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Kapitel 1 – Anstoß

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Den Weg von der Winklerstraße zu meiner Stammkneipe schaffe ich wieder in fünf Minuten zu Fuß. Nach der Aufregung am Anfang des Jahres hatte ich mit Ilse vier Wochen in einem Wellnesshotel in Südtirol verbracht. Ausruhen, gut essen, gut trinken und schon wurde es rasant besser mit meiner Hüfte. Sogar eine kleine Wanderung war wieder drin.

»Verreck, konnst du widder grodaus marschiern«, meinte mein Kollege Herbert nach unserer Rückkehr. Und so fühlt sich das jetzt auch wieder an. Die Beeinträchtigungen seit meiner Hüftgelenksoperation im Januar – das ist jetzt schon fast acht Monate her – sind fast vollständig beseitigt und ich frage mich manchmal, wie ich damals die Sache mit dem »Phantom« stemmen konnte.

Mit Ilse habe ich mich inzwischen arrangiert, seit sie bei mir eingezogen ist. Also, was man nachts noch tun muss oder nicht, vor dem Schlafengehen. Ich meine aufräumen, spülen und so. Sie hat es akzeptiert, dass man gewisse Dinge auch auf den nächsten Tag verschieben kann. Wir konnten in eine größere Wohnung ein Stockwerk höher ziehen und somit hat jetzt jeder mehr Freiraum und Rückzugsgebiete. Heirat? Nein, nein, so schnell ist der Mittelfranke nicht, nur keine übereilten Entscheidungen, wenn man die auch noch etwas hinausschieben kann. Außerdem sind wir ja noch jung, denke ich.

»Na, alter Blechfuß, wie geht’s dir denn jetzt?«

Helmi, der Wirt, klopft mir freundschaftlich auf die Schulter und wir setzen uns an den Tisch gleich neben der Schanktheke. Es ist Mitte August, aber erstaunlich wenig los im Lokal.

»Alles wieder wie neu, Helmi, die haben das perfekt drauf in der Klinik mit ihren Ersatzteilen!«

»Und wann gibt’s die große Feier, Wolff?«

»Welche Feier?«

»Na die Ilse und du, ich meine …«

»Jetzt mal langsam, alter Freund, so weit sind wir noch nicht!«

»Dann wart’ mal ab, was die Ilse dazu zu sagen hat, die wird schon ein gehöriges Wörtchen mitreden wollen, unterschätze da mal nicht die Frauen.«

»Du machst mich vielleicht nervös. Ich bin jetzt 43, das ist doch noch kein Alter!«

»Da haben andere schon drei Kinder.«

»Ich sag dir Bescheid, Helmi, wenn das in die kritische Phase geht!«

»Übrigens, Wolff, ich hätte das Lokal damals nach dem Zeitungsbericht über die ›Phantomjagd‹ glatt anbauen können, so viele Leute wollten jeden Abend rein!«

»Wir mussten der Presse schon etwas liefern, nachdem sie uns bei der Vorbereitung der Falle geholfen hatte. Da haben wir deine Hilfe gerne erwähnt. Mal sehen, wann wir die wieder brauchen.«

»Wann geht die Verbrecherjagd wieder los?«

»Am Montag ist Dienstantritt und deshalb nehme ich jetzt noch ein Weißbier!«

Nachdem mich der Chef nach der Verfolgungsjagd unter der Burg nicht mehr sehen wollte, bevor ich vollständig fit und genesen war, hat er mir bis Montag Sonderurlaub verordnet. Jetzt muss ich wieder ran, weil viele Kollegen mit Kindern noch im Urlaub sind.

»Das alte Team, Ilse, Herbert und du?«

»Hör mir bloß auf mit dem Herbert. Nach seiner Nachtwächternummer dort oben hat er zwei Monate von nichts anderem mehr geredet. Grad so, als ob er den Mörder ganz allein gestellt hätte!«

»Da hast du recht. Der war einige Male hier und ich musste mir die Geschichte jedes Mal von vorn anhören.«

»Kann ich mir lebhaft vorstellen, aber man kann sich auf ihn verlassen, wenn es darauf ankommt!«

Helmi vermutet schon richtig. Ilse macht in letzter Zeit immer öfter Bemerkungen in Richtung Hochzeit. Vor allem beim Stadtbummel vor den Damenmodegeschäften. Brautmode ist nicht so ihre Sache, sie ist nicht der Typ für diese Tüll- und Seidenorgien, die man in den Schaufenstern solcher Geschäfte bewundern kann. Und ich käme mir saukomisch vor. Ich vor dem Standesamt neben Ilse als Rauschgoldengel. Wie das Christkind auf dem Hauptmarkt zu Weihnachten. Einfach lächerlich! Aber so ein schickes, gut auf Taille geschnittenes kleines Schwarzes, das wäre schon eher ihr Traum.

Helmi reißt mich aus meinen Gedanken, als er wieder an meinen Tisch kommt.

