Читать книгу Ascension Saga: 5 - Grace Goodwin - Страница 8
1
ОглавлениеFaith Jones Herakles, Königlicher Palast von Alera
“Ich habe mit einem Fiesling geschlafen. Einem miesen Fiesling.” Ich stöhnte und fuhr mit der Hand durch mein total zerzaustes Haar. Das Laken, in das ich bei meiner Ankunft im Palast gewickelt war, lag in einem zusammengefallenen Haufen neben dem Bettpfosten im königlichen Schlafgemach meiner Schwester. Sein Anblick war wie ein Souvenir. An ihn.
Ich verpasste ihm einen frustrierten Tritt und rammte dabei fast meinen nackten Zeh gegen den breiten Holzrahmen des Betts. Der Stoff roch nach Lord Thordis Jax, jenem unglaublich heißen, teuflisch sexy und viel zu gut aussehenden Mann, der behauptete, er sei mein Partner. Jenem Aleraner, der jetzt im Kerker meiner Schwester vor sich hin rottete—nun, im Prinzip war es auch mein Kerker— weil er versucht hatte sie zu entführen und umzubringen. Der Mann, von dem Trinity glaubte, dass er unsere Familie hintergangen hatte.
Und ich wollte ihn trotzdem. Ich war wuschig. Aufgegeilt.
Leer. Meine Muschi. Meine Brust. Meine Haut. Ich brauchte seine Berührungen, wie von keinem anderen zuvor.
Diese Gluthitze hatte es verdammt nochmal in sich.
“Du musst das Gute daran sehen, Faith. Wenigstens war es nicht Zach Richardson.” Meine Schwester, die Königliche Hoheit, Prinzessin Trinity, hatte die Gnade mir einen mitfühlenden Blick zuzuwerfen. Sie hatte ihren Partner. Ihre Gluthitze war vorüber. Und sie war so über beide Ohren verliebt, dass mir das Herz schmerzte, wenn ich sie mit Leo zusammen sah.
Gütiger Himmel. Ich war ihm verfallen. Einem Verräter.
Trotz der wirren Natur meiner Gedanken konnte ich einfach nicht glauben, was sie da von sich gab.
“Was?” Ich starrte sie an, dachte an Zach, den Highschool-Loser, und brach in Gelächter aus, was die Achterbahnfahrt meiner Gefühle nur beschleunigte. Ich war erst traurig, dann wütend und jetzt lachte ich wie eine Geisteskranke.
Auf der Fahrt zum Palast war ich still. Ich hatte kaum geredet—was ziemlich untypisch für mich war. Sonst war ich ständig am Quasseln. Doch dann hatten mir die letzten paar Tage des Herumschleichens und im Haus eines Verräters putzen sprichwörtlich den Wind aus den Segeln genommen. Ich fühlte mich wie mit der Ionenpistole betäubt. Schon wieder.
Nur dieses Mal hatten sie mich direkt ins Herz getroffen und den Rest von mir irgendwie verschont.
Als die Garden in Thors Schlafzimmer gestürmt kamen, war ich verwirrt. Als ich den Killer erblickte, der uns in unserer ersten Nacht auf Alera töten wollte—nein, den ich damals töten wollte—hatte ich Todesangst.
Als dann aber auch noch Trinity aufgetaucht war, um mich vor einem Verräter zu retten?
Das hatte mich irgendwie vernichtet. Thor hatte sich nackt vor mich gestellt, bereit, mich zu verteidigen und dafür liebte ich ihn, irgendwie. Dann aber, als er herausgefunden hatte, wer ich war, hatten sich seine Augen verräterisch verdunkelt. Er hatte mir so viel erzählt und ich hatte ihm nicht einmal gesagt, dass ich eine Prinzessin war.
Es war, als ob ich ihn hintergangen hatte.
Aber der Mann hatte Nerven aus Stahl, das musste ich ihm zugestehen.
Dann allerdings war er ein verwöhnter kleiner Lord, der in einer schicken Villa groß geworden war. Ein Verräter. War es überhaupt eine Überraschung, dass er genau wie ein reiches Gör auf der Erde dachte? Dass die Welt ihm einen Gefallen schuldete? Dass er glaubte, er konnte tun und lassen, was immer er wollte?
Ich trampelte erneut auf dem Laken herum. Von mir hatte er auch bekommen, was er wollte.
Und ich hatte es zugelassen.
Nein. Ich hatte ihn angefleht. Gefleht. Und gewinselt. Und mich immer wieder von ihm durchficken lassen.
