Читать книгу Reich werden auf die gute Art - Gregor Henckel-Donnersmarck - Страница 6

Bleibt locker und übt euch in Demut

Оглавление

Große Vermögen werden im Allgemeinen gerade nicht von den Menschen geschaffen, die in erster Linie ans Geld denken. Das mag überraschen, weil es doch als wichtig gilt, sich klare Ziele zu setzen und sie möglichst ehrgeizig zu verfolgen.

Geld ist kein Ziel im eigentlichen Sinn.

Es kann nur der Lohn dafür sein, ein Ziel

erreicht zu haben.

Wer die ganze Zeit nur an das Geld denkt, das er verdienen will, dem fehlt die Konzentration auf die Sache, die der Schlüssel zu jeder Art von Erfolg ist. Deshalb ist die erste und wichtigste Lektion, die wir lernen müssen, wenn wir uns Wohlstand schaffen, ja vielleicht sogar einmal reich werden möchten, die Lektion der Demut.

Der Begriff der Demut spielt in der christlichen Ethik eine zentrale Rolle. Er wird uns auch durch dieses Buch begleiten, weil er eine Art »Querschnittsmaterie« darstellt. Das heißt, der Unterschied zwischen Tugend und Laster, zwischen einem gelungenen und einem verfehlten Leben bemisst sich oft hauptsächlich daran, ob ich die Dinge, die ich tue, demütig tue oder nicht. Ein demütiges Streben ist eines, das die Sache ins Zentrum rückt. Den Lohn dafür, der sich unter anderem in finanziellem Erfolg ausdrücken kann, darf ich ruhig freudig entgegennehmen. Er darf nur niemals zum Selbstzweck verkommen.

Wenn ihr reich werden wollt, denkt nicht

ans Geld. Wer immer nur dem Geld nachläuft,

der wird nicht viel davon haben.

Warum das so ist, wird klar, wenn wir uns einen geldgierigen Menschen vorstellen. Die Gier gehört aus christlicher Perspektive zu den sogenannten sieben Hauptsünden, und das aus gutem Grund. Geldgier verengt wie jede Form der Gier den Blick, sie führt zu Verkrampfung und beschneidet die Perspektive auf ein einziges, vermeintlich selig machendes Ziel. Geldgier nimmt der Arbeit alles Fröhliche, Leichte und Spielerische. Ja, es wäre vielleicht nicht einmal übertrieben zu sagen, dass die Gier dem Menschen das im besten Sinne Menschliche raubt. In erschütternder Weise wird diese Geldgier in der österreichischen TV-Sendung Moneymaker gezeigt, in der ein Mensch in einem Käfig steht, nach Geldscheinen hascht und möglichst viele davon an sich rafft.Eine solche Haltung steht in Kontrast zu den Eigenschaften, die in der modernen Arbeitswelt für jene, die Erfolg haben wollen, Bedingung sind. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend erkannt, dass ihre wertvollsten Mitarbeiter diejenigen sind, die Spaß an ihrer Arbeit haben, sich mit Freude in ihren Gegenstand vertiefen, und dabei locker und ausgeglichen genug sind, um auf spontane Veränderungen rasch und mit wachem Geist zu reagieren.

Können wir uns einen zutiefst geldgierigen Menschen vorstellen, der solche Eigenschaften mitbringt? Ich glaube kaum.

Die geistige Spannkraft, die im unternehmerischen

Handeln ebenso gefragt ist

wie in der Arbeitswelt der unselbständig

Beschäftigten, ist unvereinbar mit der

eindimensionalen Jagd nach Geld.

Ebenso unvereinbar ist die Geldgier auch mit dem christlichen Glauben. Diese Tatsache wird in der Bibel dort erläutert, wo vom »Gott Mammon« die Rede ist. Der sprichwörtliche »Mammon« leitet sich vermutlich vom aramäischen Wort »mamona« für unredlich erworbenen Gewinn oder unmoralisch eingesetzten Reichtum ab. Im Volksglauben wurde der Mammon später zum Dämon oder zum Götzenbild, das zur Habgier verführte Menschen anbeteten. In der Bibel werden wir mit den Worten Jesu dezidiert darauf hingewiesen, dass die Verehrung dieses Götzen und die Ausrichtung auf ihn hin unvereinbar mit dem wahren Kult, dem Glauben an den einen und einzigen Gott ist: »Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.« (Matthäusevangelium 6,24)

Jesus fährt fort: »Euch aber muss es zuerst um sein (Gottes, Anm.) Reich und seine Gerechtigkeit gehen. Dann wird euch alles andere dazu gegeben.« (Matthäusevangelium 6,33)

Damit ist in anderen, religiösen Worten noch einmal verdeutlicht, was wir bereits festgehalten haben. Wer in sprichwörtlicher Weise »das Geld anbetet«, der entfremdet sich von sich selbst, indem er sich und die Menschen in seinem Umfeld dem Mammon unterwirft. Wer wirtschaftlich wirklich erfolgreich sein will, braucht einen substanzielleren Antrieb, der weiterträgt.

