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Оглавление1. Szene / Küche
Samstagnachmittag: HANS und HEIKE kommen zurück aus dem Wahllokal, wo sie über das Referendum abgestimmt haben. Sie tauschen ihre Jacken gegen Schürzen mit dem Logo ihres Party-Service und bereiten eine Geburtstagsparty vor.
HEIKE
Warum bist du in Sportklamotten ins Wahllokal? Sonst gehst du immer in Anzug und Krawatte.
HANS
Um dem Referendum meine Verachtung zu zeigen.
HEIKE
Reicht es nicht, dass du mit NEIN gestimmt hast?
HANS
Das ist keine normale Wahl. Das ist ein Terroranschlag auf unsere Existenz. Im Schweiße unseres Angesichts sollen wir unser Brot essen. Seit der Vertreibung aus dem Paradies sind wir zur Arbeit verdammt, und das ist gut so.
HEIKE
Zum Glück wird das nichts mit dem Referendum. Wir waren die Einzigen im Gemeindesaal.
HANS
Die Fleißigen liegen lieber am Strand, weil an diesem Wochenende der Sommer zu Ende geht. Wenn sich das mal nicht rächt.
HEIKE
Wer stimmt schon für diesen Quatsch?
HANS
Die ganzen Faulen, die von dem Referendum profitieren, gehen natürlich zur Abstimmung. Wie lange haben wir gebraucht bis ins Wahllokal?
HEIKE
Hin und zurück keine 20 Minuten.
HANS
Du verlässt für 20 Minuten das Haus und brauchst nie mehr arbeiten. Bleibst einfach liegen, wenn morgens der Wecker klingelt. Arschlecken, ein Leben lang.
HEIKE
Mir würde das nicht reichen, ein Tausender im Monat. Ich würde weiterarbeiten.
HANS
Natürlich arbeiten wir weiter. Irgendwer muss das Geld ja verdienen, sollte eine Mehrheit für das Referendum stimmen. Aber was ist mit unseren Mitarbeitern? Für die würde ich nicht die Hand ins Feuer legen, dass die verantwortungsvoll mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen umgehen. Die bleiben zuhause und sitzen den ganzen Tag vor der Playstation. Gibst du mir den Mixer?
Heike gibt Hans einen Mixer. Während Hans Kuchenteig rührt, pumpt Heike mit einer Luftballonpumpe einen Modellierballon auf.
HEIKE
Flamingos oder Pokémon?
HANS
Was?
HEIKE
Worauf steht dein Vater?
HANS
Der bekommt eh nix mehr mit.
HEIKE
Dann falte ich Pudel, die gehen am leichtesten.
Heike faltet routiniert den Modellierballon zu einem Pudel, während Hans weiter Kuchenteig rührt.
HANS
Selbst und ständig.
HEIKE
Was?
HANS
(gegen den Mixer) Es ist Samstagnachmittag. Und was tun wir? Sitze ich mit einem Bier auf dem Sofa und gucke Bundesliga? Liegst du im Garten und lässt dich bräunen? Wir arbeiten. Wie immer.
HEIKE
Dafür sind wir unsere eigenen Herren.
HANS
Leider sind wir auch unsere eigenen Knechte. Herr und Knecht, wir sind beides in einer Person.
HEIKE
Warum hast du nicht für das Referendum gestimmt?
HANS
Bin ich verrückt? Wer darf diesen Wahnsinn denn finanzieren?
HEIKE
Die Roboter sollen Einkommenssteuer zahlen.
HANS
Wird auch Zeit.
HEIKE
Und die Mehrwertsteuer soll erhöht werden. Auf 50 Prozent.
HANS
Weißt du, was das für uns bedeutet? 50 Prozent auf jeden Pudel? Das geht alles von unserem Gewinn ab.
Hans füllt den Kuchenteig in eine Form und schiebt sie in den Backofen. Heike faltet weiter Luftballonpudel, bindet sie an Nylonfäden und lässt sie durch die Küche schweben.
HANS
Vielleicht hat mein Vater ja vergessen, dass er heute 71 wird.
HEIKE
Wir haben versprochen, dass wir Fritz um Fünf im Altenheim abholen.
HANS
Und wenn wir es vergessen haben?
HEIKE
Haben wir aber nicht.
HANS
Wir können auch mal was vergessen, nicht nur mein Vater. Wir stellen uns dumm.
