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DIE KATHOLIKEN UND DER ERSTE WELTKRIEG.

Legitimationen – Argumente – Rechtfertigungen

Dominik Burkard

Die Bilder von begeistert in den Ersten Weltkrieg ziehenden Soldaten sind uns aus Schul- und Geschichtsbüchern vertraut. In unserem Gedächtnis haben sie sich zu jener merkwürdigen Gewissheit verfestigt, die Ankündigung des Krieges habe 1914 zu einer Euphorisierung der deutschen Gesellschaft – natürlich nicht nur der deutschen, aber auch und gerade der deutschen Gesellschaft – geführt, zu einer patriotischen Trunkenheit, einem patriotischen Taumel, vielleicht gar zu einem „nationalistischen Suff“, dem „man“ sich nicht entziehen konnte, und zwar quer durch alle Bevölkerungsschichten und gesellschaftlichen Milieus hindurch.

Auch wenn das „Augusterlebnis“ inzwischen durchaus differenzierter gesehen wird1, bleibt die Frage nach dem „Warum“, auf so provozierende Art gestellt in dem Klassiker Im Westen nichts Neues mit jenem absurden Dialog, den die Soldaten in einer Verschnaufpause während ihres Heimaturlaubs führen, und der nur aporetische Antworten gibt, die Lösung also schuldig bleibt.

Im Folgenden geht es nicht um die Vorgeschichte und die historischen Koordinaten, innerhalb derer sich dieser Krieg vollzog, und die uns – vielleicht nicht verstehen, aber nachvollziehen lassen, warum es zu diesem Krieg kam, obwohl es dazu nicht hätte kommen müssen. Ich möchte den Blick stattdessen stärker fokussieren. Die Perspektive, der Blick wird enger – und damit ein Detail (vielleicht) größer. Ich frage nach der Haltung der Katholiken in diesem und zu diesem Krieg2.

1. Vorüberlegungen

Zunächst einige Vorüberlegungen. Der Katholizismus war, so jedenfalls die seit etlichen Jahrzehnten vorherrschende Sicht, von der allgemeinen Kriegsstimmung, mit der wir uns beschäftigt haben, nicht ausgeschlossen. Das „Augusterlebnis“ ergriff die Katholiken ebenso wie die anderen Deutschen3. Dafür lassen sich tatsächlich viele Belege anführen. Ob man nun auf die zahllosen patriotischen Feiern sieht, die landauf, landab – auch in geschlossen katholischen Gebieten – initiiert und zelebriert wurden4, oder ob man in die öffentlichen Stellungnahmen, Hirtenbriefe und Kriegspredigten5 hineinliest: Überall treten einem ähnliche Bilder, ähnliche Reaktionen, auch ähnliche Begrifflichkeiten und Worthülsen entgegen6.

Ob diese nun bereits das Produkt einer allgemeinen, auch medialen und öffentlichkeitssteuernden „geistigen Mobilmachung“ waren, ob die genuine Eruption eines (mehr oder weniger stabilen) mentalen Bewusstseins7, oder ob nur Ausdruck eines spontanen Empfindens, sei einmal dahingestellt. An der Tatsache selbst ist kaum zu rütteln. Selbst in den Ausbildungsstätten des Klerus, in den Priesterseminaren, wurden derart patriotische Reden (wie etwa durch den „Pauker“, mit dem „Im Westen nichts Neues“ beginnt) gehalten, wurden entsprechende Lieder gesungen, wurde – von geistlichen Vorgesetzten – zum freiwilligen Dienst an der Waffe aufgerufen8. Tausende von Theologiestudenten wurden eingezogen, von ihnen meldeten sich tatsächlich etwa 500 freiwillig zum Kriegsdienst (insgesamt waren es wohl bedeutend mehr, die aber zurückgewiesen wurden). Sie übten ihr Kriegshandwerk aus – ob mit innerer Verve, wer weiß es, jedenfalls durchaus mit Erfolg. Bis 1916 waren immerhin ca. 150 Theologiestudenten zu Offizieren befördert worden9. Also: von mentalen oder gar religiösen Vorbehalten der Katholiken gegen den Krieg ist wenig bis nichts sichtbar.

Auch die Katholiken ließen sich – so hat schon 1971 Karl Hammer resümierend festgestellt – im Sommer und Herbst 1914 „in einen Taumel des Nationalismus fallen“, der „dem der übrigen Deutschen in nichts nachstand“10. Der Unterschied habe, so es ihn denn überhaupt gab, allenfalls in der Nuance gelegen.

Wäre es tatsächlich so einfach, könnte man unser Thema getrost ad acta legen. Stattdessen aber enthält der mir zugedachte Vortrag ja implizit bereits eine vorgefasste These, die freilich zu hinterfragen ist. Die These nämlich, die Katholiken hätten in ihrem Verhältnis zum Krieg eben doch eine Sonderrolle eingenommen, seien mit den übrigen Deutschen also nicht in einen Topf zu werfen.

Für eine derartige Ausgangsthese sind nun doch sehr konträre Beweggründe denkbar. Vereinfachend gesagt: Der These von der andersgearteten Haltung der Katholiken in der Kriegsfrage könnte eine kritische, vielleicht gar eine katholikenfeindliche Einstellung zugrunde liegen, ähnlich jener, wie sie nach dem Weltkrieg laut wurde, eine Art „Dolchstoßlegende“ also, der Vorwurf, die Haltung der Katholiken im Ersten Weltkrieg sei nicht aufrichtig und echt, im Grunde nicht national gewesen. Der exponierte Zentrumspolitiker und Katholik Matthias Erzberger (1875–1921) wurde aufgrund (auch) dieser Anklage, nämlich Deutschland verraten zu haben, Opfer einer medialen Kampagne und eines damit motivierten Attentats11. Der Vorwurf der nationalen Unzuverlässigkeit und des Vaterlandsverrats wurde nicht erst nach dem Krieg, sondern bereits in diesem vielfach erhoben und mit angeblichen Beweisen oder Indizien untermauert12.

Für die Ausgangsthese von der Andersartigkeit der katholischen Haltung zum Krieg ist aber auch eine apologetische Motivation denkbar. Etwa nach dem Muster: Im Katholizismus sei die Kriegsbegeisterung aus inneren, religiösen und weltanschaulichen Gründen weitaus verhaltener gewesen als in anderen gesellschaftlichen Gruppen. Der Nationalismus und Militarismus, aus denen sich der Weltkrieg speiste, sei nicht die eigene Überzeugung, sondern (und zwar schon längst vor 1914) die „Religion“ der anderen gewesen, Ausdruck einer germanisierten Gottesvorstellung liberaler Protestanten à la Adolph Harnack (1851– 1930), und säkularisierter Gesellschaftsschichten. Den Katholiken habe nur eine sekundäre, gewissermaßen akzidentielle „Verpflichtung der Nation gegenüber“ geeignet. Das ist eine Position, die – wenn ich das recht sehe – von der jüngeren Forschung stärker in den Vordergrund gehoben wird. Tatsächlich wird man allerdings fragen müssen, wer mit „den Katholiken“ denn überhaupt gemeint ist. Der Episkopat13, die Zentrumspartei als politischer Arm der Kirche14, die katholischen Vereine und Verbände, katholische Intellektuelle15, der Klerus, die Gläubigen, nicht zuletzt der Hl. Stuhl? – Sie alle sind keineswegs als Einheitskatholizismus homogener Überzeugungen anzusehen. Im Blick gerade auf den Hl. Stuhl und die anhaltenden Friedensinitiativen Benedikts XV. (1914–1922) wäre das näher aufzuzeigen16.

Bereits diese ersten Vorüberlegungen dürften andeuten, dass wir es mit einem durchaus komplexen Thema zu tun haben. Und dass die naheliegende Antwort: Die deutschen Katholiken hätten sich im Krieg einfach wie alle Deutschen verhalten, weder links noch rechts zu befriedigen scheint.

Bei der – zunächst einmal rein hypothetischen – Suche nach Motiven der Katholiken nach Motiven für den Krieg scheinen mir folgende denkbar:

1. Ein instinktives, naturalistisches, vielleicht auch naturrechtlich hinterlegtes, verteidigungspolitisches Motiv: Nämlich die Einsicht in die Notwendigkeit der Verteidigung, im Falle der Deutschen einer „Vorwärtsverteidigung“ angesichts einer – vielleicht weniger tatsächlich als doch „gefühlt“ – zunehmenden Aggressivität von außen; es gab offenbar ein psychologisches „Eingekreist-Sein“.

2. Damit eng verbunden ist ein Motiv, das man vielleicht als außenpolitisches bezeichnen könnte: Die Verteidigung des Landes gegen revolutionäre, die bestehende Ordnung gefährdende und Angst machende Aggressionen panslavistischer Art.

3. Ein nationalpolitisches, vielleicht auch nationalistisches Motiv, das seinen eigentlichen Grund in einer sehr weitgehenden oder gar totalen Identifikation mit der Nation hat, die Nation also in der Wertehierarchie weit oben eingruppiert, also gewissermaßen zur „Religion“ erhebt, die unbedingten Einsatz verlangt.

Diese drei bisher genannten Motive sind – dies möchte ich festhalten – keine konfessionsspezifischen Motive, möglicherweise aber Motive, zu denen die verschiedenen Konfessionen durchaus unterschiedliche Affinitäten entwickeln konnten.

Daneben scheinen mir aber zumindest noch zwei weitere Motive nicht nur denkbar, sondern auch belastbar, die einen klaren katholizismusspezifischen Bezug aufweisen. Da wäre zum einen

4. ein allgemeines, innen- und kulturpolitisches Motiv: Die Katholiken konnten, nach dem Ende der deutschen Kulturkämpfe der 1870er und 1880er Jahre, zufrieden sein mit dem nach der Jahrhundertwende erreichten Status quo. Sie waren, nach einem langen, steinigen Weg, im freilich noch immer protestantisch dominierten Kaiserreich „angekommen“. Diese nach vielen Jahrzehnten endlich vollzogene nationale Integration sollte nicht gefährdet werden, um dem alten Vorwurf, Katholiken seien keine wahren Deutschen, keine neue Nahrung zu geben17. Im Gegenteil, man hegte angesichts der „Blutopfer“ berechtigte Hoffnungen bzw. Ansprüche auf Gewährung vollständiger Parität18. – Und schließlich

5. ein Motiv, das ich als ein religionspolitisches bezeichnen möchte: Gemeint ist der klare, nicht nur bekenntnismäßige sondern auch getätigte Schulterschluss des protestantisch dominierten Deutschland mit dem katholischen Österreich. Seit dem 19. Jahrhundert gehörte die Wiedervereinigung mit Österreich, und damit die Überwindung des kleindeutsch-protestantischen Deutschen Reiches, zu den Visionen und Hoffnungen der deutschen Katholiken. Dieses Ziel schien nach wie vor erstrebenswert19. Den katholischen Österreichern zu Hilfe zu kommen und eine mentale Allianz zwischen Österreich und Deutschland zu schmieden, musste im Interesse des Katholizismus liegen.

Neben den möglichen Motiven der Katholiken für eine Bejahung des Krieges gibt es jedoch auch mögliche Motive der Ablehnung:

1. Ein entweder generell ethisch, vielleicht aber auch religiös-christlich begründetes Motiv ist eine dezidiert pazifistische Grundeinstellung. Dazu ist zu sagen, dass die Ausbildung eines solchen Bewusstseins in den Jahren vor 1914 alles andere als eine Selbstverständlichkeit war20, nicht zuletzt deshalb, weil sie sich von der christlichen und auch katholischen Staatslehre her keineswegs nahelegte, vielmehr völlig quer dazu stand. Es war eine Position, die sich der einzelne vielleicht mühsam aneignen konnte, die aber nicht im Mainstream der Zeit und auch nicht im Verkündigungs- und Bekenntnismainstream des Katholizismus lag, obwohl Pius X. (1903–1914) die internationalen Friedensgesellschaften gefördert hatte21.

2. Ein Motiv, das man vielleicht als konfessionspolitisch oder gar religiös bezeichnen könnte, das dann aber nur für einen Teil des 1914 ausbrechenden Krieges Geltung beanspruchen dürfte, wäre die Maxime, katholische Glaubensbrüder (wie sie auf belgischer und französischer Seite standen) nicht mit kriegerischen Mitteln zu bekämpfen, und das hieß: Glaubensbrüder nicht zu töten. Aus der Perspektive eines – wie es für den deutschen Katholizismus ja absolut zutrifft – lange eingeübten mentalen Ultramontanismus, der gerade sehr pointiert die nationalen Grenzen überschritt und nicht nur die Religion, sondern die Konfessionszugehörigkeit zum höchsten Maß aller Dinge machte, war dies keineswegs eine abwegige sondern eine durchaus evidente Position.

Eine letzte Überlegung: Muss nicht davon ausgegangen werden, dass die Haltung der Katholiken (wie auch anderer Sozialmilieus) zum Krieg, und damit auch die Motivationen, einem Wandel unterworfen waren? Je nach Lage und Stand des Krieges, je nach kollektiver oder individueller Erfahrung, dürften sich Modifikationen oder gar „Wenden“ ergeben haben22. Ich meine damit nicht nur, dass Kriegsglück oder Kriegspech die Stimmung der Akteure und der Erleidenden beeinflussten, dass es etwa im Sieg eine größere Bereitschaft zum Krieg gab, während sich in depressiven Kriegsphasen durchaus kritischdistanzierte Haltungen ausbildeten. Es war sicher auch nicht dasselbe, ob man gegen den Balkan oder Russland, oder gegen die belgischen Nachbarn kämpfte. Frankreich war ohnedies noch einmal ein Sonderfall: Da gab es die (mal traumatischen, mal freudigen) Erinnerungen an vergangene Kriege (nicht nur 1871, sondern auch 1618–1648 und Napoleon), da war das Bewusstsein, gegen Katholiken vorzugehen, aber gegen Katholiken eines Staates, der sich spätestens im zurückliegenden Jahrzehnt von der Religion verabschiedet und einen durchaus kirchenfeindlichen Laizismus ausgebildet hatte.

2. Ungünstige Voraussetzungen? Der lange Weg der Katholiken ins Reich

Ich beginne meinen zweiten Gedankenschritt mit einem zeitgenössischen Zitat:

„Die Frage, wie sich der Deutsche Kaiser als oberstes Organ des Reiches zum Problem des Verhältnisses der verschiedenen Konfessionen im paritätischen Staate tatsächlich gestellt hat, betrifft nicht so sehr den Schöpfer des Reiches, Kaiser Wilhelm I., als vielmehr dessen zweiten Nachfolger. […] Der gegenwärtig regierende deutsche Kaiser ist für seine Person ein gläubiger Protestant. Tief durchdrungen von dem Glauben an einen persönlichen Gott, voller Bekenntnisfreude zu Christus, betrachtet er seine Herrscheraufgabe als ein ihm von Gott anvertrautes Amt und Gut, für dessen gerechte Verwahrung er dereinst Rechenschaft abzulegen habe. […] Aus diesem Glauben schöpft der Kaiser das Bewusstsein seiner Pflicht und zugleich mit der Überzeugung die Mission, die er auf Erden zu erfüllen hat, das demütige Vertrauen auf Gottes Vorsehung. Das Wort Gottes ist ihm dabei ein untrüglicher Leitstern. […] Aus seinen zahlreichen Ansprachen an die Truppen des Landheeres und der Marine sei hier nur ein Ausspruch Wilhelms II. angeführt: ‚Ebenso wie die Krone ohne Altar und Kruzifix nichts ist, ebenso ist das Heer ohne die christliche Religion nichts‘ (12. November 1896). Dieses offene Bekenntnis des Kaisers hat im christlichen deutschen Volke jederzeit freudigen und begeisterten Widerhall gefunden. Wiederholt haben auch die geistlichen Oberhirten des katholischen Volksteils dem Kaiser wärmsten Dank dafür ausgesprochen. […] In seiner Stellung als König von Preußen, dessen Kernlande schon im Zeitalter der Reformation zum protestantischen Glauben übertraten, betrachtet der Kaiser sich wohl im besondern als Schirmherrn der evangelischen Kirche und als Hüter der Glaubensgüter der Reformation. […] Es hat den Kaiser [aber] nicht gehindert, bei zahlreichen Anlässen seiner toleranten, achtungsvollen und aufrichtig friedfertigen Gesinnung gegen seine katholischen Untertanen in bestimmter Weise Ausdruck zu verleihen“23.

Kaiser Wilhelm II. – durch seine religiöse Glaubwürdigkeit und Toleranz die zentrale Autorität – weil Integrationsfigur aller Deutschen? Tatsächlich dürfte diese Einschätzung des katholischen Journalisten und Schriftstellers Karl Hoeber (1867–1942) mitten im Ersten Weltkrieg einer der wichtigsten Faktoren gewesen sein, die es auch den Katholiken 1914 leicht machten, ihm in jenen Krieg zu folgen, der zum Ersten Weltkrieg werden sollte. Zwar wurde der Kaiser schon zu Beginn des Krieges politisch zur Randfigur degradiert. Aber propagandistisch stand er noch lange im Vordergrund. Und es erstaunt nicht, dass von katholischer Seite auch ausdrücklich auf Wilhelm II. rekurriert wurde, etwa, wenn der Jesuit Bernhard Duhr (1852–1930) in einer Predigt über den „echten Soldatengeist“ ausführte:

„Unser Kaiser will fromme Soldaten: Im Jahre 1910 sagte er in weihevoller Stunde zu seinen jungen Gardisten: ‚Vergeßt euren Gott nicht, denn durch den Segen des Allerhöchsten wird euch der Dienst leicht und lernt ihr schwere Stunden überstehen. Scheut euch auch des Gebetes nicht, das einst eure Mutter euch gelehrt hat, denn ich will Soldaten haben, die ihr Vaterunser beten’“24.

Zweifellos war der Kaiser als Integrationsfigur wichtig, gerade für die Katholiken, die aus ihrer geschichtlichen Erfahrung mit dem preußischen Militarismus eigentlich nichts anfangen konnten.

Dass die Katholiken sich 1914 so geschmeidig mit dem Krieg arrangierten, war, zumal angesichts der zurückliegenden jüngeren Geschichte, alles andere als selbstverständlich. Hatten sie doch einen vom Protestantismus deutlich verschiedenen Weg durch das 19. Jahrhundert zurückgelegt, auch eine durchaus grundlegend differierende Ansicht über „Religion“ und „Nation“ adaptiert.

