Читать книгу L...wie...Lisa, Lust, Liebe, Leben! Erotischer Roman - Günter Richter - Страница 4
ОглавлениеKapitel 2 Gewitter
Es war ein schöner, aber auch schwüler Sommertag. Tagsüber hatte die Sonne vom Himmel gebrannt, nun wurde die Luft immer schwerer und erste Wolken zogen am Himmel auf. Ich hatte beschlossen, einen Spaziergang durch die Felder zu wagen, um die Atmosphäre aufzunehmen. Dieses Gefühl der wiegenden Strohhalme der Kornfelder, das Knacken der Ähren unter der heißen Sonne, das Flimmern der Luft am Horizont. Ich hoffte auf ein Gewitter, wollte es erleben, wollte die Spannung spüren, die in der Luft lag, wollte den Boden riechen, der durch die Hitze ausgetrocknet nach Regen lechzte.
Die Begegnung mit Lisa war nun schon einige Zeit her. Ich hatte sie seitdem nicht mehr gesehen, hatte nach meinem misslungenen Warten unter der Kastanie auch keine Anstrengung mehr unternommen, mit ihr in Kontakt zu treten. Ich hatte mir gesagt, dass es vielleicht einmalig bleiben sollte, dass ich ihr nicht hinterherrennen würde, und hatte es dabei belassen. Hatte ich sie schon vergessen? Jedenfalls dachte ich an diesem Tag beim Spaziergang nicht an sie. Ich wollte mich gehen lassen, meinem Geist kein Thema aufzwingen, sondern offen und frei sein für das, was mich in den Feldern erwartete.
Als die Stadt bereits in einiger Entfernung hinter mir lag, türmten sich dichtere Gewitterwolken am Himmel. Ich hatte es gerade geschafft, in diese spannungsgeladene Atmosphäre einzutauchen, da hörte ich neben mir eine Stimme sagen: »Schön, dich hier zu treffen!« Ich erschrak. Wieder hatte ich sie nicht kommen sehen oder gehört, sie war von einem Moment auf den anderen einfach da.
Wie beim ersten Mal ging sie neben mir her, ohne mir ein Gespräch aufzuzwingen. Irgendwie war ich nicht einmal mehr überrascht, dass es zu einer neuerlichen Begegnung mit ihr kam. Ich sah sie nur an und ging zusammen mit ihr weiter. War ich froh, sie wiederzusehen? Ja, ja und nochmals ja! Jetzt, wo sie neben mir herging, merkte ich, dass sie mir die ganze Zeit gefehlt hatte. Ich hatte in der Zwischenzeit sehnsüchtige Gedanken an sie verdrängt. Aber nun war alles wieder da. Wie beim ersten Mal musterte ich sie von der Seite. Ihre Haare, die kastanienrot im Licht schimmerten, waren etwas länger geworden. Diesmal trug sie einen kurzen Jeansrock und ein T-Shirt mit nichts darunter, soviel konnte ich sehen. Und es machte mich enorm an.
»Gefalle ich dir immer noch?« Welch Duplizität der Ereignisse. Ich konnte nur zustimmend nicken, was ein Lächeln auf ihre vollen Lippen zeichnete. Wir gingen durch die spannungsgeladenen Felder. Es kam Wind auf, ein weiteres Anzeichen für das nahende Gewitter. Alles schien noch einmal aufzudrehen, alles wurde hypervital, die herumsausenden Insekten, die durchdrehenden Rindviecher, die fliehenden Pferde. Über uns kreisten mehrere Bussarde mit dem typischen Schrei, der zu dieser scheinbar absurden Stimmung passte.
»Hast du Angst vor Gewittern?«, fragte ich sie, um uns in dem Fall vielleicht noch rechtzeitig in der nahen Stadt in Sicherheit bringen zu können.
»Ich liebe dieses Wetter, diese Stimmung, diese Angespanntheit und dann die Erlösung!« Wie hätte ihre Antwort auch anders ausfallen können. Nach allem, was ich von ihr wusste, konnte sie nur diese Antwort geben.
»Schön, dann lass uns einfach weitergehen«, sagte ich und nahm sie bei der Hand. Es war das gleiche Gefühl wie beim ersten Mal – ihre warme, weiche Hand in der meinen, ein Gefühl der Vertrautheit, der Geborgenheit.