HEIKE
Und dann?
HANS
Dann tun wir einfach mal nichts.
HEIKE
Ich habe verlernt, wie das geht. Nichtstun.
HANS
Wir gucken einen blöden Film, oder haben mal wieder Sex, bevor wir verlernt haben, wie das geht.
Hans nimmt Heike den rosa Modellierballon, den sie zu einem weiteren Pudel falten wollte, aus der Hand und beginnt daraus einen Penis zu formen.
HEIKE
Lass, Hans!
Hans bedrängt Heike mit dem Luftballon-Penis.
HEIKE
Nicht, Hans! Was, wenn Lea kommt?
HANS
Keine Sorge, unsere Tochter kommt schon nicht in die Küche. Die hat Angst, dass sie dann mithelfen muss.
Hans verfolgt Heike mit dem Luftballon-Penis durch die Küche, drängt sie gegen die Anrichte und tut so, als würde er sie mit dem Luftballon penetrieren.
HANS
Selbst und ständig. Wie gefällt dir das?
HEIKE
Heiße Luft. Mehr hast du nicht zu bieten?
Hans lässt den Luftballon-Penis los, der zur Decke schwebt, öffnet Heikes Bluse, nimmt eine Spraydose von der Anrichte und sprüht Sahne auf ihre Brüste.
HEIKE
Du weißt, dass ich eine Laktose-Intoleranz habe?
HANS
Alles Soja, alles safe.
Hans beginnt, die Sahne von Heikes Brüsten zu schlecken.
HANS
Wir hätten für das Referendum stimmen sollen. Dann hätten wir jeden Tag Sex.
Es geht immer heftiger zur Sache, bis das Telefon klingelt.
HEIKE
Dein Vater.
HANS
Wir gehen nicht ran.
HEIKE
Wir werden auch alt. Dann sind wir froh, wenn die Kinder mit uns Geburtstag feiern. Vielleicht ist es das letzte Mal.
HANS
Da wäre ich nicht so optimistisch. Fritz wird älter als wir.
Das Telefon klingelt weiter.
HANS
Scheiße!
Hans lässt von Heike ab und geht zum Telefon.
HANS
Papa?
Blickwechsel mit Heike, die ihre Bluse zuknöpft.
HANS
Nein, wir haben dich nicht vergessen. Wir schlagen gerade die Sahne. In 30 Minuten, okay? Freue mich auch!
Hans legt das Telefon auf, geht zurück zu Heike und versucht, da weiter zu machen, wo sie aufgehört haben.
HEIKE
Lass, Hans! Die Party dauert nicht lange, weil dein Vater zurück ins Heim muss. Wegen seinem Herz-Medikament. Dann machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben.
Hans nimmt seine Jogging-Jacke und geht, während aus dem Garten LEA kommt. Sie entdeckt den Penis-Luftballon, der durch die Küche schwebt, greift nach der Nylonschnur und zieht ihn herab.
LEA
Da wird sich der Opa aber freuen!
Lea tritt zu Heike, die den Kuchen im Backofen prüft.
HEIKE
Warst du schon abstimmen?
LEA
Wir schreiben Montag eine Klausur. Da nutze ich meine Zeit lieber zum Lernen.
HEIKE
Also bist du gegen das Referendum?
LEA
Wer geht noch arbeiten, wenn der Zwang wegfällt? Meinst du, ich würde mich am Wochenende mit Integralrechnung quälen, wenn ich ohne Einser-Abi in London Mode studieren könnte? Hast du für das Referendum gestimmt?
HEIKE
Was soll mir das bringen?
LEA
Du hättest endlich mal eigenes Geld in der Hand, statt immer unbezahlt zu arbeiten. Erst als Hausfrau und Mutter, jetzt bei Papas Party-Service.
HEIKE
So siehst du mich?
Heike realisiert, dass Lea den Luftballon-Penis festhält.
HEIKE
Sollte ein Pudel werden.
LEA
Darf ich den mit auf mein Zimmer nehmen?
HEIKE
Wozu?
LEA
Als Warnung. Sollte ein Pudel werden. Man muss aufpassen, dass man seine Ziele nicht aus den Augen verliert. Ich an deiner Stelle hätte für das Referendum gestimmt, Mama.
Lea verlässt mit dem Luftballon die Küche, während Heike weiter Pudel faltet.