Читать книгу Sophienlust Extra 13 – Familienroman - Gert Rothberg - Страница 3

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Alexander von Schoenecker sah seinen Sohn lachend an. »Sieh einer an, Sascha, wir glauben, dass du in Heidelberg bist und studierst, statt dessen fährst du in der Weltgeschichte herum.«

»Aber Vati!« Der zwanzigjährige Sascha sah seinen Vater ein wenig vorwurfsvoll an. »Du scheinst jetzt auf einmal deine eigene Studienzeit vergessen zu haben. Ich erinnere mich aber sehr gut an das, was du mir einmal erzählt hast. Du hast recht oft vom Blaumachen gesprochen.«

Denise von Schoenecker stieß ihren Mann an. »Siehst du, Alexander, man soll den Kindern nie viel erzählen. Bei Henrik werden wir vorsichtiger sein.«

Alexander von Schoenecker hob die Schultern. »Das war ja auch kein ernst gemeinter Vorwurf. Ich habe mich nur gewundert, dass Sascha mehrere Tage in Seewiesen war.«

»Ganz einfach, Vati«, erwiderte Sascha. »Ich habe einen Kommilitonen, der aus dem schönen Kurort Seewiesen stammt. Er hatte Michael Langenbach und mich über das Wochenende zu sich nach Hause eingeladen. Und jetzt haben wir eben noch den Abstecher zu euch gemacht. Eigentlich aus einem besonderen Grund.« Saschas schmales Gesicht wurde ernst. Er sah jetzt Denise an. »Mutti, ich glaube, ich habe einen Schützling für Sophienlust gefunden.«

Alexander von Schoenecker seufzte. »Als ob Mutti ihre Schützlinge erst suchen müsste. Ich glaube, in Sophienlust ist wieder einmal das letzte Bett belegt.«

Denise winkte ab. »So weit kommt es selten, Alexander. Für Notfälle haben wir immer noch einen Platz.«

Alexander von Schoenecker legte den Arm um seine Frau. »Ich weiß, Denise, du würdest auch unsere Betten noch zur Verfügung stellen, wenn es sein müsste. Ich habe ja auch nichts dagegen, dass du hilfst, sooft es möglich ist.«

»Dann lass Sascha jetzt erzählen, Alexander«, bat Denise.

Sascha sah die Mutter dankbar an. »Ja, ich muss es endlich loswerden. Wir waren in Seewiesen einige Male im Hotel ›Regina‹. Dort gab es nämlich eine besonders gute Band, die zum Tanz aufspielte. Mein Kommilitone Hans kennt die Inhaberin dieses Hotels. Sie ist so alt wie er: ganze zweiundzwanzig Jahre.«

»Donnerwetter!«, entfuhr es Alexander von Schoenecker. »Ein jugendliches Alter für eine Hotelbesitzerin.«

»Ja«, bestätigte Sascha, »aber so freiwillig ist Elisabeth Winkler – so heißt das Mädchen – nicht Hotelbesitzerin geworden. Ihre Eltern sind vor Kurzem tödlich verunglückt. Dadurch war Elisabeth gezwungen, das Hotel nun selbst weiterzuführen. Aber zunächst ist sie wohl vor allem damit beschäftigt, den Besitz zu erhalten. Er soll stark verschuldet sein. Elisabeth Winkler hat große Sorgen. Vor allem auch dadurch, dass sie noch eine sechsjährige Schwester hat. Ein ganz liebes blondes Mädchen. Wirklich, Mutti, allein der Anblick der kleinen Marietta erschüttert einen. Sie geht ganz verloren umher, spielt mit den anderen Kindern nicht mehr und scheint den Tod der Eltern nicht verwinden zu können. Ihre Schwester Elisabeth kann sich durch den Hotelbetrieb viel zu wenig um sie kümmern. Deshalb meine ich, Marietta täte es gut, für einige Wochen in Sophienlust sein zu können. Bei anderen Kindern.«

»Meinst du denn, dass sich Elisabeth Winkler von der kleinen Schwester trennen würde?«, fragte Denise.

»Zunächst sah das nicht so aus. Als ich ihr aber von Sophienlust erzählte, davon, wie unsere Kinder leben und wie gut sie betreut werden, leuchteten ihre Augen auf. Sie sagte: ›Ja, das würde ich Marietta wünschen. Vielleicht könnte sie dann leichter vergessen.‹ Weißt du, Mutti, ich bin der Meinung, du solltest einmal nach Seewiesen fahren und mit Elisabeth Winkler sprechen. Das ist etwas ganz anderes, als wenn ich das tue. Schau, ich bin jetzt eigens nach Hause gekommen, um dir von Marietta zu erzählen. Ich kümmere mich sonst nicht so sehr um Kinder, aber das kleine Mädchen ist mir aufgefallen. Übrigens hat Marietta ein Eichhörnchen. Es heißt Tuck und ist zahm wie ein Haustier. Elisabeth Winkler erzählte mir, dass ihr Vater das Eichhörnchen einst gefunden habe. Es war damals verletzt und noch ganz jung. Deshalb hat es sich wohl so gut eingelebt.«

»Ach so, und du meinst, mit dem Eichhörnchen bekäme deine Schwester Andrea wieder einmal Zuwachs für ihr Tierheim«, warf Alexander von Schoenecker ein.

»Nein, Vati, das glaube ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Marietta von ihrem Tuck trennt. Die beiden sind auf Schritt und Tritt beisammen. Ich habe Marietta nie ohne das Eichhörnchen gesehen. Ihm scheint all ihre Liebe zu gehören.«

»Warum sollte Marietta das Eichhörnchen nicht auch in Sophienlust behalten dürfen? Wenn es zahm ist und nicht zu viel anstellt, können wir es doch ertragen. Für unsere Kinder wäre das einmal etwas neues.« Denise lächelte. »Ein Eichhörnchen fehlt uns noch in unserer Sammlung.«

Alexander von Schoenecker sah seine Frau von der Seite her an. »Das heißt also, dass du nach Seewiesen fahren willst, Denise?«

»Das werde ich wohl tun müssen, Alexander, wenn Sascha die kleine Marietta so am Herzen liegt. Kommst du mit, Alexander? Ich meine, wir könnten uns auch wieder einmal zwei oder drei Tage Urlaub nehmen.

»Ja, der Meinung bin ich auch, Denise. Was unser Sohn sich leisten kann, steht auch uns zu.« Alexander von Schoenecker erhob sich und blinzelte Sascha vergnügt zu. »Ich muss jetzt aufs Gut hinüber. Ihr werdet euch sicher noch länger unterhalten wollen. Tut das ruhig mal. Viel Gelegenheit dazu bietet sich ja nicht, seitdem du in Heidelberg bist. Ich werde zusehen, dass ich bald zurückkommen kann.«

*

Das Hotel »Regina« in Seewiesen war ein alter, sehr repräsentativer Fachwerkbau. Doch es hatte modern eingerichtete Fremdenzimmer, gediegene Aufenthaltsräume und war bekannt für seine gute Küche. Zum Hotel gehörten eine Liegewiese, ein Schwimmbad und ein Fischweiher.

Dieses Schwimmbad war kurz vor dem Tod des Ehepaares Winkler der Anstoß dazu gewesen, dass eine alte Feindschaft sich von neuem entzündet hatte.

