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Vorwort

„Fußball zu spielen, ist einfach – Fußball zu verstehen, ist kompliziert.“

DER SPORTLICHE ERFOLG

Warum waren spanische Mannschaften bei den Junioren- und Senioren Welt-/Europameisterschaften und in der Champions League zwischen 2008 – 2012 so erfolgreich?

Warum hat sich dies nicht weiter fortgesetzt und andere Teams wie Deutschland und mehr noch Frankreich gewannen die internationalen Titel?

Auch stimmt die einfache Behauptung „Geld schießt Tore“ nicht immer. Wer auf dem Transfermarkt am meisten zahlt, kauft umgekehrt nicht automatisch den sportlichen Erfolg ein.


Abbildung 1 Saison 2018/2019 Einnahmen / Ausgaben (Quelle: KPMG Football Benchmark)

Im Fußball müssen viele Faktoren stimmen um sportlich erfolgreich zu sein.


Abbildung 2 Die Schlüsselelemente für den spanischen Erfolg zwischen 2008 - 2012

Deshalb ist die Identifikation der Individual-, Mannschafts- und Vereinsspezifischen sportlichen Erfolgsfaktoren und der Maßnahmen zu deren Förderung die elementare Aufgabe der sportlichen Leitung (u.a. Trainer, Spielanalysten, Sportmanager).

DIE LEISTUNGSFÖRDERUNGSBEREICHE

Es sind im Wesentlichen vier Bereiche, die miteinander integriert die Fußball-spezifischen Leistungen im Verein planen, analysieren, bewerten und steuern:

a. das Scouting von Spielern, im Sinne einer methodischen und zielorientierten Suche nach ausbaufähigen Talenten im Jugendbereich und Spielern mit Spieleinsatzpotential im Erwachsenenbereich

b. die Medizin als „Mannschaft hinter der Mannschaft“ zum Schutz und Förderung des wichtigsten Kapitals der Spieler - ihre körperliche und seelische Gesundheit,

c. das Training als die planmäßige und systematische Durchführung von Maßnahmen (Trainingsinhalte und Trainingsmethoden) zur nachhaltigen Erreichung von persönlichen und mannschaftlichen Zielen (Trainingsziele)

d. das Spiel im Sinne der Vorgabe einer langfristigen Spielidee (syn. Spielphilosophie / Spielstil) für einen Verein, Jugendjahrgangstufen, taktische Positionen / Gruppen und konkrete Mannschaften / Spieler und der Überprüfung der lang- und kurzfristigen Wettkampfleistungen.


Abbildung 3 Die sportlichen Leistungsbereiche im Fußball

Hinweis: Die Darstellung aller relevanten Aspekte in der Planung und Analyse von Leistungen eines oder mehrerer Spiele(s) ist der Gegenstand dieses Buches. Die Bereich Scouting, Medizin und Training werden im Folgenden nicht betrachtet.

DIE INHALTE

Trainer Thomas Tuchel (Mainz 05): "Das war noch mal ein Spiegelbild dieser Saison. Wir haben gut begonnen, dominant, haben gut umgeschaltet und hätten höher führen müssen.“

Die Leistungen für das Spiel systematisch zu planen, zu analysieren und zu bewerten erfordert die Konzeption und Anwendung:

a. des Spielstils (syn. Spielphilosophie / Spielsystem) als die Art und Weise in einer Saison oder mehreren Saisons Fußball spielen zu wollen

b. des Spielplans (syn. Matchplan) als die Vorgabe für ein spezielles Spiel

c. der Spielanalyse und Bewertung der Leistungen eines Spiels (z.B. im Vergleich zum Spielplan) vor-, innerhalb und nach einem Spiel

d. des Spieltrends als die Analyse und Bewertung der Leistungen in mehreren Spielen im Vergleich zu dem als langfristig zu spielenden Spielstil.


Abbildung 4 Die Leistungsplanungs- und -analyse Bereiche im Fußball

Bei einer systematischen Planung der Spielleistungen geht es darum erfolgversprechende Verhaltensmuster für

a. einen gesamten Verein, eine Jahrgangsstufe, für taktische Positionen / Gruppen und ein Team langfristig zu definieren - dies ist der Spielstil,

b. konkrete Spieler, taktische Positionen / Gruppen und eine bestimmte Mannschaft auf der Basis des Spielstils kurzfristig für ein Spiel festzulegen - das ist der Spielplan.

