Читать книгу Die Weltenbummler in Indien - Gerhard Moser - Страница 6
ОглавлениеJanuar 2020
13.-14.01.20, Montag und Dienstag – Abreise
Vier Uhr aufstehen, überhaupt nicht unsere Zeit. Koffer und Gepäck waren fertig, da wir schon am Abend zuvor alles nochmals überprüft, und die letzten Sachen gepackt hatten. Vermutlich war es das Reisefieber, welches uns in der letzten Nacht zu Hause kaum zwei Stunden schlafen ließ. Als dann der Wecker läutete, hätten wir gut und gerne noch länger schlafen können.
„Wollen wir überhaupt fliegen?“, blinzelte ich verschlafen beim Aufstehen. Es ging alles zügig voran. Wir erreichten pünktlich die U-Bahn, die uns in zwei Minuten zum Hauptbahnhof brachte. Sogar der ICE kam pünktlich und war kaum belegt. Erst in Montabaur und Limburg wurde es durch die Berufspendler recht voll. Am Flughafen in Frankfurt standen wir dann minutenlang und konnten nicht aussteigen. „Wegen eines technischen Defektes lassen sich die Türen leider noch nicht öffnen. Ich melde mich, sobald es weitere Informationen gibt“, tönte die Stimme des Zugbeleiters durch die Waggons. Na toll, irgendetwas ging aber auch immer schief. Wir hatten in all den vielen Jahren kaum einen Urlaub begonnen, der nicht mit einem Defekt, einer Verspätung oder sogar einem Zugausfall begann. Warum sollte es dieses Jahr anders sein? Nach wenigen Minuten fuhr der Zug wieder an. „Sehr geehrte Reisende. Sobald der Zug den endgültigen Haltepunkt erreicht hat, lassen sich auch die Türen öffnen.“ Soviel zum technischen Defekt. Anschließend stürmten alle los. Jeder wollte schnellstmöglich zu seinem Gate. Leider war der CheckIn gleich am Beginn des Terminals nicht für unsere Fluglinie geöffnet. So mussten wir den unendlichen Weg zum Terminal 1, Halle C, hinter uns bringen – und das mit drei riesigen Gepäckstücken und zwei Rucksäcken. Als wir den Schalter fanden, war es fast acht Uhr. In zwei Stunden war Abflug. Oman Air sah das allerdings recht locker und hatte für die normale Flugklasse nur zwei Schalter geöffnet. Als wir an die Reihe kamen, waren wir mehr als überrascht. Achim wollte am Tag zuvor im Internet die Sitzplätze reservieren, bekam aber nach Eingabe der ganzen Daten den Hinweis, dass eine Buchung momentan nicht möglich sei und er es später erneut versuchen solle. „Dann machen wir es morgen am Schalter…“ Und jetzt stellte sich heraus, dass seine Eingaben kostenlos gebucht waren, sogar unsere Wunschplätze standen für uns zur Verfügung. Besser konnte es nicht laufen und wir hatten endlich die drei schweren Gepäckstücke los. Jetzt konnten wir beruhigt losziehen und eine Möglichkeit fürs Frühstück suchen. In der Schlange zur Sicherheitskontrolle standen wir allerdings unendlich lange an, da nur zwei Schalter geöffnet waren und auch das Flugpersonal gleichzeitig bevorzugt geprüft wurde. Als wir endlich durch waren, gab es nur einen Verkaufskiosk, an dem wir für 5 € eine Flasche Wasser kauften und die mitgebrachten Kekse verzehrten. Frühstück hatten wir uns allerdings etwas anders vorgestellt. Geplant war ein ausgiebiges Frühstück mit allem Drum und Dran. Nach einer kurzen Wartezeit ging auch schon das Boarding los. Ein Gedränge und Geschiebe setzte ein. Wie gewünscht, hatten wir für diesen Flug zwei Plätze direkt links und rechts des Ganges. So brauchten wir niemanden zu stören, wenn wir mal zum WC mussten. Neben mich kam, recht spät ein junger Mann. Vom ersten Moment an verströmte er eine Duftwolke, die man kaum aushalten konnte. Bestimmt hatte er sich in den letzten Tagen nicht der Mühe einer Dusche unterzogen und dann die dreckigsten Klamotten angezogen, die er in seinem Sammelsurium gefunden hatte. Der Geruch nach unangenehmer Schweißbildung hing in der Luft und war kaum zu ignorieren. Gut, dass ich als Pflegekraft ganz andere Gerüche gewohnt war. Achim machte dann allerdings die Flugbegleiterin auf die Misere aufmerksam, da er sich, selbst auf dem Platz gegenüber dem Gang stark belästigt fühlte. Kurz nach dem Erreichen der Flughöhe kam die Flugbegleiterin, stupste mich im Vorbeigehen leicht an die Schulter und gab mir dezent ein Zeichen, ihr zu folgen. Am Übergang zur nächsten Klasse, in der Reihe mit extrem guter Beinfreiheit, wies sie mir einen der drei freien Plätze zu. Wenige Minuten später folgte auch Achim ihrer Aufforderung und setzte sich strahlend neben mich. Die Toiletten, die sich gleich im Durchgang vor uns befanden und die ganze Zeit recht lebhaft frequentiert wurden, waren da das entschieden kleinere Übel. Der Mitreisende, der sich im übernächsten Sitz breit gemacht hatte war zwar ein kleines Schwein, da er seine Abfälle einfach auf den Sitz zwischen sich und Achim oder auf den Boden warf, war aber sonst gut zu ertragen. So brachten wir die sechs Stunden bis Maskat mit Essen, Lesen und kurzen Schlafperioden um. Den riesigen Flughafen von Maskat liefen wir dann Kreuz und quer ab, setzten uns zeitweise Mal in bequeme Sessel, tranken Wasser und versuchten, unseren Kreislauf in Schwung zu bekommen. Die vergangene kurze Nacht, die drei Stunden Zeitverschiebung und die Anstrengungen der letzten Zeit, machten uns ganz schön zu schaffen. Wir dachten, im Flughafen würde etwas von der dreitägigen Staatstrauer wegen des verstorbenen Sultans zu bemerken sein, fanden aber überhaupt keinen Hinweis darauf. Warum auch, der Cousin des alten Herrschers war schließlich bereits vereidigt.
Endlich ging es weiter in Richtung Goa.
Die zwei jungen Frauen, die auf diesem Flug neben mir saßen, machten es unmöglich, für einen Moment die Augen zu schließen. Sie schnatterten und quasselten ununterbrochen. Selbst während der Mahlzeit, – wie auf dem ersten Flugabschnitt, gab es für mich wieder Hühnchen mit Gemüse und Kartoffeln – war eine von beiden immer am Reden. Kein Wunder, hatten sich deren Ehemänner zehn Reihen vornedran gesetzt. Für sie war es bestimmt eine Erholung, das Gerede nicht hören zu müssen. Bereits im Terminal waren uns die zwei Paare aufgefallen und wir waren da schon der einhelligen Meinung, dass es eine „Bestrafung“ darstellt, wenn man solche Quasselstrippen neben sich ertragen muss. Nun hatten wir den Salat. Der Flug ging schnell vorbei. Kaum war das Essen serviert und das Tablett wieder abgeräumt, ging der Flieger schon in den Landeanflug über. Da Goa erneut 1,5 Stunden Zeitverschiebung bedeutete, waren wir kurz nach drei Uhr schon in Goa. Sogar die Einreise wurde mittlerweile vereinfacht und ging recht zügig. Wer dann allerdings fehlte, war unser Taxifahrer, den Achim von zu Hause aus über das Internet gebucht hatte. Er kam mit einigen Minuten Verspätung. Zwischenzeitlich wollten uns ein Dutzend andere Taxifahrer aufgabeln und waren enttäuscht, dass wir bereits vergeben waren. Die Verspätung holte unser Fahrer aber wieder auf, indem er die gute Stunde bis zum Ziel fuhr, als wäre der Teufel hinter ihm her. Meine Mutter hätte gesagt, er fährt, wie eine „gesenkte Sau“. Mit dem Auffinden unseres gebuchten Hotels wurde es dann aber mehr als problematisch. Er fuhr kreuz und quer durch Morjim, bog in Feldwege ein, die nicht unbedingt für Autos gedacht waren und kehrte wieder um. Die Navigations-App auf seinem Handy schickte ihn hin und her, aber nicht an den richtigen Ort. Schließlich fragte er einen anderen Taxifahrer, der mitten in der Nacht am Wegesrand auf Kundschaft wartete. Diese Info führte endlich, nach über einer Stunde, zum Erfolg. Bei der Einfahrt in die Hotelzufahrt sah Achim, wie sich ein Kopf hinter dem Tresen emporhob, verschlafen um sich blickte und wieder in der Versenkung verschwand.
„Ich glaube, wir sind hier verkehrt.“ Der Taxifahrer war völlig verunsichert.
„Nein, ich habe den Kopf hinter dem Tresen rauskommen sehen. Der schläft da. Wir gehen jetzt rein.“ Achims energisches Auftreten gab dem Taxifahrer wieder Mut. Ihm reichte es langsam auch, da er schließlich baldigst zurück zum Flughafen musste.
Beide gingen an die Rezeption des Hotels. Kurze Zeit später kam Achim allerdings wieder zum Auto zurück, wo ich als Wächter unseres Gepäcks fungierte. Die Nachricht, die er mir überbrachte, war allerdings alles andere als erfreulich. „Agoda (das Portal im Internet für weltweite Hotelbuchungen) hat die Reservierung zwar weitergegeben, aber OYO (eine Gesellschaft, die sehr viele Hotels und Restaurants in Goa verwaltet) kennt nur ihre eigenen Reservierungsnummern und will nichts von unserer Reservierung wissen. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass in den nächsten Tagen in diesem Hotel etwas frei wird.“ Ich merkte ihm an, wie sauer er war. Zurück am Tresen telefonierte er mit Agoda und OYO (werden nie mehr etwas buchen, dass von OYO verwaltet wird), die ihm monoton beschieden, dass es schon mal passieren könne, dass ein Zimmer kurzfristig vom Hotel doppelt belegt, dies aber dem Kunden immer rechtzeitig mitgeteilt würde. Pustekuchen. Jetzt standen wir morgens um sechs ohne Hotelzimmer da und der Taxifahrer war bestrebt, schnellstens den Rückweg anzutreten. Ein dickes Trinkgeld „überzeugte“ ihn aber, uns doch noch verschiedene Hotels zu zeigen. Schon im ersten Hotel wurden wir fündig. Allerdings kostete uns das Zimmer fast den dreifachen Preis des eigentlich gebuchten. Die Lage war zentral, das Umfeld in Ordnung und das Restaurant im Hotel machte auch einen guten Eindruck. Der Rezeptionist bot einen Rabatt an, wenn wir neun Nächte buchen sollten. Für Übernachtung mit Frühstück verlangte er dann 60 €, statt der üblichen 70 €. Kaum waren die Koffer aus dem Auto, fuhr das Taxi zügig davon.
Der Zimmerpreis musste sofort per Kreditkarte bezahlt werden, was wir eigentlich vermeiden wollten, weil wir lieber in indischen Rupien bezahlt hätten. Darauf ließ sich der Zerberus aber nicht ein. Mussten wir eben in den sauren Apfel beißen. Nachdem wir von einem Mitarbeiter aufs Zimmer gebracht wurden und uns alles näher erklärt worden war, rückte der junge Mann lächelnd wieder ab. Im Restaurant machten wir uns zunächst hungrig über das angebotene Büfett her.
Speiseraum des Hotels
Es war alles da, was man sich wünschen konnte, allerdings fast alles in indischer (feuriger) Version. Für die 10 €, die wir für die zwei Essen bezahlen mussten, waren wir hinterher bestens bedient. Das Personal war überaus freundlich, strahlte und bemühte sich, alles zu unserer vollsten Zufriedenheit zu erledigen. Nach und nach kamen die anderen Hotelgäste ins Restaurant. Die Meisten kamen aus Russland. Und wieder bewahrheitete es sich, was wir schon lange auf unseren verschiedenen Reisen erfahren mussten: Die Welt wurde nicht besser, seit immer mehr Menschen reisen können. Egoistische Herrenmenschen, die das Personal durch die Gegend scheuchten, ohne Lächeln oder Dank nach dem Essen aufstanden und ihren Saustall auf dem Tisch einfach zurückließen. Doch auch die einheimischen Urlauber waren nicht viel besser. Sie machten immer den Eindruck, aus einer besseren Kaste zu kommen und benahmen sich dementsprechend fordernd.
Nach dem Frühstück wollten wir uns zwei Stündchen aufs Bett legen. Daraus wurden allerdings dann doch drei. Danach erkundeten wir die Umgebung, entdeckten vor der Tür den Geldwechsler, gegenüber gab es einen Obststand. An diesem Stand verkaufte eine alte Frau ihr Obst und nur wenige Meter entfernt gab es einen kleinen Supermarkt. Mehr wollten wir an diesem Tag auch nicht unternehmen, da unser Kreislauf völlig aus dem Ruder geraten war. Allerdings wollten wir uns bis zum Abend wachhalten, um künftig den Tag-Nacht-Rhythmus nicht ganz durcheinander zu bringen. Tatsächlich gelang es uns, bis halb zehn durchzuhalten. Nach einer Dusche kippten wir dann in die Betten und schliefen, mit kurzen Unterbrechungen bis zum nächsten Morgen durch.
15.01.20, Mittwoch – Morjim
Wir wurden erst gegen halb neun wach. Gemütlich machten wir uns fertig. Endlich rasieren, richtig Zähne putzen und die Sachen aus dem Koffer nehmen zu können. Jetzt begann der Urlaub. Danach gingen wir zum Frühstück. Auch heute schwirrten wieder sechs Leute vom Personal herum, füllten das Büfett nach, bereiteten die Eier ganz nach Wunsch zu und brachten die gewünschten
Unser Zimmer im Red Fox
Getränke. Wir setzten uns auf die hintere Terrasse, auf der nur zwei Tische standen. Kaum hatten wir unsere Getränke abgestellt und wollten zum Büfett gehen, kam die erste Krähe angeflogen und setzte sich auf eine der Stuhllehnen. Kannten wir schon aus den letzten Urlauben in Indien. Sollte heißen: Es muss immer einer am Tisch bleiben, sonst war der abgestellte Teller bei der Rückkehr geräubert. Auch die Katze saß schon bereit, sich ihren Anteil vom Teller zu stibitzen. Es gelang uns, alles auf den Tisch zu bekommen, was wir wollten. Und wieder zeigte sich die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft des Personals. Immer wieder kam einer von ihnen heraus und fragte, ob alles in Ordnung sei oder wir noch etwas bräuchten. Das Wetter war angenehm, wenn auch nicht zu warm. Der leichte Wind ließ uns sogar etwas frösteln. Trotzdem genossen wir jeden Moment.