Das Nachbarhotel »Hohenstaufen« gehörte der Familie Balthoff. Oder besser – Herma Balthoff. Die zweiundfünfzigjährige Hoteliersfrau führte seit dem Tod ihres Mannes den Betrieb allein. Obwohl sie bereits einen sechsundzwanzigjährigen Sohn hatte, der überall als besonders tüchtig bekannt war, gab sie das Zepter nicht aus der Hand.

Zwischen den Balthoffs und den Winklers hatte es schon immer kleine Zwistigkeiten gegeben, die meistens auf Konkurrenzneid fußten. Doch seitdem Friedrich Winkler das Schwimmbad gebaut hatte, war Herma Balthoff besonders neidisch. Denn sie hatte inzwischen zu oft erleben müssen, dass Gäste es vorzogen, wegen des Schwimmbades im Hotel »Regina« zu wohnen.

Eigentlich hätte sich Herma Balthoff deshalb keine grauen Haare wachsen lassen müssen. Sie war sehr vermögend und stand ohne jegliche Schulden da. Auch ihr Geschäft florierte. Aber Herma Balthoff war eine herrschsüchtige Frau – in der Familie, ihren Angestellten gegenüber und auch, wenn es darum ging, das beste Hotel im Ort zu haben.

Friedrich Winkler hatte sich mit all den Neuerungen in seinem Hotel und durch den Bau des Schwimmbades in Schulden stürzen müssen. Aber ihm war trotzdem nicht bange gewesen, denn er hatte ja damit rechnen können, dass das Schwimmbad das Geschäft fördern und dass ihm die Rückzahlung der Hypotheken damit ein leichtes sein würde.

Aber der Tod hatte einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Elisabeth Winkler hatte das Hotel mit zweiundzwanzig Jahren übernehmen müssen, da sie es nicht hatte verkaufen wollen. Das hätte ihr widerstrebt. Zum einen hatten ihre Eltern das Hotel aufgebaut, zum anderen war Elisabeth darin groß geworden. Sie hatte auch die Hotelfachschule besucht und konnte sich zutrauen, das elterliche Unternehmen weiterzuführen.

Doch das wurde ihr nicht nur durch die Belastungen schwergemacht, sondern vor allem durch die Intrigen Herma Balthoffs. Elisabeths Feindin hatte nach dem Tod des Ehepaares Winkler Morgenluft gewittert. Zu gern hätte sie das Hotel »Regina« mit ihrem Hotel »Hohenstaufen« vereinigt. Es wäre ihr auch nicht schwergefallen, das Geld für das Hotel »Regina« auf den Tisch zu legen. Aber Elisabeth Winkler hatte abgelehnt.

Seither war Herma Balthoff Elisabeths eingeschworene Feindin. Es gab genug Leute im Ort, die wussten, dass Herma Balthoff gesagt hatte, früher oder später würde sie doch noch in den Besitz des Hotels »Regina« kommen.

Elisabeth hätte diese Drohungen nicht so sehr gefürchtet, wenn Herma Balthoff nicht die Mutter des Mannes gewesen wäre, den sie liebte.

Seit Langem schon traf sich Elisabeth heimlich mit Jost Balthoff.

Auch heute standen die beiden am späten Abend hinter einem Gebüsch am Fischweiher. Jost hatte diesmal lange auf Elisabeth warten müssen, weil es ihr nicht möglich gewesen war, das Hotel früher zu verlassen.

Jetzt zog Jost das hübsche, braunhaarige Mädchen an sich. »So kann es doch zwischen uns nicht weitergehen, Elisabeth. Wir müssen endlich Farbe bekennen. Ich bin es leid, mich mit dir immer so verstohlen treffen zu müssen.«

Das Licht aus den Fenstern des Hotels fiel bis zum Fischweiher. Elisabeth konnte Josts Gesicht deutlich erkennen. Dieses dunkle, von der Sonne gebräunte Gesicht mit den grauen Augen und dem dunkelblonden vollen Haar.

Elisabeth lehnte sich an Jost. Sie war groß und schlank, aber er war noch einen Kopf größer als sie. Es tat ihr wohl, die Geborgenheit in seinen Armen zu spüren, und doch war sie unruhig. »Ich wünschte auch, dass wir uns zueinander bekennen könnten, Jost, aber wie sollen wir das machen? Deine Mutter wird nie erlauben, dass du mich zur Frau nimmst. Du tust immer so, als würdest du das vergessen. Aber du kennst doch deine Mutter am besten.«

»Ja, das ist wahr.« Josts Gesicht verfinsterte sich. »Ich verstehe meine Mutter einfach nicht. Sie könnte doch froh sein, dass sie eine so tüchtige Schwiegertochter wie dich kriegen soll. Aber nein, du darfst es nicht sein.«

»Ich weiß, woher ihre Abneigung gegen mich kommt, Jost. Meine Mutter hat es mir anvertraut. Deine Mutter hat meinen Vater sehr gern gehabt. Sie hat ihm nie verziehen, dass er sie nicht genommen hat. Aber er liebte eben meine Mutter.«

»Und mit der war er ja auch sehr glücklich, Elisabeth. Wenn ich daran denke, wie friedlich es bei euch zuging, sehne ich mich nach solch einem Familienleben. Bei uns war es nie so. Mein Vater hatte kein leichtes Leben. Mutter wollte ja auch ihn beherrschen. Wenn sie dann auf Granit biss, war der Teufel los. Aber reden wir nicht von diesen Dingen. Wir sollten uns lieber überlegen, was wir tun müssen. Ich bin längst großjährig. Ich kann tun und lassen, was ich will. Ich kann also auch heiraten. Aber wie soll das gehen, wenn ich meine Mutter allein lasse und ein Haus weiter mit dir lebe?«

»Das ist kein Weg, Jost.« Elisabeth kämpfte mit den Tränen. »Ich will nicht, dass du meinetwegen mit deiner Mutter brichst. Das würde sie erst recht erzürnen, und wir kämen aus dem Streit nicht heraus. Ich habe jetzt schon genug auszustehen, weil mir deine Mutter überall Steine in den Weg wirft. Aber das eine sollst du wissen, Jost, unser Hotel wird sie nicht bekommen. Wenn ich nur diesen Sommer überstehen kann, dann werde ich es schon etwas leichter haben. Hoffentlich bleibt das Wetter so gut. Dann ist das Hotel immer voll besetzt. Ich sitze jeden Abend in meinem Zimmer und rechne.«

Jost seufzte. »Ich sehe dann immer das Licht in deinem Zimmer. Weißt du, wie mir dann zumute ist? Ich möchte dann am liebsten zu dir laufen und dir helfen. Es ist doch ein Widersinn, dass du deine Sorgen mit Klaus Rauscher besprechen musst, ich dir aber nicht beistehen kann. Ich verstehe doch auch genug vom Geschäft.« Josts Stimme klang aufgebracht.

