Читать книгу My Little Pony - Prinzessin Cadance und das Gartenfest der Herzen - G.M. Berrow - Страница 4
Kapitel 1 – Der Chor der Herzen
ОглавлениеDas Leuchten des Kristallherzes flackerte in regelmäßigen Abständen, verbreitete aber dennoch Glanz auf den Pflastersteinen und spiegelte sich auch in den Hufen der Ponys, die sich um das Herz herum versammelt hatten. Prinzessin Cadances elegante Erscheinung war umhüllt von bläulichem Schimmer, der auch die Sorgenfalten auf ihrer Stirn weicher wirken ließ. Der Chor der Herzen dieses Jahr lief leider überhaupt nicht rund. Normalerweise tummelten sich am Herz-und-Huf-Tag so viele Ponys im Zentrum des Städtchens, dass gar nicht alle Platz fanden. Jung und Alt drängte es aus den Häusern, um den Glanz in den Gassen zu erleben. Manche brachten sogar Apfelkisten mit, auf die sie kletterten, um einen Blick auf das leuchtende Herz und das Königspaar zu erhaschen, das Orchester und Chorgesang dirigierte. Doch dieses Jahr hatte ihnen eine schlimme Ponygrippewelle einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die meisten Bewohner Equestrias lagen schniefend darnieder und kurierten im Bett Schnupfen und Husten aus. Prinzessin Cadance nahm das sehr ernst, denn der Chor der Herzen war nicht nur für die Ponys ihres Landes ein wichtiges Ereignis. Wenn das leuchtende Kristallherz nicht die nötige Zuwendung, die Liebe und das Strahlen aller Ponys erhielt, drohte es, schwach zu werden und am Ende gar zu brechen. Das brachte das ganze Königreich in große Gefahr, denn die Kälte und der Frost des Nordens wurden dann übermächtig. Nach dem schrecklichen Unglück, bei dem Baby Flurry Heart „kristallisiert“ und das Kristallherz fast in tausend Stücke geborsten war, wollte Cadance kein Risiko mehr eingehen, das die Gesundheit des Herzens gefährden konnte. Der Vorfall hatte damals zu einem strengen Winter geführt und mehr Schneestürme gebracht, als es im Kristallkönigreich üblich war. Das Land hatte wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Die Lage war ernst und es war wichtig, dass dem Kristallherz so viel Liebe und Wärme wie möglich zuströmte. Sonst würde das Königreich unter Schnee, Lawinen und ewigem Eis begraben werden.
Cadance trat vor die nur spärlich versammelte Menge der Kristallponys, sah aber angespannt zu ihrem Mann Shining Armor hinüber. Der nickte ihr wie üblich aufmunternd zu. Seine prächtige blaue Mähne fiel ihm dabei in die Stirn. Du schaffst das, schien er ohne Worte zu sagen. Prinzessin Cadance erwiderte sein Nicken. Nun fühlte sie sich stark. Shining Armor konnte ihr stets neuen Mut geben. „Meine lieben Kristallponys“, hob Cadance an. „Wie jedes Jahr sind wir heute zum Herz-und-Huf-Tag versammelt, um mit der Kraft unserer Liebe die noch verbleibenden frostigen Wintertage bis zum ersehnten Frühling zu wärmen.“ Cadance deutete zierlich aufs Kristallherz und ihre bonbonfarbene Mähne flatterte sanft im Winterwind. „Habt Dank, dass ihr gekommen seid und eure Herzen und Gedanken miteinander verbindet an diesem so besonderen Tag!“ Die Prinzessin brachte nun sogar ein strahlendes Lächeln zustande. „Eure Liebe und Güte sind so wichtig, und sie klingen aufrichtig durch jedes Lied und alle Melodien, die wir gemeinsam singen. Ich wünsche euch und euren mit schwerem Schnupfen daheimgebliebenen Liebsten alles Gute und Gesundheit von Herzen.“
„Unser Lied zum Abschied“, rief nun Shining Armor beschwingt und mit roten Bäckchen, während seine Tochter, die kleine Prinzessin Flurry Heart, mit ausgebreiteten Flügelchen auf seinem Rücken fröhlich bei jedem Huftritt auf und ab hüpfte und kicherte. Die Menge rief entzückt ooohhh. Shining Armor lachte und rief: „Wir singen das Lieblingslied von Flurry Heart!“ Cadance gab dem Kristall-Symponyorchester ein Zeichen und die berühmten Eröffnungsklänge des Kristall-Flügelhorns hoben an. Flurry Heart quiekte selig.
Wenn er endlich schmilzt, der kristall’ne Schnee,
hebt an zu singen, Ponys juhee!
Vereint haben wir geschworen
Das Kristallherz blaugefroren
Mit neuem Mut zu füllen
Und es in Liebe zu hüllen
Schwingt Herzen und Hufe gen Himmel
Und stürzt euch ins Getümmel
Die Hufe kalt, das Herz so warm
Huf aufs Herz, das hat doch Charme!