Wenn ihr reich werden wollt, dann findet

einen inneren Antrieb, der euch stärkt.

Allein der Wille, erfolgreich zu sein,

bringt noch keinen Erfolg. Erfolg habt

ihr nur dort, wo euer Tun für euch selbst

Sinn ergibt.

Diese für sich genommen einfache Feststellung führt direkt zu einer schwierigen Frage. Wie finden wir den notwendigen inneren Antrieb, die echte Motivation? Wichtige Ressourcen stellen in diesem Zusammenhang das Gebet und die mit ihm verbundene innere Einkehr dar. Dabei wird es nur ganz selten darum gehen, eine »Botschaft« von Gott zu empfangen. Solche Momente der Ruhe und des Zwiegesprächs haben viel mehr auch den Vorzug, das Stimmengwirr aus oberflächlichen Wünschen und Zwecken, das uns sonst manchmal dominiert, zum Verstummen zu bringen. In so einem ruhigen Zustand können wir eher herausfinden, was für uns wirklich zählt.

Gerade jungen Menschen möchte ich in diesem Zusammenhang zudem den Rat geben, ihre Pläne anderen Menschen vorzulegen und den Mut zu haben, sie nach ihrem ehrlichen Urteil zu fragen. Im Prinzip ist es eine gute Idee, dafür nahe stehende Personen zu wählen, die vielleicht auch schon über etwas mehr Lebenserfahrung verfügen.

Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade die eigenen Eltern nicht immer die idealen Ratgeber sind, wenn es um Weichenstellungen für das Berufsleben geht. Oft sind sie uns gewissermaßen zu nah, um ein nicht nur empathisches, sondern zugleich auch möglichst objektives Urteil zu fällen. Ein guter Freund oder ein erfahrener Bekannter, mit dem uns eine gute Gesprächsbasis und gegenseitiger Respekt verbindet, ist für diesen Zweck manchmal der geeignetere Ratgeber.

Ich habe das selbst erlebt. Als mir von Schenker angeboten wurde, zur spanischen Tochtergesellschaft als Geschäftsführer zu gehen, fragte ich einen guten Freund meines Bruders, ein Topmanager in der deutschen Wirtschaft, ob ich das tun solle. Er antwortete: »Alles, was sich im Lebenslauf gut liest, ist gut.«

Auch die Entscheidung, mit Mitte dreißig noch einmal ein neues Leben zu beginnen und ins Kloster einzutreten, habe ich durchaus nicht nach Konsultation meiner Eltern getroffen, wie ich gestehen muss. Als ich sie darüber informiert habe, waren sie auch nicht sofort begeistert. Erst mit der Zeit ist es mir gelungen, sie von der Richtigkeit dieses für mein Leben entscheidenden Schrittes zu überzeugen.

Ein Ratschlag, wie immer er auch ausfällt,

enthebt in keinem Fall von der

Verpflichtung, die Entscheidung über den

eigenen Lebensweg letztlich selbst und

eigenverantwortlich zu treffen. Den guten

Rat werden wir aber daran erkennen,

dass er es uns ermöglicht, unsere eigenen

Vorstellungen noch einmal in einem neuen

Licht zu betrachten.

Den Mut, unsere Wahl schließlich selbst zu treffen, können wir übrigens aus dem christlichen Menschenbild ableiten. Der Mensch ist im christlichen Sinne weder Gott noch Halbgott. Von ihm ist Aufrichtigkeit zu fordern, niemals aber Unfehlbarkeit. Deshalb ist es keine Schande und schon gar keine Sünde, nicht sein Leben lang in einem beruflichen Feld zu verharren, wenn wir mit der Zeit feststellen, dass wir unsere Fähigkeiten anderswo besser und nützlicher einbringen können.

