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Kapitel 2

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Am Bordstein entlang schlendernd denkt Rudolf:


- Sportlich sein. Dynamisch sein. Kommt man damit viel weiter, wenn man sonst nichts zu bieten hat? Die Blödmänner können ihren Sport selber machen. Die können sich alle die Beine weglaufen, den Arsch aufreißen und sonst was… Bloß um ihre Noten zu verbessern. Wahres Wissen zählt. Jedenfalls für mich. Mit einer Sportnote Mathe verbessern, das fehlt noch. Typisch für diese Zeiten. Hauptsache man kann sich profilieren. Scheiße auch! Warum bin ich nur so fett? Dann fangen die wieder mit ihrem scheiß Fußball an. Das Spiel für welche, die sonst nichts auf die Reihe kriegen. Das richtige Spiel für solche Eierköpfe, wie diesen abgehalfterten Sportlehrer. Auch so ein Großmaul. Wie kann der Analphabet nur Mehlsack zu mir sagen? Was gibt ihm das Recht dazu, einem 17 Jährigen, Mehlsack zu benennen. Die Sau hat wohl nicht von Menschrechten gehört… Sport macht frei… wovon macht Sport frei? Was soll das Gelaber? Der Kerl ist verheiratet, hat drei Kinder, steht unter der Fuchtel seiner Alten… Wo macht da Sport frei? Einmal… nur einmal möchte ich diesem Spira auf dem Feld davonlaufen können… Nur einmal… immer macht dieser Typ aus dem Osten sich lustig über mich… Ich kann nichts dazu, dass ich so dick bin. Das wissen die doch alle! Die begreifen das nicht, dass man krankhaft dick sein kann. Die sind doch so wie so alle dämlich.

Rosi, die… ja… die hat noch nie über mich gelacht.-





Jenseits


Die Engel der Liebe weinen.

Der schwarze Schatten die Erde heimsucht.

Sie senden kleine Blitze an Höllenbeinen

und haben Menschen ausgesucht.


Kampf der Seiten, wie eh und je –

Der blaue Himmel wird zur ewigen Nacht.

Die Rosenblätter welken im Schwefelsee.

Welken, durch der Hölle, Macht.


Sie fliegen umher, die schwarzen Schatten.

Besetzen der Menschen Seelen.

Die wissen nicht mehr, was sie einmal hatten.

Sind bereit sich selbst zu quälen.


Rosenblätter werden zertreten –

Ihr Blut die Erde ertränkt –

Der Mensch hat aufgehört zu beten –

Darum wird er vom Bösen gehängt.


Die Rosenblätter noch hernieder fallen.

Noch kämpft die Liebe, um Menschen.

Die Sonnenstrahlen einen See von Silber füllen,

bis an der Welten Grenzen.


Getauft vom Sonnentau.

Liebende in der Umarmung träumen.

Wehren sich der schwarzen Schatten,

die gierig die Krallen heraus jetzt strecken.


Gleich, des Donners Hall,

sie schlagen auf den Lichtersee,

doch die aufsprühenden Funken,

brennen in ihre Schuppenhaut ein.


Zunächst führt sein Weg nach Haus. Vielleicht geht er doch lieber nicht ins Zentrum. Alles ist so teuer. Zu teuer für ihn und seiner Mutter. Bloß gucken und nichts kaufen zu können war demütigend. Ist sogar verdammt demütigend. Warum geht es anderen Menschen so gut?

Sein Blick fängt die Nachbarin ein. Sie wurstelt wieder ein bisschen im Garten herum. Das alte Mädchen muss an die 80 sein. Das ist also das Schicksal eines alten Menschen? Allein sein, ewig ums Überleben kämpfen müssen? Kleine Rente bekommen, mit dem Minimum leben. Vom Staat nur so viel kriegen, dass man nicht abkratzt, dass man noch die Wirtschaft ankurbelt, wenn man Medikamente braucht, oder was zu essen, oder den Enkeln was zu Weihnachten und Geburtstag schenkt, dafür seinen letzten Euro hergeben muss, danach wochenlang nur Margarine auf dem Brot hat.