Am Frühstücksbüfett gab es eine große Auswahl an Köstlichkeiten der indischen Küche
Nach dem Frühstück machten wir uns auf, das Meer zu suchen. „Immer die Straße rechts runter, dann kommt ihr automatisch ans Meer“, erklärte uns einer vom Personal. Also gingen wir los, frisch mit Sonnencreme versorgt, Sonnenbrille auf der Nase und den Hut bzw. mein ungewohntes Käppi auf dem Kopf. Links und rechts gab es immer wieder Obstgeschäfte, kleine Restaurants und Ferienanlagen. Unzählige Hunde lagen am Wegesrand, keiner nahm von uns Notiz. Kühe und Buckelrinder kamen uns gemütlich entgegengeschlendert.
Nach nur zehn Minuten kamen wir ans Wasser. Allerdings war das ein Fluss und keinesfalls das Meer. Gegenüber war Land zu sehen, Fischerboote lagen am Ufer. Wir liefen drauflos und kamen nach weiteren zehn Minuten tatsächlich an ein großes, tosendes
Gewässer. Das musste nun das Meer sein. Nur wenige Leute hatten am großen Strand verteilt ihr Domizil aufgeschlagen. Einige schwammen im Wasser, andere lasen oder dösten in der Sonne. Wir liefen immer am Rand des Meeres entlang, die Füße im kühlen Wasser. Ein echtes Urlaubsgefühl. Schon nach wenigen Metern fühlte sich das Wasser angenehm warm an. Nach zehn Minuten kamen die ersten Liegen und Lokale in Sicht. Auf 100 Meter standen die Liegen in Dreierreihen, überdacht mit geflochtenen Matten auf vier Stützpfeilern, welche die Sonnenschirme ersetzten. Naturmaterialien, ganz nach unserem Geschmack. Danach wieder Pause, bis einige Hundert Meter weiter die nächste „Gastronomie mit Liegeplätzen“ kam. Die Touristen aus Russland dominierten. Auch viele Inder waren anzutreffen. Deutsch hörten wir nirgendwo. So konnten wir eine gute Stunde am Strand gehen, die Füße mal tiefer, mal weniger tief im Wasser. Rechts zogen sich die Palmenhaine und Lokale dahin. Doch nirgendwo hatte man das Gefühl, dass der Strand von Touristen überlaufen wäre. Viele Kinder tobten im Wasser, immer von Eltern oder Großeltern beaufsichtigt. Die Rettungsschwimmer hatten in Abständen ihre Hochsitze aufgebaut, pfiffen die übermütigen Schwimmer zurück, die sich zu weit ins Meer wagten, oder dösten einfach vor sich hin. Nach gut drei Kilometern wechselte das Leben am Strand. Statt Touristen und Restaurants folgten Fischerboote und Hütten, in denen vermutlich die Einheimischen wohnten. Diese Hütten zogen sich weit ins Landesinnere. Fischer waren dabei ihre Netze zu kontrollieren und Löcher zu flicken. Allem Anschein nach war der Strand zu Ende. Große Steine, die wie flüssige, schwarze Lava aussahen, lagen am Strand und im Meer. In der Mitte stand ein einzelnes, weißes Kreuz, mit Blumen geschmückt.
Als wir dann um die Biegung des Strandes gingen, eröffnete sich der nächste Strandabschnitt. Allerdings waren wir nun schon bestimmt zwei Stunden unterwegs und drehten lieber um. Morgen war ja auch noch ein Tag. Bei der nächsten Möglichkeit bestellten wir uns an einem kleinen Verkaufsstand jeder eine Kokosnuss zu je 80 INR (knapp 1 €). Allerdings ergab die Flüssigkeit in der Nuss kaum den Inhalt eines normalen Trinkglases und die essbare Masse, nach dem Öffnen war kaum der Rede wert. Dafür wollte uns der Verkäufer direkt ins Restaurant dahinter „abschleppen“. Wir sahen uns die Lokalität an, studierten oberflächlich die Speisekarte – und gingen. Wir waren nach dem ausgiebigen Frühstück und der gestrigen „Frustfresserei“ überhaupt nicht hungrig. Ohnedies hatten wir uns vorgenommen, heute zum Mittagessen nur Obst zu genießen. So schlenderten wir gemütlich zurück, kamen schließlich wieder am Fluss an und mussten vorsichtig an verschiedenen Stellen um Steine und Bäume herumgehen, da die Flut jetzt ihren Höchststand erreicht hatte. Als wir zur Straße hochgehen wollten, lagen da zwei Hunde, die uns bellend und knurrend entgegensahen. Erst als hinter uns eine Frau mit drei streunenden Hunden kam, merkten wir, dass diese Reaktion nicht uns, sondern den Hunden galt. Wir konnten ungehindert weitergehen. Die Frau war eine typische „Hundesammlerin“. Kurz darauf bog sie links in eines der vergammelten Resorts ab. Die Hunde folgten ihr, vermutlich in der Hoffnung, etwas zu fressen zu bekommen. Eigentlich gab es auch genug arme Leute, denen man helfen konnte.
Am Weg setzten wir uns in eine kleine, saubere Hütte mit vier Tischen und genossen einen frisch gepressten Ananassaft (ca.80 Cent) und eine Flasche Wasser (39 Cent pro Liter). Achim wollte einen Bananenshake, bestellte aber irrtümlich Papaya, der ihm dann überhaupt nicht schmeckte. Getreu unserer Devise, dass alles stehenbleibt, was nicht schmeckt oder uns nicht geheuer vorkommt, ließ er das Getränk dann auch stehen. Gegenüber dem Hotel kauften wir bei der alten Frau (vermutlich sah sie älter aus, als sie tatsächlich war) 8 gelbe, zuckersüße Passionsfrüchte, ein Kilo Mandarinen und vier kleine Bananen. Insgesamt zahlten wir dafür 200 INR = 2,60 €. Das war unser Mittagessen, welches wir auf der Liege am Pool genossen. „So herrlich kann das Leben sein…“ war Achims Kommentar. Während Achim danach die Bilder am Laptop bearbeitete, machte ich eine Stunde Mittagsschlaf. Nachdem Achim zum ersten Mal den Pool in Anspruch nahm, der mir jedoch viel zu kalt war, bestellte ich mir einen alkoholfreien Cocktail. Ungläubig sah mich der Kellner an. „Alkoholfrei? Wir haben da 20 verschiedene Rum-, Wodka-, Whisky- und Gin Sorten. Warum dann ohne Alkohol?“ Er zeigte einladend auf den Tisch neben dem Pool, wo die ganzen Flaschen säuberlich aufgereiht waren. „Ich will aber keinen Alkohol, sondern eine Mischung aus Obst, Eis und das Ganze ohne Zucker“, war meine Reaktion. „Weltweit bekommt man alkoholfreie Cocktails, warum nicht hier, in einem Hotel der gehobenen Klasse?“ Diese Aufgabe sah Junian, der Kellner, als Herausforderung. Er zog sein Handy aus der Tasche und suchte bei Google nach „alkoholfreien Cocktails“. Schließlich zeigte er mir einen Mochito. „Ist dieser Drink so etwas, was du möchtest?“ Er hielt mir sein Handy entgegen. Zunächst erkannte ich vor lauter Sprüngen im Glas des Handys kaum etwas. „So, oder ähnlich“, gab ich meine Zusage. „Gut, ich werde versuchen, etwas zu kreieren.“ Er ging – und hantierte fast eine Stunde, bis er schließlich mit einem kleinen Gläschen ankam, in welchem eine grüngelbe Flüssigkeit schwappte. Obenauf schwamm eine Scheibe Limone und ein kleines Minzblatt. Sah gut aus und schmeckte nicht schlecht. Etwas weniger Limone, und das Getränk wäre perfekt gewesen. Junian strahlte übers ganze Gesicht, als er merkte, dass er eine gute Leistung vollbracht hatte. Die Rechnung schickte er dann gleich hinterher: 150 INR = 1,90 €. Dafür füllte er das Glas gleich nochmal, da er den „Rest“ nicht wegschütten wollte.
Zum Abendessen gingen wir ins „Café Tanvi“, auch eine Empfehlung von Junian und gleich 50 Meter schräg gegenüber dem Hotel. Es sollte sich herausstellen, dass es eine hervorragende Empfehlung war. Achim bekam das bisher beste „Tofu Butter Masala“, dazu bestellten wir Reis und Knoblauchbrot und ich in Knoblauch und Pfeffer gebratenen Tintenfisch. Der Fisch war allerdings zu lange in der Pfanne und dadurch zäh wie Kaugummi. Mit frischem Ananassaft und einer großen Flasche Wasser bezahlten wir dann 720 INR. Mit Trinkgeld ergab das die unvorstellbare Summe von knapp 10 €. Nach einer erfrischenden Dusche legten wir uns gegen halb zehn zur „wohlverdienten Nachtruhe“.
16.01.20, Donnerstag
Die Nacht war lebhaft. Türenschlagen, heiße Diskussionen auf dem Flur und vor dem Haus. Da unser Zimmer zum Innenhof lag, bekamen wir vom offenen Restaurant im Erdgeschoss alles mit. Die Musik lief auf Hochtouren, auch, wenn vermutlich nur noch das Personal da war. Das hatte wohl irgendeiner mal gehört, gelesen oder erlebt, dass Gäste gerne laute Musik mögen. Während des Frühstücks fiel – mal wieder – der Strom aus. Das passierte öfters und wurde immer mit einem lauten Knall angekündigt. Danach hörten wir einen vom Personal rennen – und kurze Zeit später klappte wieder alles. Wenn der Stromausfall in der Nacht passierte, schlug zunächst eine Tür, was sich dann wie ein Gongschlag anhörte. Gut, dass wir von zu Hause einiges an Außenlärm gewohnt waren. So ging uns dieser Lärm am A… vorbei.
Um halb zehn wurden wir wach. Da es bis halb elf Frühstück gab, war noch alles im grünen Bereich. Das Essen war heute wieder vielfältig, gut indisch gewürzt und lecker. Da es eine große Auswahl gab, fand man immer das Richtige. Ein Eier Omelett oder ein frisch gebackenes Dosa (ganz dünner Pfannkuchen, individuell gefüllt mit verschiedenem Gemüse, serviert auf einem großen Teller und verschiedenen Dips), täglich frisches Obst und diverse Säfte. Dazu eine Auswahl an mindestens zehn Pfannen mit vegetarisch und nicht vegetarischen Zubereitungen. Fast alles, was das Herz begehrte. Was fehlte war Wurst, Käse und deftiges Brot. Doch daran konnte man sich schnell gewöhnen.
Nach dem Frühstück machten wir uns fertig für einen ausgiebigen Strandspaziergang. Wir wollten heute den „kurzen Weg“ zum Strand finden und ließen ihn uns vom Personal erklären. „Diese Straße immer geradeaus, dann kommt ihr zum Strand. Dieser Weg ist viel kürzer und schneller“, erklärte uns Junian. Allerdings vergaß er zu erwähnen, dass der Weg viel schmutziger und vor allem heiß, da völlig windstill, war. In der Tat kamen wir nach einer viertel Stunde ans Meer. Der Weg führte uns an dem Hotel vorbei, welches wir ursprünglich gebucht hatten. Da fiel uns auf, welch ein glücklicher Zufall es war, dass die kein Zimmer für uns frei hatten. Es lag zwar näher am Meer, aber am „A… der Welt“. So hat jede Münze zwei Seiten.
Am Meer angekommen, befanden wir uns schon auf dem halben Weg zum Ende des ersten Strandes. Das passte gut, da wir heute den zweiten Strandabschnitt erkunden wollten. Am ganzen Strand waren auch heute nicht viele Gäste.
Im Sand lagen immer mal wieder angeschwemmte Algen oder tote Fische. Auch eine ca. einen Meter lange Seeschlange lag im Sand. Sie war „zum Glück“ tot. Am zweiten Strand angekommen setzten wir uns an die erste Trinkbude und bestellten zwei Kokosnüsse. Hier kosteten sie nur je 50 INR = 0,65 €. Entweder war nicht Saison, oder es waren die falschen Kokosnüsse: Auch hier war kein Fleisch im Innern. Ein kleines Mädchen, schick angezogen und sauber, kam zu uns, turnte vor uns herum und verbog die Arme hinter ihrem Rücken. Als sie merkte, dass bei uns nichts zu holen war, wandte sie sich an die Touristen, die neben uns standen. Aber auch da war nichts zu holen. So rannte sie zu ihrer Mutter, die rund 50 Meter entfernt auf sie wartete. Wir setzten unseren Spaziergang fort. Nach einem weiteren Kilometer merkte ich ein „menschliches Rühren“ im Bauch. So steuerten wir eines der nächsten Strandlokale an, setzten uns rein und bestellten Tee und Saft. Die Toilette war ein Viereck, aus Brettern zusammengenagelt und nach oben offen, erfüllte aber mit Wasserspülung und Handwaschbecken seinen Zweck. Wann kann man schon mal unter freiem Himmel sitzend auf einer richtigen Kloschüssel sein Geschäft erledigen? Das Lokal war recht voll mit Gästen aus der ganzen Welt. Alle waren damit beschäftigt, sich unter den Blicken des Personals und der anderen Gäste ihren Joint zu drehen. Aus jeder Ecke kam uns ein süßer Geruch entgegen. Einige hatten bereits einen starren Blick und ganz kleine Pupillen und lächelten „glücklich und zufrieden“ vor sich hin. An einigen Tischen machte das gedrehte Tütchen seine Runde. Achim hatte sich eine Kanne Ginger-Lemon-Gras-Tee bestellt. Nach den ersten zaghaften Schlucken überlegte er, warum wohl „Gras“ in der Bezeichnung vorkam und ob das in diesem Etablissement etwas zu bedeuten hatte. Er wartete einige Minuten, ob er vielleicht eine seltsame Wirkung verspüren würde. Als nichts geschah, trank er weiter. Auch später zeigten sich keine Nebenwirkungen. Nach einer guten Stunde machten wir uns auf den Heimweg und kamen gegen halb drei wieder im Hotel an. Dort hatten wir Appetit auf eine Suppe und ein Biryani, ein indisches Reisgericht. Danach fing ich endlich an, das Tagebuch zu schreiben. Viele Kleinigkeiten gingen einfach verloren, wenn ich damit zu lange wartete.
