Читать книгу Harro, der Unglücksrabe: Redlight Street #169 - G. S. Friebel - Страница 6

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Da soll man nicht verrückt werden! Man könnte ja sofort auswandern oder sich einen Strick nehmen. Was war das denn noch für ein Leben? Wenn man die Seibeljünglinge betrachtete und sich deren Erfolg ausrechnete, da konnte man grün vor Neid werden. Und er hing hier herum und wusste nicht, womit er die Miete bezahlen sollte!

Er hatte sich für großkotzig und toll ausgegeben! Ehrlich, er hielt sehr große Stücke auf sich und glaubte, der King zu sein! Der King Lude im Viertel, dem alle gehorchten, dem man Respekt entgegenbrachte. Und was machten diese Schautermänner mit ihm? Wenn sie ihn sahen, grinsten sie unverhohlen. Natürlich so, dass er es ihnen nicht nachweisen konnte. Aber er wusste ganz genau, dass die Radaubrüder nur ihn meinten.

Ihn, den Luden Harro!

Da sollte man sich wirklich gleich einen Platz in der Klapsmühle reservieren lassen.

Er hockte trübsinnig in der Kneipe von Jonny herum.

Jonny war Mulatte und auch so ein Rest vom letzten Krieg. Er, Harro, hatte eigentlich nicht viel im Sinn mit Jonny! In seinen Glanzzeiten hatte er die Kumpels bei sich bewirtet und sie hatten nicht schlecht gelebt.

Aber jetzt!

Jonny hatte ein plattes breites Gesicht mit kleinen Augen. Die Lippen waren nur ein wenig wulstig. Merkwürdigerweise hatte er glattes Haar, aber die Luden nannten ihn trotzdem Krausköpfchen. Jonny war sogar noch stolz auf seinen Spitznamen. So waren sie nun mal in diesem Viertel. Irgendwie trafen sie mit ihrem Spitznamen immer den Nagel auf den Kopf. Er fragte sich jetzt ernsthaft: Möchte gerne wissen, wie sie mich nennen. Schade, die feigen Hunde sagen das ja nicht laut. Aber wenn ich mal Lust drauf hab, dann werde ich es aus ihnen raus prügeln, jawohl!

»Soll ich noch eins einlaufen lassen?«

Jonny maß ihn mit einem schrägen Blick.

Seit heute früh, nachdem er die Kneipe geöffnet hatte, hockte nun dieser Lude dort in der Ecke herum und sinnierte vor sich hin.

»Früher hab ich nur Sekt getrunken«, gab Harro zur Antwort.

»Und Kaviar gegessen, ich weiß, ich weiß.«

Harro hob erstaunt den Kopf.

»Woher weißt du das denn, Krausköpfchen? Du warst doch nie bei meinen Gelagen!«

Jonny lachte gutmütig auf.

»Haste in letzter Zeit oft genug erzählt. Wie ’ne Schallplatte, die man auf unendlich gestellt hat«

»Ist aber auch wahr!«

Es schwang ein kleiner drohender Unterton mit. Aber Jonny hatte keine Angst vor einer Schlägerei, schließlich und endlich war er zwei Zentner schwer. Er überrannte seine Gegner einfach und drückte sie an die Wand. Dann gaben sie sehr schnell auf und japsten nach Luft. Jonny hielt seine Kneipe sauber und die Bullen lobten ihn deswegen. Bei Jonny hatten sie noch nie Razzia gemacht. Er schonte nicht und ließ auch kein Gesindel ins Hinterzimmer.

Anfangs waren die Luden recht sauer auf Krausköpfchen, weil er so stur seinen Weg ging, obschon man ihm eine Menge geboten hatte.

»Nee, ist nicht drin. Nehmt eure Schorre mit und bringt sie woanders hin. Mein Keller und meine Hinterzimmer bleiben sauber, verstanden!«

»Aber ist doch nur für ein paar Stunden. Dann wird die Schorre doch wieder abgeholt.«

»Und wenn es nur für ein paar Minuten wäre, schon das ist zu lange, kapiert? Die V-Männer sind ja schneller als der Schall. Und dann hab ich die Bullen hier und das Ende vom Lied ist, sie schließen mir den Laden. Und dann Jungs, sagt mir mal, wo sich dann eure Mädchen aufwärmen sollen, wenn es draußen kalt ist oder regnet. Außerdem werden sie dann alle Augenblicke hier rein geschneit kommen und das haben die Mädels gar nicht gerne. Die wollen in Ruhe hier ein bisschen rum sitzen und 'ne Bulette verspeisen, quaken und was trinken und dann ziehen sie wieder los. Die Mädels brauchen das, also halte ich meinen Laden sauber. Die bleiben mir treu, also bleib ich denen auch treu.«

Zuerst schmeckte das den Luden gar nicht.

