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Das Bobbele
ОглавлениеDas Loch ist eine Kellerkneipe beim Schwabentor in Freiburg. Eher klein ist dieses Loch. Eine als Barmaid aufgetakelte Alte hinter der viereckigen Theke in der Mitte. Ich halte mich an meinem Bier fest und peile. Es sind wenige Männer da - unscheinbare Schattengestalten. Sie können nichts dafür, ich weiß. Im Loch versumpft man, habe ich gehört von Leuten in der Gruppe. Angefüllt mit Zuhältern, Draufgängern, Transen, Paradiesvögeln und Pest hauchender Schönheit hatte ich mir das hier mal ausgemalt. Mitten in der Arbeitswoche im Loch zu versacken, kurz nach elf, auf eine bessere Idee konnte ich wohl wieder mal nicht kommen, denke ich. Seit 3 Semestern studierte ich nun in Freiburg – Sozialwissenschaften. Ich heisse Sven, bin 23 jahre alt, blond mit blauen Augen und messe trainierte 1,80m.
Es sind – abgesehen von mir - auch nur Bobbele drin.Als Bobbele wird manchmal der alteingesessene Freiburger bezeichnet. Bobbele sind Kinder einer ansehnlichen Stadt, in der es sich gut leben lässt. Verwaltungsstadt, Sitz des Regierungspräsidiums,Universitätsstadt, einst Hauptstadt eines Territoriums, abseits der Schauplätze blutiger Historie hat man hier Äonen verträumt. Über Anstand und Glauben wacht ein Erzbischof. Die Alma Mater pflegt den Humanismus. Touristen schlendern durchs Städtlein, süffeln Gutedel und unter dem schönsten Kirchturm der Christenheit werden Würste mit Zwiebeln und Senf verspeist.Jedes Bobbele weiß, dass es an einem guten Platz hockt, um den viele von anderswo es beneiden. Obwohl vom alemannischen Menschenschlag ringsum das Bobbele kaum etwas unterscheidet, jene Agrartechnologen und Tourismusingenieure von Kaiserstuhl, Markgräfler Land und Hochschwarzwald gleichen ihm wie eine Schwarzwurzel der anderen, hält sich jedes Bobbele für Besseres, spricht nicht Dialekt, sondern eine dem Schriftdeutschen genäherte Stadtvariante des Alemannischen. Obwohl die Mehrzahl aller Bobbele in mehr oder weniger unbedeutenden, wenn auch einkömmlichen Dienstpflichten für Obrigkeit, Kirche und Universität vor sich hin wurstelt, fällt allzeit silberner Schein von ragender Höhe aufs Haupt der Bobbele, hier Deez genannt.Nicht weit entfernt von mir sitzt ein Bobbele und trinkt das berüchtigte Bier einer Privatbrauerei. Anfang vierzig dürfte das Bobbele sein, eine mollige, untersetzte Figur, rosenfrische Gesichtsfarbe und schütteres Braunhaar. Trägt gebeulte Jeans, ausgelatschte Birkenstockschuhe. Unter dem dunkelgrünen Wollpullover - dem nahen Waldgebirge muss Rechnung getragen warden - schaut am Bauch das Hemd heraus mit braun-grauem Karomuster. Hinten am Hocker hängt eine dunkelblaue wattierte Jacke. Das Bobbele dreht sich und grinst, angefüllt mit Liebe zur Menschheit, besonders zu mir.Ich schaue auf die Seite und denke: Du merkst, wie dezidiert ich weggucke! Halte dich jetzt auch gefälligst daran! Mein Gott, denke ich, nur Prolls, einsame Männer mittleren Alters, die einander alle nicht wollen und das mit gutem Grund. Schon ist das Pils weg. Die Geschminkte rauscht herbei. Mit mir Neuling will sie jetzt ihr Willkommensgespräch abhaken, fürchte ich. Das stramm schweigende Lokal kann lauschen. Aber sie hat wenig Lust. Sagt bloß: „No eins?“ Stellt es hin und verzieht sich zu Zweien, mit denen sie vorher schon gewispert hat.Das Bobbele an meiner Seite steht auf und geht zum Klo, kommt zurück, die Hand am Reißverschluss, bleibt kurz neben mir stehen, bevor es sich wieder auf seinen Hocker setzt. Ich starre auf kopierte Geldscheine, die hinter ein dünnes Drahtgeflecht gepackt, das Gewölbe aus Kalkstein zieren. Derweil schmachtet Christian Anders im Zug nach Nirgendwo. Wo Schwule mit Geschmack an diesem Abend stecken? Im Zug nach Nirgendwo?
