Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 14 - Garnett William - Страница 4

2.

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Wie eine Meute wütender Köter stürzten sich Bombardes Kumpane auf den Niedergang, um das Achterdeck zu entern. Batuti wehrte die ersten Knüppelhiebe mit seinen muskulösen Unterarmen ab, packte einen der Angreifer, einen semmelblonden Hünen, und schleuderte ihn breitseits auf die anderen. Der Blonde mähte eine breite Schneise in die Phalanx der Angreifer, die sich jedoch sofort wieder schloß.

Brüllend und fluchend drängten andere nach.

„Rache für Bombarde!“

„Schickt die Bastarde zur Hölle!“

„Silberdiebe!“

„Die wollen uns nur um unseren Anteil bescheißen!“

Dan O’Flynn wurde von zwei oder drei der Männer zu Boden gerissen. Er spürte einen harten Tritt in die Rippen und ihm wurde schwarz vor Augen.

In der nächsten Sekunde fühlte er, wie er emporgerissen wurde, und Batuti sagte: „Kleines O’Flynn jetzt nicht schlafen. Erst noch bißchen prügeln.“

Hasard schickte einen Neger, der an Batuti und O’Flynn vorbei auf das Achterdeck gestürmt war, mit einem Hammerschlag auf den Kopf wieder nach unten. Dann sprang er ihm nach, mitten unter die Angreifer.

Smoky und Matt Davies sprangen ihrem Kapitän nach. Matt stieß dabei einen wilden, heiseren Schrei aus, und schon im Aufsprung krallte sich der neugeschliffene Haken seiner Unterarmprothese in die Schulter eines der Angreifer.

Smoky wurde von drei, vier Männern sofort wahrgenommen. Noch bevor er sich aufrichten konnte, trafen ihn mehrere harte Schläge ins Gesicht und in den Leib, und er sackte bewußtlos zusammen.

Hasard sah ein Messer aufblitzen. Verdammt, die haben den Spaniern ein paar Stecheisen abgenommen, dachte er wütend, als er dem Stich auswich und den Mann, einen kleinen, kraushaarigen Kerl mit schmierigem Bart und tückischen Augen, an sich heranriß. Der Kerl war so klein, daß er ihm den Kinnhaken mit dem Knie verpassen konnte.

„Kapitän! Achtung!“

Hasard fuhr herum. Bombarde stand wieder auf den Füßen und sprang den Seewolf von hinten an, einen Belegnagel in der Hand.

Mit einem ärgerlichen Knurren stürzte sich Hasard auf den Seeräuber. Aber der wich ihm aus und stieß zwei seiner Männer auf Hasard zu. Er hatte anscheinend erkannt, daß mit dem Seewolf nicht zu spaßen war, daß er in ihm einen harten, überlegenen Gegner gefunden hatte, den er nicht durch persönliche Konfrontation, sondern höchstens durch die zahlenmäßige Überlegenheit seiner Horde oder durch eine Liste besiegen konnte.

Hasard rammte die beiden Männer, die Bombarde auf ihn zugeschleudert hatte, mit den Köpfen zusammen und stieß die bewußtlosen Körper von sich, in den Weg von einem halben Dutzend anderen, die sich auf ihn stürzen wollten.

Ein Körper knallte dicht vor seinen Füßen auf Deck. Seine Männer auf dem Achterkastell hatten einen der Banditen, dem es gelungen war, den Niedergang hinaufzuentern, in die niederen Regionen zurückbefördert.

„Entschuldigung, Sir“, hörte Hasard Blackys Stimme von oben. Und dann landete ein zweiter Bandit direkt auf dem anderen. „War nicht beabsichtigt.“

Hasard grinste. Solange seine Männer so guter Laune waren, würden sie mit Bombarde und seinen Kerlen fertig werden.

Ein Schuß krachte vom Achterdeck, und ein Mann, der sich von hinten auf Hasard hatte stürzen wollen, brach zusammen. Wieder knallte es. Aber diesmal aus der anderen Richtung, und Hasard sah, wie Batuti einem von Bombardes Männern die noch rauchende Pistole aus der Hand riß und ihm den Lauf über den kahlen Schädel zog.