Rudolf grüßt Frau Sommer freundlich, wie immer. Gegen alte Menschen hat er nichts. Diese Alten wissen, was Leben heißt. Um so alt werden zu können, muss man schon über eine besondere Art von Intelligenz verfügen.

Die alte Frau sieht zunächst fast erschreckt auf, verzieht dann aber den Mund zu einem Lächeln, das eher aussieht, als hätte sie Schmerzen im Knie. Rudolf tut eilig. Heute hat er keine Lust dazu, sich etwas über ihr Rheuma anzuhören. Die Frau hält ihn auf.

„Entschuldigen sie! Würden sie mir bitte die große Blumenschale von dort nach da verrücken? Ich will, wissen sie, dort ein kleines Blumenbeet anlegen. Mögen sie Vergissmeinnicht auch so gerne?“

Rudolf geht natürlich zu ihr. Die Frau redet unablässig weiter, lässt ihn gar nicht die Zeit, auf ihre Frage zu antworten. Seine Oma war auch so. Nein, so nicht, sie war stärker. Sie war erste Klasse. Genau wie Opa. Die Oma mochte seinen Vater auch nicht. Sie mochte ihn nie. Wie oft sagte sie damals zu Mama, sie solle sich von diesem Säufer scheiden lassen.

Alle Menschen die man liebt, verlassen einen. Überhaupt sterben die Guten immer viel zu früh.

„… habe jetzt kein Geld bei mir. Wir sehen uns ja öfter. Dann bekommst du zwei Euro von mir“, schreckt die alte Frau ihn aus seinen Gedanken.

„Dafür nehme ich kein Geld, Frau Sommer. Habe ich gern gemacht.“

„Bist immer so freundlich. Junger Mann. Gehörst bestimmt nicht zu denen, die alte Leute ärgern. Deine Mutter ist auch nett. Sie kauft mir immer die richtigen Sachen ein. Wie geht es denn deinem kranken Vater?“

Diese verdammte Frage muss ja kommen. Warum fragt die Frau das? Sie erfährt doch immer alles von Mama. Die standen manchmal, wenn Mama Zeit hatte, fast eine halbe zusammen und zerredeten sich die Münder.

Man kann machen was man will, um den „Alten“ zu vergessen. Das gelingt einfach nicht. Irgendwer spricht immer von ihm. Das ist ein richtiger Fluch. Kranker Vater? Krank?

„Habe lange nichts von ihm gehört. Ist wohl noch in dieser Klinik.“

„Eines Tages kommt er bestimmt wieder zu euch zurück. Wenn er gesund ist.“

In Rudolf wächst Groll auf die alte Frau. Warum lässt sie ihn nicht zufrieden damit. Wer weiß schon, was Mama ihr erzählt hat. Die Wahrheit bestimmt nicht. Der alten Frau kann man nichts verübeln.

Rudolf entschließt sich zu nicken.

„Ja, vielleicht. Ich muss jetzt gehen, Frau Sommer. Schulaufgaben machen.“

„Oh, ja, ja. Immer fleißig lernen, damit es später gut geht. Diese vielen Arbeitslosen. Heute muss man was können.“

„Ja! Also dann, Frau Sommer. Einen schönen Tag noch.“

„Vielleicht kann deine Mutter mir morgen etwas vom Schlachter mitbringen?“

„Ich werde es ihr sagen.“

„Meine Tochter kommt zu Besuch. Sie hat ja zwei kleine Kinder. Kinder haben immer großen Appetit. Ein Flaschen Limonade brauche ich auch.“

„Ja, sage ich ihr.“

„Bist ein guter Junge“, meint die alte Frau und wendet sich wieder ihrer Beschäftigung zu.