»Wolff, wo bist du? Weit weg? Wach’ mal wieder auf!«

»Ach Helmi, du hast ja recht. Ilse erwartet eine Entscheidung von mir. Das hat schon im Urlaub angefangen. Aber du weißt schon, ich und heiraten, das ist so eine Sache.«

»Denk’ dran Wolff, wer war für dich da, als es dir nicht gut ging? Aber lass das nur einen der Gründe sein. Ilse ist eine fantastische Frau, in jeder Hinsicht! Da müsstest du Lichtjahre warten, bis wieder so eine kommt. Und wahrscheinlich kommt so eine reizende, attraktive und kluge Frau gar nicht mehr.«

»Komm, schenk’ mir noch einen Schnitt ein. Heute werde ich nichts mehr entscheiden!«

Helmi lacht. »Typisch, lass dir’s schmecken. Ich muss mal zu den Japanern da rüber, die möchten was über die Burg wissen.«

Zuhause liegt auf dem Esszimmertisch ein Prospekt mit Cocktailkleidern, den ich versuche zu übersehen.

»Hat der Herbert angerufen, Ilse?«

»Nein, aber der Chef. Du sollst morgen reinkommen.«

»Morgen? Am Sonntag? Ich sollte doch erst am Montag antreten.«

»Wolff, der war ungewöhnlich aufgeregt. In der U-Bahn vor der EU-Agrarbehörde wurde einer vor den Zug gestoßen, einer aus der Behörde, einer von weiter oben. Du weißt: wichtig!«

»Wann? Tot?«

»Gestern Nachmittag. Ist grad noch gut gegangen. Er wurde nur leicht verletzt. Den Angreifer hat er nicht gesehen. Du sollst das sofort übernehmen.«

»Hat das nicht Zeit bis Montag?«

»Wolff, ich sagte wichtig! Und die Politik scheint auch schon ihre Nase mit drin zu haben. Sag dem Chef, ich komme am Montag dazu. Morgen kann ich nicht, ich muss mich um meine Mutter kümmern. Herbert kommt morgen auch.«

*

Die Miene von Dr. Ruschka, unserem Chef, ist sehr ernst. »Meine Herren, der Mann ist zwar nicht tot und wahrscheinlich war es auch ein Unfall, aber wir sind von ganz oben gebeten worden uns mit allen Mitteln an die Aufklärung der Sache zu machen. Der Minister hat mich persönlich angerufen und auch noch seinen Staatssekretär, den Mohnleitner, zu mir geschickt!«

»Den Mohnleitner. Den kenn’ mer scho.«

»Den kennen wir?«

»Scho, Chef. Den kenn’ mer wergli. Sozusag’n Reitersmanns Alibi in unser’m letzten Fall!«

Ich muss damit Schluss machen. »Herbert, das gehört jetzt nicht hierher!«

»Richtig, Herr Wagner, das spielt keine Rolle, ob wir den kennen oder nicht. Die Lage ist zu ernst für solche Späße. Also, meine Herren. Das Opfer, Sie wissen schon, der Verletzte, ist ein Professor Dr. Habermüller, Referent und Leiter der Abteilung für Agrarsubventionen Bayern. Der bearbeitet dort nicht selten Zuschussanträge in Millionenhöhe. Die Zuschüsse gehen an große Agrarbetriebe, aber auch an Industrieunternehmen, von denen man meinen könnte, dass die gar nichts mit Landwirtschaft zu tun haben. Und Ihnen ist klar, wo großes Geld fließt, will die Politik immer alles wissen und immer dabei sein. Dieser Dr. Habermüller fährt also grundsätzlich mit der U-Bahn zur …«

»E-U-Agra-Behö!«

Der Herbert kann heute seinen Mund wieder nicht halten.

»Richtig, Herr Wagner. Zur EU-Agrarbehörde in Nürnberg, U-Bahn-Haltestelle Gercherplatz. Gestern Nachmittag wollte er wie immer um 18.30 Uhr nach Hause fahren und wartete am Gleis auf die schon einfahrende Bahn, als er von hinten einen heftigen Stoß bekam. Er stürzte aber Gott sei Dank nicht in das Gleisbett. Weil der Waggon schon eingefahren war, prallte er gegen das Führerhaus, wurde zurückgeschleudert und fiel auf den Bahnsteig. Wie durch ein Wunder verletzte er sich nur an der Schulter. Soll ziemlich sportlich und durchtrainiert sein, der Mann. Vielleicht wäre sonst mehr passiert.«

»Und gesehen hat’s natürlich keiner?«, will ich wissen.