Ein Messer blitzte, und der Stahl schlitzte Hasards rechten Ärmel auf. Er trat dem Mann in den Unterleib.

„Wird lange haben keine Freude an kleine Mädchen“, kommentierte Batuti grinsend und hieb einem anderen seine riesige Faust auf den Kopf, als ob er ihn wie einen Nagel ins Deck treiben wollte.

Hasard hatte für zwei, drei Sekunden etwas Luft und warf einen raschen Blick zum Achterdeck hinauf. Ein gutes halbes Dutzend Banditen drängte den Niedergang hoch und wurde von Ferris Tucker, Blacky, Stenmark und Gary Andrews abgewehrt.

Sogar der Kutscher hatte sich aufgerafft. Er war zwar zu schwach, um wirklich mitzumischen stand aber, zwei langläufige Pistolen in den Händen, sozusagen als Eingreifreserve bereit. Die Waffen verrieten Hasard, daß A1 Conroy auch wieder erschienen sein mußte. Er konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Wahrscheinlich beschäftigte er sich mit den Drehbassen.

Wieder segelte einer der Angreifer von oben herunter und riß die nachfolgenden Männer vom Niedergang weg. Jetzt waren schon sieben von Bombardes Männern zu Boden gegangen. Von den Engländern war nur Smoky ausgefallen, der dicht am Fuß des Niedergangs lag, neben drei von Bombardes Leuten.

Hasard sah, wie ein pockennarbiger Araber, der hinter ein paar anderen Männern am Boden lag, vorsichtig nach seinem krummen Dolch griff und die Augen einen Spalt öffnete. Hasard stieß ein paar der Kämpfenden zur Seite und wollte sich auf ihn stürzen. Aber bevor er ihn erreicht hatte, sprang der Mann auf und stürzte sich von hinten auf Batuti.

Hasard hatte nicht einmal mehr Zeit, ihn zu warnen, bevor die gebogene Klinge herabfuhr. Es mußte irgendein Urinstinkt gewesen sein, der den riesigen Neger warnte und ihn herumwirbeln ließ. So grub sich die zustoßende Klinge nicht in Batutis Rücken, sondern nur in seinen Oberarm.

Mit einem grollenden Wutschrei packte Batuti den Araber beim Messerarm und schleuderte ihn über Bord. Im selben Augenblick traf ihn ein Belegnagel auf seinen wolligen Schädel, und er sackte zusammen. Jeden anderen Menschen hätte dieser Schlag getötet. Batuti ging nur in die Knie und schüttelte ein paar Mal seinen blutenden Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben. Doch diese Sekunden des Wegtretens hätten ihn fast das Leben gekostet. Gerade noch rechtzeitig entdeckte Hasard einen Mann, der mit seinem krankhaft bleichen Gesicht wie ein Albino wirkte. Er hatte aus nur sechs Fuß Entfernung eine Pistole auf Batutis Kopf gerichtet.

Hasard schnellte sich ab und schleuderte sich über das Deck auf den Kerl zu. Er umklammerte dessen Beine und riß sie ihm unter dem Körper weg, als der Mann abdrückte. Die Kugel pfiff über Batutis Kopf und riß einem anderen Banditen, der sich auf Batuti stürzen wollte, das halbe Gesicht weg.

„Zurück!“ hörte Hasard Bombarde schreien. „Kampf abbrechen!“

Die Banditen wichen zum Hauptmast zurück. Einer von ihnen versuchte, die an Deck gefallene Pistole aufzunehmen. Dan O’Flynn stieß sie mit dem Fuß Hasard zu, der sie aufnahm und auf das Achterdeck warf.

Hasard blieb ein paar Sekunden abwartend stehen, um sicherzugehen, daß Bombardes Rückzugsbefehl keine Finte war.

