Читать книгу Die Althessische Ritterschaft und das Stift Kaufungen - Группа авторов - Страница 7
Das Stift Kaufungen.
Von den Anfängen bis zur Reformation
ОглавлениеIngrid Baumgärtner und Christian Presche
Das 1011 urkundlich erstmals erwähnte Kaufungen und sein auf einer Anhöhe gelegenes Stift entwickelten sich – soweit wir dies rekonstruieren können – aus einem Nebenhof des königlich-grundherrschaftlichen Güterkomplexes in Kassel.1 Es gilt als gesichert, dass König Heinrich II. am 24. Mai 1008 den gesamten Herrenhof mit allen abhängigen Bauernstellen und zugehörigen Ländereien, also allen Nebenhöfen, landwirtschaftlichen Flächen, Wäldern, Jagdgebieten, Gewässern, Fischteichen und Mühlen, seiner Gemahlin Kunigunde übertrug.2 Diese Schenkung der wirtschaftlichen Nutzung des Kasseler Königsguts bildete die dringend notwendige Entschädigung für Bamberger Besitzungen, die der König Kunigunde zunächst als Morgengabe, wie man die Zuwendung bei der Eheschließung am Morgen nach dem Beilager nennt, anvertraut hatte. Eine Morgengabe diente entweder allein oder zusammen mit der in die Ehe eingebrachten Mitgift der späteren Versorgung der Witwe. Deshalb war es recht ungewöhnlich, dass Heinrich II. diese Zuwendung seiner Gemahlin wieder entzog, um das neu gegründete Bistum Bamberg auszustatten, das er 1007 aus dem östlichen Machtbereich des Würzburger Bistums ausgliedern ließ, danach mit Stiftungen wie dem Bamberger Säkularkanonikerstift St. Stephan (1009) und dem Benediktinerkloster St. Michael (1015) stärkte und 1016 um den Nordteil der Diözese Eichstätt erweiterte.3
Die nicht weniger langwierigen Pläne in der Kasseler Region, deren schrittweise Umsetzung sich bis 1023 hinzog, sollten der Königin den Ausgleich für ihren Bamberger Verzicht sichern. Nach der Übergabe des Kasseler Fronhofs an Kunigunde im Jahr 1008 bereisten der Herrscher und seine Gattin mehrmals Oberkaufungen, das sie anlässlich ihrer wiederkehrenden Aufenthalte umgestalteten und mit Pfalzfunktionen versahen. Im August 1011 wird Kaufungen der Überlieferung zufolge als Ausstellungsort zweier Königsurkunden erstmals erwähnt, im Dezember 1017 schloss sich die Kloster- oder Stiftsgründung an. In den sechs nachfolgenden Jahren erhielt die klösterliche Gemeinschaft eine reiche Ausstattung, die ihr Bestehen für mehr als 500 Jahre sicherte, bis Landgraf Philipp I., genannt der Großmütige, 1527 den Konvent im Zuge der Reformation auflöste und die Besitzungen gegen den Widerstand der Nonnen 1532 der Hessischen Ritterschaft übergab.
Diese Entwicklung Kaufungens über fünf Jahrhunderte hinweg kann im Folgenden nur in groben Zügen wiedergegeben werden. Gerade die spätmittelalterlichen Zustände und Verflechtungen sind kaum erforscht, die zahlreichen Quellen wenig ausgewertet. Die Ausführungen müssen deshalb knapp bleiben. Sie richten sich erstens auf die Bedeutung der urkundlichen Ersterwähnung Kaufungens, zweitens auf den Standort und die Gründung der Kloster- oder Stiftsgemeinschaft, drittens auf die Besitzungen, Bauten und institutionelle Formierung des Stifts im Hochmittelalter, viertens auf das Bauen in widrigen Zeiten unter landgräflicher Vogtei nach 1297, fünftens auf das spätmittelalterliche Stiftsleben und sechstens auf die Umgestaltungen im Zuge der Visitation von 1509 bis hin zur Auflösung und Übergabe an die Hessische Ritterschaft im 16. Jahrhundert.
Die ersten urkundlichen Erwähnungen Kaufungens 1011
Den ersten Beleg für die Existenz von Kaufungen bilden zwei Diplome, die Heinrich II. am 10. und 20. August 1011 für das Reichskloster Hersfeld (Abb. 1) und das Erzbistum Magdeburg ausstellte.4 Darin gewährte Heinrich jeder der beiden kirchlichen Institutionen eine Schenkung, genauer gesagt: Er übertrug die Hörige Willicuma an Hersfeld und den Burgward Dretzel, eine Verwaltungseinheit samt Burg und zugehörigen Dörfern, an Magdeburg. Beide Privilegien sind, wie die abschließende Nennung der Beurkundungsstätte erkennen lässt, in Kaufungen entstanden, nämlich actum Coufungon. Offen ist jedoch die Frage, ob die Notare den jeweils ans Ende gestellten Ausstellungsort im Zuge des Verfassens beider Urkunden niedergeschrieben oder womöglich später nachgetragen haben.5 Auch ein Schrift- und Tintenvergleich am erhaltenen Original des Hersfelder Pergaments, das im Hessischen Staatsarchiv Marburg aufbewahrt wird,6 bringt hier keine endgültige Sicherheit. Die abweichende, dickere Strichstärke und die größere Oberlänge des f begründen zwar den Verdacht, dass das Wort nicht in einem Federzug mit der gesamten Zeile geschrieben wurde, aber der Zeitpunkt des Nachtrags ist damit nicht geklärt.
1 Königsurkunde mit der Ersterwähnung von Kaufungen, 10. August 1011
Für die Ortsgeschichte von Kaufungen besitzen beide Rechtsakte, unabhängig von der keineswegs banalen Frage des Ortnachtrags, eine doppelte Bedeutung: Erstens handelt es sich um die früheste bekannte Erwähnung der Ansiedlung. Zweitens scheint der dortige Herrenhof im August 1011, zumindest kurzfristig, als königliche Unterkunft gedient und den nahen Königshof Kassel in dieser Funktion ergänzt, wenn nicht sogar abgelöst zu haben. Jedenfalls stellten die Notare beide Urkunden im Abstand von zehn Tagen in oder auf Kaufungen aus, wobei verschiedene Führungskräfte des Reichs im Gefolge des Königs weilten:7 Am 10. August waren dies zunächst der Hersfelder Abt Godehard,8 ein erfolgreicher, vom König sechs Jahre zuvor in sein Amt eingesetzter Reformer,9 der mit Begleitung entweder zum König ins nahe Kaufungen gereist war oder eine Strecke zusammen mit dem König zurückgelegt hatte, um sein Gesuch mit dem gebührenden Nachdruck zu verfolgen, ferner der Kanzler Gunther, der beide Ausfertigungen in Vertretung des Erzkaplans Erkanbald beglaubigte und die wandernde königliche Kanzlei repräsentierte, und schließlich Königin Kunigunde, die als Fürsprecherin Godehards auftrat und so ihre Verbundenheit mit der Reichsabtei Hersfeld zum Ausdruck brachte.10 Anwesend war vermutlich auch der Geistliche, der die Urkunde verfasste und niederschrieb, ein Kleriker aus Abt Godehards Umfeld.11
2 Königssiegel Heinrichs II., bis zum 1. Dezember 1013 in Gebrauch, Durchmesser 73 mm, Umschrift + HEINRICHVS D[E]I GRATIA REX (Heinrich von Gottes Gnaden König)
Spätestens zehn Tage später war auch Erzbischof Tagino von Magdeburg, Heinrichs enger Vertrauter seit Regensburger Zeiten,12 eingetroffen, falls er, wie zu vermuten ist, die Schenkung des Burgwards Dretzel an seine Kirche persönlich erbat und entgegennahm. Der treu Ergebene, der oft am Hof weilte, hatte den Herrscher immer nach Kräften unterstützt. So soll er 1007 auf der Frankfurter Allerheiligensynode als Erster für die Bistumsgründung in Bamberg votiert und damit die schwierige Entscheidungsfindung im Sinne seines Herrn und der Kaufunger Folgegründung beeinflusst haben.13 Unbekannt ist, ob sich damals noch andere führende Amtsträger in Kaufungen aufhielten, denn die Beglaubigungen solch einfacher Vorgänge listen keine Zeugen auf, nur die eigenhändige Bekräftigung, das Monogramm und den waagerechten Vollziehungsstrich des Königs samt seinem Siegelbefehl.
Präsent dürften noch die beiden Notare gewesen sein, die sich dem Aufsetzen der Texte und den Reinschriften widmeten. Der namentlich nicht bekannte Verfasser der Hersfelder Schenkung, wohl ein langjähriger Vertrauter Abt Godehards aus dessen Gefolge, hatte seit 1009 schon mehrere Königsdiplome für bayerische Benediktinerklöster aufgezeichnet;14 auch in den Folgejahren bis 1019 mundierte er noch Königsurkunden für Abteien im erweiterten Umfeld Godehards. Der von 1009 bis 1012 verbürgte Notar der Magdeburger Schenkung gilt als jener Trierer Kleriker und königliche Kapellan Walker, der an Weihnachten 1012 in Pöhlde erkrankte und dort, von Heinrich II. notgedrungen zurückgelassen, am 11. Januar 1013 starb.15 Für einige Jahre war er der meistbeschäftigte Amtsträger der Kanzlei, der den König auf vielen Reisen begleitete. Die Forschung bezeichnet ihn als GA, den ersten neu fassbaren Schreiber (A) unter Kanzler Gunther (G).
Die königliche Kanzlei war auch für die Besiegelung zuständig. Auch wenn das Wachssiegel auf anderen Diplomen (Abb. 2) besser erhalten ist als in unserer Ausfertigung, folgte die Ausgestaltung festen Vorgaben. Das sog. Majestätssiegel zeigt den bärtigen Herrscher frontal auf seinem Thron sitzend, im Schmuck seiner Insignien, mit der Königskrone auf dem Haupt, dem Zepter in der rechten Hand und dem Reichsapfel oder Weltglobus in der linken Hand. Seine Füße ruhen auf einem Schemel; er selbst sitzt, mit einer Tunika und einem von einer Fibel auf der rechten Schulter zusammengehaltenen Mantel bekleidet, aufrecht auf einem gepolsterten Thron mit Armlehnen. Aus dieser idealisierten Darstellung ist freilich nicht auf sein Auftreten im Alltag, etwa in Kaufungen, zu schließen, aber das Typar genannte Prägewerkzeug für dieses Königssiegel aus Wachs, das bis zum 1. Dezember 1013 in Gebrauch war und die Siegelumschrift + HEINRICVS D[E]I GRATIA REX (Heinrich von Gottes Gnaden König) trug, begleitete ihn auf allen Reisen durch sein Reich.16
Zu beachten ist zudem, dass die Formulierung und die Ausstellung eines Rechtsgeschäfts durchaus nicht immer am gleichen Tag mit der Vollziehung erfolgen mussten; vereinzelt ist der Vollziehungsstrich auf dem Pergament sogar nie erfolgt. Ein Auseinandergehen beider Handlungen könnte also vielleicht erklären, dass die zuletzt aufgeführten Worte actum Coufungon womöglich in beiden Fällen nachgetragen wurden.
Folgenschwer ist freilich die Vermutung, dass sowohl der Empfänger- als auch der Kanzleinotar oder sogar ein weiterer Schreiber den Ortsnamen in beiden Diplomen erst später hinzugefügt haben. Da nur noch das Hersfelder Original erhalten ist, können wir die verschiedenen Schreiberhände nicht mehr miteinander vergleichen. Die Verfasser, die den jeweiligen Rechtsakt zweifellos vorbereitet hatten, könnten den Ort der Ausstellung jeweils selbst in Kaufungen nachgetragen haben. In dieser frühen Phase der Kaufunger Entwicklung könnte man vermuten, dass die Notare bei der Niederschrift noch nicht wussten, ob die königliche Gesellschaft im August 1011 tatsächlich mehrere Tage oder gar mehrere Wochen in Kaufungen bleiben oder nicht etwa die baulichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen in Kassel bevorzugen würde. Denn zumindest der Kanzleiangehörige GA, der schon am 18. Juli in Trebur bei Heinrich weilte,17 dürfte im königlichen Gefolge mitgereist sein und muss daher die Reisepläne gekannt haben. Alternativ bliebe nur die unwahrscheinliche Lösung, dass er, im Wissen um das spätere Eintreffen des Erzbischofs, das Magdeburger Privileg einschließlich der Datumszeile schon vor der Ankunft im Kasseler Becken vorbereitet hatte.