»Klaus Rauscher ist nun mal unser Hoteldirektor, Jost. Hätte mein Vater nicht einen dreijährigen Vertrag mit ihm abgeschlossen, wäre mir allerdings wohler. Ich glaube nämlich, dass ich auch ohne Direktor auskommen könnte. Das hohe Gehalt für Klaus Rauscher würde ich gern sparen. Aber ich bin gezwungen zu warten, bis der Vertrag abgelaufen ist.«

»Und das dauert noch ein ganzes Jahr, Elisabeth. Vielleicht das entscheidende Jahr in deinen Sorgen. Aber ich weiß auch nicht, wie du diesen Mann loswerden könntest. Ich selbst kann ihn absolut nicht ausstehen. Abgesehen davon, dass er so gut bezahlt werden muss, stört mich seine Art. Er ist noch nicht einmal vierzig, aber er benimmt sich, als gäbe es keinen Hotelfachmann, der erfahrener wäre als er. Und wie er sich dir gegenüber verhält, das regt mich am meisten auf.«

Elisabeth versuchte Jost zu beschwichtigen. »Damit tust du ihm vielleicht doch unrecht, Jost. Gut, er hat eine etwas herausfordernde Art, aber ich lasse mir von ihm nichts vormachen. Sowenig mir das an sich liegt, aber ihm gegenüber muss ich herauskehren, wer der Herr im Hotel ist.« Jetzt lachte Elisabeth zum ersten Mal an diesem Abend. »Ich weiß, dass Klaus Rauscher sonst alles an sich reißen würde. Aber er ist beim Personal nicht sonderlich beliebt. Ich glaube, Vater hatte es auch schon bereut, diesen Mann eingestellt zu haben.« Elisabeth ging ein paar Schritte weiter. »Komm, gehen wir noch ein Stückchen um den Weiher herum, Jost. Und lass uns nun von etwas anderem reden. Mit dem Geschäft muss ich mich den ganzen Tag beschäftigen.«

Jost legte den Arm um Elisabeths Schultern. So spazierten sie den schmalenWeg am Weiher entlang. Doch schon nach einer Viertelstunde sah Elisabeth zum Hotel zurück. Sie werden mich vermissen, Jost. Ich muss zurück. Marietta wird sicher schon auf mich warten.«

»Aber Elisabeth, deine Schwester schläft doch sicher schon längst!« Jost wollte das geliebte Mädchen noch zurückhalten.

»Ich fürchte, sie wird nicht schlafen.« Elisabeths Stimme klang sehr bedrückt. »Schlimmer als die Geldsorgen ist der Kummer um Marietta. Wenn ich sie doch nur einmal wieder lachen sehen könnte!«

»Das wird sie sicher bald wieder tun, Elisabeth«, tröstete Jost. »Seit dem Tod deiner Eltern ist noch zu wenig Zeit vergangen.«

»Das denke ich auch immer, aber dann kommt wieder die große Angst über mich, Marietta könnte für alle Zeit Schaden genommen haben. Sie ist verstört und nicht wiederzuerkennen. Wenn sie wenigstens von unseren Eltern sprechen würde, aber sie vermeidet es. Wenn sie mich dann mit ihren blauen Augen so traurig ansieht, möchte ich am liebsten mitweinen. Dieses furchtbare Unglück hätte nicht passieren dürfen. Ich selbst komme mir auch oft vor, als sei ich plötzlich eine andere geworden. Manches tue ich wie unter Zwang, immer mit der Angst im Rücken, es doch falsch zu machen.«

Jost brauchte geraume Zeit, bis Elisabeth wieder Mut gefasst hatte. Als sich die beiden voneinander verabschiedeten, wussten sie nicht, wann es ihnen wieder gelingen würde, sich irgendwo heimlich zu treffen.

Elisabeth betrat das Hotel »Regina« durch eine Hintertür. Sie hoffte, dass niemand sie beobachtet hatte. Doch auf der Terrasse stand, im Schutz von Ziersträuchern, ein Mann. Es war der Hoteldirektor Klaus Rauscher. Er hatte beobachtet, dass Elisabeth verstohlen das Hotel verlassen hatte und deshalb seinen Posten bezogen.

Klaus Rauscher interessierte es brennend, was seine junge Chefin tat. Er wusste, dass sie mit Jost Balthoff mehr als befreundet war.

Jetzt zupfte Klaus Rauscher nervös an seinem schwarzen Lippenbärtchen und biss sich auf die Unterlippe. Es regte ihn auf, dass Elisabeth Winkler immer wieder eine Gelegenheit fand, sich mit Jost Balthoff zu treffen. Denn auch er wollte verhindern, dass die beiden jungen Menschen sich liebten. Sein einziger Trost war Herma Balthoff. Klaus Rauscher war überzeugt, sie würde nie zulassen, dass ihr Sohn Elisabeth heiratete. Eigentlich müsste ich ihr ein wenig beistehen, dieser Frau aus dem Hotel nebenan, dachte Klaus Rauscher jetzt. Schließlich habe ich ja dieselben Interessen wie sie.

Der Hoteldirektor blieb noch längere Zeit auf der Terrasse stehen. Als er endlich das Innere des Hotels betrat, hatte er einen Plan gefasst, der ihm schon seit Tagen vorgeschwebt war. Nun war er entschlossen, ihn zu verwirklichen. Sonst schafften es Elisabeth und Jost am Ende doch noch, Herma Balthoffs Widerstand zu brechen. Das aber durfte nicht geschehen.

*

Denise und Alexander von Schoenecker wurden im Hotel »Regina« sehr herzlich begrüßt. Elisabeth Winkler war es anzumerken, dass sie nicht ganz an Sascha von Schoeneckers Versprechen geglaubt hatte. Aber nun, da seine Mutter den Vorschlag machte, Marietta mit nach Sophienlust zu nehmen, musste Elisabeth eine Entscheidung treffen. »Ich wäre sehr dankbar dafür«, sagte sie leise. Doch in ihren dunkelbraunen Augen stand dabei Hilflosigkeit. »Aber ich habe Marietta noch gar nicht vorbereitet. Ich weiß nicht, ob sie damit einverstanden sein wird. Ich wollte sie nicht in Unruhe versetzen, bevor ich nicht wusste, ob Sie mir wirklich so entgegenkommen werden, Frau von Schoenecker.«

»Ich verstehe Sie, Frau Winkler. Vielleicht kann ich mich mit Marietta erst ein wenig anfreunden. Mein Mann und ich haben vor, drei Tage in Ihrem Hotel zu bleiben.« In ihrer ruhigen, entgegenkommenden Art, verstand es Denise von Schoenecker, Elisabeth zu beruhigen.

Wenig später stellte Elisabeth ihre Besucher Marietta vor.

Denise und Alexander sahen einander kurz an. Sascha hatte nicht zu viel gesagt. Marietta war ein reizendes Mädchen. Langes blondes Haar fiel ihr glatt bis auf die Schultern herab. Auf der Stirn war das Haar zu einem Pony geschnitten. Dadurch umrahmte es das ganze Gesicht. Und dieses Gesicht wirkte versonnen, verträumt und voller Wehmut. Das drückten besonders auch die blauen Augen aus. Der Anblick dieses ernsten Kindes musste jedem ans Herz greifen. Um wie viel mehr noch Denise, die kein Kind leiden sehen konnte. Sie verstand nun, dass sich Elisabeth Winkler Sorgen um die kleine Schwester machte.