„Bildet euch nur nicht ein, daß wir aufgeben!“ rief der weißblonde Bandit wütend herüber. „Wir holen uns die Galeone und das Silber! Und wenn ihr alle dabei drauf geht!“

„Bis jetzt sieht es so aus, als ob von euch eine Menge draufgehen!“ rief Dan O’Flynn und deutete auf die drei Toten und sieben oder acht Bewußtlosen, die an Deck lagen. „Wollen wir sie nicht über Bord hieven?“ wandte er sich dann an Hasard.

„Die sollen ihre Toten selbst wegschaffen“, sagte Hasard hart.

„Ich meine, auch die anderen, die nur weggetreten sind.“

„Wir sind keine Mörder, Dan.“

„Aber es wären dann sieben weniger, mit denen wir uns herumschlagen müssen, wenn der Tanz wieder beginnt.“

„Hast du Angst, Dan?“

„Ich? Angst?“ Dan O’Flynn blinzelte aus dem linken Auge, das zusehends zuschwoll. „Von mir aus könnte es den ganzen Nachmittag so weitergehen.“

„Den Wunsch wird man dir sicher erfüllen“, sagte Hasard.

Er blickte zu den Männern um Bombarde hinüber. Sie hatten fast die gleiche Gruppierung wie zuvor: Bombarde war das Zentrum, und um ihn herum scharte sich der „harte Kern“ der Banditen. Aber jetzt hielten die „Neutralen“ einen deutlicheren Abstand als vorher. Der Rückzug Bombardes schien ihnen den Rücken gestärkt zu haben. Vorher hatten sie aus Furcht vor Vergeltung zumindest noch eine gewisse Zugehörigkeit zu den Verbrechern demonstriert, und auch bei dem Kampf wenigstens so getan, als ob sie mitmischen wollten – wenngleich keiner von ihnen wirklich eingegriffen hatte.

Nur diesem Umstand war es zuzuschreiben, daß es den zahlenmäßig unterlegenen und von der dreimonatigen Sklaverei geschwächten Engländern gelungen war, den Angriff abzuwehren. Und der planlosen, jeder taktischen Konzeption mangelnden Schlägermethoden des wüst zusammengewürfelten Haufens, der hier einer geschlossenen, kampferprobten Einheit gegenüberstand.

Hasard stieß einen Bewußtlosen, der quer über Smokys Körper lag, mit dem Fuß beiseite und nahm den reglosen Smoky auf seine Arme.

„Zurück auf das Achterdeck“, sagte er zu Dan O’Flynn und Batuti, der sich das Blut von seinem wolligen Schädel wischte.

„Der Kutscher soll dir die Platzwunde gleich verbinden, Batuti“, sagte er zu dem Schwarzen, als er mit Smoky auf den Armen zum Niedergang schritt. „Geht’s denn einigermaßen?“

„Einigermaßen geht“, sagte der Neger mit einem Grinsen, das nicht ganz so fröhlich wirkte wie sonst. „Nur ist dicker Schwarm Hummeln in Batutis Kopf, nein, nicht Hummeln, Hornissennest in Kopf, brummt so.“

„Gegen Hornissen hilft eine Pütz Seewasser“, sagte Hasard und schob den bewußtlosen Smoky die Stufen hinauf, wo er von Blacky und Ben Brighton in Empfang genommen wurde. „Der Kutscher soll sich gleich um ihn kümmern.“

„Der Kutscher hat hier schon genug zu tun“, sagte Ben Brighton. „Ferris Tucker hat es ziemlich schlimm erwischt. Messerstich in der linken Schulter.“

„Das war der Kerl, den ich dir vor die Füße gelegt habe“, setzte Blacky hinzu.

Hasard trat schon zu Tucker, der an den Besanmast gelehnt an Deck saß.