Da Junian heute frei hatte, kam ich nicht in den Genuss eines alkoholfreien Cocktails. Zum Abendessen gingen wir erneut ins Tanvi Café. Allerdings bestellten wir heute weniger, damit nicht wieder Reste blieben. Es schmeckte auch heute fantastisch: Blumenkohl und Gemüse Masala in deftiger Soße, dazu Limettenreis und Knoblauchbrot. Und wieder zahlten wir umgerechnet nur knapp 7 €. Zurück auf dem Zimmer fuhr ich fort, das Tagebuch zu schreiben, während Achim eines seiner mitgebrachten Bücher las. Gegen zehn überkam uns die Müdigkeit und wir machten das Licht aus.
17.01.20, Freitag
Heute waren wir schon gegen acht Uhr wach. Ein guter Zeitpunkt. So hörten wir in der Schule, die gleich neben dem Hotel lag, die Schüler zu Anfang des Unterrichts singen. Vom Fußballplatz, auf der anderen Seite des Hotels, hörten wir oft den Verlauf des Sportunterrichts oder abends die Dorfjugend bolzen, bis sie wegen der Dunkelheit nichts mehr sahen. Beleuchtung oder gar Strahler waren hier reines Wunschdenken.
So erledigten wir zunächst einige Apps. Das WLAN in diesem Hotel funktionierte gut. So konnten wir Eva zum 70. Geburtstag gratulieren. Da ich gestern Abend bereits ein rot angelaufenes Auge hatte, und mir dieses in der Nacht zeitweise auch schmerzte, entschieden wir uns, nach dem Frühstück eine Apotheke aufzusuchen. In der Nacht war es wieder sehr lebhaft. Vor allem knallte die Sicherung immer wieder durch.
Doch erst stand das Frühstück an. Alles war wieder spitze. Der Chef des Housekeepings wurde heute in Kochkleidung gesteckt und durfte die verschiedenen Eierspeisen am Gasofen zubereiten. Er strahlte übers ganze Gesicht, hatte ein nicht enden wollendes Lächeln im Gesicht und gab sich Mühe, alles richtig zu machen. Die saubere, weiße Jacke, die schwarze Schürze und die hohe, gestreifte Kochmütze standen ihm auch wirklich gut.
Als wir ins Freie kamen, verursachte mir die strahlende Sonne stechende Schmerzen im linken Auge. So ließen wir uns nach dem ausführlichen Frühstück von der Rezeptionistin den Weg zur Apotheke erklären und liefen los. Nach einer guten viertel Stunde fanden wir die „Magic Pharmacy“, nicht größer als eine Garage, aber gut sortiert. Sie legte uns direkt drei verschiedene Augentropfen hin, nachdem sie das rote Auge inspiziert hatte. Ich entschied mich für eine Sorte mit leichtem Antibiotikum. Dieses Fläschchen kostete umgerechnet die unglaubliche Summe von 20 Cent. Auf dem Rückweg besichtigten wir verschiedene Kirchen und Kapellen, allerdings nur von außen. Die Kirche, welche Maria von Lourdes gewidmet war, machte einen recht ordentlichen und sauberen Eindruck. Die Kapelle zum Heiligen Kreuz war zwar frisch in weiß und blau gestrichen, aber fest verrammelt, damit sich keiner an eventuellen Kostbarkeiten bereichern konnte. Wir besahen uns auch die Sortimente in verschiedenen Kaufläden, entdeckten aber nichts, was wir momentan brauchen konnten.
Milagres Church Morjim, Goa
Am Obstladen wollten wir Passionsfrüchte und Mandarinen mitnehmen, stellten aber überrascht fest, dass die Preise im Vergleich zum Vortag um 50% gestiegen waren. So liefen wir 100 Meter weiter und deckten uns am nächsten Verkaufsstand ein. Dort bekamen wir die gewohnten Preise, dazu noch drei sehr gut aussehende Mangos. Unser Mittagessen war gerettet.
Im Hotelzimmer angekommen, machten wir sofort einen Tropfen ins Auge. Er brannte wie Feuer. Der Strandspaziergang fiel heute leider aus. Achim wollte auch nicht alleine losziehen. So gingen wir zum Pool. Während Achim sich auf die Liege zum Lesen legte, schrieb ich am Tagebuch weiter. So vergingen zwei Stunden wie im Fluge.
Nach dem „Obst Mittagessen“ machte ich einen kleinen Mittagsschlaf, während Achim in den Pool ging. Danach waren Junian und Ittu im Dienst. So bestellten wir jeder einen alkoholfreien Cocktail. Dieses Mal wurde er im großen Glas mit Eiswürfeln geliefert, schmeckte wieder köstlich und kostete heute mit Steuer 250 INR = 3,20 €.
Wir beschlossen, das Abendessen im Hotel zu uns zu nehmen.
„Wenn ihr bis halb acht Zeit habt, gibt es Büfett. Das kostet pro Person 500 INR.“ Wir waren sehr angetan und die Bedienung schien über unsere Zusage begeistert. So brauchte sie nicht viel zu tun, außer hinterher die Teller wegzuräumen. „Allerdings kommt um halb acht eine Tagungsgesellschaft, die aus über 50 Personen besteht. Die werden das Büfett räubern und es wird recht laut“, schränkte der Restaurantmanager sofort ein. Hätte uns die Bedienung das gleich gesagt, wären wir nicht geblieben und hätten uns das Abendessen bei Tanvi zubereiten lassen. So bestellten wir uns etwas von der Karte, wurden wieder überfreundlich bedient und waren auch zufrieden. Als Dessert bestellten wir uns heute jeder drei Kugeln Eis. Es war nicht der Renner, aber man konnte es essen. Als wir zahlten und gingen, setzte der Run auf das Büfett langsam ein. Als wir oben im Zimmer waren, wurde die Musik aufgedreht und man hörte bis tief in die Nacht die Unterhaltung der Tagungsleute. Als diese ruhiger wurden, setzte das Türenschlagen der heimkehrenden Gäste ein. Den Sinn eines Türgriffes hatte denen vermutlich noch nie jemand erklärt.
18.01.20, Samstag
Gegen neun wurde ich wach. Achim saß bereits am Laptop und bearbeitete Bilder. Im Pool tobte sich eine Horde Inder aus. Die Musik lief auch schon und im Frühstücksraum waren fast alle Plätze belegt. Auf der hinteren Terrasse hatte das Personal extra für uns einen Tisch und zwei Stühle reserviert, da am Abend zuvor alle Tische und Stühle an der Bar am Pool gebraucht worden waren.
Nach dem Frühstück, welches uns vom „Food and Beverage Manager“ mit einer langen Unterhaltung „versüßt“ wurde, machten wir uns für einen längeren Spaziergang am Strand fertig. Meinem Auge ging es dahingehend besser, dass die Rötung nachgelassen hatte. Auch die Schmerzen waren fast völlig weg.
Wir nahmen wieder die Abkürzung zum Meer und liefen dort bis zum dritten Strandabschnitt. Je weiter nach oben wir kamen, umso kleiner und ärmer wurden die Lokale und Resorts. Fast überall gab es nur noch „Natursonnenschirme“, aus Palmblättern auf Stelzen. Einfach, aber schön. Am Strand tauchten immer mehr Felsen auf, die vom Wasser umspült wurden. Die Ebbe hatte vermutlich ihren Höhepunkt erreicht, da das Meer sich recht weit zurückgezogen hatte. Bei einer Verkäuferin, welche ihre Kokosnüsse auf einem Tablett auf dem Kopf balancierte, kauften wir zwei Nüsse. Sie freute sich sehr, als sie zu den verlangten 100 INR noch 10 Trinkgeld bekam (ca. 1,40 €). In einem der „einfachen“ Lokale, dem „Ding Dong“, setzten wir uns und bestellten Mittagessen. Die einheimischen Bedienungen trugen tatsächlich dicke Jacken, bzw. einen dicken Wollpullover. Für sie schien es kühl zu sein. Zum ersten Mal in diesen Tagen vernahmen wir am Nebentisch die deutsche Sprache. Sechs Leute aus Ostdeutschland, wie man am Sächsischen Dialekt erkennen konnte, spielten Karten. Als Achim auf dem Weg zur Toilette war, stellte er sich im Vorbeigehen mit den Worten „Schön, mal Deutsch zu hören“, vor. „Wie, Deutsch zu hören? Dann seid ihr noch nicht lange hier. Es wimmelt hier nur so von Deutschen“, meinte der Älteste der Gruppe. Dann war es vielleicht nicht das Schlechteste, drei Strandabschnitte weiter südlich zu wohnen. In unserem Hotel gab es, wie uns der Manager heute Morgen erzählte, sehr selten Europäer, meistens nur Russen und Inder.
Nach unserer Rückkehr machten wir Siesta. Während ich recht schnell einschlief, stand Achim schon kurze Zeit später auf, weil die Nachbarn sich wieder im „Tür-Zuwerfen“ übten und gegenüber im Zimmer ein Baby ununterbrochen schrie. Nach einer Stunde gingen wir zum Pool. Achim drehte einige Runden, ich schrieb am Ta- gebuch weiter. Da heute auch wieder Junian im Dienst war, bekam ich mei- nen Cocktail an den Tisch geliefert, ohne Alkohol und ohne Zucker. Von Tag zu Tag wurde das Getränk le- ckerer, im Geschmack abge- rundeter und die Zuberei- tung schneller. Auch die Deko wurde täglich besser. Heute war bereits eine dünne Scheibe Limette und ein Minzblatt am Glasrand angebracht. Bis zu unserer Weiterreise konnte Junian ja noch üben.
Da heute Abend erneut Büfett für die über 50 Tagungsgäste anstand, beschlossen wir, lieber gleich ins Café Tanvi zu gehen.
Kaum waren wir gegen 19 Uhr dort, füllte sich das Lokal sehr schnell und die neun Tische waren im Nu belegt. Achim bestellte ein Pilzcurry mit Reis, ich ein Naan Brot mit Knoblauch und Fisch & Chips. Alles wieder köstlich. Mit der Flasche Wasser zahlten wir dann rund 7,50 €. Um 20 Uhr waren wir zurück im Hotel, kauften aber zuvor am Obststand noch unser Dessert. Für je ein Kilo Passionsfrüchte und Mandarinen und 1/2 Kg indische Trauben zahlten wir knapp 4 €. Nach einer ausgiebigen Dusche, um den Schweiß und den Schmutz des heutigen Tages, vor allem aber den allgegenwärtigen, feinen Sand abzuwaschen, lasen wir noch und machten gegen 22 Uhr das Licht aus. Die Tagungsgäste waren heute nicht ganz so laut. Anscheinend war auch für sie der Tag anstrengend.
19.01.20, Sonntag
Was für eine laute Nacht. Türenschlagen war in dieser Nacht das kleinere Übel. Es war schon nach Mitternacht, als das Personal anfing, leere Gasflaschen aus dem Küchenbereich ins Nachbargebäude zu rollen. Zwischen den Hotelgebäuden ergab das ein vielfältiges Echo und der Krach wollte nicht enden. Wieder bestätigte sich, dass Indien ein lautes Land war. Mit dem überall vorherrschenden Vogeldreck konnte man sich arrangieren, mit Krach in der Nacht allerdings weniger. Gegen halb neun am Morgen war das Knallen der Türen dann so laut, dass ein Weiterschlafen unmöglich war. Die Tagungsgesellschaft war bereits im Restaurant zugange und irgendwo klingelte seit einer viertel Stunde ein Wecker. Also, nichts wie raus aus den Betten. Mein Auge tat weh, sobald wir Licht einschalteten. Es war knallrot und dick geschwollen. Vielleicht waren der Wind und die Sonne am Meer gestern doch zu viel. Wir machten uns fertig und gingen zum Frühstück. Es war voll im Restaurant, aber unser Tisch auf der Terrasse war frei. Ich stellte meinen Saft ab und legte das Besteck auf den Tisch, drehte mich um und stellte den vollen Aschenbecher an dem, zwei Meter entfernt stehenden Blumenkübel ab. Als ich mich zurückdrehte, saß schon eine Krähe auf dem Tisch. Keinen Schritt durfte man machen. Diese Biester musste man immer im Auge behalten. Ich bat einen Kellner, den Tisch nass abzuwischen. So holte er einen Lappen von der Theke, der bestimmt mal nass und sauber war, aber mittlerweile bereits über mehrere Tische gehuscht war. Er verteilte den Dreck gleichmäßig über die Fläche. Nun denn, wir würden es überleben. Kaum saßen wir, kam die dürre Hauskatze, wie jeden Tag angerannt und miaute, als wäre sie am Verhungern. Das Frühstück war wieder ausgiebig und lecker. Wir beschlossen, heute nicht zum Strand zu gehen, da das Auge schmerzte und tiefrot war. Trotzdem liefen wir nach dem Frühstück die Hauptstraße in Richtung Fluss, um zu sehen, wo wir vielleicht am Abend essen gehen könnten. „Sams Bistro“ sah ganz nett aus. Wir besahen uns die Karte. Das Angebot war ganz gut und die Preise waren auch in Ordnung. Wir versprachen, zum Dinner wiederzukommen. So schlenderten wir zurück zum Hotel und machten Tropfen ins Auge. Danach legten wir uns an den Pool, wo wir den Rest des Tages verbrachten.
Mal lasen wir unsere mitgebrachten Bücher, mal dösten wir vor uns hin. Zum Mittag gab es das Obst, welches wir vormittags an einem der Stände gekauft hatten. Die Passionsfrüchte schmeckten in der Tat süß und kräftig. Die Zeit der Mandarinen ging wohl langsam zu Ende. Dafür waren alle Sorten Bananen fantastisch im Geschmack. Da wir das Mittagessen mehr oder weniger ausfallen ließen, gingen wir gegen 18 Uhr zu „Sams Bistro“. Sie freuten sich sehr, dass wir Wort hielten. Außer dem Wasser bestellte ich einen Mango Saft. Zum Essen orderten wir ein Gemüse Biryani, Paneer Butter Masala und Garlic Naan. Alles war mehr als enttäuschend, sehr fad im Geschmack und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte in keiner Weise. Nun denn, es war ein Versuch. Wir würden hier bestimmt nicht wieder zum Essen herkommen. Mit Taschenlampe gingen wir entlang der Hauptstraße zurück in Richtung Hotel. Wir mussten sehr vorsichtig sein, da Mopeds und Fahrräder zum Teil ohne Licht angerauscht kamen. Ein Moped kam aus der Einfahrt gebraust und hielt zehn cm vor Achim an. Wären wir keine Touristen gewesen, hätte der Fahrer bestimmt nicht gebremst und ein fürchterliches Spektakel gemacht. Am Obststand wollte die Verkäuferin für die Früchte wieder einen kräftigen „Touri-Zuschlag“. So gingen wir zum nächsten Stand und bekamen die gewohnten Preise vom Vortag.
