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III. Die Personifizierung des Erkannten...

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Vom Grund der Dinge und der Seelen aus sollen diese verteidigt werden. Nämlich gegen ein letztes Erkenntnisurteil, gegen das, was Hermann Cohen in seinen Ausführungen zum Begriff des reinen Willens in der Ethik einen „fertigen Begriff“ und also ein „Petrefakt“ nennt.[16] Es ist im Grunde dieser Gedanke, der Gedanke einer Verlebendigung des Denkens noch in der Reflexion der eigenen Begriffe, den Rosenzweig übernimmt und im Sprachdenken zu einer eigenen „Grammatik“ weiter entwickelt. Fraglos zu den erstaunlichsten Passagen des Stern gehört eine, in der die für Rosenzweig philosophisch wie persönlich so typische Verbindung aus philosophischer Klarheit, methodischem Urteil und erzählerischer Personhaftigkeit von Schreiber und Geschriebenem an der Konstruktion einer Grammatik der Erkenntnis deutlich wird. Das einzelne Ding ist in der bei Rosenzweig (im ersten Buch des zweiten Teils) wie folgt beschriebenen Operation hervorgetreten: „Erst der unbestimmte Artikel gibt auf dies Was die Antwort, dass es sich um ‚einen’ Vertreter der und der Gattung handle, und erst der bestimmte Artikel drückt unter diesen großen Prozess den Stempel und bezeichnet ihn als vollzogen, ‚das’ Ding als erkannt.“[17] Ganz im Geiste von Cohens Logik und Ethik ist das Ding damit für Rosenzweig aber noch keineswegs ein wirkliches Individuum. Rosenzweig lässt es marschieren wie einen Herrn K.: "Um es, trotz des auf seinem Herweg beobachteten, höchst verdächtigen Vorsprechens bei der Gattung, dennoch zu werden, muss es sich als Glied einer Mehrheit legitimieren. Erst die Vielheit gibt allen ihren Gliedern das Recht, sich als Individuen, als Einzelheiten zu fühlen; sind sie es nicht an sich, wie das im Eigennamen bezeichnete singulare Individuum, so doch gegenüber der Vielheit“.[18] Schon bei Kant erweckte das „Ding an sich“ eine Ahnung von einem ungelösten Problem. Bei Rosenzweig ist der Grund für Kants Unbehagen wieder das Faktum des „Übrigbleibens“: Im Sinne dessen, was Rosenzweig den wahren Glauben nennt, haben Aufklärung und Idealismus eine Zerstörung der „Tatsächlichkeit Gottes und d[er] ihm gleichgültigen des Selbst“ erwirkt und um ihretwillen die Verwüstung der Tatsächlichkeit der Welt in Kauf genommen. Übrig blieb einzig das „Ding an sich“[19], und eben durch sein Übrigbleiben erweckte es in Kant immerhin die „Ahnung einer gemeinsamen Wurzel für dieses und den menschlichen Charakter“[20]. Diese Ähnlichkeit, der Kant, Idealist, der er nach Rosenzweig war, nicht mehr weiter nachgehen konnte, beansprucht Rosenzweig nun zur Erkenntnis zu entwickeln. Wie der menschliche Charakter hat das Ding der Grammatik, der Rosenzweigs Sprachdenken folgt, (und anders als das dazu nicht fähige Ding der Logik) auch als bestimmtes „kein eigenes Wesen, es ist nicht in sich, es ist nur in seinen Beziehungen“.[21]

Man könnte sagen: In Rosenzweigs Philosophie findet eine Bewegung weg von der Verdinglichung von Personen hin zur Personifizierung des Begriffs vom Ding statt. Der Begriff des Dings selbst wird durch die Grammatik in eine fast personale Bewegung gebracht. In diesem Sinne sind nun auch die geistigen Gebilde, Judentum und Christentum, aber ebenso Heidentum und Islam, bei ihm „Dinge“, die zwar „auf eigenen Füßen einem etwaigen Schöpfer gegenüber jetzt dastehen“. Gerade deswegen sind sie freilich „eine noch in der Form des Objektes verhüllte Weissagung des Subjekts“[22] – und dies ganz besonders dann, wenn sie Objekte einer Verteidigung sind. Wer eines von ihnen verteidigt, schiebt mit den Mitteln der vorletzten Erkenntnis das Gerichtsurteil der letzten Erkenntnis auf. Und so kann Rosenzweig dann auch die Größen Judentum und Christentum wie Personen behandeln. Diese müssen notfalls noch gegen ihre eigenen Aussagen über sich selbst verteidigt werden.

Konversionen und andere Gesinnungsstörungen Band V

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