Es ist uns erlaubt, Fehler zu machen, ja es

ist sogar unvermeidlich. Wir dürfen den

Sinn unseres beruflichen Tuns, der für

den Erfolg so unverzichtbar ist, ohne allzu

große Angst vor Fehlentscheidungen suchen,

solange wir es damit ernst meinen.

Auch hier geht es somit darum, locker zu bleiben, Demut walten zu lassen und sich auf der Suche nach dem richtigen Weg nicht aus Angst oder Erfolgszwang innerlich zu verhärten. In diesem positiven Sinn ist es auch gemeint, wenn in der katholischen Theologie von den Menschen als Sündern die Rede ist. Die Menschen werden von Gott geliebt, sie können zur heiligen Beichte gehen, und immer wieder verzeiht er ihnen und schenkt ihnen einen Neubeginn. Sie sind daher auch nicht verpflichtet, auf dieser Welt durch wirtschaftlichen Erfolg und durch die Anhäufung von Reichtum seine ewige Seligkeit unter Beweis zu stellen. Aber es gibt keinen Erfolgszwang. Sich einen solchen einzureden oder einreden zu lassen, wäre ein Verstoß gegen das Prinzip der Demut.

Erfolgszwang führt keineswegs zu Erfolg,

sondern zu einer Fixierung auf ein Ziel,

das wir nur erreichen können, wenn wir

es gerade nicht absolut setzen.

Vielen Menschen hat es über die Selbstbefragung hinaus zum Erfolg verholfen, ein übergeordnetes Ziel zu finden, das den persönlichen Sinn des eigenen Tuns noch übersteigt und uns zu anderen Menschen, zur Gemeinschaft, in Bezug setzt. Unter dem Begriff des »mission statement« hat die Methode, sich ein solches Ziel zu wählen, auch Eingang in die Unternehmensberatung gefunden.

Wie leicht zu erkennen ist, haben die Unternehmensberater sich den Begriff aus der christlichen Terminologie geborgt. Die »Mission« im Sinne der Evangelisierung ist ein zutiefst religiöses Konzept. Dennoch finde ich diese Wortentwendung in Ordnung, solange sie nicht als Feigenblatt dafür dient, ein Profitstreben zu verdecken, das keinem sinnvollen inneren Antrieb gehorcht. Warum soll nicht auch ein Unternehmen eine »Mission«, eine Sendung haben, sich darüber klar werden, worin sein Dienst an der Gesellschaft besteht, was sein Auftrag ist, an dem es dann natürlich auch verdienen darf, ja muss, um überleben und ihn dauerhaft erfüllen zu können? Auch bei dieser Suche nach einer »Mission« für die eigene Arbeit stellt sich rasch die Frage, wo ich sie finde. Muss ein solcher Auftrag gar vom Himmel kommen?

Ich glaube, wir sollten das Ganze nicht zu hoch hängen und auch hier dem Prinzip der Lockerheit verpflichtet bleiben. »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott« ist ein geflügeltes und ein wahres Wort. Wer mutig selbst versucht, seine Mission, seine Sendung zu finden, sie in Einklang mit den eigenen Begabungen und Interessen zu erspüren, der darf darauf vertrauen, dass es auch funktionieren wird. In der Theologie wird dieses Prinzip mit dem lateinischen Satz »Gratia supponit naturam« des Heiligen Bonaventura beschrieben: »Die Gnade setzt die Natur voraus«. Das soll heißen, wenn wir unsere weltlichen Fähigkeiten, unser Charisma, unser Interesse in aufrichtiger Weise bündeln, um den für uns richtigen Weg zu finden, wird bestimmt auch die Gnade mithelfen.

Weil mir das Prinzip der Konzentration auf die Sache, des Vertrauens auf die eigenen Begabungen, Werte und Intuitionen so wichtig ist, möchte ich es an einem Beispiel aus meinem eigenen Leben erläutern. Im Stift Heiligenkreuz, dem ich als Abt dienen durfte, hat der Lobpreis Gottes durch das gemeinsame Chorgebet der Ordensbrüder seinen festen Platz. Auch Papst Benedikt XVI. bestärkte uns bei seinem Besuch im Stift im Jahr 2007 darin, dass dieses absichtslose Chorgebet, das eben kein permanentes Flehgebet ist, seine zentrale Stellung behalten soll.

