Читать книгу ERINNERN und BEWAHREN - Leseheft der Autorengruppe „WortArt“ - Группа авторов - Страница 10

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Günther, Sigrid

Geboren 1947 in Leipzig, Deutschland

Meine Fahrradtour ins Kohrener Land im Muldental-Kreis

vom 26.06.2008 – 28.06.2008. Eingeplant waren 4-5 Tage. Das Packen der beiden Fahrradtaschen und Rucksack war nicht so einfach. Ich musste schließlich alles selbst transportieren. Dann ging es los:

Donnerstag, den 26.6.2008

von zu Hause ab 10 Uhr, die weiteren Strecken geradelt … Laut Karte musste ich am linken Ufer des Bockwitzer Sees entlang fahren. Plötzlich sah ich an einer Weggabelung links von mir noch einen See. Erst wollte ich den gerade verlaufenden Weg weiterfahren, aber dann sah es auf der Karte nach einer Sackgasse aus. Ich kehrte um, entschied mich für einen Weg, der relativ steil bergan führte. Als ich mich und mein bepacktes Rad schon ein Stück den Berg hochgehievt hatte – anders kann man es nicht ausdrücken, denn es war sonnig und ziemlich warm, nirgends Schatten – kam endlich ein Mensch, den ich mal fragen konnte. Er wies mir den Weg, den ich anfangs angezweifelt hatte. Übrigens eine sehr triste, sandige und öde Gegend.

Der Weg endete dann an einer Landstraße, die nach Schönau führte. Wie so oft unterwegs galt es, Karte und Kompass zu zücken. Das ist für mich eigentlich kein Problem, aber eben sehr umständlich. Es bedeutet: Sonnenbrille von der Nase, Lesebrille drauf. Früher war es einfacher, da brauchte ich noch keine Lesebrille. Nun hatte die Straße etliche Kurven, die in mehrere Himmelsrichtungen zeigten. Hinter welcher aber liegt Schönau? Natürlich bin ich prompt in die falsche Richtung gefahren. Ich kam an der B 95 raus. Musste zwangsweise die ganze Strecke zurück fahren, habe Schönau dann doch noch gefunden. Von dort aus radelte ich in Richtung Nenkersdorf – Nenkersdorfer Str. entlang bis Frohburg. Ab hier brauchte ich Karte und Kompass nicht mehr, denn den Weg von Frohburg nach Kohren-Sahlis kenne ich wie im Schlaf. Wir sind ihn früher in Familie oft gegangen.

Vor Kohren-Sahlis liegt der kleine Ort Streitwald, dort steht auch das mir von früher bekannte „Jägerhaus“. Habe hier Quartier bezogen, 15.30 Uhr. (Ü/F 25,00 €). Ich war erst einmal froh, dass ich mit einem Dach über den Kopf rechnen konnte. Sofort habe ich meine ziemlich schweren Taschen vom Rad genommen und bin ohne Gepäck, nur mit Rucksack noch nach Kohren-Sahlis gedüst. Dort habe ich mich mit einem großen Eisbecher und einer Tasse Kaffee belohnt. Hab mir dann noch ein bisschen Kohren-Sahlis angeguckt, war auch die beiden Burgruinen besichtigen und hatte einen wunderschönen Rundblick auf das kleine Städtchen. Ich traf dort oben einen Mann, der seinen Hund ausführte. Er berichtete mir von den Sturmschäden des vergangenen Mittwochs, die ich auch auf dem Weg nach hier (umgestürzte Bäume, abgebrochene starke Äste) zu sehen bekam.

Zurückgekehrt nach Streitwald ins Jägerhaus habe ich erst einmal sämtlichen Straßenstaub abgeduscht, bevor ich im Biergarten mein Abendbrot eingenommen habe. Es gab Känguru-Schmorbraten mit Rotkraut und Klößen. Das Fleisch sehr zart und schmackhaft, dazu ein Glas Bier. Ich war dermaßen gesättigt, dass ich noch einen Abendspaziergang durch den Ort machte. Ein friedlicher und ruhiger Ort, dazu diese Abendstimmung – einfach herrlich!

Zurückgekehrt in den Jägerhäuser Biergarten habe ich mir noch ein Glas Rotwein geleistet, dann gegen 21.30 Uhr zu Bett. Das war viel zu zeitig für mich. Ich konnte schlecht einschlafen; das Fenster habe ich auch nur ankippen können, weil sich das Bettenhaus zu ebener Erde befand. Ich wusste nicht genau, ob sich irgendwelches Getier, auch größerer Art, in mein Zimmer verirrt. Das Haus lag mitten im Wald und ich war allein in dem Gebäude. Angst hatte ich zwar keine, aber ein etwas eigenartiges Gefühl war es schon, weil ich ab und an komische Geräusche hörte.

