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ОглавлениеZusammenhalt und Spaltung in der deutschen Geschichte
Von Heinrich August Winkler
Vom Alten Reich zum deutschen Föderalismus
Zu jeder Nationalgeschichte gibt es bestimmte Grundtatsachen. Die ältere deutsche Nationalgeschichte ist durch drei solcher Grundtatsachen geprägt: erstens das Reich, das den Zusammenhalt der Deutschen verbürgen sollte und über Jahrhunderte hinweg verbürgte; zweitens die Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert, die im Jahrhundert darauf im Dreißigjährigen Krieg, der Urkatastrophe der deutschen Geschichte, kulminierte; drittens den Dualismus zwischen Österreich und Preußen, der mit der konfessionellen Spaltung eng verbunden war und entscheidend dazu beitrug, dass das Heilige Römische Reich Deutscher Nation sich 1806 unter dem Druck Napoleons auflöste.
Das mittelalterliche Reich sah sich selbst als den einzigen wahren Erben des Imperium Romanum, als Schutzmacht der Christenheit und als Träger des heilsgeschichtlichen Auftrags, die Herrschaft des Antichrist aufzuhalten. Das Reich wollte mehr repräsentieren als eine Nation unter anderen und rief damit den Widerspruch der westlichen Königreiche Frankreich und England hervor, die sich seit dem hohen Mittelalter in Nationalstaaten zu verwandeln begannen.
In Deutschland erfolgte die Staatsbildung im landesherrlichen, nicht im nationalen Rahmen: eine Entwicklung, die mit der Schwächung von Reich und Kaisertum und damit des Zusammenhalts der Deutschen einherging und im deutschen Föderalismus bis heute fortwirkt.
In Deutschland hingegen erfolgte die Staatsbildung im landesherrlichen, nicht im nationalen Rahmen: eine Entwicklung, die mit der Schwächung von Reich und Kaisertum und damit des Zusammenhalts der Deutschen einherging und im deutschen Föderalismus bis heute fortwirkt.
Die Reformation des 16. Jahrhunderts war in Deutschland, wie der Universalhistoriker Eugen Rosenstock-Huessy in seinem Buch über die europäischen Revolutionen schreibt, politisch betrachtet eine Fürstenrevolution, angetrieben von dem Wunsch der Landesherren, »Papst im eigenen Lande« und damit souverän zu werden.1 Der große Zusammenstoß zwischen den Anhängern des alten und des neuen Glaubens, der 1555 im Augsburger Religionsfrieden noch einmal verhindert werden konnte, nahm über sechs Jahrzehnte später die Form eines großen europäischen Krieges an, der vorwiegend auf deutschem Boden ausgefochten wurde. In der kollektiven Erinnerung der Deutschen lebte der Dreißigjährige Krieg als die nationale Katastrophe schlechthin fort. Erst die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts und namentlich der Zweite haben ihm diesen Rang streitig gemacht.
Die innenpolitischen Gewinner des großen Mordens waren die Reichsstände. Infolge des Westfälischen Friedens von 1648 konnten sie den entscheidenden Schritt zur Erlangung der vollen Souveränität tun. Unter den Reichsständen war das katholische Österreich der mächtigste. Aus seiner Dynastie, dem Hause Habsburg, gingen seit 1438 ununterbrochen die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation hervor. Zu ihrem einflussreichsten Widersacher stieg seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Brandenburg-Preußen unter der Herrschaft des Hauses Hohenzollern auf. Unter Friedrich dem Großen, dem zweiten der Hohenzollernkönige, nahm der Gegensatz zwischen Preußen und Österreich über Jahre hinweg kriegerische Formen an.
Auf deutschem Boden gab es fortan zwei Großmächte. Das Reich wurde darüber mehr und mehr zu einer bloßen Fassade. Als Kaiser Franz II. am 6. August 1806 unter dem Eindruck eines Ultimatums des Kaisers der Franzosen die römisch-deutsche Kaiserwürde niederlegte und damit das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auflöste, war die Zahl derer, die diesen Schritt bedauerten, nicht allzu groß.
Neun Jahre später, im Juni 1815 – Napoleon war inzwischen endgültig geschlagen – trat an die Stelle des untergegangenen Alten Reiches ein staatenbundartiges Gebilde, das für ein Mindestmaß an organisatorischem Zusammenhalt in Deutschland sorgen sollte: der Deutsche Bund. Seine Mitglieder waren neben den Freien Städten alle souveränen Fürsten Deutschlands, darunter der Kaiser von Österreich und der König von Preußen. Ob es dem Deutschen Bund gelingen würde, eine Antwort auf die seit 1806 offene »deutsche Frage« zu geben, darüber entschieden in erster Linie die beiden deutschen Großmächte, die Präsidialmacht Österreich und das Königreich Preußen. Von erheblicher Bedeutung war sodann, ob die größeren Mittelstaaten, die Königreiche Bayern, Württemberg, Sachsen und Hannover, ihr Gewicht gemeinsam in die Waagschale werfen würden, um gegebenenfalls zwischen Wien und Berlin zu vermitteln. Und schließlich hing vieles davon ab, wie sich der Deutsche Bund zum populären Streben nach Freiheit und Einheit stellen würde.
Seit dem Mai 1848 standen die Themen Einheit und Freiheit auf der Tagesordnung. Bei Freiheit ging es vor allem um die feste Etablierung des Rechts- und Verfassungsstaates. Die Frage der Einheit hingegen war mit dem Problem verbunden, wo Deutschland lag, wo seine Grenzen verliefen, was dazugehörte und was nicht.
Was das letztgenannte Problem betraf, gab es spätestens seit den Karlsbader Beschlüssen von August und September 1819 keinen Zweifel mehr: Die Antwort auf alles, was »liberal« oder gar »revolutionär« klang, hieß schärfste Unterdrückung. Knapp drei Jahrzehnte später aber, im Frühjahr 1848, versagte die Repression. Der Pariser Februarrevolution folgten die deutschen Märzrevolutionen. Seit dem Mai 1848 standen die Themen Einheit und Freiheit auf der Tagesordnung des ersten freigewählten gesamtdeutschen Parlaments, der Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Was unter Freiheit zu verstehen war, ließ sich vergleichsweise leicht beantworten: Es ging vor allem um die Sicherung der Bürgerrechte, um die feste Etablierung des Rechts- und Verfassungsstaates, um das Verhältnis von Volksvertretung und Regierung. Die Frage der Einheit hingegen war mit dem Problem verbunden, wo Deutschland lag, wo seine Grenzen verliefen, was dazu gehörte und was nicht.
Großdeutsch oder kleindeutsch?
Für die Abgeordneten der Deutschen Nationalversammlung gab es zunächst keinen Zweifel daran, dass Österreich auch künftig einen Teil Deutschlands bilden sollte und zwar möglichst nicht nur das deutschsprachige Österreich, sondern auch Böhmen und Mähren, die zum Alten Reich gehört hatten und einen Teil des Deutschen Bundes bildeten, desgleichen »Welschtirol« um Trient und das Gebiet um Triest, für die dasselbe galt.
