Читать книгу Auf den Spuren der Nahtoderfahrungen - Günter Ewald - Страница 7
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„Und es gibt doch eine unsterbliche Seele!“ So könnte man im Boulevardstil eine These formulieren, der wir auf seriösem Weg mit wissenschaftlichem Rüstzeug nachspüren möchten. In einer „aufgeklärten“ Welt, in der sogar viele Theologen den alten Begriff als nicht mehr unserem Denken zumutbar erachten, melden sich ausgerechnet Mediziner und Naturwissenschaftler – denen man entgegenzukommen glaubte – zu Wort und reden von einem Bewusstsein, das sich vom Körper zu lösen vermag, oder in traditioneller Sprache von der unsterblichen Seele. Gibt es sie wirklich, und was können wir über sie sagen? Fliegt sie im Tod dem Körper davon wie ein Vogel und wird sie dabei auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, wie der Heidelberger Professor für Medizintechnik, Markolf Niemz, meint? So einfach ist es wohl nicht. Aber etwas Neues liegt in der Luft. Ein neues Verstehen von Mensch und Welt – lange vorbereitet durch die Quantenphysik – scheint nun endlich um sich zu greifen.
Einer der Anlässe und Grundlage für die neue Betrachtungsweise sind sogenannte Nahtoderfahrungen. Seit Raimond Moody 1975 in seinem Weltbestseller Leben nach dem Tod diesen Begriff geprägt hat, befasste sich zwar eine Anzahl Forscher damit. Es gab viele Einzelergebnisse. Aber der „Mainstream“ der naturalistisch geprägten biologischen und medizinischen Wissenschaften konnte damit nicht umgelenkt werden.1 Das scheint sich nun zu ändern. Ein Markstein ist die Veröffentlichung einer Studie des niederländischen Kardiologen van Lommel in der angesehenen Medizinzeitschrift The Lancet im Jahr 2001. Anhand zahlreicher Aussagen von wiederbelebten Patienten über Erlebnisse bei Herzstillstand und deren Überprüfung wird wissenschaftlich plausibel, dass es Bewusstseinsvorgänge gibt, die nicht hirnbiologisch zustande kommen. Das ist ein Tabubruch mit unabsehbaren Konsequenzen.
Van Lommel hat diese Konsequenzen innerhalb des Rahmens verfolgt, in dem sie zu suchen sind: innerhalb eines durch die sogenannte Quantenphysik veränderten Weltund Menschenbildes. Sein 2009 in Deutsch erschienenes Buch Endloses Bewusstsein. Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung ist ein erster umfassender Entwurf – mit Haken und Ösen im quantentheoretischen Teil. Wir wollen mit einfachen Worten einige Grundüberlegungen darstellen und alternativ weiterführen. – Für diejenigen, die sich nicht mit einer oberflächlichen Rede von der quantenphysikalisch erweiterten Wirklichkeit zufriedengeben möchten, bohren wir – mit anschaulichen Hilfsmitteln – etwas tiefer (es kann überlesen werden). Ferner stellen wir eine Beziehung her zu dem aufschlussreichen Dialog, den Mitte des vorigen Jahrhunderts der Physiker und Nobelpreisträger Wolfgang Pauli mit dem analytischen Psychologen Carl Gustav Jung geführt hat.
Wir belassen es aber nicht bei wissenschaftlichen Überlegungen. Die praktische Relevanz von Nahtoderfahrungen für diejenigen, die sie erleben, und für die, auf die sie ausstrahlen, ist außerordentlich. Sie birgt einen Schatz erneuerter und in spirituelle Weiten geöffneter Lebensauffassung, der nur langsam vom „Mainstream“ der Menschen mit mäßigem religiösen Interesse entdeckt wird. Wegen seiner „Natürlichkeit“ erweckt er sogar Misstrauen bei manchen Menschen, die weltanschaulich festgelegt sind. Hier sind viele konkrete Stimmen hilfreich, denen wir in einer Dokumentation von 25 neuen, original deutschsprachigen, mir zugesandten Erfahrungsberichten Raum geben. Von ausgesprochen pädagogischer Relevanz ist die Beobachtung, dass viele Kinder Nahtoderfahrungen haben und in Bedrängnis geraten, weil sie kein Verständnis finden für das, was sie darüber erzählen. Wir widmen dem ein eigenes Kapitel, ebenso wie dem Nachbargebiet der Begegnung mit Verstorbenen.
Praxis und theoretische Fundierung gehören letztlich wieder zusammen. Sie sind auch in unserem täglichen Leben nicht mehr voneinander zu trennen, schon gar nicht in unserer „wissenschaftsgläubigen“ Welt. Denken durchdringt das Erleben, ist oft Voraussetzung, wenn man nicht leichtgläubig diversen Angeboten der Daseinsgestaltung folgen will. Das betrifft auch den religiösen Bereich. Wissenschaft dient aber nicht nur der kritischen Prüfung. Sie kann, wie wir am Beispiel der unsterblichen Seele zeigen möchten, auch neue Wege aufzeigen, uns ermutigen, in Neuland vorzudringen. Glaube ist nicht durch Wissenschaft ersetzbar. Aber die Zusammenschau beider birgt, wenn es um Nahtoderfahrungen und Seele geht, eine besondere Faszination.