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Ediotorial

Wilhelm von Humboldt stellte fest: »Die Sprache ist das bildende Organ des Gedankens« (zit. nach Dörner 2006). Diese grundlegende Bedeutung der Sprache für das Denken und Verstehen in den Domänen der Mathematik und den Naturwissenschaften unterstreichen die Beiträge in diesem Band auf vielfältige Weise.

Wir verknüpfen mit Worten Bilder und Modelle in unserer Vorstellung, konstruieren Zusammenhänge und teilen uns gegenseitig unsere Wahrnehmung von Welt mit. Heurismen, also das Finden von Wegen, um ein Problem zu lösen, sind nach Dörner (2006) Frage-Antwort-Spiele mit einem selbst. In psychologischen Tests stellte man beispielsweise fest, dass bei Versuchspersonen, denen man das laute und das innere Sprechen beim Denken verbietet, eine erhebliche Verschlechterung des Denkprozesses zu verzeichnen ist (vgl. Dörner 2006). Wenn eine differenzierte Sprachbeherrschung also für ein differenziertes Denkvermögen spricht, so sollte es für alle Lehrenden ein Anliegen sein, der Sprache auch im mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Idee zum vorliegenden Buch entstand während des Universitätslehrgangs »Fachbezogenes Bildungsmanagement« 2006–2008, einer Kooperation der Österreichischen Kompetenzzentren (AECCs) für Deutschdidaktik und Mathematikdidaktik an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, für Didaktik der Biologie, der Chemie und der Physik an der Universität Wien, dem Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung (IUS) und der Pädagogischen Hochschule Kärnten. Die Zusammenarbeit der drei großen Bereiche Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften (Biologie, Physik und Chemie) als Fachdidaktiken und Unterrichtsfächer resultiert aber auch aus der erweiterten Grundkonzeption des IMST-Fonds1, einer Maßnahme zur Unterstützung von innovativen Unterrichtsprojekten.

Die gemeinsame Schnittstelle ist dabei die Sprache, denn die Thematisierung von Sprache als Medium in allen Unterrichtsfächern zeigt sich als Brennpunkt sowohl im Schulalltag und der LehrerInnenaus- und -fortbildung wie auch in den Fachdidaktiken. Seit Verstehensleistungen in Mathematik, den naturwissenschaftlichen Fächern und in Deutsch Gegenstand internationaler und nationaler Testungen (PISA, TIMMS etc.) sind, rücken sprachliche Kompetenzen, im Besonderen Leselernprozesse, in den Blickwinkel der Aufmerksamkeit. Hier eröffnet sich ein großer Forschungsbereich für die Fachdidaktiken und ein bedeutsames Aufgabengebiet für die Unterrichtspraxis. Beide Zugänge, sowohl die Unterrichtspraxis als auch die fachdidaktische Forschung, kommen in diesem Band zu Wort.

Die einzelnen Beiträge öffnen die Wahrnehmung für die Vielschichtigkeit der Herausforderungen aus jeweils anderen Blickwinkeln. Da jeder Fachunterricht auf der Alltagssprache aufbaut, ist die Entwicklung allgemeiner sprachlicher Kompetenzen die Voraussetzung für die Entwicklung von fachsprachlichen Kompetenzen und damit für einen erfolgreichen Unterricht in allen Fächern. Die große Anzahl an Beiträgen aus den Bereichen der Mathematik und den Naturwissenschaften zeigt eine zunehmende Bewusstseinsbildung für die Tatsache, dass auch ihr Unterricht in diesem Sinne Sprachunterricht ist.

Das vorliegende Buch beleuchtet vier verschiedene Aspekte dieser Thematik.

Die altersgemäße Entwicklung einer Fachsprachlichkeit ist eine große didaktische Herausforderung, in der es darum geht, Kinder und Jugendliche bewusst von ihrer Alltagssprache zur Fach- und Formensprache heranzuführen. Das Ziel ist die Entwicklung eines inneren Sprachregisters, das Übersetzungstransfers von einer Sprachebene in die andere ermöglicht. Mit diesem Bereich beschäftigt sich das erste Kapitel des Bandes.

Da mehrsprachige bzw. multikulturelle Klassenzimmer zunehmend die Arbeitsrealität bestimmen, sehen sich LehrerInnen vor neuen Herausforderungen, denen nicht durch Förderkurse und Deutsch-als-Zweitsprache-Unterricht alleine begegnet werden kann. Sie sind Aufgabe von schulischer Bildung und damit Aufgabe aller Fächer. Einige Beiträge beschäftigen sich daher mit den Themen Lese- und Sprachkompetenz bei SchülerInnen mit Migrationshintergrund.

Das Thema Sprache als Schnittstelle des fächerübergreifenden Unterrichts zwischen den Fächern Deutsch, Mathematik und den Naturwissenschaften behandelt das dritte Kapitel. Der Bogen spannt sich von konkreten Unterrichtsprojekten, von Sprache und Literatur als verbindendem Element bis zum reflektierenden Schreiben als Methode der Aktionsforschung.

Mit den grundlegenden Kulturtechniken Lesen, Schreiben, Sprechen (Erzählen) für das Verstehen und das Lernen setzt sich das vierte Kapitel auseinander. Wenn sich alle Unterrichtsfächer für Strategien des Lesens, Schreibens und des eigenverantwortlichen Lernens zuständig fühlen, führt dies zu einer deutlichen Stärkung dieser grundlegenden Kompetenzen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, hat aber doch noch nicht konsequent ihren Niederschlag im schulischen Alltag gefunden.

Der Band versteht sich als ein Plädoyer für Blicke über den Zaun, für zunehmende Zusammenarbeit und Vernetzung zum Wohle einer gelingenden Bildung, mit dem Ziel, den Lernenden Zugänge zum Verstehen von Welt zu erschließen.

Wir hoffen, Sie finden aufschlussreiche Anregungen und neue Argumente für die Förderung von Sprachkompetenzen in Ihrem Unterricht, in Ihren Fortbildungsund Lehrveranstaltungen, und wünschen anregende Lektüre.

Gabriele Fenkart, Anja Lembens, Edith Erlacher-Zeitlinger

Anmerkung

1 IMST: Innovations in Mathematics, Science and Technology von 1999–2008. Ab 2008: Innovationen Machen Schulen Top. Infos siehe unter: http://imst.uni-klu.ac.at/fonds.

Literatur

DÖRNER, DIETRICH (2006): Sprache und Denken. In: Funke, J. (Hrsg.): Denken und Problemlösen Göttingen: Hogrefe (= Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung, Serie II: Kognition, Bd. 8).

Sprache, Mathematik und Naturwissenschaften

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