Standort und Gründung der klösterlichen Gemeinschaft in Kaufungen
Die beiden im Abstand von zehn Tagen ausgestellten Diplome vom August 1011 entsprechen den üblichen Verwaltungstätigkeiten, die am Königshof jeweils vor Ort stattfanden und uns heute erlauben, die Reisebewegungen des Königs durch sein Land nachzuvollziehen. Selbst wenn der Ort nachgetragen wurde, bedeutet dies trotzdem, dass sich die früher in der befestigten Siedlung Kassel ausgeübten Dienstaufgaben nach Kaufungen verlagert hatten. Wir wissen allerdings nicht, warum Heinrich und Kunigunde die königliche Unterkunft von der geschäftigen Betriebsamkeit des Kasseler Wirtschaftshofes in den untergeordneten Nebenhof mit Wallburg verlegt haben, auch wenn in dessen Nähe der Königsforst des Kaufunger Waldes hervorragende Jagdmöglichkeiten bot. Unabhängig vom Kasseler Fronhof werteten sie damit langfristig den Nebenhof zum Grundstock der späteren Stifts- oder Klostergründung auf.
In der Forschung ist umstritten, ob der Kasseler Zentralhof bei diesem Vorgang zu einem Nebenhof herabgestuft und von der curtis Kaufungen aus verwaltet wurde oder ob der zentrale Wirtschaftshof weiterhin in Kassel verblieb, während nur die Pfalz nach Kaufungen abwanderte. Grundproblem ist, dass der Begriff curtis sowohl den Zentralhof mit einer Unterkunft für den König und seine engere Umgebung als auch die königliche Hofhaltung bezeichnen konnte.18 Zudem divergieren die historischen Begriffe für die königlichen Aufenthaltsorte, wobei curtis und villa eher einen grundherrschaftlichen Wirtschaftshof, castrum und castellum eine befestigte Anlage bezeichneten. Wenn der bekannte Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg also behauptet, dass der Kaiser 1015 in Kaufungen weilte, wohin er seinen Hof (curtis sua) aus der Stadt Kassel transferiert hätte,19 dann sind beide Deutungen möglich: die Verlegung des gesamten Wirtschaftshofes oder die Verlegung allein der Pfalz nach Kaufungen.20
Es ist jedoch anzunehmen, dass die persönliche Wendung curtis sua eher auf die Hofhaltung, speziell die Einrichtungen für die Beherbergung des Königs, deutet als auf den Kasseler Zentralwirtschaftshof. Gegen dessen Verlegung spricht auch, dass die neue Kaufunger Stiftsvillikation 1019 aus dem östlichen Kasseler Königsgut herausgelöst wurde, ein Schritt, der den Oberkaufunger Wirtschaftsnebenhof (villa) erst zur curtis, also zum Haupthof, eines neu eingerichteten eigenen Güterkomplexes aufwertete. Dieser Vorgang ergibt nur dann einen Sinn, wenn der alte Kasseler Zentralhof weiterhin das übrige Königsgut verwaltete.21 Die Interpretation, dass sich nur die Hofhaltung nach Kaufungen verlagerte, würde obendrein durch einen Vergleich mit einem nur wenige Jahre später ablaufenden Geschehen im niedersächsischen Raum gestützt: Die bei Wolfenbüttel liegende Pfalz Werla siedelte 1015 in das nicht weit entfernte Goslar über, ohne dass Werla dabei den Verwaltungssitz verloren hätte.22
Über Alter und Bedeutung des Ortsnamens Coufungon kann nur spekuliert werden. Der Name selbst lässt keine Rückschlüsse auf einen alten Handelsplatz zu, dessen verkehrstechnische Voraussetzungen diejenigen in Kassel übertroffen hätten. Beide Standorte ergänzten sich vielmehr gegenseitig: Kaufungen lag bekanntlich an einem Ost-West-Handelsweg, der durch den Kaufunger Wald nach Thüringen führte, Kassel hingegen an einer günstigen Nord-Süd-Strecke, die sich nördlich der Stadt in drei Zweige aufteilte, nach Nordwesten zum Niederrhein, nach Norden zur Weser und nach Nordosten in das Leinegebiet. Auch die 1019 an Kaufungen verliehenen und 1041 erweiterten Marktrechte23 knüpften keineswegs an alte Handelsprivilegien an.
Trotzdem könnte die Namensform weiter zurückreichen, wenn wir annehmen, dass das Doppeldorf Kaufungen zusammen mit Kassel, Vellmar, Wehlheiden und Zwehren zu den vorkarolingischen Siedlungen der Kasseler Beckenlandschaft gehörte24 und als Zentrum jenes Gebiets östlich der Fulda zu erschließen ist, das 813 als Erbe eines dux Gerhao um den Kaufunger Wald ergänzt wurde.25 Es könnten Teile dieses an das Königtum gefallenen Erbes gewesen sein, die Heinrich II. zur Ausstattung des Kaufunger Stifts verwendete. Denn dem Ort ist als Verwaltungssitz des Kaufunger Waldes schon vor 1008 eine Sonderstellung innerhalb des Kasseler Königsgutes zuzuschreiben. Anhand der Topographie hat Klaus Sippel zudem eine mutmaßliche Wallburg für den Kirchberg erschlossen und festgestellt, dass sie spätestens in das 10. Jahrhundert, vermutlich aber noch wesentlich früher zu datieren sei.26
Für frühe Besuche des Königs- und späteren Kaiserpaares in Kaufungen sprechen außer den beiden Ersterwähnungsdiplomen von 1011 und einer für das Kloster Fulda ausgefertigten Urkunde vom 11. Mai 1015,27 die zeitlich mit der besagten beiläufigen Bemerkung Thietmars von Merseburg harmoniert, noch weitere Indizien. Sie demonstrieren einleuchtend, dass vor diesen bekannten Kö nigsaufenthalten erste Planungsschritte erfolgt sein müssen. Archäologischen Befunden zufolge muss Heinrich II. im Kontext der in Ingelheim ausgestellten Schenkung vom Mai 1008 an seine Gemahlin den bescheidenen Bau der Eigenkirche St. Georg, der heutigen Georgskapelle, initiiert haben. Dem Herrscherpaar bot sie bei dessen Besuch im Mai 1011 eine Empore; später fungierte sie als Pfarrkirche.28 Dabei komplettierte sie die Pfalzanlage, zu der ein Burgwall zur Verteidigung und ein Palatium für Wohn- und Repräsentationszwecke gehörten.
Größer und bedeutsamer war vermutlich ein dem hl. Benedikt geweihter Baukomplex, dessen Kryptareste sich bis heute im Keller des Rentereigebäudes erhalten haben. Dieses Gotteshaus mag aus dem ersten Pfalzstift hervorgegangen sein und dann als standesgemäße Pfalzkapelle mit Krypta gedient haben.29 Im Mai 1015 verbrachte jedenfalls das im Vorjahr zu Kaiser und Kaiserin gekrönte Paar die rogacionum dies, also Montag bis Mittwoch (9.–11. Mai) in der Woche vor Christi Himmelfahrt, das damals auf den 19. Mai fiel, in Capungun.30 Ob die Anlage zu diesem Zeitpunkt gehobenen Ansprüchen genügte und eine größere Reisegesellschaft beherbergen konnte, ist nicht gesichert. Wir wissen jedoch, dass damals Erzbischof Erchanbald von Mainz, der Abt von Fulda, die Bischöfe von Bamberg, Würzburg, Augsburg, Freising und Regensburg und vier Grafen jeweils mit Gefolge sowie etliche Fuldaer und Bamberger Ministerialen den Kaiser begleiteten, um hier einen Gütertausch zwischen den Klöstern Fulda und Michelsberg zu bezeugen.31 Das Pfingstfest, das der Herrscher bevorzugt in größeren Pfalzen oder Klöstern des Reiches beging, folgte zwar erst am 29. Mai, aber man könnte mit dem Gedanken spielen, dass St. Benedikt bei dieser Gelegenheit genutzt und vielleicht sogar geweiht wurde.32
Bei mindestens drei weiteren Aufenthalten in den Jahren 1017, 1019 und 1020 konnte der Herrscher den Ausbau seiner Pfalz verfolgen und alle Fortschritte persönlich überprüfen.33 Den Höhepunkt bildete die Gründung eines der Benediktsregel folgenden Nonnenklosters oder eines Kanonissenstifts.34 In zwei Urkunden vom Dezember 1017 privilegierte Heinrich – angeblich nach der Genesung seiner Gattin von einer schweren Krankheit und aufgrund deren Gelübde, ein Kloster zu errichten – die religiöse Institution.35
Den Grundstock dieser Schenkung bildeten zwei verkehrsgünstig gelegene, recht wohlhabende Höfe Heinrichs, nämlich Hedemünden (Hademinni) an der Werra und Heroldishausen am Westrand des Thüringer Keuper-Hügellandes.36 Hedemünden lag nicht nur an einer viel befahrenen Furt am Übergang zum Leinetal, sondern verfügte auch über stattliche Waldflächen und ein großes Ausbaupotential. Das Dorf Oberheroldishausen, nicht weit von Mühlhausen in Thüringen, umfasste zusätzliche Güter in Niederheroldishausen und Rechte in Flarchheim. Es besaß nicht nur landwirtschaftlich ertragreiche Flächen, sondern lag verkehrstechnisch noch vorteilhafter an der Fernhandelsstraße von Nürnberg im Süden nach Norden. Beide Besitzungen blieben dem Kloster mehr oder weniger bis zur Reformation erhalten. Sie sicherten der neuen Gemeinschaft wichtige Einkünfte, um den Unterhalt der Bewohnerinnen zu bestreiten und die notwendigen Bauten zu errichten. Eine weitere Zuwendung, das Gut Leidenhofen im Lahngau nicht weit von Marburg,37 folgte am 16. Juni 1018. Diesen Besitz konnte Kaufungen scheinbar nicht dauerhaft erhalten, wenn wir das Schweigen der Quellen richtig interpretieren.
Die Gründungsphase war abgeschlossen, als die erste Äbtissin namens Uta oder Jutta, nachzuweisen im Juni 1019 und erneut 1023, eingesetzt war.38 Es verwundert nicht, dass Uta eine Nichte der sich persönlich um die Organisation und Ausgestaltung des klösterlichen Lebens sorgenden Kaiserin gewesen sein soll. Denn die langfristig geplante und sorgfältig durchgeführte gemeinsame Stiftung des Kaiserpaares diente außer der Vorsorge für Kunigundes Witwenstand auch der Sicherung des Seelenheils des Kaiserpaares und seiner Memoria im Gebetsgedenken. Das Engagement für die Bauten in Kaufungen wurde Teil der Legendenbildung um die am 3. April 1200 heiliggesprochene Kunigunde und prägte ihr Bild in der Rezeption. Am anschaulichsten drückt dies wohl einer der 18 Holzschnitte aus, die der Bamberger Benediktiner Nonnosus Stettfelder, Sekretär des Michelsberger Reformabts Andreas Lang, seinen volkssprachlichen Lebensbeschreibungen der beiden kaiserlichen Heiligen in den Bamberger Drucken des Hannß Pfeyll von 1511 beigab.39
Besitzkomplex, Bauten und Stiftsentwicklung im Hochmittelalter
Auch in den Folgejahren bis zum Tod Heinrichs im Juli 1024 unterstützte das Herrscherpaar den Ausbau der Örtlichkeiten mit großer Zielstrebigkeit, vereinzelt vor Ort und bis 1023 mit einem Gesamtprogramm von insgesamt zehn Privilegierungen.40 Diversifizierte Güterübertragungen sollten die wirtschaftliche Eigenständigkeit der sich langsam etablierenden Nonnen- oder Kanonissengemeinschaft gewährleisten. Treibende Kraft scheint die als Gründerin bezeichnete Kaiserin gewesen zu sein, die in der Region über das Erbgut Herleshausen (Herleicheshuson) verfügte und bereit war, diesen Eigenbesitz für ihr Unternehmen einzusetzen. 1019 ging das an der Durchgangsstraße nach Thüringen zwischen den Werra-Furten von Vacha und Creuzburg gelegene Gut samt einem Dorf und zugehörigen Grundstücken an Kaufungen über, von dem es, ungefähr 60 km entfernt, in zwei bis drei Tagesreisen zu erreichen war.41 Dieser Hof in einem politisch vielfach umstrittenen Grenzgebiet blieb der klösterlichen Gemeinschaft, die sich in verschiedenen Auseinandersetzungen und Prozessen behaupten musste, bis zur Säkularisation erhalten.