Ich spicke links, das Bobbele scheint nichts zu merken, schaut weiter aufs unechte Geld und ins Privatbier. Ich sehe auf die Uhr und weiß, ich müsste gehen, wenn ich morgen was zu „Geschlechterrollen in der griechischen Antike“ sagen will in meinem Proseminar. Aber warum sollte ich das wollen?Mein Bobbele quatscht los. Unvermeidlich war das, ich wusste es die ganze Zeit. „Nit viel los heut, gell?“ Mit dem sich hoch singenden Tonfall, als wären sie alle noch Kinder. „Bisch aus der Stadt?“ Obwohl ich mein Gesicht nicht einen Millimeter zu ihm rüber geschoben habe.Anständig von mir ist das nicht. Das Bobbele hat mir nichts getan. Er kann nichts dafür, dass er ein absolut übliches und übles Bobbele ist. Wir reden. Das Bobbele heißt irgendwie und arbeitet irgendwas. Richard könnte er heißen und die Falschparker aufschreiben für die Stadt. Oder sonst in der Art. Zweifellos will der mich entern heut Nacht. Er rutscht einen Hocker näher, lehnt sich her zu mir, legt eine Hand auf meinen Arm. Mit treuherzigem Augenaufschlag versichert Reinhold, ob hier immer so wenig los sei, wisse er gar nicht. Die Szene sei ihm eigentlich zu oberflächlich, darum sei er lieber daheim in der Wohnung, auch sehr nett habe er es dort. Der häusliche Typ sei er nämlich, der sich’s gern schön gemütlich mache, was ich da drüber denn denke. Nun, mehr der Parkgänger-Typ bin ich. Dieses Bobbele habe ich im Park auch noch nie gesehen.Das Wort „schwul“ bringt er nicht über seine Lippen. „So Leut wie mir zwei“ und „unsre Sorte halt“, heißt das immer. Vornehmlich spricht er vom neuen Bächle, das die Stadt jetzt bauen lässt. Hoffnung grinst aus Ritschies Mondgesicht. Ich schaue weg. In der Zwischenzeit sind wieder welche gegangen. Mittlerweile ist das Beste, was noch zu kriegen wäre, genau das hier, das Bobbele. Reißen tut der nicht wirklich was, aber so ist es nun mal. Außerdem ist er Kerl, ein Schwanz muss dran sein an ihm. Und spielen mit seiner Männerbrust und seinem Männerarsch lässt er mich sicher auch. Warum also den Rühr-mich-nicht-an geben, wenn ich doch nur nicht verwinden kann, dass ich nie bekomme, was ich eigentlich verdient habe?Ich sage recht wenig. Vielleicht fällt ihm das mal auf, dann lässt er das Gesülze und kommt zum Punkt. Ralf oder Rolf meint aber, ich bin für ihn noch nicht genug besoffen. Er gibt mir einen aus. Vielleicht, fällt mir ein, glauben diese Typen auch wirklich, wenn man ihnen die Spendierhosen weggesoffen hat, bekommt man Schuldgefühle und zahlt ihnen zurück mit Fleisch. Arme Bobbeles, gerupft von aller Welt, von Strichern, Zigeunern, Lumpenbuben und Studentengesocks. Dabei, sage ich mir, bin ich eiskalt und gefühllos, und ich weiß darum ganz genau, dass ich mit dir pennen werde, weil ich mit irgendwem pennen muss und nur Idioten da sind wie du.Auf einen Sprung zu ihm, einen guten Tropfen habe er daheim, könnten wir schon noch, deutet er verlegen an. Endlich, denke ich, hast dich lange geziert. Die Schabracke enthält sich jeglicher ziselierter Spitze, als wir zum Zahlen rufen. Ihn kennt die anscheinend so wenig wie mich. Draußen nimmt mich Wunder, dass Rudi zu Fuß geht. Ganz schön weit ist das nämlich. Durch die Innenstadt, unter der Bahn durch, an den Schienen lang, weiter hinten in eine von den Parallelstraßen. Eine sehr ruhige Gegend. Alle Häuser sehen gleich aus, gestreckte, zweistöckige Wohnblöcke