Scheiße. Ich war eine Vollidiotin.
“Hör auf das Laken zu ermorden. Es hat dir nichts getan.” Trinitys Worte sollten mich eigentlich aufmuntern, aber sie waren zu milde. Sie wusste es. Irgendwie wusste sie genau, dass ich am Boden zerstört war.
Ihr Partner, Leo, hatte uns durch einen finsteren Geheimgang nach oben geführt—was verdammt cool gewesen wäre, hätte ich nicht dermaßen in der Scheiße gesessen. Sie hatten mich in ihr Privatquartier im zweiten Stock geschleust und ich war sofort in Tränen ausgebrochen. Keine Ahnung, wie lange ich geweint hatte, aber als der Heulkrampf vorbei war, waren Trinity und ich allein.
Bestimmt hatte Leo mein Elend gesehen und war um sein Leben gerannt.
Trin hatte mir einen Bademantel gegeben und ich hatte das Laken losgelassen, als ob es in Flammen stünde.
Thors Duft und der stundenlange Sex hafteten mir immer noch an. Selbst ohne das Laken konnte ich ihn riechen.
Ich brauchte dringend eine Dusche. Mit einem starken Düsenstrahl, um mir gleich noch die Haut mit abzuwaschen. Vielleicht würde ich ihn dann aus dem Kopf bekommen. Vielleicht würde dann mein Körper damit aufhören mich anzuschreien, ich solle ich in seine Arme kriechen und um mehr bitten.
Irgendwann hatte ich keine Tränen mehr. Als es soweit war, hatte ich einfach auf blinde Wut umgestellt und war fuchsteufelswild im Salon meiner Schwester auf und ab marschiert, sodass ich auf dem kostbaren Teppich eine Schneise hinterlassen hatte. Ich hatte Selbstgespräche geführt und geschworen, dass alle Männer wertlose Ärsche waren. Wie konnte Thor, dieser Verräter, es wagen mich zu ficken! Wie konnte ein Mörder bei meinem Anblick einen Dicken in der Hose bekommen? Es ergab keinen Sinn. Wie konnte jemand so abscheulich sein und mich so versessen verwöhnen, sobald er zwischen meine Beine kam?
Nichts von alledem ergab Sinn und in Trinitys Augen ergab ich wahrscheinlich auch keinen Sinn. Zum Glück sagte sie nichts weiter und ließ mich einfach toben. Eine von uns dreien hatte sowieso immer eine Krise. Mindestens einmal pro Woche. Als Destiny und ich dreizehn waren, und Trinity sechzehn, hatten wir abgemacht, dass immer nur eine von uns zu gegebener Zeit durch die Decke gehen konnte. Offensichtlich war ich jetzt dran.
Trinity hatte Leo. Sie war offiziell als Prinzessin anerkannt. Sie arbeitete nicht als Dienstmagd, war nicht verhaftet worden und als Spitzel und Verräter bezichtigt worden. Die Sache hatte mich offensichtlich aus der Bahn geworfen. Am liebsten hätte ich Lord Wyse und seinem narbigen Freund den Mittelfinger gezeigt.
Aber dazu würde es nicht kommen. Was in Ordnung war. Anstatt aber meinen Einzug in einem prächtigen Kleid und mit tonnenweise Presse zu halten—wie bei Trinity, als sie ihren großen öffentlichen Auftritt auf den Palasttreppen absolviert hatte—war ich heimlich in den Palast geschmuggelt worden. Nur wenige wussten von meiner Ankunft und der Rest hatte keine Ahnung, wer ich war oder dass es noch eine andere Prinzessin gab.
Ich war die nackte Frau im Laken. Für den Moment war das alles. Die verrückte nackte Frau im Laken, denn nicht nur existierte ich überhaupt nicht, nein, ich hatte auch noch einen Partner, der ein Verräter war. Der geholfen hatte, meine Mutter zu kidnappen. War er auch Teil des Komplotts, das Trinitys biologischen Vater, den König von Alera ermordet hatte?
Nein. Damals musste er drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Also in etwa wie ein verrückt-genialer Superbösewicht aus einem Comic.
Selbst als Verräter war er immer noch besser als Zach Richardson. Der Bastard hatte seinen Pimmel “Groß-Z” genannt und ihm zugeredet, als wäre er sein bester Freund. Scheiße. Das hatte ich in all den Jahren ganz vergessen …
Ich lachte, bis mir die Tränen kamen. Es war nicht wirklich zum Lachen, allerdings konnte ich mich nicht einfach wie ein verletztes kleines Mädchen auf den Boden werfen und einen Wutanfall bekommen, also lachte ich stattdessen.