„Laßt Bombarde nicht aus den Augen, Ben!“ rief Hasard Brighton über die Schulter zu. „Der Bastard ist zu jeder Schweinerei fähig.“

„Keine Sorge.“

Ferris Tuckers zerfetztes Hemd war auf der ganzen linken Seite von Blut durchtränkt. Der Kutscher kniete neben ihm und versuchte, das immer noch rinnende Blut mit Fetzen des eigenen Hemdes zum Stehen zu bringen. Beide Ärmel und einen breiten Streifen des unteren Randes hatte er bereits verbraucht, und der Rest sah aus wie eine Weste, eine ziemlich kurz geratene Weste sogar, die einen breiten Streifen Bauch und Rücken freilegte.

Hasard erkannte sofort, daß die Wunde nicht lebensgefährlich war, und das war ihm das wichtigste. Aber der unter dem Schlüsselbein eingedrungene Stahl hatte offensichtlich ein größeres Blutgefäß verletzt, und Ferris Tucker hatte ziemlich viel Blut verloren. Das bedeutete natürlich, daß er vorerst nicht mehr einsatzfähig war.

„Tut mir leid, Hasard“, sagte er entschuldigend, „daß es gerade jetzt passieren mußte, da du jeden Mann brauchst.“

„Wie ist das denn passiert?“ Hasard hockte sich neben Tukker auf den Boden.

„War meine eigene Schuld. Habe nicht aufgepaßt.“ Er verzog schmerzhaft das Gesicht, als der Kutscher ihm einen dreckigen Hemdstreifen tief in die Wunde preßte. „Zwei von den Burschen sind aufs Achterdeck geentert, und einer von ihnen griff Blacky von hinten mit einem Belegnagel an. Ich packte den Kerl beim Arm und riß ihn zurück, und dabei ... Mann! Kannst du nicht etwas vorsichtiger sein?“ schrie er den Kutscher an. „Ein Mensch ist doch kein Stück Holz!“

Hasard blickte den Kutscher an, der verlegen beide Arme hängen ließ. Er erkannte, daß sich der arme Kerl kaum noch aufrecht halten konnte.

„Ich verarzte Ferris weiter“, sagte er zu ihm. „Kümmere du dich um Batuti und Smoky.“ Er löste den blutgetränkten Lumpen von Tuckers Schulterwunde.

„Moment“. Er hielt den Kutscher noch zurück, und als der stehenblieb und sich fragend umblickte, riß er ihm einen weiteren Streifen vom Hemdrand. Jetzt stand der Kutscher fast völlig im Freien. „Es ist ja warm“, sagte Hasard tröstend. „Und wenn dir kalt wird, holst du dir von den gefangenen Dons eine Jacke oder so was. Die brauchen im Moment nichts.“

Hasard ballte den abgefetzten Streifen zusammen und verzog die Nase vor dem durchdringenden Schweißgeruch, der daraus emporstieg. Seit der Gefangennahme vor drei Monaten hatten der Kutscher und die anderen Männer der „Isabella“ ihre Sachen ununterbrochen am Leib getragen.

„Ist schon so gut wie neu“, sagte er tröstend zu Ferris Tukker. Das war zwar maßlos übertrieben, aber zumindest strömte das Blut nicht mehr aus der Stichwunde, sondern sickerte nur noch heraus.

„Wenn es weh tut, beiß ich die Zähne zusammen“, sagte Ferris Tucker und versuchte ein Grinsen, das ihm etwas ausrutschte.

Hasard drückte den stinkenden Fetzen auf die Wunde. „Halt mal fest“, sagte er, riß einen Streifen von Tuckers Hemd ab und band damit den Stoffballen auf der Wunde fest. „So, das dürfte fürs erste reichen“, sagte er als er sich aufrichtete.

Im selben Augenblick klatschte ihm eine Ladung kalten Meerwassers ins Gesicht.

„Verzeihung“, sagte Dan O’Flynn grinsend und ließ die Segeltuchpütz, die er in den Händen hielt, an Deck fallen. „Ich mußte den alten Batuti eben von seinen Hornissen befreien.“

Der riesige Neger schüttelte den wassertriefenden Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser steigt.

„Na, sind die Hornissen weg?“ fragte Dan O’Flynn.