aus den Dreißigern. Die hölzernen Treppenstufen knarren und knacken erbärmlich. Bei meinen Vermietern sind die Stufen auch so laut, wenn man mitten in der Nacht mit Gästen kommt.Die Tür mit Milchglasscheibe ist neu gestrichen, ein geblümter Vorhang hängt dran und es scheint noch ein wenig nach Lack zu riechen. Unterwegs hat er in einer Tour von seiner tollen Wohnung palavert, da drin sei er gern, da fühle man sich geborgen. Ich muss jetzt also loben, obwohl mir seine Bude restlos schnurz ist. Alles ist blitzsauber und pingelig genau aufgeräumt. Knarrende Bohlen auch im Flur, Linoleum dann im Wohnzimmer, niedere Decken überall. Die Möbel hat er geerbt, die Eltern sind also tot. Ein Vertiko mit Rauchglaslikörgläsern darin. Alte Ausgaben der „Badischen Zeitung“ auf Kante gestapelt. Die übliche Handvoll vergilbter und nie gelesener Buchclubausgaben vermisse ich. Hier herrscht die Mattscheibe also unumschränkt, aber zu DVD hat er es noch nicht gebracht. Die Fensterläden, hier gibt’s noch welche, die man jeden Abend mit der Hand zumachen muss, sind vorgelegt, sauber abgestaubte Topfpflanzen stehen in Reih und Glied. Aber was er mit „es sich schön machen“ und „meine herzige kleine Wohnung“ eigentlich gemeint hat, will mir nicht in den Kopf. Na gut, vielleicht die Schale auf dem Tisch mit dem Obst, ist nett anzusehen und man ernährt sich auch besser, weil man es als Einzelner immer schnell wegessen muss, bevor es faulen kann.Wir sitzen auf dem urgemütlichen Sofa. „Was rucksch so weit? Hesch Angst?“ Er legt den Arm um mich. „Vor mir brauchsch kei Angst habbe.“ Anschleich-Gefingere übelst verdruckstester Sorte. Dabei sind wir beide lang genug im Geschäft um zu wissen, dass es letztlich nicht um Romantik geht, sondern um Schwänze und Ärsche. Und dass wir uns demnächst in diesem Theater auch nur damit auseinandersetzen werden. Er fragt, ob er mir was anbieten darf zum Trinken. Nein, sage ich und er bringt mir ein Glas Weißwein. Strahle ich diese einschüchternde Nüchternheit immer noch aus, wundere ich mich.
Um den Fortgang zu beschleunigen, lege ich ihm die Hand in den Schoß. Er sagt: „Kumm! Nit so schnell! Mir henns doch grad so gmütlich, mir zwei.“ Er hält mich im Arm und drückt mir sein Kinn ins Genick, etwas zu fest. Ein ganz ein Lieber bin ich, hat Rollo erkannt. In der einen oder anderen Form, das Loch eingerechnet, hat er mir das jetzt ungefähr zwanzig Mal gesagt. Was vorstellen kann er sich mit uns. So etwas sagt er nicht zu vielen, das müsse mir von vornherein klar sein. Aber ich würde von jetzt ab ja öfter kommen, da würde ich das schon merken, dass stimmt, was er sagt. Er sei ehrlich und anständig und vom alten Schlag, nicht wie die in den Lokalen. Aber ich natürlich nicht, mich hat er damit nicht gemeint. Bei mir hat er sofort gesehen, dass ich was tauge und auch vom alten Schlag bin. Du hast doch ‘nen Knall, denke ich. Ich sage, einen Freund suchte ich momentan aber eher nicht, einen gehabt hätte ich, über den wohl noch nicht ganz drüber weg sei ich. René sagt: „Du musch dich zu nix verpflichde. Kummsch einfach, wennd Luscht hesch.“Im Haus ist es ganz still. Ich trinke schnell aus und dann muss ich mich künstlich aufregen und die Hand drüber halten, sonst würde er mich noch mehr abfüllen. Wenn einer „kein so e Süffel“ sei, das mag er, sagt Roland und das gefalle ihm rundum. „Genau. Du gfallsch mir rundum. Du bisch perfekt.