»Nein. Da war nur eine Gruppe Jugendlicher aus der Oberpfalz, die dort recht rumgealbert haben und mit sich selbst beschäftigt waren. Die haben dem Professor dann auf die Beine geholfen, aber vorher nichts bemerkt.«

»Also kann es auch reiner Zufall gewesen sein, ein Verrückter, ein Betrunkener, ein völlig Durchgebrannter, so was kennen wir ja zur Genüge.«

»Sicher, Herr Schmitt. Das ist in diesem Fall die wahrscheinlichste Version. Aber die Reaktion aus München macht mich etwas nachdenklich. Wie soll ich das ausdrücken, zu schnell, zu massiv, zu nervös, ja eigentlich mehr nervös als schnell und massiv. Der Mann muss richtig wichtig sein in dieser Behörde.«

»Vielleicht hot der an nix ausbezahlt, der wos a Geld hobn wollt!«

Herbert ist in seinem Element!

»Meine Herren, so daneben muss der Herr Wagner nicht liegen. Ich habe mich auf die Schnelle und nur sehr oberflächlich über solche Vergaben schlau gemacht. Es geht um verdammt viel Steuergeld aus Brüssel. Ein Antrag abgelehnt, ein Konkurrent bevorzugt, und schon hat man ganz nette Feinde. Leute, es geht im Jahr um fast sechs Milliarden Euro, die einen Abnehmer suchen.«

»Ich verstehe. Und nicht alles geht immer mit rechten Dingen zu, wie so oft halt bei öffentlichen Mitteln. Ein Bekannter von mir hat einen Nachbarn, der ist Frührentner und hält so aus Spaß an der Freude ein paar Schafe. Der kassiert im Jahr 4000 Euro, nur damit er seinem Hobby nachgehen kann.«

»Ich glaube nicht, Herr Schmitt, dass sich der Professor mit solchen Summen groß befasst. Die liest er und gibt sie an einen anderen Beamten weiter. Unter sechsstellig macht der das nicht. Eher noch siebenstellig.«

»Woher …?«

»Ich habe da so meine Quellen, Herr Schmitt. Sie und Frau Merkel haben morgen einen Termin bei Dr. Habermüller in der Behörde. Die müssen dort, außer dem Professor natürlich, nicht wissen, dass Sie von der Polizei sind. Also bitte unauffällig vorgehen! In der Behörde ist der Vorfall noch nicht als solcher bekannt. Offiziell hatte Dr. Habermüller einen Radunfall. Derzeit sind nur wir hier, Frau Merkel und natürlich das Ministerium eingeweiht. Also äußerste Diskretion, bitte!«

»Selbstverständlich. Vor allem Ilse hat da ja Erfahrung.«

»Und Herr Wagner, ich weiß, dass ihre Freunde von der Presse noch etwas gut haben bei Ihnen. Aber ein Satz in der Zeitung und das war’s dann mit Ihrer Pension!«

»Iss scho recht, Herr Dr. Ruschka. So bleed bin ich etz a widder net. Des war etz überflüssig.«

Wo er recht hat, der Herbert, da hat er recht.

»Geh Herbert, du verstehst dein Handwerk schon und unser Chef weiß das auch zu schätzen, stimmt’s, Herr Dr. Ruschka?«

»Ja. Und jetzt ist Feierabend, Leute.«

Ich hatte Ilse noch ein ganz feines Abendessen versprochen vor meinem Dienstantritt. Sie kam heute aber so entnervt von ihrer Mutter zurück, dass ich den Tisch im Restaurant stornieren musste. Ilse war einfach nicht in der passenden Stimmung für ein Gourmetmenü. Stattdessen konnte ich sie überreden, zum Kuchlbauer am Tiergärtnertor zu gehen um Nürnberger Bratwürste zu essen. Das ließ sich auch gut mit einem Spaziergang durch die Nürnberger Altstadt verbinden. Das Lokal ist neben seiner regionalen Küche bekannt für sein Hefeweizen, Kuchlbauers Weiße, ein herber Genuss. Das Gebräu hebt sich lobenswert von vielen anderen fränkischen Bieren ab, die eher etwas süßlicher gebraut sind. Geschmackssache.

Acht Nürnberger mit Sauerkraut und frischem Schwarzbrot werden uns serviert. Der Chef persönlich begrüßt uns freudig. Wir hatten uns dieses Jahr am Nürnberger Bierfest an seinem Weißbierstand kennengelernt und über die Braukunst unterhalten. Das Nürnberger Bierfest ist alljährlich eine der attraktivsten Veranstaltungen in der Stadt. Im Mai oder Juni, je nachdem, wie Pfingsten fällt, versammeln sich im Burggraben an die 40 fränkische Brauereien mit ihren kleinen Schenken und werben um den Durst der Besucher. Es fehlen auch nicht duftende Essensstände, die die Mägen der Gäste mit fränkischen Spezialitäten versorgen. Jeden Abend, von Mittwoch bis Sonntag, gibt es Livemusik auf vier Bühnen.