Nur zur Erinnerung: Der erste große „Bruch“ der deutschen Katholiken mit der „Nation“ hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts stattgefunden: Der Untergang der kirchlichen Territorialherrschaften, die „Enteignung“ der Kirche, ihre politische und gesellschaftliche Marginalisierung, im Übrigen auch der Verlust religiöser Heimat durch eine veränderte Landkarte und eine übergestülpte Religionspolitik, machten die Katholiken in den damals entstehenden deutschen Flächenstaaten fast vollständig protestantischer Prägung zu Bürgern zweiter Klasse. Die jahrzehntelangen Emanzipationsbemühungen, das Ringen um kirchliche Freiheit und bürgerliche Gleichstellung, erlebten trotz mancher Erfolge herbe Rückschläge.

Der deutsche „Bruderkrieg“ mit dem Sieg Preußens, das Ausscheiden Österreichs aus dem Deutschen Bund und die Reichsgründung von 1871 zementierten die inferiore Stellung der deutschen Katholiken. Im evangelisch geprägten preußisch-deutschen Reich stellten die Katholiken nur ein gutes Drittel der Bevölkerung und waren also schon zahlenmäßig in der Minderheit. Dazu kam ihr materielles Zurückbleiben. Auch im Hinblick auf soziale und berufliche Aufstiegschancen konnte von einer konfessionellen Gleichheit keine Rede sein. Es bestanden gesellschaftliche Barrieren und Regulative, die Katholiken bewusst etwa vom höheren Militärdienst sowie vom Staatsdienst fernhielten. Das infolge der Säkularisation entstandene katholische Bildungsdefizit25 verhinderte außerdem ein Eindringen in die akademischen Berufe26.

Dazu kamen innere Faktoren, die den Katholizismus ins Ghetto führten: Zum einen die antimoderne Ausrichtung der Kirche während des langen Pontifikats Pius‘ IX (1846–1878). Bereits der Syllabus von 1864 wurde als „Fehdehandschuh an den modernen Staat und die moderne Gesellschaft“ gedeutet. Vollends desavouierte das 1. Vatikanische Konzil die Katholiken in den Augen protestantischer, liberaler und sozialistischer Kreise. Hier sprach man von einer offenen Kriegserklärung des Papstes an den neuzeitlichen Staat, die es Katholiken schwer, wenn nicht sogar unmöglich mache, in einer Demokratie oder parlamentarischen Monarchie als loyale Staatsbürger zu leben. Die Katholiken standen in den Augen der protestantischen Bevölkerungsmehrheit unter dem Kommando einer ausländischen Macht, sie waren „national unzuverlässig“.

Ihre Krönung fand diese Entwicklung in den kurz darauf fast flächendeckend ausbrechenden „Kulturkämpfen“, die die Gegensätze zwischen Staat und Kirche bewusst verschärften. Mithin lässt sich darin ein gesamteuropäischer Weltanschauungskampf sehen, in dem sich die modernen Nationalstaaten und der restaurative Katholizismus – beide mit absolutistischem Anspruch – gegenüberstanden. Eine spezifische Ausprägung erhielt der Kulturkampf in Preußen. Er wurde hier zur Auseinandersetzung zwischen dem Kulturprotestantismus (als ethische Grundlage Preußen-Deutschlands) im Sinne eines „weltlichen“ Christentums und einer sich als societas perfecta verstehenden katholischen Kirche.

Gleichwohl erlebte der Katholizismus in diesen Kulturkämpfen, die die Kirche mitunter an den Rand des Abgrunds brachten27, eine ungeahnte Stärkung. Bismarck scheiterte. Erst nachdem er die Fehler seiner Kulturkampfpolitik eingesehen hatte und in Leo XIII. (1878–1903) ein moderater Papst mit politischem Weitblick an die Spitze der Kirche getreten war, konnte der schrittweise Abbau der Kulturkampfgesetzgebung erfolgen.

Die in der Not neu gewonnene innere Stärke des Katholizismus machte den Weg frei für das Heraustreten der Katholiken aus dem Ghetto, ihre Integration ins Kaiserreich und ihre Identifikation mit dem neuen Deutschland28. Die Kranzniederlegung der Zentrumspartei am Grabe 1898 war ein äußeres Zeichen der Bejahung des Reichsgründers und seines Reiches. Kaiser Wilhelm II. bekundete im selben Jahr den Katholiken sein Wohlwollen, als er anlässlich seiner Palästinafahrt dem Deutschen Verein vom Heiligen Lande das Grundstück der Dormitio zur freien Nutznießung überließ29. Wiederholt besuchte der Kaiser die Benediktinerklöster von Maria Laach, Beuron und Monte Cassino. Die Steyler Mission in Südchina stellte er unter das Protektorat des Reiches. Und 1907 betonte er: „Wie Ich keinen Unterschied mache zwischen alten und neuen Landesteilen, so mache Ich auch keinen Unterschied zwischen Untertanen katholischer und protestantischer Konfession. Stehen sie doch beide auf dem Boden des Christentums, und beide sind bestrebt, treue Bürger und gehorsame Untertanen zu sein. Meinem landesväterlichen Herzen stehen alle Meine Landeskinder gleich nahe“30.

So mehrten sich im intellektuellen Katholizismus die Stimmen, die einen stärkeren Anschluss an die Zeit, einen „zeitgemäßen“ Katholizismus forderten. Wie ein Fanal wirkten in dieser Hinsicht die Bücher Der Katholicismus als Princip des Fortschritts (1897) des Würz burger Theologen Herman Schell oder Katholisches Christentum und moderne Kultur (1906) des früheren Würzburger Kirchenhistorikers Albert Ehrhard (1862–1940). Doch wurden diese Regungen innerhalb der Kirche durch den intransigenten Pius X. und dessen Entourage niedergerungen. Der „Antimodernismus“31 der Jahre nach 1907 wurde zum Desaster, weil er die Kirche innerlich spaltete, nach außen hin aber schwächte. Wieder wurden die Katholiken demonstrativ ans römische Gängelband genommen, in Deutschland aber als antimodern und gesellschaftsfeindlich wahrgenommen, und so in die Defensive gedrängt. Damit war am Vorabend des Ersten Weltkriegs plötzlich das alte „Kulturkampftrauma“, das Gefühl der Minderwertigkeit – trotz zunehmend gelingender Integration ins kleindeutsche Reich – wieder sehr präsent32.

Es ist verständlich, dass vor diesem Hintergrund die Reaktion der deutschen Katholiken auf den Ausbruch des Krieges nur eine positive, vielleicht sogar eine überzogen positive sein konnte. Der Zeitpunkt schien gekommen, die eigene politische Zuverlässigkeit unter Beweis zu stellen, zu zeigen, dass alles böse Gerede von gestern – die nationale Unzuverlässigkeit der Katholiken, ihre mangelhafte Identifikation mit dem Deutschen Reich – Lüge war. Jetzt schien die Chance greifbar nahe, nicht mehr „Bürger zweiter Klasse“ zu bleiben, sondern die Vollbürgerschaft zu erlangen. Des Kaisers Zusage beim Kriegsausbruch, dass die Reichsleitung von nun an „keine Parteien“ mehr kenne, sondern nur noch Deutsche, nährte denn auch diese Hoffnung und führte bei der Zentrumspartei zur Unterstützung der Kriegsanstrengungen33.

Dass sich bei Kriegsbeginn die Hoffnungen der Katholiken auf Realisierung der Parität und damit auf einen Erfolg jahrzehntelanger Emanzipationsbemühungen richteten, werte ich als eine katholische Facette der allgemeinen Hoffnung von Intellektuellen, Akademikern und Jugend, die den Krieg begrüßten als Jungbrunnen gegen eine überalterte, verkrustete Gesellschaft.

Für viele wirkte der Krieg zu Beginn deshalb wie eine Erlösung. „Nun will endlich die furchtbare jahrelange Spannung ein Ende haben. So wirkt der entsetzlichste Krieg wie eine Wohltat. Jetzt hört wenigstens die Heuchelei auf“ – meinte der protestantische Theologe Martin Rade (1857–1940)34. Und für den Konvertiten Max Scheler (1874–1928) kam der Krieg einem „metaphysischen Erwachen aus dem dumpfen Zustand eines bleiernen Schlafes“ gleich, war er eine notwendige Zerstörung der Illusionen des Liberalismus und Kapitalismus35.

Einen ganz anderen Weg als die Katholiken hatte im 19. Jahrhundert allerdings der deutsche Protestantismus zurückgelegt. Die Säkularisation hatte günstige Voraussetzungen für seine Prosperität geschaffen. „Bürgerlichkeit“ galt weithin als ein protestantisches Empfinden, wurde zur Signatur einer Epoche, die untrennbar mit dem protestantischen Bildungsbürgertum verbunden war. Die Landeskirchen blieben aufs engste mit den Landesherren verbunden, die den Summepiskopat ausübten und so auch intensiven Anteil am entstehenden nationalen Bewusstsein hatten. Die Reichsgründung und der Kulturkampf taten ein Übriges: Die Kultur und das öffentliche Leben des Kaiserreiches waren in der Folgezeit eindeutig bestimmt. Protestantismus und deutsche Kultur wurden gleichgesetzt36.

Das Ende des von Bismarck geführten Kulturkampfs brachte keineswegs eine konfessionelle Befriedung. Im Gegenteil: in den 1880er Jahren wurden die konfessionellen Gegensätze wieder stärker betont. Und so tauchte im beiderseitigen Sprachspiel ab etwa 1905 die Rede von einem „neuen Kulturkampf“ auf, die in den folgenden Jahren immer wieder rezipiert wurde und damit eine anhaltende Bewusstseinslage schuf, die bis zum Ersten Weltkrieg wirkte37.

Diese Bewusstseinslage war nun auch wieder dezidiert national konnotiert. So polemisierte 1901 der Göttinger Historiker Max Lehmann:

„Unfehlbar will sie sein, diese Papstkirche, alles will sie ihren Gläubigen ersetzen, auch die Wissenschaft, auch die Nationalität […]. Schweigen wir hier von den Beschimpfungen, welche sie gegen diejenigen Deutschen richtet, welche die Alleinherrschaft des Papstes gebrochen haben, ihr Haß richtet sich auch gegen diejenigen Führer unserer Nation, die einer Zeit angehören, da der konfessionelle Gegensatz verblaßt war. Der Index librorum prohibitorum […] ächtet die Œuvres du philosophe de Sanssouci, Kants Kritik der reinen Vernunft, Rankes Geschichte der Päpste. Der größte deutsche König, der größte deutsche Philosoph, der größte deutsche Historiker […]. Wie finden sie den Mut, die größten Deutschen zu beschimpfen, als wären sie Kumpane Alexanders VI. gewesen?“38 – Die größten Deutschen: das waren selbstverständlich Protestanten. Dass Friedrich der Große, Ranke und Kant auf den römischen Index verbotener Bücher gesetzt worden waren, demonstrierte für Lehmann einmal mehr die Deutschfeindlichkeit des Katholizismus überhaupt.

Solch antikatholische Polemik mit nationalem oder gar nationalistischem Einschlag hatte inzwischen eine eigene Evidenz. Das Schimpfwort von der „katholischen Internationale“ – mit allen negativen Assoziationen – machte in national aufgeladenen Zeiten die Runde. Später war gar von der „schwarz-rot-goldenen Internationale“ die Rede – bestehend aus Katholizismus, Kommunismus und Judentum. Und doch wurde der Terminus „Katholische Internationale“ auch als Selbstbezeichnung verwendet39.

Anders der Protestantismus, der sich als Träger der deutschen Nation verstand. Dies zeigt die Erforschung von Lutherbild und protestantischer Erinnerungskultur40. Während für den Katholizismus „Nation“ und „Glaube“ weitgehend Konkurrenzbegriffe und die dahinter stehenden Ideen und Wirklichkeiten konkurrierende Größen waren, kam es im Protestantismus – wie Forschungen der letzten Jahrzehnte zeigen – zu einer „Sakralisierung der Nation“. Der Nationalismus wurde „eines der mächtigsten, wenn nicht das mächtigste soziale Glaubenssystem des 19. und 20. Jahrhunderts“41, für viele gar ein Religionsersatz.

Obwohl die Ausgangslagen, in denen sich katholische und protestantische Kirchen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs befanden, also durchaus sehr verschieden waren, führten sie beide sehr stringent in den Krieg hinein. Für die einen war er eine nationale Bewährungsprobe, für die andern selbstverständliche religiöse, nicht nur nationale Pflichterfüllung.

3. Faktoren katholischer Kriegsbejahung

Auf einige Faktoren, die für die Bejahung des Krieges durch die Katholiken eine Rolle spielten, möchte ich etwas näher eingehen. Zunächst:

Nationale Begeisterung – Verteidigung gegen protestantisches Misstrauen

Es gab – wie gesagt – schon vor 1914 im Katholizismus eine gewisse Kriegsbereitschaft. Das Zentrum trug die Rüstungspolitik der Regierung teilweise mit. In den ersten Kriegswochen und Monaten wurde in der katholischen Presse vielfach – und zu Recht – betont, wie weit der nationale Gedanke in die verschiedenen katholischen Lebensbereiche eingedrungen war. Tatsächlich hatte eine „Nationalisierung“ breiter Schichten sowohl im deutschen als auch im europäischen Katholizismus überhaupt stattgefunden42. Betroffen war vor allem auch der akademische Bereich, in dem die Katholiken den stärksten Aufholbedarf hatten. In der katholischen Studentenschaft etwa lässt sich die Kriegsbegeisterung darauf zurückführen, dass man – allen Verdächtigungen von protestantischer Seite zum Trotz – auch ohne Duell und Mensur gut kämpfen könne. Es ging also um eine „nationale Bewährungsprobe“43.

Für die nationale Begeisterung lassen sich zahllose Beispiele anführen. Allerdings wird man in der Betonung des nationalen Gedankens, der als festes Repertoire in die Kriegspredigten und Hirtenbriefe Eingang fand, wohl auch und vor allem eine Verteidigung gegenüber anderslautenden Stimmen zu sehen haben. So wurden etwa Berichte über vaterlandsverräterische Aktionen katholischer Priester im Elsass ge streut, außerdem in protestantischen und konservativen deutschen Blättern Gerüchte über Gräueltaten belgischer katholischer Geistlicher gegen die deutschen Truppen. Offenbar sollte im ersten Siegestaumel Kapital gegen den „Milieufeind“ geschlagen werden. Die Katholiken verwahrten sich gegen diese „schmutzige Katholikenhetze“44, indem sie darauf hinwiesen, die deutschen Katholiken ließen sich „an vaterländischer Gesinnung und Opferfreudigkeit“ von keinem übertreffen45. Ebenfalls von protestantischer Seite kam der Vorwurf, der katholische Klerus beteilige sich nicht angemessen am Krieg. Auch dieser Vorwurf wurde zurückgewiesen: Die blutigen Kriegshände vertrügen sich nicht mit dem priesterlichen Amt, weshalb die Geistlichen vom Waffendienst befreit seien. Doch übernähmen viele Geistliche „mit Freuden“ den seelsorgerlichen Dienst im Feld46. Und selbst die deutsche Ordensprovinz der Jesuiten habe sich schon im August 1914 komplett dem Heer und der Flotte zur Verfügung gestellt, und zwar mit Angabe der jeweiligen Sprachbeherrschung, um gezielt im Kriegsgebiet eingesetzt werden zu können47. Nota bene: damals standen die Jesuiten noch unter der repressiven deutschen Kulturkampfgesetzgebung!48

1917 brachte der Rottenburger Bischof Paul Wilhelm von Keppler (1852–1926) im Geleitwort zu Sankt Michael, dem Kriegsbuch der deutschsprachigen Katholiken, das Dilemma ins Wort, in dem die Katholiken sich befanden: „Von der einen Seite sind wir verdächtigt worden, als hätte ein übertriebenes Nationalgefühl unser katholisches Christentum verkümmert und durchsäuert. Von der anderen Seite hegte man den Argwohn, ob nicht unser katholisches Christentum unsere Vaterlandstreue und Kriegstüchtigkeit schwäche und in Frage stelle“49. Keppler stellte klar:

„Manche andersgläubige Stammesbrüder konnten auch im Kriege ein gewisses Mißtrauen gegen uns nicht überwinden, oder sie verrieten durch eine Belobigung unserer Kriegshaltung, die uns mehr wehe als wohl tat, daß sie uns nicht viel Gutes zugetraut hatten. […] Man mache sich keine unnötigen Sorgen um die deutschen Katholiken. Wir haben unsere Pflicht getan und werden sie tun. Wir sind nicht Deutsche zweiter Güte, nicht Vaterlandsfreunde zweiter Klasse. Aber Mißtrauen und Argwohn führt zu Abneigung und Anfeindung und stört das friedliche Zusammenleben und einträchtige Zusammenwirken“50.

In der katholischen Presse tauchten auch grundsätzliche Artikel auf, die den Vorwurf nichtkatholischer Gruppen zu entkräften suchen, Katholizismus und nationale Interessen seien nicht vereinbar. Da wurde mit statistischem Material gearbeitet, da tauchten immer wieder Floskeln auf wie: „Neben den Pflichten gegen Gott kennen sie keine höheren als die Pflichten gegen Kaiser und Reich“51.

Allerdings wurden durchaus auch differenzierende Töne laut: Die deutschen Katholiken betrieben „mit dem Wort ‚national‘ keinen Kultus, wie gewisse Kreise, die die Vaterlandsliebe für sich allein in Anspruch nehmen und jeden Mitbürger als Reichsfeind verschreien, der nicht in ihren Hurrapatriotismus einstimmt“. Sie hielten stattdessen „die goldene Mitte […] zwischen jener Richtung, die einseitig und übertrieben alles nur vom nationalen Gesichtspunkt betrachtet und jener anderen Richtung, die von keinem engeren Vaterlande etwas wissen will“52. Und schließlich gab es auch eine dezidiert katholische Kritik am Nationalismus. So, wenn der Jesuit Stanislaus von Dunin-Borkowski (1864–1934) vor der nationalen „Vergewaltigung“ der Religion warnte und prophezeite:

„Die Phrasen der nationalistischen Schreier werden im Kanonendonner verstummen. Das ist ihr wohlverdientes Schicksal. […] was aber leider bleiben wird, das ist das Unglück der Reiche, denen die Staatsmänner einen nationalistischen Kurs gaben, die religiöse Not der Völker, die jetzt Nationalismus und Religion zum Bund zwingen wollten. Was bleiben wird als Denkmal ewiger Schande, das ist das unselige Schlagwort ‚Krieg und Katholizismus‘ im Sinne jener, die es nicht als Sammelwort der Liebe und Versöhnung, sondern als Kampfwort der Zwietracht und des Hasses erfunden haben. Daß sie die Weltkirche in die Glut der Leidenschaften zerren wollten, ist ein Frevel an der Religion und der Kultur“53.