Obwohl es in diesem Jahr weniger Ponys waren, sangen alle aus voller Kehle mit und die erhabenen Klänge schwollen bis zur höchsten Note an, auf der unzählige helle, blaue Lichtstrahlen das Kristallherz durchfuhren. Ein Gefühl der Wärme und des Glücks durchflutete die anwesenden Ponys und hellte ihre glänzenden, kristallenen Gesichter auf. Prinzessin Cadance ließ den Blick über die Menge schweifen und spürte große Zufriedenheit. Vielleicht war es doch nicht so schlimm, dass die meisten Ponys dieses Jahr zuhause bleiben und Hühnerbrühe gegen die Erkältung schlürfen mussten. Für genug Liebe im Kristall-Königreich war dank des engagierten Chorgesangs für ein weiteres Jahr gesorgt. Als das Lied endete, sah Cadance auf die umliegenden Gebäude und Häuser aus massivem Kristall, und ihr wurde wieder bewusst, dass ihre Heimat Gefahren trotzen konnte.
„Na, unser Herz-und-Huf-Tag war doch wie immer ein voller Erfolg”, sagte Shining Armor und hob Flurry Hearts sanft von seinem Rücken, um sie in den Fohlen-Buggy zu verfrachten. „Findest du nicht, Mi Amore?“
„Nenn mich nicht so, du weißt, ich kann das nicht leiden“, erwiderte Candace mit gespielt missmutiger Miene, während sie den Hengst zärtlich in die Flanke stupste. Dann beugte sie sich über den Buggy und deckte ihre Tochter mit einem weichen Deckchen zu. Baby Flurry Heart strahlte sie an und blinzelte mit den Äuglein.
„Weiß ich doch, deshalb mach’ ich’s ja!“, lachte Shining Armor fröhlich. „Aber mal im Ernst, Cadance – du hast dir umsonst Sorgen gemacht wegen des Chors der Herzen. Es lief doch alles wunderbar.“
„Du hast wahrscheinlich recht“, gab Cadance zu. „Trotzdem will ich hoffen, dass bald alle Ponys wieder gesund und munter sind.“
„Das will ich hoffen“, sagte Shining Armor und deutete dann Richtung Kristallschloss. „Und nun lass uns endlich nach Hause gehen und den Rest des Abends gemütlich am Kamin verbringen. Mir frieren hier draußen noch die Flanken ab.“ Wenn es um Frost und Kälte ging, reagierte Shining Armor manchmal empfindlicher als ein kleines Fohlen. Der Winter war nicht seine Lieblingszeit und das ließ er bei jeder Gelegenheit durchblicken. Kein geringer Grund, warum sich Cadance sehnlichst die Frühlingssonne herbeiwünschte, die Schnee und Eis zum Schmelzen brachte. Sie schüttelte lachend den Kopf über das theatralische Herumgezitter ihres Mannes, der hoffte, so ihr Mitleid zu erregen. „Na, dann wollen wir keine Zeit verlieren, damit du armes kleines Hengstelein schnell ins Warme kommst“, sagte sie zärtlich neckend und blickte noch einmal zum Kristallherz zurück. Auch Flurry Heart zeigte mit ihrem kleinen Vorderhuf aufs Herz und gluckste. „Was hast du denn, mein Sonnenschein?“
Eine Gruppe von fünf Ponys stand um das Herz herum und sie taten so, als würden sie den Feinschliff des Kristalls bewundern. Doch Prinzessin Cadance kannte ihre Kristallponys gut genug, um zu wissen, dass sie nur deshalb herumstanden, weil sie hofften, mit ihrer Prinzessin noch schnell ein Wort wechseln zu können. Candaces Blick blieb an einem halbwüchsigen Einhorn mit pinker Mähne und motzigem Gesichtsausdruck hängen. Das grellgrüne Jungpony scharrte mit den Hufen, den Blick ins Ungewisse gerichtet. Irgendwie kam es Cadance bekannt vor, aber sie konnte es nicht richtig einordnen.
„Momentchen“, sagte Cadance zu ihrem Mann. „Ich schlage vor, du gehst mit Flurry Heart schon mal vor und zündest den Kamin an.“ Sie blickte zu den fünf Ponys hinüber. „Ich komme gleich nach und mache euch beiden dann einen schönen heißen Kakao. Aber davor habe ich noch eine Verpflichtung.“
„Aber Kakao unbedingt mit Marshmallows!“, rief Shining Armor mit breitem Grinsen und trabte mit seiner Tochter in Richtung Schloss. „Du bist die Allerbeste!“, rief er über seine Schulter zurück.
