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Vorwort
ОглавлениеAls kleiner Junge hörte ich den Erwachsenen gespannt zu, wenn sie mir Geschichten erzählten. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Handlungen erfunden oder Realität waren, Hauptsache, sie waren spannend.
Später, im Erwachsenenalter, änderte sich meine Vorliebe für die Inhalte von Geschichten ganz erheblich. Aus Gründen, die nur das Schicksal vorgeben kann, musste ich mir aus beruflichem Anlass tagtäglich Geschichten anhören. Dabei kam es aber nicht so sehr darauf an, ob ich die Erzählungen spannend fand, sondern darauf, ob ich sie glaubte oder nicht. Dies führte auf Dauer zu einer gewissen Abstumpfung meiner mir ursprünglich angeborenen kindgerechten Gutgläubigkeit. Um ehrlich zu sein, führte die Art und Weise der erzählten Geschichten sogar zu einer periodischen Abneigung gegenüber Geschichten insgesamt. Im Nachhinein betrachtet, war diese Abneigung jedoch völlig unberechtigt, denn kein Mensch hatte mich schließlich gezwungen, Jurist zu werden.
Dennoch blieb die ständige Überfütterung meiner Person mit Geschichten nicht ohne Folgen. Aus Gründen der Fürsorge gegenüber meiner Gesundheit entzog ich mich dem ständigen Beschuss durch weitere Geschichten, zog mich ins Privatleben zurück und widmete mich künftig der Jagd und Fischerei. Einige Zeit gelang es mir so, mich dem Einfluss fremder Geschichten zu entziehen. Dies sollte sich jedoch ändern, als ich eines traurigen Tages das Erbe meiner verstorbenen Mutter antreten musste. In ihrem Nachlass befand sich nämlich eine umfangreiche Sammlung von Jagdzeitschriften, die mein Großvater, ein Revierförster, in den Jahren von 1902 bis 1928 gesammelt hatte. Ich fing an zu lesen und konnte nicht mehr aufhören. Eine neue, längst vergangene Zeit tat sich vor mir auf. Mein Interesse für Geschichten erwachte in mir von Neuem. Manche gefielen mir so gut, dass ich beschloss, sie in einer Zusammenfassung Ihnen, lieber Leser, weiter zu erzählen. Es würde mich freuen, wenn sie Ihren Gefallen ebenso finden würden wie dies bei mir der Fall war.
München, Februar 2011 | Hubert Molitor |