3 Karte zum Kaufunger Gründungsbesitz mit Besitzverzeichnis
Einen entscheidenden Schritt vollzog der Kaiser, als er dem Stift oder Kloster in mindestens sechs, wahrscheinlich sogar sieben weiteren Diplomen der Jahre 1019 und 1023 Königsgut in Nordhessen und anderen Reichsteilen übereignete:42 Zum einen wurde die örtliche Villikation eingerichtet und dem Stift als Eigentum übertragen,43 zum anderen kamen ansehnliche Bestände aus dem Königsgut vor allem an Mosel und Ruhr hinzu.44 Diese Gebietsüberschreibungen waren regional und nutzungstechnisch breit gefächert; im Zusammenwirken entfalteten sie ihre volle Kraft. Die beiliegende Karte veranschaulicht die räumliche Verteilung dieses Gründungsbesitzes (Abb. 3).
Sechs Komplexe im Moselgebiet westlich von Koblenz sollten eine ausreichende Weinzufuhr sicherstellen und insbesondere den unentbehrlichen Messwein liefern. Allerdings war dieser Fernbesitz weit vom Kerngebiet entfernt und dadurch nicht leicht zu verwalten. Die rechtlichen Ansprüche mussten später immer wieder von neuem geltend gemacht werden. Von noch größerer Bedeutung war das stattliche Gut Herbede, das von einem für den Handel wichtigen Übergang über die Ruhr profitierte, der gegen Mitte des 14. Jahrhunderts mit einer Brücke ausgerüstet wurde. Mitten in fruchtbarem Ackerboden gelegen, umfasste es im 13. Jahrhundert immerhin 56 Eigen- und drei Pachthöfe. Für Kaufungen war es ein enormer Zugewinn.
Weniger aufwendig war der Zugriff auf die Besitzungen in der näheren Umgebung, darunter natürlich der Oberkaufunger Wirtschaftshof, aus dem die religiöse Institution hervorgegangen war, und mehrere andere Höfe wie Niederkaufungen, Vollmarshausen und Uschlag.45 Mit diesen Übertragungen hatte sich der östlichste Teil des Kasseler Königsguts als selbständiger Kaufunger Wirtschaftsbezirk, als eine eigene sog. Villikation, etabliert. Dieses Paket ergänzten verschiedene Marktrechte in der Region:46 Dazu gehörte vor allem das Recht, vor Ort in Oberkaufungen einen Jahrmarkt abzuhalten, um die Ost-West-Handelswege nach Thüringen zu nutzen. Zudem erhielt das Stift die Kirche im nicht weit entfernten Wolfsanger, verbunden mit dem Recht, dort sowohl einen Wochen- als auch einen Jahrmarkt einzuführen. Damit konnten die Nonnen oder Stiftsdamen auch von der bedeutenderen Nord-Süd-Strecke profitieren, welche bei Wolfsanger die Fulda überquerte. Die verschiedenen Übertragungen bestärken die Annahme, dass das Stift oder Benediktinerinnenkloster anfangs nur Teile der Kasseler Villikation, also des dortigen grundherrschaftlichen Komplexes, erhalten hatte und nicht, wie oft behauptet, das gesamte Kasseler Königsgut.
Als letzte Schenkung fiel 1023 das Gut Heringhausen (Hardinghuson) an der Diemel im Ittergau an die Neugründung,47 der es trotz der nicht geringen Entfernung von über 100 km bis zu ihrer Auflösung dauerhaft verbunden blieb. Zumindest konnten die anfallenden Abgaben aus Rechten und Besitz mit großer Regelmäßigkeit eingezogen werden. Damit waren die kaiserlichen Bemühungen um eine angemessene Grundausstattung abgeschlossen.
4 Stiftskirche Kaufungen, Rekonstruktion
Mit Heinrichs Tod am 13. Juli 1024 erlangte Kunigunde die alleinige Verfügungsgewalt über ihr Witwengut in Kassel, im nördlich davon an der Ahna gelegenen Mühlhausen und im östlichen Kasseler Becken, also diejenigen Besitzungen, die nicht wie die Ferngüter und die Kaufunger Grundausstattung vom Königsgut direkt an die religiöse Institution geflossen waren. Bereits am ersten Todestag trat die Witwe als Nonne oder Stiftsdame in das Kaufunger Stift oder Kloster ein. Zugleich ließ sie die Kirche Zum Heiligen Kreuz, den bedeutendsten Bau der dortigen Anlage, hier in einer Rekonstruktion von Hans Feldtkeller (Abb. 4),48 feierlich weihen und mit Kostbarkeiten ausstatten. Dieser Erbauungsphase der Stiftskirche bis 1025 ordnet die Forschung auch den auf karolingische Vorbilder wie Corvey zurückgehenden Westturm zu, dessen Grundriss in beiliegender Skizze recht gut zu erkennen ist (Abb. 5).49 Die Westempore (Abb. 6), wegen ihrer Bestimmung auch Kaiserempore genannt, soll das Modell für den Breitenauer Klosterbau geliefert haben.50
5 Stiftskirche Kaufungen, Grundrisse des Westturms: a Erdgeschoss, b Emporengeschoss
6 Stiftskirche Kaufungen, Blick auf die Westempore, vermutlich aus der Erbauungszeit
7 Rekonstruktion der Kaiserpfalz und ihrer Umgebung in Kaufungen
Spätestens zu diesem Zeitpunkt müssen steinerne Wohnbauten sowohl des Klosterkonvents oder Stifts als auch der Kaiserpfalz den Kirchberg geprägt haben, wie die beiliegende Rekonstruktion zeigt (Abb. 7). Der so genannte Salhof mit den Wirtschaftsgebäuden dürfte, Klaus Sippel zufolge,51 zunächst womöglich tiefer am Dautenbach gelegen haben, ehe auch er auf den Kirchberg transferiert wurde. Unsicher bleibt jedoch, welche Rückschlüsse aus dem Dorfgrundriss gezogen werden dürfen und welche Baulichkeiten bereits vor 1008 in der vermuteten Wallburg anzunehmen sind.
Anlässlich der Kirchweihe dürfte Kunigunde überdies entschieden haben, alle Erträge aus dem Kasseler Wirtschaftshof an die Kloster- oder Stiftsverwaltung fließen zu lassen. Diese Einkünfte versiegten erst, als die Besitzungen nach Kunigundes Ableben am 3. März 1033 wieder an den König zurückfielen.
In der Folge scheint das Kloster oder Stift nachträglich versucht zu haben, wenigstens Teile des Kasseler Königsguts und weitere Privilegien durch Urkundenfälschung dauerhaft an sich zu ziehen. Dazu ließ man vorhandene alte Diplome Heinrichs II. erneut ausstellen und beim Kopieren durch einen Einschub zu einer umfassenderen Berechtigung ausweiten. Einen ersten Ansatzpunkt für eine solche Interpolation bot die Schenkung des Kasseler Königshofes vom 24. Mai 1008, die an Kunigunde persönlich gegangen war.52 Die Nonnen oder Stiftsfrauen, die die Güter seit vielen Jahren verwaltet hatten, schrieben sie auf diesem Weg der Kaufunger Stiftskirche zu; ihre Ansprüche hielten sie zweifellos für begründet, auch wenn sie sie nicht dauerhaft durchsetzen konnten.
8 Schenkungsurkunde vom 4. Mai 1019, Fälschung des 11. Jahrhunderts
Für die Zuwendung vom 22. April 1019 lässt sich dieses eigenmächtige Vorgehen noch besser nachvollziehen, da sowohl die ‚Abschrift‘ (Abb. 8) als auch ein Fragment des Originals (Abb. 9) erhalten sind.53 Die Stiftsdamen oder Nonnen ließen in diesem Fall ganz unauffällig Rechte im Kaufunger Wald, die eigentlich zum Kasseler Königsgut gehört hatten und deshalb nach Kunigundes Ableben an den König zurückgefallen waren, in den Text einfügen. Dabei muss der uns namentlich nicht bekannte Schreiber das Siegel vom Original abgetrennt und dem neuen Exemplar angehängt haben, um die Echtheit der gefälschten Urkunde zu beglaubigen.
9 Fragment der originalen Schenkungsurkunde vom 4. Mai 1019
Der Beweggrund für solches Handeln ist im Wunsch der Nonnen oder Stiftsdamen zu suchen, ihre tradierten Rechte zu schützen und den ihnen zugesprochenen Besitz weiter zu arrondieren. Denn spätestens im letzten Viertel des 11. Jahrhunderts änderte sich ihre Situation grundlegend: Während der erste salische König Konrad II. sich nicht weiter um den Königshof gekümmert hatte und sein Nachfolger Heinrich III., der zwischen 1042 und 1051 mindestens dreimal in Kaufungen weilte,54 die Kaufunger Gemeinschaft noch gefördert und vor allem 1041 mit einem Wochen- und einem Jahrmarkt begünstigt hatte, übereignete dessen Sohn Heinrich IV. das Kloster oder Stift 1086 an Bischof Huzmann von Speyer, einen seiner politischen Verbündeten.55 Er entließ es damit aus dem Reichsbesitz, zweifellos gegen den Willen der Benediktinerinnen oder Stiftsfrauen, die sich gegen die Verschlechterung ihres Status heftig zur Wehr setzten.
Die machtbewussten Frauen, nicht zimperlich bei der Rechtfertigung ihrer Ambitionen, fälschten wiederum eine gleichfalls auf den 22. April 1019 rückdatierte Urkunde.56 Die Neufassung enthielt gewichtige Vorrechte wie die Reichsunmittelbarkeit, die ausschließlich königliche Vogtei und die freie Wahl der Äbtissin. Nicht zuletzt ergänzte man die Zuständigkeit des Mainzer Erzbischofs für geistliche Aufgaben. Die Nonnen oder Stiftsdamen suggerierten damit, dass sie in weltlichen Angelegenheiten allein dem König, in geistlichen ausschließlich Mainz unterstellt wären. Ihre Interpolationen richteten sich eindeutig gegen das Bistum Speyer, aus dessen Einflussbereich sie sich, wie schon die Zeitgenossen bezeugen, so weit wie möglich zurückzuziehen versuchten.57 Aber erst 1226, also 140 Jahre später unter Kaiser Friedrich II., schafften sie es, die Speyrer Obrigkeit abzuschütteln und ihren reichsunmittelbaren Status zurückzuerlangen.
Den Kaufunger Wald, das Jagdgebiet der Könige, vergab Heinrich IV. zu Lehen, vermutlich an die hessischen Grafen Werner, die neuen Inhaber der Stiftsvogtei. Erst nach deren Aussterben 1121 gelang es dem Stift, zumindest Teile dieses Besitzes wieder an sich zu bringen.58 Dies betraf vor allem das Dorf Heiligenrode, das – wie Wickenrode, Helsa, Eschenstruth, †Lobesrode und Wellerode – zu den zahlreichen Rodungssiedlungen des Stifts gehörte, sowie das Nachbardorf †Umbach.59 Ebenfalls nach 1121, als die Schauenburger Grafen die Stiftsvogtei übernommen hatten, könnte ein weiterer Besitzkomplex ganz neu an das Stift gelangt sein, der das ganze Dorf Niederzwehren mit Zehnt- und Patronatrechten sowie weitere Rechte in Bergshausen und vermutlich in †Waleshausen (zwischen Nieder-, Oberzwehren und Wehlheiden) umfasste. Einiges spricht dafür, dass es sich um einen eigentlich für das Kloster Breitenau bestimmten Teil des Wernerschen Erbes handelte, den der Mainzer Erzbischof 1123 an Vasallen wie die Schauenburger Grafen und an geistliche Einrichtungen weitervergab.60
Es war eine Zeit, in der das Mainzer Erzbistum Klöster und Stifte sowie deren Vogteien zunehmend als Instrument seiner weltlichen Territorialpolitik nutzte.61 Gerade Niederzwehren hatte große strategische Bedeutung, da man dort sowohl eine wichtige Fuldafurt als auch den großen Nord-Süd-Fernweg, der durch Kassel führte, kontrollieren konnte. In der territorialen Konkurrenz mit den Ludowingern, die 1137 die Grafschaft Hessen sowie Kassel als Reichslehen übernahmen, bildete deshalb der Besitz der Schauenburger samt ihrem Kaufunger Vogtamt einen wichtigen Mainzer Stützpunkt.62
Generell ist zu sagen, dass sich die Kaufunger Besitzungen im hohen Mittelalter um ein Vielfaches vermehrten und die Neuerwerbungen sich verstärkt auf einen Umkreis von weniger als 50 km um Kaufungen und Kassel konzentrierten. Die beiliegende Karte vermittelt einen groben Überblick über den hoch- und spätmittelalterlichen Gesamtbesitz (Abb. 10). Einzelne dieser Güter gerade in wenig geschlossenen Lagen waren immer wieder zu verteidigen, sei es in Prozessen gegen konkurrierende Klöster und kirchliche Institutionen, in Konflikten mit den Landgrafen von Thüringen und anderen weltlichen Herren oder im Kampf gegen Ersitzung und Usurpation.