»Meine Mutter wird langsam seltsam«, beginnt Ilse von der Fahrt zu ihrer Mutter zu berichten, »sie möchte nicht mehr alleine wohnen, aber auch nicht mit anderen zusammenziehen. Ich habe den Eindruck, dass sie mir gerne hier in Nürnberg auf die Nerven gehen möchte. Ich habe ihr aber unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass das nicht in Frage kommt!«

»Deine Mutter ist nicht unvermögend, sie könnte sich viel Abwechslung leisten. Reisen, Theaterbesuche, das ganze Programm halt.«

»Vergiss das ganz schnell. So etwas kostet Geld und das trägt man lieber auf die Bank als sich ein Vergnügen zu gönnen. Kennst sie ja. Aber lass uns über etwas anderes reden. Was steht morgen an?«

»Supergeheime Geheimveranstaltung!«

Ich berichte Ilse vom Stand der Dinge.

»Dieser Professor Dr. Sowieso scheint eine enorm wichtige Person zu sein.«

»Das dürfte richtig sein. Sein Wohlergehen wird sogar aus dem Ministerium beobachtet. Aber kein Wunder, der sitzt am Geldhahn, der mit der Leitung aus Brüssel verbunden ist. Er entscheidet über die Agrarsubventionen.«

»Muss er sich da nicht streng an die gesetzlichen Vorschriften und Vergaberichtlinien halten?«

»Sollte man denken. Ich kenne mich mit diesen Sachen nicht so gut aus. Ich befürchte aber, es ist wie üblich in Deutschland. Man bringt es hier nur zu etwas, also im konkreten Fall zu einem dicken Geldbeutel, wenn man es gut versteht, die Vorschriften zu umgehen, Gesetzeslücken zu finden und Dinge so auszulegen, wie man es gerade braucht. Und Helfer sind natürlich auch gefragt, bei diesem Geschäft. Solche, die letztlich die Anweisungen geben. Du verstehst, was ich meine. Weißt du, warum der deutsche Beamtenapparat so gut verdient und bis ins hohe Alter bestens versorgt wird? Das ist reine Bestechung fürs Regelnbrechen!«

»Wolff!«

»Ist doch so, Ilse. Oder wurdest du noch nie bei Ermittlungen von oben zurückgepfiffen? Also nicht hier bei der Mordkommission, sondern früher, bei den Wirtschaftssachen?«

»Du meinst den Rühl-Fall. Das war eine Sauerei. Wir hatten den wegen seiner illegalen Exporte praktisch kurz vor der Verhaftung, als der Anruf kam. Am nächsten Morgen sollte die Hausdurchsuchung sein. Und dann waren unsere Akten auch noch verschwunden. Angeblich hatte die das LKA angefordert, aber dort wusste keiner was davon, ich habe da jemand sitzen, den ich von der Ausbildung her kenne. Du magst ja recht haben, Wolff.«

»Also wir fahren morgen zu dieser Behörde, melden uns ohne Dienstgrad an und plaudern mit dem Mann. Ich weiß zwar nicht, was dabei rauskommen soll, weil er ja offenbar niemanden gesehen hat, aber wenn es die Politik beruhigt! Zum Wohl.«

»Der schöne Minister. Was hat der eigentlich mit Agrarsubventionen zu schaffen?«

»Frag ihn einfach, wenn du ihn schon so gut kennst. Der schöne Minister, ich lach mich kaputt! Wirt, noch ein Weißbier und einen Pinot Noir!«

*

Die EU-Behörde für Agrarsubventionen ist ein riesiger grau-brauner Klotz. Ein sechsstöckiges Zentralgebäude mit großem, säulengestützten Eingangsportal ist eingerahmt von zwei fünfstöckigen Quadern. Unzählige weiß gerahmte Fenster sind in jedem Stockwerk in genau gleichem Abstand eingebaut, ebenso weiße Fensterkreuze teilen die Scheiben. Alles ist genau symmetrisch angeordnet. Der Anblick ist nicht gerade einladend und erinnert an dunklere Zeiten. Der Bau ist eine eher bedrohliche Erscheinung.

Fast 2000 Menschen arbeiten hier. Überwiegend Beamte im gehobenen und höheren Dienst, nur wenige Angestellte. Verwaltung ist Vertrauenssache und man braucht dazu eine Menge dieser kleinen, gehorsamen Helferlein, die ohne viel zu fragen ihren Dienst tun und dafür reich belohnt werden. Wie im Märchen. Gute Besoldung, beste Sozialleistungen und üppige Renten. Und natürlich unkündbar. Dafür dürfen die aber auch nicht streiken, was sie eh nicht möchten, weil das eher anstrengend ist und sich hier noch niemand zu Grunde gerichtet hat bei der Arbeit. Und spätestens um 15.45 Uhr fliegt der Stift aus der Hand oder was auch immer. Wahrscheinlich täten’s auch 1200 Mitarbeiter, aber das ist sicher reine Spekulation!

Ich musste mich heute extra in meinen feinen dunklen Anzug zwängen, Ilse trägt ein dunkelblaues Kostüm mit einem Rock bis kurz unter die Knie. Nein, nicht so wie in Zürich, aber schon schick. Wir müssen durch die Metalldetektoren am Eingang, weil wir unsere Ausweise nicht vorzeigen sollen. Waffen haben wir natürlich auch nicht dabei.