Freitag, am 27.06.2008

Start um 9.30 Uhr vom Jägerhaus über Rochlitz nach Colditz. Um Straßen zu meiden, habe ich mir den Waldweg zunächst nach Eckersberg herausgesucht. Da aber in der Karte nicht alle Waldwege eingezeichnet sind, habe ich den richtigen Weg verfehlt und bin auf der nach Kohren-Sahlis führenden Straße gelandet. Ich musste also umdisponieren, bin den Umweg über Kohren-Sahlis, Terpitz, Syhra zunächst nach Geithain geradelt. Dort habe ich mich umgesehen. Vor allen Dingen suchte ich eine Buchhandlung. Ich wollte mir ein Buch kaufen, um vor dem Schlafengehen etwas zu lesen. Das hat mir gestern Abend sehr gefehlt. Ich brauche auch zu Hause immer Lektüre. Allerdings wollte ich mein Gepäck gewichtmäßig nicht noch mehr belasten, aber wie ich dann feststellen musste, war dieser Gedanke falsch. Ich kann mich von einer Bücherstube immer sehr schwer trennen, da ich in diesem oder jenem Buch ja auch mal blättern muss. Und so habe ich mich bestimmt eine ¾ Stunde dort aufgehalten und nicht bemerkt, dass es draußen regnet. Ich hab’s nur an meinem nassen Fahrradsattel gemerkt. Da hatte ich doch wieder mal Glück, dass ich nicht nass geworden bin.

Anschließend war ich noch in der Tourist-Information, um mir den Weg beschreiben zu lassen und eine etwas detailliertere Karte für den Weg nach Rochlitz und Colditz zu erhalten. Dieses Kartenmaterial hatten sie allerdings nicht. Entlang dem 6-Länder-Ost-West-Weg bin ich durch die Orte Stollsdorf und Nosswitz nach Rochlitz geradelt. Es waren teilweise Wege, auf denen ich mein Rad schieben musste, z.B. wenn es ziemlich bergan ging. Teilweise waren Wege mit Schotter bedeckt, wo man unweigerlich stürzen konnte. Zudem hatte ich auch keinen Helm mitgenommen. Bei einem unglücklichen Sturz hätte mich hier kein Mensch gefunden, denn die Wege waren teilweise sehr einsam. Aber das wusste ich vorher nicht, bin brav nach Karte geradelt und habe auch keine Seitensprünge riskiert.

Von Rochlitz an bin ich den wunderschönen Weg entlang der Zwickauer Mulde durch Penna, Kralapp an der Lastauer Mühle (dort war kein Quartier mehr zu bekommen) vorbei nach Colditz geradelt. Das war bisher der schönste Weg meiner bisherigen Tour. Gleich am Ortseingang fragte ich einen Mann, der gerade sein Werktor verschloss, nach Übernachtungsmöglichkeiten in Colditz. Er nannte mir einige und bot sich an, mich dorthin zu begleiten, damit ich nicht lange zu suchen hätte. Es war ja bereits gegen 16 Uhr.

Die „Pension an der alten Stadtmauer“ verlangte für eine Übernachtung mit reichhaltigem Frühstück 45,-- €! Das habe ich abgelehnt, es war mir denn doch zu happig. Daraufhin wurde mir eine Pension Kirsten empfohlen. Bis dorthin hat mich mein freundlicher Begleiter geleitet und dann verabschiedet. Erst nachdem ich 2 oder 3 x vergebens die Klingel betätigt hatte, bemerkte ich den Zettel neben der Tür, auf dem zu lesen war, dass alle Zimmer belegt sind. Was blieb mir anderes übrig, als mich eilends zur Tourist-Information zu begeben, die nur noch bis 17 Uhr geöffnet hatte. Die freundliche Mitarbeiterin hat nach mehreren telefonischen Anläufen ein Quartier für mich gefunden, in der „Pension Männchen“, Ü/F. 18,-- €.

Ich bin dann sofort dorthin geradelt und wurde freundlich aufgenommen. Nachdem ich mein Gepäck abgestellt hatte, ging ich noch mal ins Stadtzentrum, um mich mit einem Eisbecher zu erfrischen. In einem kleinen Seitengäßchen fand ich ein Café. Anfangs war ich etwas enttäuscht, weil es nicht die von mir gewünschte Gemütlichkeit ausstrahlte. Zudem war ich der einzige Gast. Aber dann habe ich noch lange mit der Inhaberin schwatzen können, was mir sicher nicht in diesem Maße in einem anderen Café passiert wäre. Anfangs fragte sie mich, ob ich eine Idee hätte, was sie die nächsten Tage kochen könnte. Sie hatte zusätzlich zu ihrem Café-Geschäft noch Imbiss-Angebote. Ich musste erst einmal lachen, weil ich ja in dieser Beziehung gar kein Talent habe. Habe ihr dann erklärt, dass sie wohl an die Falsche geraten ist.

Das Gespräch begann sich dann aber immer mehr zu vervielfältigen, sehr angenehm. Solange habe ich noch nie in einem Café gesessen.