“Ich kann’s einfach nicht glauben, dass du Zach mit Thor vergleichst. Sie sind … Lichtjahre voneinander entfernt.” Und nicht nur buchstäblich, sondern in jeder erdenklichen Hinsicht. Ich fragte mich, ob die Männer auf Alera ihren Schwänzen einen Namen gaben, so wie Erdenmänner es taten. Thors hatte einen besseren Namen als einfach nur “Groß-T” verdient. Vielleicht etwas wie wundersames-Fickgerät. Oder lass-mich-meinen-Namen-vergessen-und-meine-Schwestern-verraten.
Trinity fasste sich ans Kinn und grinste. “Ich bin jetzt Prinzessin. Wenn du willst, kann ich den Garden befehlen, dass sie zur Erde transportieren und Zach für Runde zwei rüber holen sollen.”
Ich lächelte, dann musste ich seufzen. Gott, ich liebte meine Schwester. Sie konnte jeder noch so verfahrenen Situation einen Witz abgewinnen. Thor gegen Zach, jenem Typen, mit dem ich im Sommer nach meinem Abschluss geschlafen hatte? Kein Vergleich. Außer …
“Du glaubst also mit Zach auf Ty Konwinsks Party im Bad Sex zu haben, und zwar eine Stunde bevor ich ihn dabei erwische, wie Sarah Moore ihm auf dem Rücksitz seines Wagens einen Blowjob gibt, ist schlimmer, als mit einem Verräter zu ficken, der dich eigentlich ermorden wollte?”
Trinity zuckte mit den Achseln. “Wenn du es so sagst … Sag mir eines—wer war besser?”
Als ob sie überhaupt miteinander zu vergleichen waren. Zach war ein neunzehnjähriger Hallodri, der seinen Schwanz für ein Geschenk Gottes an die weibliche Zunft hielt. Thor war ein aufmerksamer, fürsorglicher und vereinnahmender Alien, dessen Schwanz meinetwegen aufgewacht war und der mich zu seiner Partnerin erklärt hatte. Außerdem war er noch Jungfrau gewesen und trotzdem hatte er mir unvorstellbares Vergnügen bereitet. Und doch …
Und doch kümmerte es meine Muschi nicht im Geringsten, dass er böse sein könnte. Meine Muschi brauchte ihn. Sehnte sich nach ihm.
“Verdammte Gluthitze,” fluchte ich.
“Willkommen im Club,” entgegnete Trinity.
“Klar, deine ist vorbei und du hast immer noch Leo, damit er es dir Nacht für Nacht besorgen kann. Ich habe die Gluthitze und der einzige Schwanz, der mich befriedigen kann, rottet unten in deinem Kerker vor sich hin.”
“Er ist erst seit ein paar Stunden dort, Faith. Ich glaube nicht, dass er schon am Verwesen ist.”
Gott sei Dank. Das wäre für alle Frauen im Universum eine Schande.
Meine Schwester sprach weiter. “Hier sind mehr als genug Typen, die deine Gluthitze befriedigen können. Die Männer der Königinnengarde sind, soweit ich das beurteilen kann, alles feine Burschen, solange sie erwacht sind. Dann ist da noch der royale Mann für alle Gelegenheiten. Ich habe ihn kennengelernt. Ich kann mit Gewissheit sagen, dass er einen recht großen Schwanz hat und seine Eier … also seine Eier könnten ihm etwas zu schaffen machen, solltest du dich dazu entschließen an ihnen herumzuspielen.”
Ich starrte sie mit geöffnetem Mund an. Sie räkelte sich wenig prinzessinnenhaft auf einer Couch und presste ein hübsches blaues Kissen an ihre Brust.
“Woher weißt du, wie seine Eier beschaffen sind? Reicht dir Leo etwa nicht?”
Sie grinste nur. “Eine lange Geschichte. Und ja, Leo ist mehr als genug.”
Ich lief um die Couch herum und ließ mich fallen, sodass ich meiner Schwester gegenüber saß. “Gott, ich bin nackt. Ich rieche nach Sex. Und ich musste mich in ein verficktes Laken gehüllt in Mutters Palast schleichen.” Ich zog den Kragen des Bademantels hoch. Obwohl ich züchtig bedeckt war, fühlte ich mich entblößter denn je. “Ich brauche eine Dusche.”
