Bestatter sind auch nur Menschen
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Günther Seiler. Bestatter sind auch nur Menschen
1. Geschichte: Fall eines Bestatters
2. Geschichte: Der Sensenmann
3. Geschichte: Der Pathologe und der Bestatter
4. Geschichte: Der Friedhofsgärtner
5.Geschichte: Der Trauerredner
6. Geschichte: Die Gräfin
7. Geschichte: Lautlos
8. Geschichte: Zahltag
9. Geschichte: Die 50 Urnen
Impressum
Отрывок из книги
Titel
1. Geschichte: Fall eines Bestatters
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Doris, die immer sehr ordentlich und alles schon fast pedantisch an ihren Plätzen sowohl im privaten Bereich als auch auf der Dienststelle hatte, musste sich zusammennehmen. Es ging sie nichts an, wie Menschen lebten, sich nicht sortierten oder nach ihrem Gusto leben wollten, wie sie mochten. Gudrun stand unschlüssig vor einem Stuhl, der mit alten Zeitungen vollgepackt war. Sie wollte den Stapel nicht herunternehmen, wohin sollte sie diesen auch ablegen? Pfarrer Uphusen nahm, eine Entschuldigung murmelnd, den Stapel und warf ihn achtlos auf die Erde. Einen weiteren Stuhl zog er mit dem Fuß heran. Er selber setzte sich auf eine kleine Couch, die mit Videokassetten überhäuft war. Doris hätte gerne einmal die Titel gesehen. Sie dachte: „Von dem möchte ich nicht getraut oder beerdigt werden. Der wirkt irgendwie fahrig, unsortiert.“ Sie lachte innerlich über sich selber. „Herr Pfarrer Uphusen, wir möchten vorweg schicken, dass uns weder eine Strafanzeige noch eine Meldung in dieser Richtung erreichte. Es geht darum, dass, auch wenn Polizeibeamte privat unterwegs sind und von einem Ereignis hören, sei es Klatsch oder Gerüchte, dem nachgehen müssen, um sich im strafrechtlichem Sinne nicht schuldig zu machen. Ist an der Sache nichts dran, ist es erledigt. Das soll aber nicht heißen, dass wir, ich vermeide den Begriff Geschwätz, sondern jedem gesprochenen Wort aufklärungstechnisch gesehen nachgehen müssen.“
Der Pfarrer hielt den Kopf etwas geneigt und hörte zu, dann meinte er leicht gereizt: „Wenn ich alle gesprochenen Worte auf die Goldwaage legen würde, käme ich hier zu nichts mehr.“ Doris drehte sich um und dachte: „Und wo wäre der Unterschied?“ Der Pfarrer schien irgendwie ihre Gedanken zu ahnen: „Ich war als Kind schon unordentlich und habe immer mit aller Verzweiflung versucht dagegen anzugehen, mit dem Resultat, dass ich nichts mehr wiederfand, meine Zeit im Abheften von Unterlagen in Ordnern vergeudet habe, die ich hinterher nicht wiedergefunden habe, weil diese falsch beschriftet oder aus anderen Gründen am nächsten Morgen verschwunden waren. Sie schienen sich auf die kleinen Ordnerbeine gemacht zu haben, um aus meinem Chaos zu entkommen. Und so habe ich das Ordnung halten aufgegeben.“ Doris musste grinsen und dachte nur lakonisch: „Kein Wunder, das würde ich bei dem als Ordner auch machen.“
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