Bis Ende 1848 machten sich die meisten Parlamentarier nicht klar, was die von ihnen erstrebte »großdeutsche Lösung«, die Einheit mit Österreich, praktisch bedeutet hätte. Die Errichtung eines großdeutschen Nationalstaates war unvereinbar mit dem Fortbestehen des habsburgischen Vielvölkerreiches. Sich diesem Ansinnen zu beugen waren die Regierenden in Wien nicht bereit – erst recht nicht, nachdem im Oktober 1848 in Österreich die Konterrevolution gesiegt hatte. Sie dachten auch nicht daran, auf den Kompromissvorschlag des Präsidenten der Deutschen Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, einzugehen, einem »engeren Bund« des nichtösterreichischen Deutschland zuzustimmen und gleichzeitig einen »weiteren«, die österreichische Gesamtmonarchie umfassenden, Bund zu bilden. Am 12. Januar 1849 sprach der deutsche Reichsfinanzminister Hermann von Beckerath, ein Abgeordneter der rechtsliberalen Fraktion »Casino«, im Plenum der Paulskirche aus, was nicht mehr zu leugnen war: »Das Warten auf _Österreich ist das Sterben der deutschen Einheit.« 2
Das Nein des preußischen Königs Friedrich Wilhelm zum deutschen Erbkaisertum, endgültig ausgesprochen am 28. April 1849, bedeutete das Scheitern des Versuchs, aus Deutschland gleichzeitig einen Verfassungs- und einen Nationalstaat zu machen.
Anfang 1849 hatte aber auch die »kleindeutsche Lösung«, die vor allem von evangelischen und norddeutschen Abgeordneten befürwortete Reichseinigung ohne Österreich und unter preußischer Führung, kaum noch Chancen. In der Nationalversammlung fand sich zwar schließlich im März 1849 eine Mehrheit für den Vorschlag, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Würde eines deutschen Erbkaisers zu übertragen, doch jener wollte lieber preußischer König von Gottes Gnaden bleiben, als ein deutscher Kaiser von Volkes Gnaden werden. Wäre er auf das Ansinnen der Paulskirche eingegangen, hätte er sich damit auf den Boden der von der Deutschen Nationalversammlung verabschiedeten, vom Geist des bürgerlichen Liberalismus geprägten Reichsverfassung gestellt und vermutlich einen Krieg mit Österreich und Russland ausgelöst. Das Nein Friedrich Wilhelms zum deutschen Erbkaisertum, endgültig ausgesprochen am 28. April 1849, bedeutete das Scheitern des Versuchs, aus Deutschland gleichzeitig einen Verfassungs- und einen Nationalstaat zu machen.
Der gescheiterten Revolution von unten folgte in den 1860er-Jahren eine Revolution von oben: die Reichseinigung unter dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Sie ging einher mit einer Spaltung des historischen Deutschland. Im »Deutschen Krieg« von 1866 besiegte Preußen Österreich und seine deutschen Verbündeten, obenan die Königreiche Bayern, Württemberg, Sachsen und Hannover. Im Gefolge dieses Krieges schied Österreich aus dem Deutschen Bund aus, der gleichzeitig zu bestehen aufhörte. Deutschland, soweit es nördlich des Mains lag, schloss sich unter preußischer Führung im Norddeutschen Bund zusammen. Ein Mehr an deutscher Einheit wollte Napoleon III., der Kaiser der Franzosen, Preußen nicht zugestehen, und Bismarck fügte sich einstweilen dem Pariser Veto.
Vier Jahre später folgte dem Deutschen Krieg der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71. Es war ein von Bismarck gewollter, aber nicht nur sein Krieg. Der Leiter der preußischen Politik hatte den Krieg bewusst provoziert, weil er die einmalige Gelegenheit bot, mit der Unterstützung ganz Deutschlands das französische Veto gegen die deutsche Einheit außer Kraft zu setzen. Das Nein, das Frankreich der Vereinigung Deutschlands entgegenstellte, ließ sich nur machtpolitisch, nicht aber mit dem von Napoleon III. sonst immer beschworenen Selbstbestimmungsrecht der Völker begründen. Der Krieg, den Frankreich Preußen am 19. Juli 1870 erklärte, war deshalb auch ein Krieg Napoleons III. – sein letzter, wie sich bald herausstellen sollte.
Bismarck löste die deutsche Frage, soweit sie die Frage der Einheit betraf, im kleindeutschen Sinn. Die Freiheitsfrage wurde durch die Errichtung des Deutschen Kaiserreichs aber nur zum Teil gelöst. Durch die militärische Kommandogewalt des Königs von Preußen ragte ein Stück Absolutismus in die Gegenwart hinein.
Bismarcks Reich: eine vielfach gespaltene Nation
Mit der Reichseinigung von 1871 endete Bismarcks Revolution von oben. Bismarck löste die deutsche Frage, soweit sie die Frage der Einheit betraf, im kleindeutschen Sinn. Für das übrige Europa war diese Lösung allemal erträglicher als das Großdeutschland, das die Paulskirche ursprünglich erstrebt hatte und von dem überzeugte Großdeutsche auch noch lange nach 1848/49 träumten. Die Freiheitsfrage wurde durch die Errichtung des Deutschen Kaiserreichs aber nur zum Teil gelöst.
Der Reichstag ging zwar, wie schon sein Vorgänger, der Reichstag des Norddeutschen Bundes, aus Wahlen aufgrund des allgemeinen gleichen Wahlrechts für Männer hervor. Der Reichskanzler war jedoch nicht den Abgeordneten, sondern dem Monarchen, dem Deutschen Kaiser und König von Preußen, verantwortlich. Überdies blieb das Militär der parlamentarischen Kontrolle weithin entzogen. Durch die militärische Kommandogewalt des Königs von Preußen, deren Ausübung nicht der ministeriellen Gegenzeichnung bedurfte, ragte ein Stück Absolutismus in die Gegenwart hinein. Dieser Widerspruch von modernen und archaischen Elementen prägte das politische System Deutschlands bis in die letzten Monate des Kaiserreiches im Herbst 1918.
Die Gründung des deutschen Nationalstaates bedeutete weder den Beginn noch das Ende der Nationsbildung in Deutschland. Im weiteren Sinn gehörte zu diesem Prozess alles, was den Deutschen seit dem hohen Mittelalter ein Bewusstsein der Zusammengehörigkeit über die Grenzen des Territorialstaates hinweg vermittelte: obenan Sprache, Kultur und Geschichte. Für die »kleindeutsche« Nation von 1871 waren diese Gemeinsamkeiten notwendige, aber keine ausreichenden Voraussetzungen ihrer Identität.