Alexander von Schoenecker zeigte auf einen Beutel, den Marietta am Arm hängen hatte. »Sag mal, Marietta, ist dein Eichhörnchen wirklich so zahm, dass du es in der Tasche spazieren tragen kannst?«

Marietta nickte. Sie hob den Stoffbeutel hoch. Er war oben ein wenig zusammengezogen. Durch die kleine Öffnung steckte das Eichhörnchen seinen Kopf. Die schwarzen vorstehenden Augen kullerten. Doch jetzt schoben sich auch die Vorderpfötchen aus der Tasche heraus, und dann hatte sich das Eichhörnchen mit einem Sprung befreit. Es landete mit einem kühnen Satz auf Mariettas Schulter, als wollte es beweisen, wie zahm es war.

»Tuck, mein Tuck«, lockte Marietta und drehte den Kopf zur Seite. Das Eichhörnchen schob sich noch ein Stückchen vor, als wollte es in die Augen des Kindes sehen. Das wirkte so possierlich, dass alle lachen mussten.

»Ja«, sagte Elisabeth und legte den Arm um die Schwester, »Marietta und Tuck sind die dicksten Freunde. Sie würden sich nie voneinander trennen.«

Denise benutzte diese Gelegenheit sofort, Marietta mit dem Kinderheim Sophienlust vertraut zu machen. Sie erzählte, wie sehr die Kinder dort Tiere liebten und dass sie sie auch zu ihren Spielkameraden gemacht hätten.

Aber erst als Denise von dem Tierheim »Waldi & Co.« erzählte, horchte Marietta auf. Dass es dort Hunde, Katzen, Füchse, einen Esel, ja sogar eine Bärenmutter mit zwei Jungen und Schimpansen gab, schien sie zunächst nicht glauben zu wollen. Erst als sich Alexander von Schoenecker einmischte und mehrere lustige Streiche der Tiere von »Waldi & Co.« zum Besten gab, lächelte Marietta ein wenig.

Doch es dauerte noch einen ganzen Tag, bis das kleine Mädchen etwas zutraulicher wurde. Erst danach wagte Elisabeth ein Gespräch wegen Sophienlust. Sie malte Marietta aus, dass sie es in dem Kinderheim viel schöner haben würde, dass sie dort Spielgefährten finden und geborgener leben würde als hier im Hotel.

»Marietta, für einige Wochen vielleicht, bis es bei uns ein wenig ruhiger geworden ist, bis ich mehr Zeit für dich habe«, bat Elisabeth schließlich. »Ich werde dich am Wochenende sicher mal besuchen können, oder jemand bringt dich zu mir. Nächstes Jahr musst du zur Schule gehen. Dann kannst du nicht mehr für längere Zeit aus Seewiesen fort.«

Marietta hatte der großen Schwester still zugehört. Ihre Augen hatten sie beim Sprechen nicht losgelassen. Jetzt sagte sie: »Wenn du das so willst, Elisabeth, fahre ich mit.« Ihre Stimme klang dabei jedoch so traurig wie immer.

Elisabeth spürte einen Stich im Herzen. Hatte das nicht so geklungen, als ob sie die kleine Schwester aus dem Haus haben wollte?

»Aber Marietta, kannst du dich nicht ein klein wenig darauf freuen?«, meinte sie verzweifelt. »Schau, alle meinen es so gut mit dir. Es wird dir bestimmt in Sophienlust gefallen. Und wenn nicht, dann kommst du wieder zu mir zurück. Das werde ich mit Frau von Schoenecker abmachen.«

»Ja, Elisabeth. Soll ich meine Sachen schon packen?« Marietta ging zur Tür. Doch dort blieb sie stehen. »Aber ich gehe nicht ohne meinen Tuck.«

»Nein, das brauchst du auch nicht, Marietta. Frau von Schoenecker sagt, du kannst Tuck in Sophienlust behalten. Du brauchst ihn nicht einmal in das Tierheim zu geben. Aber du wirst mit den anderen Kindern oft dorthin zu Besuch gehen und dich sicher auch über die anderen Tiere freuen.«

Marietta nickte und verließ das Zimmer.

Elisabeth presste die Hände auf das Herz. Tat sie jetzt das Richtige? fragte sie sich. Tränen liefen ihr über die Wangen. Warum musste gerade sie ein so schweres Schicksal haben und eine so erdrückende Last tragen, wie es die Verantwortung für die kleine Schwester war? Am liebsten hätte Elisabeth in dieser Stunde gesagt: Ich verkaufe doch das Hotel und nehme irgendeine Arbeit an, mit der ich Marietta und mich durchbringen kann. Vielleicht könnte ich sie aus ihrem stupiden Verhalten herauslocken, wenn ich mich mehr um sie kümmern könnte. Aber nun war die Entscheidung gefallen. Denise und Alexander von Schoenecker nahmen Marietta mit. Vielleicht würde sich später doch herausstellen, dass das ein wenig Glück für Marietta bedeutete. Elisabeth hatte viel Vertrauen zu Denise.

*

Elisabeth ahnte in der Abschiedsstunde nicht, welchen Kummer ihr dieser Entschluss noch bringen würde.

Als sie sich zwei Tage später mit Jost Balthoff traf, war er sehr zurückhaltend. Erst auf Elisabeths Drängen nannte er den Grund dazu. »Alle im Ort reden darüber, dass du deine Schwester in ein Heim gegeben hast, Elisabeth. Für meine Mutter ist das auch wieder Öl ins Feuer. Ein bisschen vorsichtiger könntest du schon sein, wenn du willst, dass wir sie umstimmen.«

Elisabeth war sehr erschrocken.

»Aber die Gelegenheit, Marietta in ein so gutes Kinderheim zu geben, hätte ich so bald nicht wieder gefunden, Jost. Es war ein glücklicher Zufall, dass Sascha von Schoenecker bei uns im Hotel war. Er ist der Sohn der Dame, die das Kinderheim Sophienlust leitet.«

»Ja, das mag alles so sein.« Josts Stimme klang so unleidlich, wie Elisabeth sie noch selten gehört hatte. »Aber ist in eurem Hotel nicht genug Platz für deine kleine Schwester?«

»Das schon, Jost, aber du weißt ganz genau, wie wenig ich mich um Marietta kümmern konnte. Meiner Mutter fiel das schon manchmal schwer. Sie sagte immer, sie sei so glücklich über unseren Nachzügler Marietta, aber sie müsste mehr Zeit für das Kind haben. Damals konnten Vater und ich noch gelegentlich einspringen, doch heute bin ich allein mit der ganzen Verantwortung. Du solltest mir wirklich nicht auch noch das Leben schwermachen.« Elisabeth hatte Tränen in den Augen. »Da freue ich mich auf die abgestohlene Stunde mit dir, aber du machst mir Vorwürfe. Dabei wollte ich dir mein Herz ausschütten, weil mir der Entschluss so schwer geworden ist, mich von meiner Schwester zu trennen.«

Jost nahm Elisabeth in seine Arme. »Ich habe es nicht böse gemeint, Elisabeth, aber wenn meine Mutter dauernd stänkert, werde ich eben auch mal misstrauisch.«

Elisabeth zuckte zusammen. Sie machte sich aus Josts Armen frei. »Was willst du damit sagen?«, fragte sie. »Misstrauisch?«

Es war Jost anzumerken, wie sehr ihn Elisabeth nun in Verlegenheit gebracht hatte. »Ja, meine Mutter sagt, das Kind sei dir nur im Weg gewesen. Du hättest dich von Marietta zu sehr beobachtet gefühlt. Gerade auch am Abend, wenn du vielleicht noch mit Klaus Rauscher beisammen sein kannst.« Jost hielt Elisabeth ganz fest. »Ich muss dir doch die Wahrheit sagen, Elisabeth. Es hat keinen Sinn, dass ich dir etwas verschweige. Mich quält es ja selbst am meisten, dass diese Gerüchte umgehen.«

»Welche Gerüchte?«, fragte Elisabeth mit tonloser Stimme.