»Herr Schmitt und Frau …«

»Ja, wir sind bei Professor Dr. Habermüller angemeldet.«

»Dürfen wir Sie über die Treppe dort in den vierten Stock bitten, der Aufzug ist leider gerade außer Betrieb. Dann bitte dem Schild ›Ost Bau‹ folgen, Zimmer 411, Sie werden erwartet.«

Die Flure sind genauso grau, langweilig und düster wie der ganze Bau. Tür neben Tür in jeweils gleichem Abstand.

»Das ist wie im Bienenstock hier, Ilse. Hinter jeder Tür sitzen fleißige kleine Arbeiterchen und hinten kommt der Honig raus!«

Ilse lacht. Nach etwa sechzig Metern in diesem dunklen Gang stehen wir vor Zimmer 411. Auf dem Schild rechts neben der Tür steht »Vorzimmer Prof. Dr. Habermüller, Abteilungsleiter Sonderfragen«. Interessant und schön ausgedrückt.

Es begrüßt uns ein großer, schlanker Mann, etwa Mitte vierzig. Der durchtrainierte Körper lässt sich selbst unter dem grauen Anzug nicht verbergen. Der Professor ist, wie man sagt, gut aussehend und wirkt durchaus sympathisch. Sein Händedruck ist fest und verbindlich. Er bietet uns freundlich zwei Stühle an seinem Besprechungstisch an.

»Ich habe uns jetzt einfach mal Espresso bestellt, ich hoffe, dass ich Ihnen damit eine Freude machen kann.«

Diese offene Freundlichkeit überrascht. Ich lasse Ilse den Vortritt, um mit den Fragen zu beginnen.

»Herr Professor Dr. Haber …«

Er unterbricht Ilse sofort. »Ich heiße Hans Habermüller und dabei belassen wir das ab jetzt. Meine akademischen Grade haben zwar viel Arbeit und Einsatz gekostet, aber dafür sind sie echt«, er lacht, »aber es reicht voll und ganz, wenn die da draußen auf dem Schild stehen. Nur der Minister legt Wert darauf, aber nur, weil ich ihn dann auch mit Herr Dr. anreden muss. Übrigens ein Dr. h.c. Das ist ein eingebildeter Mann, der seine Überzeugungen mit der Windrichtung ändert.«

Wir sehen uns völlig verblüfft an.

»Also gut, Herr Hans Habermüller. Sie sind sehr offen und wir behandeln das diskret«, fährt Ilse fort.

»Ach wo, Frau Merkel, übrigens ein schönes Kostüm, das Sie da tragen, meine Einstellung zur Politik ist hier kein Geheimnis. Schau’n Sie, mit meiner Qualifikation in Agrarwissenschaften und Betriebswirtschaftslehre kann ich schon morgen einen hoch dotierten Posten in der Wirtschaft übernehmen, und das EU-weit. Brüssel hat auch schon angeklopft«, er macht eine Pause, »außer, es bringt mich vorher jemand um!«

Sein Gesichtsausdruck wird schlagartig ernst.

»Genau aus dem Grund sind wir leider hier bei Ihnen«, ich übernehme jetzt die Fragestellungen, »können Sie uns überhaupt konkrete Angaben zu dem Vorfall machen und wie geht es Ihnen jetzt?«

»Tja, ich kann Ihnen über meine Schmerzen mehr sagen, als über den Angriff. Wie Ihnen ja schon bekannt ist, fahre ich jeden Tag mit der U-Bahn zum Büro und wieder nach Hause. Etwas später übrigens, als die meisten Beschäftigten hier. Am Bahnsteig hänge ich gerne etwas meinen Gedanken nach und interessiere mich nicht so für meine direkte Umgebung, ist sowieso jeden Tag das Gleiche. Plötzlich kam der Stoß von hinten, mit beiden Händen gegen meine Schultern, nein warten Sie, etwas unterhalb der Schulterblätter. Aber sein Timing war schlecht, ich stürzte nicht vor, sondern gegen den Zug.«

»Wieso er?« Ilse sieht Habermüller verwundert an.