Die systematische Aufnahme, Analyse und Bewertung der Spielleistungen (hier die Spielanalyse und der Spieltrend) besteht aus

a. der Erfassung der Spielhandlungen während und nach einem Spiel

b. der Ermittlung der Leistungswerte und Erkennung typischer Verhaltensmuster in einem oder mehreren Spielen

c. der Bewertung der Leistungen durch Vergleiche mit den Plan-Werten und / oder den geplanten / erwarteten Verhaltensweisen für die eigenen und gegnerischen Leistungssubjekte (d.h. Mannschaften, taktische Positionen / Gruppen und konkrete Spieler).

DIE HERAUSFORDERUNG

Die Vorstellungen der Verantwortlichen zur Planung, Analyse und Bewertung der Leistungen im Fußball bewegen sich zwischen den Extremen:

a. Alles ist Zufall und nur abhängig von den persönlichen, individuellen Fähigkeiten der Spieler. Der Trainer ist ein reiner (De-)Motivator wie Franz Beckenbauer 1990 "Geht´s Raus und spielts Fuaßball". Die Folge davon ist: eine Planung des Spiels ist nur in Ansätzen vorhanden; ein methodisches Erfassen der Spielleistungen in Form von definierten Ereignissen ist nicht gewollt / möglich sowie ein Messen der Leistungen ist auch nicht möglich.

b. Alles ist vorgeplant und läuft nach definierten (Plan-)Mustern ab. Der Trainer ist der strategische Planer wie Felix Magath "Fußball ist wie Schach". Die Spielleistungen sind umfassend definiert und deshalb vollständig erfassbar, messbar und bewertbar.

Eine systematische Planung, Analyse und Bewertung der Spielleistungen in einem Verein aufzubauen und nachhaltig zu betreiben braucht

a. ein gesamthaftes Methoden-Konzept angepasst auf die aktuelle Vereinssituation und die angestrebten Ziele

b. die technischen Werkzeuge in Form operativen und intelligenten (analytischen) Systeme

c. das konzentrierte Wissen über alle Bereiche des Leistungsmanagements

d. die Daten zur Erfassung der operativen Aktivitäten und die Leistungsindikatoren zur Bewertung der Leistungen

e. das Training der sportlichen Beteiligten im Konzept und den Werkzeugen durch erfahrene Begleiter.


Abbildung 5 Das Bestandteile im Sport Leistungsmanagement

DIE MOTIVATION

In öffentlich zugänglichen Quellen gibt es wenige Sportwissenschaftliche Abhandlungen als auch Populärliteratur, die lediglich einzelne Aspekte der Planung, Analyse und Bewertung der Leistungen im Fußball isoliert darstellen.

Es gibt also keine allgemein verfügbare Gesamtbetrachtung i.S. eines Rahmenwerks zur systematischen Leistungsplanung und -steuerung im Fußball.

Die Verfügbarkeit von IT-Systemen zur Unterstützung des Managements von Spielleistungen ist je nach Themengebiet unterschiedlich ausgeprägt:

a. es gibt viele Systeme für die qualitative Spiel-Analyse per Videoanalyse mit sehr unterschiedlichen Funktionen, technischen Ausprägungen und Preisen

b. es existieren wenige Systeme für die quantitative, datenbasierte Spielanalyse und kein System für eine automatische, Spielstil-bezogene Taktikanalyse

c. es gibt kein System für die methodisch-systematische Gestaltung von Spielstilen.

Insgesamt ist der Markt für diese Systeme relativ unübersichtlich und es existiert noch kein verlässlicher, systematischer Marktüberblick.

Es gibt zwar viele Leistungsindikatoren mit der Darstellung der technischen (u.a. Passanzahl, Passrate, Ballbesitz) und konditionellen (u.a. Laufleistung, Sprints) Leistungen aber es existieren für die große Menge der Fußballbegeisterten Fans keine taktischen Leistungsindikatoren (u.a. Anzahl von Kontern im Vergleich zur Anzahl der Kombinationsangriffe).

Die Ziele dieses Buches sind deshalb

a. den sportlich Verantwortlichen (u.a. Trainer, Spielanalysten, Sportmanager) in Vereinen und Verbänden einen Leitfaden zur Unterstützung beim Aufbau und Ausführung eines Leistungsmanagements im Fußball vorzustellen und einen ersten Überblick über den Markt für Leistungs-Management Systeme zu geben

b. den Fußballsportjournalisten Möglichkeiten zur verbesserten Leistungsbewertung und -darstellung bei Reportagen aufzuzeigen

c. den Fußballfans zum besseren Verständnis von Spielleistungen einen verständlichen Einblick in moderne Leistungsindikatoren und -analysen bereitzustellen.