»Soll das heißen, du richtest dich nach den Mädchen? Das ist ja was ganz Neues. Die haben doch wirklich nichts zu vermelden. Wenn hier jemand zu bestimmen hat, dann noch immer wir, klar?«

Jonny ließ sich deswegen nicht aus der Ruhe bringen.

»Ihr denkt so, aber ich denke anders. Stellt euch mal vor, die Mädels wären nicht mehr da!«

»Was willste damit sagen? Haste vielleicht gehört, dass man diesen Strich aufgeben will?«

»Hab ich davon was gesagt? Mensch, jetzt dreh’ mir nicht die Worte im Mund herum!«

»Natürlich haste eben eine Andeutung gemacht, Jonny!«

Die Luden nahmen eine drohende Haltung ein. Aber auch das machte Jonny nicht nervös. In aller Ruhe machte er seine Theke sauber, steckte sich einen Priem in den Mund und spuckte ihn nach kurzer Zeit in den Mülleimer.

»Ihr seid wirklich bekloppt und viel Verstand habt ihr auch nicht unter eurer Matratze. Also hört mal gut zu, wer macht denn das Geld?«

»Die Mädels!«

»Tatsächlich, sie wissen es sogar! Also, dann denken wir doch mal gemeinsam weiter. Die Mädels machen das Geld. Und was ist jetzt, wenn sie unzufrieden werden? Und krank, lustlos, also wenn sie, mit anderen Worten, keinen Bock mehr haben?«

»Dann prügeln wir sie so, dass sie nicht mehr stehen können.«

»Tatsächlich, so schlau seid ihr dann! Nicht mehr stehen können. Und was ist dann?«

Die Luden blickten sich an.

»Verflucht!«

»Eben, das meine ich. Die Mädels bringen das Geld und sie haben, verdammt noch mal, ein Recht darauf, dass sie anständig behandelt werden. Also sorge ich dafür. Ihr tut es ja nicht und dann müsst ihr euch nicht wundern, wenn sie zur Innung umsteigen.«

Die Luden zuckten zusammen. Dieses Wort hörten sie gar nicht gern. Nach dem Krieg hatte sich das so ganz langsam breit gemacht. Zuerst hatte man diese verfluchte Innung noch bekämpfen müssen. Mann gegen Mann, ein Zweikampf war das oft gewesen. Aber diese Innung, die war wie ein Geschwür. Schnitt man eine Stelle weg, wurde sie an anderer Stelle um so größer. Verzogen sie sich aus einer Stadt, jubelte man sich halbtot vor Freude und musste dann feststellen, dass sie mit dreifacher Garde zurückkamen und wieder anfingen. Wie es zuging, das merkten sie erst viel später. Vor allen Dingen ging die Macht von den Nutten aus. Das hatten sie zu spät bemerkt. Die Emanzipationswelle war auch hier angekommen. Ja, ganz besonders bei den Nutten hatte sie sich ziemlich lange aufgehalten und Wunder gewirkt

Fühlte sich eine Nutte beschissen, war sie mit ihrem Luden unzufrieden, so brauchte sie nur überzulaufen. Sicher, manchmal holte man sich das Hoppemädchen zurück und verdrosch sie ganz mächtig. Es hatte auch Zeiten gegeben, wo man diese Mädchen auf den Müllhalden wiederfinden konnte. Sozusagen als Abschreckung. Seltsamerweise fischte man in dieser Zeit auch ziemlich viele Luden aus dem Kanal heraus. Anfangs glaubte man, es handle sich um lebensmüde Männer. Aber sehr schnell kam an das Tageslicht, dass die gar nicht lebensmüde gewesen waren. Vor allen Dingen deshalb, weil im Rücken oft noch ein Messer steckte. So macht niemand Selbstmord!

Der Rest der Ludenschaft verzog sich und hielt Kriegsrat. Man kam zu dem Entschluss, erst einmal scheiß freundlich zu den Benzin-Bienen zu sein.