Im Hotel hatten sie den Tandoori Ofen angezündet und waren dabei, frisches Naan zu backen. So bestellten wir uns ein Knoblauch Brot, frisch aus dem Ofen. Der Chef des Housekeepings, der gestern schon die Eier zum Frühstück zubereiten durfte, wurde heute am Tandoori Ofen angelernt. Teig platt klopfen, mit Mehl bestäuben, wie eine Pizza durch die Hände klatschen, auf einen Stoffstempel legen und an die Innenwand des Ofens kleben.
Vorbereiteter Teig für Naan Brote
Nach kurzer Zeit wurde das Naan mit zwei Eisenstäben aus dem Ofen genommen und heiß serviert. Für das Zubereiten der Speisen im Tandoori hatte das Hotel einen Spezialkoch angestellt. Das Naan schmeckte köstlich. Dazu war es ein „Geschenk des Hauses“. Da schmeckte es natürlich doppelt gut. Nachdem rund 20 Naans fertig waren, wurden sie in den Speisesaal des Personals gebracht und alle, die momentan nicht im Restaurant und der Küche gebraucht wurden, gingen zum Abendessen. Da ohnedies nur drei Gäste im Lokal und wir am Pool saßen, konnten fast alle zum Essen gehen. Kurz darauf zogen auch wir uns auf unser Zimmer zurück. Es war dringend nötig, den Dreck des Tages abzuduschen. Danach lasen wir noch eine Stunde und waren gegen zehn Uhr schon so müde, dass wir das Licht löschten. Nichtstun macht auch müde.
20.01.20, Montag
Welch eine herrliche, ruhige Nacht. Sind die Nachbarn alle weg? Nachdem auch die 50 Geschäftsleute abgereist waren, patschten heute Nacht (fast) keine Türen. Gegen halb neun wurden wir wach und machten uns fürs Frühstück fertig. Tatsächlich waren überwiegend indische Gäste da. Unser Tisch auf der Terrasse war belegt. So wurde ein zweiter Tisch für uns angeschleppt. Welch ein Glück für die Katze, es gab heute gebratene Geflügelwürstchen. Schon beim ersten Biss merkte ich jedoch, dass Kitty mehr als satt war. Sie knabberte zwar das Stück noch weg, legte sich aber dann bequem zu unseren Füßen nieder. Als sie anfing, an meinem großen Zeh zu kauen, scheuchte ich sie weg.
Nach dem Frühstück ging es dann zum Strand. Gut eingecremt und das Auge mit doppelten Tropfen verwöhnt, liefen wir los. Einfach toll. Es war recht ruhig am Strand. Nur da, wo auch Lokale waren, liefen einige Touristen im Wasser herum. So liefen wir bis hoch zum Asham Beach, rund 5 bis 6 Km. Dort setzten wir uns ins „Schwarze Pferd“ und bestellten einen Mango Saft und eine Flasche Wasser (zusammen 160 INR = 2 €). Zwei Inder hatten sich in traditionelle Kleidung aus Rajasthan geworfen, eine heilige Kuh mit bunten Bändern und Tüchern behängt und zogen, eine Art Holzklarinette und eine dreisaitige Gitarre spielend, durch die Reihen der Liegen. Wenn Touristen dann Fotos machen wollten, mussten sie eine „Kleinigkeit“ bezahlen. Auch eine Art, die „Heilige Kuh“ zu melken. Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, gingen wir zurück zum Hotel, wo wir gegen 15 Uhr ankamen. Unterwegs schwamm ein kleiner indischer Junge in einem kleinen Teich, der sich neben den Felsen gebildet hatte. Als er uns kommen sah, fing er an, kleine Kunststücke zu machen. Er schlug Purzelbaum, stand auf dem Kopf und bewegte seine Beine in alle Richtungen. Supertalent „á la India“. Mehr als drei Stunden strammes Gehen brachten meinen Zucker vom Morgen wieder unter Kontrolle. Während ich am Vormittag 235 mg% hatte, waren es jetzt nur noch 116. Damit konnte ich zufrieden sein. Das Obst, anstelle des Mittagessens, schmeckte toll. Die Stunde Mittagsschlaf tat mir dann richtig gut. Danach erledigten wir verschiedene Apps und machten uns auf den Weg zum Pool. Während Achim für eine gute Stunde seine Runden im Pool schwamm, arbeitete ich am Tagebuch. Als Junian kam, bestellten wir einen Mochito und eine Flasche Wasser. Für heute hatten wir uns vorgenommen, zum Abendessen im Hotel zu bleiben und nach halb acht den Tandoori zu genießen.
Als wir abends an den Pool kamen, waren die Tische feierlich eingedeckt. Auf jedem der Tische brannte ein kleines Teelicht, allerdings nur elektrisch betrieben, da der Wind normale Kerzen immer wieder gelöscht hätte. Außerdem wäre die Brandgefahr zu hoch gewesen. Eine hellbraune Tischdecke zog sich bis zum Boden und ein dunkelgrünes Stoffband gab den farblichen Kontrast. Junian brachte uns die Karte und gab uns verschiedene Empfehlungen.
So bestellten wir von allem etwas. Auf den Fisch waren wir besonders gespannt. Alles, was geliefert wurde war köstlich. Besonders das Knoblauchbrot, frisch aus dem Tandoori, war einmalig. Junian brachte uns zweimal Salat als Vorspeise aufs Haus und Papadam dazu. Die vegetarischen Gemüsebratlinge mit Minze-Soße waren geschmacklich fantastisch und hätten uns schon als Mahlzeit genügt. Zum Glück war dann der Fisch nicht die Menge, die Junian angekündigt hatte. Statt viermal Handteller groß, waren die Stücke des „Kingfish“ nur knapp die Hälfte. Es genügte uns aber völlig. Die vier Katzen, die sich mittlerweile als Zaungäste eingefunden hatten, freuten sich über die dicken Mittelknochen, die dezent bei ihnen unter dem Tisch landeten. Immer, wenn ein neues Stück unterm Tisch ankam, ging ein Fauchen und Knurren los. Unser Tisch stand zwischen Pool und Garten. Die Kokospalmen waren alle von Lichterketten in grün und blau umschlungen. Insgesamt eine sehr romantische Stimmung. Hinter der Bar, die neben dem Haus aufgebaut war, hatten die, in verschiedenen Höhen angebrachten Weinkisten verschiedenfarbige Lampen zum Inhalt. Die aus der Box schallende Musik war das Einzige, was störte. Bei unserer Ankunft wurde diese jedoch sofort etwas leiser gedreht. Wie immer drehte aber die nächste Bedienung, die in die Nähe der Musikanlage kam, wieder auf. Zwei Pärchen setzten sich an den Tisch neben uns, lehnten jedoch ab, als Junian etwas bringen wollte. Zehn Minuten später standen sie auf und gingen. Würden wir uns zu Hause in das Restaurant eines Hotels setzen, ohne die Absicht, etwas zu bestellen? Immer wieder kamen verschiedene Leute vom Personal und fragten uns, ob alles in Ordnung sei, ob das Essen nach unseren Vorstellungen gewesen sei und, und, und…
Gegen neun bezahlten wir und gingen aufs Zimmer. So waren sieben Leute vom Personal den ganzen Abend fast nur für uns da. Es waren zwar noch einzelne Gäste im Lokal und verschiedene Essen wurden auch auf die Zimmer geliefert, aber zu Hause hätte diese Arbeit eine einzige Bedienung und einer in der Küche erledigt. Da die Personalkosten bei rund 120 € im Monat/ pro Person lagen, konnte man sich diese Kosten vermutlich leisten.
Nachdem wir den Schmutz des Tages abgeduscht hatten und noch etwas lasen, löschten wir heute erst gegen 23 Uhr die Lichter. Man konnte merken, dass die Temperaturen sich langsam in höhere Grade bewegten.
22.01.20, Mittwoch
Dem ein oder anderen fällt vielleicht auf, dass ein Tag dazwischen fehlt. Der Dienstag war ein richtiger „Urlaubstag“. Er verlief, wie alle Tage zuvor und wie viele Tage, die noch folgen sollten. So machten wir über vier Stunden einen Spaziergang am Meer und unternahmen sonst nichts Außergewöhnliches. Das Abendessen verbrachten wir im Tanvi Café und unterhielten uns danach im Hotel noch mit dem Personal, da im Restaurant nichts los war. Im Pool tobte ein halbes Dutzend Inder, „die später noch zum Essen kommen“, wie Junian erklärte. „Inder essen abends nie vor neun Uhr.“
Heute ließen wir es nun sehr ruhig angehen, da es unser letzter Tag im Red Fox war. Nach dem Frühstück – die Terrasse war gestern mit dem Hochdruckreiniger geputzt worden, was man heute jedoch nicht mehr sehen konnte – wollten wir zur Bank und Geld über die Master Card abheben. Die zwei Tische auf der Terrasse waren heute zur Frühstückszeit sehr gefragt. Immer wieder streckten Gäste den Kopf aus der Tür, ob wohl ein Tisch zu ergattern sei. Als das indische Paar sich am Büfett bediente, rief ein russisches Paar die Bedienung herbei und wollte den Tisch räumen lassen. Da der gedeckte Tisch nicht „bewacht“ war, holte sich eine Krähe direkt einen halben Pfannkuchen und flog davon. Die Inder kamen noch rechtzeitig, um ihren Sitzplatz zu verteidigen. Daraufhin zogen sich die Russen notgedrungen ins Lokal zurück.
Der Manager erzählte uns, dass er nächsten Monat für einige Tage nach Bangkok fliegen wollte, um dort Urlaub zu machen. Er hörte gespannt zu, als wir von unseren Reisen nach Phuket und Bangkok erzählten. Der Pool Boy brachte uns kurz darauf einen größeren Papierfetzen, auf welchem er den Weg zur Bank aufgezeichnet hatte. „Ist aber ein langer Weg. Ihr braucht bestimmt 20 Minuten.“ „Wir gehen täglich Stunden am Strand spazieren, da bringen uns die 20 Minuten nicht um“, erklärte Achim. „Ich würde ein Taxi nehmen oder ein Moped mieten, ist doch viel zu weit.“ Er wollte nicht verstehen, wie jemand freiwillig solch eine Tortur auf sich nehmen konnte.
Gegenüber dem Hotel fragten wir die dort sitzenden Taxifahrer nach der Fahrt am morgigen Tag nach Calangute Beach, unserer nächsten Station. Sie wollten sich keinen Preis aus der Nase ziehen lassen. „Kommt doch morgen einfach mit dem Gepäck, dann können wir über den Preis reden“, meinte einer der zehn Fahrer. Wir drehten uns um und ließen sie sitzen. „800 Rupees“, rief uns einer nach. Wir gingen einfach weiter.
Tatsächlich war die Strecke zur Bank weiter als 20 Minuten. Unterwegs machten wir einen Stopp an der Magic Pharmacy. Die anwesende Apothekerin empfahl mir ein anderes Medikament für das rote Auge. Zehn Ampullen kosteten auch heute wieder 20 INR. Schließlich kamen wir bei der Bank an. Zehn Meter vor dem Ziel fragten wir einem älteren Herrn nach der Bank, da wir sie (um die Kurve liegend,) nicht sehen konnten. Dieser schüttelte nur den Kopf, da er kein Englisch sprach. In der Bank angekommen, schüttelte wiederum der Angestellte den Kopf, als wir nach Geldabheben fragten. Er zeigte auf eine Bank, die auf der Straßenseite gegenüber lag. Auch da wurden wir ins nächste Gebäude geschickt, wo aber nur ein ATM (Geldautomat) stand, Maximalbetrag rund 120 €. Da wir 500 € abheben wollten (und dies bei unserem Letzten Urlaub in Indien auch konnten), gaben wir uns damit nicht zufrieden. Da konnten wir auch Bares beim Geldwechsler am Hotel tauschen. So liefen wir die halbe Stunde zurück und versuchten in der Wechselstube Geld über die Master Card zu holen. Die Gebühren waren allerdings auch hier viel zu hoch. So tauschten wir 500 € in Bar und waren vorerst zufrieden.
An einem der unzähligen „Supermarkets“ versuchten wir ein neues Messer zum Obstschneiden zu erstehen. Wir standen in der Reihe, wurden aber immer wieder von Indern übergangen, die zwar nach uns kamen, sich aber einfach vor uns einreihten. Schließlich gaben wir auf und gingen zum nächsten Shop weiter. Für 30 INR (ca. 39 Cent) bekamen wir ein stabil aussehendes Messer. Diese Sorte verwendete die Verkäuferin, nach eigener Aussage „selbst seit Jahren in ihrem Haushalt.“ Im Tanvi bestellten wir ein Taxi für morgen, da er vor der Tür ein Schild „Taxi Dienst“ stehen hatte. Wir tranken jeder noch einen frischen Saft und bestellten einen heißen Brownie mit Vanilleeis. Diese Erfahrung hätten wir uns auch sparen können. Achim machte ein Foto von der brutzelnden Zuckermasse.
Gierige Kinderaugen sahen über die Mauer des Restaurants neidisch auf das begehrte Zuckerwerk. Kurzerhand ging Achim zum Verkaufstresen und bestellte für die vier Kids ein Eis. Zunächst konnten sie es nicht glauben, griffen dann aber schnell zu, bevor diese Chance ungenutzt vorbeiging.
Nach der Mittagsruhe, die Achim wieder zur Bildbearbeitung nutzte, machten wir uns auf zum Pool, wo Achim seine Runden drehte und ich am Tagebuch arbeitete. Danach ging es ans Kofferpacken. Wir waren froh, dass wir unsere eigenen Kissen und die extra gekauften Luftmatratzen (sogenannte Matratzen Topper) zum Abpolstern der harten Betten gekauft hatten. Das Schlafen wurde dadurch entschieden bequemer.
Junian hatte heute vermutlich seinen freien Tag. So gab es keinen Mocktail. Wir lasen bis halb sieben auf der Liege am Pool. Jackson kam zu uns und nervte Achim eine gute halbe Stunde, indem er ihn ausführlich über das dicke Buch ausfragte, welches er am Lesen war. Gut, dass ihn eine Arbeitskollegin dann in die Küche rief. Zum Abendessen hatten wir uns vorgenommen, nochmals im Hotel zu essen. Wir bestellten verschiedene Gerichte. Nach kurzer Zeit kam eine Kollegin aus dem Restaurant und erklärte uns, dass die bestellten Sachen vermutlich zu scharf für uns seien. Sie empfahl Achim etwas, das vom Schärfegrad besser zu ertragen sei. So bestellten wir um. Nach und nach wurden die Sachen geliefert. Alles nur Gerichte, die Achim für sich bestellt hatte. Als Achim fast fertig war, kam Ittu und fragte, ob es mir nicht schmecken würde. „Es kann mir nicht schmecken, wenn ich noch überhaupt nichts bekommen habe.“ Er schaute mich ungläubig an. „Es ist doch alles da.“ „Und mein Reis und das indische Gericht?“, fragte ich zurück. Wir kamen uns vor wie in Thailand. Auf unserer ersten Reise dahin mussten wir drei Mal bei drei verschiedenen Bedienungen ordern – und dann kam doch was ganz Anderes. „Die Kollegin hat euch doch erklärt, dass die bestellten Gerichte viel zu scharf sind. Da habt ihr euch auf dieses Gericht geeinigt…“ Mal wieder ein typisches Missverständnis. Der Reis wurde zügig nachgeliefert und ich wurde auch noch satt.