Spätestens 1132 lässt sich die Gründung als Kanonissenstift greifen, dem drei Geistliche angegliedert waren.63 Für die vorausgehenden Jahrzehnte ist der religiöse Charakter der Stiftung schwer zu bestimmen, weil der Begriff monasterium sowohl ein Kloster als auch ein Stift mit Klausur benennen konnte. Selbst nach 1132 scheint die Terminologie nicht präzise geregelt gewesen zu sein, denn nicht nur Außenstehende, sondern auch die Kanonissen (dominae) und einfachen Schwestern (sorores) bezeichneten das Stift tatsächlich weiterhin noch vereinzelt als monasterium.64 Nicht einmal die Befolgung der Benediktsregel, die Heinrich II. den ersten Schenkungsurkunden zufolge vorgesehen hatte, bietet einen sicheren Anhaltspunkt,65 zumal diese Spezifizierung in der letzten Urkunde der Serie von 1023 bereits fehlt.
In der Regel waren ottonische Gründungen des 10. Jahrhunderts in Königshöfen freilich entweder Männerklöster (wie Pöhlde) oder Damenstifte (wie Quedlinburg und Eschwege), denn angesichts der Königsaufenthalte wäre eine strenge Klausur an handfeste Grenzen gestoßen.66 Es bleibt also eine Mutmaßung, dass Kunigunde der Benediktsregel einen außergewöhnlichen Wert beigemessen und sie zeitlebens so stark gestützt habe, dass es den Nonnen erst nach ihrem Tode möglich war, die Verfassung zu wechseln.
Ein Zusatz in der ältesten, noch von Thietmar selbst begonnenen Fassung seiner Chronik, die mehrere Schreiber in den Jahren 1090 bis 1150 sukzessiv ergänzten, berichtet, dass Kaufungen für Kanonissen errichtet worden sei.67 Verantwortlich für diese Überlieferung zeichnet ein Schreiber, der zur Zeit Lothars von Supplinburg (1125– 1137) arbeitete, so dass seine Bemerkungen nicht in die um 1120 entstandene Corveyer Überarbeitung einflossen. Es ist nicht mehr zu eruieren, ob die mehr als hundert Jahre nach der Gründung getroffene Aussage einfach die Situation um 1130 widerspiegelt oder tatsächlich zurück auf den Gründungsvorgang übertragbar ist.
In der Verbindung mit dem Königshof und der Pfalzkirche wäre auch an eine Mischform von gemäßigten Benediktinerinnen und Stiftsdamen zu denken, bei der die Frauen die Klausur nicht strikt befolgten und sogar eigene Dienerinnen beschäftigten. Fraglos hätte ein Stift die Bedürfnisse der dort versorgten Töchter adliger Herkunft, die noch nicht wie später in Einzelkurien untergebracht waren, sowie des reisenden Königshofes von Anfang an eher befriedigt als ein Benediktinerinnenkloster mit Klausur.68 Letztlich muss die genaue Form der kaiserlichen Gründung offen bleiben.
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts scheint sich das Stift konsolidiert zu haben. Einzelne Kanoniker sind sogar namentlich bekannt, so etwa 1167 die Priester Widoldus und Reimboldus. Die erste Kanonikerin (canonica) ist erst 1227 urkundlich belegt.69 Des Weiteren lassen sich Modernisierungen an der Stiftskirche wie die Einwölbung des Chorjochs fassen, die dem Lippoldsberger Vorbild folgten.70 Zudem baute man an den dominanten Westturm statt eines runden Treppenturms den sechseckigen Archivturm an,71 der vermutlich eine wichtige Reliquie des Stifts, das angebliche Banner des heiligen Mauritius, samt weiteren wertvollen Objekten diebstahl- und feuersicher verwahrte.72
10 Karte zum Kaufunger Gesamtbesitz mit Besitzverzeichnis
In den Jahrzehnten nach 1200 musste das Kaufunger Stift einige territorialpolitische Rückschläge hinnehmen: Erstens zogen sich die Grafen von Schauenburg, bekannt als zuverlässige Mainzer Vasallen und Inhaber der Kaufunger Vogtei, zunehmend aus der Region zurück, um sich von 1223 an vorwiegend auf die Burg Wallenstein zu konzentrieren.73 So war Landgraf Hermann I. vor 1217 bereits in der Lage, den Niederzwehrener Rodungszehnten an sich zu bringen. Auch wenn ihn sein Sohn Ludwig IV. 1224 auf Bitten seiner Mutter und der Äbtissin wieder zurückübertrug und damit ausdrücklich für das Seelenheil seines Vaters sorgte,74 war die Kaufunger Vormachtstellung angreifbar geworden. Zweitens verloren die vom Stift kontrollierten Furten bei Niederzwehren und Wolfsanger an Bedeutung, nachdem Kassel, vermutlich nach 1180, eine Fuldabrücke gebaut und damit seinen Standort aufgewertet hatte.75 Überhaupt dürfte der fortgesetzte Ausbau Kassels durch die Ludowinger die Märkte in Wolfsanger und Kaufungen, die von Anfang an gegen die Konkurrenz zu bestehen hatten, geschwächt haben.
Angesichts solcher lokalen Differenzen und Belastungen darf ein großer Erfolg der Stiftsdamen nicht übersehen werden: 1226 wird das Kanonissenstift wieder als reichsunmittelbar bezeichnet. Damit war es, wie gefordert, aus dem Speyerer Besitz herausgelöst und in weltlichen Angelegenheiten erneut dem König unterstellt.76 Drei Jahre später nahm Papst Gregor IX. das Stift unter päpstlichen Schutz und bestätigte die Besitzungen.77
Die Stiftsbauten zur Zeit der landgräflichen Stiftsvogtei
Die Stiftsvogtei gelangte 1297 an Landgraf Heinrich I. von Hessen, der sie von den Brüdern von Gudenberg übernahm. Bis zur Reformation blieb dieses Amt nun in den Händen der Landgrafen, so dass die territorialpolitischen Gegensätze im Kasseler Becken endgültig beruhigt waren. Allerdings unterblieb fortan eine gezielte Förderung Kaufungens als Gegengewicht zu Kassel. Es ist sogar zu vermuten, dass der landgräfliche Territorialherr eine Abwanderung aus den Stiftsdörfern in die nahe Residenzstadt begünstigte und dem Stift verschiedene Rechte und Besitztümer entfremdete. So nutzten Landgraf Heinrich II. und sein Sohn Otto etwa das Patronat über die Kirche in Heiligenrode 1366 zur Dotierung des neuen Kasseler Martinsstifts.78 Zuvor hatte Heinrich II. 1353 Oberkaufungen und die Stiftsdörfer von der in den landgräflichen Territorien erhobenen Schafbede befreit; allerdings galt die Befreiung nur für je maximal 500 Tiere, insofern das Stift überhaupt einer solchen Steuer unterworfen war.79
Deshalb verwundert es nicht, dass sich die Kaufunger Äbtissin mit Vertretern weiterer Klöster und Stifte 1339 und erneut 1386 verbündete, um jegliche Angriffe auf eigene Rechte zurückzuweisen.80 Um 1386 können die kriegerischen Auseinandersetzungen und die drei Belagerungen Kassels unter dem geschwächten Landgrafen Hermann einen unmittelbaren Anlass geboten haben, den auch Mainz zu nutzen versuchte. So beglich Hermann damals Schulden bei zwei Rittern aus ‚seinen‘ Dörfern Kaufungen, Heiligenrode, Umbach und Sandershausen, also aus dem Stiftsbesitz.81 Noch stärker von Entfremdung bedroht war der Fernbesitz insbesondere an der Mosel, der wiederholt gegen die Ansprüche ortsnaher Institutionen zu verteidigen war.82
Überhaupt wurde Hessen seit den 1330er Jahren durch klimabedingte Krisen und daraus resultierende Hungersnöte erschüttert. Von der seit 1348 in Europa verbreiteten Pest wurde die Kasseler Region vor allem in den Jahren 1356/57 heimgesucht.83 Die Folge waren Abwanderungen aus ungünstigeren Siedlungslagen wie gerade den späteren Rodungsdörfern des hohen Mittelalters. Von den Kaufunger Stiftsdörfern fiel Lobesrode wüst, ohne dass das Stiftsleben darunter übermäßig gelitten hätte. Um 1379 erneuerte man unter Äbtissin Adelheid von Ziegenhain sogar noch den Kreuzgang84 und den angrenzenden Südquerarm, der mit einer steinernen Nonnenempore und gotischem Gewölbe ausgestattet werden sollte. Gerade als die Außenmauern des Südquerarms weitgehend standen, scheinen allerdings die Probleme im Kaufunger Stift zugenommen zu haben.
Insbesondere die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1385 bis 1388 dürften das Stift unter Margarethe von Stein-Kallenfels (und damit auch den Landgrafen Hermann) schwer geschädigt haben. Stiftsgebäude, Stiftskirche und Wirtschaftshof, der damals schon westlich der Benediktskapelle gelegen haben muss, gingen in Flammen auf.85 Dieser schwere Brand, der alle Erträge, Werkstätten und Vorräte hinwegraffte, lässt sich mehr oder weniger auf Februar 1388 eingrenzen: Während eine Seelgerätstiftung vom 22. Januar noch die Nikolauskapelle am Kreuzgang unterstützte,86 spricht die am 8. März erfolgte Verpfändung der von Kaiser Heinrich II. herrührenden Besitzungen in Escheberg und Obermeiser für erhöhten Geldbedarf.87
Die beiden damals noch im Stift lebenden Damen und einige mit Präbenden versorgte Kanoniker nahmen gleichwohl den Neuaufbau in Angriff. Die ersten neuen Dachbalken der Stiftskirche sind in das Jahr 1391 zu datieren.88 Der Brand hatte nicht nur die Kirchendächer, sondern vermutlich auch die Arkaden des Hauptschiffs und einen Teil des nördlichen Querhauses zum Einsturz gebracht.89 Von dieser Zerstörung zeugen heute noch starke Beschädigungen, die am Durchgang vom nördlichen Seitenschiff zum Querschiff zu erkennen sind.
Die ersten Bauarbeiten betrafen das zerstörte Nordquerhaus, die Vierung sowie das Dach über dem gewölbten Chor, während man das Südquerhaus vermutlich in einem provisorischen Zustand nutzte. Sah man beim Wiederaufbau des Nordquerhauses, das aus statischen Gründen wahrscheinlich zuerst in Angriff genommen wurde, eine flachgedeckte Basilika vor, so erhielten die nachfolgend bearbeiteten Vierungsbögen alle Vorkehrungen für eine Einwölbung, ehe zuletzt im Querarm der oberste Abschnitt der Nordmauer mit den beiden Fenstern ergänzt worden sein dürfte. Die liturgisch wichtigen Ostteile konnten somit bis 1391 wiederhergestellt werden. Allerdings litt das Leben im Stift weiterhin unter massiven Einschränkungen. So musste der erwählte Mainzer Erzbischof Konrad seinem Bericht zufolge mit eigenen Augen ansehen, wie verlassen das Stift war und unter welchen Bedrängnissen die Äbtissin litt. Daher wies er sie an, Pfründe künftig nur noch an Geistliche zu vergeben, die zuvor Treue und Gehorsam gegenüber den Statuten gelobt hätten.90
Aus Kostengründen vereinfachte man auch die Planungen für den Wiederaufbau der Stiftskirche und sah das Langhaus nicht mehr als überwölbte Basilika vor, sondern als schlichte, flachgedeckte Hallenkirche. Bei den Pfeilern und Scheidbögen verzichtete man selbst auf einfachste Achteckprofile.91 Trotzdem waren weitere Einsparungen nötig, so dass die Arbeiten bis 1399 in eine provisorische, flachgedeckte Pseudobasilika mündeten.92 Immerhin war die Zahl der Stiftsdamen zwischenzeitlich von zwei (1390) auf sechs (1397) angestiegen.93 Die neue Äbtissin Berta von Sayn, die 1399 ihr Amt antrat, veranlasste zunächst eine Bauunterbrechung und entließ im Jahr 1400 den Baumeister.94 Doch um 1407 ließ sie die Seitenschiffe mit modernen Maßwerkfenstern versehen,95 und zwei Jahre später erwirkte sie einen Indulgenz- oder Ablassbrief zugunsten des Kirchenbaus und seiner Ausstattung.96 Im Jahre 1416 bekam auch der südliche Querhausarm, der an eine tiefer gelegene, hölzerne Nonnenempore angepasst wurde, ein neues Dach. Auf die beabsichtigte Einwölbung dieses Querhausarms verzichtete man nicht zuletzt, um die Einheitlichkeit des Kirchenraums zu wahren. Doch der Geldmangel blieb nach wie vor akut. Deshalb suchte das Stift 1420 einen zweiten Indulgenzbrief zu erlangen.97
Wenig später wandten sich Landgraf Heinrich II. als Vogt des Stifts, die Äbtissin sowie die Kanoniker an den Papst, um die schon im 13. Jahrhundert umstrittene98 Inkorporierung der Pfarrkirche im Moseldorf Lay, auf die auch Siegburg Ansprüche erhob, zu erreichen und somit die Einkünfte zu vermehren. Nachdem die Vermögensverhältnisse geprüft worden waren, konnte dieser Schritt bis 1423 vollzogen werden.99 Aber die Hoffnung auf eine endgültige Lösung erfüllte sich nicht; die Layer Pfarrkirche ging Kaufungen 1440 gänzlich verloren, als Nikolaus von Kues eine Übertragung an das Kloster Münstermaifeld erwirkte.