Sicherheit, Freiheit, Schutz fürs Vaterland – der „gerechte Krieg“

Klar ist, dass durch die „gefühlte“ – propagandistisch zur Realität erhobene – Bedrohung von außen ein qualitativ neues Einheitsbewusstsein vom „deutschen Vaterland“ entstand. Das Bestreben, die Heimat vor dem Einfall feindlicher Armeen zu schützen und seinen Bestand zu wahren, war nicht konfessionsspezifisch, aber der Topos wurde auch von den Katholiken rezipiert. So hieß es etwa in einem Presseartikel:

„Vier Jahrzehnte lang hat Deutschland sich in eine arge Unsicherheit gefügt. Wir waren fortwährend bedroht von links und rechts […]. Der Krieg soll uns die Sicherheit bringen, die wir in den verflossenen Jahrzehnten des sog. Friedens so sehr vermisst haben“54.

Das hier angeführte Motiv wurde nun aber nicht nur aufgegriffen, sondern auch theologisch weitergeführt und legitimiert durch die alte „Lehre vom gerechten Krieg“55. In der katholischen Moraltheologie galt der Krieg als zulässiges Mittel zur Wiederherstellung des Rechts, mitunter gar als sozialethische Pflicht. So sagte etwa der Münsteraner Moraltheologe Joseph Mausbach (1861–1931) in einer Rede am 22. September 1914:

„Der einzelne Mensch darf zur Notwehr schreiten, um sich und andere vor Mordlust zu schützen. Der Staat darf zu den Waffen greifen, wenn die höchsten nationalen Güter dies fordern, wenn es gilt, für den Sieg der Gerechtigkeit und Vollkommenheit zu streiten. Denn das ist das höchste Ideal des Christentums, und in diesem Siege der gerechten Sache liegt die wahrste und tiefste Rechtfertigung des Krieges“56.

Das war nun ganz naturrechtlich argumentiert. Der Staat hatte die Pflicht, Bedingungen herbeizuführen, die die zeitliche Wohlfahrt des einzelnen und der im Staate enthaltenen Familien und Berufsklassen nach allen Seiten hin fördern57. Zentral für Mausbachs Argumentation war das Augustinuswort „Pacem habere debet voluntas, bellum necessitas“, das er – bezeichnend – folgendermaßen übersetzte: „Der Friede ist ein Gut an sich, das wir erstreben müssen, der Krieg ist ein furchtbares Übel, das die Not uns aufzwingt“. Der gegenwärtige Krieg ist deshalb ein gerechter, weil Deutschland dem Ideal des Friedens lange mit ehrlichem Willen gedient hat, bis der Krieg zur Notwendigkeit wurde. Die Argumentation Mausbachs funktioniert allerdings nicht mehr angesichts des Einmarsches in Belgien, weshalb er auch in eine allgemeine Propagandaterminologie abgleitet58.

Die Lehre vom gerechten Krieg passte sehr gut zu der von der Reichsregierung vorgegebenen Formel vom aufgezwungenen Krieg und zu der vom Kaiser nach Bekanntwerden der russischen Mobilmachung am 31. Juli gebrauchten Wendung, Deutschland werde zur „gerechten Verteidigung“ gezwungen: „Man drückt uns das Schwert in die Hand“59. Mitunter wurde der Krieg nicht nur als „gerecht“60, sondern sogar als „heilig in seinem Zwecke“ bezeichnet, insofern „wir nichts anderes erstreben, als die Freiheit und Sicherheit des Vaterlandes, einen dauerhaften Frieden für die Welt, bei dem nicht bloß die menschliche Kultur, sondern auch das Reich Gottes blühen und gedeihen kann“61. Die Kurzformel lautete:

„Unser Kampf ist ein heiliger, ein gerechter Kampf für geheiligtes Recht, für geheiligte Ordnung. Es gilt die Verteidigung des Vaterlandes, die Verteidigung unserer Güter. Es gilt die Sicherung der eigenen Grenzen. Fürwahr, das ist ein heiliger Kampf um Gottes willen“62.

Allerdings wurden in der katholischen Publizistik durchaus auch die Bedingungen und Grenzen des „gerechten Krieges“ benannt, nämlich: „Wenn also diplomatische Verhandlungen, Repressalien, Vermittlung, Warenboykott und dergleichen Mittel genügen, um dem Staate zu seinem Rechte zu verhelfen, so darf nicht zum Kriege gegriffen werden, der doch immer das größere Übel bleibt“63. So etwa Ende Oktober 1914 im Fuldaer Bonifatiusboten. Damals stand angesichts dessen, was in Belgien geschehen war (Krieg gegen die Zivilbevölkerung, Politik der Verbrannten Erde, Zerstörung Löwens, die Verteidigung Deutschlands auf fremdem Territorium), die Anwendung der Lehre vom gerechten Krieg unter einem massiven Rechtfertigungsdruck64.

Nationale Vereinnahmung Gottes – religiös begründet

Eng mit der Frage nach dem gerechten Krieg verbunden war die Frage nach dem Standort Gottes. Er musste auf der Seite der Gerechten stehen. Auch die nationale Vereinnahmung Gottes war kein konfessionsspezifisches Argumentationsmuster, wurde aber von katholischer Seite übernommen. Denn es bot die Möglichkeit, den offenen Zwiespalt zwischen Katholizismus und Nationalismus zu überwinden.

Mitunter wurde aus dem Krieg ein im Namen Gottes geführter Krieg. So predigte der Maria Laacher Prior 1914:

„Den Krieg selber, insofern in ihm materielle Gewalten und Massen aufeinanderstoßen und durch eine mehr oder minder physische Kraftprobe die Entscheidung in einem an und für sich doch geistigen Rechtsstreit herbeiführen – den Krieg, so verstanden, nimmt die Kirche als eine gegebene Tatsache hin, die in der notwendigen Unvollkommenheit aller irdischen Institutionen, zu großen Teil aber auch in der mangelhaften Erfassung des christlichen Ideals begründet ist. Sieht man aber von der so traurigen materiellen Seite des Krieges ab und faßt man ihn von der ethischen Seite, insofern er nun einmal doch von den kämpfenden Parteien als das Ringen zwischen Recht und Unrecht aufgefaßt wird, dann ist der aus dem Willen zum Recht unternommene Defensiv- und Offensivkrieg für die Kirche nichts anderes als ein im Namen Gottes geführter Kampf. Jeder Krieg steht sogar in einem geheimnisvollen Zusammenhange mit dem blutigen Drama auf Golgotha. Er ist eine Fortsetzung, er ist tatsächlich ein Stück des Kampfes, den unser Erlöser geführt hat. Wie Christus seinen Sieg mit seinem Blute erkauft hat, so ist es auch heute nicht selten denen, die auf Christi Seite stehen, beschieden, ihr Recht mit dem Blute zu erkaufen“65.

Die nationale Vereinnahmung Gottes im Sinne der Bitte um Gottes Hilfe in der kriegerischen Auseinandersetzung ist freilich eine Sache, die heilsgeschichtliche Deutung von Kriegsglück aber eine andere.

Ich führe hier nur eine derart legitimierende Stimme an: Im September 1914 hieß es in der Fuldaer Zeitung: „Der Allmächtige hat unsere Truppen von Sieg zu Sieg geführt, all unseren Feinden hat er offenbar gemacht, daß er mit der gerechten Sache ist und mit dem Volk, das in Demut um seinen Schutz und Segen fleht“66. – Im Umkehrschluss hätte dieses Argumentationsmuster, spätestens 1918, bedeutet: die deutsche Sache war eben doch nicht die gerechte Sache und schon gar nicht die Sache Gottes, denn der Sieg war auf Seiten des Gegners.

Dieser logische Rückschluss wurde freilich nicht gezogen. Stattdessen finden sich selbst noch im Juli 1918 Spuren desselben Musters, wenn sie auch nicht mehr ganz so vollmundig klingen: Gottes Wille habe zumindest den Krieg „vom Boden unseres Vaterlandes, von seinen Fluren, Städten und Dörfern fern gehalten“67.

Hier offenbart sich eine primitive Pseudotheologie, die in weiten katholischen Kreisen bis hin zu höchsten kirchlichen Würdenträgern zu finden war. Man hätte 1918 ja auch mit ganz anderen Interpretamenten argumentieren können. Etwa mit biblischen Aussagen wie: „Der Gerechte muß viel leiden“ (Ps 34,20), oder: „Wen der Herr liebt, den züchtigt er“ (Spr 3,12). Solche Dinge sucht man in diesem Zusammenhang jedoch vergebens.

Allerdings, und damit komme ich zur verbreitetsten Rechtfertigung des Krieges, wurde der Krieg als Instrument der Strafe, der Züchtigung, der Erziehung Gottes interpretiert – bezeichnenderweise aber nicht auf eine – deshalb – zu erwartende kriegerische Niederlage bezogen.

Krieg als Gottesstrafe und Aufruf zur Läuterung

Dort, wo dem Krieg – neben der prinzipiell negativen Erfahrung des Leids – eine positive religiös-sittliche Dimension abgerungen wurde, traten die Motive der Läuterung und Buße sowie des „Opfers“ auf68.

Der Krieg sei eine Prüfung, „die Gott will, die zu Gott führt“69. Ein Freiburger Pfarrer formulierte das so: „Nur der Schmerz und das Leid weiß ja das Edelste und Tiefste im Menschen zu erlösen und zu befreien“70. Erhofft wurde also – frei nach dem Motto: „Not lehrt beten“ – eine neue Hinwendung zu Gott, zum Glauben, zur Kirche. Der erkannte Sinn des Krieges war, jene, die sich vom Glauben abgewandt haben, zurückzuführen, jenen aber, die glaubten, die Gelegenheit zur Bewährung zu geben. In der Kölnischen Volkszeitung schrieb ein Pfarrer im September 1914: „Der Ruf des Kaisers an die wehrfähigen Männer Deutschlands bedeutete für das katholische Volk in Wahrheit zunächst eine Herzensmobilmachung71. So wurde der Krieg in katholischen Verlautbarungen allenthalben legitimiert.

Die Antwort, weshalb eine Läuterung überhaupt nötig sei, lautete: Wohlstand und Kultur, der Genuss der irdischen Güter, Eigenliebe und Stolz haben die Werteordnung vertauscht und Gott als das höchste Gut überlagert. So hieß in einem Zeitungsartikel:

„Woher nun der Krieg? Von der Verkehrtheit der Menschen sagst du. Freilich, darin liegt die nächste Ursache. […] Mitten hinein in den immer mehr zunehmenden Unglauben und den Abfall von der Kirche und dem Christentum, mitten hinein in die hochgehenden Fluten der Sittenlosigkeit, die weite Kreise und Schichten der menschl. Gesellschaft erfaßt hat, schwingt der gerechte Gott die Zuchtrute. […] Der maßlose Aufwand, der unsinnige Luxus, die alle Schranken niederreißende Genußsucht, der sittliche Verfall, wie er sich in der wachsenden Häufigkeit der Ehescheidungen, dem Geburtenrückgang, der horrenden Zunahme der öffentlichen Unsittlichkeit kundgab, vor allem der religiöse Niedergang, der weiteste Kreise des deutschen Volkes in seinen unheilvollen Bann gezogen hatte, das, und viele andere Verfallserscheinungen, die das Schlimmste befürchten ließen“72.

Auch die deutschen Bischöfe sahen in ihrem gemeinsamen Kriegshirtenbrief „eine ihrem ganzen Wese nach unchristliche, undeutsche und ungesunde Überkultur mit ihrem äußeren Firnis und ihrer inneren Fäulnis, mit ihrer rohen Geldsucht und Genußsucht, mit ihrem ebenso anmaßenden wie lächerlichen Übermenschentum, mit ihrem ehrlosen Nachäffen einer fremdländischen [gemeint war die französische], verseuchten Literatur und Kunst und auch der schändlichsten Auswüchse der Frauenmode“ mitverantwortlich für den Krieg, den Gott nun als „Kriegsgericht“ über die „gottfeindlichen, irreligiösen, ungläubigen und unsittlichen Weltmächte“ hereinbrechen lasse73. Hier artikulierte sich noch einmal der Kulturpessimismus des katholischen Antimodernismus. Interessant ist, dass die Schuld zwar generalisierend für alle artikuliert, aber dennoch individualisiert wurde. Demgegenüber wurde bei gleicher Interpretation in Frankreich die Schuld kollektiv und strukturell gesehen, und auf den Staat bzw. den Laizismus bezogen.

Es waren vor allem die Bischöfe, die in ihren Hirtenbriefen „ein schwarzes Sittengemälde“ insbesondere der modischen Kultur, des Eheverständnisses und der Sexualität zeichneten. Es wurde also nicht zuerst der Krieg für den Niedergang der Moral verantwortlich gemacht, sondern andersherum: Weil die Menschen von Glaube und Sitte abgekommen waren, strafte Gott sie mit Krieg.

Die Perversion oder zumindest die Aporie einer solchen Kriegsdeutung brachte ein Soldat 1917 zum Ausdruck, als er schrieb:

„Etwas ironisch klang mal ein Artikel, wo dieser Krieg als eine Geißel, als furchtbare Strafe für die sündige Menschheit hingestellt wurde. Natürlich hat die Menschheit vor dem Kriege gesündigt. Aber ich frage: wann wurde mehr gesündigt, vor dem Krieg oder während dem Kriege? Ganz entschieden wurde nie mehr gesündigt als gerade in diesem unheilvollen Kriege. Mit welcher Geißel werden denn diese Sünden gestraft?“74

Freilich gab es auch theologisch vorsichtigere Stimmen. Nach den enormen menschlichen Verlusten an der West- und der Ostfront meinte zum Beispiel der Fuldaer Bonifatiusbote im Herbst 1915, das Argument, Gott wolle den Krieg, sei zu relativieren:

„Gott hat den Krieg nicht gewollt, er will auch nicht, daß derselbe so lange fortdauere. […] Aber dieser große, unendliche Gott hat dem Menschen einen freien Willen gegeben. […] Man bleibe also uns fern mit der gedankenlosen Phrase, der Krieg komme von Gott oder wenn es einen gerechten Gott gäbe, dann müßte das Morden ein Ende haben. Wenn die Engländer erklären, wir geben nicht nach und wir wollen keinen Frieden, wenn Frankreich erklärt, bis zum endgültigen Siege dulden wir nicht, daß man vom Frieden spreche, wenn Rußland trotz seiner ungeheuren Niederlagen sich immer noch als halber Sieger wähnt, […] dann leuchtet jedem vernünftigen Menschen ein, daß der Herrgott im Himmel mit der längeren Dauer des Krieges nichts, aber auch gar nichts zu tun hat“75. – Eine selbstkritische Stimme, die aber doch eher eine Ausnahme zu sein scheint!

Die katholische Deutung des Krieges als „Appell zu Buße und Sühne“, als „Strafgericht Gottes über die sündige Menschheit“ und als „Anruf, die Tugenden der Christen zu bewähren“76 wurde allerdings lange Zeit beibehalten77. Sie wurde übrigens auch eingesetzt, um sich gegen die Feinde abzugrenzen, so wenn von der „Pariser Sitte“ die Rede war78.

Möglicherweise war diese Deutung allerdings auch eine Folge der Erfahrung des Kriegsbeginns, als es in ganz Deutschland zu einem großen Ansturm auf die Kirchen kam. Die Zahl der Taufen nahm sprunghaft zu, die Gottesdienste waren vielbesucht, die Sakramente wurden bewusst empfangen79. Auch wenn dieser „Massenandrang der Soldaten“, aber auch der Zivilisten, nicht unbedingt einen religiösen Ursprung gehabt haben muss80, legte sich die geschilderte Deutung doch nahe. Die Frage ist, wie in diesem Zusammenhang das bereits in den ersten Kriegsmonaten deutliche Nachlassen religiöser Betätigung der Soldaten, aber auch die Rückkehr der Daheimgebliebenen zu einem „religiösen Routineverhalten“ zu deuten ist. Als Beweis für den nichtreligiösen Ursprung des ersten Andrangs, also im Sinne eines „Akts der Vergemeinschaftung in der Unsicherheit und der Bedrohung“, oder als Beleg für eine rasche Verrohung der Soldaten unter den unmittelbaren Eindrücken des Krieges? Oder wurde die theologische Legitimierung des Krieges einfach zunehmend als „falsch“ erkannt und entlarvt? Schwand also im Zuge der Manifestation des Krieges als Dauerzustand das „Vertrauen in die göttliche Vorsehung“? Es wird wohl das eine wie das andere stimmen. Die zunehmenden Klagen über den sittlichen Verfall, sowohl zuhause bei den zurückgebliebenen Frauen, als auch bei den Soldaten im Feld, zeigen jedenfalls nicht nur, dass alle (vielleicht auch nur zweckoptimistischen) Hoffnungen des Klerus auf eine religiössittliche Erneuerung enttäuscht wurden, sondern dass auch die daran geknüpfte Kriegstheologie absurde Züge aufwies.