Das Schauspiel am Himmel nahm an Rasanz zu. Riesige Wolkengebirge türmten sich auf, flossen ineinander. An anderer Stelle entstanden neue Wolkenberge, die der Wind nach Lust und Laune formte. Er wurde langsam stärker und trieb Blätter und allerlei loses Gestrüpp vor sich her, wirbelte es empor, spielte damit. Und dann hörte man leichtes Grollen in der Ferne. Das Gewitter kam näher. Wir gingen unbekümmert weiter, im Einklang mit uns und der uns umgebenden Landschaft. Auf einmal war da ein Blitz am Horizont, den man trotz der Tagesstunde und der herrschenden Helligkeit sehr gut sehen konnte. Er kam aus einer Wolke und sein Weg führte in Zickzacklinien direkt in die Erde. Nun beschlich mich doch ein ungutes Gefühl. Hatte ich etwa Angst vor dem Gewitter? Früher einmal war es so gewesen. Ich kann mich an Situationen erinnern, als ich noch nicht zur Schule ging.
Immer wenn sich ein Gewitter ankündigte, wurden meine Oma und besonders meine Tante, die beide mit in unserem Haus wohnten, nervös, gingen geschäftig umher, schalteten das Licht aus, entzündeten Kerzen und begannen zu beten. Das wirkte auf mich beklemmend und einschüchternd. Natürlich gab es bei Gewitter auch in der Nachbarschaft so manches Unglück wie abgebrannte Bauernhäuser oder auf der Weide vom Blitz getroffene Kühe, aber unsere Familie blieb Gott sei Dank von größerem Schaden verschont. Wir als Kinder mussten in den Singsang des Gebetes – Vater unser oder Gegrüßet seist du Maria – einstimmen. Dieses Beten hatte eine besondere Dynamik. Wurde der Blitz heller, folgte der Donner nur kurze Zeit auf den Blitz oder wurde das Donnern ein lautes gefährliches Dröhnen, dann intensivierten Oma und Tante ihre Gebete. Und wenn Blitz und Donner in einem gewaltigen Crescendo zusammenfielen, flehten beide den lieben Herrgott auf Knien um Gnade und Verschonung an. Als Kind führte dieses äußerst glaubwürdig vorgetragene Theater dazu, dass ich Angst bekam, viel Angst!
Erst später gelang es mir, mich aus der Umklammerung von Oma und Tante zu lösen. Ich begriff die Naturgegebenheiten, die hinter einem Gewitter steckten, und dass sie nichts mit Schuld und Verzeihung, Sünde und Sühne zu tun hatten.
Ich wollte mich nicht dieser schaurigen Erinnerungswelt öffnen und zum Glück rief mich die Erinnerung an meine Begleitung wieder zurück ins Hier und Jetzt.
Die Sonne war mittlerweile ganz hinter den rasenden Wolken verschwunden. Es wurde immer dunkler, das Ganze schien auf etwas ganz Bestimmtes hinauszulaufen. So wie die Wolken sich an der Atmosphäre und an der Erdoberfläche rieben, so schien sich die ganze Szenerie elektrostatisch aufzuladen. Am deutlichsten wurde dies, wenn man die Rindviecher auf der Weide rennen sah, mit aufgestelltem Schwanz und wie wild blökend und brüllend. Und dann begann es zu regnen. Das Gewitter blieb in einiger Entfernung, zog an uns vorbei. Wir stellten uns bei einer der zahlreichen Feldscheunen unter und beobachteten das Schauspiel aus relativer Sicherheit und trockenen Fußes. Die anfänglichen Regentropfen hatten sich in einen Platzregen verwandelt, der kein Ende nahm.