“Dein Haar sieht total durchgenommen aus. Ich habe mich schon gefragt, wie lange es noch dauern wird, bis du selber auf die Idee kommst.”
Ich atmete tief durch. “Trin, was soll ich nur machen?”
Sie legte den Kopf zur Seite und lächelte verständnisvoll. “Leo und sein Dad prüfen gerade Thor und seine Eltern.”
“Du sagtest, du hast Beweise gegen ihn? Was für Beweise?”
Sie nickte. “Leos Vater—also der ältere Herr, der heute Morgen in euer kleines Liebesfest hineingeplatzt ist—hat herausgefunden, dass Zel nur wenige Stunden bevor er mich entführen wollte, einen Anruf aus dem Hause Jax erhalten hat. Genauer gesagt aus Thors Schlafzimmer.”
“Er wohnt aber nicht mehr dort, das müsstest du wissen, schließlich seid ihr wie ein Sondereinsatzkommando in sein Apartment gestürmt.” Ich war nicht wirklich wütend über die Aktion der Garden. Wenn Thor ein Bösewicht war, dann war er hinter Gittern besser aufgehoben. Aber ich hatte es nicht wirklich nötig gehabt, dass diese Garden mich in einer solch heiklen Position zu Gesicht bekamen. Als ich Leos Vater zum ersten Mal erblickte, hatte Thor sein Gesicht in meiner Muschi vergraben.
Ich seufzte.
“Stimmt, aber die Überwachungsdaten zeigen, dass Thor zum Zeitpunkt des Anrufs bei seinen Eltern war. Er kannte Zel. Sie waren beste Freunde. Leo hat erwähnt, dass sie zusammen aufgewachsen sind. Sie standen sich nahe, Faith. Das sind schonmal zwei gute Argumente.”
Ich dachte an mein Gespräch mit Thor am vergangenen Abend zurück. Er hatte mir dasselbe wie Trinity gesagt, nämlich dass sie als Kinder befreundet waren, aber er hatte auch behauptet, er hätte seit Jahren nicht mehr mit ihm geredet. “Ich … ich glaube nicht, dass er dahintersteckt,” entgegnete ich.
Thors Schwanz hatte in mir gesteckt, als er das sagte, oder er war ziemlich nahe dran. Ich glaubte ihm, es sei denn, er war ein verdammt guter Schauspieler. Er hatte gedacht, ich wäre eine Magd. Und dass wir Partner waren. Das hatte er immer wieder betont und mich voller Ehrfurcht berührt. Nackt, im Bett, nach ausgiebigem, stundenlangem Sex? Danach hätte er mich wohl kaum angelogen. Und wenn er mich tatsächlich für eine Magd gehalten hatte, dann hätte er keinen Grund gehabt, mir ein Märchen aufzutischen. Was interessierte mich ein Mann, den ich nie zuvor getroffen hatte? “Er sagte, sie hatten seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Ich denke nicht, dass er mich angelogen hat. Er wusste nicht, wer ich bin. Er dachte, ich wäre seine Partnerin, die Magd seiner Eltern.”
“Du denkst nicht, dass er lügt oder du hoffst es?” konterte sie.
Ich räusperte mich, denn ich hasste es, wenn sie ihre Logik anwandte. Wie ich ihren rationalen Verstand manchmal hasste.
“Faith, er hat mich auf dem Empfang an Zel weitergereicht,” führte sie weiter aus. “Er meinte, ich wäre bei ihm in guten Händen und hat Zel auf die Schulter geklopft, bevor er weggegangen ist. Er hat mich praktisch auf dem Silbertablett an diesen gestörten Schurken überreicht.”
“Thor hat keinerlei Grund das zu tun,” erklärte ich, allerdings glaubte ich es nicht wirklich. Nicht mehr länger.
“Und Zel?”
Ich zuckte mit den Achseln und dachte an den bewusstlosen Garden zurück, wie ich ihm verzweifelt helfen wollte. Ich erinnerte mich an das erboste Gesicht des Killers, als er mir sagte, dass ich das Leben eines Verräters gerettet und damit beinahe meine Schwester auf dem Gewissen hatte. Scheiße.
Ich befeuchtete meine Lippen und dachte an Thor. “Das ergibt keinen Sinn. Ich meine, er hat mich auf der Polizeistation vor der Optimus-Einheit gerettet.” Ich erschauderte und nahm ein Kissen vom Sofa, klemmte es gegen meine Brust. “Das wäre übel gewesen. Du hast selbst gesehen, wie er mich vor euch beschützt hat.”