Paradigmatisch für den Krieg als „Anruf“ Gottes mag eine Predigt des Paderborner Bischofs Karl Joseph Schulte (1871–1941) stehen:

„Auch von heiligen Tagen, Tagen der Heiligung, darf Gott sei Dank gesprochen werden. In welch unübersehbaren Scharen und mit welch tiefem Ernste haben unsere wehrpflichtigen Männer uns Jünglinge – selbst solche, die Gott und der Kirche jahrelang entfremdet waren – vor dem Auszuge in den Krieg am Beichtstuhl und am Tisch des Herrn sich eingefunden! Der Gedanke an die Ewigkeit und an des Menschen letzte Dinge leuchtete blitzhell in Millionen Seelen auf, die dem Tode täglich nun ins Antlitz sehen müssen; er hat zahllose und unvergeßliche Wunder einer kindlich frommen Rückkehr zu Gott, dem Ewigen und Allbarmherzigen, bewirkt. Und die Daheimgebliebenen? Wann hat man je zuvor solchen Ernst im Lebenswandel, solche Anspruchslosigkeit, solchen Eifer im Guttun wahrgenommen? Wie sehnen sich jetzt die Gläubigen nach den übernatürlichen Kraft- und Trostquellen der heiligen Gnadenmittel der Kirche, wie drängen sie sich täglich am Morgen und am Abend zu den kirchlichen Stätten des Wortes Gottes, des gemeinsamen Gebetes und des heiligen Opfers!“81

Diese Argumentation wurde auch dann noch aufrechterhalten, als bereits in den ersten Kriegsmonaten ein deutliches Nachlassen der religiösen Betätigung der Soldaten82, ja ein deutlicher Sittenverfall83 zu bemerken war. Der Jesuit Peter Lippert (1879–1936) pries – nach über einem Jahr Kriegserfahrung – geradezu hymnisch die inneren „Errungenschaften“ des Krieges, die vielleicht größer seien als der äußerliche Sieg: Die „Hochspannung des Geistes“, den „rastlosen, unverdrossenen Arbeits- und Opferwillen“, das Aufhören von „Partei- und Bruderzwist“, die Überwindung sozialer und gesellschaftlicher Schranken, die „Kameradschaftlichkeit des ganzen Volkes“, die soziale „Gebe- und Opferfreudigkeit“, die sich allgemein zeige.

„Als vor vierzehn Monaten das gigantische Ringen anhob, da war es uns, als ob neue Morgenröten aufgingen hinter den Bergen, als ob neue Lebensquellen aufspringen wollten in allen Gründen, als ob neues Geisteswehen herangebraust käme von allen Höhen und Tiefen. Da fühlten wir uns, nach dem ersten ungeheuren und unfaßbaren Eindruck, wie neugeboren. Wir erwachten zu einer neuen Wirklichkeit. Wie wenn ein langer und böser Traum verflogen wäre und frische Morgenwinde uns die von Nichtigkeiten und Narrheiten heißgewordenen Stirnen kühlten. Wir sprachen erstaunt und beglückt von der Wiedergeburt des Volkes, von der politischen, sittlichen, religiösen Wiedergeburt. Und es war nicht alles Täuschung. So lange wir leben werden, wir Zeitgenossen dieses Krieges, werden wir Gott kniefällig zu danken haben, daß wir sie erleben durften, diese Zeit, wo wir unser Vaterland, unsere Seele, unsern Gott neu entdeckten“84.

Lippert sah allerdings die Gefährdung solcher Errungenschaften und er verband deshalb mit seinem Jubel sehr konkrete Vorstellungen, Erwartungen und Aufgaben an das Volk, vor allem aber an die ganze Seelsorgstätigkeit der Nachkriegszeit. Die gemachten Erfahrungen müssten seiner Ansicht nach auch zu einer Läuterung der Kirche, der Pastoral führen. Alles komme darauf an, „daß eine regelmäßige Seelsorge auch die Bevölkerungsschichten erfasse, die ihr bisher entgangen“ waren, „besonders in den Großstädten“. „Die Sammlung und Betreuung der in besonderem Maße Gefährdeten, der Zugewanderten und der schulentlassenen Jugend“ werde zu einer der dringendsten Aufgaben werden. Lippert forderte eine individuellere Gruppenseelsorge, das Ausschöpfen der liturgischen Möglichkeiten. Die von vielen Feldgeistlichen an den Tag gelegte „außergewöhnliche Rührigkeit, Weitherzigkeit und Entschlossenheit“ müsse weitergehen. Religiöse und liturgische Gebräuche und Gepflogenheiten hätten keinen Wert an sich, sondern müssten angetastet und an die veränderten Zeitverhältnisse angepasst werden. Es müsse ernst gemacht werden mit der gewonnenen Einsicht, „daß die Seelsorgsformen und Seelsorgsmittel für die Menschen da sind, nicht umgekehrt“85. Und dies habe auch Konsequenzen für die Theologenausbildung:

„Die wohltätige Mischung der Theologiestudierenden und Ordensbrüder mitten unter die Krieger aus den andern Ständen, die von reichem Segen gekrönte Bereitwilligkeit, mit der die Priester das Leben in den Schützengräben, die glühenden Märsche und die kalten Winterfahrten, die Gefahren und Strapazen geteilt haben mit den Regimentern und Divisionen, die ihrer Seelsorge anvertraut waren, all das hat uns aufs neue das Ziel gezeigt, zu dem wir unsere Priesteramtskandidaten erziehen, zum unmittelbaren Leben in und mit dem Volk, zu möglichst lebendiger Berührung mit dem Denken und Fühlen der Volksseele, zu einem gewandten und klug sich anpassenden Verkehr mit Angehörigen aller Stände und Bildungsschichten, vor allem aber zu selbstverleugnendem und opferwilligem Eingehen auf die abgrundtiefen Nöte des Menschenherzens und zu der unermüdlichen und unverdrossenen Arbeitsfreudigkeit und Unternehmenslust, wie sie unserem gesunden und begabten Volk eigen ist, und wie sie in erhöhtem Maße all denen zu eigen sein muß, die unter diesem Volke arbeiten, die dieses Volk führen sollen“86.

Fremdbilder und nationale Sympathien

Für die deutschen Katholiken war es ein offen zutage liegendes Dilemma, gegen eine vornehmlich katholische Nation wie Belgien oder Frankreich Krieg führen zu müssen. Dieses Problem wurde in den ersten Monaten in der Öffentlichkeit ausführlich debattiert. Als Hauptargument wurde den Franzosen jede Religiosität abgesprochen87 – verbunden mit dem Vorwurf der „französischen Krankheit“, die vor allem ins Sexuelle zielte88. In Frankreich herrschten stolzer Unglaube, freche Sittenlosigkeit, „maßloses Versunkensein ins Irdische“ und eine grausame Verfolgung der Kirche Christi89. Der Laizismus, die Trennung von Staat und Kirche von 1905, habe schlimme Folgen gezeitigt. Auch sei es „ein trauriges Zeichen für die ‚große Nation‘, daß sie ihre Religionsdiener zum Tragen der Waffe zwingt. Kein Volk der Welt, nicht einmal das wildeste, tut das sonst“90. Jüngste Zeichen einer religiösen Erneuerung seien kaum mehr als eine Inszenierung, um den Heiligen Stuhl für Frankreich einzunehmen91.

Die Erfahrung mit französischen Kriegsgefangenen ließ die Urteile über die Frömmigkeit der Franzosen allerdings allmählich besser werden. Dass das französische Volk nicht so ungläubig sei, wie es vielfach scheine, sondern nur Opfer eines religionsfeindlichen Staats, wird jedoch ebenfalls zum Argument für den Krieg gewendet: Die deutschen katholischen Soldaten hätten „eine Vorbildfunktion für die Wiederbelebung des Glaubens im Feindesland“92.

Der Kriegseintritt Italiens, und somit einer weiteren katholischen Nation, forderte die Katholiken im Mai 1915 abermals heraus. Das Rechtfertigungsproblem, gegen die eigenen Glaubensbrüder kämpfen zu müssen, wurde ähnlich gelöst wie hinsichtlich Frankreichs: Man verwies darauf, die eigentlich kriegstreibenden Kräfte seien die antikirchlich eingestellten Enkel Garibaldis, insbesondere aber die Freimaurer, die in Italien eine reale Macht bildeten. Die italienischen Katholiken hätten den Kriegseintritt Italiens hingegen abgelehnt93.

Aus dem Verhältnis zum anglikanischen Großbritannien ließen sich keine konfessionsspezifischen Argumentationsmuster entwickeln, außer dass für Irland Sympathien geweckt wurden94. Das Zarenreich wurde von Beginn des Krieges an stereotyp als unzivilisiertes Land dargestellt95. Russland habe die katholische Kirche und die Katholiken seit Jahren aufs Schärfste verfolgt96.

1915 wurden die deutschen Katholiken von „religiöser Seite“ her massiv angegriffen, und zwar durch die von französischen Katholiken verfasste Schrift La Guerre Allemande et le Catholicisme. Unter dem Pro tektor des Pariser Erzbischofs hatten sich 43 Katholiken, unter ihnen zwei Kardinäle und neun Bischöfe, zusammengefunden, um den deutschen Glaubensbrüdern Hochverrat an ihrer Religion vorzuhalten97. Die französische „Kriegsarbeit“ der Theologen wird man nicht nur als Ausdruck eines „Nationalismus“, sondern vor allem als Versuch werten müssen, der Isolation zu entkommen, in die der französische Laizismus die Kirche in Frankreich getrieben hatte. Von daher war die Situation der französischen Katholiken mit jener der deutschen Katholiken in einer Zeit neu aufflackernder Kulturkämpfe durchaus verwandt.

Zu den Vorwürfen der französischen Streitschrift gehörten: Die „deutsche Kultur“ – von Kant und Hegel, Haeckel und Nietzsche geprägt – sei eine atheistische, heidnische, der katholischen Kirche grundsätzlich feindliche Kultur, roh und barbarisch. Der „deutsche Krieg“ entspringe germanischer Selbstüberhebung, der Verachtung der lateinischen und slawischen Rasse, und verfolge das Ziel, die romanischen Völker, und mit diesen den Katholizismus, auszurotten. Der Krieg sei ein Vernichtungskampf des Protestantismus gegen den Katholizismus, dem die deutschen Katholiken willig die Hand böten. Dies zeige sich vor allem bei der völkerrechtswidrigen Besetzung des katholischen Belgien, bei der es massenhaft zur Schändung von Kirchen sowie zu Gräueltaten an Zivilisten und Geistlichen gekommen sei. Frankreich führe dagegen einen Krieg für das „katholische Prinzip“, Frankreichs Sieg sei ein Sieg der katholischen und christlichen Idee. „Wider Frankreich kämpfen heißt wider Gott kämpfen“98. Damit wurde der Krieg tatsächlich zum „Religionskrieg“99.

Durch die scharfen Anklagen war der deutsche Katholizismus früh herausgefordert, sich mit dem Krieg, den Motivationen, der eigenen Rolle apologetisch – aber notgedrungen auch kritisch – auseinanderzusetzen. Während die deutschen Bischöfe gegen die Angriffe der französischen Kirche Verwahrung beim Hl. Stuhl einlegten100, publizierten katholische Wissenschaftler eine Reihe von Gegenschriften, in denen sie den von französischer Seite angesprochenen Fragen und Problemen nachgingen101.

Gegen den französischen Vorwurf, Deutschland habe den Krieg gesucht, wandte sich der Freiburger Historiker Heinrich Finke (1855–1938). Jeder kriegführende Staat betone den eigenen gerechten und den ungerechten Krieg des Gegners102, jeder Krieg bezwecke aber Veränderung des politischen Besitzes:

„Der wahre Angreifer ist, wer diese Veränderung anstrebt. Was wollte nun Frankreich? Es wollte Revanche und Elsaß-Lothringen. Niemand leugnet das in Frankreich […]. Und Russland? Es wollte und will Konstantinopel – Byzanz. […] England wollte kein Land von uns; es wollte aber unsere Flotte vernichten, uns als geschäftliche Konkurrenten schlagen. Und wir und Österreich? Wollten wir mit Gewalt ein Land, das andere in Besitz hatten? Wir wären zufrieden gewesen, wenn man uns in Ruhe gelassen, uns unser Hab und Gut gegönnt hätte. Kaum einer Nation ist es so wie der unsrigen gegeben, ehrlich das Lebensrecht der großen Nationen anzuerkennen, ihre Völkerindividualität und ihre geistige Bildung zu verstehen und gerecht zu würdigen. Gewiß hat hie und da ein unklarer Alldeutscher, ein sogenannter Imperialist, den Wunsch nach einem größeren Deutschland geäußert; in die Denksphäre unserer führenden politischen Kreise sind solche Gedanken nicht gekommen. […] Mehr als 40 Jahre hat es [Deutschland] den Frieden mit den Großmächten gehalten, Friedensstörungen in Europa abgelehnt und auch in den anderen Weltteilen an den zahlreichen Kolonialkriegen sich am wenigsten beteiligt; freilich auch am wenigsten beteiligt bei den Kolonialeroberungen. […] Kein europäischer Staat hat so viele kriegerische Anerbieten im Jahrzehnt von 1894 bis 1905 abgelehnt wie Deutschland. […] Als Russland zu Boden lag, Frankreich noch nicht fest an England gebunden und durch innere Wirren zerrüttet war. Wie leicht hätte ein kriegslustiges Deutschland beide Staaten vereinzelt niederschmettern können auf Menschenalter hinaus! Die deutsche Friedensliebe hat gesiegt. Wie wandelte sich nun aber die Weltlage seit Beginn des Jahrhunderts? Frankreich und Russland sind seit 1891 ruckweise einander nähergekommen. Flottenbesuche, Besuche der Staatsoberhäupter, entzückte Artikel der leitenden Presse über den immer stärker werdenden Drang nach engerer Verbindung kennzeichnen Lage und Stimmung“103.

England „begann mit dem englisch-japanischen Bündnis von Anfang 1902, ‚diesem unerhörten Schritte einer europäischen Macht‘, die Reihe der mehr oder minder lockern Verbindungen, die England mit verschiedenen Staaten, nur nicht mit Deutschland, anknüpfte, und die, wenn auch nicht in jedem einzelnen Falle, in ihrer Gesamtheit auf eine Einkreisung Deutschlands hinzielten. […] Russland hatte Anfang 1912 den Balkanbund unter seinem Protektorat geschmiedet. Österreich ist ausgeschaltet; die kleinen Staaten warten begierig auf seinen Verfall und streiten schon um Beute. Aus dem seltsamen Verlaufe des Balkankrieges geht das siegreiche Bulgarien stark geschwächt, Serbien gewaltig vergrößert hervor; in Russland findet sein Größenwahn seine Stütze, gegen Österreichs Drohungen weiß es sich geschützt – bis dann die Ermordung des österreichischen Thronfolgers durch serbische Emissäre den Weltenbrand entzündet. Die hier geschilderten Tatsachen sind bekannt. Die subjektive Färbung liegt in ihrer Deutung und Verbindung. Ist sie richtig? […] Als überzeugendes Resultat der bisherigen Darstellung ergibt sich doch wohl das eine, daß Deutschland von seinen Nachbarn eingekreist, isoliert war, gewollt und vollständig. […] Diese beängstigende Isolierung brauchte ja nicht absolut zum Kriege führen; wir konnten uns ja ducken, vorsichtig allen Schwierigkeiten aus dem Wege gehen, wie wir das nach belgischen Zeugnissen ja auch zeitweilig getan haben. Unsere Einkreiser brauchten auch nicht alle und nicht immer den Krieg mit uns im Auge zu haben, unsere Demütigung konnte ihnen ja genügen. Aber alles hat seine Grenzen. Irgend etwas Unvorhergesehenes, eine Katastrophe, mußte den Krieg bringen“104.

Der französische Versuch, den Krieg als Religionskrieg hinzustellen, als Krieg des protestantischen Deutschland gegen das katholische Frankreich, als Krieg einer religiös degenerierten Nation gegen das wahre Christentum der „ältesten Tochter der Kirche“, wurde von den deutschen Katholiken energisch zurückgewiesen. So betonte Mausbach, die deutschen Katholiken seien „nie Anhänger eines beschränkten Nationalismus“ gewesen105.

„Man braucht sich gewiß nicht zu wundern, daß in allen kriegführenden Ländern die Katholiken eng mit ihren Volksgenossen zusammenstehen und sich je nach ihrem Temperament von der allgemeinen Kampfstimmung mehr oder weniger hinreißen lassen. Aber neu und unerhört ist es, daß die gläubigen Katholiken eines Landes als solche hervortreten und unter Führung angesehener Kirchenfürsten und Gelehrten die furchtbarsten Anklagen gegen eine andere Nation erheben; schmerzlich und unerträglich ist es für jeden Friedensfreund und Katholiken, daß sie diese Nation, weil sie gegen Frankreich kämpft, vor der ganzen Christenheit als grundsätzlichen Feind aller Sittlichkeit und Religion brandmarken und dabei ausdrücklich die Katholiken des Landes als Mitschuldige hinstellen! […] Wer die Religion als Feldzeichen erhebt und als Waffe gebraucht, um schwankende Freunde aufzurütteln, und den verhassten Gegner desto tödlicher zu treffen, der macht sich verantwortlich für alle entrüstete und zornige Gegenwehr, die bei dem Angegriffenen losbricht und nun gar leicht das heilige Banner in den Staub zieht. […] Inmitten aller Schrecknisse des Krieges war es bisher ein wahrer Trost für jedes fromme und friedliebende Gemüt, daß man bei der eigenartigen Gruppierung der kriegführenden Mächte nicht von einem Religionskrieg sprechen, nicht die finstere Glut eines blutigen religiösen Fanatismus entfachen konnte. Die Verfasser des genannten Werkes haben alles getan, der Menschheit auch diesen Trost zu rauben. Gott sei Dank, die Evidenz der Tatsachen ist zu stark und überwältigend, als daß der Versuch, den Krieg zu einem Religionskriege zu stempeln, gelingen könnte; nie und nimmer wird ein halbwegs vernünftiger Mensch sich einreden lassen, daß in dem von Serbien, Russland, Frankreich und England geführten Kriege ‚der eigentliche Einsatz das Reich Gottes in den Seelen‘ ist!“106.

Um die Behauptung eines Religionskrieges zu entkräften, ging man auf deutscher Seite auch gegen andere Annahmen vor. So wurde der französische Ehrentitel „älteste Tochter der Kirche“ als Fälschung entlarvt. Der „Katholizismus“ der französischen Kirche wurde auf den Prüfstand gestellt. Um den Versuch einer Spaltung der Deutschen abzuwenden, betonte man gegenüber Frankreich, die Behauptung, die deutschen Katholiken würden unterdrückt, sei völlig falsch. Stattdessen wies man auf die religionsfreundlichen Bedingungen in Deutschland und die Religionsfeindlichkeit des französischen Staates hin. Dabei verkannte man freilich, dass die französischen Katholiken ihrerseits den Krieg als einzigartige Chance sahen, aus der Isolation durch den Laizismus herauszukommen.