Jittu hatte einen Kollegen zum Anlernen bei sich. Als er meinen leeren Teller abräumte, sollte der Kollege das leere Saftglas nehmen, griff sich aber mein noch halb volles Wasserglas. Schnell griff ich ein, was Jittu offensichtlich peinlich war. Hätten wir gewusst, wie schief heute alles lief, wären wir besser nochmals ins Tanvi Café gegangen. Da hätte es bestimmt besser geschmeckt und es wäre um einiges günstiger gewesen. Auf dem Zimmer lasen wir noch und ich schrieb das Tagebuch für heute fertig. Wir freuten uns auf das neue Quartier am Calangute Beach. Das Taxi war für zwölf Uhr bestellt. Zum Kofferpacken war morgen noch genug Zeit.
23.01.20, Donnerstag, Weiterreise nach Calangute
Die Nacht war, bis auf einige knallende Türen, recht ruhig und wir konnten bis halb neun schlafen. Beim Frühstück kamen die ersten vom Personal und verabschiedeten sich. „Schade, ihr wart so nett“, sagte der kleine Gartenzwerg, eine immer lächelnde Inderin. Danach ging es ans Kofferpacken, was recht zügig vonstattenging. Kaum waren wir mit den Koffern aus dem Aufzug raus, kamen die Leute vom Personal angelaufen und wollten uns die Koffer abnehmen. Das war nett gemeint und brachte jedem nochmals 100 INR. An Trinkgeldern waren wir die ganzen Tage nicht knausrig. An der Rezeption hatten wir dann nur noch das Frühstück des ersten Tages zu bezahlen. Das sollte dann aber auch fast 1.100 INR (knapp 14 €) kosten. Meinem erstaunten Gesichtsausdruck entnahmen die drei Angestellten hinterm Tresen, dass ich diese Zahlung als überhöht ansah. Der Restaurant Manager stand auch dabei. „Dann nehmen wir die Service Steuer raus“, sah er mich fragend an. Die 50 Cent machten den Braten jetzt auch nicht fett. Ich zahlte den Betrag und die Sache war für uns erledigt. Punkt 12 kam vom Taxistand gegenüber dem Hotel einer der Fahrer und fragte nach uns. „Also doch die Fahrer von gegenüber“, war mein Gedanke. „Die ganze Rasselbande hängt zusammen.“ Wir bestätigten die Fahrt und er lief rüber, um seinen Wagen zu holen. Als wir das Auto beladen hatten, fiel Achim auf, dass sein Hut fehlte. Einer der Angestellten wurde losgeschickt, um das fehlende Teil aus dem geräumten Zimmer zu holen. Beim Packen hatte Achim seinen Hut auf die Sessellehne gelegt. Dieser war vermutlich danach auf den Boden gefallen und uns beim letzten Rundumblick nicht aufgefallen. Welch ein Glück, dass es Achim früh genug aufgefallen war. Der Hut war eines seiner wichtigsten Stücke im Kampf gegen die Sonne.
Schließlich hatten wir alles verstaut und es konnte losgehen. Unser Fahrer fuhr recht vorsichtig. Ob es daran lag, dass er noch recht jung war und den Führerschein noch nicht so lange hatte, oder ob er die Fahrzeit einfach strecken wollte? Uns wurde gesagt, dass die Fahrt knapp eine Stunde dauern würde. Die Landschaft, die ans uns vorüberflog war herrlich grün, aber alles am Wegesrand war mit dem allgegenwärtigen, roten Staub überzogen. Überall wurde gebaut. Mal waren es riesige Baustellen an der Straße selbst, dann wieder Häuser, die neu entstanden. Das Autofahren in Indien bestand überwiegenden aus dem Betätigen der Hupe. Mit der Hupe wurde alles geregelt: Ich habe Vorfahrt, ich gebe jetzt Gas, Vorsicht, ich komme. Und dann, nichts wie durch. Der Lkw hatte immer Vorfahrt, gefolgt vom normalen Auto, dann kamen Motorrad und Moped, danach der Fahrradfahrer. Ganz zum Schluss, der Fußgänger. Wer diese Hierarchie nicht einhielt, kam schnell unter die Räder. Am Straßenrand stehend konnten wir vor wenigen Tagen beobachten, wie ein Autofahrer auf seinem Recht beharrte, einem Mopedfahrer gegenüber der Stärkere zu sein. Der Mopedfahrer stand am Straßenrand und unterhielt sich mit einer Einheimischen, hatte jedoch das hintere Teil seines Mopeds etwas weit auf der Straße stehen. Der Autofahrer meinte, genug Platz zu haben, gab Gas und wollte vorbei. Der Ständer zum Abstellen des Fußes für den Beifahrer bohrte sich in die Stoßstange des Autos und zog das ganze Moped mit. Ein lautes Palaver begann. Schon nach kurzer Zeit hatten sich die Zwei genug angebrüllt. Der Autofahrer stieg ein – und fuhr davon. Auf einen Kratzer oder eine Beule mehr oder weniger schien es nicht anzukommen. Bei uns wäre das Mindeste gewesen, die Polizei zu rufen.
Nach knapp 25 Minuten kamen wir in Calangute an. Die Suche nach dem Hotel begann. Unser Fahrer fragte mehrfach und wurde auch immer in die ungefähre Richtung geschickt. Schließlich entdeckte uns der Manager des Pinnacle Blue by the Sea und winkte. Noch einige sehr enge Kurven, da wir eine Baustelle umfahren mussten – und wir waren da. Achim zog los und besah sich das Zimmer. Es war sauber, zweckmäßig und groß genug, um die nächsten zehn Tage darin leben zu können. Was wollten wir mehr für knapp 24 €, und das inklusive Frühstück. Später sollte sich herausstellen, dass wir das „kühlste“ Zimmer im Haus bekommen hatten, da es im hinteren Teil des Hauses Lag. Auf dem „Balkon vor der Hütte“ stand ein kleiner Tisch und zwei Stühle. Da konnten wir bequem am Abend noch sitzen und morgens unser Frühstück genießen.
Nachdem wir das Meiste ausgepackt hatten, (es war sogar ein Schrank vorhanden!) machten wir einen ersten Spaziergang zum Strand. Tatsächlich war das Meer nur fünf Minuten entfernt. Am Strand lag dann ein Lokal neben dem Anderen. Davor standen Liegen, meist in Zweier oder Dreier Reihen. Schon an deren Belegung konnte man ungefähr ersehen, welches Lokal gut war. Wir setzten uns in eines der gut besuchten Restaurants und bestellten uns etwas zum Essen. Da schon 15 Uhr war, wurde es auch höchste Zeit. Was kam, war richtig lecker. Achim hatte sich Kichererbsen Massala mit Reis bestellt, ich Spagetti mit Tomaten-Pilz-Soße. Mit einer Flasche Wasser und einem frischen Mango Saft zahlten wir dann zusammen rund 6 €. An diesem Strand waren die Engländer in der Überzahl. Nach dem Essen machten wir einen kurzen Spaziergang am Wasser entlang. Hier war mehr los, als am Morjim Beach.
Zurück im Hotel, welches nur rund zehn Zimmer hatte, überkam mich die Müdigkeit. So machte ich eine kleine Siesta. Die 3/4 Stunde Schlaf tat mir gut. Danach kamen wir zur rechten Zeit ans Meer, um die Sonne am Horizont versinken zu sehen. In der Tat hatten wir in Asien schon spektakulärere Sonnenuntergänge erlebt. Es bedarf einiger Wolken für ein tolles Spektakel. Seit unserer Ankunft in Goa, war der Himmel jedoch immer wolkenfrei. Auf der Suche nach einem Lokal fürs Abendessen blieben wir im Glens Corner hängen. „Gegen halb acht beginnt bei uns Live Musik“, versuchte uns eine der Bedienungen zu ködern. Da es erst halb sieben war hatten wir die Chance, bis dahin mit dem Essen fertig zu sein. Wir bestellten und harrten der Dinge, die da kommen würden. Ich freute mich auf die Minestrone, Achim auf sein Gemüse Curry. Was dann aber kam, war alles andere als eine Minestrone. Meine Suppe war überhäuft mit Käse. In diesem Schuppen meinte man, eine italienische Suppe müsste mit Käse garniert sein. So mussten wir unser Essen tauschen und das Personal konnte nicht verstehen, dass ich keinen Käse mochte. Asien war bisher für mich eine Region in der ich nie Gefahr lief, Käse untergejubelt zu bekommen. Im Rahmen der Globalisierung schien diese Zeit nun allerdings vorbei zu sein. Nun denn, nichts hielt ewig. Während des Essens setzte auch schon die Live Musik ein. Das Gedröhne hielt sich glücklicherweise in Grenzen.
Nach dem Bezahlen verabschiedete uns die Bedienung mit den Worten: „Wir freuen uns auf ihren nächsten Besuch“. Meine Antwort: „Seien sie versichert, dass dies nicht geschehen wird“, zauberte ein unverständliches „Warum?“, in sein Gesicht. Diese halbrohen Kartoffeln, die wir hier als Pommes verkauft bekamen und die mit Käse versaute Suppe waren für mich Grund genug, dieses Lokal nicht als einen meiner Favoriten zu listen.
Im Hotel angekommen, setzten wir uns noch auf den Balkon, da es erst 20 Uhr war. Als uns allerdings die Moskitos als „Abendessen“ missbrauchen wollten, zogen wir uns ins Zimmer zurück. Nach einer Dusche lasen wir noch bis halb elf und machten dann das Licht aus.
24.01.20, Freitag
Kurz nach sechs Uhr unterhielten sich die Inder im Nachbarzimmer sehr laut. Wie sich später herausstellte, wohnte ein erwachsener Inder aus Mumbai mit seinen Eltern in dem Zimmer. „Die reisen am Sonntag ab und duschen leider jeden Morgen gegen sechs Uhr“, erklärt uns der Manager auf Nachfrage. Im Vergleich zum bisherigen Frühstück im Red Fox war hier „Schmalhans Küchenmeister“ angesagt. Später würden wir im Dorf ein kleines, zweites Frühstück machen müssen.
So machten wir uns kurz danach auf und suchten den Weg ins Dorf. Dort sollte es einen großen Markt mit Obst geben. Ein Taxifahrer bot uns seine Dienste an und war erstaunt, dass wir lieber laufen wollten. „Da braucht ihr aber mindestens eine halbe Stunde. Es ist sehr weit bis zum Markt.“ Verkehrsmäßig wurde es immer lebhafter und lauter. Wir mussten tatsächlich immer auf den Verkehr hinter uns achten, da uns das ein- oder andere Fahrzeugt recht nahekam. Mehrfach fragten wir Einheimische nach dem Weg. Jeder schickte uns irgendwohin, wenn er sich nicht doch ehrlicherweise outete, dass er kein Englisch konnte. Wenn wir dann sagten, ein anderer hätte aber gesagt, wir sollten in diese Richtung gehen (obwohl der eben gefragte in die entgegengesetzte Richtung zeigte), meinte dieser: „Ja, da könnt ihr natürlich auch gehen… Schließlich erreichten wir unter sengender Hitze das Zentrum und dort auch den Marktplatz. Viel Auswahl zu guten Preisen. Je ein Kilo Passionsfrüchte, Mandarinen und Fingerbananen erstanden wir schließlich für knapp 6 €. Wir packten alles in den mitgebrachten Stoffbeutel, um Plastikmüll zu vermeiden. In einem Geschäft, speziell für Kuchen und Kekse nahmen wir für den Nachmittagskaffee ein halbes Pfund frischen Marmorkuchen und eine große Tüte Kekse für 1,50 € mit. Um ein Tuk-Tuk für die Rückfahrt zu bekommen, mussten wir mehrfach die Straßenseite wechseln, was immer mit der Gefahr verbunden war, von einem der unzähligen Fahrzeuge gestreift zu werden. „Augen zu – und durch!“ Diese Methode funktionierte immer noch am besten. Die Fahrer nicht ansehen und einfach gleichbleibend schnell die Straße überqueren. Es funktionierte tatsächlich. Sollte man allerdings plötzlich Angst verspüren und mitten im Getümmel stehen bleiben, kracht es garantiert. Schließlich fanden wir einen ganzen Pulk dieser lustigen, gelben Tuk-Tuks.
Der Preis war schnell ausgehandelt. Allerdings wusste der Fahrer nicht, wo das Pinnacle Blue lag und erwartete von uns, dass wir ihm den Weg zeigten. Das war, als würde man bei der Bahn eine Fahrkarte von München nach Augsburg kaufen, muss dem Zugführer aber dann den Weg erklären und den Preis von 200 € sofort bezahlen. Wir fanden gemeinsam den Weg, gaben ihm 200 INR (ca.2,60 €) und stiegen aus. Nach einem kräftigen Zug aus der Wasserflasche machten wir uns direkt auf zum Strand, wo wir in einem der Lokale das Mittagessen bestellten.
Nach gut zwei Stunden waren wir zurück. Ich machte die übliche Siesta, Achim arbeitete an den Bildern. Leider war das Internet hier so schlecht, dass wir den fertigen 2. Blog nicht hochladen konnten. Schade.