„Das ist wichtig, wir müssen sie einlullen, bis sie weich sind. Und dann hauen wir mit ihnen ab. Hier ist es zu heiß. Die sollen sich aber bloß nicht einbilden, dass wir das vergessen haben. In einer anderen Stadt werden wir sie dann wieder zocken lassen, so wie wir es gewöhnt sind.«

Leider waren die anderen Städte meistens fest in der Hand einiger Luden und vor allen Dingen war hier auch schon die Innung. Das war das Ende vom Lied! Sie standen mit ihren arbeitswilligen Pferdchen in einer Art Niemandsland. Hinter sich hatte man alle Brücken abgebrochen. Eine neue Stadt hätte man nur mit Gewalt erobern können, und das auch nur für kurze Zeit. Die Innung schlief nicht.

Das Ende vom Lied?

Die Mädchen zogen scharenweise zur Innung. Sie wollten ja leben, und das nicht schlecht. Sobald sie sich einschrieben, durften sie wieder stehen.

Und ihre Luden waren draußen. Hatten sie erst einmal begriffen, wie schnell man Geld horten kann, an das kein Lude ran kam, dachten die Nutten gar nicht mehr daran, ihren Luden was abzugeben. Wurden die aber zudringlich, rief man die Innung. Und die machte sich dann einen Spaß daraus. Ja, sie veranstaltete richtige Verfolgungsjagden mit viel Leerlauf. Sie wollten ja ihren Spaß an der Sache haben.

Ja, damals, das waren noch wilde Zeiten gewesen. Es hatte eine Weile gedauert, bis die Luden begriffen: Wenn sie sich nicht änderten, dann würde es dumm für sie aussehen. Gewiss, es gab auch noch Großluden. Die waren so stark und klug, dass sie mit der Innung zusammenarbeiteten. So konnte man seine Krieger ausleihen, wenn es mal nötig war. Sie führten ein starkes Regiment. Meistens besaßen sie sogar noch Anteile an der Innung. Niemand wusste nämlich genau, wer dazu gehörte. Und wer der Boss war, das war sowieso ein Geheimnis. Das zu erfahren, wäre Gold wert gewesen! Aber nicht mal die V-Männer, die doch nun wirklich im Puffviertel die Mäuse husten hörten, wussten es. Die Bullen hätten gern seinen Kopf gehabt.

Es gab dann noch Kleinstluden, so nannte man die Sorte, die bis zu fünf Mädchen laufen hatte. Mehr konnten die sowieso nicht ohne Hilfe beaufsichtigen. Dazu brauchte man wieder eine Genehmigung der Innung, wenn man eine eigene Flotte aufstellen wollte. Diese Luden gingen mit der Zeit. Wenn also ein Mädchen, das auf den Strich ging, nicht bei der Innung war, sondern bei einem Luden, dann nur, weil sie was fürs Herz brauchte. Sie hing also an einem Herzbubi, der ihr das Gefühl gab, dass sie geborgen war, dass er für sie die Kohlen aus dem Feuer holte. Je netter er war, um so fleißiger war sie. Das beruhte also auf Gegenseitigkeit

Die Luden hatten schnell begriffen, was Jonny mit seiner Andeutung meinte. Diese Eckkneipe war der Anlaufhafen für die leichten Mädchen. Hier kamen sie rein, bevor sie auf Anschaffe gingen, hier gingen sie hin, um sich im Winter aufzuwärmen, um das erste handwarme Geld vom Freier dem Luden zu bringen. Sie hatten nämlich nie viel Geld dabei auf dem Strich. Vor gut zwei Jahren hatte es so ein seltsames Frettchen gegeben, das lange Zeit den Nutten das schwer verdiente Geld geklaut hatte. Sie hatten Jagd auf ihn gemacht und ihn nicht fassen können. Er war so aalglatt und schlug immer zu, wenn man gerade an einer anderen Stelle eine Falle aufgebaut hatte. Die Nutten waren so sauer gewesen, dass sie schon nicht mehr stehen wollten.

»Wir können doch nicht jeden Fünfziger abliefern, dann latschen wir uns ja die Hacken krumm! Die Zeit geht damit drauf und die Kunden werden sauer.«

Die Luden glaubten eine Zeitlang, wenn sie sich zeigten, würde das lichtscheue Frettchen nicht mehr kommen. Es kam aber weiterhin, nur die Kunden wurden scheu und kamen schließlich gar nicht mehr.

Viele Stunden hatten die Luden bei Jonny gesessen und beratschlagt, wie man es bewerkstelligen könnte, diesen Kerl zu erwischen.

Jonny hatte mal wieder den besten Vorschlag gehabt.