»Dass du deinen Hoteldirektor gern magst. Die Leute würden nicht viel dabei finden, wenn du ihn heiraten würdest. Er kann dir ja am besten beistehen, das Hotel zu halten.«

»Dass gerade du mir so etwas sagen musst, Jost!« Elisabeth schüttelte den Kopf. »Muss ich diese Enttäuschung jetzt auch noch schlucken? Du warst der einzige, an den ich mich gehalten habe. Auch wenn wir nicht oft beisammen sein konnten, waren unsere abgestohlenen Stunden doch mein ganzes Glück.«

Jost war sehr betroffen. »Sei mir nicht mehr böse, Elisabeth. Ich habe dir von diesen Gerüchten ja nur erzählt, weil sie mich selbst so sehr ärgern. Und das weiß Mutter. So dumm ist sie nicht, dass sie nicht längst gemerkt hätte, wie ich zu dir stehe. Ich glaube, davor hatte sie immer Angst. Aber ich werde in Zukunft den Unsinn, den man sich erzählt, nicht mehr nachreden, Elisabeth. Das verspreche ich dir. Komm, sei nicht mehr so traurig.«

Jost küsste das Mädchen. Immer wieder, bis es ruhiger wurde. Doch er spürte genauso wie Elisabeth, dass ihre junge Liebe an diesem Abend einen Riss bekommen hatte.

Keiner von beiden konnte wissen, dass Klaus Rauscher hinter den Gerüchten steckte, die sie so beunruhigten. Er war sehr geschickt, wenn es darum ging, seine Pläne durchzusetzen. So ließ er da eine Bemerkung fallen, die keinem besonders auffiel, und brachte dort eine kleine Geschichte an, über die geschmunzelt wurde. Aber immer hatten seine Gespräche etwas mit Elisabeth zu tun. Er tat, als müsste er das Geheimnis noch wahren und verspreche sich nur gelegentlich, wenn er sich selbst mit Elisabeth in Zusammenhang brachte.

Klaus Rauscher wusste, als erstes musste er Jost Balthoff ausschalten. Elisabeth durfte niemanden haben, bei dem sie sich Hilfe holen konnte. Sie musste allein auf ihn, Klaus Rauscher, angewiesen sein. Er musste für sie unentbehrlich sein, aber gleichzeitig ihre Liebe zu Jost zerstören. Dass er bei dieser Intrige in Josts Mutter eine gute Komplizin haben würde, wusste er. Also sorgte er dafür, dass sie alles zu hören bekam, was sie gegen Elisabeth noch mehr erbosen konnte.

*

Die Kinder von Sophienlust hatten sich sehr über die Ankunft von Marietta Winkler gefreut. Aber von Tag zu Tag merkten sie stärker, dass hier kein Mädchen nach Sophienlust gekommen war, das spielen und lustig sein wollte.

Marietta stand allen Annäherungsversuchen der Kinder skeptisch gegenüber. Sie hatte es auch nicht gern, wenn sich jemand für ihr Eichhörnchen interessierte. Gerade Tuck aber war doch für die Kinder von Sophienlust eine Sensation. Eichhörnchen konnten sie oft im Park beobachten. Sie kamen manchmal sogar bis auf die Fensterbretter, um sich eine Nuss zu holen, schwangen sich aber meistens gleich wieder auf einen Ast zurück. Auch das Freigehege im Tierheim »Waldi & Co.« wurde oft von Eichhörnchen besucht, aber noch nie hatte sich eines fangen lassen. Deshalb bestaunten die Kinder Mariettas Tuck. Sie wollten, dass er sich auch ihnen gegenüber zutraulich zeigte. Sicher hätte Tuck selbst nichts dagegen gehabt, aber Marietta wusste das zu verhindern. Sie benahm sich so, als müsste sie diesen kostbaren Schatz ganz besonders hüten.

Henrik von Schoenecker, der sich schnell ärgerte, wenn jemand nicht das tat, was er wollte, sagte deshalb auch mit dem Trotz seiner sieben Jahre: »Soll sich Marietta doch ihr Eichhörnchen auf den Hut stecken oder in einen Schrank einschließen.«

Wenn Marietta so etwas hörte, entgegnete sie kein Wort. Ihre großen blauen Augen sahen dann nur wieder sehr traurig drein. Meistens verzog sich der kleine forsche Henrik dann schnell, denn er schien Mariettas traurigen Blick auch nicht ertragen zu können.

So ging es vielen Kindern. Sie wussten mit Marietta nichts anzufangen. Es wäre ihnen lieber gewesen, wenn sie sich herausfordernd benommen hätte. Im Streit ließ sich schließlich auch manches schlichten.

Wurde Marietta gefragt, ob es ihr in Sophienlust gefalle, dann sagte sie brav: »Ja.« Und doch hatten alle das Gefühl, dass sie nicht gern hier sei. Die einen entrüstete das, die anderen fühlten Mitleid mit Marietta. Besonders die Erwachsenen. Sie bemühten sich täglich von neuem um dieses Kind. Unaufdringlich, aber mit viel Liebe.

Marietta hatte sich wie die anderen Kinder angewöhnt, zu Denise von Schoenecker »Tante Isi« zu sagen, aber sie sprach auch diesen Kosenamen gleichgültig aus.

Da es in Sophienlust nur Zimmer mit zwei Betten gab, hatte auch Marietta eine Zimmergenossin. Es war die kleine Karin. Zwar hielten sich die Kinder meistens nur zum Schlafen in ihren Zimmern auf, denn tagsüber waren sie in den schönen Aufenthaltsräumen des Kinderheims, aber auch zu Karin fand Marietta keinen Kontakt. Während die anderen Kinder am Abend in den Betten noch lange miteinander sprachen, schwieg Marietta fast immer. Dabei wusste Karin genau, dass Marietta dann noch nicht schlief. Meistens starrte sie mit offenen Augen zur Decke, oder sie legte die Hand auf den Beutel, in dem Tuck vor ihrem Bett schlief. Wurde das Eichhörnchen unruhig, dann sprach sie ihm gut zu. Manchmal turnte es auch noch im Zimmer umher. Dann entschuldigte sich Marietta bei Karin so, wie es Erwachsene zu tun pflegten.

Nein, Marietta schien einfach nicht mehr Kind sein zu können.