“Faith, ich weiß, dass du lieber an seine Unschuld glaubst. Gott, wenn es hier um Leo gehen würde, dann würde ich ausflippen. Aber er war dabei dich auszuessen, als Nix und die anderen die Tür eingetreten haben.”
“Bitte erinnere mich nicht auch noch daran. Wahrscheinlich werde ich Leos Vater niemals ins Gesicht blicken können.”
“Thor hat deine Gluthitze angeheizt. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Diese Verbindung ist echt krass. Glaub mir, ich weiß, was du gerade durchmachst. Wirklich. Und ich glaube nicht, dass du die Situation objektiv einschätzt. Schon gar nicht, solange deine Gluthitze weiter wütet. Ich konnte nämlich nur noch daran denken, Leo wieder ins Bett zu bekommen.”
Sie hatte recht; ich musste ständig an Thor denken. Ich wollte ihn auf mir drauf. In mir drin. Er sollte mich küssen. Mich ficken. Aber ich konnte die Gedanken nicht zulassen. Es tat zu sehr weh. “Trin, wenn Thor wirklich schlechte Absichten hätte, dann hätte er mich Lord Wyse überlassen, damit er mich im C-Bereich ins Verhör nimmt. Ich wäre an seiner Stelle verurteilt worden. Warum sollte er jemanden befreien, wenn dieser Verdächtige ihn entlastet?”
“Du bist seine Partnerin.” Sie überlegte einen Moment lang und schwieg, diese drei Worte aber trafen mich mit der Wucht eines Baseballs, und zwar genau in den Brustkorb. Sie zerschmetterten mich. Nicht wörtlich, aber es schmerzte genauso heftig.
“Also hat er mich gerettet, weil sein Schwanz sich aufgestellt hat und nicht, weil er ein anständiger Typ ist?”
“Sie warten jahrelang auf ihre Partnerin. Er konnte dich unmöglich einfach wieder vergessen, nachdem er dich gefunden hatte. Ich glaube, rein biologisch ist das gar nicht möglich für sie. Faith, er ist kein Mensch. Vergiss das nicht.”
“Genau wie du.”
“Autsch.”
Ich wurde langsam pampig. “Entschuldige. Ich weiß nicht, warum ich das eben gesagt habe.”
“Ich weiß es. Er hat dich verletzt. Ich weiß nicht, wie oder warum er in diese Sache verstrickt ist, aber die Garde der Königin wird es herausfinden.” Sie ergriff meine Hand. “Wir werden es herausfinden. Versprochen.”
Ich lachte oder versuchte es zumindest. Es hörte sich wie ein zaghaftes Fiepen an. “Warum muss er auch so teuflisch heiß sein? Es war wie mit Captain America ins Bett zu gehen.”
“Stimmt. Ist mir nicht entgangen, als ich ihn gesehen habe. Ich meine, manche Typen sehen nackt nicht so dolle aus, er aber sah aus wie—”
“Captain America,” warf ich ein.
“Ich hätte gesagt wie ein Typ von einem erotischen Wandkalender.”
“Er ist heißer als so einer.”
Sie wackelte mit den Augenbrauen und grinste. “Nicht so heiß wie Leo, aber auch nicht unansehnlich. Besonders mit seinem Kopf zwischen deinen Beinen.”
Mir wurde ganz heiß und meine Muschi flatterte, als ich daran zurückdachte. Ich musste lächeln. “Meine neue Lieblingsart, um morgens geweckt zu werden.”
Trinity grinste. “Ja, meine auch.”
Ich seufzte. “Gott, ich hab’ dich so vermisst.”
“Nein, hast du nicht. Du warst zu sehr damit beschäftigt, dir das Hirn rausvögeln zu lassen.”
Ich verdrehte die Augen. “Na schön. Aber davor.” Ernüchtert spürte ich in mich hinein, in den Schmerz in meinem Herzen. Und in die Wut. Warum ich? Warum musste ausgerechnet mir das passieren? Warum war ich diejenige, die immer den Kürzeren zog? Warum wollte ich mit Thor zusammen sein, obwohl er mehr als verdächtig war? Gott verdammt nochmal. Die ganze Sache kotzte mich dermaßen an. “Was soll ich jetzt machen? Ich brauche ihn.”
Sie setzte sich auf, streckte den Arm aus und legte ihre Hand auf meine. Ihre blauen Augen durchleuchteten mich wie ein Traktorstrahl aus Star Trek. Jeder Anflug von Verspieltheit war verflogen. “Es ist die Gluthitze, nicht? Oder bist du in ihn verliebt?”