Diese Ziele werden erreicht indem

a. die Fußball-spezifischen Leistungen in einem Spielleistungsmodell im Überblick dargestellt werden

b. die taktischen Aktivitäten im Spiel in einem Strukturmodell Fußball mit ihren Eigenschaften und Ablaufbeziehungen beschrieben werden

c. die Ausprägung und Verbindung der taktischen Aktivitäten in möglichen Spielkonzepten (syn. Spielstil oder auch Spielphilosophie) diskutiert werden

d. die lang- und kurzfristigen Leistungsziele zusammen mit den Leistungsindikatoren für Spiele definiert werden

e. die Analyse- und Bewertungsmethoden festgelegt werden

f. ein Überblick über die aktuell existierenden IT-Systeme für Leistungsplanung und -analyse gegeben wird

g. die praktische Anwendbarkeit dieses Leitfadens nachgewiesen wird, anhand der Analyse und Bewertung der Leistungen in konkreten Spielen mit Hilfe von ausgewählten IT-Systemen.

EINE LESEANLEITUNG

Wie sollte man dieses Buch lesen bzw. damit arbeiten.

Sie möchten zuerst praktische Beispiele für die Analyse und Bewertung von Spielleistungen ansehen, bevor Sie sich mit der Methodik beschäftigen, dann

a. nutzen Sie das System von ortec/sports und schauen sich ausgewählte Analysen von Spielen an (https://ortecsports.com/free-trial/)

b. schauen Sie sich das Video über moderne Spielleistungsanalyse von optikick in youtube an (https://www.youtube.com/watch?v=yH_xnvNfiaM).

Sie möchten einen ersten Überblick über Spielleistungen erhalten, dann lesen Sie das Kapitel „Spielleistungsmodell“.

Sie möchten sich informieren über die Inhalte von Spielstilen, dann lesen Sie das Kapitel „Spielplanung - Spielstile“.

Sie möchten verstehen wie man Spiele mit Hilfe von Video-Szenen analysiert, dann lesen Sie das Kapitel „Qualitative Spielanalyse“.

Sie möchten die Methode der quantitativen Spielanalyse kennenlernen, dann lesen Sie das Kapitel „Quantitative Spielanalyse“.

Sie möchten sich einen Überblick über den Markt von IT-Systemen für Leistungsplanung und -analyse verschaffen, dann lesen Sie das Kapitel „IT-Systeme“.

Sie möchten nach dem Lesen dieses Buches mit dem Auf- oder Ausbau des Leistungsmanagements in ihrem Fußballverein beginnen oder nach einem Reifegradmodell gesteuert fortsetzen, dann kontaktieren Sie optikick uG (www.optikick.de oder guenter.neuser@optikick.de) und diskutieren Sie die Verwendung der weiterführenden integrierten Konzepte und IT-Systeme von optikick und seinen Partnern.

Optikick und seine Partner wünschen Ihnen nun viel Freude und viele neue Erkenntnisse mit diesem Buch.

Das Leistungsmodell

Das allgemeine Leistungsmodell für Sportspiele

Die Voraussetzung für eine systematische, d.h. plan- und steuerbare Leistungsentwicklung von Spielern und Mannschaften durch ein zielorientiertes Training und die Realisierung im Wettkampf sowie deren Messung und Bewertung ist ein allgemeines Modell zur Struktur der sportlichen Leistung.


Abbildung 6 Das allgemeine Sport Leistungsmodell

Das Zustandekommen sportlicher Leistungen in Training und Wettkampf ist von verschiedenen Bedingungen abhängig, die es zu kennen gilt.

Die personalen und mannschaftlichen Leistungsvoraussetzungen stellen Einflussgrößen dar, die die Höhe bzw. Güte einer Leistung und deren Entwicklung bestimmen.

Dazu gehören:

a. Kondition (Kraft-, Ausdauer-, Schnelligkeits- und Beweglichkeitsfähigkeiten)

b. Technik-Koordination (Bewegungsfertigkeiten und koordinative Fähigkeiten)

c. Taktik (Situationsanalyse-, Entscheidungs- und Situationsanpassungsfähigkeit)

d. Konstitution (konstitutionelle Leistungsvoraussetzungen)

e. Persönlichkeit (Kognition, Emotion, Motivation).

Die Gesamtheit der personalen und mannschaftlichen Voraussetzungen für die Bewältigung der Leistungsanforderungen macht die Leistungsfähigkeit aus.

Die Aktionen von Spielern Einzeln und im Kontext von taktischen Gruppen sowie der Mannschaft, sind die zu beobachtenden Spielhandlungen.

Alle Spielhandlungen erfolgen zielorientiert und können ein positives (z.B. Torabschluss) oder negatives (z.B. Ballverlust) Ergebnis haben, die sog. Spielwirksamkeit.