Auch Dr. Anja Frey, die Ärztin der Sophienluster Kinder, nahm sich Mariettas an. Sie holte sie zu ihrem Töchterchen Felicitas. Aber auch diesem lebhaften Mädchen gelang es nicht, Marietta aus ihrer Reserve herauszulocken. Anja Frey war überzeugt, dass Marietta bei dem plötzlichen Tod der Eltern einen zu großen Schock bekommen hatte. Zu Denise von Schoenecker sagte die Ärztin: »So schlimm das klingt, aber wir müssten Marietta wünschen, dass sie neues Leid erfährt. Irgendeinen großen Schrecken, der sie aus dieser Erstarrung löst. So bin ich zum Beispiel davon überzeugt, dass sie ihre Schwester Elisabeth sehr liebt, aber Marietta merkt das nicht. Würde sie plötzlich erfahren, dass Elisabeth etwas geschehen sei …« Anja Frey schüttelte den Kopf. »Aber wer kann sich so etwas wünschen?«

Auch Denise von Schoenecker war ratlos. Wie oft hatte sie schon mit der Heimleiterin, Frau Rennert, und mit Schwester Regine überlegt, wie sie Marietta helfen könnten, aber sie waren keinen Schritt weitergekommen. Trotz der Erfahrung, die sie alle im Umgang mit seelisch kranken Kindern hatten.

Die großen Mädchen – Vicky, Angelika und Pünktchen – bemühten sich jeden Tag von neuem um Marietta. Besonders Pünktchen konnte Mariettas trauriges Gesicht kaum noch ertragen. Zu gut wusste sie, wie Marietta zumute sein mochte, denn auch sie war einmal ein so verstörtes Kind gewesen. Damals, als Dominik, der Sohn Denise von Schoeneckers, sie nach Sophienlust gebracht hatte. Er hatte sie umherirrend gefunden, nachdem ihre Eltern bei einem Zirkusbrand ums Leben gekommen waren. So gut sich Pünktchen in all den vielen Jahren in Sophienlust eingelebt hatte, die Schatten jener tragischen Zeit erreichten sie trotzdem noch oft. Besonders dann, wenn wieder einmal ein vom Schicksal so schwer geschlagenes Kind nach Sophienlust kam. Deshalb hörte Pünktchen auch nicht auf, sich um Marietta zu bemühen. Oft schmiedete sie zusammen mit Dominik Pläne, wie sie Marietta helfen könnten.

So saßen die beiden auch an diesem Tag am Rand des Springbrunnens im Park und hielten großen Rat. Keiner störte sie. Zum einen wussten die anderen Kinder, worüber Nick und Pünktchen sprachen, zum anderen waren die Kinder daran gewöhnt, dass die beiden Großen oft beisammensteckten.

»Vielleicht sollte deine Mutti Marietta für einige Tage zu Andrea geben, Nick«, schlug Pünktchen jetzt vor.

Dominik sah das Mädchen verwundert an. »Was versprichst du dir denn davon, Pünktchen?«

»Ich denke immer, hier sind zu viele Kinder für Marietta. Sie findet doch keinen Kontakt zu uns, aber sie liebt Tiere. Diese scheinen in ihren Augen bessere Freunde zu sein. Das siehst du doch an ihrer Liebe zu Tuck. Bei Andrea könnte sich Marietta mit allen Tieren von ›Waldi & Co.‹ anfreunden. Das wäre vielleicht ein Weg, sie endlich einmal etwas aus ihrer Reserve herauszulocken. Was hältst du davon, Nick?«

Der Junge sprang vom Rand des Springbrunnens. »Ich kann ja mit Mutti und mit Andrea mal sprechen. Willst du mitkommen?«

»Selbstverständlich.«

Pünktchen stand auch bereits auf dem Boden. Aber jetzt horchte sie auf. »Was ist denn das für ein Geschrei? Da muss etwas passiert sein.«

»Marietta kommt angerannt.« Auch Nick war erschrocken.

Pünktchen lief dem laut weinenden Kind entgegen. Sie sah es zum ersten Mal in dieser Verfassung. In den vierzehn Tagen, die Marietta nun schon in Sophienlust war, hatte sie noch nicht einmal geweint. »Marietta, was ist denn?« Pünktchen fing das Mädchen auf.

»Mein Tuck … mein Tuck …«, stieß Marietta hervor.

»Was ist mit deinem Tuck, Marietta? So sprich doch! Sollen wir dir helfen?« Pünktchen kämpfte selbst schon mit den Tränen. Auch wenn sie noch gar nicht wusste, warum sich Marietta so aufregte.

»Ja, ihr müsst … Tuck suchen … Er ist fort.« Marietta zeigte mit ausgestrecktem Arm auf die hohen Baumwipfel. »Dort oben … Er kommt nicht mehr zurück.«

Nick und Pünktchen sahen einander ratlos an. Was sollten sie tun? Wenn Tuck nicht auf Mariettas Rufen zurückkam, konnte ihn auch ein anderer nicht zur Rückkehr bewegen.

»Tuck wird nur einen kleinen Ausflug gemacht haben, Marietta«, versuchte Pünktchen das Kind zu trösten. »Komm, zeige uns den Baum, auf den er entwischt ist. Wenn du dich darunterstellst, wirst du sehen, dass Tuck wieder zu dir zurückkommt. Etwas anderes gibt es doch gar nicht.«

»Natürlich kommt er wieder zu dir zurück«, versicherte auch Nick, um Pünktchens Ansicht zu bekräftigen. Aber seine Stimme klang dabei nicht sehr überzeugt.

»Nein!« Marietta schüttelte den Kopf. »Tuck kommt nicht mehr zurück. Ihm gefällt es nicht in Sophienlust.« Jetzt drückte sich Marietta ganz fest an Pünktchen und versteckte ihr tränenüberströmtes Gesicht bei ihr. Dumpf und abgerissen kamen ihre nächsten Worte: »Er ist höher … immer höher … geklettert. Er hat gar nicht mehr auf mich gehört …« Marietta drehte sich um. In ihren Augen stand große Verzweiflung.

»Komm!« Pünktchen nahm Mariettas Hand. »Wir gehen unter den Baum.« Sie zog das Kind über den Rasen, bis es selbst auf drei hohe dickkronige Eichen zustrebte.

Jetzt hob Marietta die Hand. »Dieser Baum war es. Aber ich sehe Tuck nicht mehr. Jetzt ist er schon ganz fort. Tuck, Tuck!«, rief sie laut.

Das lockte auch die anderen Kinder herbei. Bald liefen alle durch den Park und suchten die Bäume ab. Doch auf keinem konnten sie das zahme Eichhörnchen entdecken.

Denise von Schoenecker stand am Fenster eines Zimmers im ersten Stock. Sie hatte beobachtet, was im Park passiert war. Doch sie traute sich nicht hinunter. Niemand konnte Marietta jetzt helfen. Denise war überzeugt, dass Tuck nicht zurückkehren würde. Vor Kurzem erst hatte ihr Schwiegersohn, der Tierarzt Dr. von Lehn, gesagt: »Einmal muss sich in diesem Eichhörnchen der Naturtrieb bemerkbar machen, auch wenn es nicht in der Freiheit der Natur aufgewachsen ist.«

Nun schien es soweit zu sein. Resigniert dachte Denise von Schoenecker: Und das musste gerade auf Sophienlust passieren. Nun wird dem Kind der Aufenthalt hier noch mehr verleidet sein.

An diesem Tag kam im Kinderheim niemand mehr zur Ruhe. Bis zum Abend suchten alle das Eichhörnchen Tuck. Selbst der alte Justus beteiligte sich an der Suche. Zwar wollte niemand glauben, dass ein Eichhörnchen auf das Rufen zurückkommen würde.