“ Dämliche Wortwahl, denke ich, denn plötzlich muss ich wieder auf seinen raushängenden Bauch starren und dann auf meinen. „Siehsch gut aus und bisch en Lieber, des merkt man gleich“, sagt Reinhard. Er liebt mich jetzt schon, wenn wir uns auch erst noch besser kennen lernen müssen und ich vielleicht meine, er rede nur so daher. Er kann aber nichts dafür. Er liebt mich einfach, denn mich muss man lieb haben, man kann einfach gar nicht anders. „Willsch du denn nit au mein Freund sei? Was gfallt dir denn nit an mir?“ „Aber wir kennen uns ja kaum!“ „Dann lehre mir uns halt kenne“, sagt Rudolf und schmiert seine Backe an meine. Eigentlich muss auch nur ich ihn noch besser kennen lernen, denn er kennt mich durch und durch und weiß, dass ich tupfgenau der Richtige bin.Dann fragt er völlig überraschend, ob wir uns etwas hinlegen sollen. Und ich sage: „Ja klar, nix dagegen.“ Im Schlafzimmer dieselbe Junggesellenverlassenheit und altjüngferliche Ordnung und eine unverwüstliche Nussholzeinrichtung von 1936. Wir ziehen uns aus. Er lässt das Licht an, obwohl ich erwartet habe, dass er es ausmacht und mir das auch wünsche. Der Körper des Bobbeles ist etwa so wie mein eigener oder so, wie meiner in zwanzig Jahren sein wird, fleischig und schwer und stark behaart, auch den Schwanz hätte man sich prächtiger gewünscht. Niemals, erkenne ich mit herzloser Hellsicht, wird es in diesem Haus, in dieser Wohnung, in Rüdigers Riechweite irgendwas geben, was mich anziehen könnte. Ich erschrecke ein wenig, denn mir kommt es so vor, als sei ich die letzten Monate hindurch in irgendeine kalte, unmerkliche und unendliche Verzweiflung geschlittert, die mir neu und verhängnisvoll vorkommt. Hier will ich nicht sein, ich will ihn nicht sehen, ihn nicht anfassen, ich werde mich an diesem Sex niemals freuen und dennoch will ich ihn. Rainer kann sonst was machen mit mir, es ist mir so was von egal. Aber der hier, der tut ja nichts, der ist doch Bobbele in love.
Aber Rico überrascht beim Sex. Er küsst tief und ausdauernd, er fasst überall hin. Sanft steichelt er meinen muskulösen, unbehaarten Kröper. Er lutscht mir den Schwanz. Der hat sich schon zur vollen Pracht aufgereichtet, als er begonnen hat meine Brustwarzen abzulecken und sich abwechselnd daran festzusaugen. Er steigert sich, langt immer noch fester zu, lässt aber auch mal los und kommt zur Ruhe. Leider gehen diese Pausen nicht ohne Schwatzen ab. Reiner informiert mich, einer von den Besten sei ich, wenn nicht überhaupt der Allerbeste in seinem bisherigen ganzen Leben. „Nit dass glaubsch, ich würd rumhure. Aber ich bin halt scho e klein wenig älter wie du. Du hursch aber au nit rum, gell? Gell, das spür ich, du bisch nit so.“ In deinem Glauben will ich dich nicht wecken, denke ich - und: Wie kann man nur einen dermaßen pathetischen Scheiß ablassen, wenn man die ganze Zeit dabei ist, die 08/15-Nummer durchzuziehen, wie sie immer ist.Rock tätschelt meinen Arsch und findet: „Du hesch en schöne Hindere. Wunderschön!“