Ein paar Luden hatten die Innung einschalten wollen. Die konnte man in schweren Fällen immer um Rat fragen. Die Kleinstluden mussten ja auch ihren

Beitrag abführen, denn sonst durften sie ja ihre Hoppemädchen nicht aufbauen.

»Die Preise sind gesalzen und ich finde, wenn wir die Innung einschalten, kriecht die überall herum. Es sind widerliche Geschöpfe und es dauert dann immer so lange, bis sie sich wieder verziehen. Nee, ich weiß nicht«, hatte Harro gemeint.

Damals hatte man noch auf ihn gehört. Da hatte er ja auch noch vier Mädchen besessen. Und sein Ruf war ausgezeichnet gewesen. Die Mädchen, wohlverstanden seine eigenen Mädchen, hatten ihn angehimmelt. Und dabei war doch wirklich nichts Außergewöhnliches an ihm.

»Er hat Recht«, sagten die anderen Luden. »Die ziehen uns das Fell über die Ohren und vielleicht bekehren sie auch noch unsere Mädels. Nee, das können wir einfach nicht zulassen.«

Der Wirt hatte die ganze Zeit hinter seiner Theke gestanden und zugehört und dabei seine Gläser gespült. Jonny hielt nämlich sehr viel auf Sauberkeit. Das lohnten ihm dann die Mädchen. Schließlich war diese Kneipe so etwas wie ihr Zuhause. Und sein eigenes Zuhause beschmutzt man nun mal nicht. War ein Lude eine Sau, wurde er erzogen oder erhielt Hausverbot.

Wie gesagt, bis jetzt hatte Jonny geschwiegen. Nun kam er mit dem Tablett, schob seinen Schmerbauch zum Tisch und setzte sich.

»Diese Runde zahle ich.«

Die Luden blickten ihn grämlich an.

»Wir können unseren Suff noch selbst bezahlen!«

»Das streite ich ja auch nicht ab.«

»Wir haben eine wichtige Besprechung, also zieh wieder Leine!«

»Jungens, ihr trampelt die ganze Zeit auf der Stelle und merkt es noch nicht mal. Warum kommt ihr nicht auf das Naheliegendste?«

»Was?«

Harro lief ein wenig rot an. Schließlich war er ob seiner Intelligenz ziemlich eingebildet. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, war das damals der erste Knacks. Von da an war es mit ihm bergab gegangen.

»Und das wäre?«, wollte Erwin, der Pickeljüngling, wissen. Er war der Jüngste in seiner Runde. Er ließ doch sage und schreibe seine zwei Schwestern hier laufen, so ein Schwein war das! Und die Eltern glaubten, ihre zwei Töchter seien unter dem Schutz des Bruders in der Stadt gut aufgehoben.

»Warum geht ihr nicht zur Polizei?«

»Hä?«

»Wir hören wohl nich richtig!«

»Sag mal, hast du ein paar Schrauben locker? Du hast dich in letzter Zeit wohl nicht mehr richtig gewaschen! Bullen sagst du? Also, da soll man doch dreinschlagen.«

So prasselte es von allen Seiten auf Krausköpfchen herunter. Aber dieser saß ganz ruhig da und ließ sie sich heiß reden. Harro hatte die lauteste Klappe und seine Stimme überschlug sich fast, als er sich Gehör verschaffen wollte.

Adam wurde auf einmal nachdenklich.

»Jonny ist ein fixes Bürschchen. Das wissen wir alle. Der hat uns ganz bestimmt nicht verulken wollen. Also sollten wir ihm mal zuhören. Anschließend können wir dann noch immer unsere Meinung dazugeben. Also los, Jonny, wie hast du dir das gedacht?«

Jetzt war es wieder ganz still.

»Das Frettchen ist doch ein Dieb, nicht wahr?«

»Und ob, ein Schweinedieb ist das! Wenn ich den erwische, dem reiße ich sämtliche Zähne aus«, fluchte Harro los.

»Schnauze«, wies Bolle ihn kurz an.

Harros Esszimmer klappte zu.

Seine Augen rollten wie zwei Murmeln im Kopf herum.