Als es draußen dunkel war, saß das Mädchen zusammengekauert im Aufenthaltsraum. So seltsam manche Kinder Marietta bisher gefunden hatten, jetzt litten sie alle mit ihr. Wollte jemand Marietta einreden, Tuck könne ja morgen noch zurückkommen, schüttelte sie nur stumm den Kopf. Man sah ihr an, dass sie keine Hoffnung mehr hatte.

Marietta behielt recht. Niemand sah das Eichhörnchen Tuck noch einmal im Park von Sophienlust. Es schien sich gleich in die große weite Welt hinausgewagt zu haben und dort seine Freiheit zu genießen.

Pünktchen schimpfte erbost: »So undankbar kann auch nur ein Tier sein. Hat es Tuck bei Marietta nicht schöner gehabt als draußen? Vor allem auch im Winter? Was meint ihr, wie da die Eichhörnchen manchmal hungern müssen, wenn sie nicht genug Vorrat haben. Und manche sind auch noch so dumm, zu vergessen, wo sie ihre Nüsse, Bucheckern und Eicheln versteckt haben. Ja, das könnt ihr glauben. Das haben wir in der Schule gelernt. Es kann aber auch so viel Schnee geben, dass die Eichhörnchen nicht mehr an ihre Vorräte herankommen. Das alles wäre Tuck erspart geblieben. Aber nein, er muss ausreißen.«

Dominik blinzelte Pünktchen zu. »Vielleicht, weil er nicht ganz so gescheit ist wie du, Pünktchen.«

Pünktchen war erbost. Aus dem Herzen heraus und weil sie sich mit Dominik gern bis zum Streit neckte, sagte sie: »Du kannst dich leicht lustig machen. Du hast ein Pferd, das dir nicht abhaut. Die Ponys und Hunde hauen auch nicht ab. Versuch halt erst mal, ein Eichhörnchen zu zähmen.«

»Siehst du, Pünktchen, das ist es ja! So etwas versucht man erst gar nicht. Nick tat überheblich. »Eichhörnchen sind keine Haustiere. Das hat sich eben wieder einmal bewiesen. Und als Wunder sollte man es auch nicht ansehen, wenn es einmal gelingt, so ein kleines junges Ding für einige Zeit an einen Menschen zu gewöhnen. Der Naturtrieb und der Instinkt treiben es dann doch wieder in die Freiheit zurück.«

Pünktchen fegte mit der Hand durch die Luft. »Behalte deine Weisheiten für dich, Nick. Damit hilfst du uns nicht. Außerdem stammen die doch nur von deinem Schwager, dem Herrn Tierarzt. Lass uns Mädchen jetzt allein. Wir müssen beraten, wie wir Marietta helfen können.«

Nick ging zur Tür. Was blieb ihm auch anderes übrig, wenn die Mädchen ihn fortschickten? »Als ob bei euren großen Sitzungen schon einmal etwas herausgekommen wäre«, rief er erbost, als er bei der Tür angekommen war.

»Einmal wird etwas dabei herauskommen«, gab Vicky schlagfertig zurück. »Aber du könntest wirklich auch etwas tun. Du bist doch ein sportlicher Typ. Such mal die Bäume im Park nach Tuck ab.«

»Ja«, rief Angelika, »oder fange für Marietta ein anderes Eichhörnchen ein.« Schon begeisterte sie sich an diesem Gedanken. »Das wäre doch die Rettung. Ein fuchsrotes Eichhörnchen, Nick. Die sehen doch alle ziemlich gleich aus. Marietta würde es dann vielleicht nicht merken, dass das neue Eichhörnchen nicht ihr Tuck ist.«

Nick war an der Tür stehen geblieben. Jetzt lehnte er sich dagegen und seufzte so tief, dass es durch das ganze Zimmer klang. »Und ich lasse mir die Finger durchbeißen, was? Die brauche ich morgen sehr nötig. Für meine Lateinex.«

»Ist vielleicht besser, du könntest sie nicht mitschreiben.« Vicky forderte ihn von neuem heraus.

»Bei euch piepst’s da oben ganz schön.« Nick tippte sich an die Stirn. »Am meisten bei Pünktchen, aber bei dir, Vicky, und bei dir, Angelika, auch nicht weniger. Und denken könnt ihr nicht einmal von gestern auf heute. Selbst wenn ich ein Eichhörnchen einfangen könnte, meint ihr dann, das würde so zahm sein wie Mariettas Tuck? Nein, jetzt gehe ich wirklich, bevor ihr auf noch verrücktere Ideen kommt.« Die Tür fiel hinter Nick ins Schloss.

Die drei Mädchen sahen einander betroffen an, bis Angelika bekannte: »Nick hat recht, es war eine verrückte Idee von mir. Aber das kommt nur daher, dass uns nichts einfällt, womit wir Marietta trösten können. Geben wir’s auf.«

»Ich nicht.« Das sagte Pünktchen trotzig. »Ich gehe jetzt zu Marietta. Sicher läuft sie wieder im Park umher und schaut auf sämtliche Bäume. Einmal werde ich es schon schaffen, dass sie etwas Vertrauen zu uns hat. Als sie so aufgeregt war, kam sie ja auch zu Nick und mir gerannt. Ich wäre schon erleichtert, wenn sie sich wieder einmal bei mir ausweinte. Aber sie ist ja längst wieder so verkrampft wie vor dem Unglück mit Tuck. Oder noch mehr.«

Auch Pünktchen verließ nun das Zimmer. Sie ging in den Park, um Marietta zu suchen. Und sie fand das kleine Mädchen auch wirklich dort, wo sie es vermutet hatte. Aber es starrte nicht auf die Bäume hinauf, es saß auf dem Rasen.

Pünktchen setzte sich zu Marietta. Doch nun wusste sie nicht so recht, wie sie versuchen sollte, in ein Gespräch mit ihr zu kommen. So nahm sie Mariettas Hand und drückte sie fest. Dann legte sie den Arm um die Schultern der Jüngeren und zog sie zu sich heran. Jetzt hatte Pünktchen sogar das Gefühl, Marietta schmiege sich nun gern an sie. Zwar hatte sie sich auch in der vergangenen Zeit nie dagegen gesträubt, dass sie liebkost wurde, aber sie war dabei stets gleichgültig geblieben.

Plötzlich fragte Marietta: »Pünktchen, meinst du, dass wir Tuck sehen werden, wenn das Laub von den Bäumen gefallen ist? Tante Isi hat gesagt, das dauert nicht mehr lange.« Die blauen Kinderaugen sahen fragend zu Pünktchen auf.

»Vielleicht, Marietta«, antwortete Pünktchen noch etwas zögernd. Dann aber machte sie sich Mut. »Schau, Marietta, eigentlich denken wir alle nur an uns. Daran, dass wir traurig sind, weil Tuck nicht mehr bei uns ist. Wir sollten auch einmal daran denken, wie Tuck sich jetzt fühlt.«

»Er ist auch traurig«, sagte Marietta leise. »Weil er nicht mehr bei mir sein kann.«

»Aber dann käme er ja zurück, Marietta.«

Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf.