Lisa wurde immer ungeduldiger. »Komm, lass uns durch den Regen weitergehen. Ich möchte die Regentropfen spüren.«
Bevor ich wie gewohnt nickend mein Einverständnis gab, war sie schon in den Regen hinausgegangen. Ich folgte ihr rasch. Es dauerte nicht lange und wir waren bis auf die Knochen nass. Wir sprangen durch den immer stärker werdenden Regen, mal singend, mal gegen den Donner anschreiend. Wenn uns einer beobachtet hätte, hätte er uns für Derwische halten können. Ich sah Lisa im Regen sich immer mehr auflösen, sah ihren Körper, ihre nasse Haut unter dem durchnässten T-Shirt. Ihre Brüste zeichneten sich verlockend ab. Sie hüpften mit etwas Verzögerung ebenfalls auf und ab, ihre versteiften Nippel waren wie kleine Berge. Eine erotischere Situation hätte ich mir nicht vorstellen können: Ich ging zu ihr hin und streifte ihr das T-Shirt über den Kopf, öffnete ihren Rock, der ihr daraufhin bis zu den Knöcheln rutschte. Sie stand vor mir in paradiesischer Schönheit, lachte mich an und begann, auch meine Kleider abzustreifen. Die Shorts ließen sich aufgrund meiner bestehenden Erektion nicht so einfach runterziehen, mein aufgerichteter Penis war wie ein Widerhaken. Als sie mir die Hose über die Hüften gestreift hatte, wanderte sie mit ihren Händen in meinen Schritt, strich über meinen Penis, glitt mit ihrer Hand rauf und runter. Sie ging vor mir in die Knie und liebkoste mit ihrem Mund zunächst meinen Bauch, wanderte dann mit ihrer Zunge tiefer, umkreiste den Bauchnabel, umfasste mit ihren Händen fest meinen Hodensack, steckte die Eichel meines Penis in den Mund und begann, gierig daran zu saugen und zu lutschen. Mir war, als wäre ich im Paradies. Schauer von Glückseligkeit liefen mir zusammen mit dem immer noch niederprasselnden Regen über den Rücken. Ich begann schwer zu atmen, wollte laut schreien vor Lust, doch die Töne erstickten in einem tiefen Stöhnen.
Und es wurde noch geiler. Sie lutschte nun nicht nur die Eichel, sondern ließ meinen Penis in seiner ganzen Pracht tiefer in ihren Rachen gleiten, schlang ihre Zunge darum und spielte so mit ihm.
Der Regen war wie eine warme Dusche, so erhitzt waren unsere Körper mittlerweile, vom Empfinden her gar nicht kalt, sondern erfrischend und reinigend.
Ich vergaß meine Umwelt immer mehr, war nur noch Lust und Genuss, während sie weiterhin saugenderweise meinen Penis beglückte. Neben ihrem Mund setzte sie nun verstärkt auch ihre Hände ein, ließ den Penis immer schneller und heftiger durch ihre Faust gleiten. Ich war kurz davor, zu kommen und einen gigantischen Orgasmus zu haben, da hörte sie auf und ließ sich aus der Hocke rückwärts auf die Wiese fallen. In meiner Verzweiflung wollte ich rufen: »Mach bitte weiter!«, doch das Bild, das sich mir bot, faszinierte mich. Lisa war völlig außer Atem, gezeichnet von ihrer Lust, angestachelt von ihrem Tun und aufgeputscht von meinem Stöhnen. Sie lag völlig offen und frei vor mir, genoss den Moment, schien in sich zu ruhen. Es zeugte von tiefem Vertrauen, sich so zu zeigen. Ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit überkam mich und ich kniete zu ihr nieder und begann sie zu liebkosen, erst mit den Lippen, dann mit der Zunge.