4. Eine katholische „Kriegsprogrammatik“? – Vorschläge eines Theologen (1916)

Wir haben bisher – keineswegs vollständig107 und auch eher eklektizistisch – Bausteine und auffällige Argumentationsmuster zusammengetragen, die im „katholischen“ Kriegsdiskurs während des Ersten Weltkriegs eine Rolle spielten. Abschließend sei noch beispielhaft zumindest ein Entwurf einer katholischen „Kriegsprogrammatik“ vorgestellt. Er stammt von Ludwig Baur (1871–1943), Professor für scholastische Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, und erschien 1916 in der Paderborner Zeitschrift Theologie und Glaube108. Baur verfasste seine Gedanken wohl im Herbst 1915 als Feldgeistlicher der 54. Reserve-Division, konnte also – bei ausgewiesener philosophisch-theologischer Kenntnis – auch auf eigene Kriegserfahrungen sowie auf Erfahrungen im Umgang mit den Soldaten zurückgreifen109.

Baur konstatiert noch für die Kriege von 1866 und 1870 das Fehlen einer eigentlichen „Kriegstheologie“ oder „Kriegsphilosophie“. Die homiletische Literatur – wo man eine solche am ehesten sucht – habe sich nicht wirklich eingehend mit „den durch den Krieg aufgeworfenen Problemen“ befasst. Und die Predigten, die man im gegenwärtigen Krieg „frisch fabriziert ins Feld liefert“, litten an dem Fehler, dass sie „aus einer Überhitze patriotischer Aufwallung heraus gedacht und geschrieben“ seien, was auf die Dauer „hohl und posiert“ klinge110. Demgegenüber sei es jedoch Aufgabe der Kriegspredigt, die erschütternden Erfahrungen des Krieges „mit den Wahrheiten und dem sittlichen Pflichtenkreis des katholischen Glaubens in die richtige Verbindung“ zu bringen. Denn der Krieg „schleudere“ jedem denkenden Menschen „die ernstesten Zweifel an der Leitung der Menschheitsgeschichte durch die göttliche Vorsehung, an der Vatergüte Gottes, ja an dem Dasein eines persönlichen Gottes selbst“ in die erschütterte Seele111. Scharf wendet sich Baur gegen eine Kriegspredigt, die von (noch so edlen) Stimmungen, von Sympathie und Antipathie, von Affekten und Leidenschaften ausgeht. Im Zentrum habe vielmehr – neben seelsorgerlicher Weisheit – die theologische Kenntnis zu stehen.

Und diese setze vor allem voraus, „daß der Prediger selbst innerlich mit dem Problem des Krieges als einer in Gottes Vorsehung und Leitung des Menschengeschlechts liegenden furchtbaren Tatsache fertig geworden sei und seine Stellung fest und bestimmt an den Grundsätzen des katholischen Dogmas und der katholischen Moral über den Krieg, seine Berechtigung, die Grenzen seiner Berechtigung orientiere“112.

In einem ersten Punkt geht es dem Theologen um die Rechtsbegründung des Krieges, die doppelt erfolgen kann: naturrechtlich und ethisch. Nach Baur hält die katholische Lehre „die weise Mitte zwischen einer Apotheose des Krieges einerseits und einer idealistischen völligen Ablehnung anderseits“113. Zurückgewiesen werden „Lobredner“ des Krieges, aber auch Vorstellungen, die den Krieg als Kulturschöpfer (wie Nietzsche), als Quelle einer sittlichen (wie der Sozialist Proudhon) oder religiösen Wiedergeburt und Neugestaltung sehen; solches will Baur nur „mit kritischer Reserve und vorsichtig abwägender Einschränkung“ gelten lassen. Die Sicht des Krieges als „Gottesdienst“ weist er ebenso zurück114 wie die Rede vom „heiligen Krieg […], wie die mohammedanischen Mullachs tun“. Es genüge, vom „gerechten Krieg“ zu sprechen115. In gleicher Weise lehne die katholische Lehre aber auch die Vorstellung ab, „die den Krieg unter allen Umständen als absolut sittlich verwerflich, als Verbrechen und Sünde“ kennzeichnet116.

Zur naturrechtlichen Begründung des Krieges zitiert Baur einen Satz des Kardinals János Kardinal Csernoch (1852–1927):

„Wenn es Pflicht der Leiter des Staates ist, den Staat, die Gerechtigkeit, den Frieden und die Sicherheit der Bürger zu schützen, dann ist in Ermangelung anderer Mittel zuletzt der physische Zwang, der Kampf, die Verteidigung mit Waffengewalt die sittlich zulässige Art des Rechtsschutzes“117.

Dieser naturrechtliche Grundsatz schließe einen „mit einem Rechtsbruch belasteten, vom Zaun gebrochenen Angriffskrieges aus bloßer Kampflust und Eroberungssucht“ aus. Allerdings hält Baur ein Schlupfloch offen, denn „nicht jede Form des Angriffskrieges dürfte verboten sein; denn es kann Kriege geben, welche zwar äußerlich die Form des Angriffskrieges haben, ihrem Sinn und Wesen nach aber bloße Verteidigungskriege sind“118. Also: der Krieg ist ein durch Notzwang herbeigeführtes Übel: „bellare non voluntatis sed necessitatis est“; „pacem habere debet voluntas, bellem necessitas“.

Mit der naturrechtlichen Begründung des Krieges hängt seine ethische zusammen. Die Zielbestimmung des Krieges ist „die Erhaltung und Stärkung jenes sittlichen Gutes, des Vaterlandes, und die dauernde Herstellung, Verteidigung, Begründung des höchsten Staatszieles: des Friedens unter den Völkern und den Bürgern des Staates“119.

Aus diesen Grundlagen ergibt sich für Baur eine Reihe von Folgerungen120 für die Kriegspredigt:

– Es muss immer wieder deutlich gemacht werden, dass der Krieg nicht um seiner selbst willen geführt wird, sondern um der Gerechtigkeit und des Friedens willen.

– Der Prediger darf nicht zum Lobredner des Krieges um jeden Preis werden.

– Gleichwohl ist es gestattet, auf die guten sittlichen und sozialen Wirkungen zu verweisen, die der Krieg „in der Hand der Vorsehung haben kann und soll121, um ihn in rechter Weise zu ertragen und zur inneren Besserung zu nutzen.

– Solch innere Nutzen aus der „Heimsuchung des Krieges“ können sein: Hingabe, Opferfreudigkeit, Geduld, Ausdauer, Vertrauen. Hier gibt es eine Nähe zum Opfergedanken, der in der katholischen Religion in besonderer Weise ausgeprägt ist – im Kreuzesopfer Christi, im Messopfer und in der Aufopferung des alltäglichen Lebens.

– Die Kriegspredigt hat auch die Aufgabe der Kritik: Sie hat allem entgegenzutreten, was den künftigen Frieden erschwert oder verunmöglicht, allem unchristlichen Hass, allen Ungerechtigkeiten gegenüber den Feinden, allem „eigenen unwahren Vortrefflichkeitsdünkel“.

– Recht oder Unrecht eines vorliegenden konkreten Kriegsfalles sollen nicht besprochen werden, weil dem einzelnen nicht alle erforderlichen Informationen zur Verfügung stehen, um zu einem absolut zuverlässigen Urteil zu kommen.

In einem zweiten Punkt geht es Baur um die offenkundigen und scheinbaren Widersprüche, um die Aporien des Krieges in theologischer Hinsicht. „Die großen Rätsel“ des Krieges müssen thematisiert werden, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen im Interesse der Apologetik, weil von atheistischer und monistischer, teilweise aber auch von christlicher Seite der Vorwurf erhoben wird, „daß in diesem Krieg das Christentum mit seinen Grundsätzen, mit seiner Lehre von der Liebe Fiasko gemacht habe gegenüber der Philosophie des Kampfes und der rücksichtslosen, durch keinerlei ethische Reflexionen und Rücksichten gebundenen Geltendmachung der Interessen und der Macht“122.

Zum anderen – und das ist wichtiger –, weil die Widersprüche eine große Belastungsprobe für den Vorsehungsglauben und für den Christusglauben überhaupt darstellen. „Der Zwiespalt zwischen der Lehre Jesu von der Nächstenliebe und Feindesliebe einerseits und dem Kriege anderseits, zwischen dem Gebot ‚Du sollst nicht töten‘ und der organisierten Tötung von Tausenden durch die raffiniertesten und grausamsten Mittel, zwischen der Lehre von der Vatergüte Gottes und der furchtbaren Menschheitsgeißel des Krieges ist auf den ersten Blick so groß, daß viele Seelen sich nicht ohne weiteres einen sie befriedigenden Ausweg aus diesem Gegensatz, den sie als unlösbaren Widerspruch empfinden, zu finden vermögen“123. Die Bergpredigt mit der Weisung, dem, der schlägt, auch noch die andere Wange hinzuhalten, passt nicht zu der befohlenen Pflicht, „Minen zu legen und Bomben zu werfen und durch ungeheure Schrecknisse Unzähliger Leben und Eigentum zu vernichten“124.

Baur sieht eine Antwort im Hinweis auf die Erbschuld des Menschen; der Krieg wird bei ihm zum „großartigen Anschauungsmittel“ für die „furchtbare Macht dieses mysterium inquitatis“125, zur „lebensvollen Illustration der katholischen Erbsünden- und Gnadenlehre“126. Die Erbsünde schwächt den freien Willen des Menschen, der sich in eigener Verantwortung für oder gegen Gottes Gebot und die Ideale des Christentums entscheidet. Der Krieg zeige, wie sehr der Mensch in seinem Streben und Wirken im Naturhaften steckenbleibt, wie sehr der Einzel ne ebenso wie Nationen ihrer ungezügelten Leidenschaft verfallen, was geschieht, wenn der Mensch sich von Gott und seinen Geboten löst. In der Umkehrung könne gezeigt werden,

„wie gerade die christliche Moral mit ihrer Lehre von der Liebe die Urquellen aller Feindseligkeiten und kriegerischen Verwicklungen im Herzen der Menschen verstopfen will durch die Forderungen von Liebe, Gerechtigkeit, Achtung des fremden Rechts, und wie auch dann, wenn die Durchführung dieser Lehre am freien Willen des Menschen scheitert, sie es eben ist, welche auch die wilden und harten Erfordernisse des Krieges noch durch einen Zug der Ritterlichkeit, der Güte, Barmherzigkeit und Versöhnung mildert“127.

Neben dieser ethischen Seite erkennt Baur freilich auch das theologische Problem des Krieges, die Theodizee.

„Wie verträgt sich die Tatsache des Krieges mit all seinem Weh und Greuel und Leid mit dem Glauben an einen gütigen Gott und seine Vorsehung? Wie lässt sie sich in den vorauszusetzenden sittlichen Weltplan eines allweisen, allgütigen Gottes eingefügt denken?“128

Baur findet seine Antwort in der Wertabstufung, die es im Licht des Glaubens und der Vernunft gibt, und wonach das Leben und äußerliche Wohlergehen des Einzelnen oder der Völker eben nicht an oberster Stelle stehen, so dass der Krieg auch „nicht der Zusammenbruch der Jenseitsmoral ist, sondern geradezu umgekehrt der Diesseitsmoral“. Das Friedensreich des Erlösers bedeute kein ungestörtes Erdenglück. Das Ziel werde erst im Jenseits erreicht.

„Die Kirche pilgert unter den Trübsalen der Welt und den Tröstungen Gottes ihrem hohen Ziele entgegen. Sie stellt ihren Kindern eher eine Steigerung als eine Erleichterung ihrer Leiden in Aussicht; sie gibt ihnen aber aus dem Schatze der ‚Tröstungen Gottes‘ eine Festigkeit inneren Friedens, die alles Sinnlich-Faßbare übersteigt“129.

In diesem Fall und in diesem Sinn kann der Krieg auch Gutes erzeugen, als Erziehungsmittel in der Hand Gottes, der „die Völker zu höherer Innenkultur erziehen“ will,

„durch das er sie aus der Verstiegenheit ihres Nationaldünkels zur Selbstbesinnung, Selbstkritik, Selbstbescheidung, zur Entwicklung aller in ihnen liegenden Kräfte rufen will, aus der Unzucht zur Zucht, aus der Üppigkeit zur Einfachheit, aus der Kompliziertheit und konventionellen Verlogenheit des Handels und Wandels zur schlichten Wahrhaftigkeit und Geradheit, aus der Frivolität zum demütigen, frommen Sinn, aus der Hingabe an das Zeitliche zum Dienst des Ewigen“130.

Der Krieg ist in dieser Hinsicht kein Selbstläufer, kein Automatismus. Es ist Aufgabe der Kirche und der Seelsorger, mit Gott dahin zu wirken, dass der Krieg wenigstens diese Früchte zeitigt. Deshalb verweist Baur den Prediger „dringend“ an die Hl. Schrift. Das Predigen mit Schiller, Goethe, Zarathustra etc., wie protestantischerseits so häufig empfohlen werde, habe in der katholischen Homiletik kein Recht131. Bei Verwendung alttestamentlicher Texte mahnt Baur aber an, nicht auf deren sittlicher Höhe stehenzubleiben, sondern die Texte immer im Licht der jesuanischen Botschaft zu lesen und zu ergänzen. So dürften etwa die alttestamentlichen Drohreden nicht ohne weiteres bezogen werden auf die gegenwärtigen, konkreten politischen und militärischen Gegner, denn „das Christentum hat keinen Platz für Gesinnungen, die die Rache herabrufen auf den Gegner“132. Der israelitische Gedanke, dass seine Kriege „Jehowas Kriege“ sind, weil Israel das auserwählte Volk Gottes ist, lasse sich nicht übertragen, ohne sich gegen den Geist des Christen tums zu vergehen.

Hier erlaubt sich Baur dann doch einige sehr konkrete Hinweise: Was Cromwell und die Puritaner taten, als sie England unter Rückgriff auf das Alte Testament als „das neue Volk Gottes“ betrachteten, als „Land der Vorsehung“, als „Gottesreich auf Erden“, sei unstatthaft. Und mit Recht seien Äußerungen mancher französischer Katholiken zu verurteilen,

„wenn sie in Verkennung der übernationalen Stellung der christlichen Religion dem französischen Volk eine Sonderstellung vor Gott, eine Vorrechtsstellung vor den übrigen Nationen reservieren wollen und Frankreich als besonders auserwählten Liebling der Mutter Gottes betrachten“133.

Gegen alle vordergründige Deutung der Vorsehung hält Baur fest: „Gott ist mit dem Recht“, aber diese Gewissheit werde noch einmal geläutert durch die Opferidee des Christentums. Demnach sei „nicht immer der augenblickliche Sieg auf seiten des Rechtes“, es müsse vielmehr oft „mühsam durch Kampf und Leiden und mannigfache Rückschläge hindurchgehen“, könne „gegeißelt, mit Dornen gekrönt, gekreuzigt, begraben werden“. Gottes Fügungen und Führungen verlaufen oft anders „als wir Menschen mit unserem Blick auf Nächstliegende und auf unsere eigenen Interessen es uns denken“134. – Ist darin eine Reaktion auf die militärischen Rückschläge und eine Vorsorge für einen negativen Ausgang des Krieges zu sehen?

5. Zusammenfassende Thesen und Desiderate

Der vorliegende Beitrag versuchte, einen Weg der Annäherung an die Frage nach dem „Eigenstand“ der Katholiken im Ersten Weltkrieg zu beschreiten. Dieser Weg führte, von prinzipiellen sowie eher theoretisch-systematischen Vorüberlegungen ausgehend, über eine historische Kontextualisierung der katholischen Bewusstseinslage zu einer gerafften Darstellung der tatsächlichen Faktoren katholischer Kriegsbejahung, die auf publizistischen Erhebungen beruhte, um schließlich in einer „Tiefenbohrung“ einen Entwurf einer einigermaßen „geschlossenen“ katholischen „Kriegsprogrammatik“ vorzustellen.

Will man ein vorläufiges Resümee ziehen, so könne man Folgendes festhalten:

1. Die Katholiken zeigten (offiziell) eine Kriegsbereitschaft und Kriegsbejahung, mitunter zunächst auch eine Kriegsbegeisterung, die derjenigen der Protestanten und überhaupt dem gesellschaftlichen Common sense (so es diesen denn überhaupt gab) wohl kaum nachstand. Erklärbar wird dies vor allem aus der jüngeren Geschichte des Katholizismus, die vor allem von einer tatsächlichen Inferiorität und Imparität, von einer nur teilweise erfolgreichen Emanzipation und von dem steten Vorwurf eines mangelhaften oder gar fehlenden Patriotismus geprägt war. Inwieweit es hier Abschichtungen gab, die aber vor allem an dem Bewusstsein dieser Inferiorität festzumachen wären (also: in der Diaspora stärker als in unangefochten katholischen Gegenden, im städtischen Bereich stärker als im ländlichen, im intellektuellen und akademischen Milieu stärker als in Handwerkerkreisen …), ist meines Erachtens noch keineswegs wirklich ausgelotet. Feststehen aber dürfte, dass es – trotz gewisser verbindender Grundgedanken – nicht „die“ Haltung der deutschen Katholiken zum Krieg gab. Auch diese gesellschaftliche Gruppierung, diese Subgesellschaft, war in sich nicht homogen, sondern durchaus plural aufgestellt. Die Fragen, die sich stellen, könnten lauten: Welche Normvorstellungen (die These vom „gerechten Krieg“, vom „Recht auf Verteidigung“, moraltheologische Aussagen etc.) im Hinblick auf den Krieg wurden in den verschiedenen katholischen Milieus gepflegt und propagiert? Gab es „Ausreißer“ (also z.B. extreme Nationalisten, unbedingte Pazifisten …), die sich diesen Normvorstellungen von vornherein und grundsätzlich entzogen?