Dass sich aus der größeren deutschen »Kulturnation« eine kleindeutsche »Staatsnation« entwickeln konnte, hing eng mit einer anderen »Herausentwicklung« zusammen: derjenigen des Habsburgerreiches, das seinen Schwerpunkt seit Langem nicht mehr in Deutschland, sondern im südöstlichen Mitteleuropa hatte. Das nicht-österreichische Deutschland war geprägt von der konfessionellen Auseinandersetzung. Österreich hatte sich mit Erfolg vom Protestantismus abgeschottet; Preußen war zur Vormacht des evangelischen Deutschland geworden. Dieses Deutschland beanspruchte nach 1871 die kulturelle Hegemonie im neuen Reich. Gelegentlich hörte man auch von Bismarck selbst das Wort vom »evangelischen Kaisertum« der Hohenzollern.3 Die Katholiken bekamen die Folgen schon bald, im »Kulturkampf« der 1870er-Jahre, zu spüren.
Die Reichseinigung ging mit einer politischen Spaltung einher: der von oben gewollten Aufteilung der Bevölkerung des Deutschen Reiches in Freunde und Feinde. Die politischen Folgen dieser Diskriminierung sollten das Kaiserreich überleben.
Sie waren nicht die Einzigen, die Bismarck mit dem diffamierenden Etikett der »Reichsfeinde« belegte. Unter denselben Begriff fielen die Elsässer und Lothringer, die 1871 ungefragt Angehörige des Deutschen Reiches geworden waren, die Polen im preußischen Großherzogtum Posen, die dänischsprachigen Nordschleswiger und die Sozialdemokraten, deren beide Reichstagsabgeordneten, August Bebel und Wilhelm Liebknecht, sich im Mai 1871 als Einzige gegen die Annexion von Elsass-Lothringen ausgesprochen hatten. Die Reichseinigung ging also mit einer politischen Spaltung einher: der von oben gewollten Aufteilung der Bevölkerung des Deutschen Reiches in Freunde und Feinde. Die politischen Folgen dieser Diskriminierung sollten das Kaiserreich überleben.
Die deutsche Gesellschaft des Kaiserreichs war vielfach in sich gespalten, was sich auch in ihrem Parteiensystem widerspiegelte. Die Konservativen hatten ihre Hochburgen im großagrarisch geprägten Ostelbien; das Zentrum war die Partei der kirchentreuen Katholiken; das evangelische Bürgertum wählte konservativ, national- und linksliberal; die klassenbewussten Arbeiter scharten sich hinter den Fahnen der Sozialdemokratie. Nichts förderte deren Zusammenhalt so sehr wie die staatliche Unterdrückung in den Jahren 1878 bis 1890, der Zeit des Sozialistengesetzes. In den Reichstagswahlen vom Februar 1890 – den ersten seit der Nichtverlängerung dieses Gesetzes – stieg die SPD zur wählerstärksten Partei auf. Zur stärksten Fraktion des Reichstags wurde sie durch die Wahlen vom Januar 1912.
Zwei Monate zuvor, am 9. November 1911, hatte der Vorsitzende der Sozialdemokraten, August Bebel, im Reichstag über die Ängste gesprochen, die der Aufstieg seiner Partei auf der politischen Rechten hervorrief, und in diesem Zusammenhang konservative Zeitungen zitiert, die sich im Sommer desselben Jahres, während der zweiten Marokkokrise, für einen Krieg als Ausweg aus der inneren Krise ausgesprochen hatten. Bebel forderte: »Man weiß nicht mehr, wie man mit der Sozialdemokratie fertig werden soll. Da wäre ein auswärtiger Krieg ein ganz vortreffliches Ablenkungsmittel gewesen.« Auf der Rechten wurde die Rede mit Lachen und Zurufen wie »Nach jedem Krieg wird es besser« quittiert.4
Als der Erste Weltkrieg im August 1914 tatsächlich ausbrach, zeigten die Sozialdemokraten, dass sie alles andere als »vaterlandslose Gesellen« waren. Sie sahen Deutschland vom russischen Zarenreich, der Vormacht der europäischen Reaktion, bedroht und stimmten darum den von der Reichsleitung beantragten Kriegskrediten zu. Im Zeichen des »Burgfriedens« schienen zeitweilig alle gesellschaftlichen Spaltungen – die konfessionellen, regionalen und sozialen – an Bedeutung zu verlieren. Aber je länger der Krieg dauerte und je deutlicher wurde, dass die politischen, militärischen und wirtschaftlichen Eliten keineswegs nur defensive Ziele verfolgten, desto stärker wuchs innerhalb der Sozialdemokratie der Widerstand gegen die im August 1914 eingeschlagene Parteilinie.
Im April 1917 sammelten sich die Gegner weiterer Kriegskredite in der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der USPD. Ihre Gründer und Unterstützer entstammten zum größten Teil dem linken, orthodox marxistischen Flügel der Vorkriegspartei, der unbeirrt am Dogma des proletarischen Klassenkampfes festhielt. Daraus erklärt sich der oft übersehene, paradoxe Effekt der Parteispaltung von 1917: Sie ermöglichte es der Führung der Mehrheitspartei, ihre Zusammenarbeit mit den Parteien der bürgerlichen Mitte, dem Zentrum und der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei, zu intensivieren und so den Übergang erst von der konstitutionellen zur parlamentarischen Monarchie im Oktober 1918 und dann, nach dem Sturz der Monarchie im Monat darauf, zur parlamentarischen Demokratie von Weimar vorzubereiten. Die Spaltung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung war mithin beides: eine schwere Vorbelastung und zugleich eine Vorbedingung der ersten deutschen Demokratie, wie sie aus der Revolution von 1918/19 hervorging.
Weimar: die vorbelastete Republik
Zu den großen, den klassischen Revolutionen der Weltgeschichte gehört die deutsche Staatsumwälzung von 1918 nicht. Es konnte auch nicht anders sein. Deutschland war eine hochdifferenzierte arbeitsteilige Industriegesellschaft mit dem für solche Gesellschaften typischen Bedarf an administrativer Kontinuität, dem Fortbestand der alltäglichen öffentlichen Dienstleistungen und dem hieraus resultierenden »Anti-Chaos-Reflex« (Richard Löwenthal).5 Eine Politik der »Tabula rasa« nach dem Vorbild der russischen Bolschewiki kam für Deutschland schon deshalb nicht infrage.
Für die große Mehrheit der Deutschen ging es 1918/19 um mehr Demokratie: um das Frauenwahlrecht, das allgemeine gleiche Wahlrecht auch in den Einzelstaaten, Kreisen, Gemeinden und Kommunen, um die volle Durchsetzung der parlamentarischen Verantwortung der Regierungen.
Deutschland kannte zudem seit rund einem halben Jahrhundert, wenn auch nur auf Reichsebene, die Tradition des allgemeinen gleichen Wahlrechts für Männer und damit ein kräftiges Stück Demokratie. In den Ruf »Alle Macht den Räten«, eine Umschreibung der Diktatur des Proletariats, stimmte deshalb nur eine Minderheit der Arbeiter ein. Für die große Mehrheit der Deutschen, einschließlich der Sozialdemokraten, ging es 1918/19 um mehr Demokratie: um das Frauenwahlrecht, das allgemeine gleiche Wahlrecht auch in den Einzelstaaten, Kreisen, Gemeinden und Kommunen, um die volle Durchsetzung der parlamentarischen Verantwortung der Regierungen. Es war das Programm, für das sich die Mehrheitssozialdemokraten und die gemäßigten Parteien der bürgerlichen Mitte einsetzten, die nach den Wahlen zur Verfassunggebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 die erste Koalitionsregierung der Weimarer Republik bildeten.