Das Abendessen wollten wir nach dem Sonnenuntergang am Beach genießen. So gingen wir gegen 18 Uhr los, um uns am Strand ein Lokal auszusuchen. Konnte ja nicht schwer sein, unter den dutzenden von Restaurants etwas Passendes zu finden. Gregs Hütte sagte uns zu. Sie lag nicht weit vom Hauptweg entfernt. Wir bekamen noch einen freien Tisch außerhalb der Überdachung, die Füße im warmen Sand und den Wind um die Ohren wehend. 30 m entfernt standen dutzende von Touristen und Einheimische und warteten auf den Sonnenuntergang. Wir bestellten uns einen Mocktail und sahen dem feuerroten Ball zu, wie er am Horizont unterging. Das eigentliche Spektakel des Untergangs war ja nicht das Verschwinden der Sonne, sondern die Verfärbung des Himmels, kurz nachdem die Sonne weg war. Nach rund 10 Minuten kam dann das herrliche Farbenspiel. Der Himmel über uns färbte sich in den herrlichsten rot-, grau- und dunklen Blautönen. Recht schnell ließ das Spektakel aber nach und die Dunkelheit setzte schlagartig ein. Die Schaulustigen verschwanden danach. Es blieben nur die übrig, die das Abendessen am Strand genießen wollten. Das Personal fing an, die Liegen abzubauen, die Sonnenschirme wegzuräumen und alles mit Planen abzudecken. Auf dem Meer setzten die Fischerboote ihre Lichter, was dem Meer eine bunte Farbenpracht verlieh. Das Rauschen der Wellen hörten wir, sahen vom Meer allerdings nichts mehr. Gregs Hütte machte nun auch die Lichter an. Überall hingen Ballons und Lichterketten. Welch eine gemütliche, romantische Atmosphäre. Der Mocktail schmeckte durch das ungewohnte Sodawasser sehr gewöhnungsbedürftig, dafür war das Essen danach umso besser. Das gebratene Gemüse in deftiger Soße schmeckte herrlich. Dazu hatten wir Naan bestellt. Mit einer Portion wurden wir dicke satt. Diese himmlische Atmosphäre konnte man kaum in Worte fassen. Die Musik hinter uns erklang in erträglicher Lautstärke. An den noch stehenden Liegen hatte es sich eine Gruppe von rund 15 Indern gemütlich gemacht, bekamen immer wieder neue Getränke und Gerichte geliefert und waren bester Stimmung. Hinter uns im Lokal waren fast alle Tische besetzt und trotzdem herrschte eine wundersame Ruhe. Wir saßen ruhig da – und konnten jede Minute aus tiefsten Herzen genießen. Nach gut zwei Stunden machten wir uns auf den Heimweg. Der gesamte Weg zum Hotel war überraschend gut ausgeleuchtet. Auf der Hälfte des Weges hatten wir am Mittag für Achim an einem Stand ein Shirt gekauft, welches er jetzt auch anhatte. „Das Shirt steht dir fantastisch“, rief die Mutter erfreut aus. „Das ist aber nichts gegenüber der Schönheit, die deine Person ausstrahlt“, gab Achim zurück. Und schon standen wir und waren mitten in der tollsten Unterhaltung. Wir quasselten bestimmt über eine Stunde und wären vermutlich noch länger dagestanden, wenn wir nicht irgendwann darauf bestanden hätten, endlich zurückgehen zu müssen. „Dann kommt morgen wieder. Wir haben bestimmt noch sehr viel zu erzählen.“ Sie nahm uns Beide in den Arm. Sie wusste, wie man Kunden bindet. Da es auch keinen anderen Weg für uns vom Strand zum Hotel (und umgekehrt) gab, mussten wir notgedrungen täglich an ihrem kleinen Shop vorbei. Zurück im Hotel duschten wir den Dreck des Tages ab. Das ist zwei Mal täglich notwendig, da man sonst klebrig und verschwitzt war. Gegen halb elf machten wir schließlich das Licht aus.
25.01.20, Samstag
Welch eine ruhige Nacht. Kein Klappern und schlagen von Türen, kein Gerede vor der Tür. Zwischendurch hörte man schon mal ein kleines Kind weinen, einen Hund bellen oder einige Krähen schreien, aber ansonsten himmlische Ruhe. Es war die erste Nacht, die wir durchschliefen. Auch im Nebenzimmer hörte man nichts. Statt Klimaanlage hatten sie dort heute Nacht den Ventilator laufen, den man aber nur durch ein sehr leises Surren wahrnahm. Kurz nach halb neun wurden wir wach, sahen uns erstaunt an und waren überrascht, wie herrlich ruhig es die ganze Nacht war. Wir machten uns fertig, da wir das Frühstück auf halb zehn bestellt hatten. Es wurde auch pünktlich geliefert. Kombiniert mit dem von uns selbst gekauften Obst, war es ausreichend und lecker.
Danach machten wir uns auf, um in nördliche Richtung den Strand zu erkunden. Schon bei der Ankunft am Beach merkten wir, dass es Wochenende war. Es waren noch mehr Gäste, vor allem einheimische, am Strand. Diese knubbelten sich besonders dort, wo Banana-Boats, Para Sailing oder Wassermotorräder angeboten wurden. Die Inder standen in Gruppen, teilweise voll angezogen in den Wellen, bewarfen sich mit Sand oder schaufelten Sandberge auf einzelne Personen, die sich wie kleine Kinder freuten. Welch ein Getümmel. Oft kamen junge Inder und wollten mit uns einfach nur ein Selfie machen. So liefen wir bis ans Ende des Strandes, bestimmt drei Kilometer, bevor wir in eines der Lokale gingen, um etwas zu trinken. Für 4 € bekamen wir jeder einen frisch gepressten Saft und eine große Flasche Wasser. Es tat richtig gut, den Flüssigkeitsverlust aufzufüllen. Auf dem Rückweg machten wir Mittagspause im Gregs. Die Bedienung erkannte uns sofort wieder. Vermutlich hatten die 100 INR Trinkgeld einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Wir bestellten ein Pilz Curry und eine Platte Reis, die wir uns wieder teilten und trotzdem dicke satt waren. Als wir im Hotel ankamen, fingen die Angestellten gerade an, unser Zimmer zu machen. So setzten wir uns auf den Balkon und warteten, bis sie fertig waren. Danach kam das Übliche: Duschen und Mittagsschlaf. Danach gab es zum Kaffee, die gestern gekauften Kekse. Achim setzte sich zum Lesen raus, ich nahm den Laptop und fing an, das Tagebuch zu schreiben. Vilas, der Manager meldete sich für die nächsten Tage ab, da er auf eine Schulung außerhalb Goas fahren musste. Gegen halb sechs setzte schlagartig ein Riesentumult der Krähen ein. Hunderte von Krähen setzten sich in die Bäume und Palmen rund ums Hotel und schrien im Chor. Es erinnerte an Hitchcocks Vögel, nur in mehrfacher Lautstärke. Da die Moskitos jetzt auch anfingen zu beißen, verzogen wir uns lieber ins Innere.
Später, auf dem Weg zum Abendessen am Strand, kamen wir wieder an dem kleinen Shop von Mutter Lakshmi vorbei. Heute Mittag lief sie noch durch die verschiedenen Lokale am Strand und bot ihr Sortiment an. Dort grüßte sie uns, ging aber direkt weiter. Jetzt sah sie müde und erledigt aus. „Wie war der Erfolg am Strand heute Mittag?“, fragte Achim aus Interesse. „Katastrophal. Ich war zwei Stunden unterwegs und habe nur ein Teil für 300 INR verkauft. Derzeit sind nur wenig Touristen da.“ „Aber der Strand war doch voll heute Morgen“, versuchte Achim dieses Dilemma zu verstehen. „Wir haben Wochenende und da kommen viele Inder an den Strand. Die kaufen nichts.“ Sollten wir das glauben oder einfach so stehen lassen? „Wir merken ganz enorm die Thomas Cook Pleite. In den Jahren davor kamen im Januar mindestens doppelt so viele Touristen hierher und wir hatten tolle Umsätze. Jetzt kämpfen wir Tag für Tag und kommen an manchen Tagen kaum auf das Minimum, welches wir umsetzen müssen, um existieren zu können.“ „Und was ist das Minimum?“ „Wir müssen 2.000 bis 3.000 INR (25 bis 37 €) erreichen, damit wir alles bezahlen können.“ So eng hängt alles durch die Globalisierung zusammen. Sogar das kleine Goa merkte, dass eine Flug- und Reisegesellschaft in Europa pleitegegangen war.
Und wieder kamen wir an dem kleinen Toilettenhäuschen vorbei, welches uns täglich zum Schmunzeln brachte. Es gehörte zu einem der Lokale am Strand, lag 50 m landeinwärts und man brauchte einen Schlüssel, wenn man das stille Örtchen besuchen wollte. Auf der seitenwand des Häuschens klebte ein riesiges Plakat: „Wir akzeptieren Kartenzahlung, egal ob Visa oder Master Card“. Da die Benutzung des Örtchens kostenlos war, konnte mit der Bezahlung nur das Chelsea Lokal am Strand gemeint sein. Am Liebsten war Indern Barzahlung, egal wo, wann und wofür.
Heute Abend, es war schon fast dunkel und die Sonne längst verschwunden, nur der bunte Himmel war noch zu sehen, gingen wir am Beach linksherum in südliche Richtung und wollten uns eines der bunt beleuchteten Lokale aussuchen. Wir blieben bei Domino hängen, einem Portugiesen, der seit seiner Kindheit in Indien lebt. Es waren nur noch zwei weitere Tische belegt. Das Essen wurde, wie fast überall, frisch zubereitet und brauchte somit eine gewisse Zeit, bis es auf den Tisch kam. Domino kam zwischendurch an den Tisch und erzählte uns von der Hochzeit, die gestern in seinem Lokal stattgefunden hatte. Wir hatten die Musik und die ausgelassene Stimmung am gestrigen Abend gehört, aber nicht registriert, dass es so nahe war. Es waren zwei Skandinavier, die sich hier gestern das Versprechen der ewigen Liebe gaben. Der Brautstrauß, den wir gestern auf dem Hochzeitsauto an der Straße gesehen hatten, hing nun unterm Dach, über dem Eingang zum Lokal.
Während Achim ein Gemüse Curry mit Reis bestellte, hatte ich eine Portion Penne mit roter Soße. Beides nicht scharf und sehr lecker. Auch das Naan war passend. Mit Wasser und Saft zahlten wir wieder knapp 10 €. Der helle Abendstern hing auch heute strahlend am Himmel und wir prosteten unseren Lieben zu, die uns sehen konnten, wo immer sie sein mochten. Unterwegs, am Dorfplatz, nahe des Hotels war eine große Leinwand aufgebaut und rund 20 Leute standen davor und besahen sich das Fußballspiel: Kerala gegen Goa. Es stand 0: 1 für Goa.
Zurück auf dem Zimmer, lasen wir noch bis halb elf. Zwischendurch knallte mal wieder die Sicherung durch. Erstaunlicherweise waren aber nur das Zimmer und Teile der Außenbeleuchtung betroffen. Im Bad – Achim war eben dabei sich die Zähne zu putzen – brannten noch alle Lampen.
26.01.20, Sonntag
In der Nacht hatten die Nachbarn wieder den 5-Minuten-Rhythmus der Klimaanlage eingeschaltet. Nervend und schlafraubend. Um 1 Uhr kam die Dorfjugend laut jubilierend von den verschiedenen Partys nach Hause. Ihr Gesang und Lachen waren nicht zu überhören, ebenso das Bellen der Hunde, welche sie begleiteten. Kurz nach sechs ging im Zimmer nebenan die Diskussion erneut los. Konnten die sich endlich einigen, wer zuerst ins Bad ging? Nun denn, sie zogen heute ja aus. Um halb neun streckten wir uns ein letztes Mal und machten uns fertig fürs Frühstück. So kalt, wie das Rührei und der Kaffee heute waren, war das Frühstück bestimmt schon fertig, bevor wir wach wurden. Was konnten wir für 1 € auch mehr erwarten? So machten wir uns fertig und marschierten zum Strand. Unser Plan sah vor, die linke (südliche) Seite bis zum nächsten Strand zu erwandern. Wir hatten zwar keine Ahnung, wie weit das sein würde, gingen aber lustig darauf los. Auch heute waren unzählige Inder am Meer, welches derzeit den Höchststand der Flut zu haben schien. So blieben nur wenige Meter, um an der Böschung des Strandes entlangzulaufen, bevor dann der rund ein Meter hohe Absatz, worauf die Liegen standen, kam. Wir konnten nicht zählen, wie oft uns eine Liege, ein kaltes Bier oder etwas zum Essen angeboten wurde. Auch Frauen und Drogen waren im Angebot. Nach mindestens einer Stunde strammer Wanderung, war es an der Zeit, etwas zu trinken. So setzten wir uns in eine ziemlich vergammelte Hütte, da wir mit Getränken kaum etwas falsch machen konnten. Ein bestellter, frischer Ananassaft konnte auch prompt nicht geliefert werden, da kein Strom vorhanden war. So tranken wir Wasser aus der Flasche. Auf dem weiteren Rückweg mussten wir in einem Lokal Halt machen, weil mich ein menschliches Rühren nötigte, die leider nicht sehr einladende Toilette aufzusuchen. So verbanden wir das mit einem kleinen Mittagessen, da es bestimmt längst Essenszeit war. Es schmeckte lecker und kostete mit Getränken (für uns Beide) knapp 5 €. Auf dem Weg zurück sahen wir am Strand ein großes Schild: „Wir akzeptieren ihre Kreditkarte. Sollte das Gerät heute nicht funktionieren, zahlen sie bitte in bar“. Vermutlich sollte das für alle Lokale am Beach gelten.
Am Shop von Mutter Lakshmi war heute die Tochter da. Ein alter Schwede saß bei ihr und erzählte uns, als er hörte, dass wir aus Köln kommen, dass er im Jahre 1972 Mal dort gewesen sei, weil er mit dem Auto zwischen Bonn und Köln liegengeblieben sei. Er schwärmte vom Dom und der tollen Altstadt.
Nach der Mittagspause, in welcher Achim die Bilder des heutigen Strandganges auswertete und ich eine Stunde herrlich schlafen konnte, erledigten wir verschiedene Anrufe in die Heimat. Schon toll, dass man so weit von Deutschland entfernt recht gut telefonieren konnte. Manches Mal hörte es sich etwas verzerrt an, insgesamt aber zufriedenstellend. Auch Videoanrufe über WhatsApp klappten gut.
Auf dem Weg zum Strand bestellten wir bei Lakshmi im Shop eine Tischdecke, die meine Schwester in Auftrag gegeben hatte. Lakshmi hatte heute kräftig Betel gekaut. Lippen und Zunge waren tiefrot. Vermutlich musste sie etwas gegen ihre Müdigkeit und die Anstrengungen tun. Da kam das Kauen der Betelnuss bestimmt gerade recht. Zum Quasseln war sie nicht aufgelegt, da noch andere „Freunde“ in ihrem Shop saßen. Am Strand gingen wir heute direkt in den ersten Laden, da uns diese Ganoven seit Tagen immer wieder einluden, in ihrem Restaurant etwas zu essen. Zunächst wurde die Musik mit enormen Bässen laut aufgedreht. Als wir uns über die Lautstärke beschwerten, drehte die Bedienung sofort leiser. Das bestellte Essen war lecker und es reichte eine bestellte Portion wieder für uns beide. Heute hatte ich Lust auf ein Bier und bestellt mir ein Kingfisher. Es schmeckte, war jetzt aber nicht der Knaller, den ich mir jeden Abend reinziehen könnte. Wie war es möglich, dass viele Touristen sich schon zum Frühstück ein, zwei oder drei Flaschen von diesem Gesöff hinter die Binde kippten? Des Menschen Wille war sein Himmelreich.