Rudolf beeilt sich ins Haus zu kommen. Ehe ihn die Frau noch einmal aufhält. Wenn sie erst anfängt von ihren Enkeln zu erzählen… Mein Gott!


Er öffnet den Kühlschrank. Auch nicht gerade die Welt, was da drin war. Zwei angefangen Würste, eine davon auch noch Leberwurst. Er verabscheute Leberwurst schon immer. Warum seine Mutter sie immer wieder einholte, blieb ein unlösbares Rätsel. Wie oft sagt er: „Nah ja, egal.“ Die halbe Flasche Milch nimmt er mit hinauf in sein Zimmer.

So ganz ist das mit den Kopfschmerzen nicht gelogen. Rudolf legt sich auf sein Bett.

Es ist so still in der Wohnung dieses Reihenhauses. Rudolf würde nie in eine Großstadt ziehen. Gestank, Lärm, die hohlen Menschen, die dort leben. Nur immer zwischen Arbeit und Haus sein. Das ist doch kein Leben? Leben muss auch noch was Anderes sein. Diese Berichte im Fernsehen, von den Arbeitslosen, von allen die nicht wissen, wie sie den nächsten Tag bestreiten sollen. Leben heute, heißt doch: konsumieren, oder kaputt gehen.

Wenn in der Schule die Politik dran ist, muss Rudolf traurig lachen.

Das Wort, Sozial, das war ein Witz. Wie kann eine Demokratie, sozial sein? Da passt etwas nicht. Menschen sind nur beschränkt soziale Wesen. So viel steht schon mal fest. In der Steinzeit wurden die Kranken und Alten von der ganzen Sippe durchgebracht, ohne darüber nachzudenken, dass sie nichts mehr für die Gemeinschaft leisten konnten. Es war eine Selbstverständlichkeit, für sie zu sorgen.

Das konnte man sozial nennen. Wer heute keine Rente bekommt, oder nur ganz wenig, weil er vielleicht keinen guten Job in seinem Leben verrichten konnte… Menschen sind nicht alle gleich. Jeder kann nicht das, was ein Anderer kann. Gehirne funktionieren nicht gleich. Der eine lernt leicht, der andere niemals.

Nieten werden fallen gelassen. Nieten sind nur halbe Menschen, oder gar keine. Eine Belastung für die Gesellschaft… Sozial…

Rudolf reibt sich die Stirn. Er will jetzt nicht mehr denken. Warum muss er immer denken?

Er ist müde, schließ seine Augen, versucht nicht zu denken, nicht mehr denken… nicht mehr denken… nicht mehr…

Irgendwann nickt er ein.


Ein Traum. Wieder solch ein Traum. Es fühlt sich so gut an, wenn man im positiven Mittelpunkt steht, wenn man als Held angesehen, wenn man bewundert, wenn man, ganz einfach, geachtet wird. Rudolf stellt sich oft vor, dass er ein Held ist. Ein Held wie James Bond, wie in den Filmen mit Arnold Schwarzenegger, oder Sylvester Stallone. Oder, wie ein normaler Mensch, der in Gefahr zu einem Superhelden wird. Rudolf träumte oft, dass er Rosi aus einer großen Gefahr rettet. So wie jetzt. Er sieht Rosi von einer einstürzenden Brücke fallen. Er sieht es ganz genau, sieht ihren angstvollen, panischen Gesichtsausdruck, den weit um Hilfe rufenden, geöffneten Mund, hört den furchtbaren Schrei. Es durchfährt ihn regelrecht, dass er auf dem Bett zusammenzuckt.

Rosi fuchtelt wild mit den Armen in der Luft, ehe sie auf dem Wasser aufschlägt. Rudolf vernimmt das klatschende Wasser, spürt nahezu die Kälte des Wasser, welches Rosi umschließt. Er merkt, wie das Wasser Rosi immer tiefer hinab ziehen will. Jetzt stürmt er in einer affenartigen Schnelligkeit auf das Ufer des Flusses zu. Selbst verspürt er keinerlei Furcht, vor der reißenden Strömung. Er ist ein Held und weiß es. Das ist ein gutes Gefühl. Ein, im Traum, wahres Gefühl.