»Es war keine Frau, ganz sicher nicht!«

»Können Sie uns das näher erklären, Sie haben doch niemanden gesehen?«

»Selbstverständlich. Ich habe früher einige Kontaktsportarten betrieben. Die ganze asiatische Kampfsportpalette, auch die ausgefallenen Sachen. Ein Mann nähert sich dem Körper eher langsam, um dann unmittelbar nach der Berührung seine Kraft oder Technik zu entfalten. Frauen machen diese Pause – Bruchteile von Sekunden – eher weniger, also praktisch nicht. Zuerst kam der Kontakt, dann der Druck. Der war dann allerdings heftig. Man könnte es auch so ausdrücken: Ein Mann schiebt, eine Frau schubst – oder so ähnlich.«

»Sind Sie da ganz sicher?«

»95 Prozent!«

»Wie genau wurden Sie verletzt?«

»Schulterprellung links, der Zug kam von der linken Seite, dann wurde ich zurückgeschleudert und fiel auf das Steißbein. Das verursachte eine ISG-Blockierung rechts. Beim Abstützen des Sturzes habe ich mir noch das linke Handgelenk verstaucht. Ich hatte also großes Glück. Wäre ich allerdings darauf vorbereitet gewesen, hätte ich wahrscheinlich alles abfangen können!«

»Kampfsport?«

»Sie sagen es, Herr Schmitt.«

»Also gut. Ihre Fahrgewohnheiten sind bekannt und leicht zu recherchieren. Der Täter musste nur den richtigen Zeitpunkt abwarten. Aber wer hat ein Interesse daran, Sie umzubringen?«

Auf meine Frage hin runzelt Hans Habermüller seine Stirn, blickt auf seine leere Espressotasse, dann wieder zu mir.

»Ganz ehrlich, Herr Schmitt. Mindestens zwanzig bis dreißig. Nein, nicht Personen. Interessen, Herr Schmitt. Interessen, hinter denen immer Personen stehen.«

Ilse macht große Augen und schaut mich an.

»Von welchem Zeitraum sprechen Sie?«

»Nur von diesem Jahr, Frau Merkel, nur von diesem Jahr!«

»So viele hätte ich nicht erwartet. Ich habe mich auf unser Gespräch ein wenig vorbereitet und nachgesehen, was Ihre Tätigkeit so umfasst. Entweder es freut sich jemand über ihre Entscheidung oder er ist stinksauer. Und wenn sich einer freut, dann ist der andere sauer.«

»Ganz so kann man das nicht sehen. Es freuen sich in der Regel viele. Aber der Konkurrenzdruck ist groß, da haben Sie in gewisser Weise recht. Für negative Reaktionen reicht es oft schon, wenn ein Konkurrent ein bisschen weniger bekommt als der andere. In manchen Kreisen zählt nur viel haben und noch mehr dazu bekommen. Dabei denke ich nicht an die Landwirte hier im Knoblauchsland, wo der eine einen Tausender mehr bekommt als der andere. Die kriegen so was auf die Reihe, wenn sie überhaupt darüber sprechen. Da gibt es aber Kandidaten aus der Industrie und da hört dann der Spaß auf. Da zählt praktisch jeder Euro. Und wir sprechen hier von sechs- bis siebenstelligen Zuschussanträgen. Oft sind auch achtstellige dabei. Wenn da ein paar Tausender weniger kommen als erwartet, dann laufen hier die Leitungen heiß!«

»Zum Beispiel?«

»Die Frage habe ich erwartet. Ich darf Ihnen darüber keinerlei Auskunft geben, bitte haben Sie dafür Verständnis. Sie haben ja mitbekommen, welche Herrschaften aus München über mein ›Wohlergehen‹ wachen, und die mischen nur ganz oben mit! Sehen Sie, in meiner kleinen Abteilung sind eigentlich nur drei Personen eingeweiht, zwei Sachbearbeiter nebenan und ich. Die letzte Entscheidungsbefugnis liegt natürlich bei mir. Nicht einmal unsere Vorzimmersekretärin kennt die Empfänger der Gelder aus Brüssel. Sie bereitet die Bewilligungsbescheide zwar vor, aber die Namen der Empfänger setze ich dann ein und die Bankanweisungen erfolgen auch direkt aus unserer Abteilung.«

»Und die Münchner Überwacher?«

»Ach hören Sie mir damit auf.«

Ilse bohrt nach. »Aber ist es nicht so. Wenn die Voraussetzungen für eine Bewilligung vorliegen oder auch nicht, können Sie doch gar nicht anders entscheiden?«

»Das ist so schon richtig. Ist der Antrag vollständig und liegen alle Nachweise in der vorgeschriebenen Form auf dem Tisch, dann muss ich bewilligen. Fehlt etwas, dann muss ich natürlich ablehnen. Und wir prüfen streng und machen Schlüssigkeitsprüfungen.«

»Wo liegt dann das Problem?«

»Frau …, Herr Schmitt, ich muss mich jetzt leider von Ihnen verabschieden, eine Besprechung wartet.«

Der Professor erhebt sich von seinem Stuhl und reicht uns die Hand. Wir sehen uns erstaunt an, weil er die Unterredung so hart abgebrochen hat, aber eigentlich ist alles besprochen.

»Ach übrigens«, er dreht sich noch mal zu uns um, bevor er die Tür zum Vorzimmer öffnet, »wenn Sie einen Verdächtigen laufen lassen, haben Sie ihm dann so einfach alle seine Angaben geglaubt oder haben Sie auch alles gründlich überprüft, beziehungsweise waren Sie in der Lage es zu überprüfen?«

»Selbstverständlich haben wir dann alles genau überprüft«, gebe ich das Wort fast ein wenig entrüstet zurück, »sonst würden wir Profis doch schlechte Arbeit machen!«

»Na, dann bin ich ja beruhigt. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.«

»Was war jetzt das zum Schluss?« Ilse sieht mich fragend an, als wir den dunklen Flur zurückgehen.

