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Burn Out

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Müde. Ich bin so unendlich müde. In 2 Wochen wird die Abschlussprüfung für Physik an der Uni sein. Ich lerne nur noch. Kämpfe pausenlos mit dem Wegdriften, dem Ausblenden, Verblassen. Auf Arbeit, Unterwegs, zu Hause. Nur Schlafen kann ich nicht. Es ist Folter, Fluch, Sühne. Nur für was?. Freunde habe ich nicht. Ich rede nicht viel. Auf der Uni nicht, unterwegs nicht, zu Hause nicht. Aber es war gut so. Ich war gut so.

Das sonore Brummen des Motors zieht mir die Lider hinunter. Sekunden gebe ich mich dem seeligen Dunkel hin, bis mir der Verstand die Augen auf und den Wagen wieder in die Fahrbahnmitte reißt.

Fest fixiere ich zwei rote Punkte, die vor mir in die Nacht tanzen. Die Augenhöhlen, in denen sie glühen, versuche ich auszublenden, auch das bleckende Grinsen darunter. Als die Fratze näher zu kommen scheint, löst der Schreck meinen Fuß vom Gas und ich lasse alle Fenster surrend nach unten. Eisiger Nordwind peitscht kleine Kristalle durch den Wagen. Das hilft mir, mich auf die Rücklichter meines Vordermannes zu konzentrieren.

Holzkreuze fliegen an mir vorbei. Kerzen. Blumen. Stofftiere. Ich erinnere mich an den furchtbaren Unfall vor knapp einer Woche. Der Fahrer war eingeschlafen. Er und sein Sohn waren sofort tot. Für einen Moment bin ich hellwach.

Mein unbekannter Führer hält immer noch seine Laternen in die Dunkelheit. Das Ortseingangsschild schält sich aus der Finsternis. Jetzt ist es nicht mehr weit. Die alte Transitstrecke bis zu dem verwitterten Wartehäuschen, das schon dreimal gebrannt hatte. Ein Wunder, das jedesmal die alte Eiche direkt daneben verschont wurde.

Die Kreuzung ist zwar unübersichtlich, aber um diese Zeit ist in dieser Gegend niemand mehr unterwegs. Ausser ich. Und er.

Vorsichtig in die Kurve. Das Schlackepflaster ist zu dieser Jahreszeit die blanke Schmierseife. Gerade möchte ich mich bei meinem nächtlichen Begleiter lichthupend bedanken, als auch er in die Allee zu unserer, zu meiner Reihenhaussiedlung biegt. Wen er wohl besucht?

Als ich die ersten Häuser passiere, drossel ich die Geschwindigkeit. Wie auch der Wagen vor mir. Aus irgendeinem Grund möchte ich nicht, dass der Fahrer mich sieht, wenn ich aussteige. Ich nehme mir vor, die kleine Schlippe zum Hintereingang unseres Hauses zu nehmen. Etwas eng für den 6er, aber es wird schon gehen. Was kümmert mich der Lack, ich will nur noch ins Bett.

Ich verliere meinen Vordermann erfreulicherweise aus den Augen, biege in die Schlippe und da ist er wieder. In meiner Schlippe, auf dem Weg zu meinem Hintereingang. Niemand sonst wohnt hier hinten.

Ich bremse und er biegt unbeirrt in unseren Hof. Ich steige aus und laufe die wenigen Meter bis zur Einfahrt. Niemand zu sehen. Er muss also schon im Haus sein.

Auf der Treppe finde ich mal wieder meine Schlüssel nicht. Vor mir liegt ein Katalog. Für Särge.

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