Cadance lachte und trabte zurück zum Kristallherz. Die dort wartenden Ponys rannten ihr aufgeregt entgegen. „Eure Majestät!“, rief die selbsternannte Sprecherin der Gruppe, eine hochgewachsene, lavendelfarbene Stute mit einem Kristallbeerensträußchen als Schönheitsfleck. Ihre Mähne war golden und nach heimischer Sitte mit violetten Glitzerbändchen an der Stirn zusammengehalten. Die Worte sprudelten nun nur so aus ihr heraus. „Wie schön, dass Sie kurz Zeit für uns haben, darf ich mir erlauben zu sagen, wie wunderbar der Chorgesang wieder war, und das sage ich nicht so, es war überwältigend, obwohl wir so wenige Ponys waren, wie ich es nur einmal während meiner Fohlenkindheit erlebt habe, als alle nach Canterlot gepilgert sind, um dort den Herz-und-Huf-Tag zu feiern. Aber meine Mutter hat mir das damals nicht erlaubt und ich glaube, ich hab’ da noch nicht einmal meinen Schönheitsfleck gehabt, du meine Güte, wie die Zeit vergeht! Fühlt sich an wie tausend Jahre her, naja, ist es wohl auch schon, genaugenommen, oder? Verstehen Sie? Wegen König Sombra, haha... Ach, was red’ ich da…” Die Stute lachte auf. Ein junges grünes Fohlen rollte mit den Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Die Stute bemerkte es entweder nicht, oder sie ignorierte es einfach. „Jedenfalls...keine Ahnung, ob Sie sich noch an mich erinnern, ich bin...“
„Lila Quartz!“, rief Cadance. Sie hatte sie gleich erkannt, als sie mit ihrem Redeschwall loslegte. Cadance war stolz darauf, dass sie sich den Namen eines jeden Ponys, das sie in ihrem Leben getroffen hatte, merken konnte. „Natürlich erinnere ich mich an Sie! Sie betreiben doch das hübsche Café Kristallkrone.“ Cadance bekam Appetit bei der Erinnerung an die vielen Köstlichkeiten, die sie dort schon schnabuliert hatte. „Servieren Sie noch immer dieses leckere Karotten-Ingwer-Süppchen? Meine absolute Leibspeise, seit ich hier im Kristall-Königreich lebe!“
Lila Quartz errötete. Die redselige Stute war einen Moment lang tatsächlich sprachlos!
„Na klar serviert sie die noch“, rief ihre Freundin Rose Water lachend. „Sie und der werte Herr Prinzgemahl müssen unbedingt einmal wieder vorbeischauen!“
Cadance hatte ein wenig den Eindruck, dass Rose Water mehr am Kommen ihres Gatten Shining Armor interessiert war als an ihrer Gegenwart. „Es wird uns eine Ehre sein“, antwortete sie formvollendet mit einer leichten Verbeugung. „Und ich würde auch zu gern Ihr kleines Babyfohlen wiedersehen, Lila. Sie war so süß und niedlich, ständig voller Mehlstaub vom Backen der kleinen Kristallbeerentörtchen.“
„Ihre Majestät können die kleine Olivine Jewel sofort wiedersehen“, sagte Lila Quartz und deutete mit dem Huf auf das motzig dreinschauende Jungpony. „Da steht sie.“
„Meine Sternchen! Ist die groß geworden!“, rief Cadance ungläubig. Olivine sah missmutig zu ihr herüber und lief ungeduldig mit den Hufen stampfend hin und her.
„Au weia“, flüsterte Lila Quartz Cadance zu. „Mal unter uns, Prinzessin: Sie hat sich ziemlich verändert in der langen Zeit. Kein süßes Fohlen mehr, nur noch genervte Teenagerin mit Weltuntergangsstimmung. Alles langweilt sie oder es ist ihr peinlich. Dazwischen gibt es nichts. Backfischblues, würde ich sagen. Ich wäre so froh, wenn sie sich endlich für irgendwas interessieren würde.“ Lilas Freundinnen nickten zustimmend. „Aber noch nicht einmal ein Schönheitsfleck...“, sagte Sweet Leaf. Rose Water seufzte. „Und Olivine weigert sich mittlerweile standhaft, das Café ihrer Mutter zu betreten.”
„Die Phase geht bestimmt vorüber“‘, versuchte Cadance zu trösten. Eigentlich hatte sie keine Ahnung, wie man erschöpfte Mütter von Teenagern aufmunterte. Fohlen-Sitting war früher Cadances Lieblingsbeschäftigung gewesen. Aber seit sie selbst Mutter geworden war, wusste sie, wie nervenaufreibend der Umgang mit Kindern sein konnte und wie widersprüchlich die Muttergefühle manchmal waren. Andererseits bescherte ihre Tochter ihr die wundervollsten Momente im Leben. Cadance hing von ganzem Herzen zärtlich an ihrem Babyfohlen. Und Lila Quartz ging es bestimmt nicht anders mit ihrer Olivine.
„Na, da schau her!“, rief Olivine plötzlich schrill und stellte die Ohren auf. Ihr Blick war starr auf das Kristallherz gerichtet. „Mama, komm schnell!“
„Was ist denn los, Kind?“, rief Lila erwartungsfroh, während sie zu Olivine lief, die Freundinnen im Schlepptau. Die Stuten verstellten Cadance den Blick, deswegen hörte sie nur erschrockene Schreie. Sie folgte ihnen, und als die Stuten ihr den Weg freimachten und Cadance sah, was sie sahen, hätte sie auch am liebsten laut aufgeschrien.
Das sanfte blaue Leuchten des Edelsteins flackerte nur noch schwach, fast unmerklich schon. Das Kristallherz hauchte gerade sein Leben aus!