Danach bin ich noch in eine kleine Drogerie gegangen, die mir die Café-Inhaberin empfahl. Sie hätte dort für ihre Mutter und deren Problemhaare ein Henna-Produkt bekommen, seitdem schwört sie darauf. Weil ich ähnliche Probleme habe, wollte ich mir diesen Haarbalsam auch zulegen. Aber die nette Verkäuferin konnte mir nur ein Pröbchen mitgeben; das Produkt war nicht mehr am Lager. Natürlich kam ich dort auch ins Schwatzen. Die Zeit bis zum Ladenschluss (18 Uhr) war viel zu schnell vergangen.

Danach bin ich zum Colditzer Schloss geradelt, kam aber nur noch durch den Schlosshof, denn das Gebäude selbst wird ab 17 Uhr geschlossen. Anschließend habe ich in der „Sophienklause“ zu Abend gegessen. Diesmal nicht so üppig – Strammer Max, ein Bier.

An diesem Abend bin ich nicht ganz so zeitig ins Bett gegangen. Ich hatte mittlerweile meine Lektüre im Rucksack. Bei einem Besuch in der Rochlitzer Petri-Kirche hatte ich von der freundlichen Küsterin ein weiteres Buch erstanden. Ja, ich komme an Tischen mit Büchern nie ungeschoren vorbei. Sie wirken auf mich wie Magneten.

Sonnabend, am 28.06.2008

Nach 3 Tagen unterwegs nun Antritt der Heimreise. Start ca. 9.30 Uhr von Colditz nach Leipzig über Grimma …

Ich fahre wieder einen wunderschönen Radweg an der Zwickauer Mulde entlang, überquere dann die Freiberger Mulde bei Sermuth. Hier treffen sich die beiden Flüsse und fließen vereint in Richtung Grimma als Mulde weiter. Ab hier bis Grimma fahre ich blind weiter, d.h. ich habe eine Lücke in meinem Kartenmaterial. Ich muss mich also durchfragen; die Ausschilderung ist aber teilweise recht gut. Dann durchfahre ich die Orte Kleinbothen und Kossa entlang der Mulde. Diese Strecke ist die schönste von allen anderen Routen. Den ersten Stopp habe ich am Kloster Nimbschen gemacht, eine Fotopause sozusagen.

Bin in Grimma gegen 11 Uhr angekommen, vom Rad gestiegen und ganz entspannt durch die Lange Straße geschlendert. Es gibt dort viele schöne Läden und reizvolle Innenhöfe. Man kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass während der großen Flut 2002 dort die Mulde entlang geflossen ist. Allen Respekt vor den Menschen, die sich nicht haben unterkriegen lassen, die alles so wunderschön wieder hergerichtet haben. Meine nächste größere Radtour werde ich jedenfalls nach Grimma planen. Ich buche dann ein Quartier für mehrere Nächte, um das Umland besser kennen zu lernen.

Im „Café Florian” habe ich im Cafégarten eine kleine Mittagsrast gemacht bei einem Salatteller und einem Espresso. Ich habe mich bei der Bedienung nach dem Radweg Richtung Naunhof erkundigt. Sie hat mir als Hilfsmittel eine Stadtkarte mit Straßennamen mitgegeben. Das war sehr hilfreich. Als ich aus dem Café trat, fing es an zu regnen und es wurde auch etwas kühler. Leider war es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf dem Weg nach Naunhof bin ich am Müncherteich vorbei – und in Großsteinberg durchgefahren. Von Naunhof aus radelte ich in Richtung Erdmannshain. Die direkt am Weg liegende, offene Radfahrerkirche (lt. Angabe im Kartenmaterial), habe ich gleich in Augenschein genommen und mich eine Weile dort aufgehalten. Ich war sehr beeindruckt. Es ist eine ganz schlichte kleine Kirche, kein überflüssiger Schmuck. So muss in meinen Augen eine Kirche auch sein.

Nach einer kleinen Zeit der Besinnung fuhr ich links in die Alte Fuchshainer Straße bis nach Fuchshain, dann weiter nach Seifertshain und Holzhausen. Dort legte ich eine kleine Pause ein, am Österreicher Denkmal bei der Straßengabelung Seifertshainer-/Kleinpösnaer Straße. Habe hier noch mein halbes Brötchen vom Frühstück in Colditz verzehrt. Irgendwie war ich an diesem Tag geschafft. Das lag an dem ziemlich starken Gegenwind, der mir schon von Grimma an mir entgegen geblasen kam. Es war so, als würde ich ständig bergan fahren, dazu mit den schweren Gepäcktaschen!

Die letzte Etappe bis nach Hause habe ich dann aber doch noch geschafft. Bin gegen 16 Uhr glücklich und total verschwitzt zu Hause angelangt. Ich weiß: Es ist nie eine Selbstverständlichkeit, dass man gesund und ohne Unfall wieder zu Hause ankommt. Dafür bin ich jedes Mal sehr dankbar.

ERINNERN und BEWAHREN - Leseheft der Autorengruppe „WortArt“

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