Meta ließ die Akten, die sie gerade in der Hand hielt, wieder auf den Schreibtisch fallen.
»Nein«, sagte sie verblüfft. Es war wirklich das erste Mal, dass man sie auch einlud. Das war so ungewöhnlich, dass sie im Augenblick keine Worte fand.
»Ja, du hörst richtig. Ich hab auch gestaunt, aber Gitti hat es ausdrücklich gesagt: >Bring doch auch Meta mit! Wir würden uns freuen.<«
»Wer ist denn Gitti? Die kenne ich doch gar nicht.«
»Och, die arbeitet im Augenblick bei uns im Lager. Nettes Mädchen. Fesch und lustig! Ich hab mich mit ihr angefreundet, und jetzt hat sie mich eingeladen, weil ich halt neugierig bin. Verstehst du?«
»Ich verstehe gar nichts«, murmelte Meta. »Nur weil du neugierig bist, werde ich auch eingeladen? Worauf bist du denn neugierig?«
Emilie lachte: »Ach, das habe ich dir ja noch gar nicht gesagt. Gitti lebt mit so ein paar Typen zusammen, weißt du, in so einer modernen Gemeinschaft. Die haben sich da so einen kleinen Bauernhof gemietet, und dort leben die nun, und ich möchte doch mal sehen, wie es dort zugeht. Du nicht?«
»Nein«, sagte Meta brüsk. In diesem Augenblick war ihr nämlich eingefallen, dass sie es wirklich nicht nötig hatte, von den Brosamen, die Emilie übrigließ, zu leben. Sie brauchte keine so seltsame Einladung.
»Du bist wirklich ein Spielverderber, Meta, ehrlich. Da sitzt du zu Hause und machst ein mieses Gesicht, weil sich keiner für dich interessiert, und jetzt lädt man dich ein, und da willst du nicht.« Auf ihrem Gesicht wurden rote Flecke sichtbar, ein Zeichen für Emilie, dass Meta aufgeregt war. Sie biss sich auf die Lippen. Nun ja, geschickt hatte sie es wirklich nicht angestellt. Hatte sie nicht gleich zu Gitti gesagt: »Ich weiß nicht, ob ich Meta mitbringen kann. Die ist so schwierig, weißt du. Wenn die einmal ,nein‘ sagt, dann bleibt sie dabei. Ziemlich stur und zimperlich, wird mal als alte Jungfer sterben.« Aber Gitti hatte so darauf bestanden, dass sich Emilie schon wunderte und fragte: »Wieso eigentlich, du kennst sie doch gar nicht.«
»Nein, aber ich möchte sie kennenlernen. Und Victor Decelle auch.«
»Wer ist das denn schon wieder? Und wieso hat der so einen komischen Namen?«
»Er ist Franzose, hab ich noch nicht davon gesprochen?«
»Nein.«
»Victor ist unser Gründungsvater.«
»Wer ist der?« Emilie lachte hell auf. »Mensch, hat der eine neue Welt aufgemacht?«
Zuerst war Gitti beleidigt gewesen.
»Du verstehst auch gar nichts«, hatte sie hitzig geantwortet. »Ja, damit du es weißt, wir leben in einer neuen Welt. Nicht in so einer scheinheiligen Welt wie die Erwachsenen und ihr auch. Du wirst schon sehen, eines Tages werden sie noch alle bekehrt und werden so leben wie wir. Das ist das wahre Leben, nicht so verlogen und gemein.«
Wie gesagt, Emilie war nicht sehr schlau, und sie musste das erst verarbeiten. Nach einer Weile meinte sie: »Ich versteh das nicht. Wieso ist das bei euch anders? Essen, trinken und schlafen, das müssen wir alle. Und malochen auch, sonst kriegt man kein Geld und kann verhungern oder muss zur Fürsorge gehen, und die geben einem auch nichts, wenn man arbeiten kann.«
»Wir arbeiten nie alle«, hatte Gitti geantwortet. »Wenn du kommst, dann können die anderen es dir viel besser erklären. Ich bin noch nicht so lange dabei, weißt du. Ich bin noch ein Chippy.«
»Was bist du?«
»Eine Nonne sagen sie auch. Das heißt, ich bin noch nicht soweit, um ganz in ihre Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Ich habe noch nicht die großen Erlebnisse wie die anderen. Aber das kommt noch. Auf jeden Fall geh ich nicht mehr weg. Ich bleibe bei denen. Und wenn sie mich mit Gewalt holen wollen, ich geh immer wieder zurück.«
»Wer will dich denn mit Gewalt wegholen?«, fragte Emilie erstaunt.
»Meine Eltern natürlich. Ich bin doch abgehauen. Aber bis jetzt haben sie mich noch nicht gefunden. Und ich pass auch auf. Victor hat mir gesagt, er will ein Auge auf mich halten. Und ich brauche keine Angst zu haben.«
Emilie blickte sie sprachlos an. Die Kleine sprach so selbstsicher, so überheblich. Sie wurde neidisch und wäre auch gern so überlegen aufgetreten.
»Aber du arbeitest doch hier, und die Behörden werden das dann deinen Eltern erzählen.«
»Ich bin doch nur Gelegenheitsarbeiterin«, sagte sie wegwerfend. »Glaubst du denn wirklich, ich verbringe in Zukunft mein Leben mit Malochen? Das überlassen wir so blöden Hühnern, wie du eins bist.«
Emilie schluckte und war wütend. Am liebsten hätte sie der kleine frechen Göre eine Ohrfeige gegeben.