Aus dem Jahr 1451 stammt ein weiterer Indulgenzbrief zugunsten Kirchenbau und Ausstattung.100 Möglicherweise wurde damit begonnen, die ottonische Chorapsis durch einen gotischen Polygonalschluss zu ersetzen. Weitere Bautätigkeiten erstreckten sich auf die Stiftsgebäude. Äbtissin Elisabeth von Waldeck (seit 1442 im Amt) ließ 1463 westlich des Kirchturms, auf der Nordseite des Wirtschaftshofs, einen großen Fachwerkbau mit steinernem Erdgeschoss und spätgotischem Erker errichten, der als repräsentatives Amtshaus gedient haben könnte.101 Seine Stelle nimmt heute das Herrenhaus des Stifts ein, in dessen Eingangshalle sich ein großer gotischer Kamin erhalten hat, der unter anderem das Wappen der Äbtissin und eine Datierung zeigt (Abb. 11). Gemäß der Inschrift constructu(m) anno d(omi)ni millesi(m)o quadrige(n)tesi(m)o sexagesi(m)o tercio i(n) q(ua)dragesi(m)a wurde der Kamin während der Fastenzeit des Jahres 1463 gesetzt. Das zweite Wappen, das an ikonographisch höherwertiger Stelle steht, ist nahe dem Waldecker Stern der Äbtissin nochmals im Chorgewölbe zu finden, dort allerdings in untergeordneter Position.
11 Gotischer Kamin mit Wappen der Äbtissin Elisabeth von Waldeck und Datierung, Kaufungen Herrenhaus in der Eingangshalle, 1463
Die umfassenden Baumaßnahmen an der Kirche waren erst abgeschlossen, als auch der neue Chorschluss vollendet war.102 An einem Strebepfeiler ist die Datierung 1469 angebracht, also das Jahr, in dem Mauern und Dach ihrer Fertigstellung entgegensahen. Unbekannt ist nur, ob damals bereits das Gewölbe eingezogen und das Chorjoch neu eingewölbt war. Aus dem Jahr 1473 datieren zwei weitere Indulgenzbriefe zugunsten des Kirchenbaus und der Ausstattung einschließlich Beleuchtung, Büchern und Kelchen.103 In gleicher Weise wurden damals auch Benedikts- und Nikolauskapelle gefördert.104 Dass man überhaupt den Chor erneuerte und mit dem Gewölbe des Chorjochs an die 1462 vollendete Kasseler Martinskirche anknüpfte, verdeutlicht, dass sich die finanziellen Möglichkeiten des Stifts verbessert hatten und man für den liturgisch wichtigsten Bauteil den Anschluss an moderne Bauprojekte suchte.105
In diesem Zusammenhang müssen spätestens unter Äbtissin Agnes von Anhalt (1495–1504), die gleichzeitig das zur Bursfelder Kongregation gehörige Stift Gandersheim leitete, auch die mittelalterlichen Glasfenster gefertigt worden sein, durch die bis zum Bildersturm unter Landgraf Moritz und vereinzelt bis zu den Renovierungsarbeiten von 1874 das Licht in den Chor fiel. Vier Reste der wunderbaren, farbenprächtigen Glasmalereien sind erhalten; sie porträtieren Kaiser Heinrich II. (Abb. 12) und Kaiserin Kunigunde (Abb. 13), Benedikt von Nursia (Abb. 14) und seine Zwillingsschwester Scholastika (Abb. 15). Dieses Bildprogramm veranschaulicht, dass im ausgehenden 15. Jahrhundert die Erinnerung an die Stifter und deren monastische Zielsetzungen noch sehr lebendig war. Allerdings stammen die vier Medaillons nicht zwingend aus demselben Kontext: Die des Kaiserpaars, die offenbar aus den rechteckigen Feldern der Chorfenster kommen, sind größer und wohl erst nachträglich in Form geschnitten, während die kleineren Rundformate von Benedikt und Scholastika einschließlich ihres Rahmens original sind und in das Couronnement der beiden Diagonalseitenfenster passen dürften.106
12 und 13 Glasfenster mit Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde, Kaufungen Herrenhaus im Rittersaal, Ende 15. Jh.
14 und 15 Glasfenster mit Benedikt von Nursia und seiner Zwillingsschwester Scholastika, Kaufungen Herrenhaus im Rittersaal, Ende 15. Jh.
Das Stiftsleben im Spätmittelalter
Zwischen 1413 und 1432 ließ die Kaufunger Pröpstin Johanetta vom Stein, die damals nach eigenen Angaben bereits 40 Jahre im Stift weilte, das tradierte Gewohnheitsrecht und alle Gebräuche schriftlich fixieren. Diese Statuten, die für die Stiftskanoniker gedacht waren, umfassten Regelungen zum Stiftsleben und zur Besitzverwaltung, insbesondere aber zu den Pflichten der Kanoniker und zum Ablauf der verschiedenen Gottesdienste während des Kirchenjahres einschließlich der jeweiligen Gesänge.107 Aus den Statuten erfahren wir ferner, wie die Ämterstruktur im Stift angelegt war, wie die Äbtissinnenwahl und die Ausbildung der Stiftsdamen erfolgte und wie die Nahrungsversorgung der Stiftsgemeinschaft funktionierte. Sie regelten also einerseits die Aufgaben der dort beschäftigten Kanoniker und beschrieben andererseits das Leben der Stiftsdamen, deren Zahl – 1378 waren es fünf, 1388 und 1390 nur zwei, 1397 sechs – übersichtlich war und leicht schwankte.108
Sechs Kanoniker, bezeichnet als Hebdomedare, übernahmen im Wechsel jeweils für eine Woche das Zelebrieren der Messe am Kreuzaltar der Stiftskirche sowie weitere Memorialgottesdienste und Andachten, wobei die Teilnahme an der täglichen Hochmesse für das gesamte Stiftspersonal verpflichtend war. Der Diensthabende hatte zusammen mit Ministranten, Vikaren und Priestern fernerhin die acht Seitenaltäre und die drei Kapellen am Kreuzgang zu bespielen: die Altäre des Hl. Heinrich und von St. Peter und Paul (genannt das Grebelin), der Heiligen Dreifaltigkeit und der fünf Heiligen Wunden Gottes, den Marien-, Kunigunden-, Margareten- und Stephansaltar sowie die Kapellen von Benedikt, Nikolaus und Georg. Ihre Präbenden erhielten die Kanoniker aus jeweils eigenen Zuordnungen, denn nur einer konnte Rektor des Kreuzaltars sein. Die anderen dienten als Kaplan oder Rektor der Benediktskapelle sowie jeweils als Rektor oder Pfarrer (plebanus) der Pfarrkirche St. Agathe in (Nieder-)Zwehren, von St. Bonifatius in Meimbressen, der Pfarrkirche St. Johannes in Wolfsanger und der Pfarrei St. Stephan in Kaufungen.109
Die Kanoniker lebten, durchaus mit Frau und Kindern, in der Freiheit, dem Pfarrbezirk mit eigener Gerichtsbarkeit neben dem Stift, wo auch die eigenen Häuser der Stiftsdamen anzunehmen sind.110 Vermutlich versahen diese Geistlichen noch weitere Präbenden. Der Stiftskanoniker Mathias Jude, der 1407 erstmals als Pfarrer von Meimbressen erwähnt wird, war spätestens seit 1418 Probst des Klosters Weißenstein in Kassel und bis zu seinem Tod um 1449 Besitzer eines Hauses in Kaufungen, in dem er mit Tochter und Enkelkindern wohnte.111 Solche Lebensentwürfe scheinen nicht ungewöhnlich gewesen zu sein und lassen uns den Alltag erahnen.
Die Stiftsdamen unterstanden der Äbtissin, die, aus ihrer Mitte gewählt, für die Aufsicht und das Wohlergehen aller Stiftsangehörigen zuständig war. Außer dem Äbtissinnenamt waren die Positionen der Pröpstin, der Küsterin und der Kaplanin sowie die Sonderstellung der jüngsten Stiftsdame zu vergeben. Jede der fünf konnte jeweils einen Altar vergeben, in der Reihenfolge der Nennung St. Peter und Paul und des Hl. Heinrich, des Nikolaus und Mariens sowie der Heiligen Dreifaltigkeit.112 Das Stiftskapitel, in dem die Kanoniker mit beratender Stimme vertreten waren, war für die Wahl der Äbtissin, des Vogts und der Amtmänner zuständig; es kontrollierte die Güterverwaltung, die Vergabe der Altarpräbenden sowie die Neuaufnahme von Stiftsdamen, deren Präbenden dabei festzulegen waren. Die Kanoniker übernahmen den geistlichen Part nach der Äbtissinnenwahl und deren Bestätigung seitens des zuständigen Bischofs, also die Abnahme des Amtseides und die Einsetzung, bei der sie die Gewählte buchstäblich auf den Hauptaltar setzten.113
Die meisten Aufgaben oblagen naturgemäß der Äbtissin. Sie verwaltete zusammen mit einem Amtmann und einem eigenen Kaplan (cappellanus abbatissae) die Güter, tätigte Käufe und Verkäufe, kontrollierte die Einkünfte und Einnahmen aus der gesamten Grundherrschaft, verantwortete die Ausgabe der Präbenden und aller Zahlungen, bewirtete die Gäste und lud in einer kurzen Ansprache an hohen Feiertagen Stiftsdamen und Kanoniker zur Kommunion am Altar ein.114 Über den Kaufunger Stiftshof und seine Erträge konnte sie fast allein verfügen. Trotz dieser Machtfülle war sie offenbar nicht gezwungen, Ehelosigkeit zu schwören, so dass sie, wie alle Stiftsdamen, jederzeit hätte austreten können.
Die Pröpstin, der ein eigenes Propsteigut zustand, war ihre Stellvertreterin im Falle der Abwesenheit. Sie hatte die Schlüsselgewalt für Stiftsdokumente wie Kreuzgang und war gleichsam die Sprecherin und Vertrauensperson der weiteren Stiftsdamen.115 Die Dritte in der Rangfolge, die Küsterin, trug die Verantwortung für alles, was mit der Stiftskirche zu tun hatte: für deren Innenräume und den Chor samt Zugang und Ausstattung, für die Reliquien und die Glocken. Deshalb war sie auch an der Auswahl des Glöckners, der ein Kleriker sein musste, beteiligt.116 Vermutlich verwaltete sie ein eigenes Küstereigut. Ihr unterstand die Fertigung der Wachskerzen, für deren Rohmaterial zumindest zum Osterfest die Äbtissin zeichnete; sie trug die Sorge für die Grund- und Festbeleuchtung.117 Deutlich dahinter zurück stand die Kaplanin oder Pförtnerin, die den Schlüssel zur Stiftspforte verwahrte und dafür, ebenso wie alle anderen Amtsinhaberinnen und Stiftsfrauen, Einkünfte (fructus, redditus, proventus, pensiones et obventiones) in gesonderter Höhe erhielt.118
Letztlich hatte fast jede der adeligen Frauen bestimmte Aufgaben und entsprechende Privilegien, die das Zusammenleben bestimmten. Voraussetzung für die Aufnahme als Stiftsdame war eine gewisse Schulbildung, die zumindest das Lesen lateinischer Texte und den Chorgesang einschloss, aber nicht unbedingt zum Eintritt in das Stift führen musste.119 Eine einjährige Probezeit, die dem Gehorsamsversprechen folgte und mit dem Recht auf ein eigenes Domizil verbunden war, enthielt die Pflicht zur regelmäßigen Teilnahme an allen Stundengebeten, Chordiensten und anderen religiösen Events der Gemeinschaft.120 Über Dienerinnen und Zofen, die rechtschaffen sein sollten und wie die Stiftsdamen schwarze Kleidung ohne Schmuckstücke trugen, verfügten nur die Äbtissin, die Pröpstin und die regulären Stiftsdamen mit Sitz im Kapitel.121
Jede Stiftsdame hatte das Recht, auf ihre Präbende (ihr aus dem Amt resultierendes Einkommen) zu verzichten, um Familie und Freunde zu besuchen oder sogar ganz auszutreten und zu heiraten; bei nur kurzzeitiger Abwesenheit mit Erlaubnis der Äbtissin konnte sie ihre bisherige Präbende zurückerhalten.122 Von 1397 an wurden keine weltlichen Witwen mehr zu voller Präbende in das Stiftskapitel aufgenommen.123 Anlass dürfte ein Streit gewesen sein, bei dem die Söhne einer Kanonisse eine Fehde mit dem Stift geführt und erst beigelegt hatten, als die Mutter auf ihre Präbende verzichtete.124 In den Statuten waren zudem Essens- und Fastenregeln ebenso berücksichtigt wie die Anstellung von Kellermeistern (für Bier), von Bäckern und Köchen durch Äbtissin und Amtsleute.125 Alle diese oft ins Detail gehenden rechtlichen Bestimmungen und ihre Anwendung in der Praxis bedürfen noch vergleichender Studien.
