Читать книгу Der Liebestraum von Istanbul: Redlight Street #167 - G. S. Friebel - Страница 6
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ОглавлениеSonja Raven stand vor dem kostbaren Barockspiegel und kämmte sich. Das kastanienbraune Haar fiel in langen weichen Wellen den Rücken herunter.
Sie war nicht eitel, aber sie war stolz auf ihr wunderschönes Haar. Es war nicht einmal gefärbt, aber das glaubte ihr niemand.
Sonja, das Luxusmädchen, war wirklich sehr schön. Ihre Haut war fein und durchsichtig wie edles Porzellan.
Wer dieses Mädchen einmal sah, konnte es so schnell nicht wieder vergessen. Und das war auch das Geheimnis seines Erfolges.
Sonjas Gesichtszüge erinnerten an eine Griechin. Die schmale, biegsame Figur mit den vollen Brüsten, den schlanken Beinen - sie war so vollkommen, dass alle Männer verrückt wurden.
Sie trug ein rotes Negligé, das sie wie eine Wolke einhüllte.
Während sie ihr Gesicht prüfend betrachtete, klingelte es an der Tür.
Ein rascher Blick auf die kleine Armbanduhr sagte ihr, dass sie niemanden erwartete. Eine Unmutsfalte entstand auf ihrer Stirn. Sie hatte es nicht gerne, wenn man sie störte.
»Cilly hat mal wieder den Schlüssel vergessen«, murmelte sie vor sich hin.
Sie warf den Kamm auf das Tischchen und rauschte zur Tür, die mit weißem Schleiflack überzogen und mit Goldleisten verziert war. Geschmack besaßen sie beide in hohem Maße.
Sonja riss die Tür auf. Schon wollte sie mit ihrer Strafpredigt loslegen, da erkannte sie Elfi Stille.
»Mach' den Mund zu, es zieht«, sagte Elfi und stöckelte über die Schwelle.
»He, ich hab' dich gar nicht eingeladen!«, rief Sonja wütend.
»Weiß ich, weiß ich«, sagte das Mädchen und trippelte in den Salon. »Himmel, hier wird es auch immer schöner! Mann, der Teppich muss aber eine Stange Geld gekostet haben. Himmlisch, einfach himmlisch!«
Elfi hatte sich die Schuhe ausgezogen und wühlte nun mit den Zehen im weichen Teppichflor.
»Bist du nur gekommen, um meinen Teppich zu bewundern?«, fragte Sonja eisig.
»Gib mir lieber erst mal eine Zigarette, dann reden wir weiter.«
Widerwillig zeigte Sonja auf das schwarze Onyxkästchen.
»Bedien' dich!«
Mit ihren langen Fingern holte sie sich eine der parfümierten Zigaretten heraus. Sie hatte knallrote Nägel, es sah aus, als hätte sie ihre Fingerspitzen in Blut getaucht.
Elfi wirkte billig und ordinär, und so war sie auch. Dieses aufgedonnerte Haar! Bestimmt war das eine Perücke. Und das billige Fähnchen von Kleid stand ihr überhaupt nicht. Es war viel zu kurz, und zeigte zwei stramme Schenkel.
»Du erwartest doch nicht etwa Besuch?«, fragte sie langgezogen.
»In einer Stunde«, sagte Sonja und setzte sich in einen Sessel.
»Willst du auch eine Zigarette?«
Elfi konnte aufreizend sein.
»Du hast wirklich einen prima Teppich. So etwas könnte mir auch gefallen, ehrlich. Hat wohl ’ne ganze Menge gekostet, was?«
»Damit du ruhig schlafen kannst: Ich habe ihn nicht gekauft. Man hat ihn mir geschenkt.«
»Jessa, so freigiebig sind deine Kunden?«
Sonja schwieg. Sie versuchte zu ergründen, warum Elfi gekommen war. Sie tat nie etwas ohne Grund. Das Mädchen hasste Elfi und diese wusste das. Aber es hinderte sie nicht daran, die ehemalige Hausgenossin regelmäßig zu besuchen. Natürlich hatte sie aufgepasst, dass Cilly nicht hier war. Sie hatte zwei Stunden vor dem Haus gewartet, denn sie empfand Respekt vor Cilly und ging ihr lieber aus dem Weg.