Gitti machte ein schnippisches Gesicht und meinte gelangweilt: »Ein paar Wochen brauch ich das, und dann sind andere die Chippys, und ich verlass meinen Posten und bin dann voll in der Gemeinschaft aufgenommen.« Sie sprach, als käme sie gerade vom Mond und hätte dort Wunderdinge gesehen. Dabei machte sie die unerfahrene Emilie so neugierig, dass diese jetzt nicht mehr an sich halten konnte.
»Und du lädst mich tatsächlich ein, zu euch zu kommen? Ich darf das alles kennenlernen?«
»Aber ja doch. Vergiss aber nicht, deine Freundin mitzubringen, verstanden!«
Nun waren sie wieder am Ausgangspunkt angelangt. Emilie schluckte.
»Ich weiß nicht.«
»Sie muss sehr interessant sein, hat Victor gesagt, und interessante Leute wollen wir immer kennenlernen.«
Langsam begriff das Mädchen, dass sie nur eingeladen worden war, weil sie so eine interessante Freundin hatte. Das passte ihr gar nicht. Und im ersten Augenblick war sie auch wütend und hätte es Gitti am liebsten gesagt.
»Weißt du was, ich komme gar nicht. Ich will euren blöden Laden gar nicht kennenlernen.«
Aber die Neugier hatte sie nun einmal gepackt. Und zudem sagte sie sich: Meta braucht es ja gar nicht zu erfahren. Ich tu nur so, als würde ich ihr einen Gefallen damit tun, dass sie mich begleiten darf. Und dann bin ich auch nicht so allein, wenn ich hingehe. Ein wenig komisch ist mir schon.
Und jetzt stand sie hier in Metas Büro, und das klare Nein hallte durch den Raum.
Sie musste also mehr Eingeständnisse machen, sonst würde Meta nicht mitkommen, und dann konnte sie auch nicht hingehen, das hatte sie verstanden.
»Ach Meta, sei doch kein Spielverderber. Die werden sich auch freuen, ehrlich. Sie haben mir gesagt, ich solle meine interessante Freundin mitbringen. Und jetzt warten die doch auf dich. Und wie soll ich hinkommen, wenn du nicht mitkommst? Das liegt doch weit draußen auf dem Land, und dorthin fährt kein Bus. Wenn wir nicht Muckelchen nehmen, dann kann ich gar nicht hin.«
»Du hast also mal wieder mit mir angegeben, Emilie. Wie oft habe ich dir nun schon gesagt, dass mein Posten nicht so wichtig ist. Ich bin doch keine Beamtin.«
»Lass doch jetzt deine Strafpredigten, Meta, sag lieber, dass du mitkommst.«
»Ich habe Kopfschmerzen und möchte mich zu Hause eigentlich hinlegen.«
»Du wirst noch ganz sauertöpfisch, wenn du nie mitkommst, und außerdem verdirbst du mir den ganzen Spaß, Meta. Ich hab mich so darauf gefreut. Du hast doch nichts zu tun. Wenn wir nicht gehen, sitzen wir doch nur blöd zu Hause herum. Komm, sei doch kein Frosch! Wenn du wieder Kopfschmerzen hast, nimm doch eine Tablette. Die wirkt bald, und dann kannst du doch mitkommen.«
Sie hatte ja schon eine genommen, und sie verspürte schon langsam die Wirkung.
»Wenn du willst, kann ich dich ja hinfahren und auch später wieder abholen.«
Emilie blickte sie groß an. Zuerst wollte sie wieder aufmucken, aber dann sagte sie sich: Wenn sie erst mal dabei ist und das alles sieht, dann bleibt sie bestimmt. Und wenn nicht, ist das nicht meine Sorge. Gitti kann dann mit eigenen Augen sehen, welch komischer Mensch sie ist.
»Herrlich, ich wusste ja, dass du nicht so bist. Komm, jetzt müssen wir uns aber beeilen!«
Sie verließen das riesige Glasgebäude. Draußen auf dem Parkplatz stand das kleine Auto mit Namen Muckelchen. Meta hatte es gebraucht gekauft und pflegte es nun mit viel Liebe. Das war das einzige Vergnügen, das sie sich gönnte. In der Wohnung angekommen, wirbelte Emilie gleich herum, denn sie wusste nicht, was sie anziehen sollte. Sie wollte doch nicht als spießbürgerlich gelten.
Sie besaßen eine kleine Dreizimmerwohnung. Jeder hatte ein eigenes Schlafzimmer, das Wohnzimmer gehörte ihnen gemeinsam, ebenso das Bad und die Kochnische. Die meiste Arbeit verrichtete Meta, denn Emilie war nicht sehr ordnungsliebend. In ihrem Zimmer sah es meistens wie in einer Räuberhöhle aus. Meta hatte aufgehört, sie zu ermahnen. Es fruchtete doch nichts.
Emilie hatte sich inzwischen für ein Paar alte verwaschene Jeans entschieden, und dazu trug sie einen nicht mehr ganz sauberen Pulli.
»Damit willst du zur Einladung gehen? Aber Emilie, du machst uns ja Schande.«
»Nein, nein, Gitti kommt auch immer so ins Geschäft. So was trägt man heute, glaub mir. Du wirst schon sehen.«
»Aber ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nur hinbringe, mehr nicht.«
»Du wirst doch nicht so unhöflich sein und gleich wieder abdampfen?«, maulte sie.
Meta dachte: Eigentlich hat Emilie recht. Ich bin wirklich sauertöpfisch. Aber man kann nun mal nicht über seinen eigenen Schatten springen.
»Na schön, wir werden ja sehen.«