Echt? Das hat mir noch keiner gesagt. Rudibert kann eigentümlicher sein, als man ihm zutraut. Wenn es von all den Anderen nie einer gesagt hat, dann ist es zwar auch nicht wahr, aber die Vorstellung ich würde mit einem Arsch rumrennen, der Männer mir gefügig macht, sagt mir schon etwas zu. Wer weiß, man sagt doch, Kinder und Narren sprechen die Wahrheit. „Hesch du’s gern von hinde?“ Oha, das lassen wir mal offen, er soll ruhig weitermachen mit Fingern.Er rappelt sich hoch und trollt durchs Zimmer. Was hat er denn, geht er pissen? Muss er sich kurz frisch machen, wie es immer heißt. Er kommt an mit einer zerdrückten Tube und cremt mir die Ritze. Überall stinkt es plötzlich nach Eukalyptus und ich erwarte Brennen, aber mich brennt gar nichts. Reinkommst du trotzdem nicht, Bobbele, feixe ich in mich hinein. Aber er ist erstaunlicherweise schon drin und fickt mich schon längst. Romantiker, der er ist, setzt er gelegentlich mit Stoßen ab, streichelt mich am Rücken und stimmt petrarkinische Gesänge an. „Mensch, isch des e Fotz! Was du für e Fotz hesch! Wie bei ere Frau.“ Was mich enorm interessiert. Denn ich weiß nicht, was er damit meint. Inwiefern ist die Fotze einer Frau anders als die eines Mannes und inwiefern ist das praktisch und inwiefern ist es für einen Kerl von Vorteil, eine weibliche Fotze zu haben? Die ganze Zeit spüre ich ja nichts, aber bei ihm fühlt es sich vielleicht extrem gut an. Aber warum denn nun? Oder ist das eins von diesen zweischneidigen Komplimenten, wie wenn dir einer sagt, mit so Knochengestellen mag er nicht, dennoch feststeht, dass sozusagen alle Anderen sich um Rubensdamen keinen Deut scheren.Reto will wissen, ob er es auch gut macht, ob es gut ist für mich und ich sage: „Isch scho in Ordnung.“ Und zumindest ist Fakt, dass der salbungsvolle Akt den Abend nicht peinlicher gemacht hat, als er war. Fertig könnte er allmählich aber werden. Eine Zeitlang ist es irgendwie fast geil gewesen, obwohl ich kaum was mitbekomme, was mit mir passiert da unten. Aber zunehmend wird es mir lästig. Er, irgendwo da hinten, der sich einfach nicht mehr einkriegt mit seiner Fotze, meine soll das sein, aber ich hab nichts davon. Er hört sich an, als sei er ungeheuer stolz auf sich, weil ihm so ein Prachtexemplar zugeflogen ist und es kurz vorm Morgendämmern total sinnlich zugeht in der traurigen Wohnung, in der aber nur ein Männerfleisch das andere behoppelt, als sei das nicht sinnlos und lachhaft. Grotesk, dass er immer noch nicht schnallt, dass ich nur noch warte, bis es ihm endlich mal kommt und ich nach Hause kann. Verrückt, dass zwei sich so nahe sein können, Porno im Schädel beim einen, gelangweilte Gereiztheit beim anderen.Wer sagt überhaupt, dass ich dabei sein muss bis zum Ende? Wäre das denn so roh, jetzt nach hinten zu fassen, ihn wegzudrücken, aufzustehen, nach der Unterhose zu grabschen und maliziös zu flöten: „Du, ich hab ganz vergessen, dass es schon so spät ist. War aber ganz super. Müssen wir unbedingt wiederholen demnächst. Aber du, morgen hab ich was ganz Wichtiges vor. Schlaf gut! Tschau! Ich wünsch dir noch was.“
Zu dumm, plötzlich fällt mir all der Schmier ein, den ich nachher zuwischen den Beinen haben werde und in den Haaren und der sich in die Hose reiben wird auf dem Heimweg. Von all den verstohlenen Gerüchen und Sekreten Reiks wird was kleben bleiben. Ich bin viel zu erledigt, jetzt noch duschen zu gehen. Dabei sollte ich ihm endlich mal helfen. Sonst wird das hier nie was. Merken will er es nicht, aber mein Überdruss und die möglicherweise asexuellste Phase meines Lebens, in der ich mich momentan befinde, strahlen aus und übertragen sich und schieben sich ihm wie ein Riegel vors Abspritzen. So gehe ich hoch und klatsche mit Schmackes meine Hinterbacken ihm gegen’s Gemächt und versuche, mir einen Ring ums Gedärm zu denken, den ich anspannen und locker lassen kann. Und das scheint tatsächlich zu funktionieren, denn „Oh, du bisch guet!