Wir genossen die Ruhe am Meer, das Plätschern der Wellen und die leise Musik aus den umliegenden Anlagen. Anschließend zahlten wir knapp acht Euro für das ganze Vergnügen. Als wir gegen halb neun ins Hotel kamen, wollten wir noch etwas auf dem Balkon chillen. Nach wenigen Minuten gaben wir jedoch auf, da die Moskitos uns zu sehr nervten.
27.01.20, Montag
Unsere innere Uhr war auf halb neun gestellt und funktionierte recht gut. Während wir auf dem Balkon auf das vorbestellte Frühstück warteten, kam ein weißes Mercedes Coupé angefahren und ein mit dicker Goldkette behangener, braungebrannter Mann stieg aus. „Wie geht es euch? Alles in Ordnung? Da mein Manager zwei Tage frei hat, muss ich heute mal nach dem Rechten schauen. Das Haus gehört mir“. Oha, der Chef und Eigentümer begab sich in die niedrigen Gefilde. Sein Händedruck war kräftig und energiegeladen. Als er hörte, dass unser Frühstück seit 15 Minuten überfällig war, ging er direkt hoch in die Küche. Keine drei Minuten später brachte uns die Bedienung unser Frühstück. Tee und Kaffee waren heute sogar heiß. Achims indisches Frühstück war „very spicy“, obwohl er schon an eine gute Schärfe gewöhnt war. Er brachte es zurück und bestellte sich ein Rührei. Nach dem Frühstück liefen wir zum Shop, da uns Lakshmi verschiedene Tischdecken zur Auswahl mitbringen wollte. Der Shop war geöffnet, aber keiner da. Wir warteten einige Minuten und gingen dann zurück ins Hotel.
Heute stand Obsteinkauf im Ort an. Dabei wollten wir gleich Geld abheben, was uns bisher noch kein einziges Mal gelungen war. Kaum waren wir dreihundert Meter gelaufen, quasselte uns ein Taxifahrer an. Warum nicht, es war ohnedies drückend heiß heute. Wir handelten den Fahrpreis mit ihm aus und er brachte uns zunächst zur Bank. Mehrere Versuche schlugen fehl und wir gaben auf. Vor dem Markt ließ er uns aussteigen, nicht ohne uns vorher seine Visitenkarte zu geben. „Ihr könnt jederzeit über die Rezeption eures Hotels bei mir anrufen. Über den Preis werden wir uns dann schon einig“. Sprach‘s und fädelte sich wild hupend in den zähfließenden Verkehr ein. Am Stand für Obst versuchte einer der Verkäufer uns heute höhere Preise aufs Auge zu drücken. „Warum soll alles heute teurer sein? Vor zwei Tagen haben wir 20% weniger bezahlt.“ Jetzt erkannte uns der Verkäufer wieder und ging mit den Preisen runter. Im Endeffekt sparten wir 10 Cent, was den Kohl auch nicht fett machte. Auf eine Kokosnuss verzichteten wir heute, weil die angebotenen nicht schön aussahen. Das Fleisch und der Fisch, welche wir in den entsprechenden Abteilungen zu sehen bekamen, bestätigten uns mal wieder, in Goa überwiegend vegetarisch zu leben. Da saß die Oma am Boden, hackte Gulasch, und warf alles zu ihren Füßen auf einen Haufen. Überall schwirrten die Fliegen herum. Danach packte sie die Fleischstücke in eine Tüte und legte diese wieder auf das Verkaufsbrett. Guten Appetit! In der „Bäckerei“ nahmen wir erneut Kekse und Marmorkuchen mit. Frisch gebacken. Das Tuk-Tuk brachte uns anschließend zurück ins Hotel. Allerdings mussten wir auch heute dem Fahrer den Weg erklären.
Der Ausflug zum Meer fiel heute sprichwörtlich ins Wasser. Die Flut hatte ihren Höhepunkt erreicht und es blieb nur ein schmaler Streifen des Strandes, um sich darauf zu bewegen. Die Luft war drückend, schwül und sehr feucht. Das Meer sah aus, als würde es im Nebel versinken. Heute waren weniger Touristen am Meer. Vor allem waren kaum Inder zu sehen. Wir kamen nicht weit, da mir das Wetter auf den Kreislauf schlug. So liefen wir zurück zu Gregs Hütte und bestellten eine Kleinigkeit zum Mittagessen. An den Tisch nebenan setzte sich eine deutsche Familie, die jedoch überhaupt nicht begeistert war, von uns angesprochen zu werden. Typisch.
Da unser Zimmer noch nicht gemacht war, als wir zurückkamen, machten wir der Bedienung mit Händen und Füßen klar, dass wir heute keinen Service bräuchten, nur drei Flaschen Wasser und die Kaffeebeutel. Trotzdem stand der junge Mann 20 Minuten später erneut vor der Tür. „Room Service?“ Alles nochmal. Seine Englischkenntnisse waren schlechter als schlecht.
Nach dem Mittagsschlaf gab es den frischen Kuchen und einen leckeren Kaffee. Danach ging es ans Tagebuch. Leider funktionierte unsere Seite im Internet immer noch nicht. Auch Christian, der Administrator unserer Blogseite kam nicht dahinter, was da falsch lief.
Gegen Abend fing es in meinem Bauch an zu rumpeln. Waren es die Nudeln vom Mittagessen, die zu fettig waren? Vielleicht auch die unbekannte Soja Soße, die ich zu reichlich darüber gegossen hatte? Es könnten aber auch die Pilze gewesen sein, die unter die Nudeln gemischt waren. Egal, es putzte mich richtig durch. Danach war Ruhe. So gingen wir frohgemut an den Strand und aßen im Domino ein Gemüse Masala mit Reis. Im Shop nahmen wir die zwei Tischdecken mit, die Lakshmi besorgt hatte. Ob das Motiv der Elefanten oder das von Sonne-Mond-Sterne besser gefiel, blieb dahingestellt. Wir zahlten 1.700 INR (21 €) und bekamen einen dünnen, orangefarbenen Sarong dazu geschenkt.
Zurück im Hotel kamen neue Gäste an. Zwei Zimmer wurden mit deutschen Touristen belegt. Kurz danach fiel mal wieder der Strom aus. Was im Domino den tollen Effekt hatte, dass wir den Nachthimmel besser sehen konnten und die Dunkelheit die romantische Stimmung hob, machte hier leider das Lesen unmöglich und die Luft im Zimmer wurde schnell stickig. Nach einer guten halben Stunde gab es wieder Strom.
28.01.20, Dienstag
Um acht waren wir wach. Gegen halb neun saßen wir bereits gestylt auf dem Balkon. Schön, mal etwas früher aus den Federn zu kommen. Die deutschen Nachbarn rückten schon die Möbel auf dem Balkon, die Krähen schrien enorm laut. Eigentlich hatten wir ganz gut geschlafen.
Vila war aus seinem zweitägigen Kurzurlaub zurück. Er fragte, ob alles in Ordnung sei und ob wir das Frühstück schon bestellt hätten. Für den Abend empfahl er uns den Flohmarkt, der nur 15 Minuten mit dem Taxi von hier entfernt stattfinden würde. Wir hatten bereits unendlich viele Märkte in Asien gesehen und entschlossen uns, diesen Markt nicht zu besuchen.
Nach dem Frühstück machten wir uns fertig und gingen zum Strand. Nach einer guten halben Stunde weckte eine große Treppe, die 100 m entfernt vom Strand ins Dorf führte, unser Interesse und wir machten einen Abstecher dahin. An dieser Stelle des Strandes fanden sich auch heute unendlich viele Inder ein, spielten im Sand und tobten im Wasser. Als wir oben am Ende der Treppe ankamen, lag eine lange Straße, links und rechts mit Shops bepflastert vor uns. Ein Laden nach dem anderen bot hier Shirts, Hosen und T-Shirts an. Wir waren erstaunt, wie günstig hier alles war Das indische Shirt, welches Achim bei Lakshmi kaufte und den „Freundschaftspreis“ von 400 INR bezahlte, bekam man hier für 250 INR. Das ärmellose Shirt, mit welchem ich liebäugelte, gab es hier für 100 bis 150 INR, bei Lakshmi zum „unschlagbaren Preis, weil wir Freunde sind“ von 250 bis 350 INR.
Soviel zum Thema Freundschaft und Geschäfte. In den nächsten Tagen wollten wir hierher zum Shoppen zurückkommen. Wenn wir mit einem Tuk-Tuk zurückfuhren, bekam keiner was mit.
In einem uns noch unbekannten Lokal aßen wir ein Dal (Linsengericht) mit Reis. Wie meist, teilten wir uns eine Portion und waren satt. Als wir ins Hotel zurückkamen, war der Roomservice leider immer noch nicht da, obwohl es schon 14 Uhr war. Wir waren mit Sand voll besudelt, weil uns eine indische Gruppe leider überall angefasst hatte, als wir ein Bild mit dem eingebuddelten Inder und seinen vielen Freunden machten. Der Sand klebte im Nacken, am Oberarm und am Shirt. Während ich duschte, wollte der Service ins Zimmer. Das Englisch der Beiden war leider mehr als mangelhaft. So erklärte ihnen Achim, dass sie bitte in zehn Minuten wiederkommen sollten. Gemütlichen Schrittes gingen sie weiter zum nächsten Zimmer und ließen sich eine Stunde nicht sehen. Um 15 Uhr wurde mir die Warterei zu viel und ich legte mich zum Mittagsschlaf. Sie konnten es einfach nicht verstehen, dass Achim sie jetzt nicht ins Zimmer lassen wollte. So gaben sie ihm schließlich die täglichen drei Flaschen Wasser, die Kaffeetütchen und frische Handtücher. So war Kaffee und Kuchen nach dem Schlaf in jedem Fall gesichert. Es blieb nichts Anderes übrig, als später Vila darum zu bitten, dass unser Zimmer ab morgen etwas früher gemacht wird. Schließlich waren wir zehn Tage hier und andere nur zwei oder drei Nächte. Das sollte einen kleinen Vorteil wert sein. Wenn wir um elf außer Haus gingen und dann drei Stunden unterwegs waren, musste es ja möglich sein, in dieser Zeit unser Zimmer zu machen.
Nach dem Kaffee sortierte Achim die Sachen in seinem Koffer, ich schrieb Tagebuch. Leider war es uns noch nicht möglich, eine Wäscherei zu finden. Jeder empfahl uns, das Hotel zu fragen. Vila hatte uns am ersten Tag versprochen eine Wäscheleine zu spannen. Daraus wurde bis heute, dem 6.Tag noch nichts. „Habe ich vergessen…“
Da wir trotz mehrfacher Versuche unseren Blog immer noch nicht hochladen konnten, beschlossen wir, heute den Laptop mit an den Strand zu nehmen und es dort in einem der Restaurants zu versuchen. Schließlich werben alle mit “free WiFi“. So machten wir uns etwas früher auf und gingen ins Domino. In Vionas Shack sprach die Chefin Achim an: „Warum geht ihr an meinem Laden immer vorbei? Ihr könnt auch mal bei mir etwas essen und trinken.“ Noch entschieden wir selbst, wann und wo wir essen gingen. Vor zwei Tagen hatten wir dort gegessen und waren mit der viel zu lauten Musik nicht einverstanden. Essen schmeckte wie überall.
Leider funktionierte auch im Domino das Hochladen des Blogs nicht. Dafür schmeckte das Essen wieder lecker. Gemüse Masala mit Tofu und Reis, dazu Knoblauchbrot, Salat, eine Flasche Wasser und ein kleines Bier, alles für knapp 7 €. Mutter Lakshmi hatte in ihrem Shop Kundschaft, was es uns ermöglichte, schnell vorbeizugehen. So saßen wir noch eine halbe Stunde auf dem Balkon und genossen die abendliche Ruhe (wenn man vom unendlichen Bellen der Hunde und dem ewigen Krächzen der Krähen absah).
29.01.20, Mittwoch
Wie kam es, dass man hier in manchen Nächten bis zu zehn Stunden schlafen konnte? Lag man tatsächlich so lange wach in der Nacht? Gegen halb neun standen wir auf und bereiteten uns aufs Frühstück vor. Der Toast war heute steinhart und das Rührei bereits kalt. Asiaten hatten tatsächlich nichts mit warm oder kalt beim Essen am Hut. Auch die Reihenfolge war ihnen gleichgültig. Was zuerst fertig war, kam auf den Tisch. So konnte es geschehen, dass der Salat als Dessert kam und der Reis auf den Tisch gestellt wurde, obwohl noch nichts Anderes da war.
Wir fragten Vila, ob unser Zimmer in Zukunft früher gemacht werden konnte, und einigten uns darauf, dass sein Personal um elf Uhr in unserem Zimmer begann. War doch schon mal ein Anfang. Mal sehen, ob es heute klappte. Wir planten heute, in der tollen Einkaufsmeile Shirts und Hosen zu kaufen und am ATM Geld abzuheben. Danach wollten wir mit dem Tuk-Tuk zurückfahren. So konnte Mutter Lakshmi nichts davon mitbekommen. Würde uns zwar nichts ausmachen, aber wir mussten ja kein zusätzliches Öl ins Feuer schütten.
Gegen elf Uhr zogen wir los und marschierten eine große Strecke am Strand entlang, auch über den Punkt hinweg, wo die Straße ins Dorf abging. Es waren wieder viele Inder da. An jedem zweiten Lokal wurden wir angesprochen, uns auf die Liegen zu legen oder mindestens etwas zu trinken. Wäre kein Job für mich. Später liefen wir zurück und schlugen den Weg zur Shopping Meile ein. Wir kauften, was in die Tüten ging: Kurze Jeans (Stück um die sechs Euro), Shirts und T-Shirts (ab 1,30 €), Hosen und Hemden aus Leinen, die zunächst öfters gewaschen werden mussten, damit sie weich und tragbar wurden. Es machte richtig Spaß, bei diesen Preisen zu kaufen.
Zum ATM sollten es, laut den Verkäufern, nur noch wenige hundert Meter sein. „Gleich hinter dem nächsten Verkehrskreisel.“ Und wo waren wir da? Mitten im Dorf, ganz in der Nähe des Marktes.
