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Kurzkrimi EIN MÖRDERISCHER PLAN

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Vollgepackt mit Tüten strebte Gerda Hansen im Laufschritt dem Parkhaus entgegen. Beim Shoppen ist ihr mal wieder die Zeit davongelaufen, und in knapp einer Stunde sollte sie bereits bei ihrer besten Kundin, Frau Ilona Martens sein. Erst vor wenigen Monaten hatte Gerda ihren eigenen Kosmetiksalon eröffnet, doch bisher lief das Geschäft nur schleppend an. Deshalb machte sie bei besonders wichtigen Kundinnen auch Hausbesuche. Frau Martens war nicht nur eine bekannte, erfolgreiche Maklerin, sondern auch durch eine Erbschaft sehr vermögend. Ihr Mann, ein erfolgloser Antiquitätenhändler, würde, so tratschte man hinter vorgehaltener Hand, sich mit dem Geld seiner Frau ein schönes Leben machen.

Hastig verstaute Gerda die Tüten im Kofferraum und startete das Auto. Den Schlüssel gedreht, … doch außer ein stotterndes Gebrumme, vermischt mit einem schleifenden, und quietschendem Geräusch, tat sich nichts. „Bitte, bitte spring an, lass mich jetzt nicht im Stich!“, flehte sie, doch nach mehreren Versuchen gab sie auf. Nun blieb ihr nichts anderes übrig, als in der Werkstatt anzurufen. Der Wagen musste abgeschleppt werden. Wütend kramte Gerda in der vollgestopften Handtasche herum. Alles Mögliche kam zum Vorschein, nur nicht das verflixte Handy.

„Na toll, das blöde Ding liegt zu Hause auf dem Wohnzimmertisch!“, schimpfte sie vor sich hin. „Jetzt muss ich auch noch eine Telefonzelle suchen!“

Eilig verließ Gerda Hansen das Parkhaus und machte sich auf den Weg zum nahegelegenen Marktplatz und dem weit und breit einzigem Münztelefon. Ein Blick zum Himmel ließ ihre miese Laune noch ein bisschen tiefer sinken. Über ihr hingen dunkle, schwere Wolken, bereit, jeden Augenblick die Schleusen zu öffnen. Mit energischen Schritten überquerte sie den Platz, hastete vorbei an dem steinernen Fischer neben dem Brunnen, für den sie jedoch heute keinen Blick übrig hatte.

Nun stand sie vor der Zelle, die, wie könnte es auch anders sein, besetzt war. Gerda schlug den Mantelkragen hoch und rückte Schutz suchend näher an die Seitenwand. Eine Windböe erfasste sie von hinten und zerzauste ihre langen, rotbraunen Haare. Aus der Zelle drangen vereinzelte Worte einer Männerstimme an ihr Ohr. „… über dreißig Grad, … strahlend blauer Himmel um mich herum, … ja, Geschäft abgeschlossen, … Morgen zurück!“ Neugierig geworden, sah Gerda durch die Glaswand und erblickte einen kleinen, stämmigen Mann. Mit seinen leicht ergrauten, schütteren Haaren, sowie dem fahlen Gesicht, machte er einen unscheinbaren Eindruck. Für Sekunden trafen sich ihre Blicke. Ruckartig drehte er sich mit einem ärgerlichen Funkeln in den Augen um, und sprach noch ein paar, leise Worte. Dann knallte er den Telefonhörer auf die Gabel und verließ mit abgewandtem Gesicht die Zelle. Für einen flüchtigen Moment beschlich Gerda ein ungutes Gefühl. Außerdem war sie sich sicher, diesem Mann schon einmal begegnet zu sein.

Schnell huschte sie in die Zelle, denn vom Himmel prasselten die ersten Regentropfen. Erst nach längerem Klingeln meldete sich die Werkstatt, und Gerda konnte endlich die Abschleppaktion in Auftrag geben. Den Termin bei der Kundin musste sie auch noch absagen. Dieser unangenehme Anruf blieb ihr nicht erspart. Doch während des Gespräches mit Frau Martens, erinnerte sie sich, dem Mann bei ihrem ersten Hausbesuch in der Martensvilla begegnet zu sein. Es war Manfred Martens, der Ehemann ihrer Kundin. Mit ein paar entschuldigenden Worten und einer neuen Terminvereinbarung für den nächsten Tag, beendete Gerda das Gespräch.

Am nächsten Tag, Gerda hatte die Begegnung an der Telefonzelle bereits vergessen, prangte in großen Lettern die Nachricht im Tageblatt, „Raubüberfall in der Martensvilla“, ihr entgegen. Mit Unbehagen las sie, dass Ilona Martens in der letzten Nacht überfallen, ausgeraubt und durch mehrere Schüsse getötet wurde. Der Ehemann, Manfred Martens, fand seine Frau, bei der Rückkehr seiner Geschäftsreise, in den frühen Morgenstunden.