Der Regen auf ihrer Haut vermischte sich mit Schweiß und ergab einen Geschmack, der mich an Orangen erinnerte. Orangen, die ein wenig salzig waren. Ich küsste ihre Brüste, die weich und groß vor mir lagen. Ihre Nippel erstarrten unter meinen Liebkosungen, ich quetschte sie leicht zwischen meinen Fingern und sie stöhnte auf. Ihr Verlangen wuchs. Ich legte mich vor ihr ins Gras, woraufhin sie leicht die Schenkel öffnete. Der Anblick war wunderschön, sie legte alles offen, verbarg nichts, zeigte sich mir. Ich sah ihre Möse, ihre Schamlippen, ihre versteckte Klitoris. Sie hatte sich rasiert, es war nur ein kleines rotes Dreieck oberhalb ihres Schamhügels verblieben – ein Anblick, der mich zutiefst erregte. Das war mir bei unserem ersten Mal nicht aufgefallen. War sie da auch rasiert gewesen? Ich berührte ihre Schamlippen mit meinen Fingerspitzen, streichelte sanft darüber und umfuhr anschließend die gesamte Möse mit leichtem Druck. Der Regen floss in ihr Dreieck, schien darin zu verschwinden und zu versickern. Ich versuchte, ihn mit meinen Lippen und meiner Zunge aufzufangen. Sie warf den Kopf zurück, stöhnte laut auf und zeigte mir damit, was sie wollte. Ich ließ mich ganz auf die Spielerei ein, leckte und saugte – mal mit spitzer Zunge in die Vagina gleitend, mal breitflächig mit wenig Druck über die gesamte Möse schleckend. Oben traf ich dann den Wunschpunkt, ihre Klitoris, die zuerst noch halb versteckt war. Ich legte das kleine Knöpfchen mit Zeigefinger und Daumen frei und berührte es, was ekstatische Geräusche ihrerseits auslöste. Ich schleckte und leckte, war nicht mehr bei Sinnen, sondern gefangen im Banne unseres gemeinsamen Lusterlebens. Ich wollte es ihr besorgen und verstärkte meine Zungenfertigkeit. Es dauerte nicht lange und sie wand sich unter Stöhnen, während ihre Bauchdecke wie bei einem Erdbeben wild zuckte. Die Spannung löste sich, ihre Erregung ebbte langsam ab, sie schmiegte sich in das Gras der Wiese, das nass, grün und platt gedrückt war. Einzelne abgerissene Grashalme klebten an ihr, erdige Streifen bedeckten Teile ihres Körpers. Doch der nach wie vor prasselnde Regen war wie eine Dusche, er wusch uns sauber. Wir standen auf und ließen den Regen die Arbeit machen. Wir umschlangen uns zärtlich, die hitzige Erregung war gewichen. Wir genossen das Schauspiel des Himmels noch eine Zeit lang, dann hörte der Regen allmählich auf, das Gewitter verzog sich und es wurde wieder heller. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen, war das ein Zeichen, uns wieder anzuziehen. Da die Kleider aber durch und durch nass waren, stellte sich das als schwierig heraus, und es dauerte eine Weile. Wir sahen recht zerzaust und verwildert aus, aber das machte nichts.
Auf dem Rückweg sprachen wir nichts, gingen Hand in Hand, um unsere Verbundenheit auszudrücken.
Ich brachte sie nach Hause, gab ihr zum Abschied einen dicken Kuss auf die Lippen und sagte: »Wir müssen uns wiedersehen.«
Sie antwortete nur: »Ja, das müssen wir«, und schon war sie in ihrem Haus verschwunden.
Es war mir, als tauchte ich nach langer Zeit mit einem Ruck aus der Geschichte des Erlebten auf, als die Haustür ins Schloss fiel. Ich hatte alles um mich herum vergessen. Wo war ich? Was war eigentlich geschehen? Wie spät war es? Das alles war eine Zeit lang unwichtig gewesen, nun bekamen die Einzelheiten des alltäglichen Lebens wieder eine Bedeutung. Mit Lisas Verschwinden schwand auch das Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit.
Ich ließ den Nachmittag Revue passieren. Was war eigentlich geschehen? Zusammenfassend würde ich sagen, dass ich einen schönen Nachmittag mit einer schönen Frau verbracht hatte, mit Sex im Regen. Ich hatte zwar keinen Orgasmus erlebt, dafür war ihrer sehr intensiv gewesen. Dazu kam das elementare Erlebnis, es draußen in der freien Natur, bei strömendem Regen zu treiben. Da mein Alltag in der Regel nicht so ereignisreich war, gab es viele Eindrücke und Gefühle zu verarbeiten. Während ich nach Hause ging, dachte ich an diese schönen Dinge, doch je näher ich meiner Wohnung kam, umso deutlicher machte sich ein negatives Gefühl bemerkbar. Ich fühlte mich allein. Warum hatte ich sie verlassen, oder anders gefragt, warum waren wir nicht einfach zusammengeblieben für den Rest des Tages, der Nacht, des Tages, der Nacht, des Tages …?