„Nicht ganz. Aber sind keine Hornissen mehr, sondern nur noch kleine Bienen.“

„Gegen Bienen ist Meerwasser auch gut“, sagte Dan O’Flynn und holte mit der Pütz neues Wasser hoch.

Hasard trat neben Ben Brighton. „Wie sieht’s aus?“ fragte er leise.

„Die Burschen scheinen irgendeine Schweinerei zu planen“, antwortete Brighton.

„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Hasard und blickte aufmerksam zu Bombarde und seinen Männern hinüber.

Bombarde sprach eifrig auf sie ein und deutete immer wieder zum Achterdeck hinauf. Die Blicke der Männer folgten seiner deutenden Hand, und Hasard sah, daß ein paar von ihnen nickten.

Jetzt hatte Bombarde den Kapitän entdeckt. Er starrte ihn ein paar Sekunden verschlagen an, dann schrie er: „Ich hoffe, Sie haben jetzt eingesehen, daß Ihr Widerstand sinnlos ist! Seien Sie vernünftig, und übergeben Sie uns das Schiff! Ich bin auch bereit, das Silber gerecht mit Ihnen zu teilen!“

Ein höhnisches Gelächter von Hasards Männern antwortete ihm.

Der Seewolf schaute ihn nur verächtlich an.

„Was sagen Sie zu meinem Vorschlag, Killigrew?“ Bombarde stieß ein paar seiner Männer mit einer herrischen, brutalen Bewegung zur Seite und trat zwei Schritte vor.

„Das Silber wird nach Plymouth gebracht“, sagte Hasard entschieden. „Wenn ihr uns dabei helft, werde ich mich bei Kapitän Drake dafür einsetzen, daß ihr einen gerechten Anteil empfangt und eure Freiheit behaltet. Wenn nicht, habt ihr Pech gehabt und trefft in Eisen gelegt in Plymouth ein. Die Entscheidung liegt bei euch.“

„Habgieriger Hund!“ schrie Bombarde, außer sich vor Wut. Aber Sekunden später hatte seine eiskalte Intelligenz wieder die Oberhand.

„Hört zu, Engländer!“ rief er zu den Männern auf dem Achterdeck hinauf. „Laßt euch von diesem Piraten nicht einseifen. Was habt ihr davon, wenn ihr uns Widerstand leistet? Die meisten von euch werden dabei über die Klinge springen und ...“

„Bis jetzt sind ein paar von euch über die Klinge gesprungen!“ schrie Dan O’Flynn Bombarde zu und deutete auf das Deck der Kuhl. Die Banditen, die nur bewußtlos geschlagen worden waren, hatten sich inzwischen wegge schleppt. Nur die drei Toten blieben zurück. „Und euer Oberbandit sorgt nicht einmal dafür, daß sie über Bord kommen!“

Ein paar der Männer um Bombarde wollten an ihm vorbei, um die Toten wegzuräumen. Bombarde rief sie zurück. Er hatte jetzt Wichtigeres vor, als sich um ein paar Tote zu kümmern.

„Und was habt ihr davon, falls es euch wirklich gelingen sollte, uns in Schach zu halten – was natürlich völlig unmöglich ist“, setzte er höhnisch hinzu. „Euer sauberer Kapitän wird Schiff und Silber diesem Drake abliefern und dafür eine dicke Prämie einstreichen. Und was kriegt ihr? Einen Dreck!“ Er trat noch einen Schritt vor. „Ich biete euch einen gerechten Anteil an der Beute.“

„Was du einen gerechten Anteil nennst, kann ich mir vorstellen!“ rief Blacky und spuckte ihm vor die Füße.

„Ihr erhaltet genau den gleichen Anteil von der Beute wie jeder von uns, wenn ihr mir euren Kapitän ausliefert!“ rief Bombarde und starrte die Männer an, die an der Balustrade lehnten.

Wieder antwortete ihm nur ein höhnisches Gelächter.