Er teilt das Wasser mit seinen starken Armen. Die Strömung des Flusses wird kaum bemerkt. Rosi sieht ihn… Rosi geht unter… Rosi taucht auf… Rosi schreit und schon ist er bei ihr.

Gibt es ein größeres Gefühl, als die selige Ruhe nach einer vollbrachten Tat? Rudolfs Traum endet an dieser Stelle. Allein die Genugtuung, seine Liebste gerettet zu haben, macht ihn groß, unverletzbar für andere… ein Held.


Die Haustür klappt zu und eine leichte Frauenstimme ruft sogleich fröhlich:

„Rudolf? Ich bin da! Oh Junge! Mach doch die Musik leiser! Bitte! Die Nachbarn gucken schon immer so mürrisch, wenn man sie mal sieht! Nicht, dass mich das besonders interessiert! Nur, das Leben ist schon schwierig genug!“

Die Frau stellt eine Tasche ab und seufzt auf, als die Musik leiser wird.

„Danke, für die Musik! Aber nicht Danke dafür, dass du den Mülleimer nicht herein geholt hast! Rudolf, hörst du mich? Ich muss wohl wirklich alles alleine machen?“

Rudolf muss erst zu sich kommen. Wie lange war er weggetreten? Ist es schon so spät? Der Traum will nachwirken, kann es aber nicht. Mutters Stimme holt ihn schmerzhaft in die Wirklichkeit zurück.

Er hasst sie einen Moment lang dafür.

„Hallo! Rudolf! Hast du mich gehört? Ich sagte…“

Mühsam freundlich, ruft er schuldbewusst zu ihr hinunter:

„Habe ich vergessen! Entschuldige! Mache ich dann gleich noch!“

„Eh` du soweit kommst… Wenn alle immer so langsam wären wie du, würde sich vermutlich nicht viel auf der Erde tun, oder? Brauchst dich nicht mehr bemühen. Ich habe ihn schon raus gestellt!“

„Danke!“

„Das wollte ich dir auch noch sagen! Wenn du das nächste Mal den gelben Sack raus stellst, achte darauf, dass er kein Loch am unteren Ende bekommt! Ja? Letztes Mal musste ich fast den ganzen Mist von der Straße aufsammeln! Okay? Essen in einer halben Stunde! Sei pünktlich! Sonst esse ich allein!“

„Wieder Nudeln?“

Die Mutter antwortet jetzt leicht gereizt:

„Soll ich mich jetzt noch hinstellen und dem jungen Herrn eine Gans braten? Ich habe schließlich hart gearbeitet. Lerne du das kochen und wir können mal etwas anderes essen!“

Er meint es ganz ernst, als er ruft:

„Männer kochen nicht! Mutter!“

Die Mutter muss zwangsweise lachen.

„Männer vielleicht nicht! He? Du musst erst mal einer werden! Kannst dich damit ein bisschen beeilen! Außerdem gibt es Männer, die besser als Frauen kochen! Hör mal! Du hast lange nichts von der Schule erzählt! Wie es läuft musst du mir nachher erzählen! Kommst du mit den anderen Schülern jetzt besser zurecht?“

„Mutter? Für mich brauchst du nichts kochen! Habe keinen Hunger! Habe vorhin ein Stück Brot gegessen. Ich gehe gleich noch mal weg! Ich war nicht im Gymnasium! Vor der Schultür spürte ich schon wie mein Kopf weh tat. Ich bin nach Hause, und habe fast den Tag über im Bett gelegen! Geht erst seit einer Stunde wieder besser.“

Rudolf schaltet die Musik ganz ab. Er läuft die Treppe hinunter, spricht dabei atemlos:

„Mutter. Ich will…“

„Ich weiß, was du willst. Du gehst bitte nicht zu diesen Möchtegern -Neonazis. Ja? Das ist kein Umgang für einen jungen Mann, der einmal studieren will. Diese Nazi-Bilder in deinem Zimmer solltest du auch ab nehmen. Ich verstehe dich so wie so nicht! Du bist doch gegen die Gewalt. Was wetterst du immer gegen die Bundeswehreinsätze im Ausland! Überhaupt gegen die Bundeswehr. Sagst immer, die Soldaten sind Kinder die Krieg spielen. Und, wie war das andere? Der Krieg gegen den Terrorismus kann man nicht mit Soldaten und Bomben führen?“

„Stimmt genau! Das sehe ich immer noch so. Die Bilder gelten mir als Abschreckung. Das habe ich dir schon ein paar Mal erklärt. Vielleicht solltest du auch mir mal zuhören. Diesen Bin Laden… Man kann einen Wolf nicht mit einer Bombe jagen. Der Wolf entkommt immer. Nur die Umgebung rings herum hat darunter zu leiden.“

„Ach Rudolf, ja. Ich sehe das allerdings nicht so. Wenn wir von einem Feind angegriffen werden, können wir uns wenigstens verteidigen. Ein Land ist wehrlos ohne Soldaten. Das müsstest du eigentlich selbst wissen. Nur, neue Neonazis wollen wir wohl alle nicht. Reicht, wenn dein Vater immer diese Anwandlungen bekommen hat! Na ja, muss wohl in der Familie liegen. Dein Opa war ein guter Soldat, aber kein Nazi. Sagte er jedenfalls. Deinen Vater haben sie nicht eingezogen. Der hat sich immer solche Hefte besorgt, wer weiß woher. Heute bekommt man ja alles unter der Hand. Er meinte ja immer, wenn den Deutschen Deutschland noch gehören würde, wäre auch für ihn Arbeit genug da. Dein Vater begreift nicht, dass sich die Welt weiter dreht. Heute muss man eben ein bisschen mehr können, als nur die Straße fegen. Rudolf, bitte. Lass die Finger von diesen Menschen. Du willst…“

Rudolf fällt ihr verärgert ins Wort:

„Bloß weil ich eine Lederjacke trage bin ich noch längst kein Nazi, Mutter. Die wollen mich außerdem gar nicht haben. Ich bin denen zu fett. Und hör auf, mir immer was von meinem Erzeuger zu erzählen. Ein Vater ist er nie gewesen. Ich will nichts über ihn hören, weißt du? Ich bin absolut nicht solch eine Niete. Ich saufe nicht so lange, bis ich nicht mehr weiß, ob ich Rudolf, oder Egon heiße. Der Alte hat doch nur immer eine große Klappe gehabt. Frauen und Kinder konnte er schlagen! Mehr aber auch nicht! Habe ich nicht Recht?“

„Ist ja schon gut. Reden wir nicht über ihn. Allerdings, wenn du mehr Sport machen würdest, könntest du das mit dem Fett ändern. Du hockst zu lange vor dem Computer. Mag ja sein, dass du das musst, um besser orientiert zu sein. Mal muss man aber abschalten. Du pumpst dich regelrecht voll mit allen Missständen der ganzen Welt. Das ist auch nicht richtig. Du solltest öfter zum Sportplatz gehen und laufen. Oder, ins Hallenbad. Früher, als du noch klein warst, bist du gern schwimmen gegangen. Der Arzt sagt, durch gelinden Sport, könnte man deine Drüsenfunktionen vielleicht wieder normalisieren.“

„Ja, vielleicht. Das ist es ja eben… Vielleicht. Nein, nein Mama! Sport ist Mord. Das ist etwas für Leute, die auch Spaß dran haben. Zu dieser Sorte gehöre ich nicht. Ich bin nun mal so. Ich will jetzt nur ein bisschen Luft schnappen. Bis später dann.“