»Ja, und weil er doch ein Dieb ist, ist er was für die Bullen. Und wenn ihr jetzt eine Abordnung hinschickt und ihnen erklärt, wie sich das hier verhält, dass mittlerweile ziemlich viel Stunk auf dem Strich ist, dann werden die bestimmt ihre Fachleute schicken. Die haben doch ausgebildete Kerle, die für Fallen und so was gut sind. Also, die werden dann den Fisch angeln. Schließlich haben die Bullen doch ein Interesse daran, dass es auf dem Strich ordentlich zugeht und vor allen Dingen sehr ruhig. Das sagen sie doch immer. Wenn wir keinen Ärger machen, machen die Bullen uns auch keinen Ärger. Der Strich ist lebensnotwendig, das wissen sie sehr gut, also müssen sie doch auch Interesse daran haben, den Dieb zu erwischen. Nur wenn der ins Netz geht, können die Mädchen wieder in Ruhe unter ihren Laternen stehen.

Die Luden blickten sich schweigend an.

Adam sagte nachdenklich: »Jonny hat Recht, er hat wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen. Ja sicher, wie sind wir doch blöde gewesen! Die ganze Zeit hätten wir denen die Arbeit in die Schuhe schieben können, statt uns selbst die Beine in den Bauch zu stehen.«

Erwin griente: »Nun, dann können wir denen ja die Arbeit überlassen. Überhaupt, dann müssen wir nur noch aufpassen, mit welchen Methoden die das anstellen und das nächste Mal schaffen wir es dann selbst.«

Sie waren sehr zufrieden.

Nur kam jetzt ein anderes Problem auf.

Bolle sagte: »Und wer geht hin?«

»Wohin?«

»Nun, zu den Bullen natürlich.«

»Äh, also ich hab keine Zeit«, sagte Adam hastig.

»Und ich bin im Augenblick nicht gut bei denen angeschrieben. Ich gehe doch nicht freiwillig in die Höhle des Löwen.«

Harro fand sich besonders schlau und meinte listig:

»Nun, Lockenköpfchen hat es uns doch vorgeschlagen, also kann er auch zu den Buben gehen.«

Der Wirt stand sofort auf.

»Das ist eure Sache. Ich habe euch nur einen Vorschlag gemacht, weil ihr mir leid getan habt.«

Fast wäre es in diesem Augenblick zu einem zünftigen Streit mit Schlägerei gekommen. Ein Wirt hatte Mitleid mit vier Luden! Also, das wurde ja immer schlimmer.

Jonny wälzte sich genüsslich näher und fragte sie freundlich: »Wollt ihr alle zusammen in der Gosse landen oder im Krankenhaus? Ich richte mich nach euren Wünschen.“

Da zogen sie hastig die Köpfe ein.

»Hör zu«, knurrte Harro. »Bleib du am Zapfhahn und lass uns zufrieden. Wir haben dich nicht gerufen.«

»Bring uns lieber eine frische Runde». krähte Adam dazwischen, um sich auch mal wieder zu Wort zu melden.

Jonny nickte und entfernte sich.

Danach fühlte man sich zwar wieder als Herr der Lage, aber mehr auch nicht. Sie steckten die Köpfe zusammen, so dass Jonny nichts mehr hören konnte. Dieser wollte auch gar nichts mehr hören. Er ging in die Küche und legte seine Beine auf einen Hocker.

»Die sind zu blöde, um reich zu werden«, räsonierte er und sah seinen spindeldürren Koch an.

»Lass sie doch«, meinte dieser.

»Ja, man sollte sie wirklich in ihr Unglück rennen lassen. Die Mädchen bleiben mir treu.«

Harro meinte nach einer Weile: »So kommen wir nicht weiter. Wir müssen endlich zu einem Schluss kommen. Außerdem habe ich noch etwas vor.«

»Meinste wir nicht?«

»Und was sollen wir deiner Meinung nach tun?«

»Knobeln, so kann keiner sagen, er sei gezwungen worden. Wer verliert, der geht zu den Bullen.«

Damit waren sie endlich alle einverstanden.

Bald war es totenstill in der Kneipe. Das brachte Jonny wieder auf die Beine. Als er die Würfel klicken hörte, wusste er Bescheid.

Lässig lehnte er sich über den Tresen und schaute zu. Harro hatte verloren. Sein Adamsapfel bewegte sich vor Aufregung rauf und runter. Jetzt riskierten die anderen Luden wieder eine große Lippe.

»Wasch dir die Ohren und zieh frische Unterwäsche an, man kann nie wissen! Vielleicht haben sie etwas gegen dich, wovon du noch nichts weißt und sie lochen dich gleich ein. Keine Sorge, wir kümmern uns dann derweil um deine Mädchen.«

Harro stand lässig auf.

»Ich habe keine Angst, wenn ihr das meint.«

»Wer spricht denn von Angst?«

Harro verließ wortlos die Kneipe.

Harro, der Unglücksrabe: Redlight Street #169

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