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Vorwort

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Fast jeder geht zumindest mit einem mulmigen Gefühl zum Zahnarzt. Die Leichtigkeit der Werbung „Mami, er hat überhaupt nicht gebohrt!“ hat heute kaum noch jemand. Mal ganz ehrlich: Sie als Patient fühlen sich doch auf dem Behandlungsstuhl schlicht ausgeliefert.

Allein schon der für Zahnarztpraxen typisch durchdringende Geruch hält Sie davon ab, die Praxis gerne zu betreten. Manche springen gar beim Geräusch der Bohrer vom Sessel. Selbst wer es aushält, dem steht der Schweiß auf der Stirn und der sitzt völlig verkrampft auf dem Behandlungsstuhl.

Traurige Bilanz: Etwa zehn Prozent fürchten sich so sehr vor dem Zahnarzt, dass sie erst gar nicht hingehen, auch wenn sie Schmerzen haben. Das hat meistens erhebliche Folgen für die Gesundheit: Karies, faulende Zähne, Zahnausfall. Dabei könnten die Zähne bei rechtzeitiger Behandlung gerettet werden. Man fasst all diese Zahnarzt-Ängste unter dem medizinischen Fachbegriff „Dentalphobie“ zusammen. Sie hat eine extreme Bandbreite von leichter Angst bis hin zur totalen Verweigerung. Dentalphobie ist die panische, krankhafte Angst vor dem Zahnarzt (nicht zu verwechseln mit der ganz normalen und nachvollziehbaren Angst vor einem Zahnarzt als gesunder, natürlicher Reflex), und sie ist eine ernst zu nehmende Krankheit.

Die Übergänge zwischen einer krankhaften und nicht-krankhaften Dentalphobie können dabei auch fließend sein, was es für die ärztliche Diagnose nicht gerade einfacher macht. Irgendwie sind wir alle zumindest ein bisschen betroffen.

Die gute Nachricht: Dentalphobie (oder auch: Zahn-Behandlungsphobie oder Odontophobie) lässt sich erfolgreich behandeln. Und es gibt einige Tricks der Zahnärzte, sie abzufedern. Der Besuch in der Praxis kann heutzutage sogar zu einem Event werden. Die Zahnarzt-Phobie ist übrigens eine von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) anerkannte Krankheit.

Natürlich ist das einfach gesagt. Stellen wir uns doch nur einmal eine andere Situation sehr praktisch vor: Eine junge Frau bekommt ihr Baby mit Kaiserschnitt. In der Regel erfolgt das unter einer Periduralanästhesie (PDA), der so genannten Geburt ohne Schmerz. Mit einer Injektion ins Rückenmark wird der Körper vom Bauchnabel abwärts schmerz- und empfindungsfrei, während der Patient insgesamt wach bleibt. Heutzutage bringt man ihn dazu noch teils in einen Dämmerzustand mit Schlafmitteln. Aber in der Regle bekommt die werdende Mutter alles mit: Den Schnitt mit dem Skalpell, die Geräusche, das Zupfen und Zurren – nicht als Schmerz, wohl aber als etwas, was da gerade passiert. Genauso ist es beim Zahnarzt.

Der einzige Schmerz ist heutzutage nur noch der Stich der Betäubungsspritze. Und auch dieser Schmerz wird durch sehr feine Nädelchen minimiert. Aber was danach folgt, sind die ohren-betäubenden Geräusche des Bohrers – oder, wenn ein Zahn gezogen wird, das Ziehen mit der Zange am Zahn. Das bekommt der Patient natürlich mit und lässt in ihm eine starke Aversion entstehen. Selbst wenn die Zähne nur bei einer professionellen Zahnreinigung mit der Bürste gescheuert werden, ist das schon unangenehm. Und jeder kennt es doch: Der Zahnarzt pustet mit seinem Hochdruckgerät kalte Luft durch die Zähne. Sie zucken zusammen, weil es den empfindlichen Nerv getroffen hat. Wenn wir nicht müssen, meiden wir doch wo es geht den Dentisten. Doch einmal im Jahr muss jeder zur Vorsorge, um sein Bonusheft auf Vordermann zu halten. Denn andernfalls zahlen die Kassen im Falle einer wirklich notwendigen Behandlung zwanzig Prozent weniger. Jeder muss deshalb zur jährlichen zahnärztlichen Vorsorge. Da führt kein Weg dran vorbei. Also kennen wir eigentlich alle das Dilemma beim Zahnarzt. Gerne gehen Sie doch da wirklich nicht hin, seien wir doch mal ehrlich.