Als stärkste Vorbelastung des jungen Staates erwies sich seine Geburt aus der Niederlage. Die anfängliche Popularität der Demokratie erklärte sich aus der Hoffnung der meisten Deutschen, durch den Bruch mit der Monarchie in den Genuss eines milderen Friedens zu gelangen. Der Vertrag von Versailles enttäuschte diese Hoffnung. Die nationalistische Rechte begann bereits 1919, Kräfte zu sammeln für den Kampf gegen die angeblich undeutsche Demokratie, die Staatsform der westlichen Siegermächte, die diese den Deutschen nur infolge marxistischen oder jüdischen Verrats, eines »Dolchstoßes« in den Rücken des »im Felde unbesiegten« Heeres, hätten aufnötigen können. Am extremsten betrieb diese Propaganda die 1920 in München gegründete Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, die jedoch bis Ende der 1920er-Jahre über den Status einer Splitterpartei nicht hinauskam. Ihr Aufstieg zur Massenpartei begann erst, als die Zeit der guten Konjunktur im Herbst 1929 zu Ende ging und die Welt in eine lang anhaltende tiefe Depression zu schlittern begann.
Ende März 1930 scheiterte die letzte parlamentarische Mehrheitsregierung der Weimarer Republik – ein Kabinett der Großen Koalition, das von den Sozialdemokraten bis zur unternehmerfreundlichen Deutschen Volkspartei reichte – an einem Streit um die Sanierung der Arbeitslosenversicherung. Der Bruch der Großen Koalition bedeutete die Selbstentmachtung des Reichstags. Zum eigentlichen Gesetzgeber wurden seit dem Sommer 1930 Präsidialkabinette, die mithilfe von Notverordnungen des Reichspräsidenten regierten.
Mithilfe eines extremen Nationalismus versuchte Hitler, alle gesellschaftlichen Spaltungen vergessen zu machen. Der pluralistischen Demokratie stellte er die von einem starken Führer gelenkte Volksgemeinschaft entgegen: ein Versprechen, das vor allem in den Mittelschichten Zustimmung fand, die sich von den Klassenkampfparolen der Linken wie von der Macht des Großkapitals bedroht fühlten.
Aus den Reichstagswahlen vom 14. September 1930 gingen Adolf Hitlers Nationalsozialisten als die zweitstärkste Partei hervor. Ihr »Führer« verstand es höchst wirkungsvoll, an die verbreiteten Ressentiments gegenüber der gescheiterten parlamentarischen Demokratie und gleichzeitig an den seit Bismarcks Zeiten verbrieften Teilhabeanspruch des Volkes in Gestalt des allgemeinen Wahlrechts zu appellieren, das von den Präsidialkabinetten weithin um seine Wirkung gebracht wurde. Hitler wurde damit zum Hauptnutznießer der ungleichzeitigen Demokratisierung Deutschlands vor 1918: der frühen Demokratisierung des Reichstagswahlrechts und der späten Parlamentarisierung im Zeichen der Niederlage. Mithilfe eines extremen Nationalismus versuchte er, alle gesellschaftlichen Spaltungen – die konfessionellen wie die sozialen und die regionalen – vergessen zu machen. Der pluralistischen Demokratie stellte er die nationalsozialistische, von einem starken Führer repräsentierte und gelenkte Volksgemeinschaft entgegen: ein Versprechen, das vor allem in den Mittelschichten Zustimmung fand, die sich von den Klassenkampfparolen der Linken wie von der Macht des Großkapitals bedroht fühlten.
Seine Ernennung zum Reichskanzler verdankte Hitler aber nicht einem überragenden Wahlsieg. Bei der zweiten Reichstagswahl des Jahres 1932, die am 6. November stattfand, hatte seine Partei gegenüber der vorangegangenen Wahl vom 31. Juli sogar über zwei Millionen Stimmen und von 230 Abgeordneten 34 verloren, während die Kommunisten rund 700 000 Stimmen hinzugewannen und auf die magische Zahl von 100 Mandaten kamen. Seitdem wuchs in Deutschland die Angst vor der roten Revolution und dem Bürgerkrieg, und diese Angst spielte eine große Rolle bei den Bemühungen von Teilen der alten Machtelite – darunter konservative Politiker, ostelbische Rittergutsbesitzer und führende Schwerindustrielle –, den greisen Reichspräsidenten von Hindenburg von der Notwendigkeit einer Kanzlerschaft Hitlers zu überzeugen.
Am 30. Januar 1933 waren sie am Ziel. Mit der Berufung Hitlers zum Chef einer »nationalen Regierung«, in der die konservativen Minister in der Mehrheit waren, endete nicht nur die Weimarer Demokratie. Die Machtübertragung an den Führer der NSDAP bedeutete auch den radikalen Bruch mit dem, was Deutschland schon lange vor 1918 gewesen war: ein Rechts- und Verfassungsstaat. Es begannen die zwölf Jahre einer totalitären Diktatur, an deren Ende im Mai 1945 nichts so ungewiss war wie die Antwort auf die Frage, ob die Deutschen jemals wieder in einem gemeinsamen Staat zusammenleben würden.
Die gespaltene Nation 1945–1990
Dass Deutschland in den Jahren nach 1945 in zwei Staaten geteilt wurde, war keine Folge der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die das Land unter der Führung der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg begangen hatte, also auch nicht des schrecklichsten dieser Verbrechen, der Ermordung der europäischen Juden. Deutschland wurde vielmehr geteilt, weil die vier Alliierten – die USA, die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich – sich nicht über die Zukunft Deutschlands einigen konnten.
Die Spaltung Deutschlands bewirkte die Entstehung von zwei extrem unterschiedlichen Gesellschaftssystemen und politischen Kulturen. Die westlichen Besatzungszonen, die spätere Bundesrepublik Deutschland, erhielten die Chance, aus den Fehlern von Weimar zu lernen und eine neue, funktionstüchtige, wehrhafte, pluralistische Demokratie aufzubauen, die sich auf den breiten antitotalitären Konsens der Schöpfer des Grundgesetzes von 1949 stützen konnte. In der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren Deutschen Demokratischen Republik, wurde ein Antifaschismus kommunistischer Prägung zur Staatsdoktrin. Sie diente der Rechtfertigung eines Systems, das sich demokratisch nannte, in Wirklichkeit aber eine Parteidiktatur nach dem Vorbild der Sowjetunion war.