Der Umfang und die Ergebnisse der Spielleistungen werden insgesamt beeinflusst durch interne und externe Einflüsse.

Die Spielhandlungen mit ihren Ergebnissen (der Spielwirksamkeit) sowie die Informationen zu den in-/externen Einflüssen werden zusammengefasst im Wettkampfverhalten.

Das Wettkampfverhalten wird durch Beobachtungsverfahren erfasst, während bei der Feststellung der Leistungsvoraussetzungen eine Fähigkeits- und Fertigkeitsdiagnostik insbesondere durch Testverfahren erfolgt.

Das Fußball-spezifische Leistungsmodell

Die Eigenschaften des Fußballspiels (u.a. die Spielregeln, das Spielfeld, die Anzahl und die Rollen der Spieler) und die sich daraus ableitenden Anforderungen an die Leistungen und deren Entwicklung, erfordern ein Fußballspezifisches Leistungsmodell.


Abbildung 7 Das Fußball-spezifische Leistungsmodell

Externe Einflüsse (1) bilden Faktoren außerhalb des Spielfeldes (u.a. Platzverhältnisse, Wetter) mit einem möglichen positiven oder negativen Einfluss auf die Leistungen von Spielern und Mannschaften.

Interne Einflüsse (1) sind Ereignisse oder Zustände (u.a. Ein/Auswechslungen, Verletzungen von Spielern), die sich letztlich auf den Mannschaftskader und dessen Stärke auswirken.

Die Fußballspezifische Kondition (2) ist Voraussetzung für die Anwendung der technischen und taktischen Aktionen über die gesamte Spielzeit. Kondition ist der Sammelbegriff für alle psychischen, physischen, kognitiven und sozialen Leistungsfaktoren.

Die Fußball-Technik (3) umfasst für alle koordinativen Fähigkeiten bzw. Bewegungen (mit und ohne Ball) die Techniken mit Ball (u.a. Passen, Schießen, Dribbeln) und die Techniken ohne Ball (u.a. Lauftechniken und Sprungtechniken oder auch das Tackling). Das Beherrschen und die erfolgreiche Anwendung der Fußballtechniken ist Voraussetzung für den angestrebten Erfolg der taktischen Aktionen.

Die Taktik (4) im Fußball umfasst alle individuellen und kollektiven Angriffs- und Verteidigungsverfahren einer Mannschaft, die auf der Grundlage einer taktischen Konzeption bei Einbeziehung des angenommen Spielplans des Gegners und unter Berücksichtigung der vielfältigen Spielbedingungen sowie der konkreten Situationsentwicklungen angewandt werden, um ein optimales Spielergebnis in den taktischen Spielphasen und den Standards zu erreichen.

Klassische Spielsituationen im Bereich der Einzeltaktik sind Dribblings, Flanken, Passen und das 1 gegen 1. Die Gruppentaktik beschreibt die abgestimmte Handlung von mindestens zwei Spielern im Angriff oder in der Verteidigung. Aus mehreren Einzelaktionen entsteht die Gruppentaktik. Einfache Beispiele hierfür sind das Flügelspiel, bestimmte Passfolgen und Überzahlspiele. Beispiele, die den Begriff Mannschaftstaktik erläutern, sind die Defensivtaktik oder Offensivtaktik als vorgegebene Spielweise für das gesamte Team. Ebenso gehört zur Mannschaftstaktik die taktische Formation (u.a. 4-4-2, 4-2-3-1, 4-5-1).

Um typische taktische Verhaltensmuster zu definieren und die Komplexität des Fußballspiels zu reduzieren, wird das Spiel in Spielsituationen unterteilt. Diese Spielsituationen sind auf der höchsten Aggregationsebene Spielphasen mit / ohne Ball und Standards in Offensive und Defensive mit ihren Ablaufbeziehungen. Diese Spielphasen enthalten selbst wieder weitere taktische Aktionen, die auch logische Ablaufbeziehungen untereinander haben.

Die taktischen Aktionen basieren letztlich aus den technischen Aktionen, wie Passen, Flanken, Torschüsse und Zweikämpfe.

Der Spielstil (5) ist die methodische Beschreibung der spezifischen Art und Weise Fußball zu spielen. Ein konkreter Spielstil wird u.a. definiert durch die Festlegung der Ausprägungen der Spielhandlungen. Ein Spielstil kann in unterschiedlichen Ausprägungen existieren für einen gesamten Verein, eine Jahrgangsstufe, eine Mannschaft und Mannschaftsteile (taktische Gruppen / Positionen).

Fußball Leistungen

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