2. Es lässt sich im öffentlichen Diskurs ein ganzes Bündel an Motiven der Legitimation und Rechtfertigung auf Seiten der Katholiken eruieren. Nicht alle wird man als konfessionsspezifisch bezeichnen können, manche jedoch waren es bzw. erhielten ihre „katholische“ Färbung und Modifikation. Ob sich, beziehungsweise inwieweit sich eine „Hierarchie“ dieser Legitimationen und Rechtfertigungen ausmachen lässt, vermag ich nicht zu sagen. Ebenso wenig geklärt ist, ob es auf die Dauer des Krieges hin signifikante Verschiebungen gab. Ein Problem stellte mitunter die Kollision nationaler und kirchlicher Loyalitäten dar. Zum einen aufgrund des Kriegs gegen katholische Glaubensbrüder in Frankreich und vor allem Belgien, später auch in Italien. Hier half man sich – gegenüber Frankreich und Italien – mit dem Hinweis auf die „Gottlosigkeit“ oder Laizität dieser Staaten bzw. ihrer Führer (Abgefallene, Freimaurer). Zum anderen gab es einen ernsten Loyalitätskonflikt wegen der päpstlichen Friedensappelle, denen man sich nicht wirklich verschließen konnte oder wollte. Hier half man sich mit Hinweisen, die eher die eigene Hilflosigkeit hervortreten lassen, als wirklich eine Konfliktlösung anzubieten. So etwa, wenn betont wurde, auch Päpste hätten in der Vergangenheit schon Kriege geführt, oder: bei aller Feindesliebe sei es doch legitim, wenn einem die eigenen Volksgenossen näher stünden als die Glaubensgenossen jenseits des Grabens. Nicht zuletzt aber wirkte das Motiv des „gerechten Krieges“, der nicht nur mit „Notwehr“ und „Verteidigung“ untermauert wurde, sondern auch mit dem Fehlen von Annexionsgelüsten auf deutscher Seite sowie einer „gerechten“ Kriegsführung (die allerdings der Überprüfung nicht standhält).

3. Die Kriegserfahrungen, das Bewusstsein der Gläubigen und die „Kriegstheologie“ der Bischöfe, Priester und Theologen passten nicht zusammen. Das hing nicht nur mit den veränderten Wirklichkeiten zusammen, „auf die das traditionelle theologische und rituelle Rüstzeug nur mehr sehr bedingt passen sollte“135. Die „Kriegstheologie“ war in sich brüchig und höchst ambivalent. Wie konnte ein Krieg als „gerecht“ bezeichnet werden, in dem so viel Ungerechtigkeit vorkam? Wie konnten Gott als „Mitstreiter“ und seine Vorsehung es zulassen und wollen, dass Kirchen und Klöster zerstört wurden, Priester und Gläubige ums Leben kamen, Katholiken sich gegenseitig niedermetzelten? Wie war es möglich, dass Christen, ja Katholiken diesseits und jenseits des Schützengrabens denselben Gott als Mistreiter für sich vereinnahmten, wenn sie denselben „gerechten“ Krieg für sich und gegen die anderen in Anspruch nahmen? Wie konnte denn der Krieg auf der einen Seite als „heilig“ bezeichnet werden, auf der anderen Seite aber als Folge der Sünde, als Unglück und Strafe? Wie konnte Gott mit den deutschen Waffen sein, wenn der Krieg verloren wurde? Welchen Wert hatte die Deutung des Krieges als „Zuchtrute“ und Erziehungsarbeit Gottes, wenn der anfänglich zu beobachtende religiöse Aufschwung nicht nur nach kürzester Zeit erlahmte, sondern mitunter zu synkretistischmagischem Aberglauben mutierte, ja, sich im Laufe des immer länger sich hinziehenden Krieges sogar in Skepsis, Zynismus und Religionslosigkeit verwandelte? Diesen Aporien wäre historiographisch einmal gezielt nachzugehen und zu fragen, welche theologischen „Lösungen“ Theologen, Hirten, Prediger wirklich anzubieten hatten.

1 Demnach wurde die Kriegserklärung vor allem in den Großstädten, vom Großbürgertum und im akademisch-studentischen Milieu mit Begeisterung aufgenommen. Vgl. dazu S. Neitzel, Blut und Eisen. Deutschland und der Erste Weltkrieg, Zürich 2003, 36ff.; J. Verhey, Der „Geist von 1914“ und die Erfindung der Volksgemeinschaft, Hamburg 2014; G. Hirschfeld, Deutschland im August 1914, in: N. Beaupré / G. Hirschfeld u.a., Der Erste Weltkrieg, Darmstadt 2013, 31–40; S. Bruendel, Ideologien: Mobilmachungen und Desillusionierungen, in: N. Werber / S. Kaufmann / L. Koch (Hg.), Erster Weltkrieg. Kulturwissenschaftliches Handbuch, Stuttgart / Weimar 2014, 280–310, hier 285f. – Es liegen inzwischen zahlreiche regionale bzw. lokale Studien vor. Etwa (unvollständig): C. Geinitz, Kriegsfurcht und Kampfbereitschaft. Das Augusterlebnis in Freiburg. Eine Studie zum Kriegsbeginn 1914 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte NF 7), Essen 1998; ders. / U. Hinz, Das Augusterlebnis in Südbaden: Ambivalente Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit auf den Kriegsbeginn 1914, in: G. Hirschfeld / G. Krumeich / P. Langewiesche / H.-P. Ullmann (Hg.), Kriegserfahrungen. Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte NF 5), Essen 1997, 20– 35; V. Ullrich, Vom Augusterlebnis zur Novemberrevolution. Beiträge zur Sozialgeschichte Hamburgs und Norddeutschlands im Ersten Weltkrieg, Bremen 1999; S. Herzig, Der Weltkrieg kam nach Osnabrück. Julikrise und „Augusterlebnis“ 1914 im Spiegel der Osnabrücker Tagespresse, Marburg 2010; M. Stöcker, Augusterlebnis 1914 in Darmstadt. Wie die Darmstädter den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebten, Darmstadt 22014; P. Anhalt, „Soll’s sein, so sei’s wie mein Gott will“. Eine Studie zum „Augusterlebnis“ 1914 im Eichsfelddorf Steinbach, in: Eichsfeld-Jahrbuch 22 (2014) 239–258; M. Schütz, „Julikrise“ und „Augusterlebnis“ 1914. Hildesheim bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in: Hildesheimer Kalender 282 (2014) 22–31; K. Klasen, Kriegsbegeisterung oder Kriegsfurcht? Das Augusterlebnis 1914 im Saargebiet, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 62 (2014) 81–104. – Schon älter: T. Rohrkrämer, August 1914 – Kriegsmentalität und ihre Voraussetzungen, in: W. Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse, München 1994, 759–777.

2 In den großen historischen Darstellungen wird die Rolle der Religion, die Haltung der Konfessionen, kaum thematisiert: J. Kocka, Klassengesellschaftliche Tendenzen und Gegentendenzen: das Verhältnis Land-Stadt, Generationen, Konfessionen und Minderheiten, in: W. Kruse, Der Erste Weltkrieg (Neue Wege der Forschung), Darmstadt 2014, 35–50, fordert „auf erweiterter Materialbasis“ zu untersuchen, ob „nicht-klassengesellschaftliche Gegensatz-, Spannungs- und Konfliktlinien (z.B. die zwischen den Konfessionen, den Generationen, zwischen Stadt und Land etc.) im Krieg relativ zu den Klassenlinien zurücktraten“. Während Kocka ausführlich auf die im Krieg wachsenden Spannungen zwischen Stadt und Land eingeht, auch auf einen ebenfalls ökonomisch begründeten, wachsenden Antisemitismus, wird der Katholizismus nur mit einem Satz bedacht: „Für die katholische Kirche bedeutete das relative Zurücktreten konfessioneller Merkmale stärkere Integration in die Gesamtgesellschaft“. Ebd. 46. Kocka stützt sich dabei auf eine kleine Studie aus den 1920er Jahren: A. Rademacher, Die Stellung der katholischen Kirche, in: O. Baumgarten u.a., Geistige und sittliche Wandlungen des Krieges in Deutschland, Stuttgart 1927, 149–216. – Im Handbuch von N. Werber / S. Kaufmann / L. Koch (Hg.), Erster Weltkrieg (wie Anm. 1), wird die Religion überhaupt nicht eigens thematisiert, auch nicht im Kapitel: T. Rohkrämer, Ideenkrieg: Sinnstiftungen des Sinnlosen. Ebd. 385–409. – In der Rubrik „Darstellungen“ bei G. Hirschfeld / G. Krumeich / I. Renz (Hg.), Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn, 2. erweiterte und aktualisierte Studienausgabe, Paderborn 2014, gibt es immerhin einen ursprünglich französischen Beitrag Religion von sechs Seiten aus der Feder von A. Becker (ebd. 192–197); außerdem in der Rubrik „Lexikon“ einen Artikel Katholizismus von R. Haidl (ebd. 607f.) sowie einen Artikel Protestantismus von G. Hübinger (ebd. 782f.). – Inzwischen liegen jedoch etliche monographische Studien zum Thema vor: S. Fuchs, „Vom Segen des Krieges“. Katholische Gebildete im Ersten Weltkrieg. Eine Studie zur Kriegsdeutung im akademischen Katholizismus (Contubernium 61), Stuttgart 2004; A. Jantzen, Priester im Krieg. Elsässische und französisch-lothringische Geistliche im Ersten Weltkrieg (VKZG.B 116), Paderborn u.a. 2010; O. Göbel, Die Fuldaer Katholiken und der Erste Weltkrieg. Zur konfessionellen Spezifik nationaler Integration am Beispiel der fuldischen katholischen Publizistik 1914–1918 (Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte 23), Frankfurt a.M. u.a. 2011; eher journalistisch: M. Lätzel, Die katholische Kirche im Ersten Weltkrieg. Zwischen Nationalismus und Friedenswillen, Regensburg 2014. Vgl. außerdem: G. Baadte, Katholischer Universalismus und nationale Katholizismen im Ersten Weltkrieg, in: A. Langner (Hg.), Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa (Beiträge zur Katholizismusforschung, Reihe B), Paderborn 1985, 89– 109; K. Schreiner, „Helm ab zum Ave Maria“. Kriegstheologie und Kriegsfrömmigkeit im Ersten Weltkrieg, in: RJKG 25 (2006) 65–98; C. Holzapfel, Krieg als „heilsame Kreuzes- und Leidensschule“. Die religiöse Deutung der Weltkriege, in: RJKG 25 (2006) 99–126; C. Schlager, Zwischen Feindesliebe und Erbfeindschaft. Die katholischen Kirchen in Deutschland und Frankreich und der Erste Weltkrieg, in: R. Johler u.a. (Hg.), Zwischen Krieg und Frieden. Die Konstruktion des Feindes, Tübingen 2009, 177–206; A. Holzem, „… wenig gebetet, aber heißer als je“: Katholiken im Ersten Weltkrieg (1914–1918), in: zur debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 5/2012, 25–29.

3 So H. Hürten, Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus 1800–1960, Mainz 1986, 183. Vgl. auch H. Lutz, Die deutschen Katholiken in und nach dem ersten Weltkrieg, in: Hochland 55 (1962/63) 193–216; A.-H. Leugers, Einstellungen zu Krieg und Frieden im deutschen Katholizismus vor 1914, in: J. Dülfer / K. Holl (Hg.), Bereit zum Krieg. Kriegsmentalität im wilhelminischen Deutschland 1890–1914. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Göttingen 1986, 56–73; R. van Dülmen, Der deutsche Katholizismus und der erste Weltkrieg, in: ders., Religion und Gesellschaft. Beiträge zu einer Religionsgeschichte der Neuzeit, Frankfurt a.M. 1989, 172–203; A. Holzem / C. Holzapfel, Der erste Weltkrieg in der Erfahrung von Katholiken, in: ThQ 182 (2002) 279–297.

4 O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 48–52 berichtet, dass es bei der Bekanntgabe der Regierungserklärung Österreich-Ungarns an Serbien im katholisch geprägten Fulda zu Jubel und spontanen Kundgebungen in Restaurants und Cafés kam. Patriotische Lieder wurden angestimmt. Dasselbe wiederholte sich, noch einmal verstärkt, bei der Kriegserklärung Deutschlands an Russland. Der Andrang von Freiwilligen, gerade auch bei älteren Schülern und Studenten war enorm. Die Fuldaer Zeitung schrieb: „Die Heimat ist bedroht von asiatischen Barbaren“. Auch in den kommenden Monaten wird aus Fulda und dem Umland von patriotischen Treffen und Äußerungen berichtet, die auch von katholischen Vereinen und Verbänden ausgerichtet wurden. Ein – allerdings auswärtiger – Pfarrer feierte in einer klassischen Rede die Vaterlandsliebe und wies auf die jeden Bürger betreffenden „heiligsten Verpflichtungen Thron und Altar gegenüber“ hin. Seine Aufforderung zur Treue gegenüber Vaterland und Kaiser sei durch ein „donnerndes Hurra“ aus „vielen begeisterten Herzen“ beantwortet worden. Noch im Dezember 1916 wurde eine Rede beim Katholischen Volksverein, in der zu „Opfersinn und Tatkraft und Arbeit für den Endsieg“ aufgefordert wurde, mit starkem Beifall bedacht, worauf spontan das Deutschlandlied gesungen wurde. Allerdings scheint der nationalen Begeisterung durch das religiöse Bekenntnis eine gewisse Grenze gezogen worden zu sein.

5 Die Kriegspredigten etwa des Speyerer Bischofs Michael Faulhaber zeigen, dass er als Feldgeistlicher seine Aufgabe, die Soldaten zu mobilisieren, durchaus ernst genommen hat. Vgl. M. von Faulhaber, Waffen des Lichtes. Gesammelte Kriegsreden, Freiburg i.Br. 1915, 51918.

6 Ein authentisches Panoptikum bietet: Sankt Michael. Ein Buch aus eherner Kriegszeit zur Erinnerung, Erbauung und Tröstung für die Katholiken deutscher Zunge. Mit einer Einführung von Paul Wilhelm von Keppler, hg. von J. Leicht, Würzburg 1917, 21918, 31920.

7 So wurde schon vor 1914 für den deutschen Katholizismus eine latente Kriegsbereitschaft festgestellt, die sich vor allem aus der Furcht vor einer erneuten Ghettoisierung und also einem neuen Kulturkampf speiste. Vgl. A.-H. Leugers, Einstellungen (wie Anm. 3), hier 61f.

8 So etwa im Bonner Collegium Leoninum durch dessen Direktor Wilhelm Stockums (1877–1956): „Ich bin fest davon überzeugt, dass Sie freudig und opferbereit ihre Person und ihre Kräfte dem Vaterlande zur Verfügung stellen werden […] Mit Gott für König und Vaterland“. Und, über die Reaktion der Theologiestudierenden: „Alle waren erfasst von einem patriotischen Hochgefühl, zugleich aber auch von patriotischer Ergriffenheit. Wie von derselben spontanen Eingebung getrieben, stimmten alle aus freier Kehle das alte Lied an ‚Deutschland, Deutschland über alles‘“. W. Stockums, Die Bonner Konvikte und ihre Theologen während des Weltkrieges 1914–1918. Kriegs-Erinnerungen, gesammelt und hg., Bonn 1920, hier 101f., zit. nach E. Gatz, Die Katholische Kirche in Deutschland im 20. Jahrhundert, Freiburg / Basel / Wien 2009, 55. – Über die Bewährung der Theologiestudenten und des Klerus im Weltkrieg vgl. auch: G. Pfeilschifter (Hg.), Feldbriefe katholischer Soldaten, 3 Bde., Freiburg i.Br. 1918; J. Krieg, Die Theologiekandidaten der Diözese Regensburg im Weltkrieg 1914–1918, Regensburg [1923]; B. Meier, Der bayerische katholische Klerus im Felde 1914–1918, Eichstätt 1937; J. A. Aich (Hg.), Im Dienste zweier Könige. Das Heldenbuch der Kriegstheologen, Breslau 1937; L. Börst, Die Theologen der Erzdiözese München und Freising im Weltkrieg 1914–1918. Ein Beitrag zur Geschichte der Erzdiözese München und Freising, München 1938; ders., Die Theologen der Erzdiözese Bamberg im Weltkrieg 1914–1918. Ein Beitrag zur Geschichte des Erzbistums, Speyer 1939; B. Danzer, Beteiligung der Benediktiner-Kongregation v. St. Ottilien (für Auswärtige Missionen) am Weltkrieg 1914–1918. Als Dankes- und Erinnerungsgabe in Liebe gewidmet den vom Felde heimkehrenden Mitbrüdern, St. Ottilien 1919; B. Mencke, Früh vollendet. Erinnerungen an die im Felde gefallenen Kleriker der Franziskanerprovinz vom Hl. Kreuze, Paderborn 31920.

9 Vgl. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 59. Weitere Zahlen bei E. Gatz, Von der Beilegung des Kulturkampfes bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, in: ders. (Hg.), Geschichte des kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Bd. 4: Der Diözesanklerus, Freiburg / Basel / Wien 1995, 125–146, hier 145.

10 K. Hammer, Deutsche Kriegstheologie, 1870–1918, München 1974 (erstmals 1971), 74. – Hammers Studie ging aus einer Habilitationsschrift über die Theologie des Krieges im protestantischen Deutschland des Zweiten Kaiserreichs hervor und wurde – so hat es den Anschein – konfessionell geweitet, um den Protestantismus nicht gar zu hart erscheinen zu lassen und die „Last“ einigermaßen auf beiden Schultern zu verteilen. Der Blick in den Dokumentenanhang (eine ziemlich beliebige, wenig aussagekräftige Auswahl) zeigt allerdings – sowohl in der Menge, als auch in der Aussage – deutliche Unterschiede zwischen den Konfessionen.

11 Vgl. C. Dove, Matthias Erzberger. Ein Leben für die Demokratie (Mensch – Zeit – Geschichte) Stuttgart 2011, 140–150; R. Haehling von Lanzenauer, Der Mord an Matthias Erzberger, Karlsruhe 2008.

12 So wurden etwa Berichte über vaterlandsverräterische Aktionen katholischer Priester im Elsass gestreut, außerdem in protestantischen und konservativen deutschen Blättern Gerüchte über Gräueltaten belgischer katholischer Geistlicher gegen die deutschen Truppen. Offenbar sollte im ersten Siegestaumel Kapital gegen den Milieufeind geschlagen werden. Die Katholiken verwahrten sich gegen diese „schmutzige Katholikenhetze“, indem sie darauf hinwiesen, die deutschen Katholiken ließen sich „an vaterländischer Gesinnung und Opferfreudigkeit“ von keinem übertreffen. Ebenfalls von protestantischer Seite kam der Vorwurf, der katholische Klerus beteilige sich nicht angemessen am Krieg. Vgl. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 54.