»Ich weiß auch nicht so genau, was er damit sagen wollte. Wir haben unseren Auftrag jedenfalls erfüllt. Es war ja nicht zu erwarten, dass wir eine Liste mit abgelehnten Anträgen ausgehändigt bekommen. Ich würde den Vorfall mal unter dem Aspekt ›Verrückter stößt Mann vor die U-Bahn‹ einordnen.«

»Wolff, mach es dir nicht zu leicht. Die genaue Schilderung des Angriffs spricht gegen einen Verrückten. Gegen den Professor hat jemand was. Und der Grund ist das viele Geld, das in seiner Hand liegt. Besser gesagt, das Geld, das irgendjemand nicht bekommen hat. Ich werde mich gleich anschließend einmal gründlich mit diesen Agrarsubventionen befassen. Mal sehen, was die Presse im Netz so zu berichten hat!«

*

»Das war alles?«, Dr. Ruschka macht ein enttäuscht vorwurfsvolles Gesicht.

»So geheim wir unsere Identität hielten, so geheim waren die Informationen, auf die wir gehofft hatten. Herr Dr. Habermüller darf eigentlich gar nichts zu seiner Arbeit sagen. Er deutete zwar an, dass er sich mit seiner Arbeit nicht nur Freunde macht, aber das war dann auch schon alles. Da weiß nicht einmal die Vorzimmerdame Genaueres. Ich habe mich noch mal etwas eingelesen. Die Daten mussten bis zum Jahr 2009 veröffentlicht werden. Über die Webseite des Bayerischen Agrarministeriums konnte jeder genau nachlesen, wer wie viel an Subventionen erhalten hatte. Der Grund war, dass eine Organisation auf Veröffentlichung der Daten erfolgreich geklagt hatte. Aber die Empfänger der Gelder und die Politik haben in der Folgezeit alle juristischen und gesetzlichen Hebel in Bewegung gesetzt, dass diese Veröffentlichungspflicht der Daten wieder wegfiel. Da frag einer, warum. Da wird sicherlich gemauschelt und getrickst und kein Empfänger und schon gar nicht die da oben wollen, dass der deutsche Michel den Geldfluss nachverfolgen kann! Mittlerweile werden wieder Daten von juristischen Personen veröffentlicht. Aber die Suche auf der Seite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ist sehr eingeschränkt. Man kann keine Liste der Empfänger einsehen, sondern nur gezielt suchen. Und Einzelfirmen findet man nicht und schon gar nicht die Antragsteller, die nicht berücksichtigt werden konnten.«

Auch Ilse will jetzt Genaueres wissen und bemüht die Suchmaschinen. »Agrarsubventionen Betrug«.

Da tauchen doch schon eine ganze Menge Inhalte auf. Gleich der erste Klick offenbart eine interessante Methode. Einige findige Männer, sagen wir in einem eher östlich gelegenen Mitgliedsland der EU, haben jahrelang für eine Rinderzucht mit fast 2000 Tieren Subventionen erhalten. In Millionenhöhe. Tatsächlich gab es kein einziges dieser Rinder, alles fiktiv. Angemeldet waren so acht bis neun Bauernhöfe. Waren Kontrollen angekündigt, hatte man sich kurzerhand eine entsprechende Anzahl von Tieren für diesen Hof ausgeliehen. Bis die Behörde umfassende Kontrollen anordnete. Die Schwindler waren so dreist, dass sie sogar gegen dieses Kontrollrecht der Verwaltung klagten. Dann flog der Schwindel auf. Geld und Betrüger waren zu diesem Zeitpunkt schon über alle Berge.

Und das. In einem eher südlich gelegenen Mitgliedsland. Da wurde Milch von Zigtausenden von registrierten Kühen verkauft und subventioniert. Nur dass die Kühe entweder schon zu alt zum Melken oder bereits tot waren. Eine kleine Datenmanipulation und schon flossen die Millionen aus Brüssel.

Ah, da. Mal was ohne Rindviecher. Die Ausfuhr von Zucker in bestimmte Drittländer wird mit Vergünstigungen subventioniert. Und so fährt man mit seinem Zucker-LKW nicht 1000 Kilometer in das Land, wo das süße Zeug dann verkauft wird, sondern man nimmt einen Umweg von 3000 Kilometern in Kauf und fährt zunächst in ein Staatsgebiet, in das die Ausfuhr subventioniert wird. Schon steht auf den Frachtpapieren das gewünschte Land. Wo der Zucker danach hingekarrt wird, interessiert keinen Menschen mehr und verkauft ist er obendrein. Macht man das so 200 Mal, gibt es auf dem Konto ein süßes Plus von 1,4 Millionen.