Zu den Lehren aus Weimar, die 1945 zunächst in allen Besatzungszonen gezogen wurden, gehörte die Überwindung traditioneller Spaltungen im bürgerlichen Parteiensystem. In der Christlich-Demokratischen Union schlossen sich katholische und evangelische Christen zusammen, die sich vor 1933 in getrennten Parteien organisiert hatten; das wiedergegründete katholische Zentrum kam über eine Kümmerexistenz nicht mehr hinaus. Als interkonfessionelle Partei verstand sich auch die Christlich-Soziale Union in Bayern, die das Erbe der Bayerischen Volkspartei antrat. Die Liberalen überwanden die Spaltung in eine rechts- und eine linksliberale Partei. In der Freien Demokratischen Partei, die sich in der Sowjetischen Besatzungszone Liberaldemokratische Partei Deutschlands nannte, waren beide Flügel des deutschen Liberalismus vereint.
Zu einem Zusammenschluss früher getrennter Parteien kam es auch auf der Linken. Im April 1946 vereinigten sich unter massivem sowjetischem Druck die Sozialdemokraten und Kommunisten der Sowjetischen Besatzungszone zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. In den westlichen Bestatzungszonen hatte der frühere sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Kurt Schumacher, der zunächst nur faktische Vorsitzende der SPD in der britischen Zone, wesentlichen Anteil daran, dass die Sozialdemokraten ihre Selbstständigkeit bewahrten. Seine konsequente Absage an irgendeine Form der Unterordnung unter den Willen der Sowjetunion trug entscheidend dazu bei, dass sich der Westen Deutschlands seit 1946 radikal anders entwickelte als der Osten. Schumacher drückte damit der deutschen Nachkriegszeit auf ähnlich markante Weise seinen Stempel auf wie sein bürgerlicher Kontrahent Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU in der britischen Zone, der im September 1949 zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde.
Dass Adenauer seine Politik der Westintegration durchsetzen konnte, verdankte er nicht zuletzt der Tatsache, dass die »nationale Opposition«, mit der er es zu tun hatte, anders als in Weimar nicht von der antidemokratischen Rechten, sondern von der demokratischen Linken gestellt wurde: eine Konstellation, die mit dazu beitrug, der zweiten deutschen Demokratie zu innerer Stabilität und breiter gesellschaftlicher Legitimation zu verhelfen.
Gegenüber der Weimarer Republik verkehrten sich in der jungen Bundesrepublik die innenpolitischen Fronten. Vor 1933 waren die Rechte nationalistisch und die Linke internationalistisch gewesen; nach 1949 übernahmen die Kräfte der rechten Mitte unter Führung der CDU/CSU den supranationalen Part, indem sie die Einigung Westeuropas vorantrieben, während die Sozialdemokraten sich für den Vorrang der Wiedervereinigung Deutschlands aussprachen und sich dadurch ein nationales Profil gaben.6 Dass Adenauer seine Politik der Westintegration durchsetzen konnte, verdankte er nicht zuletzt der Tatsache, dass die »nationale Opposition«, mit der er es zu tun hatte – anders als in Weimar – nicht von der antidemokratischen Rechten, sondern von der demokratischen Linken gestellt wurde. Es war diese Konstellation, die das erste Jahrzehnt der Bundesrepublik prägte und mit dazu beitrug, der zweiten deutschen Demokratie zu innerer Stabilität und breiter gesellschaftlicher Legitimation zu verhelfen.
Die Spaltung Deutschlands aber vertiefte sich währenddessen immer mehr; durch den Bau der Berliner Mauer wurde sie seit dem 13. August 1961 im Wortsinn betoniert. Für den Regierenden Bürgermeister von West-Berlin, den Sozialdemokraten Willy Brandt, und seinen engsten Berater, den Senatspressesprecher Egon Bahr, wurde der Mauerbau zum Anlass, über eine grundsätzliche Revision der bundesdeutschen Ost- und Deutschlandpolitik nachzudenken. Im Hinblick auf die fehlende demokratische Legitimation der DDR waren sich Christ- und Sozialdemokraten bislang prinzipiell einig gewesen. Die damit begründete Nichtanerkennung des anderen deutschen Staates aber reichte offensichtlich nicht aus, die Vertiefung der Spaltung zu verhindern. »Wandel durch Annäherung« lautete die Devise, die Egon Bahr am 14. Juli 1963 in einem Vortrag im Politischen Club der Evangelischen Akademie Tutzing ausgab.7 Über alles Trennende hinweg galt es demnach, durch Zusammenarbeit zwischen Bundesrepublik und DDR den Weg für zwischenmenschliche Erleichterungen im geteilten Deutschland zu öffnen und trotz fortdauernder staatlicher Spaltung den Zusammenhalt der Deutschen als Nation zu sichern.
Willy Brandt legte die Grundrichtung seiner neuen Ost- und Deutschlandpolitik in seiner ersten Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 fest. 20 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik und der DDR gelte es, über ein »geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander« zu kommen.
Ihre erste praktische Anwendung fand die von Brandt propagierte »Politik der kleinen Schritte« in einem Passierscheinabkommen vom Dezember 1963, das West-Berlinern Verwandtenbesuche in der »Hauptstadt der DDR« gestattete. Auf größerer Bühne konnte Brandt seit 1969 als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler fortsetzen, was er in Berlin begonnen hatte. Die Grundrichtung seiner neuen Ost- und Deutschlandpolitik legte er in seiner ersten Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 fest. 20 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik und der DDR gelte es, ein weiteres Auseinanderleben der deutschen Nation zu verhindern, also zu versuchen, über ein »geregeltes Nebeneinander zu einem Miteinander« zu kommen. Der DDR bot er Verhandlungen ohne Diskriminierung mit dem Ziel einer vertraglichen Zusammenarbeit an. »Eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundesregierung kann nicht in Betracht kommen. Auch wenn zwei Staaten in Deutschland existieren, sind sie doch füreinander nicht Ausland; ihre Beziehungen zueinander können nur von besonderer Art sein.« 8
Die Neugestaltung des innerdeutschen Verhältnisses konnte die Regierung der sozialliberalen Koalition nur in Angriff nehmen, weil sie jeden ihrer Schritte eng mit den westlichen Verbündeten und mit der Sowjetunion abstimmte. Dem Grundlagenvertrag mit der DDR von 1973 gingen drei weitere Verträge voraus: die Verträge mit der Sowjetunion und mit Polen, die für das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Staaten des Ostblocks grundlegende Bedeutung hatten, und das Viermächteabkommen über Berlin, das den künftigen Status der Westsektoren von Berlin und ihre Beziehungen zur Bundesrepublik regelte.
Der deutsch-deutsche Vertrag von 1973 war ein zwischenstaatlicher, aber kein völkerrechtlicher Vertrag. Die beiden deutschen Staaten vereinbarten einen wechselseitigen Gewaltverzicht und hielten unterschiedliche Auffassungen in grundsätzlichen Fragen, darunter der nationalen Frage, fest. Dass der Vertrag dem Grundgesetz nicht widersprach, stellte das von der Bayerischen Staatsregierung angerufene Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 31. Juli 1973 ausdrücklich fest. Das Gericht machte es den Verfassungsorganen aber zur Pflicht, am Ziel der staatlichen Einheit festzuhalten und alles zu unterlassen, was eine Wiedervereinigung vereiteln würde.9
Bonn: die postnationale Demokratie?