„Diese kleine Drecksau!“, platzte es aus Gerda heraus. „Mit dem seltsamen Anruf gestern, wollte der Kerl sich wohl ein Alibi verschaffen. Deshalb also hatte er mich so wütend angesehen. Verdammter Mist, jetzt ist mein Termin heute wieder geplatzt, und ich hätte den Auftrag so dringend gebraucht.“ Wütend nahm Gerda das Handy und wählte die Nummer ihrer besten Freundin Sabine. Der Gedanke an das unfreiwillig gehörte Telefongespräch gestern, und der logische Verdacht, dass Manfred Martens wahrscheinlich an dem Mord an seiner eigenen Frau beteiligt gewesen sein könnte, ließ sie nicht los. Es brannte ihr auf der Zunge. Sie musste unbedingt sofort mit Sabine darüber zu sprechen.

Nach dem Gespräch mit Sabine, hatte Gerda bereits die Türklinke in der Hand, um sich auf den Weg ins Geschäft zu machen, als ein Anruf von der Werkstatt kam: „Tag Frau Hansen, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass die Reparatur Ihres alten Autos wirklich unrentabel ist. Bei der Suche nach einem neuen Gebrauchtwagen könnte ich Ihnen aber behilflich sein.“ „Na toll, ohne Auto bin ich geschäftlich aufgeschmissen. Woher soll ich so schnell das Geld für einen neuen Wagen nehmen? Das muss ich mir erst noch mal überlegen, aber vielen Dank. Ich melde mich morgen bei Ihnen!“

Missmutig machte sie sich zu Fuß auf den Weg zum Salon, der nur ein paar Straßen weiter entfernt war. Plötzlich schoss ihr der alles entscheidende Gedanke, wie sie ihr Geldproblem lösen könnte, durch den Kopf. Ohne lange zu überlegen wurde aus dem Gedanken ein Plan. Mit leicht zittrigen Händen schloss sie die Eingangstür zum Salon auf. Obwohl sie genau wusste, dass Frau Martens heute ihre einzige Kundin gewesen wäre, blickte sie trotzdem aus Gewohnheit noch kurz in ihr Auftragsbuch. Die leeren Seiten bestätigten ihr, dass sie keine andere Wahl hatte, als den Plan sofort in die Tat umzusetzen. Sie atmete einmal tief durch. Den mahnenden Gedanken schob sie sofort wieder zur Seite. Durch diese einmalige Gelegenheit könnte sie ihr Geldproblem schnell lösen. Außerdem hatte der Kerl seinen jetzigen Geldsegen ja auch nicht verdient. Nachdem sie ihr Gewissen mit diesem Gedanken beruhigt hatte, griff sie zum Hörer und wählte die ihr ja bekannte Nummer.

„Na, … Herr Martens.“ Gerdas Stimme hatte einen leicht höhnischen Unterton. „Sie sind ja ein richtiger Zauberer! Eine Geschäftsreise im sonnigen Süden, und gleichzeitig in einer Telefonzelle im verregneten Norden!“ Sie hörte ein kurzes Schnauben, dann das hastigem Atmen am anderen Ende der Leitung. Doch bevor Herr Martens etwas sagen konnte, sprach sie schnell weiter. „Es ist Ihnen doch wohl klar, dass es in Ihrem Interesse ist, wenn wir uns treffen! Ich erwarte Sie dort, wo wir uns gestern begegnet sind. Um Mitternacht an der Telefonzelle. Ach ja, … und bringen Sie fünfzigtausend Euro in kleinen Scheinen mit. Das ist ja nun kein Problem mehr für Sie. Sie kennen doch das Sprichwort: ‚… schweigen ist Gold‘ …!“

Ohne eine Antwort abzuwarten legte Gerda hastig den Hörer auf. Ein leichtes Schwindelgefühl über kam sie, als ihr bewusst wurde, was sie soeben getan hatte. Doch nun war es zu spät. Dieser Scheiß Typ hatte sie ja schließlich auch noch ihrer besten Kundin beraubt. Da war es wohl nur gerecht, wenn er sie für ihr Schweigen bezahlte.