Als dann die Musikfirma Universal mit dem Vorschlag auf uns zukam, aus unserem Chorgebet, dem Gregorianischen Choral, in dem wir diese Meditation vollziehen, eine CD zu machen, habe ich zunächst eher gebremst und gezögert. Ich hatte das Gefühl, dass wir aus dem Gebet kein »Business« machen sollten. Aber dann kam ein Mitbruder und zeigte mir eine Stelle aus der Rede des Heiligen Vaters an uns: »Jeder Mensch trägt im Innersten seines Herzens die Sehnsucht nach der letzten Erfüllung, nach dem höchsten Glück, also letztlich nach Gott. Ein Kloster, in dem sich die Gemeinschaft täglich mehrmals zum Gotteslob versammelt, bezeugt, dass diese menschliche Sehnsucht nicht ins Leere geht.«

Das ist, so wurde mir klar, die unserem Chorgebet innewohnende apostolische Mission, eine zusätzliche Bedeutung, die noch über die tägliche Freude, unsere Liebe zu Gott gemeinsam zu besingen, hinausgeht.

Es ergab sich dann allerdings die Frage, welche Teile unseres Gebets wir für die Aufnahme aus wählen sollten. Da wir in den Wochen zuvor drei Sterbefälle im Stift hatten, habe ich vorgeschlagen, das Requiem zu singen, weil wir es doch am besten konnten. Dabei hatte ich, da ich innerlich noch immer am Zögern war, ein wenig die geheime Hoffnung, Universal würde das als unmöglich zurückweisen und das Projekt platzen lassen.

Aber nein, die Universal-Leute haben es akzeptiert, und das sogar mit Freude. So entstand dann die CD Music for Paradise, benannt nach dem Toten-Officium »In paradisum deducant te angeli«. Mit dieser CD waren wir bald darauf tatsächlich sehr prominent in den Charts vertreten und haben einiges an Geld umgesetzt. Das Geld konnte das Stift damals sehr gut brauchen, denn wir hatten vor dem Papstbesuch recht große Ausgaben für vorgezogene Renovierungen getätigt. Mit dem Erlös aus der CD hat sich immerhin ein Teil des durch diese Ausgaben begründeten Jahresdefizits decken lassen.

Enttäuschen musste ich allerdings jene Leute, die geglaubt hatten, ich würde mir zur Feier des Erfolgs einen Pink Cadillac anschaffen, damit über den Highway in Hollywood fahren und mich unter die Reichen der Welt einreihen. Selbstverständlich eine absurde Vorstellung. Aber es gab jeman den, der sie so witzig fand, dass er mir sogar einen rosaroten Miniatur-Cadillac schenkte.

Auch wenn es sich bei diesem Beispiel um einen eher außergewöhnlichen Fall von wirtschaftlichem Erfolg handelt, zeigt es doch recht gut, worum es geht. Hätten meine Mitbrüder und ich uns das Hirn zermartert, womit wir Geld machen könnten, wären wir wohl nicht auf die Idee gekommen, eine CD aufzunehmen. Stattdessen haben wir unsere Zeit dafür genutzt, in Demut unseren Gregorianischen Choral zu pflegen und das Chorgebet immer schöner und kräftiger erklingen zu lassen. Das ist uns, aus Liebe zur Sache und zu unserem spirituellen Auftrag, offenbar recht gut gelungen. Im Ergebnis daraus haben wir einen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, der gar nicht geplant war, aber dem Stift und somit allen seinen Projekten und Aufgaben zugutegekommen ist.

Der eigentliche, spirituelle Erfolg unserer Plattenaufnahme bestand aber darin, dass wir danach tausende Rückmeldungen per Email von Menschen bekamen, die sich dafür bedankten, dass sie damit, wie sie schrieben, wieder einen Zugang zur Liturgie, zum Glauben und zur Heiligen Schrift gefunden hatten.

Es ist kein Zufall, dass spiritueller und

wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand

gehen. Wer in der Lage ist, den Menschen

etwas zu geben, was sie tatsächlich bereichert,

den werden sie auch angemessen

dafür bezahlen.

Das aber setzt ein Tun voraus, das Demut, Interesse an der Sache und Distanz gegenüber reinem Profitstreben in den Vordergrund rückt. Es ist diese Lektion, die nicht nur jeder Einzelne, sondern auch unsere Wirtschaft zur Gänze neu zu lernen und zu beherzigen hat, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen.

Bleibt locker und übt euch in Demut.

Den großen Erfolg bringt die Konzentration

auf die Sache, nicht das Schielen auf

den Profit.