Intensive Erlebnisse im Abstand von Monaten sind allemal besser als gar keine, aber einmal Blut geleckt, wollte ich mehr. War dies der Ausdruck meiner Sehnsucht, die sich – über Jahre angestaut – nun in den Vordergrund spielen wollte? Sie sah Land, endlich das zu bekommen, was ich mir gewünscht hatte. Tun ohne zagen, sich nicht bremsen müssen, alles Interessante ausleben, frei sein und doch an einen Menschen gebunden, mit dem ich mein Leben teilen möchte. Erst jetzt bekam ich ein Gefühl dafür, wie ich in den letzten Jahren gelebt hatte. Ich hatte mich zwar eingerichtet, mich mit meinem Job arrangiert, ging diversen Hobbys nach, traf mich regelmäßig mit Freunden. Aber Highlights, echte Highlights, gab es wenige. Nun hatte ich innerhalb von ein paar Monaten gleich zwei solcher Highlights erlebt, die das Leben erst lebenswert machten, und es war klar, dass ich etwas ändern musste. Meine Sehnsucht forderte: »Lass dich gehen, kontrolliere dich nicht immer so, sei dein Gefühl, nicht nur dein Verstand!« Das waren die Botschaften, die aus der Ecke kamen.
Ich konnte jetzt noch nicht in meine Wohnung zurück, ich wollte mich nicht von Mauern begrenzt fühlen, wollte nicht die Enge des Raumes spüren, mich keinem künstlichen Licht aussetzen. Jetzt benötigte ich mehr von dem eben erlebten Zustand des Freiseins. Ich wollte meinen Augen keine Begrenzung in Form von Mauern zumuten, sondern wollte unbegrenzte Weite spüren können, wollte die Sonne untergehen sehen. Also schlug ich erneut den Weg in die Felder ein, überließ mich einem gleichförmigen Bewegungsablauf, den ich nur zu wiederholen brauchte. Ich sog die Landschaft um mich herum förmlich auf, tauchte in sie ein, verlor mich in ihr. Dieses Verlieren tat mir gut. Ich mochte vielleicht zwei Stunden gegangen sein, da bemerkte ich, wie ich langsam wieder auftauchte. Ich bemerkte zunächst den Geruch umgegrabener Erde und sah einen Bauern ein Feld grubbern und eggen. Ich bemerkte weiter, dass das mich umgebende Tageslicht schwächer wurde. Die Sonne, die nach dem Gewitter die Oberhand behalten hatte, glitt immer mehr auf den Horizont zu – ein Sonnenuntergang, wie er im Buche steht. Zum Horizont hin wurde das Licht orange und dann rot. Die Sonnenscheibe wuchs zu einem glutroten Ball heran, der immer größer zu werden schien, je näher er der Grenze zwischen Himmel und Erde kam. Sobald die Sonne die Grenzlinie berührt hatte, versank sie schnell.
Ich machte mich auf den Heimweg. Mittlerweile war ich wieder in einen sachlichen Bewusstseinszustand zurückgekehrt und ging mit wachen Sinnen durch die grün-braunen, immer noch vor Nässe glitzernden Felder. Die Luft war angenehm, das Gewitter hatte die Atmosphäre entspannt und mit dem Sonnenuntergang wurde es merklich kühler. Spatzen lärmten in einer Feldhecke, die Schwalben flogen hoch am Himmel – ein sicheres Zeichen für kommendes gutes Wetter.
Als ich müde vom Spaziergang in meiner Wohnung ankam, duschte ich, legte mich aufs Sofa und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich verändert. Auch meine Umgebung hatte sich verändert, weil ich sie mit anderen Augen wahrnahm. Die Eintönigkeit der letzten Zeit war verschwunden, ich hatte eine neue Sicht auf die Dinge bekommen.
Ich dachte darüber nach, dass ich diese Metamorphose Lisa zu verdanken hatte, und ich war froh darüber, dass es so gekommen war. Die Sehnsucht nach Fortsetzung war nicht mehr so stark wie noch am Vortag. Ich war gelassener, nicht mehr im Banne des zuvor Erlebten.
Die nächsten Tage verbrachte ich in diesem klaren, sachlichen Zustand. Ich konnte mich auf die zu erledigenden Dinge einstellen und versah meine Pflichten mit der mir wohlvertrauten Alltagsroutine.