„Steck dir doch das Silber in den Hintern!“

„Und schön tief! Wir helfen dir gern dabei!“

„Scher dich doch zum Teufel!“

A1 Conroy trat hinter Hasard, eine Pistole in der Hand. „Soll ich ihm eine verpassen?“ sagte er leise. „Er steht gerade so schön günstig.“

Hasard schüttelte den Kopf. „Wir sind keine Mörder“, sagte er zum zweiten Male an diesem Nachmittag. Er wußte, daß dieser Edelmut falsch war, besonders einem so heimtükkischen und niederträchtigen Gegner gegenüber, wie Bombarde es war. Aber er konnte nun einmal nicht aus seiner Haut heraus.

„Nein, A1“, sagte er. „Aber sorge auf alle Fälle dafür, daß Handfeuerwaffen bereitliegen.“

„Sind bereit. Und alle vier Drehbassen sind mit Kettenkugeln und gehacktem Blei geladen. Wenn wir den Burschen nur eine Ladung damit verpassen, ist der ganze Spuk vorbei. Dann haben wir die Kerle vom Hals – eine Ladung Kettenkugeln und gehacktes Blei genügen.“

„Es bleibt bei meinem Nein“, sagte Hasard und blickte zu den anderen hinüber. Bombarde war wieder zwischen die Banditen getreten und sprach erregt auf sie ein. Hasard wußte, daß der zweite Angriff nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. „Außerdem brauchen wir die Leute, A1. Wir sind nur dreizehn Mann, und davon ist ein Teil so geschwächt, daß sie kaum mit anpacken können. Du siehst doch selbst, daß eine ganze Reihe der Galeerensklaven sich von Bombarde fernhält. Wenn es uns gelingt, diese Männer für uns zu gewinnen ...“

Ein Schuß krachte, und Hasard hörte die Kugel dicht an seinem Gesicht vorbeisausen.

Als Gonroy riß seine Pistole hoch und drückte ab.

Der Bandit, der auf Hasard geschossen hatte, brach tot zusammen.

„Verdammt, die haben noch immer Waffen“, sagte Hasard wütend. „Ich dachte, sie hätten nur die beiden, die wir vorhin erwischt haben.“

„Aufpassen!“ A1 Conroy stieß Hasard zur Seite. Aus der Deckung seiner Leute heraus hatte Bombarde ein Messer nach dem Seewolf geschleudert, das ihn bestimmt getroffen hätte, wäre nicht A1 Conroy schneller gewesen.

Die Banditen hatten sich ein paar Schritte zurückgezogen. Ein paar von ihnen duckten sich hinter den Hauptmast und andere Deckungen in Erwartung von Hasards Gegenschlag. Sie wußten schließlich, daß die Engländer Schußwaffen hatten und waren sicher, daß sie die Waffen auch einsetzen würden.

„Soll ich ihnen jetzt einen überbraten“, fragte A1 Conroy hoffnungsvoll.

„Verdammt, nein!“ erwiderte Hasard. Aber er zögerte etwas, bevor er es sagte, und seine rechte Hand hatte unwillkürlich nach dem Griff der sächsischen Reiterpistole gegriffen, die in seinem Gürtel steckte.

Einer seiner Männer schleuderte eine schwere Spake nach dem Haufen der Banditen. Sie mußte irgend jemanden treffen, und sie tat es auch, wie der heisere Aufschrei verriet.

„Aufhören!“ sagte Hasard verärgert, ohne sich umzusehen. Er konnte die Wut seiner Männer verstehen, und er war stolz darauf, daß sie durch die Angriffe auf ihn ausgelöst worden war. Aber er wußte noch nicht, ob es gut war, den Gegner zu reizen, ihn zu einer unbesonnenen Handlung herauszufordern.