Es gibt noch einen weiteren Grund, aus dem ich dringend rate, sich gerade auch im Wirtschaftlichen nicht nur auf das Geld zu fixieren. Denn wer eine solche Verhärtung an den Tag legt, der wird niemals den »spielerischen« Umgang mit Geld erlernen, der erfolgreich unternehmerisch handeln de Menschen fast immer auszeichnet. Wenn ich vom spielerischen Umgang spreche, dann meine ich natürlich nicht Casino und Glücksspiel und auch nicht die Mentalität, die damit verbunden ist. Allerdings habe ich an der Hochschule für Welthandel gelernt, dass alles wirtschaftliche Handeln mit Risiko verbunden ist. Die gänzlich risikofreie Wirtschaft, das todsicher gewinnbringende Unternehmen oder Geschäft gibt es nicht. Der Grund dafür ist sehr einfach. Der Mensch ist kein reiner homo oeconomicus, kein Wesen, das immer unfehlbar seinen wirtschaftlichen Nutzen sucht. Darüber sollten wir selbstverständlich froh sein.

Unlängst habe ich auf einem Auto einen Aufkleber entdeckt, dessen Aufdruck mich noch immer beschäftigt, weil ich nicht genau weiß, wie er gemeint ist: »Wer lebt, stört«, stand darauf zu lesen. Tatsächlich ist damit auf provokante Weise eine Wahrheit ausgesprochen. Denn der Mensch ist für die strenge Kalkulation der Wirtschaft immer auch ein »Störfaktor«, manchmal ein produktiver, manchmal aber auch einer, der das wirtschaftliche Risiko schlagend werden lässt. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, zusammen mit der Tatsache, dass doch in erster Linie die Wirtschaft für den Menschen da zu sein hat und nicht um gekehrt, dann verstehen wir gleich besser, warum das Spielerische, richtig verstanden, für alles wirtschaftliche Handeln und für den Umgang mit Geld einen so zentralen Stellenwert hat.

Wenn wirtschaftliches Handeln Risiko

bedeutet, und wenn dieses Risiko aufgrund

des menschlichen Faktors nicht

technokratisch exakt zu bestimmen ist,

dann kann in der wirtschaftlichen Sphäre

dauerhaft nur derjenige erfolgreich sein,

der dem Geld nicht anhaftet, sich nicht

daran klammert, sondern es als nützliches

Mittel zum Zweck betrachtet.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Wort für »Vermögen« im Altgriechischen »dynamis«, also ganz einfach »Kraft« bedeutet. Dieser Intuition folgend, geht es beim Geld eben gerade nicht um den Besitz, um das vielstellige Bankkonto, sondern um die Kraft, die sich mit Vermögen im positiven Sinn in Gang setzen lässt. Das aber wird nur gelingen, wenn es spielerisch, kreativ und phantasievoll geschieht.

Selbstverständlich ist das Stift Heiligenkreuz mit seinen unterschiedlichen Betrieben neben bei auch ein wirtschaftliches Unternehmen. In meinem Dienst als Abt hatte ich wie gesagt unter anderem die Aufgabe, die wirtschaftlichen Geschicke des Stifts letztverantwortlich, in Kooperation mit dem Hauptökonom, dem Wirtschaftsrat und den leitenden Mitarbeitern, zu lenken. Im Zuge dieser Tätigkeit wurde mir die Bedeutung des Spielerischen, des Kreativen, ganz klar vor Augen geführt. Immer wieder standen wir vor Investitionsentscheidungen, die alles andere als einfach zu treffen waren. Es ließ sich nämlich, gerade bei den guten, erfolgversprechenden Unternehmungen, im Vorhinein durchaus nicht prophezeien, ob sie ein Gewinn- oder ein Verlustgeschäft werden würden. Hätten wir dabei gierig oder ängstlich von Anfang an nur auf die Vermehrung des Geldes geschielt, dann hätten wir eigentlich überhaupt keine Projekte initiieren dürfen. Erst der im positiven Sinn spielerische Umgang mit Geld machte es möglich, im Bewusstsein des damit unvermeidbar verbundenen Risikos in Projekte zu investieren, die wir für richtig, wichtig und zur Philosophie des Stifts passend hielten.