“, „Ah, du kannschs aber!“, geht das, „Du bisch de reine Wahnsinn!“ und „O-ah, du besorgschs mirs!“ und „Das isch ne Fotz!“ und „Ja!" und „Ja!“ und „Ja, komm, fick mich!“ und „Ja, du, du, mach mich fertig!“ Lachhaftes Geschwätz, aber nicht vollkommen uninteressant, denn erstmals erfahre ich, dass einer sich von mir gefickt fühlt, der eigentlich doch mich fickt.Endlich ist es soweit, Roger deponiert noch ein wenig Schmiere in Kavernen von mir, die unterdessen scheunenweit aufklaffen dürften. Platt wie eine tot gefahrene Kröte liegt er neben mir und flüstert Aufmerksamkeiten. Nun nämlich sei es ganz und gar offenbar. Jetzt sei der Freund gefunden. Das wüssten wir jetzt ja beide, dass so zwei wie wir für einander geschaffen seien und nach Lust und Laune sich nicht mehr trennen könnten. Mit uns zwei sei das so groß, selbst er habe sich vorher das nicht denken können. „Gell, du kummsch au widder?“ „Ja, ja“, sage ich, denke aber: und wenn du krepierst!Ich weiß nicht, ob ich mich anziehen soll und gehen. Das Licht ist immer noch an. Ob er neben mir einschlafen wird und ob ich dann gehen kann, ohne dass er wach wird. Ist unten eigentlich abgeschlossen? Oh nein! Ich habe mir das nicht gemerkt. Oder ob er doch noch auf die Idee kommt, dass ich überhaupt noch nicht gekommen bin im Gegensatz zu ihm. Er liegt neben mir auf dem Bauch, ich liege auf dem Rücken und berühre ihn nicht, während ich mich gemächlich masturbiere, als sei ich daheim in meinem Bett. Rulaman hebt den Kopf, schaut mir eine Weile zu und nimmt meinen Schwanz in den Mund. Sanft umkreist seine Zunge meine Eichel, bevor er meine Latte in seinem Schlund versenkt. Er macht das ziemlich zart, richtig nett kann er das. Ich versuche, an Ekelhaftes zu denken, damit es mir nicht gleich kommt. Wenn das Bobbele schon mal für etwas gut ist, kann es sich ruhig mehr Mühe geben. Es wird ihm zuviel, er gibt auf, denke ich. Kein Problem, dann werde ich alleine fertig. Aber Rick macht immer weiter und ist in der Sache immer weiter wirklich gut. Am Ende schluckt er es runter, ohne viel zu sagen, Nur ein „Lecker, mmh” kommt seine Lippen. Gut so, endlich mal weniger geredet. Er liegt hinter mir und streichelt meine Brustwarzen und sagt, er wird extra was kaufen zum Frühstück, ob ich Sekt will. Praktisch jeden Abend ist er hier in der Wohnung, so ab halb sechs. Er schreibt mir die Nummer auf, aber ich muss nicht extra vorher anrufen, wenn ich nicht mag. Ich kann ganz spontan sein, was ihn angeht. Wir müssen auch nicht unbedingt in die Kiste, wenn ich vorbeischaue. Wir können Fernseh gucken oder kniffeln. Oder kochen. Ob ich gerne kochen würde. Er kocht sehr gerne. Er kann gut kochen. Sauerbraten, Spätzle, zwei Sorten Salat. Er kocht für mich. Spar ich doch Geld.„Ich würd gern no es bizli schloofe“, murmle ich.Das hört sich fast an, als käme ich aus der Schweiz, und Robby lacht deswegen. „Ich lieb dich. Das weisch du ganz genau, dass ich dich lieb hab. Richdig fescht, du Maus.“
Wenn du für immer deinen Mund halten und mich weiter so halten könntest, dann bis in den Tod, habe ich wohl gedacht, bevor ich weg war.