Das Karlsruher Urteil band die Verfassungsorgane, aber nicht die Gesellschaft und nicht die Parteien. Seit Beginn der 1980er-Jahre mehrten sich links der Mitte die Stimmen, die einen Verzicht auf das Staatsziel der Wiedervereinigung forderten. Im Januar 1981 regte der Publizist Günter Gaus kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt des Ständigen Vertreters der Bundesrepublik in der DDR in einem Interview mit der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT an, im Umgang mit der DDR künftig tunlichst auf den Begriff »Nation« zu verzichten.10 Gaus kam damit der SED weit entgegen, die seit 1970 die These von der Herausbildung einer neuen »sozialistischen Nation« in der DDR und damit von der Existenz von zwei deutschen Nationen vertrat. Das Theorem der »Binationalisierung« fand in der Bundesrepublik nur bei wenigen Politologen und Historikern Anklang, wohingegen das von dem Bonner Zeithistoriker Karl Dietrich Bracher erstmals 1976 formulierte Verdikt von der Bundesrepublik als »postnationaler Demokratie unter Nationalstaaten« auf verbreitete Zustimmung stieß.11
Die erste Partei, die dem Ziel der Wiedervereinigung eine klare Absage erteilte, waren die 1979 gegründeten Grünen. Aber auch unter den Sozialdemokraten und unter linksliberalen Intellektuellen gab es viele, die in den Ruf nach der Wiederherstellung eines deutschen Nationalstaates nicht mehr einstimmen mochten. Nach dem Anteil, den das Deutsche Reich an der Auslösung der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts hatte, wollten sie Europa eine neuerliche deutsche Machtzusammenballung in der Mitte des Kontinents nicht mehr zumuten.12 1988 meinte Oskar Lafontaine, damals Ministerpräsident des Saarlandes und stellvertretender Vorsitzender der SPD, in seinem Buch Die Gesellschaft der Zukunft, gerade weil die Deutschen mit einem pervertierten Nationalismus schrecklichste Erfahrungen gemacht hätten, sollte ihnen der Verzicht auf Nationalstaatlichkeit leichter fallen als anderen Nationen: »Aufgrund ihrer jüngsten Geschichte sind die Deutschen geradezu prädestiniert, die treibende Rolle in dem Prozess der supranationalen Vereinigung Europas zu übernehmen.« 13 Knapp vier Jahrzehnte nach der Gründung der Bundesrepublik hatte sich im Westen Deutschlands so etwas wie eine posthume Adenauer’sche Linke herausgebildet: eine Ironie der deutschen Nachkriegsgeschichte, an der der erste Bundeskanzler vermutlich seine Freude gehabt hätte.
In den 1960er-Jahren rückte der Holocaust in den Mittelpunkt der deutschen Beschäftigung mit dem »Dritten Reich«. Bundespräsident Richard von Weizsäcker nannte den 8. Mai 1945 den »Tag der Befreiung … von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft«.
Die westdeutsche Debatte über Nation und Nationalstaat konnte sich nur in einer Gesellschaft entwickeln, die gelernt hatte, selbstkritisch mit ihrer Geschichte umzugehen. In den ersten eineinhalb Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich die Bundesbürger nach dem Urteil des Philosophen Hermann Lübbe in einem »kommunikativen Beschweigen« der jüngsten Vergangenheit geübt: Vom eigenen »Mitmachen« und dem der Nächsten in der Zeit des Nationalsozialismus wurde zunächst nicht gesprochen.14 1961 löste das Buch Griff nach der Weltmacht des Hamburger Geschichtsprofessors Fritz Fischer einen Historikerstreit über die Rolle der deutschen Machteliten vor dem und im Ersten Weltkrieg aus.15 Damit begann eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Kontinuität nationalistischer und imperialistischer Politik im Deutschland des 20. Jahrhunderts. In die erste Hälfte der 1960er-Jahre fielen der Jerusalemer Eichmann-Prozess, der Frankfurter Auschwitz- und der Düsseldorfer Treblinka-Prozess, die den Holocaust in den Mittelpunkt der deutschen Beschäftigung mit dem »Dritten Reich« rückten. Anlässlich des vierzigsten Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa nannte Bundespräsident Richard von Weizsäcker, ein aus der CDU hervorgegangener Politiker, den 8. Mai 1945 einen »Tag der Befreiung«: »Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.« 16
Der Verzicht auf die Wiederherstellung eines deutschen Nationalstaates war eine mögliche, aber keine zwingende Folgerung aus der deutschen Geschichte vor 1945. Eine solche Verzichtleistung fiel Westdeutschen leichter als Ostdeutschen. Die Bürger der Bundesrepublik hatten unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs in viel geringerem Maß leiden müssen als ihre Landsleute in der DDR. Im Gegensatz zu diesen genossen sie alle Vorteile einer freiheitlichen Demokratie und einer florierenden Marktwirtschaft. Problematischer noch war der Rückschluss von Deutschland auf Europa, den manche Intellektuelle und Politiker der Linken, unter ihnen Oskar Lafontaine, zogen. Die Deutschen hatten ihren ersten Nationalstaat zugrunde gerichtet, daran gab es nichts zu deuteln. Daraus ergab sich aber noch kein Recht, den Nationalstaat schlechthin für obsolet zu erklären, anderen Nationen also das Recht auf ihren Staat und damit auf nationale Selbstbestimmung abzusprechen. Es war der Umschlag von Selbstkritik in Anmaßung, der die europäischen Nachbarn irritieren musste – sofern sie denn von der westdeutschen Debatte der 1980er-Jahre Notiz nahmen.
Es waren nicht nur Angehörige der politischen Elite, die im letzten Jahrzehnt der »alten« Bundesrepublik mit dem Begriff der deutschen Nation und der Idee eines deutschen Nationalstaates haderten. Ein Drittel der Bundesbürger bejahte, zwei Drittel verneinten, dass die DDR für sie Ausland sei.
Es waren nicht nur Angehörige der politischen Elite, die im letzten Jahrzehnt der »alten« Bundesrepublik mit dem Begriff der deutschen Nation und der Idee eines deutschen Nationalstaates haderten. Eine Umfrage im Juli 1986 erbrachte, dass 37 Prozent der westdeutschen Bevölkerung unter »Nation« die Bundesrepublik und 35 Prozent die Bundesrepublik und die DDR zusammen verstanden. Auf die Frage, ob die Deutschen beider Staaten ein Volk oder zwei Völker seien, entschieden sich im Frühjahr 1978 78 Prozent für die erste und 21 Prozent für die zweite Lesart. Ein Drittel der Bundesbürger bejahte, zwei Drittel verneinten, dass die DDR für sie Ausland sei.