Sonja dachte: Wie konnte ich damals nur so blind sein. Wieso habe ich nicht sofort bemerkt, wie dumm und schamlos sie ist. Na, jetzt lebte sie nicht mehr hier. Sie hatte Elfi aus der gemeinsamen Wohnung geworfen, als sie merkte, dass sie die Kunden bestahl. Ja, Sonja war das so peinlich gewesen, dass sie anschließend jeden Mann danach fragte, und die Summe vom eigenen Geld den Geschädigten zurückgab.
»Was willst du?«, fragte sie spröde.
»Ich?« Elfi tat harmlos. »Kann man denn nicht mal reinschauen und guten Tag sagen? Oder bist du jetzt so eingebildet, dass du dich an mich nicht mehr erinnern willst?«
»Wenn du nicht bald sagst, was du willst, werfe ich dich aus der Wohnung.«
Elfi lief rot an.
»Das kannst du mit mir nicht machen!«, zischte sie wütend.
Sonja musste lachen. »Willst du mir Angst einjagen? Vielleicht mit deinem miesen Zuhälter?«
Elfis Augen verengten sich.
»Du hast mir viel zu verdanken.«
»Ich? O ja, jetzt erinnere ich mich wirklich!«, höhnte Sonja. Du warst es ja, die mich dazu brachte, dieses Leben zu führen.«
Elfi sprang auf. »Jawohl, du gemeines Biest! Wäre ich nicht, dann säßest du jetzt noch immer in dem miesen Büro. Dieses Luxusleben könntest du dir dann nicht leisten.«
»Wir müssen etwas ein für allemal klarstellen. Elfi. Richtig, du hast mich dazu verführt, Dirne zu werden. Das stimmt haargenau. Aber dieses Leben. das ich jetzt führe, das habe ich keineswegs dir zu verdanken. Hätte ich nämlich auf deine Ratschläge gehört, dann säße ich nicht hier, sondern wie du in einer miesen Absteige.«
Elfi warf die angerauchte Zigarette auf den wertvollen Teppich. Hätte Sonja sie nicht sofort aufgehoben, wäre ein Loch hineingebrannt.
Elfi genoss mit satanischer Freude, dass sich Sonja bücken musste. Es juckte ihr in den Fingern, diese kostbare Wohnung kleinzuschlagen. Aber dann dachte sie an Josef.
Scheinheilig sagte sie: »Entschuldige. Sonja. Es tut mir leid.«
Sonja wickelte sich enger in den weiten Morgenmantel.
»Ich bin etwas nervös. Ehrlich, ich war krank und kann jetzt meine Miete nicht bezahlen. Du weißt doch, wie gemein sie dann immer sind und diejenige sofort auf die Straße werfen.«
Also doch Geld!
Elfi nickte. »Ich geb' es dir auch ganz bestimmt zurück. Ehrenwort.«
»Lass, das ist doch keinen Pfifferling wert.«
»Wenn ich so stinkreich wäre wie du, dann würde ich mich einer ehemaligen Kollegin gegenüber nicht so gemein benehmen.«
»Frag’ lieber deinen Zuhälter. Warum gibt er dir nicht das Geld für die Miete?«
»Wir haben beide nichts. Pechsträhne, das kommt doch immer mal vor.«
Sonja warf einen Blick auf die Wanduhr. Elfi wusste, sie sollte dem nächsten Kunden nicht in die Arme laufen.
»Gut, warte, ich hole das Geld.« Damit stand sie auf und ging in ihr Schlafzimmer.
Elfi huschte zum Fenster. Unten auf der Straße stand Josef. Sie machte ihm ein Zeichen. Blitzschnell war sie wieder am Tisch. Sonja legte ihr drei Hundertmarkscheine hin.
»Hier. Aber das eine sage ich dir, wenn das jetzt zur Gewohnheit wird, dann ziehe ich andere Maschen auf. Verstanden?«
Blitzschnell griff Elfi nach dem Geld und verstaute es in ihrem Täschchen.
»Besuch’ mich doch mal«, sagte sie.
Ich werde mich hüten, dachte Sonja. In der Tür stehend, wandte sich Elfi noch einmal um.
»Jetzt trägst du die Nase noch hoch, aber ehe du dich versiehst, bist du auch nur noch eine miese Nutte. Wollen wir wetten?«
»Raus«, sagte Sonja.
Sie knallte die Tür zu und lehnte sich dagegen. Dieses verdammte Luder! Man sollte ihr jedes Haar einzeln ausreißen. Sonja ging in den Salon zurück. Sie fühlte sich erbärmlich. Und wie immer, wenn Elfi sie besucht hatte, musste sie an die Vergangenheit denken.