Gegen einundzwanzig Uhr klingelte es an ihrer Wohnungstür. Da Gerda ihre Freundin Sabine erwartete, die über ihr Telefongespräch am Vormittag sehr beunruhigt war, ging sie ahnungslos zur Tür. Ihr Erstaunen, dass Sabine nicht den Zweitschlüssel benutzte, verwandelte sich ruckartig in einen maßlosen Schrecken. Mit heftiger Wucht knallte die Tür gegen ihren Kopf und Manfred Martens stand im Flur. In der linken Hand hielt er ihre Visitenkarte und wedelte damit, mit einem blöden Grinsen vor ihrem Gesicht herum. Gleichzeitig stieß er mit der rechten Hand die Tür wieder zu. Benommen und kreidebleich wich Gerda einen Schritt zurück. Manfred Martens ließ die Visitenkarte fallen und versetzte ihr mit beiden Händen einen kräftigen Stoß. Gerda machte eine Drehbewegung, taumelte und fiel mit dem Gesicht zu Boden, doch bevor sie sich wieder aufrappeln konnte, drückte Manfred Martens sie mit seinem ganzen Körpergewicht nach unten. Mit wutentbrannter Stimme schleuderte er ihr die Worte entgegen: „Du kleine Schlampe willst mich erpressen? Nachdem ich wochenlang meinen Plan bis ins Kleinste vorbereitet hatte? Das war der dümmste und letzte Fehler in deinem beschissenen Leben! Ich habe mich von meiner herrischen Alten befreit, und nun bist du dran.“ Sein feistes Gesicht verzog sich zu einer höhnisch grinsenden Maske. Er riss Gerdas Kopf an den Haaren hoch und stieß ihn mit voller Wucht zurück auf den Boden.

Eisige Kälte machte sich in ihrem Körper breit und lähmte sie. Gerda spürte, dass sie einer Ohnmacht nahe war, doch wie aus weiter Ferne hörte sie auch das Geräusch eines Schlüssels im Türschloss. „Sabine, mein Gott, das ist Sabine!“

Manfred Martens aber bemerkte nicht das Öffnen der Tür. Er war wie in einem Rausch. Zum zweiten Mal überkam ihn das Gefühl der Macht über Leben und Tod. Mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht plapperte er vor sich hin: „Durch einen kleinen tödlichen Unfall werde ich mich jetzt auch von dir befreien. Die meisten Unfälle passieren nun mal im Haushalt! Mit einer vollen Wanne und deinem unglücklichen Sturz löse ich dieses Problem.“

Angst, sowie die Anwesenheit ihrer Freundin und dadurch die Gewissheit, mit dem Mörder nicht allein zu sein, verliehen Gerda neue Kraft. Sie stemmte den Oberkörper hoch und drehte ruckartig den Kopf zur Seite. Gerdas plötzliche Gegenwehr kam für Manfred Martens unerwartet. Reflexartig ließ er ihre Haare los. Aus den Augenwinkeln sah Gerda ihre Freundin Sabine hinter Manfred Martens stehen. Mit beiden Händen umklammerte sie den Regenschirm mit dem geschnitzten Holzknauf der immer an der Garderobe hing. Im selben Moment krachte er auch schon mit voller Wucht auf Manfred Martens Hinterkopf. Nur für eine Sekunde spiegelte sich Erstaunen in seinem Gesicht, dann verdrehte er die Augen. Sein Oberkörper kippte nach vorne und drückte Gerda wieder zu Boden. Ein kurzer Schrei, ausgestoßen aus Angst und Panik, entrang sich Gerdas Brust. Mit Sabines Hilfe gelang es ihr, den schweren Körper des Bewusstlosen von sich zu wälzen.

Mühsam rappelte Gerda sich auf. Ihre Beine zitterten jedoch so stark, dass sie wieder zu Boden sank. Dem ersten Glücksgefühl, dem sicheren Tod entronnen zu sein, folgte eine unbändige Wut auf den Mörder. Hass machte sich in ihr breit und ließ für einen klaren, vernünftigen Gedanken keinen Platz über. Gerda sah Sabine, die zitternd neben ihr saß, an. In ihr reifte bereits ein neuer Plan. Mit festem Griff umklammerte sie Sabines Arm. „Reiß dich zusammen!“, forderte sie mit kalter Stimme, „hilf mir, wir fesseln und knebeln den Kerl solange er noch ohnmächtig ist. Dann machen wir einen kleinen Ausflug zur Martensvilla. Er hat vorhin doch selbst gesagt, die meisten Unfälle passieren im eigenen Haushalt.“

„Und, wie hast du dir das vorgestellt?“ Zaghaft stellte Sabine die Frage. Ein Blick in Gerdas Gesicht hatte ihr genügt. Sie wusste, es war ihr nicht möglich, Gerda von einem einmal gefassten Plan abzubringen.

„Na, ganz einfach, er wollte mich ertränken, nun dreh ich den Spieß um.“ Sie machte einen Moment Pause und fuhr dann fort: „Der arme Mann hat sich vor lauter Trauer über den tragischen Tod seiner Frau sinnlos betrunken. In seinem Vollrausch stürzte er in den Swimmingpool und ertrank. Welch eine Tragödie.“

Die Nachricht im Tageblatt über den tragischen Unfalltod des Manfred Martens, lag am nächsten Tag ungelesen auf Gerdas Küchentisch. Es war für sie ja keine Überraschung mehr.

Mordsmäßig heiter

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