Ah, hier, so geht es also auch. Da gibt es einen sehr bekannten Limonadenhersteller, der weltweit agiert und natürlich auch in Deutschland seine Niederlassungen hat. In Limonade ist Zucker, das dürfte hinreichend bekannt sein. Wird diese Limonade nun an ausländische Militärbasen hier in Deutschland geliefert, gilt das nach den Richtlinien als Export von Zucker! Und der wird bekanntlich subventioniert! Mit rund 200.000 Euro. Zur Stellungnahme gedrängt, erklärte der Konzern, die Subventionen seien als Rabatt an die Verbraucher weitergegeben worden. Und wer prüft’s nach? Und warum soll der EU-Bürger Limotrinken in der Kaserne billiger machen? Einen Haken hat die Sache aber noch. Wenn die Limo billiger ist, dann trinken die Soldaten mehr. Und dann ist es doch ein Geschäft für den Konzern!

»Wolff, wir können froh sein, dass dieser Haberdingsda noch lebt. Würde man einen Verdächtigen in den Kreisen der abgelehnten Antragsteller suchen, also weil der Professor vielleicht irgendetwas gerochen hat, da kämen viele in Frage. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass da nur beschissen wird!«

»Und so wie die Industrie da mit drin hängt, müssten wir bei jedem Verdacht erst oben nachfragen, ob wir ermitteln dürfen. Du weißt schon, Ermittlungen gegen Persönlichkeiten der Gesellschaft. Ein beliebtes Spiel bei uns Polizisten.«

Wir schreiben unseren Bericht und besprechen die Sache ausführlich mit unserem Chef, Dr. Ruschka. Weder ein konkreter Tatverdächtiger noch ein irgendwie geartetes Motiv konnten ermittelt werden. »Derzeit geht die Mordkommission davon aus, dass es sich nicht um ein Tötungsdelikt, sondern um die Unachtsamkeit eines anderen Fahrgastes oder zufälligen Passanten handelte, der in Eile war und das Anrempeln der Zielperson nicht bemerkte«.

Dr. Ruschka runzelt die Stirn. »Das ist euer Ernst? Mit dieser Nummer wollt ihr den Fall zu den Akten legen?«

»Geben Sie uns umfassende Einsicht in die Vergabeunterlagen, dann legen wir los!«

Nach langer Diskussion einigen wir uns schließlich doch auf unseren Abschlussbericht.

Dr. Ruschka muss danach nach München zum Appell. Der Minister ist überraschender Weise sehr zufrieden mit unserer Arbeit.

*

»Wolff, Schatz, wir wollten heute Abend essen gehen, was schlägst du vor?«

Ah, dieses Wort. Ich bin kein Schatz. Ich muss einen Weg finden, um Ilse davon abzubringen, dieses Wort zu verwenden.

Wir landen im Bratwurst Röslein. Auf dem Weg über den Hauptmarkt muss ich wieder an die Lochgefängnisse und den Koch in der Harrer-Klinik denken. Hoffentlich sitzt der da schon bei Bratwurst und Käse. Lebenslänglich!

*

Im Herbst kamen nicht viele neue Fälle herein. Meistens Schlägereien, bei denen ein versuchtes Tötungsdelikt im Raum stand. Es wird immer brutaler zur Sache gegangen, egal ob das Opfer ein kräftiger Mann oder ein junges Mädchen ist. Es wird rücksichtslos geprügelt, mit aller Gewalt, blindwütig. Es gibt kein Halten mehr, vor allem, wenn das Opfer schon am Boden liegt. Und wenn mehrere Täter gleichzeitig am Werk sind. Dann kommen die harten Tritte gegen den Kopf. Oft tragen die Opfer bleibende Schäden davon, mit denen sie leben müssen. Manch einer erholt sich davon nie, gesundheitlich und wirtschaftlich nicht. Gerade wurde in Berlin eine junge Frau einfach totgeschlagen, weil sie einen Streit schlichten wollte.

Und die Täter? Der Tötungsvorsatz kann ihnen selten nachgewiesen werden und sie können mit milden Strafen rechnen. Der gesetzliche Strafrahmen wird selten ausgeschöpft. Die Politik schreit in solchen Fällen lautstark nach härteren Gesetzen. Aber das ist der pure Populismus. Es ist überhaupt in der Politik zur Gewohnheit geworden, auf Ereignisse, die das Wohl des Volkes gefährden, drastische Maßnahmen anzukündigen. Egal, ob es brutale Übergriffe oder Lebensmittelskandale sind. Man stellt sich vor das Mikrofon der willigen Presse und verkündet sofortige Schritte. Sobald das Mikrofon und die Kameras dann abgeschaltet sind, geht man zur Tagesordnung über oder besser ausgedrückt, zum ständigen Bemühen um die Wiederwahl. Nur das scheint zu zählen.

Zuckerrübenmord

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