Eins war ihm jetzt klar: Bombarde war intelligend genug, um zu erkennen, daß die englische Crew ein ernstzunehmender Gegner war, den man nicht einfach überrollen konnte. Bombarde wußte jetzt, daß er einen taktischen Plan entwickeln mußte, um die Engländer zu besiegen, und es sah so aus, als hoffte er, mit ihnen fertig zu werden, indem er ihn, Hasard, ausschaltete. Seine verbrecherische Intelligenz hatte ganz richtig erkannt, daß er, der Kapitän, Mittelpunkt und Zusammenhalt der Crew war, daß die Engländer zumindest einen großen Teil ihrer Kampfkraft verlieren würden, wenn es ihm gelang, ihren Führer auszuschalten.

„Ben“, sagte Hasard halblaut, ohne sich umzudrehen.

„Ja?“ Ben Brighton trat neben ihn an die Balustrade.

„Was schlägst du vor?“ fragte Hasard, den Blick auf die Banditen gerichtet. Der Haufen hatte sich etwas aufgelöst. Nach dem Pistolenschuß waren einige der Banditen in Dekkung gegangen, und die „Neutralen“ hatten ihren Abstand von den anderen vorsichtig vergrößert.

„Ich meine, wir sollten unsere günstigere Position hier oben ausnutzen“, sagte Ben Brighton. „Wenn die Hälfte von uns mit Handspaken und Belegnägeln bereitsteht, um alles abzuwehren, was den Niedergang heraufstürmt, liegt die Hälfte von den Burschen an Deck, bevor sie merken, was lost ist.“

Hasard nickte. Genau das hatte er auch vorgehabt. Der Ausfall auf das Deck der Kuhl war notwendig gewesen, um Dan O’Flynn und Batuti zu Hilfe zu kommen, hatte jedoch ihre Position unnötig geschwächt.

„Und was soll die andere Hälfte tun?“ fragte er.

„Die steht mit Pistolen bereit für den Fall, daß einer der Burschen wieder auf den Gedanken verfallen sollte, auf dich zu ballern.“

„Richtig, Ben. Aber ich glaube, dafür reichen drei Männer. Die anderen könnte man zu einer Art Sonderaufgabe verwenden.“

Er blickte sich kurz um. Die meisten der Männer benutzten die Pause, um ihre angeschlagenen Kräfte zu erholen. Sie lagen und hockten um den Besanmast und am Schanzkleid. Smoky hatte, noch immer halb groggy, den Kopf in beide Hände gestützt. Dan O’Flynn kühlte sein zugeschwollenes Auge mit einem nassen Lappen. Ferris Tucker schien zu schlafen, und der Kutscher lag ausgestreckt wie ein Toter hinter dem Backbord-Schanzkleid.

Drei seiner Männer fielen also völlig aus. Blieben Dan O’Flynn, Batuti, Ben Brighton und er selbst, die voll einsatzfähig waren, und sechs bedingt verwendungsfähig. Für seine „Sonderaufgabe“ brauchte er eigentlich mindestens zwei ausgesucht harte Kämpfer. Aber er konnte die beiden anderen Gruppen nicht ganz von den wirklich einsatzfähigen Männern entblößen. Sein Blick fiel auf Batuti, dessen angeschlagener Kopf mit einem durchbluteten Fetzen umwickelt war. Er sah aus, wie ein turbangeschmückter Inder.

„Was treibt der Hornissenschwarm, Batuti?“ erkundigte sich Hasard, weil er wissen wollte, ob er dem Neger die Aufgabe zumuten konnte, für die er ihn vorgesehen hatte.

„Hornissen verschwunden, wurden kleine Bienen, und nach zweiter Pütz Wasser auch Bienen verschwunden, jetzt nur noch hundert Fliegen in Batutis Kopf.“

„Vielleicht solltest du dir mit einer dritten Pütz auch die Fliegen vertreiben lassen“, schlug Hasard vor.