So investierte das Stift unter meiner Führung nicht zuletzt in erneuerbare Energien und in Wind- und Wasserkraft. Nicht alle Projekte in diesem Feld haben am Ende Gewinn abgeworfen, aber der Saldo war letztlich positiv. Zugleich haben wir mit diesen Investments versucht, unserem christlichen Verständnis der Schöpfungsverantwortung praktischen Ausdruck zu verleihen und uns am Umbau hin zu einer modernen, zeitgemäßen Energiegewinnung zu beteiligen. Wieder stand am Ende, ähnlich wie bei unserer Plattenaufnahme, ein doppelter Gewinn. Wieder war der wirtschaftliche Erfolg Ergebnis einer konsequenten Orientierung an den eigenen Werten und Überzeugungen. Wieder waren es Demut und ein im richtigen Sinn distanzierter Umgang mit Geld, die den Erfolg ermöglichten.

Wenn ihr die Kraft des Geldes nutzen

wollt, geht phantasievoll-spielerisch damit

um. Wer sich an sein Geld klammert,

wird dadurch scheitern.

Ich habe es bereits angedeutet: Was für den Einzelnen in seiner beruflichen Sphäre und was für das einzelne erfolgreiche Unternehmen gilt, hat auch für die Wirtschaft als Gesamtheit unserer wirtschaftlichen Unternehmungen größte Bedeutung.

Wir müssen uns vergegenwärtigen,

dass die Wirtschaft eine menschliche

Angelegenheit ist, ein System sozialer

Beziehungen, das seine Verankerung in

den menschlichen Bedürfnissen nicht

verlieren darf.

In den vergangenen Jahren haben uns gerade jene wirtschaftlichen Aktivitäten, die diese grundlegende Wahrheit ausklammern wollten, eine große wirtschaftliche Krise beschert. Diese Tatsache sollte uns allen Mahnung sein. Ein wirtschaftliches Tun, das keine Demut mehr kennt, das auf Geldvermehrung und grenzenloses Wachstum um jeden Preis eingeschworen ist, muss scheitern.

Ich möchte daher all jene warnen, die immer noch glauben, Fragen der Ethik in der Wirtschaft wären ein bloßes Beiwerk, ein nebensächliches Feld für Schöngeister, das mit den eigentlichen, »harten« wirtschaftlichen Fragen nicht viel zu tun hat. Meine Managementerfahrung, sowohl in der freien Wirtschaft als auch im Ordensleben, besagt das genaue Gegenteil. Es ist der Ernst im Umgang mit den ethischen Fragen, den Grundfragen nach Bedeutung und Berechtigung wirtschaftlichen Handelns, der erst die Grundlagen dafür schafft, bei den konkreten, täglich zu treffenden Entscheidungen den letztlich erfolgreichen Weg zu finden.

Deshalb setze ich mich auch dafür ein, an der Wiener Wirtschaftsuniversität ein Institut für Wirtschaftsethik zu etablieren. Es geht mir nicht darum, mit ethischen Bedenken Sand ins Getriebe des Unternehmertums zu streuen, im Gegenteil. Ich bin überzeugt davon, dass Fragen der Wirtschaftsethik das beste Schmiermittel für ins Stocken gekommene Produktivität sind, weil nur sie unseren Antrieb zu wirtschaftlichem Handeln vom anthropologischen Grund auf erneuern.

Die Marktwirtschaft ist, auch davon bin ich überzeugt, ein grundsätzlich gutes System, weil sie Freiheit und Eigenverantwortung des Menschen ins Zentrum rückt. Aber wie jedes System braucht auch sie Kontrolle. Der Markt ist nützlich, aber im Gegensatz zu dem, was einige in den vergangenen Jahren verlauten ließen, sicher nicht heilig.

Der Markt ist ein brauchbares Instrument,

dessen Ergebnisse aber immer auf

ihre Auswirkungen für den Menschen hin

untersucht werden müssen.

An den Rändern des Marktes, in seinen Extremwerten, muss das Marktgeschehen begrenzt werden, um die Funktionstüchtigkeit des Systems zu gewährleisten. Das haben die wirtschaftlichen Erfahrungen schon der vergangenen Jahrhunderte, aber auch gerade der vergangenen Jahre, gezeigt. Geschieht das nicht, dann fressen die demutslose Anbetung des Geldes und die Reduktion des Menschen auf einen Störfaktor am Ende jene Produktivität auf, die von aufrichtigem unternehmerischem Handeln und würdevoller Arbeit erst geschaffen werden.

Reich werden auf die gute Art

Подняться наверх