“Ich bin nicht sicher.” Ich setzte mich auf und stieß ihre Hand weg. “Wie sieht es da unten im Kerker aus? Gibt es da Ratten und so? Mittelalterliche Foltergeräte? Eine Streckbank?”
Trinity zuckte die Achseln. “Ich war nie dort und Leo hat gesagt, dass ich bloß draußen bleiben soll.” Sie machte Anführungsstriche mit den Fingern. “Kein geeigneter Ort für eine Prinzessin.”
Darauf verdrehte ich die Augen. Leo musste über meine sture, zugeknöpfte Schwester ganz klar noch ein oder zwei Dinge lernen. Nach außen hin war sie trügerisch milde, innerlich aber war sie hart wie Stahl. Wenn sie ihren gruseligen Keller besuchen wollte, dann würde sie das tun. Ende der Diskussion. “Männer. Immer wollen sie dich bevormunden.”
“Besonders, wenn du mit ihnen ins Bett gehst.” Darauf lachte sie und klang dabei so vergnügt und ansteckend, dass ich sie ernsthaft beneidete. Ich freute mich für sie und Leo. Nein, ich war ganz aus dem Häuschen. Allerdings wurde die Freude von meinem eigenen Haufen Hundescheiße getrübt.
Ich erinnerte mich an Thors herrische Art im Bett und das half auch nicht besonders. Und als er mich vor Lord Wyse und seinem Spezialverhör bewahrt hatte. Thor ähnelte irgendwie Leo, aber er war auch ein bisschen wie mein Vater. Ein Alphatyp, der Frauen beschützte, während er ihnen die Show überließ. Mein Vater war kein Dummkopf. Alles andere als das. Er wusste einfach, wie man Frauen respektierte und gleichzeitig schätzte. Genau wie Thor. Gott, Thor.
Er hatte mich vor den Garden beschützt—so gut er eben konnte, mit der Einschränkung, dass er splitterfasernackt war—, als sie sein Apartment gestürmt hatten. Er hatte dem unheimlichen Killer die Stirn geboten und plötzlich sehnte ich mich erneut nach dieser Dominanz.
Ich sehnte mich nach Thor und nicht nur meine Muschi vermisste ihn, sondern mein Herz ebenso. So langsam glaubte ich, dass es mit uns beiden wirklich hätte klappen können. Jetzt, nachdem diese Chance zunichtegemacht wurde? Es war, wie einem Kleinkind den Lolli wegzunehmen. Ich wollte heulen, aber ich war keine Zweijährige. Ich war eine Adlige. Eine verdammte Prinzessin.
Ich stand auf. Plötzlich war ich entschlossen. Das hier war völliger Blödsinn. Ich würde nicht auf die Garde der Königin oder sonst jemanden warten, um Antworten von ihm zu bekommen. Er hatte gesagt, dass er mir gehörte. Also würde er es mir beweisen. Jetzt sofort. “Ich gehe zu ihm runter. Mit mir wird er reden. Wenn ich seine Partnerin bin, wenn er das wirklich glaubt, dann wird er mir Antworten geben, ob er will oder nicht.”
“Und wenn nicht?” Meine Schwester durchschaute meinen Bluff.
“Oder ich reiße ihm die Eier ab und stopfe sie ihm die Kehle runter.” Das war selbst für mich etwas heftig, aber seit einiger Zeit fühlte ich mich ungewöhnlich aggressiv, besonders, wenn ich oder meine Familie bedroht wurde. Die Kung-Fu-Koryphäe, die in den vergangenen Tagen irgendwie aus mir herausgeplatzt war, fand so langsam auch den Weg in meine Denkweise. Ich gab Destiny die Schuld dafür. Ihr jahrelanges, ständiges Gerede über Kämpfe, Selbstbeherrschung und fernöstlichen Philosophiekram zeigte schließlich seine Wirkung. Wie konnte es auch anders sein? Es gab keine andere Erklärung.
Ich blickte Trinity an. Sie hatte eine ganze Weile geschwiegen.
“Also?” Ich wartete darauf, dass sie mich in ihrer typischen Anwaltsmanier davon abbrachte, in den Kerker zu gehen. Auf ihre kühle Logik und den Analysejargon, den sie wie eine Waffe einsetzte.
“Okay.”
Das war alles? Okay?
“Ich gehe dort runter. Jetzt sofort.”
“Okay,” wiederholte sie. “Aber vielleicht solltest du dir erst etwas überziehen?”