Visitation, Auflösung und Übergabe an die Hessische Ritterschaft
Die Visitationsanordnung Papst Alexanders VI. vom Oktober 1500 veränderte langfristig auch das Leben in Kaufungen. Ziel war es, zuerst einmal zu überprüfen, ob die der jeweiligen Gemeinschaft zugrundeliegende Regel eingehalten wurde, um dann den oft recht freizügigen Lebensstil in Klöstern und Stiften abzuschaffen. Ein nachfolgendes Schreiben des zuständigen päpstlichen Legaten ordnete im Dezember 1501 die Visitation für alle hessischen Klöster an,126 die dann in Kaufungen erst mehr als sieben Jahre später im Februar 1509 stattfand. Zu diesem Zeitpunkt scheint hier überhaupt nur noch eine Stiftsdame, die 1504 zur Äbtissin gewählte Elisabeth von Plesse,127 gelebt zu haben, die allein den gesamten Wirtschafts- und Kirchenbetrieb organisierte und in Kleidung und Sitte einen recht weltlichen Lebensstil pflegte. Ihr Siegel (Abb. 16) ist an einer Urkunde vom 25. Mai 1507 erhalten.128 Wie die gesamte Siegelführung im spätmittelalterlichen Stift wäre es noch weiter zu erforschen.
16 Siegel der Äbtissin Elisabeth von Plesse vom 25. Mai 1507
Ergebnis war, dass die eingesetzten Visitatoren, die Äbte von Corvey und Bredelar, ein Benediktiner und ein Zisterzienser, sowie der Dekan des Kasseler Martinstifts, ein Kanoniker namens Heinrich Ruland, massive Abweichungen von der Benediktsregel sowie das Fehlen von Ordenstracht und klösterlichem Habitus beklagten.129 Die Äbtissin wäre uneinsichtig und wolle ihren Lebensstil nicht ändern. Solche Aussagen erstaunen, wenn man bedenkt, dass Heinrich Ruland elf Jahre zuvor unter Elisabeths Vorgängerin Agnes von Anhalt Frühmessen in der Kaufunger Georgskapelle gelesen hatte und die dortigen Zustände genau gekannt haben muss.130 Allerdings hatte Agnes, die sich selbst als Agnes geborn furstin zu Anhalt abbatissa der heiligen frien stiffte Cauffungen und Ganderßheim bezeichnete, gleichzeitig Gandersheim geleitet, das sich damals längst der Bursfelder Kongregation angeschlossen hatte. Ein mit Elisabeth einsetzender radikaler Wandel zum lockeren Lebensstil könnte erklären, warum Ruland die Kaufunger Situation so beklagte und die Visitation für notwendig erachtete. Letztlich wurde Elisabeth von Plesse zum Rücktritt gezwungen und trat nach einer Abfindung zunächst in das Kloster Höckelheim, eine Gründung ihrer Familie, ein.
17 Siegel des Kapitels zu Kaufungen vom 2. April 1515
Anstelle der ausgewiesenen Kanonisse(n) kamen acht Benediktinerinnen aus dem westfälischen Kloster Gehrden, das der Bursfelder Kongregation, einer vor allem in Norddeutschland erfolgreichen Reformbewegung, angehörte.131 Interessant ist, dass die Neuangekommenen ihre Institution nach wie vor als kaiserlich freies Stift bezeichneten sowie Ämterstruktur und Präbendensystem übernahmen.132 Nur eine zusätzlich amtierende Kellnerin sorgte für Essen und Vorratshaltung, und der Abt von Breitenau wurde zum geistlichen Betreuer bestimmt. Zehn Jahre später, 1519, kehrte auch Elisabeth von Plesse, nunmehr als einfache Nonne in Ordenstracht und nach einem Gehorsamseid, wieder zurück, nachdem sie im Jahr zuvor intensiv darum gebeten hatte.133 Dass die Heiligkreuzkirche weiterhin im Zentrum des Klosterbetriebs stand, belegt das Siegel des Kaufunger Kapitels vom 2. April 1515 (Abb. 17), auf dem die Umschrift + SIGILLUM ECCL[ES]IE SANCTE CRVCIS IN CUFFHVNGEN den Gekreuzigten umgibt.
Im Zuge der Reformation, der sich Hessen 1524 angeschlossen hatte, löste Landgraf Philipp I. 1527 den Konvent auf und zog den reichen Kirchenschatz ein. Außer den Benediktinerinnen lebten damals 14 Laienschwestern in Kaufungen, die vom Landgrafen abgefunden wurden.134 Die Besitzungen übergab er 1532 der Hessischen Ritterschaft.135 Eine längere Korrespondenz um die Einkünfte aus Heroldishausen im Herzogtum Sachsen zeigt, dass den Rittern der Zugriff auf Ferngüter außerhalb der Landgrafschaft verweigert wurde und die Nonnen engagiert um ihre Ansprüche kämpften.136 Überhaupt erfolgte die gesamte Übertragung gegen den Widerstand der Nonnen, die 1537 sogar einen Prozess vor dem kaiserlichen Kammergericht anstrengten. Obwohl sie diesen Rechtsstreit letztlich gewannen, konnten sie, machtlos wie sie waren, das Recht auf den ihnen zugesprochenen Besitz nicht durchsetzen, denn der Landgraf wies die Forderungen des kaiserlichen Gerichts entschieden zurück.137
Die Hessische Ritterschaft konnte letztlich die in Hessen gelegenen Güter behalten. Eine handkolorierte, nach Westen orientierte Landtafel des unter Landgraf Moritz tätig gewesenen Kartographen Wilhelm Dilich präsentiert beispielsweise anschaulich, dass die Ritterschaft um 1625 über sämtliche Zehnteinkünfte aus der Niederzwehrener Feldmark verfügte (Abb. 18).138 Es ist nicht bekannt, warum die Ritter gerade den Besitz in Niederzwehren, einem ihrer größten Stiftsgüter, so aufwendig erfassen ließen. Vielleicht hatten Streitigkeiten um den Zehnt oder der Zwang, die Güterverwaltung neu zu ordnen, eine offizielle Festschreibung erfordert. Das aus der Vogelperspektive kartierte Gebiet, begrenzt durch die Fulda sowie die Gemarkungen Rengershausen und Oberzwehren, erstreckte sich von der heutigen Südgrenze der Stadt Kassel bis zum Park Schönfeld. Die Sommer-, Winter- und Brachfelder rund um das Dorf Niederzwehren spiegeln die damaligen Praktiken der Dreifelderwirtschaft. Ein eigener Index, der nur das weniger ausgearbeitete Arbeitsexemplar (Abb. 19) ergänzt,139 erklärte obendrein, welche Felder vom Zehnt betroffen und welche befreit waren.
18 Wilhelm Dilich, Landtafel zu den Zehnteinkünften aus Niederzwehren, 1625
Die Landtafel gibt auch Einblick in die Verwaltungspraxis der Hessischen Ritterschaft. Außergewöhnlich ist der Beschreibstoff Pergament, der zusammen mit dem rechts zum Aufrollen angebrachten Holzstab und der metallenen Aufbewahrungshülse des 18. Jahrhunderts auf eine repräsentative Funktion verweist. Die weiteren Umstände der Entstehung lassen sich aus der überlieferten Korrespondenz zwischen dem landständischen Auftraggeber und dem Geographen rekonstruieren.140 Der Kasseler Bürgermeister und Stiftssyndikus Johannes Beckman hatte Dilich mit dem Werk betraut. Im Oktober 1624 begannen die Vermessungen mit vier bis fünf Helfern vor Ort; die Niederschrift war im Februar 1625 beendet. Anton Becker, der Kaufunger Stiftsvogt, wickelte zuerst die Entlohnung ab, ehe die Schlussabrechnung an den Obervorsteher der Ritterschaft Hermann von der Malsburg ging, der nur 66 von 89 verlangten Reichstalern, geschäftstüchtig weitgehend in Naturalien, auszahlte.
19 Wilhelm Dilich, Arbeitsexemplar der Landtafel zu den Zehnteinkünften aus Niederzwehren, 1625
Zusammenfassung
Abschließend lässt sich festhalten: Am 10. und 20. August 1011 gewährte König Heinrich II. bei einem Aufenthalt in Kaufungen dem Kloster Hersfeld und dem Erzbistum Magdeburg die Vorrechte, um die ihn die anwesenden Amtsträger Abt Godehard und Erzbischof Tagino gebeten hatten. Beide Königsurkunden beleuchten die Anfänge Kaufungens. Sowohl der Empfängernotar, der für Hersfeld agierte, als auch der Kanzleinotar, der das Magdeburger Privileg verfasste, haben den Ausstellungsort wohl nicht in einem Zug mit den restlichen Zeilen des Pergaments ins Reine geschrieben, sondern nachträglich hinzugefügt. Diese beiden Ersterwähnungen Kaufungens bildeten jedoch den Auftakt zu einer Phase, in der das Königspaar Heinrich und Kunigunde den ursprünglichen Nebenhof des Kasseler Grundherrschaftskomplexes ausbauen ließ. Mit der Kloster- oder Stiftsgründung 1017 und dessen vielfältiger Privilegierung bis 1023 legte es die Grundlage für einen nicht unbedeutenden Konvent, dessen Besitzungen sich im Westen bis nach Koblenz und Dortmund, im Osten bis Langensalza erstreckten. Nach dem Übergang der Stiftsvogtei an die hessischen Landgrafen 1297 unterblieb eine gezielte Förderung. Kriege, Verwüstungen und landgräfliche Übergriffe prägten in der Folge das Stiftsleben, dessen Details sich in zahlreichen Urkunden ebenso wie in den Statuten des beginnenden 15. Jahrhunderts spiegeln. Selbst die Bauvorhaben und die damit verbundenen Anstrengungen können anschaulich rekonstruiert werden. Dem Niedergang und den wiederholten Bemühungen um Reform setzte Landgraf Philipp I. mit der Auflösung des Konvents, dem Einzug des Kirchenschatzes und der Übergabe der Besitzungen 1532 an die Hessische Ritterschaft ein Ende.
Abkürzungen
MGH DD Kar 1 = Die Urkunden der Karolinger, Bd. 1: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen/Diplomata Karolinorum 1: Pippini, Carlomanni, Caroli Magni Diplomata, Hannover 1906, Nachdruck München 1991.
MGH DD H II = Die Urkunden der Deutschen Könige und Kaiser, Bd. 3: Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins/ Diplomata regum et imperatorum Germaniae 3: Heinrici II. et Arduini Diplomata, Hannover 1900–1903, Nachdruck München 2001.
MGH DD H III = Die Urkunden der Deutschen Könige und Kaiser, Bd. 5: Die Urkunden Heinrichs III./Diplomata regum et imperatorum Germaniae 5: Heinrici III. Diplomata, Berlin 1926–1931, Nachdruck München 1993.
MGH DD H IV = Die Urkunden der Deutschen Könige und Kaiser, Bd. 6, 1–3: Die Urkunden Heinrichs IV./Diplomata regum et imperatorum Germaniae 6, 1–3: Heinrici IV. Diplomata, Berlin, Weimar und Hannover 1941–1978.
MGH SS = Monumenta Germaniae Historica, Scriptores (in folio).