„Halt warte einen Moment! Nicht so schnell, junger Mann. Wann hast du mal Zeit für deine Mutter? Ich möchte dich einiges fragen. Über die neuen Bücher müssen wir auch reden. Nach den Ferien brauchst du doch welche.“

„Mama! Das letzte Mal bist du bei unserem Gespräch fast eingeschlafen. Vergessen? Reden wir, am Wochenende. Am Sonntag, wenn du nicht zur Arbeit musst. Einverstanden?“

„Ist das versprochen? Also gut. Dann verschwinde jetzt, wenn es sein muss. Komm nicht zu spät! Nicht erst wieder in der Nacht! Kein Wunder wenn du morgens dann Kopfschmerzen hast. Ein Junge in deinem Alter braucht Schlaf. Du willst wirklich nichts essen?“

Die Haustür klappt zu.

Verena Albrecht wischt sich über die Stirn. Ihr Junge funktioniert nicht ganz so wie sie es sich wünscht. Seit geraumer Zeit wurde er immer verschlossener. Mal spricht er sie mit Mama an, dann wieder mit Mutter. Seit sein Opa nicht mehr da ist, verschließt er sich immer mehr der Welt. Vielleicht sind aber alle Jungs so, wenn sie sich auf dem Weg des Erwachsenwerdens befinden. Verena Albrechts Augenlider werden jeden Tag früher schwerer. Diese vielen Überstunden rauben ihr die letzten Kräfte. Es wird einfach zu viel verlangt. Zuviel für diesen gerade ausreichenden Lohn, den sie bekommt. Rudolf seine Bücher werden auch immer teurer. Das Zusatzmaterial, das die Lehrer empfehlen, ist kaum noch für ihren Geldbeutel erschwinglich. Man muss harte Einschnitte machen, die sogar auf Kosten der guten Ernährung gehen. Zum Glück nimmt Rudolf keine Drogen. Sie weiß, dass man heute nur zu leicht an diese Sachen heran kommen kann. Schulen sind die „besten“ Plätze dafür. Sind wahre Brutstätten für Dealer. Dieses verdammte Geld. Sie wird in den nächsten Tagen einmal darüber nachdenken, ob sie nicht Hartz 4 beantragen soll.


Wann hat je ein Kind auf die Warnungen der Eltern gehört?

Es ist die natürliche Wissbegierde der Jugend, die manches Unheil heraufbeschwört. Die Neugierde, ohne die Konsequenzen abzusehen, die Folgen zu berechnen, von den Dingen die ausprobiert werden müssen. Ja, müssen. Junge Menschen sind Entdecker. Oft finden sie dabei Sachen, über die sie gar nichts wissen wollen.

Es gibt ja heute so viel zu sehen…

Manches, führt auf falsche Wege.


Gefühle


Gefühle sind wie Weben.

Zart und stark zugleich.

Gefühle sind im Leben,

schwer und selten leicht.


Was tun sie nur uns Menschen an –

zu oft.

Es wird einem Angst und Bang.


Beherrscht von ihnen und bewegt,

sind wir alle ausgeliefert,

wenn Geist und Sinn sich regt,

wir oft sind angewidert.


Sei es vor Sorge Leid und Krieg.

Sei es vor Freude. Lieb und Sieg.

Gefühle sind die stärkste Macht-

Besonders wenn es dunkel in der Nacht.



Dann, werden sie zu Zerrbildern,

zu Schemen, Schatten, Geistern.

Sie dann in unserem Gehirne wildern.

Uns treibt in Traumes Weiten.


So Furcht erregend können sie sein-

So grausam scheinen.

In einem schwarzen Hain.

Des Nachts, wenn Menschlein ist allein.


Gefühle sind das Leben.

Sind Halt und Anker immer fort.

Gefühle sind ein Segen.

Hier und jetzt und an jedem Ort.


Was tun sie nur uns Menschen an –

Zu oft.

Es wird einem Angst und Bang.

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