13 Zum Episkopat Deutschlands und Österreichs: H.-J. Scheidgen, Deutsche Bischöfe im Ersten Weltkrieg. Die Mitglieder der Fuldaer Bischofskonferenz und ihre Ordinariate 1914–1918 (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte18), Köln / Weimar / Wien 1991; W. Achleitner, Gott im Krieg. Die Theologie der österreichischen Bischöfe in den Hirtenbriefen zum Ersten Weltkrieg, Wien / Weimar 1997. Zu den Beratungen der Fuldaer Bischofskonferenz vgl. auch E. Gatz, Die katholische Kirche (wie Anm. 8), 57–59. – H.-J. Scheidgen meint ebd. 60: „Von einer nationalen Begeisterung, wie bei den führenden Vertretern der Zentrumspartei, die das Kaiserwort ‚Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche‘ emphatisch aufnahmen, kann man bei den deutschen Bischöfen nicht sprechen“. Die erste Sorge der Bischöfe habe vielmehr den zwangsläufig bevorstehenden Änderungen in der Seelsorge und deren Aufrechterhaltung auch unter Kriegsbedingungen gegolten. Insbesondere die „Herausforderung des Glaubens angesichts des Kriegsbeginns“ sei Mittelpunkt der wenigen Äußerungen gewesen. – Auch C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 188 spricht von einer eher verhaltenen Reaktion der Kirchenleitung gegenüber dem Krieg. Man habe sich weniger auf eine theologisch-positive Interpretation des Krieges konzentriert, als auf seine pastoralen Implikationen, also das Seelenheil der Gläubigen angesichts der zu erwartenden negativen Auswirkungen im Alltag der Menschen. So sprach der Freiburger Erzbischof Nörber in seinem Hirtenbrief im August 1914 davon, Gott habe den Krieg „zugelassen“, der Krieg sei eine „Geißel“, eine „Heimsuchung“. Und der Freiburger Dompfarrer sagte im gleichen Monat in einer Predigt: „Der Prediger würde heute der Stimmung seiner Zuhörer und seinen eigenen Herzensgefühlen wenig gerecht werden, wollte er Freuden- und Festestöne anschlagen. Ein Alp liegt auf uns allen: das Christenherz sucht für sein tiefes Weh Trost und Hilfe und Kraft, um zu leiden, ohne zu zagen“. Ebd. 192.

14 Vgl. M. Koch, Die Zentrumsfraktion des Deutschen Reichstages im Ersten Weltkrieg. Zur Struktur, Politik und Funktion der Zentrumspartei im Wandlungsprozeß des deutschen Konstitutionalismus 1914–1918 (Diss. Mannheim 1984); auch E. Gatz, Die katholische Kirche (wie Anm. 8), 60f. – Anfänglich trug das Zentrum im Reichstag den Kurs der Regierung mit, im Juli 1917 beschloss es jedoch zusammen mit SPD und Teilen der Liberalen eine Friedensresolution, die vom Gedanken des Siegfriedens Abschied nahm und einen Verständigungsfrieden forderte.

15 Vgl. S. Fuchs, „Vom Segen des Krieges“ (wie Anm. 2); auch K. Flasch, Die geistige Mobilmachung. Die deutschen Intellektuellen und der Erste Weltkrieg. Ein Versuch, Berlin 2000.

16 Dazu u.a. E. Fattorini, La Germania e la Nota di pace di Benedetto XV., in: A. Scottà, La Conferenza di pace di Parigi fra ieri e domani (1919–1920). Atti del Convegno Internazionale di Studi, Portogruaro–Bibione, 31 maggio–4 giugno 2000, Rubettino 2003, 229–252; R. Schlott, Die Friedensnote Papst Benedikts XV. vom 1. August 1917. Eine Untersuchung zur Berichterstattung und Kommentierung in der zeitgenössischen Berliner Tagespresse (Studien zur Zeitgeschichte 57), Hamburg 2007; R. Morsey, Bischof Clemens August Graf von Galen und die gescheiterte Friedensvermittlung Papst Benedikts XV. von 1917. Ein bisher unbekannter Briefwechsel 1943–1946/48, in: K. Stoklosa (Hg.), Glaube – Freiheit – Diktatur in Europa und den USA. Festschrift für Gerhard Besier zum 60. Geburtstag, Göttingen 2007, 687–704; R. Morozzo della Rocca, Benedikt XV. Der Papst und der Erste Weltkrieg, in: M. Matheus / L. Klinkhammer, Eigenbild im Konflikt. Krisensituationen des Papsttums zwischen Gregor VII. und Benedikt XV., Darmstadt 2009, 187–210; H. Wolf, Der Papst als Mediator? Die Friedensinitiative Benedikts XV. von 1917 und Nuntius Pacelli, in: G. Althoff (Hg.), Frieden stiften. Vermittlung und Konfliktlösung vom Mittelalter bis heute, Darmstadt 2011, 167–220.

17 Vgl. auch O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 12: Die katholische Kirche habe versucht, „durch die Einfügung in die nationale Aufbruchsstimmung die Reste ihrer Diskriminierung innerhalb der primär protestantisch geprägten deutschen Nationalkultur abzuschütteln und vor allem Einfluss in kulturpolitischen Angelegenheiten zurückzugewinnen“. In diesem Zusammenhang sei es den Katholiken um „die Bewährung ihrer nationalen Zuverlässigkeit“ gegangen, langfristig um „die Gleichberechtigung in der Gesellschaft, in der Politik, in der Wissenschaft und in der Staatsverwaltung“.

18 Als etwa Reichskanzler Bethmann Hollweg 1916 die Parole „Freie Bahn für alle Tüchtigen“ ausgab, nahm der Schriftleiter des Bonifatiusboten in der Fuldaer Zeitung Stellung: „Die altherkömmliche, in den Verhältnissen des alten kleinen Preußen auch zu gutem Teil begründete Vorzugsstellung gewisser Gesellschaftskreise muß aufhören. […] Wir Katholiken haben ja besonders allen Grund, diese Losung freudig zu begrüßen, in der bestimmten Erwartung, daß sie auch uns gegenüber zur vollen Wahrheit werde […]. Dabei dürfen und können die Katholiken Deutschlands erwarten, daß ihrem Verlangen nach wahrer Gleichberechtigung nun endlich Rechnung getragen wird“. Noch immer würden Katholiken bei der Vergabe höherer Stellen im Staats- und Kommunaldienst, oder auch jetzt im Krieg von Ämtern in der Verwaltung der besetzten Gebiete benachteiligt. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 75. – Und Anfang September 1918 hieß es in der Fuldaer Zeitung: „Während der langen Kriegszeit durch Not und Tod im Kampf um das gemeinsame Vaterland mit ihren andersgläubigen Brüdern verbunden, haben sie das Recht und die Pflicht, bei Werken des Wiederaufbaus mitzuraten und mitzuarbeiten“. Ebd. 77.

19 Großdeutsche Hoffnungen waren zwischen 1900 und 1914 wieder verstärkt hörbar. Vgl. C. Dowe, Auch Bildungsbürger. Katholische Studierende und Akademiker im Kaiserreich (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 171), Göttingen 2006, 166f.

20 Vgl. G. Besier, Der Große Krieg und die Religion in vergleichender Perspektive. Warum 1914 die christliche Kriegskultur über den religiös motivierten Pazifismus obsiegte, in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte 108 (2014) 31–72.

21 Vgl. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 48.

22 Diese lassen sich vermutlich (aus methodologischen Gründen) nur im individuellen Bereich erheben. Gerade die doch weitgehend identischen Wiederauflagen des Sankt Michael (wie Anm. 6) zum Kriegsende und noch in der Weimarer Zeit zeigen freilich aufs Ganze gesehen wenig „Umdenken“.

23 K. Hoeber, Reich, Kaiser und Parität, in: G. Pfeilschifter (Hg.), Deutsche Kultur, Katholizismus und Weltkrieg. Eine Abwehr des Buches La Guerre allemand et le Catholicisme, Freiburg i.Br. 1916, 343–355, hier 347–350.

24 P. B. Duhr S.J., Der echte Soldatengeist. Vor dem Abmarsch, in: Sankt Michael (wie Anm. 6), 75f.

25 M. Klöckner, Das katholische Bildungsdefizit in Deutschland, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 32 (1981) 79–98.

26 Katholische Professoren waren an den Universitäten noch immer die Ausnahme. Vgl. M. Baumeister, Parität und katholische Inferiorität: Untersuchungen zur Stellung des Katholizismus im Deutschen Kaiserreich (Politik- und Kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft 3), Paderborn u.a. 1987.

27 Bereits 1871/72 kam es zur „Kampfansage“ an den Katholizismus. Die katholische Abteilung im Kultusministerium wurde aufgehoben, womit die katholischen Belange protestantischen Entscheidungsträgern unterstellt wurden. Der „Kanzelparagraph“ verbot es, in Predigten staatliche Angelegenheiten zu berühren. Das Schulaufsichtsgesetz entzog das Schulwesen dem bisherigen Mitaufsichtsrecht der Kirchen. Die preußische Feldpropstei wurde aufgehoben und damit die Seelsorge an den katholischen Soldaten erschwert, der Jesuitenorden wurde verboten, die preußische Vatikangesandtschaft aufgehoben und damit die Beziehungen zum Heiligen Stuhl abgebrochen. Die berüchtigten Maigesetze von 1873 verschärften den Ton. Die Anstellung der Geistlichen wurde vom Studium an einer staatlichen Hochschule, von der Zustimmung des Staates und vom Ablegen eines Kulturexamens in Philosophie, Geschichte und deutscher Literatur abhängig gemacht. Die „Anzeigepflicht“ führte dazu, dass bis zu 50% der Pfarreien vakant blieben. 1874/1875 kam es zu weiteren verschärfenden Gesetzen: Die Verwaltung vakanter Bistümer durfte nur noch mit Zustimmung des Staates stattfinden, die Zwangszivilehe vor oder statt der kirchlichen Trauung wurde obligatorisch, das „Brotkorbgesetz“ stellte die Staatsleistungen an Kirche, Bischöfe und Priester ein, alle Orden mit Ausnahme von Krankenpflegeorden wurden in Preußen verboten, widerständige Bischöfe abgesetzt; schließlich waren neun der insgesamt 12 preußischen Diözesen und etwa 1000 Pfarreien vakant.

28 Vgl. H. Maier, Katholizismus, nationale Bewegung und Demokratie in Deutschland, in: Hochland 57 (1964/65) 318–333; R. Morsey, Die deutschen Katholiken und der Nationalstaat zwischen Kulturkampf und Erstem Weltkrieg, in: Historisches Jahrbuch 90 (1970) 31–64; A. Langner, Katholizismus und nationaler Gedanke in Deutschland, in: H. Zilleßen (Hg.), Volk – Nation – Vaterland. Der deutsche Protestantismus und der Nationalismus, Gütersloh 1970, 238–269; W. Loth, Katholiken im Kaiserreich. Der politische Katholizismus in der Krise des wilhelminischen Deutschlands (Beiträge zu Geschichte des Parlamenta-Bismarcks rismus und der politischen Parteien 75), Düsseldorf 1984; H. Gründer, Nation und Katholizismus im Kaiserreich, in: A. Langer (Hg.), Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa seit 1800 (Beiträge zur Katholizismusforschung: Reihe B; Abhandlungen), Paderborn u.a. 1985, 65–87; E. Heinen, Nationale Integration und innere Konflikte des politischen Katholizismus (1887–1914), in: C. A. Lückerath (Hg.), Ernst Heinen. Beiträge zur Geschichte des politischen Katholizismus. Festgabe zum sechzigsten Geburtstag, Idstein 1993, 203–252; M. Baumeister, Parität und katholische Inferiorität. Untersuchungen zur Stellung des Katholizismus im Deutschen Kaiserreich, Paderborn 1997; B. Stambolis, Nationalisierung trotz Ultramontanisierung oder: „Alles für Deutschland. Deutschland aber für Christus“. Mentalitätsleitende Wertorientierung deutscher Katholiken im 19. und 20. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 269 (1999) 57–97.

29 An den Papst telegraphierte der Kaiser damals: „Es hat meinem Herzen wohlgetan, bei diesem Anlaß zu bekunden, wie teuer Mir die religiösen Interessen der Katholiken sind, welche die göttliche Vorsehung Mir anvertraut hat“. K. Hoeber, Reich (wie Anm. 23), 350.

30 Ebd. 353.

31 Vgl. die komprimierte Darstellung von C. Arnold, Kleine Geschichte des Modernismus, Freiburg i.Br. 2007.

32 Vgl. D. Burkard, Kulturkampf – Kulturkämpfe. Vom Epochenphänomen zum Symbolbegriff, in: Baden-Württembergische Erinnerungsorte. 60 Jahre Baden-Württemberg. Katalogband, hg. von P. Steinbach / R. Weber / H.-G. Wehling, Stuttgart 2012, 196–207.

33 Vgl. M. Koch, Zentrumsfraktion (wie Anm. 14), passim.

34 K. Hammer, Kriegstheologie (wie Anm. 10), 33.

35 H. Lutz, Demokratie im Zwielicht. Der Weg der deutschen Katholiken aus dem Kaiserreich in die Republik 1914–1925, München 1963, 24f. – Vgl. auch L. Koch, Der Erste Weltkrieg als kulturelle Katharsis und literarisches Ereignis, in: N. Werber / S. Kaufmann / L. Koch (Hg.), Erster Weltkrieg (wie Anm. 1), 97–140.

36 „Was die Welt als deutsche Kultur kennt, das ist im wesentlichen protestantischen Ursprungs, ungeachtet der großen Zahl deutscher Katholiken“ (Johannes Haller). Vor dem Hintergrund des Kulturprotestantismus und einer von Heinrich von Treitschke geprägten kleindeutschen Geschichtswissenschaft wurde immer wieder das Antinationale, angeblich Deutschfeindliche des Katholizismus hervorgekehrt. Dabei trafen sich protestantische Polemik und katholisches Selbstverständnis in eigenartiger Kongruenz. Die grundsätzliche und selbst in nationalen Vereinnahmungen stets vorhandene Interoder Transnationalität des Katholizismus, die im 19. und 20. Jahrhundert von der Römischen Kurie noch einmal bewusst verstärkt wurde, war ein bleibender Stachel im Fleisch. – L. Machtan, Bismarck-Kult und deutscher National-Mythos 1890–1940, in: ders. (Hg.), Bismarck und der deutsche National-Mythos, Bremen 1994, 5–67; P. Walkenhorst, Nationalismus als ’politische Religion’? Zur religiösen Dimension nationalistischer Ideologie im Kaiserreich, in: O. Blaschke / F. M. Kuhlemann (Hg.), Religion im Kaiserreich. Milieus – Mentalitäten – Krisen (Religiöse Kulturen der Moderne 2), Güersloh 1996, 503–529; F. W. Graf, Die Nation – von Gott „erfunden“?, in: G. Krumeich / H. Lehmann (Hg.), „Gott mit uns“. Nation, Religion und Gewalt im 19. und frühen 20. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 162), Göttingen 2000, 285–317; H. G. Haupt / D. Langewiesche, Nation und Religion – zur Einführung, in: dies. (Hg.), Nation und Religion in der deutschen Geschichte, Frankfurt a.M. / New York 2001, 11–29.

37 Zu einer Neubelebung kulturkämpferischer Stimmung hatte auch die 1886 erfolgte Gründung des Evangelischen Bundes beigetragen. Dieser bekämpfte vor allem das Einrücken der Katholiken in staatliche Beamtenstellen, wodurch man ein Übergewicht der Katholiken entstehen sah, einen „schlau geplanten und folgerichtig durchgeführten Feldzugsplan“ der Kirche, die wichtigsten Staatsstellen mit treu ergebenen Leuten zu besetzen. Letztes Ziel sei es, „die Welt durch Unterwerfung unter den pontifex maximus in Rom zu beglücken“. Vgl. Die klerikalen Konvikte und der Staatsdienst (Mitteilungen über die konfessionellen Verhältnisse in Württemberg 1), Halle 1886.

38 M. Lehmann, Römisch-katholische Zensur zu Anfang des 20. Jahrhunderts, in: Preußische Jahrbücher 107 (1902) 1–9, hier 8.

39 Vgl. etwa A. Apponyi, Katholizismus und Internationalismus, in: Abendland. Deutsche Monatshefte für europäische Kultur, Politik und Wirtschaft 1 (1925–1926) 103–105.

40 H. Lehmann, „Er ist wir selber: der ewige Deutsche“. Zur langanhaltenden Wirkung der Lutherdeutung von Heinrich von Treitschke, in: G. Krumeich / H. Lehmann (Hg.), „Gott mit uns“ (wie Anm. 36), 91–103.

41 N. Elias, Studien über die Deutschen. Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, hg. von M. Schröder, Frankfurt a.M. 41990, 195.

42 Vgl. etwa B. Stambolis, Nationalisierung (wie Anm. 28), 57–98; U. Altermatt / F. Metzger (Hg.), Religion und Nation. Katholizismen im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2007.

43 So S. Fuchs, Die katholischen Verbände im Ersten Weltkrieg, in: M. Zirlewagen (Hg.), „Wir siegen oder fallen“. Deutsche Studenten im Ersten Weltkrieg (Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen 17), Köln 2008, 205–212, hier 212–214.

44 So die Fuldaer Zeitung vom 11. September 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 54.

45 Fuldaer Zeitung vom 25. August 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 54.

46 Bonifatiusbote vom 27. Dezember 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 55. – Genau dasselbe Muster lässt sich auf Seiten Frankreichs feststellen. Vgl. D. Neuhold, Kriegswahrnehmung inmitten einer Fülle schriftlicher Meditation – Leon G. Dehons Notes Quotidiennes 1914–1918, in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte 108 (2014), 151–166, hier 162. – Zum Klerus im Krieg vgl. auch A. Holzem, Geistliche im Krieg und die Normen des Kriegsverstehens. Ein religionsgeschichtliches Modell zu Ritual, Ethik und Trost zwischen militärischer Kulttradition und christlicher Friedenspflicht, in: F. Brendle / A. Schindling (Hg.), Geistliche im Krieg, Münster 2009, 41–85.