Bei den jüngeren Deutschen im Westteil des Landes sahen die Proportionen allerdings anders aus. Von den Bundesbürgern im Alter von 14 bis 29 Jahren fühlten sich nur 65 Prozent als Angehörige eines deutschen Volkes. Immerhin 34 Prozent der jungen Bundesbürger gingen von der Existenz zweier deutscher Völker aus. Während in der Gruppe der über 60-Jährigen zwischen 1967 und 1987 im Durchschnitt nur 15 Prozent die DDR als ausländischen Staat empfanden, war es bei den jungen Bundesbürgern gut die Hälfte. Eine Auswertung der entsprechenden Daten im Deutschland Archiv mündete in die nüchterne Schlussfolgerung, die DDR werde von einem großen Teil der jüngeren Generation als fremder Staat mit einer anderen Gesellschaftsordnung und nicht mehr als Teil Deutschlands wahrgenommen: »Dies führt zu einem Abbau des Bewusstseins einer nationalen Gemeinsamkeit und macht stetiger Entfremdung Platz.« 17 Veröffentlicht wurde die Untersuchung im Oktober 1989 – im Monat vor dem Fall der Berliner Mauer.
1990: Uneinig-einig Vaterland
Fünfeinhalb Wochen nach dem Mauerfall hielt die SPD in Berlin ihren Bundesparteitag ab. Am 18. Dezember 1989, seinem 76. Geburtstag, sprach der Ehrenvorsitzende der ältesten deutschen Partei, der frühere Bundeskanzler Willy Brandt, in seiner Rede einen Satz aus, der nur bei einem Teil der Delegierten Beifall fand: »Noch so große Schuld einer Nation kann nicht durch eine zeitlos verordnete Spaltung getilgt werden.« 18
Brandts Bemerkung richtete sich nicht nur gegen einen Kritiker eines deutschen Nationalstaates wie Oskar Lafontaine – den noch unerklärten Kanzlerkandidaten für 1990 –, sondern auch gegen einen prominenten Gastredner des Parteitags, den Dichter Günter Grass, der auf dem Kongress eine leidenschaftliche Rede gegen die Wiedervereinigung hielt. Ein gutes Dreivierteljahr später war Deutschland wiedervereinigt. Die historische Bedeutung des 3. Oktober 1990, des Tages der deutschen Einheit, fasste Bundespräsident von Weizsäcker beim Festakt zur Wiedervereinigung in der Berliner Philharmonie in einem einzigen, inhaltsschweren Satz zusammen: »Der Tag ist gekommen, an dem zum ersten Mal in der Geschichte das ganze Deutschland seinen dauerhaften Platz im Kreis der westlichen Demokratien findet.« 19
Die Wiedervereinigung Deutschlands bedeutete die Lösung der deutschen Frage. Es gab kein Spannungsverhältnis mehr zwischen Einheit und Freiheit; durch die Mitgliedschaft im Atlantischen Bündnis und die europäische Integration hörte das Land auf, ein Problem der europäischen Sicherheit zu sein. Das wiedervereinigte Deutschland war nun ein postklassischer Nationalstaat wie die anderen Mitgliedstaaten der EU.
Die Wiedervereinigung Deutschlands bedeutete die Lösung der deutschen Frage in dem dreifachen Sinn, den dieses Jahrhundertproblem seit dem frühen 19. Jahrhundert gehabt hatte: Es gab kein Spannungsverhältnis mehr zwischen Einheit und Freiheit; als territoriales Problem wurde die deutsche Frage dadurch gelöst, dass die Grenzen von 1945 und damit der Verzicht auf die Ostgebiete des Deutschen Reiches in völkerrechtlich verbindlicher Form festgeschrieben wurden; durch die Mitgliedschaft im Atlantischen Bündnis und die europäische Integration hörte das Land auf, ein Problem der europäischen Sicherheit zu sein. Das wiedervereinigte Deutschland war keine »postnationale Demokratie unter Nationalstaaten«, sondern ein postklassischer Nationalstaat wie die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch – bereit, einige Hoheitsrechte gemeinsam mit anderen auszuüben und andere auf supranationale Einrichtungen zu übertragen.
Drei Jahrzehnte nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit erscheint nicht mehr so sicher, ob die deutsche Frage 1990 wirklich endgültig gelöst worden ist. Mal ist es das starke wirtschaftliche Gewicht Deutschlands in der Europäischen Union und der Eurozone, das die Rede von einer neuen deutschen Frage aufkommen lässt, mal die Neigung vieler Deutscher, ihr Land – etwa in Sachen Asyl und Migration – zur moralischen Leitnation Europas zu erheben, und der Hang deutscher Politiker, die Europäische Union auf eine sehr deutsch anmutende föderalistische und postnationale Vorstellung von der Finalität des europäischen Einigungsprozesses einzuschwören.
1986, vier Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, entbrannte in der »alten« Bundesrepublik, ausgelöst durch einen Zeitungsaufsatz des Berliner Historikers Ernst Nolte, der »Historikerstreit« über die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.20 Noltes Versuch, den Rassenmord durch die Nationalsozialisten aus dem Klassenmord der Bolschewiki abzuleiten, also historisch zu relativieren, stieß auf verbreiteten Widerspruch. In einer Entgegnung auf Nolte formulierte der Philosoph Jürgen Habermas eine These, die seitdem immer wieder zitiert worden ist: »Die vorbehaltlose Öffnung der Bundesrepublik gegenüber der politischen Kultur des Westens ist die große intellektuelle Leistung unserer Nachkriegszeit, auf die gerade meine Generation stolz sein konnte.« 21
Dreißig Jahre nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands erscheint die »vorbehaltlose Öffnung gegenüber der politischen Kultur des Westens« nicht mehr als eine Errungenschaft, die auf Dauer gesichert ist. Erfolgen konnte die Öffnung nur dort, wo es die Möglichkeit der freien selbstkritischen Auseinandersetzung mit der nationalen und namentlich der nationalsozialistischen Vergangenheit gab: im Westen des geteilten Deutschland. Die DDR hat, herrschaftssoziologisch betrachtet, einen viel radikaleren Bruch mit der deutschen Geschichte vollzogen als die Bundesrepublik, die ehemaligen Nationalsozialisten in großer Zahl die Fortsetzung oder den Beginn neuer beruflicher Karrieren ermöglichte. Der »verordnete Antifaschismus« der SED erreichte aber nicht dieselbe gesellschaftliche Tiefenwirkung wie die offen ausgetragenen Geschichtskontroversen im Westen Deutschlands. Unter der Decke der offiziellen Ideologie konnten in der DDR deutschnationale Geschichtsdeutungen und Ressentiments überleben, die in der Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren weithin verpönt waren. Die radikale Ungleichzeitigkeit der deutschen Nachkriegsgeschichte wirkt bis heute fort. Sie erklärt zu einem guten Teil auch, warum eine nationalistische Partei wie die Alternative für Deutschland in den neuen Bundesländern sehr viel mehr Zulauf hat als in den alten.