»Vielleicht findet er nicht mehr nach Sophienlust zurück. Und überhaupt, hier ist ihm doch alles so fremd. Wenn wir in unserem Hotel geblieben wären, hätte ich Tuck heute noch.«

»Das kannst du nicht so fest behaupten, Marietta. In einem Hotel geht es doch auch recht kunterbunt zu. Da sind immer viele Menschen. Also ist es nicht ruhiger als in Sophienlust.«

Das schien Marietta einzusehen. Sie schwieg wieder lange Zeit. Dann sagte sie: »Elisabeth wird das Hotel ja nicht immer haben.«

»Will sie es verkaufen?«, fragte Pünktchen und war froh, mit Marietta auf ein anderes Thema gekommen zu sein.

»Nein, Elisabeth will unser Hotel ›Regina‹ nicht verkaufen, aber sie werden es ihr wegnehmen.«

»Wer?«, fragte Pünktchen erschrocken.

»Die Leute, denen wir so viel Geld schuldig sind. Und vielleicht auch Frau Balthoff.«

»Wer ist denn das?« Jetzt war Pünktchen schon gar nicht mehr so froh, dass sie das Thema gewechselt hatte. Dieses hier war auch nicht gerade erfreulich.

»Frau Balthoff gehört das Hotel neben uns. Es heißt ›Hohenstaufen‹. Frau Balthoff hat schon immer mit meinem Vati streiten wollen. Jetzt ist sie zu Elisabeth so bös. Das weiß ich ganz genau. Und Elisabeth ist ganz allein. Sie wird mich wohl nie aus Sophienlust zurückholen.« Marietta starrte auf ihre Hände.

Pünktchen dachte: Das quält dieses arme Kind also auch noch. Sie strich Marietta über die Wange. »So etwas darfst du nicht denken, Marietta. Tante Isi hat uns allen erzählt, wie lieb dich deine große Schwester hat.«

Jetzt stieg ein Leuchten in Mariettas Augen auf. Zum ersten Mal, seitdem sie in Sophienlust war, verdrängte es den stumpfen Blick dieser Kinderaugen. »Ja, Elisabeth hat mich sehr lieb. Und ich sie auch. Aber wir haben keinen Vati und keine Mutti mehr, die uns helfen können.« Vorbei war das Schimmern des Glücks. »Und deshalb werden sie Elisabeth das Hotel wegnehmen. Dann muss sie irgendwo arbeiten und kann mich nicht mehr zu sich holen.«

»Oder dann erst recht, Marietta.« Pünktchen gab so schnell nicht auf. Schon hatte sie sich auf die neue Situation eingestellt. »Schau, Marietta, wenn deine Schwester nicht mehr so viel Arbeit im Hotel hat, dann bleibt ihr doch viel mehr Zeit für dich. Selbst dann, wenn sie Geld verdienen muss. Du bist ja schon ein großes Mädchen und könntest ihr im Haushalt ein bisschen helfen. Vielleicht hättet ihr irgendwo ein hübsches Zimmer und könntet am Abend immer beisammen sein.«

Marietta schüttelte den Kopf. »Elisabeth will aber nicht aus unserem Hotel fort. Ich habe gehört, wie sie gesagt hat, sie muss um das Hotel kämpfen, weil Vati und Mutti das so wollten.« Jetzt sah Marietta Pünktchen voll an. »Pünktchen, warum kann ich Elisabeth nicht helfen? Ich möchte das so gern tun.

Wenn ich schon größer wäre, könnte ich im Hotel bedienen. Dann bräuchte Elisabeth nicht so viel Geld für eine Serviererin auszugeben. Ich könnte auch in der Küche arbeiten. Aber ich bin ja noch zu klein. Nur Botengänge konnte ich machen. Elisabeth kann mich nicht brauchen.«

»Darüber müssen wir mal nachdenken, Marietta, wie wir deiner großen Schwester ein wenig helfen könnten. Ich weiß etwas …« Pünktchen stand auf. Ihre Augen blitzten, »Ja, ich wüsste etwas. Aber das kann ich dir erst sagen, wenn ich mit den anderen gesprochen habe. Vor allem mit Tante Isi. Komm, wir gehen jetzt ins Haus. Ich schaue nach, ob Tante Isi da ist.«

Bereitwillig ging Marietta mit. Sie vergaß sogar, noch einmal zu den Baumwipfeln hinaufzusehen.

Im Kinderheim trennten sich die beiden Mädchen. Marietta ging in den Wintergarten, in dem die kleineren Kinder jetzt spielten, Pünktchen suchte – nein, sie suchte nicht Denise von Schoenecker, sondern Nick.

Dieser Gesinnungswechsel von Pünktchen war nicht verwunderlich. Sooft sich das Mädchen auch mit Nick stritt, wenn es darum ging, ein Problem zu lösen, waren die beiden die besten Freunde.

Nick war nicht mehr in Sophienlust. Es hieß, er sei zu seiner Schwester Andrea von Lehn ins Tierheim »Waldi & Co.« geradelt. Das konnte Pünktchen nur recht sein. Was sie mit Nick zu besprechen hatte, ging ja auch das junge Tierarztehepaar von Lehn an. Es musste seine Zustimmung zu Pünktchens Plan geben.

Das Mädchen holte ihr Fahrrad und war nach zehn Minuten vor dem schönen großen Wohnhaus der von Lehns angekommen. An der Hausnummer sah Pünktchen Nicks Fahrrad lehnen.

Sie stellte ihres dazu und rannte zur Haustür. Dort läutete sie Sturm.

Die junge Andrea von Lehn öffnete selbst. Sie lachte laut. »Wo Nick ist, taucht sicher auch bald Pünktchen auf. Und mit welchem Elan. Ich habe doch glatt gedacht, irgendwo will eine Kuh kalben, so dass der Bauer nun Sturm nach meinem Mann läutet.«

Andrea zog Pünktchen mit ins Wohnzimmer. Dort saß Nick. Er sah Pünktchen mit skeptischem Gesicht entgegen.

»Du bist doch nicht etwa meinetwegen gekommen?«, fragte er. »Ich denke, ihr braucht mich nicht bei euren großartigen Beratungen.«

Pünktchen setzte sich Nick gegenüber. Sie sah ein wenig zerknirscht aus. »So sah es auch aus, Nick, aber jetzt brauche ich dich doch. Mir ist eine Idee gekommen …«

Nick sah Andrea an. »Hast du gehört, Andrea? Pünktchen hat eine Idee. Wollen wir beide ausreißen? Du weißt, was uns jetzt erwartet.«

Andrea setzte sich ebenfalls. »Nein, ich bleibe. Ich kann mich nämlich daran erinnern, dass Pünktchen manchmal sehr gute Ideen hatte. Du solltest nicht immer so darüber lästern, mein kleiner Bruder.«

Nick maulte: »Kleiner Bruder! Ich bin fünfzehn. Du brauchst mich nicht mehr wie ein Wickelkind zu behandeln. Eine Großmutter bist du schließlich auch noch nicht, Andrea.«

Die schöne junge Frau lachte amüsiert. »Nein, Gott sei Dank noch nicht. Damit wäre auch mein Hans-Joachim nicht zufrieden.«

Nick stöhnte. »Fange nicht von deinem Herzallerliebsten an zu reden, sonst tust du das morgen noch, Andrea. Ich glaube, du wirst in Hans-Joachim auch dann noch verknallt sein, wenn du doch schon Großmutter bist.«

Sophienlust Extra 13 – Familienroman

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