Thietmar von Merseburg, Chronik = Thietmar von Merseburg, Chronik. Neu übertragen und erläutert v. Werner Trillmich (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 9), Darmstadt 1985.
1 Der vorliegende Aufsatz basiert in Teilen auf Ingrid BAUMGÄRTNER und Christian PRESCHE, Kaufungen 1011. Die urkundliche Ersterwähnung im Kontext, Kassel 2011; Ingrid BAUMGÄRTNER und Christian PRESCHE, Kaufungen 1011. Die urkundliche Ersterwähnung im Kontext, in: 1000 Jahre Kaufungen. Arbeit – Alltag – Zusammenleben, hg. vom Gemeindevorstand der Gemeinde Kaufungen und der Sparkassenstiftung Landkreis Kassel – Kultur, Kaufungen 2011, S. 14–25. Vgl. auch Christian PRESCHE, Kassel im Mittelalter. Zur Stadtentwicklung bis 1367, 2 Bde., Kassel 2013, Bd. 1, S. 143–151.
2 MGH DD H II 182. Vgl. Ingrid BAUMGÄRTNER, Kunigunde. Politische Handlungsspielräume einer Kaiserin, in: Ingrid BAUMGÄRTNER (Hg.), Kunigunde – eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, 2. Aufl. Kassel 2002, S. 19 u. 42; Daniela MÜLLER-WIEGAND, Vermitteln – Beraten – Erinnern. Funktionen und Aufgabenfelder von Frauen in der ottonischen Herrscherfamilie (919–1024), Kassel 2005, S. 247.
3 Vgl. MGH DD H II 134, 135, 143–171, 174, 174a, 181, 195–197, 200–204 (Bistum Bamberg), 208 (St. Stephan), 366 und die Fälschungen 520, 522, 523 (St. Michael), 332, 334 (Bamberger Kirche) sowie 335. Vgl. Bernd SCHNEIDMÜLLER, Die einzigartig geliebte Stadt. Heinrich II. und Bamberg, in: Josef KIRMEIER u. a. (Hg.), Kaiser Heinrich II. 1002–1024. Begleitband zur Bayerischen Landesausstellung 2002 (Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 44), Augsburg 2002, S. 30–51, hier S. 33–40; Wolfgang F. REDDIG, Kaiser Heinrich II. Leben, Zeit und Welt, Bamberg 2002, S. 234–247.
4 MGH DD H II 236 u. 237; Hans WEIRICH (Bearb.), Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, Bd. 1, mit Verwendung der Vorarbeiten v. Karl HÖRGER (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 19,1), Marburg 1936, Nr. 78. Lateinischer Text mit Übersetzung beider Urkunden bei BAUMGÄRTNER und PRESCHE, Kaufungen 1011 (wie Anm. 1), S. 28–31.
5 MGH DD H II, S. 274, Anm. 236d u. Anm. 237e.
6 Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urk. 56 (alte Signatur: Urk. M I), 1011 Aug. 10; Maße: Höhe links 51,3 cm, Höhe rechts 51,7 cm, Breite oben 45,2 cm, Breite unten 45,7 cm; Abb. Online: Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden bis 1250, Philipps-Universität Marburg, Nr. 5416. Das Original der Magdeburger Urkunde, früher im dortigen Landeshauptarchiv, ist verschollen. Vgl. Johann Friedrich BÖHMER und Theodor GRAFF, Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich II. 1002–1024 (Regesta Imperii, Bd. 2,4), Wien, Köln, Graz 1971, Nr. 1749 u. 1750.
7 MGH DD H II 236 und Übersetzung bei BAUMGÄRTNER und PRESCHE, Kaufungen 1011 (wie Anm. 1), S. 28–31.
8 Vgl. Josef FLECKENSTEIN, Art. Godehard, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, München, Zürich 1989, Sp. 1531f.; Hans GOETTING, Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, Bistum Hildesheim, Bd. 3: Die Hildesheimer Bischöfe von 815 bis 1221 (1227) (Germania sacra NF 20), Berlin, New York 1984, S. 231–256.
9 Regesta Imperii, Bd. 2,4 (wie Anm. 6), Nr. 1598a; GOETTING, Die Hildesheimer Bischöfe (wie Anm. 8), S. 235f. Zum Kloster Hersfeld vgl. Johannes BURKARDT, Niklot KLÜSSENDORF, Thomas LUDWIG, Ludwig UNGER und Wolfhard VAHL, Hersfeld, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Hessen (Germania benedictina 7), bearb. von Friedhelm JÜRGENSMEIER und Franziskus BÜLL OSB, in Verbindung mit Regina Elisabeth SCHWERDTFEGER, München 2004, S. 589–629.
10 MÜLLER-WIEGAND, Vermitteln (wie Anm. 2), S. 168–184, bes. S. 181–184.
11 MGH DD H II 198 u. 236.
12 Vgl. Martin KINTZINGER, Art. Tagino, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 8, München 1997, Sp. 432f.; Dietrich CLAUDE, Geschichte des Erzbistums Magdeburg bis in das 12. Jahrhundert (Mitteldeutsche Forschungen 67), Bd. 1, Köln 1972, S. 221–227 u. 234f.; Thietmar von Merseburg, Chronik V, 41–44.
13 Thietmar von Merseburg, Chronik VI, 32; CLAUDE, Geschichte des Erzbistums Magdeburg (wie Anm. 12), S. 271. Zur Synode vgl. MGH DD H II 143; SCHNEIDMÜLLER, Die einzigartig geliebte Stadt (wie Anm. 3), S. 38f.
14 Zuerst MGH DD H II 198 vom 7. Juni 1009 für Niederaltaich; dann MGH DD H II 211 u. 217 vom April 1010 für Niederaltaich und Niedernburg; zuletzt MGH DD H II 229, 231 u. 232, ausgestellt im Juni 1011 in Regensburg und Ramspau.
15 MGH DD H II, S. XXII; vgl. Thietmar von Merseburg, Chronik VI, 87.
16 Zu den Siegeln Heinrichs II. vgl. KIRMEIER u. a. (Hg.), Kaiser Heinrich II. (wie Anm. 3), S. 185–190; Otto POSSE, Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige von 751 bis 1913, Bd. 5, Dresden 1913, ND Leipzig 1981, S. 16f. mit Abbildung.
17 MGH DD H II 235.
18 Adrian VERHULST, Art. Curtis, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, München, Zürich 1986, Sp. 392f. Zur Bedeutung von curtis als Hofhaltung vgl. DU CANGE, Glossarium mediae et infimae Latinitatis, hg. v. G. A. L. HENSCHEL, Paris 1883, Bd. II, S. 585f. Auch Elsbet ORTH, Frankfurt (A), in: Die Deutschen Königspfalzen, Bd. 1, 2. Lieferung, Göttingen 1985, S. 151 deutet curtis „als Bezeichnung für die Pfalz bzw. die herrschaftliche Hofhaltung“ und als „Anwesenheit der Hofversammlung“.
19 Thietmar von Merseburg, Chronik VII, 13: inperator […] in Capungun fuit, quo ipse curtem suam de civitate Cassalun dicta transtulit.
20 Vgl. Wilhelm A. ECKHARDT, Kaufungen und Kassel. Pfalz – Kloster – Stadt, in: Otto PERST (Hg.), Festschrift zum 60. Geburtstag von Karl August Eckhardt (Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft und ihrer Nachbargebiete 12), Marburg/Lahn, Witzenhausen 1961, S. 21–53, hier S. 22; Karl HEINEMEYER, Königshöfe und Königsgut im Raum Kassel (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 33), Göttingen 1971, S. 170–173.
21 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 146f.
22 Vgl. Günther BINDING, Deutsche Königspfalzen. Von Karl dem Großen bis Friedrich II. (765–1240), Darmstadt 1996, S. 169.
23 MGH DD H II 412 u. H III 85.
24 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 50–61.
25 MGH DD Kar 1 218. Vgl. Wilhelm Alfred ECKHARDT, Der Kaufungerwald – Königsforst oder Königswald?, in: Walter HEINEMEYER (Hg.), Hundert Jahre Historische Kommission für Hessen (1897–1997) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 61), Marburg 1997, S. 47–58; PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 113–118. Einen Versuch, Gerhao zu indentifizieren, unternahm Hans Dieter TÖNSMEYER, Gerhao quondam dux. Zur Rolle des fränkischen Reichsadels im hessischsächsischen Grenzraum, in: ZHG 122 (2017), S. 1–24.
26 Klaus SIPPEL, Wallburg und Königspfalz in Kaufungen. Beobachtungen zum Stiftsbezirk von Oberkaufungen vor der Klostergründung 1017, in: Denkmalpflege & Kulturgeschichte 2014/3, S. 14–19, hier S. 15–17.
27 MGH DD H II 335 vom 11. Mai 1015.
28 Vgl. SIPPEL, Wallburg (wie Anm. 26), S. 16.
29 Ebd., S. 17–19.
30 Thietmar von Merseburg, Chronik VI, 30–31 sowie VII, 13; vgl. auch Thietmar von Merseburg, Chronik, ed. Robert Holtzmann, Berlin 1935 (MGH SS rer. Germ. N.S. 9), S. 311f. u. 413 zum Aufenthalt an den rogacionum dies in der fünften Woche nach Ostern.
31 MGH DD H II 335, gemäß einem Michelsberger Codex.
32 Gemäß SIPPEL, Wallburg (wie Anm. 26), S. 19 dürfte sie einen würdigeren Rahmen für das Hochfest geboten haben als die kleinere St. Georgskapelle.
33 MGH DD H II 363, 398 u. 430.
34 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), Anm. 682; SIPPEL, Wallburg (wie Anm. 26), S. 18f.
35 MGH DD H II 375 u. 376. Thietmar von Merseburg, Chronik VII, 54 zur Erkrankung in Kaufungen (Capungun); zum weiteren Vorgehen vgl. BAUMGÄRTNER, Kunigunde (wie Anm. 2), S. 29f.; Daniela GÖBEL, Memoria und Seelenheil. Klostergründungen adeliger Frauen im frühen und hohen Mittelalter, in: Ariadne 42 (2002), S. 8–15; Petra BRÖDNER, Eck kan mek nycht toffrede geven, eck mot to Koffungen. Kloster und Damenstift Kaufungen im Mittelalter, in: Ingrid BAUMGÄRTNER (Hg.), Kunigunde – eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, 2. Aufl. Kassel 2002, S. 77–112, hier S. 80f.; Petra BRÖDNER, Kaufungen, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster (wie Anm. 9), S. 712–731, hier S. 714f.; MÜLLER-WIEGAND, Vermitteln (wie Anm. 2), S. 245–247 u. 254–259.
36 MGH DD H II 375 u. 376. Vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 82–83 u. 91.
37 MGH DD H II 394. Vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 82–83 u. 91.
38 Zur Reihe der Äbtissinnen vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 726.
39 Nonnosus Stettfelder, Dye legend und leben des Heyligen sandt Keyser Heinrichs und Das leben vnd legend der heyligen iunckfrawen vnd Keyserin sandt Kungunden, Bamberg, Hannß Pfeyll, 1511, Bogen A1–G7 u. G8–L6; Bamberg, Staatsbibliothek, Inc. typ. Ic/18.
40 MGH DD H II 375, 376, 394, 406, 407, 409, 411, 412, 420 u. 487; vgl. MÜLLER-WIEGAND, Vermitteln (wie Anm. 2), S. 245–259.
41 Ebd., MHG DD H II 411 (Herleshausen, fehlende Originaldatierung).
42 MGH DD H II 406, 407, 409, 411 (Herleshausen), 412, 420 u. 487. Vgl. die Karten zu Gründungs- und Gesamtbesitz des Klosters oder Stifts Kaufungen bei BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 82–83.
43 MGH DD H II 406b. Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 144–147.
44 MGH DD H II 407 (Escheberg und Meiser), 409 (Moselorte), 412 (Wolfsanger, Kirche; Marktrechte) u. 420 (Herbede an der Ruhr).
45 MGH DD H II 406: quasdam nostri iuris villas, ipsum videlicet monasterium Ouerencoufenga nec non Nederencoufenga, Uolcmereshuson, Iuslad dictas. Vgl. Wilhelm A. ECKHARDT, Das Salbuch des Stifts Kaufungen von 1519, Marburg 1993, S. XI. Zu diesem Zeitpunkt waren Stift bzw. Kloster und villa Oberkaufungen kaum mehr voneinander zu trennen; eine rechtliche Unterscheidung zwischen Stiftsbezirk (Freiheit) und Dorf erfolgte erst später.
46 MGH DD H II 412.
47 Ebd., 487.
48 Hans FELDTKELLER, Der Andachtsraum der Kaiserin Kunigunde im Westbau der Oberkaufunger Stiftskirche, in: Hessische Heimat 5 (1936), Märzheft, S. 1–9, hier Abb. 14.