„Kleines O’Flynn noch vier oder fünf Pützen auf Batutis Kopf gekippt, aber Fliegen wollen nicht weg. Ist aber nicht schlimm“, sagte er grinsend hinzu. „Ganz Afrika voll mit Fliegen, ist Batuti dran gewöhnt.“

Hasard nickte ihm zu. Diesen harten Naturburschen konnte wirklichnichts umwerfen. „Du bleibst bei mir, Batuti, verstanden?“

„Aye, aye, Sir. Bei Sir bleiben.“

Hasard wandte sich wieder an Ben Brighton. „Teile den Rest der Männer in zwei Gruppen. Die kräftigsten stehen mit Handspaken und Knüppeln bereit, wenn die Kerle entern, drei oder vier andere decken sie und uns mit Pistolen.“

„Und?“ Der Bootsmann blickte Hasard fragend an.

„Mich und Batuti, Ben. Wir werden versuchen, den Spieß umzudrehen und unsererseits die harten Nüsse aus dem Haufen herauspicken.“

„Du willst dir Bombarde schnappen?“ Brighton starrte ihn ungläubig an. „Zu zweit?“

„Zu dritt. Batuti zählt für zwei normale Männer.“

Ben Brighton nickte, aber nicht sehr überzeugt. „Nimm wenigstens mich mit, Hasard.“

Hasard schüttelte den Kopf. „Ich brauche hier oben einen Mann, der denken und entscheiden kann.“

„Dann nimm Blacky mit oder Dan oder ...“

Hasard lächelte, ein wenig bitter. „Na, Ben? Oder wen?“

Ben Brighton schwieg.

„Ich kann nicht nur halbe Krüppel hier oben zurücklassen, Ben“, sagte Hasard. „Du brauchst zumindest ein paar Männer, auf die du dich verlassen kannst.“

„Verlassen kann ich mich auf jeden einzelnen unserer Männer“, sagte Ben Brighton dickköpfig.

„Du weißt genau, wie ich das meine, Ben.“ Hasard blickte zu dem Haufen um Bombarde hinüber. „Ich habe das Gefühl, daß es bald losgehen wird. Sorge dafür, daß alle Männer Spaken oder irgendwelche andere Schlagwaffen haben.“

„Aye, aye.“ Ben Brighton zog ab, und Hasard sah ihm an, daß ihm einiges gar nicht paßte.

„Batuti“, wandte sich Hasard an den riesigen Neger, der neben ihm an der Balustrade lehnte.

„Sir?“

„Wir werden versuchen, Bombarde zu fassen, wenn es losgeht, verstanden?“

„Batuti immer verstehen. Aber warum warten, bis geht los? Warum nicht gleich hingehen und schnappen Bandit Bombarde? Batuti erledigt das allein. Soll ich ihm brechen Kreuz und machen Kleinholz aus Rückgrat?“

Hasard schüttelte den Kopf. „Ich will ihn lebend haben.“

Wahrscheinlich brach der ganze Widerstand der Banditen zusammen, sobald ihnen der Anführer genommen war. Aber es war auch denkbar, daß ein anderer die Lücke füllen würde. Eine Schiffsladung Silberbarren war Grund genug, um einen hohen Einsatz zu wagen. Und dann war es gut, Bombarde als Geisel und Faustpfand zu haben.

„Also gut, lebend.“ Batuti schüttelte den Kopf. Er würde diesen Weißen niemals verstehen. Ein Feind war ein Feind, und den tötete man, das war doch eine klare Sache. Daß man ihn dann nicht auch noch verspeiste, ließ er sich zur Not noch gefallen. Es war zwar reine Verschwendung, und erst ein satter Rülpser nach dem Festmahl gab einem die befriedigende Gewißheit, den Feind ganz und endgültig beseitigt zu haben, aber wenn die Weißen meinten, daß sich so was nicht schickt, nun gut. Aber warum sollte man einen Feind nicht wenigstens umbringen? Im Gefecht ja, und jetzt nein. Wo blieb da die Logik?

„Gut, Sir. Ich hole lebend, wenn muß sein. Jetzt gleich, ja?“

Wieder schüttelte Hasard den Kopf. „Nein, wir warten, bis die Männer angreifen. Dann sind die meisten von ihnen beschäftigt, und wir können das Überraschungsmoment ...“

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 14

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