Umso wichtiger ist es deshalb, Strategien zu entwickeln, den Zahnarztbesuch angenehmer zu gestalten und mit weniger negativem Empfinden zu verbinden. Insofern kann dieses eBook nicht nur eine Hilfe für die echten Dental-Phobiker sein, sondern auch jedem Menschen bei seinem nächsten Praxisbesuch unterstützen.

Was ist die Ursache?

Eine Dentalphobie geht meistens auf ein traumatisches Erlebnis mit dem Zahnarzt oder während einer Zahnbehandlung zurück. Das ist oft der Ursprung, und der ist in der Regel schon früh anzusiedeln: in der Kindheit oder im jugendlichen Alter. Manche Forscher sagen auch, die Furcht vor dem Bohrer liegt in der Familie. Schlechte Vorbilder durch die Eltern spielen offensichtlich ebenfalls eine Rolle. Nahezu jeder Zehnte Phobiker berichtete in einer entsprechenden Studie davon, dass auch Vater oder Mutter Angst vor Zahnarztbesuchen gehabt hätten.

Weitere Untersuchungen belegen, dass der Nachwuchs von Zahnbehandlungs-Phobikern die betreffenden Ängste häufiger entwickelte als andere Kinder. Psychologen haben dafür auch einen Fachbegriff: Modelllernen. Die Kleinen beobachten das Verhalten der Eltern und ahmen es unbewusst nach. Das Kind einer ängstlichen Mutter wird so auf die bevorstehende Zahnbehandlung vorbereitet, dass es empfindlicher auf Schmerzen reagiert als eines, dessen Mutter sich unbekümmerter in Sachen Zahnarzt verhält. Ähnliche Phänomene finden wir auch in anderen Bereichen. Wenn etwa die Mutter Angst vor Hunden hat und panisch reagiert, wenn nur in der Ferne schon ein Vierbeiner auftaucht, überträgt sich das auch aufs Kind.

Weitere Ursachen

Das ist aber nicht die einzige Erklärung, denn es gibt auch Patienten, die schon immer ängstlich waren, ohne dass ein traumatisches Ereignis oder übernervöse Eltern als Ursache herhalten mussten. Hier dürften die Ängste, die dann häufig auch mit anderen psychischen Störungen einhergehen, andere Gründe haben. Oft hängen sie auch mit anderen Phobien zusammen, etwa die Angst, Blut zu sehen, oder die Angst vor Spritzen. Gerade bei Leuten mit geschädigtem Gebiss ist es oft auch die Scham, dem Zahnarzt seine schlechten Zähne zu zeigen und den Mund zu öffnen, sich dessen Urteil anzuhören:

„Mein Gott, wie sehen denn Ihre Zähne aus?!“ Generell sind Angst-Patienten natürlich auch sehr empfänglich für eine Dentalphobie, wo sie ja reale Schmerzen spüren und auszuhalten haben. Normale Phobien gehen dagegen eher weniger mit unangenehmen Gerüchen, Schmerzen, Spritzen und Blut einher. Aber das Feld ist eben noch sehr in der Erforschung. Eine Dentalphobie misst sich an subjektiven Kriterien wie andere Phobien auch: Schweißausbrüche, Herzrasen, Verkrampfung und vieles mehr. Man hat eben keinen Bluttest, keine Röntgenaufnahme oder ein Ultraschall-Ergebnis, die klare Diagnosen liefern.

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