49 Vgl. FELDTKELLER, Andachtsraum (wie Anm. 48), S. 1–9 u. Abb. 1a–b; BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 725.
50 Vgl. Christoph NOLL, Kloster Beitenau, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 92 (1987), S. 29; Christoph NOLL und Johannes BURKARDT, Breitenau, in: Die benediktinischen Mönchs- und Nonnenklöster (wie Anm. 9), S. 91–115, hier S. 109.
51 Vgl. SIPPEL, Wallburg (wie Anm. 26), Abb. 3 u. S. 19.
52 Vgl. MGH DD H II 182. Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 148–150.
53 MGH DD H II 406b mit der Ergänzung cum toto nemore; Hessisches Staatsarchiv Marburg, Urk. 35 Nr. 102 (Fragment des Originals) und Nr. 101 (Abschrift).
54 MGH DD H III 94, 95, 119 u. 271–273 zu den Königsaufenthalten in Kaufungen im August 1042, im Januar 1044 und im Juli 1051.
55 MGH DD H IV 384 vom 12. Januar 1086; Hermann VON ROQUES (Hg.), Urkundenbuch des Klosters Kaufungen in Hessen, Bd. 1–2, Kassel 1900 u. 1902, hier Bd. 1, Nr. 19. Vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 90.
56 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 8 vom 22. April [1019]; zur Datierung in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts vgl. Edmund E. STENGEL und Eberhard KRUG, Das Stift Kaufungen, in: Eberhard KRUG und Margarete EISENTRÄGER, Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft (Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 10), Marburg 1935, S. 178; Thomas VOGTHERR, Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter (900–1125) (Mittelalter-Forschungen 5), Stuttgart 2000, S. 62, Anm. 65.
57 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 31.
58 Vgl. HEINEMEYER, Königshöfe (wie Anm. 20), S.186f.; ECKHARDT, Kaufungerwald (wie Anm. 25), S. 52 u. 56–58; DERS., Rodedörfer im Kaufungerwald, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 71 (1960), S. 152–155, hier S. 152f.
59 Vgl. VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 22f. Vgl. HEINEMEYER, Königshöfe (wie Anm. 20), S. 109 u. 116–119; PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 56. Ob bzw. wann †Umbach vor 1123 Stiftsbesitz geworden war, ist nicht bekannt; unklare Abgrenzungen im Kaufunger Wald könnten die Gründung Heiligenrodes durch das Stift begünstigt haben. Das Zeichen † verweist darauf, dass der Ort später zur Wüstung wurde.
60 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 155–157 u. 182 zu den späteren Besitzrechten in Ober- und Niederzwehren, †Waleshausen, †Walesborn, am südwestlichen Rand der Söhre und bei Guntershausen; Johannes STEIN, Kaufunger Zehntrechte in Niederzwehren 1625, in: Ingrid BAUMGÄRTNER, Martina STERCKEN und Axel HALLE (Hg.), Wilhelm Dilich. Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser 1607–1625, Kassel 2010, Nr. 65f.
61 Vgl. Stephanie HAARLÄNDER, Die Mainzer Kirche in der Stauferzeit (1122– 1249), in: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 1 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), Würzburg 2000, S. 290–346, hier S. 307–310.
62 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 181–183.
63 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 24; BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 96; BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 716.
64 BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 97; BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 712 u. 716; Belege zur Eigenbezeichnung bei VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 76 u. 95 sowie Bd. 2, S. 541 in den Statuten von ca. 1413–1432.
65 Michel PARISSE, Art. Kanonissen, in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, München, Zürich 1991, Sp. 907f.; BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 96; BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 715–717.
66 BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 94.
67 Die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg und ihre Korveier Überarbeitung, hg. v. Robert HOLTZMANN (MGH SS rer. Germ. Nova series 9), Berlin 1935, ND 1996, S. XXXIII–XXXVIII u. 466: unum facturam monasterium [canonicarum, quod postmodum perfecit et vocatur confugiensis ecclesia]. Vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 96f. u. 110f.; BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 715f.
68 BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 94.
69 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 27 u. 39a; vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 97.
70 Vgl. Elmar ALTWASSER, Die Modernisierung der Stiftskirche zu Oberkaufungen im Spätmittelalter, in: 1000 Jahre Kaufungen (wie Anm. 1), S. 474–487, hier S. 482f.
71 Vgl. FELDTKELLER, Andachtsraum (wie Anm. 48), S. 5f. u. Abb. 9; ECKHARDT, Salbuch (wie Anm. 45), S. XI, Anm. 17.
72 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 518. Vgl. Alois HOLTMEYER, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. IV: Kreis Cassel-Land, Marburg 1910, S. 148 u. 162. Zum Banner des hl. Mauritius im Magdeburger Dom vgl. Hartmut KÜHNE, Ostensio reliquarum. Untersuchungen über Entstehung, Ausbreitung, Gestalt und Funktion der Heiltumsweisungen im römisch-deutschen Regnum (Arbeiten zur Kirchengeschichte 75), Berlin, New York 2000, S. 244–247.
73 Vgl. HEINEMEYER, Königshöfe (wie Anm. 20), S. 95.
74 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 36; vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 274f.
75 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 259–263 u. 293–301.
76 Vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 717; VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 39 u. 309.
77 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 41.
78 Johannes SCHULTZE (Bearb.), Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein. Regesten und Urkunden (VHKH 9,2), Marburg 1913, Reg. 772f.; vgl. HEINEMEYER, Königshöfe (wie Anm. 20), S. 109. Vgl. VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 299–301 u. 304.
79 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 208.
80 Ebd., Nr. 199 u. 270; vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 718.
81 Ebd., Nr. 271.
82 Vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 719.
83 Vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 491f., 506f. u. 512–515.
84 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 252.
85 Vgl. Urkunde Papst Martins V. vom 13. Juli 1423: VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 369.
86 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 273f. vom 13. und 22. Januar 1388.
87 Ebd., Nr. 276f. vom 8. März 1388.
88 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 478.
89 Vgl. HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 153 vermutete wegen der Masse an erneuertem Mauerwerk bereits einen Brand, den er nur zu früh datierte.
90 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 281 vom 16. März 1391.
91 Bei niederhessischen Hallenkirchen waren seit dem Bau der nach 1293 begonnenen Kasseler Brüderkirche Achteckpfeiler üblich, in Grebenstein durch Kehlen aufgelöst, in der nach 1330 begonnenen Kasseler Martinskirche mit aufwändigen Profilen; vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 595–598 u. Abb. 246.
92 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 474–485 u. Abb. I–VI. Bei den Rekonstruktionen Abb. II u. III ist an ein zerstörtes Langhaus zu denken, von dem nur noch die Seitenschiffmauern standen. Ein Fenster im neuen Querhausarm ergibt nur bei einer Basilikaplanung Sinn. Am neuen Vierungsbogen deuten Ansätze auf eine geplante Einwölbung des Hauptschiffs, die – was bislang unbeachtet blieb – bei den schließlich realisierten großen Arkaden nicht mehr möglich war, so dass entsprechende Ansätze fehlen.
93 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 279 u. 292.
94 Vgl. HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 141.
95 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 486 u. Abb. 7f. Zum Fischblasenmaßwerk am Chor und an der Stirnseite des Südschiffs der Kasseler Martinskirche (1367) vgl. PRESCHE, Kassel (wie Anm. 1), S. 584–586, Abb. 214f., 218, 249 u. 255.
96 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 342.
97 Ebd., Bd. 2, Nr. 364.
98 Ebd., Bd. 1, Nr. 37 u. 44 (1224 u. 1241), vgl. Nr. 249 (1379).
99 Ebd., Bd. 2, Nr. 369, 371 u. 372.
100 Ebd., Nr. 472; vgl. Nr. 474 zugunsten des Marienaltars.
101 Vgl. Handzeichnungen des Landgrafen Moritz, Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 2° Ms. Hass. 107 [215] recto, oben rechts, 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts, https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1323769643186/1/ und https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1323769643405/1/; vgl. Ulrike HANSCHKE, Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel von der ehemaligen Klosteranlage in Oberkaufungen, in: 1000 Jahre Kaufungen (wie Anm. 1), S. 38–45, hier S. 41f. u. Abb. 1–2.
102 Vgl. ALTWASSER, Modernisierung (wie Anm. 70), S. 482, 485–487 u. Abb. VII; Martin BURISCHEK im vorliegenden Band.
103 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 512 u. 513.
104 Ebd., Nr. 514 u. 515.
105 Das System aus acht, sich überschneidenden Rippen ist in der Martinskirche im zweiten und vierten Langhausjoch des Hauptschiffs zu finden, dessen Gewölbe um 1448 neu begonnen wurde; vgl. Alois HOLTMEYER, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. VI: Kreis Cassel-Stadt, Marburg 1923, S. 154 mit Anm. 10.
106 Zum Größenvergleich bei gleicher Fensterbreite vgl. https://www.bildindex.de/document/obj20365123 sowie https://www.bildindex.de/document/obj20365122.
107 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 541–563 mit den Statuten; vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 97–102.
108 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 248 (1378), 274 (1388) u. 279 (1390); vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 99.
109 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 541, 552 u. 554.
110 Ebd., Nr. 429 u. S. 555; HOLTMEYER, Cassel-Land (wie Anm. 72), S. 172.
111 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 454.
112 Ebd., S. 557.
113 Ebd., S. 553.
114 Ebd., S. 549f., 551, 552f., 556f. u. 591f.
115 Ebd., S. 554, 555f. u. 561. Für die Stiftsdokumente galt stets das Prinzip zweier Schlüssel, die von verschiedenen Personen verwahrt wurden. Für die wichtigsten Privilegien waren dies die Äbtissin oder die Pröpstin und eine weitere Stiftsdame, für die gewöhnliche Geschäftsführung die Pröpstin und eine weitere Stiftsdame. Die Hebdomedare hatte für bestimmte Bestände, von denen sie betroffen waren, einen eigenen dritten Schlüssel.
116 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 554.
117 Ebd., S. 561.
118 Ebd., S. 561.
119 Ebd., S. 554f.
120 Ebd., S. 555.
121 Ebd., S. 557 sowie Bd. 1, Nr. 248 zu den famulas.
122 Ebd., S. 555.
123 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 1, Nr. 292.
124 Ebd., Nr. 293: Adelheid von Everstein, Frau von Plesse, verzichtete im Dezember 1397 auf ihre Präbende, so dass ihre Söhne Gottschalk d. J. und Johann, Herren zu Plesse, die Fehde beendeten.
125 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, S. 558–560 u. 553.
126 Ebd., Nr. 573 u. 574.
127 Ebd., Nr. 580 u. 581.
128 Ebd., Nr. 590.
129 Ebd., Nr. 599.
130 Ebd., Nr. 567.
131 Ebd., Nr. 599–605 u. 607–614; vgl. BRÖDNER, Kaufungen (wie Anm. 35), S. 719–721 u. 723.
132 VON ROQUES, Urkundenbuch (wie Anm. 55), Bd. 2, Nr. 614 u. 615 von 1510, Nr. 623a von 1513, Nr. 634, 636, 639 u. 640 von 1515, Nr. 650 von 1516, Nr. 678–681 von 1517 zur Selbstbezeichnung. Die Nennungen ‚freies Stift‘ und ‚kaiserliches Stift‘ sind hier nicht berücksichtigt.
133 Ebd., Nr. 697, 698 u. 701–704; vgl. BRÖDNER, Eck kann mek (wie Anm. 35), S. 107.
134 Ebd., Nr. 763–766, 769–770, 766a u. 766b.
135 Ebd., Nr. 773; vgl. BRÖDNER, Eck kan mek (wie Anm. 35), S. 108.
136 Ebd., Nr. 774–775 u. 777–784.
137 Ebd., Nr. 794.
138 Hessisches Staatsarchiv Marburg, Karte 304 R III 1; vgl. Wilhelm A. ECKHARDT, Wilhelm Dilichs Zehntkarte von Niederzwehren, in: Zeitschrift der Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 72 (1961), S. 99–121; STEIN, Kaufunger Zehntrechte (wie Anm. 60), Nr. 65.
139 Kassel, Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, 2° Ms. Hass. 679, Bl. 52; vgl. STEIN, Kaufunger Zehntrechte (wie Anm. 60), Nr. 66.
140 Zu den Dokumenten des Stiftsarchivs Kaufungen, heute im Hessischen Staatsarchiv Marburg, vgl. den Quellenanhang bei ECKHARDT, Wilhelm Dilichs Zehntkarte (wie Anm. 138), S. 115–121.