Da bereits 13 Uhr war, setzten wir uns in ein Lokal und bestellten vegetarisches Thali. Was kam, hätte für eine ganze Kompanie gereicht. Die einzelnen Speisen waren leicht bis mittel, zum Teil sogar richtig scharf, aber sehr lecker. Wir schafften jeder nur die halbe Portion. Zusammen zahlten wir wieder nur 6 €. Da es nicht mehr weit war, liefen wir zum Markt, kauften frischen Kuchen und zehn Mandarinen. Beim ATM zogen wir 3 mal 10.000 INR (je 127 €). Ein Wachmann ging uns tatkräftig zur Hand, da wir uns zwei Mal vertippten. „Der Staat hat das Abheben auf 10.000 INR begrenzt, um Betrug zu erschweren“, erklärte er uns auf die Frage, warum man nicht mehr mit der Kreditkarte abheben konnte. Dafür konnten wir mehrfach hintereinander abheben. War nicht ganz logisch. Anschließend nahmen wir ein Tuk-Tuk und ließen uns ins Hotel fahren. Wir waren erstaunt, was wir für unser Geld alles bekommen hatten. Nach einer Dusche machte ich Mittagsschlaf. Auch Achim war so erledigt, dass er sich hinlegte und einschlief. Gegen halb fünf wachten wir auf, da von draußen Lärm ins Zimmer drang. Es wurde gehämmert, gesägt und Möbel geschoben. So setzten wir uns nach draußen und genossen den frischen Kuchen und die Kekse. Welch Wunder, Vila hatte an die Wäscheleine gedacht. Ob es sich überhaupt noch lohnte, so kurz vor der Weiterreise noch zu waschen?
Da wir zum Mittagessen das Thali hatten, verspürten wir keinen Hunger, nur Fressgelüste. Wir gingen eine Stunde später zum Strand und landeten im Rosarios, dem Lokal, in welchem wir am ersten Tag gegessen hatten. Die Bedienung, ein Nepalese, freute sich, uns wiederzusehen. Wir waren fast die einzigen Gäste. So hatte er ausgiebig Zeit, sich das Fußballspiel im TV anzusehen. Heute Abend war es sehr windig und kühl. Das Meer rauschte und schlug hohe Wellen. Ungewohnt und laut. Trotzdem bot der Himmel ein herrliches Farbspektakel. Das Essen, heute nur eine Suppe und einen Salat, reichte aus. So waren wir schon gegen 20 Uhr wieder zurück. Selbst Mutter Lakshmi hatte ihren Laden wetterbedingt bereits geschlossen. Wir setzten uns noch eine halbe Stunde auf den Balkon, bevor wir dann eine Dusche nahmen und den Rest des Abends mit Lesen verbrachten.
30.01.20, Donnerstag
Nach Mitternacht krachten Böller und Schüsse. Ob es eine Feier war, oder der Versuch die Krähen zu verscheuchen, konnten wir nicht feststellen. Danach machten sich die Moskitos über mich her. Es kam mir vor, als sei es ein ganzer Schwarm. Ich ging leise ins Bad und sprühte mich mit Anti Moskito Spray ein. Danach war Ruhe. Gegen sechs hörte ich im Nachbarzimmer ein Schimpfen und Fluchen. Jetzt versuchten die Moskitos anscheinend den Nachbarn zu piesacken. Gegen halb neun standen wir auf. Draußen erschien es uns heute kühl und windig. Wir beschlossen, entgegen unserer sonstigen Gewohnheit, heute einen Strandtag zu machen. Wir legen uns eigentlich nie in die Sonne. Achim wollte sich probehalber eine Massage machen lassen. Ich packte Lesestoff und Sonnencreme ein. Lakshmi meinte, es seien so wenige Touristen da, weil Thomas Cook Pleite gemacht hätte. Dass die Globalisierung auch ganz andere Auswirkungen hatte, kam ihr nicht in den Sinn. Als sie im Gespräch hörte, dass uns allein das Visa über 200 € kostete und das umgerechnet fast 200.0 INR waren, fiel sie beinahe in Ohnmacht. Sie konnte nicht verstehen, wo das ganze Geld blieb, wenn ein Visum schon so viel kostete, wie sie in zwei Monaten umsetzen musste, um existieren zu können. Wenn sie es nicht verstand, wie sollten dann wir es kapieren? Am Strand gingen wir links herum in Richtung Süden. Das Meer hatte sich extreme Mengen am Strand abgegraben und wieder eine steile Kante im Sand gebildet. Enorm, welche Kraft Wasser hatte. Wir gingen gut einen Kilometer, bevor wir uns entschlossenen, ins Little Ibiza zu gehen. Deren Liegen sahen zwar gammelig aus, aber die Handtücher darauf waren frisch. Die Inderin, die uns ansprach, erschien uns recht bedürftig. „Ja, die Massage ist gut, das Essen ist sauber, die Toiletten sind sauber und die Säfte sind frisch.“ Damit waren die wichtigsten Fragen beantwortet und wir hatten die Auswahl zwischen gut 50 Liegen, die heute anscheinend keiner wollte. Bei dem lebhaften Wind kein Wunder. Auch in den Nachbaranlagen war kaum etwas los. Nach und nach kamen noch einige Touristen dazu. Die Bedienung aus dem Restaurant wollte uns direkt die Mittagskarte bringen Wir vertrösteten ihn auf später und bestellten zunächst frischen Saft und eine Flasche Wasser.
Die „Masseurin“ fing umgehend bei Achim an, ihre Kunst zu zeigen. „Denk daran, eine Stunde und 5 Minuten“, machte Achim noch einen Scherz. Die Stunde sollte 800 INR kosten (gut 10 €). Sie schmierte und knetete. „Dafür hätte ich mir besser noch ein halbes Dutzend T-Shirts gekauft“, war Achims anschließender Kommentar, da er schon bessere Massagen erlebt hatte. Trotzdem war es ein schweres Los, auf diese Art sein Geld zu verdienen. Kurz nach 13 Uhr bestellten wir uns das Mittagessen, vergaßen aber, „nicht scharf“ zu erwähnen. So kam, was kommen musste: Im Essen war massig grüner Chili. Ob wir die Schärfe schon gewohnt waren? Es machte uns in der Tat wenig aus und wir aßen mit großem Appetit. Danach legten wir uns noch eine halbe Stunde auf die Liegen, bevor wir uns auf den Weg zurück machten. Viele der Inder gingen tatsächlich mit Jacken oder Pullover spazieren. Ins Wasser ging heute kaum jemand.
Auch die Banana Rides, Air Jumper und Para Sailer warteten heute vergebens auf Kundschaft.
Die Dusche im Hotel tat gut. Endlich den Sand abspülen. Die Sonne hatte, trotz wir im Schatten lagen, kräftig zugeschlagen. Der Schlaf hinterher tat gut. Danach gab es zum Kaffee und Tee den restlichen Kuchen und die Kekse vom Vortag. Während Achim sein Buch weiterlas, schrieb ich Tagebuch. Vila schwirrte mal wieder vorbei. „Habt ihr gesehen, dass ich euch ein extra Handtuch gegeben habe?“ Wir verstanden zwar Sinn und Zweck des Handtuchs nicht, legten es aber gerne im Badezimmer auf die Ablage. Hätte er mal besser heute keine drei Flaschen Wasser ins Zimmer stellen lassen. Darum hatten wir ihn am Morgen gebeten, da wir bald einen Handel mit Wasser eröffnen konnten. Diesen Wunsch gab er zwar direkt an den Roomservice weiter., doch war es nicht klar, ob es bis zum morgigen Putzen noch einer von ihnen behielt.
Zum Abendessen gingen wir gleich links am Strand in Vionas Shack, die wir Ganovenhochburg nannten. Heute gab es eine andere Crew. Der junge Mann erinnerte uns sehr an Hamdan in Indonesien / Lombok. Er jammerte die ganze Zeit, erzählte von Europäern, die seine Kinder finanziell unterstützen würden und gab den ganzen Abend keine Ruhe. Das Essen war recht lecker. Wir versuchten zum ersten Mal süß sauer. Während wir die Bestellung aufgaben, kam ein älteres, schwäbisches Ehepaar und fragte nach dem Café Roma, einem Literatur Café, gleich neben der deutschen Bäckerei. Den Namen hatten wir in der unendlichen Dichte der Lokale schon gesehen, waren uns jetzt aber nicht sicher, ob rechts oder links. „Komm Fraule, mer laufe jetzt and Hauptstross und nämme uns a Taxi…“ Der bärtige Schwabe lief einfach los, während seine Frau noch mit uns über die Literaturveranstaltung redete.
In der Tat war es heute Abend recht kühl. Achim hätte gerne seine leichte Jacke angezogen, wenn sie nicht gut versorgt im Hotel im Koffer geruht hätte. Tatsächlich liefen die zwei Bedienungen jetzt in Anoraks herum. Es windete und das Meer warf seine Wellen an den Strand. Ob morgen wieder so viel Strand im Meer verschwunden war?
Zum Glück kamen zwei russische Ehepaare, die ihre Meeresfrüchte mitbrachten und diese in der Küche zubereiten ließen. So war unsere Bedienung endlich abgelenkt. Lakshmi hatte ihren Laden längst geschlossen, als wir anschließend ins Hotel gingen. Wer wollte bei diesem Wetter auch Kleidung kaufen. Die Deutschen im Nachbarzimmer waren heute abgereist. Trotzdem brannte Licht und die Klimaanlage lief. Welch eine Verschwendung.
Wir setzten uns heute nicht auf den Balkon, da es zu kühl war. Im Zimmer war es dagegen angenehm, da sich die Wärme des Tages gut gehalten hatte. Gegen halb elf war für uns der Tag gelaufen und wir löschten das Licht.
31.01.20, Freitag
Wie uns Vila erzählte – und wir im Unterbewusstsein mitbekamen – waren um vier Uhr im Nachbarzimmer neue Gäste aus Deutschland eingezogen. Ansonsten war die Nacht ruhig und wir hatten recht gut geschlafen.
In den Kontoauszügen sah ich, dass wir zum Umrechnungskurs 10.0 INR = 130 € mit der Master Card Geld gezogen hatten. Das war ein recht guter Kurs. So lagen wir in den bisherigen Umrechnungen recht realistisch.
Wir machten uns nach dem Frühstück auf den Weg ins Dorf. Lakshmi passte uns ab, da an „ihr ja kein Weg vorbeiführte“. „Wollt ihr nicht noch die ein oder andere Kleinigkeit bei mir kaufen, bevor ihr übermorgen abreist?“ Wenn sie wüsste, dass wir im Dorf die ganzen Klamotten gekauft hatten – und das zu Preisen, da würde ihr die Schamesröte ins Gesicht steigen.
Das Meer hatte wieder eine recht große Fläche des Sandstrandes abgegraben. Es kam in früheren Zeiten schon vor, dass die Lokale, die ja meist zwischen 15 und 40 m vom Meer entfernt lagen, evakuiert werden mussten, da das Wasser drohte, sie zu untergraben. Das läge aber schon einige Jahre zurück.
Heute war es nicht mehr so windig und die Sonne brannte kräftig vom Himmel. Da Achim ohnedies noch mit dem Sonnenbrand von gestern zu tun hatte, dehnten wir unseren Strandspaziergang nicht so weit aus. In der Apotheke erstanden wir ein Mittel gegen den grauen Star, welches sich eine Freundin gewünscht hatte. Angeblich sollten die verschreibungspflichtigen Tropfen gegen Haarausfall helfen. In Deutschland kostete eine Tropfflasche um die 60 €. Hier bekamen wir die Flasche für etwas mehr als 6 € und konnten mitnehmen, soviel wir wollten. Hauptsache, wir zahlten bar.
In einer Sackgasse sah Achim einen Friseur. Bei ihm ließ ich mir für umgerechnet 2 € die Haare kurz schneiten. Der Anblick danach war auch für mich befremdend, fühlte sich aber bei der Hitze angenehm an. Auf dem Markt kauften wir Bananen, Mandarinen, Trauben und Passionsfrüchte für knapp 4 €. Die Tage bis zur Weiterreise waren obstmäßig gesichert. Dazu kamen noch Kekse und Kuchen aus der Bäckerei und ein kleines Mittagessen im einheimischen Lokal. Achim aß einen gemischten Salat mit Naan Brot, ich eine Gemüsesuppe mit Reis. Mit einer großen Flasche Wasser machte das mal wieder 6,50 €. Das Tuk-Tuk zurück kostete, wie immer, 2 €.
Während Achim sich auf den Balkon setzte um zu lesen, duschte ich, um die kleinen Haarreste loszuwerden. Danach folgte der tägliche Mittagsschlaf. Die anschließende Krönung war der Kaffee mit frischem Kuchen und gemischtem Obst. So ließ es sich bis zum Abendessen bestens aushalten.
Zum Abendessen entschlossen wir uns, ein letztes Mal in Gregs Café zu gehen, weil es uns dort immer besonders gut schmeckte. Unterwegs jammerte uns Lakshmi wieder ihr Leid: Schlechtes Wetter, unendliche Kopfschmerzen und kein Geschäft. Ich empfahl ihr, den Laden für heute zu schließen und nach Hause zu gehen. „Vielleicht kauft ihr morgen zum Abschied noch eine Kleinigkeit bei mir? Ich freue mich, euch morgen zu sehen.“ Ich konnte es langsam nicht mehr hören.
Die Bedienung im Gregs begrüßte uns überfreundlich. Wir bestellten, baten darum, die zu laute Musik etwas zu reduzieren und freuten uns über den herrlichen, blutroten Himmel. Auch der helle Abendstern und der Mond waren zu sehen. Heute Abend waren mehr Besucher in den Lokalen. Während wir das Essen genossen, gab es zwei Lokale nebenan Randale. Eine Gruppe von fünf jungen Indern hatte offensichtlich einen über den Durst getrunken und legte sich jetzt mit der Bedienung an. Auch untereinander fingen sie an, sich zu prügeln. Sie verließen das Chelsea und taumelten in unsere Richtung. Zwei der ganz besoffenen wälzen sich immer wieder im Sand. Bei Greg angekommen, legte sich der Besoffene einfach auf einen der Matratzen Stapel, gleich neben unserem Tisch. Einer der Jungs aus dem Lokal ging sofort zu ihm und fordert ihn auf, zu gehen. Ein anderer aus der Gruppe erfasste die Situation und versuchte, ihn in Richtung Strand zu ziehen. Der Typ schien jedoch ganz auf Randale programmiert. Als ein zweiter der Bedienung und ein bulliger Engländer vom Tisch nebenan sich erhoben, sah er ein, dass er nur den Kürzeren ziehen konnte. Gemeinsam zog die Gruppe in Richtung Strand davon. Kurz darauf kam die Touristenpolizei, die vermutlich von einem der Lokale gerufen worden war und kassierte die Gruppe ein. Erstaunlich, wie lammfromm der zuvor total Besoffene plötzlich war.
Zurück im Hotel setzten wir uns eine halbe Stunde auf den Balkon, bevor wir uns dann zum Lesen ins Zimmer zurückzogen.