47 Fuldaer Zeitung vom 12. August 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 54.

48 Das Jesuitengesetz wurde auf Betreiben des Zentrums erst 1917 (!) abgeschafft. Vgl. dazu K. Schatz, Geschichte der deutschen Jesuiten. Bd. 2: 1872–1917, Münster 2013, 314–321. – Der Bonifatiusbote brachte im Mai 1917 sein Unverständnis zum Ausdruck, wie der Staat habe einen religiösen Orden verbieten können, während er den tatsächlichen Staatsfeinden, den „Anarchisten und Sozialisten und Atheisten“ alle bürgerlichen Rechte gewährt habe. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 76.

49 Zit. nach der zweiten Auflage: P. W. von Keppler, Zur Einführung, in: J. Leicht (Hg), Sankt Michael. Ein Erinnerungsbuch aus schwerer Zeit zur Erbauung und Tröstung für die Katholiken deutscher Zunge, Würzburg / Berlin / Wien 1920, 3–5, 5.

50 Ebd.

51 Fuldaer Zeitung vom 9. Oktober 1915. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 58.

52 Bonifatiusbote vom 4. August 1918. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 64. – Ähnlich der französische Gründer der Herz-Jesu-Priester, Leon Dehon: Vaterlandsliebe wird gefordert und auch religiös motiviert, eine Überspannung jedoch abgelehnt. „Der Patriotismus ist eine Tugend, die sich sehr leicht verhärtet und wegen der Leidenschaften überbordend wird. […] Überall produziert eine übertriebene Liebe zum Vaterland Krieg und Gewalt“. D. Neuhold, Kriegswahrnehmung (wie Anm. 46), 158f. – S. Fuchs, Die katholischen Verbände (wie Anm. 43), 218–220 weist auf unterschiedliche Grade der Nationalisierung bei den Akademikerverbänden hin. So sei der CV am stärksten national geprägt gewesen, während der mehr von Theologen geprägte Unitasverband zurückhaltender war.

53 S. von Dunin-Borkowski, Weltkrieg und Nationalismus, in: StZ 90 (1916) 121–142. – Als „falschen Nationalismus“ definiert Dunin-Borkowski „die krankhafte Sucht eines Volkes, alle Menschen, welche seine Sprache reden, in einem Staatswesen zu vereinigen, verbunden mit dem Bestreben, andere Nationalitäten, die zur Abrundung und Kräftigung des Nationalstaates notwendig zu sein scheinen und ausgebeutet werden können, unter Preisgabe des Nationalitätsprinzips zu unterjochen“. Ebd. 123.

54 Fuldaer Zeitung vom 18. September 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 69.

55 Die Bellum-Iustum-Theorie wurde sowohl von deutschen als auch von französischen Theologen vertreten. Nach 1910 waren in Frankreich verschiedene Abhandlungen erschienen, die das Verhältnis von Kirche und Krieg theologiegeschichtlich untersuchten. Zentral vor allem der Sammelband: L’Église e la guerre, par Mgr P. Batiffol / P. Monceaux et al., Paris 1913. – Nach Kriegsausbruch gab es dann eine Vielzahl an Publikationen, die den „gerechten Krieg“ in Frankreich popularisierten. Einen Überblick bietet: J. Fontana, Les catholiques français pendant la grande guerre, Paris 1990, 64ff. – Vgl. auch S.-B. Eirich, Glaubenskünder Krieg. Elemente einer katholischen „Kriegstheologie“ in den Schriften französischer und deutscher Autoren der Jahre 1914 und 1915 anhand ausgewählter Beispiele (masch. Lizentiatsarbeit), Rom 1992.

56 Zit. nach M. Lätzel, Die katholische Kirche (wie Anm. 2), 62.

57 Vgl. etwa: J. Mausbach, Vom gerechten Kriege und seinen Wirkungen, in: Hochland 12 (1914) 1–13.

58 Ebd.

59 Zit. Nach S. Bruendel, Ideologien (wie Anm. 1), 282. – Die Frage nach der Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde nicht nur während des Weltkriegs, sondern auch nach 1918 durch eine „Kriegsunschuldkampagne“ beantwortet, wobei der Staat u.a. durch das „Kriegsschuldreferat“ und die „Zentralstelle für die Erforschung der Kriegsursachen“ Einfluss auf die öffentliche Meinung nahm. Es galt die Einkreisungsthese. Nach 1945 kam es durch die Formel des britischen Ministerpräsidenten Lloyd George, die europäischen Mächte seien in den Krieg „hineingeschlittert“, zu einem internationalen Kompromiss, der Deutschland nur eine Teilschuld zuschob. Die Frage brach dann durch Fritz Fischers These von der erheblichen Kriegsschuld Deutschlands und einem deutschen Kriegszielprogramm 1961 neu auf. Vgl. W. Jäger, Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland. Die Debatte 1914–1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 61), Göttingen 1984; G. Schöllgen, Griff nach der Weltmacht? 25 Jahre Fischer-Kontroverse, in: Historisches Jahrbuch 106 (1986) 386–406.

60 Dass es sich beim Weltkrieg um einen „gerechten“ Krieg handelte, der dem Deutschen Reich aufgezwungen worden sei, auf dessen Seite aber deshalb auch der gerechte Gott stehe, war fast allgemeine Ansicht aller katholischen und noch mehr der evangelischen Geistlichen. Vgl. W. J. Mommsen, Die christlichen Kirchen im ersten Weltkrieg, in: ders., Der Erste Weltkrieg. Anfang und Ende des bürgerlichen Zeitalters, Frankfurt a.M. 2004, 168–180.

61 Fuldaer Zeitung vom 24. Dezember 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 70. – Vgl. auch I. Gehle, Im Krieg für Kaiser, Volk und Vaterland. Wie heilig war den Christen der 1. Weltkrieg? Zeugnisse zur Kriegsbereitschaft, Hintergrund und Reflexion, Nordhausen 2011.

62 E. Bjelik (Wien, Apostolischer Feldvikar und Bischof), Vorwärts in Gottes Namen! Hirtenbrief zu Beginn des Krieges an alle Katholiken der bewaffneten Macht Österreich-Ungarns, in: Sankt Michael (wie Anm. 6), 63f. – Manchmal wurden von dieser Qualifikation des Krieges aber auch entsprechende Anforderungen abgeleitet. Vgl. W. Liese, Krieg und Seelsorger, in: Theologie und Glaube 6 (1914) 652–658, 753f., hier 653: „Gott gebe, daß […] dieser heilige Krieg auch wirklich heilig geführt werde“. – Vgl. auch S. Fuchs, „Vom Segen des Krieges“ (wie Anm. 2), 248.

63 Bonifatiusbote 25. Oktober 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 87.

64 Mitunter taucht als Kennzeichen des gerechten Krieges auch das Motiv fehlender Eroberungslust auf. Immer wieder distanzierten sich die Katholiken von etwaigen Expansionszielen. Vgl. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 74.

65 A. Hammenstede O.S.B. (Prior von Maria Laach), Waffensegen. Krieg und Liturgie, in: Sankt Michael (wie Anm. 6), 29–33.

66 Fuldaer Zeitung vom 1. September 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 93.

67 Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Fulda vom 31. Juli 1918. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 94.

68 Vgl. C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 197–206.

69 Bonifatiusbote vom 9. August 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 89.

70 C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 197.

71 Abgedruckt im Bonifatiusboten vom 27. September 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 53.

72 Bonifatiusbote vom 9. August 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 80.

73 Zit. nach A. Holzem, „… wenig gebetet, aber heißer als je“ (wie Anm. 2), 26.

74 Der Widerspruch wurde andernorts bemerkt. Vgl. S. Fuchs, „Vom Segen des Krieges“ (wie Anm. 2), 285f, 287, 293.

75 Bonifatiusbote vom 19. September 1915. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 89f.

76 So H. Hürten, Die katholische Kirche im Ersten Weltkrieg, in: W. Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg (wie Anm. 1), 725–735, hier 731.

77 Noch unmittelbar nach Kriegsende operierte der Fuldaer Bischof mit diesem Topos, wenn auch in einer neuen Wendung, die eigentlich noch schlimmer war: „Wegen all dieser Sünden wollte Gott Deutschland wohl züchtigen, aber er wollte es auch bessern und heilen“. Doch den Menschen sei „gerade der Krieg durch ihr eigenes Verschulden der Anlaß zu neuen Sünden geworden [.]: das alles war vielleicht ein Grund, daß uns Gott den endlichen Sieg vorenthielt, vielleicht auch, weil er voraussah, daß Deutschland von dem Siege nicht den rechten Gebrauch machen werde“. Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Fulda vom 16. November 1918. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 92f.

78 C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 202.

79 Ebd. 206–209, 216–218.

80 So mutmaßt C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 212f. und sieht darin den Ausdruck einer Sehnsucht nach heimatlicher Geborgenheit und vertrauten Ritualen.

81 K. J. Schulte (Bischof von Paderborn), Ernste Tage, in: Sankt Michael (wie Anm. 6), 41f.

82 Vgl. C. Geinitz, Kriegsfurcht (wie Anm. 1), 224–228.

83 Ebd. 228–233.

84 Vgl. auch P. Lippert SJ, Die Errungenschaften unseres Krieges, in: StZ 90 (1916) 1–14.

85 Ebd. 10–12.

86 Ebd. 13.

87 Ein offenbar „traditionelles“ Motiv, das schon 1870 Anwendung gefunden hatte. Vgl. C. Rak, Krieg, Nation und Konfession. Die Erfahrung des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 (VKZG.B 91), Paderborn u.a. 2004, 240–255. – Das katholische Feindbild gegenüber den Franzosen war damit allerdings nur eine Variante des „allgemeinen“ deutschen Feindbilds, das stärker auf die Leichtlebigkeit und den Materialismus der Franzosen abstellte. Vgl. S. Bruendel, Ideologien (wie Anm. 1), 297f. – Interessanterweise wurde dieses Bild etwa von dem Gründer der Herz-Jesu-Priester, dem Franzosen Léon Dehons, durchaus geteilt: Die deutsche Besatzung gewähre mehr Gewissensfreiheit, als die französischen Behörden jemals gewillt gewesen seien; die religiöse Praxis der deutschen Invasoren wurde dem religiösen Laxismus der Franzosen gegenübergestellt. – Anders die französische Kriegsschrift La Guerre Allemande.

88 Zit. nach S. Fuchs, Die katholischen Verbände (wie Anm. 43), 210.

89 So der Fuldaer Bischof. Kirchliches Amtsblatt für die Diözese Fulda vom 12. November 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 115.

90 Fuldaer Zeitung vom 3. Oktober 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 116.

91 „Anzunehmen, das Umwerben des Vatikans entspränge lauterer Liebe zum Papsttum und zur katholischen Kirche, hieße die letzten 20 Jahre unausgesetzter Verfolgung von Papsttum, Kirche und Religion aus der Geschichte Frankreichs zu streichen“. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 116.

92 Fuldaer Zeitung vom 30. Oktober 1914. Zit. nach O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 117.

93 Vgl. O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 121f.

94 Ebd. 119.

95 Auch dies war ein allgemeiner deutscher Topos. Vgl. S. Bruendel, Ideologien (wie Anm. 1), 298.

96 O. Göbel, Katholiken (wie Anm. 2), 120. – Bei den katholischen Akademikern galt Russland vor allem als „barbarisch“, unzivilisiert, ungebildet und überhaupt rückständig. Vgl. S. Fuchs, Die katholischen Verbände (wie Anm. 43), 211f.

97 La Guerre Allemande et le Catholicisme. Ouvrage publié sous la direction de Mgr Alfred Baudrillart, Recteur de l’Institut Catholique de Paris, et sous le haut Patronage du Comité Catholique de Propagande Française à l’Etranger, Paris 1915. Dazu vgl. etwa C. Arnold, La Guerre Allemande et le Catholicisme (1915). Katholisch-theologische Kriegsarbeit und die Nachwirkungen der Modernismuskrise, in: D. Burkard / N. Priesching (Hg.), Katholiken im langen 19. Jahrhundert. Akteure – Kulturen – Mentalitäten. Otto Weiß zum 80. Geburtstag, Regensburg 2014, 299–312.

98 Wiedergegeben von J. Mausbach, Die literarische Kriegserklärung der französischen Katholiken, in: G. Pfeilschifter (Hg.), Deutsche Kultur (wie Anm. 23), 1–17, hier 9f.

99 Vgl. G. Krumeich, Der Erste Weltkrieg als Religionskrieg, in: G. Krumeich / H. Lehmann (Hg.), „Gott mit uns“ (wie Anm. 36), 273–284. Er vertritt die These, in Frankreich sei der Krieg viel stärker als Kreuzzug und „Religionskrieg“ betrachtet worden als in Deutschland. Der Deutsche sei für den Franzosen „das absolut Böse“ gewesen. Im Verhältnis der Kriegsgegner Deutschland und Frankreich überlagern sich die beiden Beschreibungsmuster „Nationenkrieg“ und „Religionskrieg“.

100 Vgl. J. Mausbach, Kriegserklärung (wie Anm. 98), 8; H.-J. Scheidgen, Deutsche Bischöfe (wie Anm. 13), 269.

101 G. Pfeilschifter (Hg.), Deutsche Kultur (wie Anm. 23). Der Band erlebte mehrere Auflagen und erschien 1916 in allen europäischen Sprachen. – Weitere Gegenschriften waren: J. Löhr, Der Krieg und das Schicksal der Kirchen Frankreichs. Eine deutsche Antwort auf französische Anklagen (Zeit- und Streitfragen der Gegenwart 5), Köln 1915; G. Hoberg, Der Krieg Deutschlands gegen Frankreich und die katholische Religion. Ein Vortrag zur Beleuchtung des Buches La Guerre allemande et le catholicisme, Freiburg i.B. 1915; La guerre allemande et le catholicisme. Response allemande aux attaques francaises, ed. par des catholiques allemands, Amsterdam u.a. 1915. – Als französische Antwort erschien daraufhin: É. Prüm, Der Witwenstand der Wahrheit. Bemerkungen eines Neutralen zu der Abwehrschrift der deutschen Katholiken gegen das französische Buch La guerre allemande et le Catholicisme, Paris 1919.

102 H. Finke, Recht und Notwendigkeit des Weltkrieges, in: G. Pfeilschifter (Hg.), Deutsche Kultur (wie Anm. 23), 19–46, hier 21.

103 Ebd. 26f., 29–32.

104 Ebd. 33–35, 39. Vgl. auch G. Mai, „Verteidigungskrieg“ und „Volksgemeinschaft“. Staatliche Selbstbehauptung, nationale Solidarität und soziale Befreiung in Deutschland in der Zeit des Ersten Weltkriegs (1900–1925), in: G. Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg (wie Anm. 1), 583–602.

105 J. Mausbach, Kriegserklärung (wie Anm. 98), 7.

106 Ebd. 1f.

107 So wäre etwa vor allem noch auf die diversen Ausprägungen einer angewandten „Opfertheologie“ hinzuweisen – ein weites Feld, das im Rahmen des vorliegenden Beitrags nicht angemessen berücksichtig werden kann.

108 L. Baur, Kriegspredigt und Predigt im Kriege, in: Theologie und Glaube 8 (1916) 1–18. – Zu ihm demnächst: D. Burkard, Art. Baur, in: Württembergische Biographien, hg. im Auftrag der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg von M. M. Rückert, Bd. 3, Stuttgart 2016.

109 Vgl. auch die Schlussbemerkung des Beitrags: „Diese ‚Gedanken über Kriegspredigt und Predigt im Kriege‘ sind mitten in der Seelsorgearbeit an der Front niedergeschrieben worden. Daraus entnehme ich auch die Hoffnung, daß sie den katholischen Feldgeistlichen, denen ich sie widme, willkommen und dienlich sein könnten, auch wenn sie unter sehr erschwerter und eingeschränkter Literaturbenutzung abgefaßt werden mußten“. L. Baur, Kriegspredigt (wie Anm. 108), 18.

110 Ebd. 2.

111 Ebd. 2f.

112 Ebd. 3.

113 Ebd. 3.

114 Hier zeigt sich eine deutlich unterschiedene Vorstellung zu dem, was 1917 die Herausgeber des Sankt Michael suggerierten, indem sie die Kriegserfahrungen in einen im Grunde „liturgischen“ Rahmen spannten. Vgl. Anm. 6.

115 L. Baur, Kriegspredigt (wie Anm. 108), 3f.

116 Ebd. 4.

117 Ebd.

118 Ebd. – Diese Einschränkung – oder Präzisierung – des Grundsatzes war offenbar der Auffassung über den gegenwärtigen Krieg geschuldet. Baur stützte sich dabei auf die Veröffentlichung des Theologen und späteren Reichsarbeitsministers Heinrich Brauns, H. Brauns, Der gerechte Krieg, Kempten 1915, 12.

119 L. Baur, Kriegspredigt (wie Anm. 108), 4f.

120 Ebd. 5f.

121 Hervorhebung durch den Verfasser.

122 L. Baur, Kriegspredigt (wie Anm. 108), 6f.

123 Ebd. 6.

124 Ebd. 7.

125 Ebd.

126 Ebd. 8.

127 Ebd.

128 Ebd.

129 Ebd. 8f. – Zitiert wird hier J. Mausbach, Kampf und Friede im äußeren und inneren Leben, Kempten / München 1915, hier 35.

130 L. Baur, Kriegspredigt (wie Anm. 108), 9.

131 Ebd. 9–13. Bauer geht im Folgenden die Bibel durch und skizziert die geeigneten Stoffe vor allem des Alten Testaments, wobei er den Makkabäerbüchern und den Psalmen einen besonderen Stellenwert zuerkennt.

132 Ebd. 11.

133 Ebd. 12.

134 Ebd. 12f. – Ausdrücklich wendet sich Baur gegen eine „allzu starke Pressung biblischer Parallelismen und ihre Anwendung auf die heutige Lage“ sowie die „trivial oder komisch wirkende Anwendung moderner kriegstechnischer Ausdrücke auf biblische Berichte. – Als schlechtes Beispiel nennt er die beiden Predigtbücher von A. Worlitschek, Krieg und Evangelium, 2 Bde., Freiburg 1914.

135 A. Holzem, wenig gebetet, aber heißer als je“ (wie Anm. 2), 25.

Theologie im Kontext des Ersten Weltkrieges

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