Читать книгу Dem Neuen entgegen leben - Группа авторов - Страница 15

Ein Augenblick

Оглавление

Ich saß im Zug von Heidelberg nach Norden, nach Hause. In vier Wochen wollte ich dort, im Hause meiner Großeltern, meine Hochzeit feiern und es galt, jetzt die letzten Vorbereitungen zu treffen. Glücklich und entspannt saß ich im Zugabteil, las in einem Buch und freute mich auf die geliebten Großeltern und die schöne Zeit, die vor mir lag. Irgendwann, ich wusste nicht genau warum, hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Vorsichtig sah ich mich um und musterte die mit mir im Abteil sitzenden Fahrgäste, auf die ich bisher noch überhaupt nicht geachtet hatte. Zuletzt fiel mein Blick auf eine mir direkt gegenüber sitzende Dame, die mich ebenfalls ansah. Sie war offensichtlich groß, schlank, dunkelhaarig, sah attraktiv aus und war elegant gekleidet. Schnell senkte ich meinen Blick wieder auf mein Buch und versuchte, mich auf seinen Inhalt zu konzentrieren. Es gelang mir nicht richtig und so oft ich auch in Abständen immer wieder kurz aufsah, die dunkelhaarige Dame sah mich an. Ich überlegte, ob es sich noch lohnte, das Abteil zu wechseln; aber ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass wir in einer halben Stunde in Bremen einliefen, wo ich aussteigen musste. Ein Wechsel lohnte sich also nicht mehr. Plötzlich sagte die Dame zu mir: „Es stört Sie, nicht wahr, dass ich Sie so beobachte?!“ „Das kann man wohl sagen“, erwiderte ich, „zumal ich mir nicht erklären kann, warum Sie das tun!“

„Sie erinnern mich sehr stark an jemanden, den ich gut gekannt habe – würden Sie mir wohl Ihren Namen sagen?“

„Nein!“, entgegnete ich, „ich sehe keinerlei Veranlassung, das zu tun!“

„Dann will ich es Ihnen sagen“, entgegnete sie, „heißen Sie Meyer-Bornemann?“ Sie sah meine Verblüffung und setzte hinzu: „Sehen Sie, ich habe Ihren gefallenen Vater sehr gut gekannt – und Sie sehen aus wie er. Ich wünsche Ihnen viel Glück.“

In meiner Verwirrung war ich froh festzustellen, dass der Zug in den Bremer Bahnhof einlief. Ich raffte meine Sachen zusammen und verließ nach kurzem Abschiedsgruß das Abteil. Auf dem Bahnsteig fiel ich meinen Großeltern, die mich erwarteten, in die Arme und berichtete ihnen mein eben gehabtes Erlebnis. „Wie sah die Dame denn aus?“, fragte mein Großvater, und als ich sie beschrieben hatte, sah ich, wie meine Großeltern sich anlächelten, und dann sagte meine Großmutter: „Das war die Dame, die Deinen Vater sehr gerne geheiratet hätte, und er sie wohl auch, nur dann lernte er Deine Mutter kennen.“

Dem Neuen entgegen leben

Подняться наверх