Ein verantwortlicher Umgang mit der Geschichte zielt darauf ab, verantwortliches Handeln in der Gegenwart möglich zu machen. Daraus folgt zum einen, dass sich die Deutschen durch eine Betrachtung ihrer Geschichte nicht lähmen lassen dürfen. Zum anderen gilt es, politische Entscheidungen nicht dadurch zu überhöhen, dass man sie als die jeweils richtige Lehre aus der deutschen Vergangenheit ausgibt.
Die Öffnung gegenüber der politischen Kultur des Westens wird nicht nur durch Nachwirkungen der deutschen Teilung, sondern auch durch alles infrage gestellt, was auf eine politische Instrumentalisierung des Holocaust hinausläuft: die Berufung auf ein vermeintlich vorbildliches Lernen aus den nationalsozialistischen Verbrechen in der Absicht, der eigenen Politik eine höhere Legitimation zu verschaffen, ja für Deutschland eine überlegene Sondermoral zu beanspruchen. Ein verantwortlicher Umgang mit der Geschichte zielt darauf ab, verantwortliches Handeln in der Gegenwart möglich zu machen. Daraus folgt zum einen, dass sich die Deutschen durch eine Betrachtung ihrer Geschichte nicht lähmen lassen dürfen. Zum anderen gilt es, politische Entscheidungen nicht dadurch zu überhöhen, dass man sie als die jeweils richtige Lehre aus der deutschen Vergangenheit ausgibt.
Deutschland ist erst spät, im Gefolge des katastrophalen Scheiterns seiner Auflehnung gegen die politischen Ideen des Westens, zu einer liberalen westlichen Demokratie geworden. Aus seiner Geschichte lässt sich ableiten, dass es hinter die nach 1945 gewonnenen Einsichten nicht zurückfallen darf. Die deutsche Spaltung wird erst dann wirklich überwunden sein, wenn sich diese Erkenntnis in beiden Teilen des vereinigten Deutschland gleichermaßen durchgesetzt hat.
Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung gilt es aber auch, eine andere, neue Spaltung zu überwinden: die Spaltung der deutschen Gesellschaft, hervorgerufen durch die Corona-Pandemie von 2020. Der soziale Zusammenhalt der Deutschen wird sich nur sichern lassen, wenn die, die materiell weniger oder gar nicht unter dem Virus zu leiden haben, mit denen zu teilen bereit sind, deren berufliche Existenz durch Corona bedroht oder bereits vernichtet ist.
Auf Deutschland könnte eine Umverteilung in den Dimensionen des Lastenausgleichs zugunsten der Heimatvertriebenen und Ausgebombten in der »alten« Bundesrepublik oder der wirtschaftlichen Anstrengungen zur Wiederherstellung der deutschen Einheit nach 1990 zukommen. Doch die deutsche Verantwortung für die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise endet nicht an den Grenzen der Bundesrepublik. Von dem, was Deutschland tut oder nicht tut, hängt in hohem Maß die Zukunft der Europäischen Union und ihrer gemeinsamen Währung ab. Eine größere Herausforderung der deutschen Politik als die im Zeichen von Corona lässt sich kaum denken.
Anmerkungen
1 Eugen Rosenstock-Huessy: Die europäischen Revolutionen und der Charakter der Nationen. 3. Auflage. Stuttgart 1961, S. 90, 235.
2 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main. Hrsg. auf Beschluss der Nationalversammlung durch die Redactions-Commission und in deren Auftrag von Franz Wigard. 9 Bde. Leipzig 1848/49, Bd. 6, S. 4596.
3 Vgl.: Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Bd. 1: Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik. 5. Auflage. München 2012, S. 214 f.
4 Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Reichstags, Bd. 268, S. 7728.
5 Richard Löwenthal: »Bonn und Weimar. Zwei deutsche Demokratien«, in: Heinrich August Winkler (Hrsg.): Politische Weichenstellungen im Nachkriegsdeutschland 1945–1953. Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 5 (1979), S. 9–25, hier S. 11.
6 Fritz René Allemann: Bonn ist nicht Weimar. Köln 1956, S. 274.
7 Egon Bahr: Zu meiner Zeit. München 1996, S. 152 ff.
8 Verhandlungen des Deutschen Bundestages. Stenographische Berichte, 6. Wahlperiode, 5. Sitzung, Bd. 71, S. 21.
9 Bundesverfassungsgericht: Entscheidungen der amtlichen Sammlung, Bd. 36, Grundlagenvertrag Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik. Tübingen 1974, S. 1–36.
10 Carl-Christian Kaiser, Hermann Rudolph und Theo Sommer: »Die Elbe – ein deutscher Strom, nicht Deutschlands Grenze. Ein Interview mit Günter Grass«, in: DIE ZEIT, Nr. 6, 30.1.1981.
11 Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur. Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus. 6. Auflage. Köln 1979, S. 544 (Nachwort zur 5. Auflage).
12 Vgl.: Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Bd. 2: Deutsche Geschichte vom »Dritten Reich« bis zur Wiedervereinigung. 5. Auflage. München 2012, S. 431 ff., 470 ff.
13 Oskar Lafontaine: Die Gesellschaft der Zukunft. Reformpolitik in einer veränderten Welt. Hamburg 1988, S. 188 f.
14 Hermann Lübbe: »Der Nationalsozialismus im politischen Bewusstsein der Gegenwart«, in: Martin Broszat u. a. (Hrsg.): Deutschlands Weg in die Diktatur. Internationale Konferenz zur nationalsozialistischen Machtübernahme im Reichstagsgebäude zu Berlin. Referate und Diskussionen. Ein Protokoll. Berlin 1983, S. 329–349 (bes. S. 333 ff.).
15 Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland. Düsseldorf 1961.
16 Richard von Weizsäcker: »Der 8. Mai 1945 – 40 Jahre danach«, in: Ders.: Reden und Interviews. 1. Juli 1984–30. Juni 1985. Berlin 1986, S. 279–295, hier S. 280.
17 Silke Jansen: »Zwei deutsche Staaten – zwei deutsche Nationen? Meinungsbilder zur deutschen Frage im Zeitablauf«, in: Deutschland Archiv 22 (1989), S. 1132–1143, hier S. 1139.
18 Willy Brandt, Berliner Ausgabe, Bd. 10: Gemeinsame Sicherheit. Internationale Beziehungen und deutsche Frage 1982–1992. Bearb. v. Uwe Mai, Bernd Rother und Wolfgang Schmidt. Bonn 2009, S. 417–423, hier S. 422.
19 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): Texte zur Deutschlandpolitik, Reihe III, Bd. 8b. Bonn 1991, S. 717–731, hier S. 718.
20 Ernst Nolte: »Vergangenheit, die nicht vergehen will«, in: »Historikerstreit«. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung. München 1987, S. 13–35.
21 Jürgen Habermas: »Eine Art Schadensabwicklung«, in: »Historikerstreit«. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung. München 1987, S. 62–77, hier S. 75 f.